Kapitel 30 - Der Tag des Mysteriums

  • Der Tag des Mysteriums

    Irving nahm sich den erstbesten Ruspante zur Seite, den er finden konnte. Aufgrund der selbst nach ledwicker Maßstäben farbenfrohen Tracht, waren die angehörigen des alten Kultes leicht zu finden. Irving trat ihm dicht gegenüber und beugte sich vor, so dass sein Mund nahe des Ohrs kam. »Giorno del Mistero«, raunte er den Code, ehe er sich wieder aufrichtete.


    Die Mundwinkel des Mannes zogen sich zu einem Lächeln auseinander. »Endlich«, erwiderte er freudig. »So lange haben wir darauf gewartet!«


    Irving nickte knapp. »Sehr lange, doch die Zeichen haben bereits verlauten lassen, dass die Botschaften nicht mehr lange auf sich Warten lassen würden. Ich habe es längst gewusst und nun habt auch ihr Gewissheit. Heute ist der Tag gekommen! Eile, Jacopo, so schnell deine Füße dich tragen!«


    »Gewiss, Eccellenza! Ich eile, ich fliege!«


    Der Ruspante eilte mit wehendem Mantel von dannen, die zitronengelben Ärmel mit den roten Klatschmohnblüten flatterten wie Banner. Die traditionell nackten Füße des Mannes klatschten in rascher Folge auf die Marmorplatten. Ein Trupp von Arbeitern, die nach der Überschwemmung noch immer am Putzen und Renovieren waren, trat respektvoll zur Seite. Als er an ihnen vorbeiflitzte, hob Jacopo den Mantel etwas höher, als ziemlich gewesen wäre, so dass sie seine nackten Beine sehen konnten beziehungsweise mussten. Jacopo hüpfte flott die Stufen der Scala dei Giganti hinab und huschte dann über den Innenhof und durch die Porta della Carta, hinüber in das Nachbargebäude. Sein Ziel war der Glockenturm des Weißen Tempels, der Campanile.


    Irving lauschte, bis er die Glocken läuten hörte. Nicht das gewohnte Dröhnen, sondern ein leiser, feiner, perlender Klang, eine vielstimmige Melodie. Es war nicht das Hauptglockenspiel, sondern das kleine aus Silber, dessen Bedeutung nur Wenigen bekannt war. Jeder kannte es - niemand verstand es. Die Zeiten, zu denen diese Glöckchen ihre sphärengleichen Klänge über den Piazza Grande und den Palazzo Ducale rieseln ließen, schienen keiner Gesetzmäßigkeit zu folgen. Weder hingen sie mit den Feiertagen zusammen noch mit offiziellen Anlässen. Lediglich eine Häufung um das Lichtfest herum war zu verzeichnen. Im Allgemeinen läuteten sie etwa drei Mal im Jahr. Doch bevor Ledwick unter Waffen nach Norden gezogen war, warenn die Silberglöckchen kaum noch verstummt. Irving für seinen Teil kannte die Bedeutung sehr gut - er war jener, dem die alleinige Befugnis oblag, das Läuten der Silberglöckchen zu veranlassen.


    Der Zufall wollte es, dass Fabrizio Moranegra gerade auf dem Weg zum Duca war. Nun hielt er inne, die Augen, die halb von herabhängenden Falten verdeckt waren, auf Irving gerichtet. Der Vorsteher des Weißen Tempels zog unter seiner schwarzen Kapuze ein mürrisches Gesicht. Irving konnte seine Gedanken erahnen: Was waren das für Zeiten, in denen die Ruspanti befugt waren, die Glocken der Priesterschaft von Zeit und Raum zu läuten? Diese Glocken gehörten nicht ihnen. Ihr Glockenturm durfte sich geehrt fühlen, die Silberglöckchen der Ruspanti beherbergen zu dürfen.


    »Ich muss Euch leider mitteilen, dass seine Majestät momentan keine Zeit für Euch hat, Monsignore«, sprach Irving genüsslich und überholte ihn.


    Ohne einen Gruß oder eine Erwiderung drehte der Priester sich hinter ihm um und ging. Die überall herumwuselnden Ruspanti bildeten einen amüsanten Kontrast zu dem ernsten alten Mann in seiner schwarzen Kapuzenkutte.


    »Giorno del Mistero«, riefen sie freudig in das Läuten hinein. »Ein neuer Tag des Mysteriums ist angebrochen!« Mit wehenden Gewändern strebten sie einem Ziel zu, dass nur sie zu kennen schien.


    Doch eine weitere Personengruppe wusste, was soeben geschah - die Pretorianos, die nun in Alarmbereitschaft waren und überflüssige Gäste des Geländes verwiesen. Die Übrigen hatten in ihren Zimmern zu bleiben. Das Dienstpersonal hielt sich meist nur im Erdgeschoss auf, wo die Wirtschaftsräume lagen, und momentan durften nur ausgewählte Personen, wie die Leibdiener der Herrschaften, die obere Etage betreten. Dort sammelten sich die Ruspanti vor einer verschlossenen Tür. In ihrer Aufregung gelang es ihnen nicht gleich, eine ordentliche Gasse zu bilden. Hinter ihnen stehend bildeten die Pretorianos einen zweiten, sehr viel ordentlicheren Ring, die Gesichter nach außen gewandt.


    Irving klopfte an die verschlossene Tür des Blauen Salons. Kurz darauf ließ der Leibdiener des Duca ihn eintreten. Hinter ihm verschloss er die Tür wieder. Vianello war es auch gewesen, der den Augur gerufen hatte. Dass die Geister sehr präsent waren in Tazios Kopf, war nicht zu überhören. Der sonst so ruhige und vernunftbedachte Tazio versuchte gerade, Verrill einige Dinge zu erklären. Entgegen seiner sprudelnden Erzählweise saß er dabei jedoch stocksteif da und setzte keinerlei Gestik ein, obgleich es ein privates Gespräch war, wie man am abgelegten Ornat sehen konnte.


    »Das Schicksal ist ineinander verschlungen, es gleicht einem gewebten Teppich aus zahllosen Lebensfäden. Schicksalsweber. Unsere Flotte wurde nicht versenkt, alles fügt sich. Wenn die Wahl steht zwischen Feuer und Wasser, wählt der kluge Mann das Wasser und das haben sie getan. Das Jahr der Asche, Verrill! Sie wählten die andere Option. Die Seelöwen kennen den Weg, ihnen kann man vertrauen. Alles ist vorherbestimmt, aber man muss die Verbindungen auch sehen. Man braucht den Spuren nur zu folgen. Immer wieder kehren sie an Land zurück. Wir folgen ihren Spuren, aber wem folgen sie?«


    Wäre das nur ein kurzer Exkurs gewesen, würde man vielleicht im ersten Moment gar nicht merken, dass Tazio gerade in anderen Sphären weilte und glauben, er würde sich an schlechter Philosophie versuchen. Doch in dieser Manier redete er bereits seit Stunden, als wäre er ein aufgezogenes Uhrwerk. Weder aß noch trank er oder war dazu zu überreden, eine Pause einzulegen. Auch reagierte Tazio nicht angemessen auf Entgegnungen oder Rückfragen. Er schien sie zwar zu bemerken, doch anstatt darauf zu antworten, fuhr er in seinem Monolog fort, entweder an der Stelle, wo er unterbrochen worden war, oder er wechselte ohne erkennbaren Zusammenhang zu einem neuen Thema. Irving kannte das alles.


    »Majestät.«


    Tazio sah ihn an. »Der Kontinent ist aufgebäumter Meeresgrund, es gibt keine Zweiteilung. Land und Wasser, völliger Unsinn, den Fiessin da schreibt. Manchmal bebt und türmt das Sediment sich auf, spuckt Asche und Rauch. Das Meer kocht und verdampft. Von welchen Grenzen also reden wir? Darum haben sie damals die Pyromagier ersäuft.«


    Weder Irving noch sonst einer der Anwesenden wusste von einem historischen Ereignis, bei dem irgendwelche Feuermagier ertränkt worden wären. Als Irving lächelte, zeigte Tazio kein Erkennen. Er machte keinen Unterschied mehr darin, wem er was mitteilte. Der Duca hatte sich völlig im Labyrinth seiner Gedankenwelt verloren.


    »Majestät«, wiederholte Irving mit lauter, feierlicher Stimme und endlich gab Tazio ihm einen Moment Zeit, um zu sprechen. »Es ist Zeit für Euch, das Heiligtum der Altvorderen aufzusuchen! Sie sprechen zu Euch, sie haben wichtige Kunde und diese muss festgehalten werden. Ihr seid auserkoren, sie zu vernehmen und nach Ledvico zu bringen, ihr seid der Leone Marino. Ich werde jedes Eurer Worte mitschreiben, abgeschirmt vor den Ohren der Unwürdigen.«


    Tazio betrachtete ihn ausdruckslos. Sein Blick irrte über die Muster von Irvings buntem Seidenmantel. Eine Ecke seines Verstandes erinnerte sich vielleicht oder womöglich war es auch pure Neugier, in jedem Fall reagierte Tazio immer positiv auf Irvings farbenfrohe Mäntel. Besonders das mit den Zierkarpfen zwischen Lotosblüten und Seerosen gefiel ihm und darum trug Irving genau dieses. Versunken in die Betrachtung, ließ Tazio sich von Irving am Arm anfassen und auf die Beine stellen, die Augen unentwegt auf die Fische und Blüten gerichtet. So brachte Irving ihn dazu, ihm nach draußen zu folgen. Die Ruspanti empfingen den Duca, der gerade eine Vision erlebte, mit sakralen Gesängen. Sie bildeten eine dichte Traube um ihn und den Augur, unablässig singend und tanzend. Flankiert wurden sie von den schweigenden Pretorianos, in Schwärze gerüstet. Tazios Stimme ging vollkommen unter in dem Lärm, nur Irving verstand seine Worte noch.


    »Aus dem Lebensfaden der Seidenraupen webt man Mäntel, um sich in gestohlenes Leben zu gewanden. Das Werk von Nekromanten. Die bestohlenen Raupen werden keine Falter, nie tragen sie den weißen Pelz ihrer Ahnen und nie fliegen sie hinauf zum Licht. Einst stand der Handel mit Seide unter Strafe, damals ging es Ledvico gut. Die Arashi haben uns diese Barbarei gebracht. Verwobene und gefärbte Lebenswege, Fremdleben, gewebt, determiniert. Jeder kann sie sehen, aber niemand hinterfragt! Wenn das Schiff kein Loch gehabt hätte, dann hätte es den Grund nicht erreichen können. Alles ist richtig, alles fügt sich, ein Falsch ist nicht existent. Fehler sind vollkommen ausgeschlossen und somit jegliche Schuldfragen obsolet. Ein wenig Vertrauen stünde jedem gut zu Gesicht. Aschelande, das Gegenteil ist Eis. Gefrorenes Wasser, nur darum ging es! Als unsere Männer vor Dunkelbruch standen, wählten sie das Wasser, wie jeder anständige Mann. Sie legten dort sich auf dem Meeresgrund zur Ruhe, das war ihnen bewusst. Nur der Feind hat das völlig verkannt. Die Fäden des Schicksals - wer sie in der Hand hält, der beherrscht ganz Asamura.« Seine Augen tränten, so sehr starrte er beim Gehen auf den Mantel. »Sirio wusste das!«


    »Ja, meine Majestät.«


    »Als Lazzarro Fedele seinen Pelz abstreifte ... war jedes Haar ein Faden. Sicher hat er gefroren, als man seinen Lebensfaden durchtrennte. Dennoch verließ er das Wasser ... weil er wusste ...«


    Der Gesang der Ruspanti hallte durch den Palast. Eine bunte Prozession, flankiert von den Pretorianos, deren Blick keinen Zweifel daran ließ, dass sie den notwendigen Platz auch gewaltsam herstellen würden. Im Zentrum, durch die wirbelnden Gewänder der Ruspanti verborgen, ging gebeugt und sehr mühsam der Duca. Ungehört in dem Lärm und ungesehen.


    »Lazzarro Fedeles Boot hatte ein Loch. Das musste es haben, wie sonst wäre er damit auf den Meeresgrund gefahren? Später dann ... als er hinaufkam ... und man ihm seinen Mantel raubte ...«


    Er keuchte wie nach einer langen Anstrengung, blieb stehen und wiegte den Kopf hin und her. Die Prozession musste halten, die Ruspanti drehten sich im Kreis um sich selbst und um den Duca, an dessen Seite Irving war. Der Versuch, Tazio wieder aufzurichten, scheiterte. Er stand wie festgeklebt und wiegte den Kopf wie in Trance. Der hypnotische Gesang machte es noch schlimmer, aber lenkte die Empfindungen des mächtigsten Mannes von Ledwick in eine andere Richtung als jene, in die er sonst manchmal abdriftete.


    »Die Schiffe, die am Meeresboden vor Sturmfels ruhen, hatten ihre Gründe. Die Capitanos wussten, dass man den Grund nicht erreicht ohne ein Loch im Boden.«


    »Es waren kluge Männer. Bitte folgt mir weiter ins Arcanum Sanctum, Majestät«, sprach Irving langsam und deutlich. »Die Geister der Altvorderen wünschen Euer Gehör! Sie haben Euch Wichtiges zu sagen. Doch dazu müsst Ihr mich begleiten.«


    Es waren Visionen, die den Duca heimsuchten, Zeichen seiner Würde, zu ihm allein sprachen die Toten, so wie sie einst zu Irving gesprochen hatten während seines ersten Lebens. Was sie bedeuteten, hatte er erst nach seiner Wiedergeburt durch Thabits Licht erkannt, als die Stimmen verstummt waren, um der alleinigen Stimme von Argentocoxos zu weichen. Mit der Erkenntnis hatte Irving seine visionären Aufzeichnungen voller Scham vernichtet. Das Wort des Duca jedoch hatte in ganz anderes Gewicht als seines. Sein Wort war Gesetz und erhaben über jeden Zweifel. Irving wusste, wie Tazio nun die Welt sah, seit er selbst in Klarheit wandelte. Er war jener, der die Bilder und Stimmen kannte, doch sie hatten keine Macht mehr über ihn.


    Bleich starrte Tazio nun auf die tanzenden und singenden Ruspanti. »Unser Vater wünscht unsere Gegenwart. Vater weiß ... er weiß ...«


    »Er wartet im Arkanum Sanctum auf Euch«, bestätigte Irving.


    Endlich ging es weiter, so schnell wie unter diesen Umständen möglich. Er leitete den keuchenden und immer wieder erstarrenden Tazio mit einiger Mühe in Richtung des sakralen Raumes. Das war keine leichte Sache. Wurde man zu nachdrücklich, wurde er böse. War Irving zu lasch, ließ er sich nicht lotsen. Und dann ging er keinen Schritt mehr weiter. Er stand da wie eine Statue und rührte sich nicht mehr, reagierte auch nicht auf Worte oder auf Berührungen. Er hatte sich in eine lebende Statue verwandelt.


    »Ambrogio«, sprach Irving an den Paladino gewandt, der die Pretorianos anführte. »Bringt unseren Duca zu dem Ort, an dem er Zwiesprache zu halten wünscht. Rasch!«


    Normalerweise erteilte nur Tazio allein dem Paladino Befehle. Doch wenn er in diesem Zustand war, war Irving befugt, sich darum zu kümmern, dass er seiner großen spirituellen Aufgabe nachkommen konnte. Ein Wink und der Paladino hob Tazio persönlich auf, um ihn vor sich her zu tragen. Selbst in den Armen des Mannes blieb Tazios Körperhaltung vollkommen unverändert, seine Gliedmaßen starr. Ambrogio trug ihn in die Mitte des Arcanum Sanctum, wo er ihn niederlegte.

    Der Raum war vollständig mit fest geflochtenen Schilfmatratzen ausgekleidet, auch die Wände bis in Kopfhöhe. Ummantelt waren die Matratzen mit türkisgrünem Stoff, der mit Wellen bestickt war. Das Fenster konnte hier nur angekippt, aber nicht geöffnet werden, da der Duca dazu neigte, hinauszuspringen, wenn die Stimmen ihn riefen.


    Plötzlich setzte Tazio sich auf. »Sirio war nicht betrunken.« Er packte Irving bei den Schultern. »Er war überhaupt nicht betrunken!«


    Irving zuckte zusammen, doch fing sich wieder. Er legte seinerseits die Hände an Tazios Oberarme. Ein sanftes Spiegelbild des aufgebrachten Seelöwen. Er sah die Schweißperlen auf dem jungen Gesicht, die im Licht glitzerten. Die beruhigende Berührung wurde Weisung, sie wies Tazio den Weg hinab.


    »Ich versinke«, keuchte Tazio, während er sich an dem bunten Mantel festkrallte.


    »Hinab wie Lazzarro Fedele. Es ist alles gut.«


    »Lazzarro ging danach wieder an Land! Land ist aufgebäumter Meeresgrund und Teil seines Reiches! Alles ist sein Reich!«


    »Er kehrte zurück, wie Ihr auch zurückkehren werdet, Löwe der See. Legt Euch nun nieder und ruht.«


    Schwarz war das Laken, schwarz die Decke und das Kissen, lichtlos wie der Grund der See, umgeben von türkisgepolsterten Wänden. Dort lag er nun auf dem Rücken, die Hände gefaltet wie ein Toter und starrte hinauf zu Bildern, die nur er sah. Einige Stunden konnte Irving nichts anderes zu tun, als zu wachen, während er die bisher gesprochenen Worte des Duca schriftlich festhielt. Er gönnte sich anschließend im Sitzen ein wenig Schlaf und die Ruspanti versorgten die beiden mit allem, was sie benötigten, während sie den ganzen Palast in süßen Amberduft einnebelten, sangen und mit Glöckchen an Hand- und Fußgelenken herumklingelten. Ihr Segen, ihr Gesang und ihre frohen Botschaften waren in diesen Zeiten, wie jetzt nach der Überschwemmung durch Argentocoxos, bei den meisten sehr willkommen. Die schlechten Botschaften hingegen überließen sie anderen. Und wenn es einmal gar nicht anders ging, hüllten sie die schlechte Botschaft eben in ein frohes Gewand. An dem Tag, wo Tazio dereinst auf dem Totenbett ruhten, würden die Ruspanti vermutlich vor lauter Freude weinen, weil der Leone Marino sich verjüngte, indem er den weißen Pelz an seinen Sohn weiterreichte, anstatt zu trauern. Und wenn Irving es sich überlegte, gefiel ihm dieser Gedanke auch selbst deutlich besser.


    »Ich wünschte, Sirio wäre hier«, seufzte Tazio. »Er würde es verstehen.«


    Irving widersprach nicht. »Ich verstehe es auch, Tazio«, sagte er.


    »Ja, du verstehst, warum jedes der Schiffe ein Loch im Boden brauchte.«


    »Ja, Majestät. Anders konnten sie nicht über den Meeresgrund fahren.«


    »Im Küstengestein waren Linien, ich habe sie gesehen. Sie wiesen nach Norden, sie haben uns alles erzählt, da waren die Zeichen, er hat sie auch gesehen! Er hatte keine Wahl, alle Pfade mussten dort enden, weil alles sich fügt. Es gibt keine Schuld, nur Schicksalsfäden!«


    »Die Menschen sind unwissend«, bestätigte Irving sanft. »Darum bedürfen sie Eurer weisen und sehenden Führung. Sie gleichen unmündigen Kindern.«


    »Wenn der Meeresgrund sich aufbäumt, wandeln wir über das Rückgrat der See. Meeresgrund, den sie uns raubten ... wir könnten Anspruch erheben ... Sirio hat immer aufgepasst, wie viel er trank.« Eine Weile wand Tazio sich auf den Matten. Seine aufgerissenen Augen schienen Irving nicht mehr zu sehen. »Im Abyss wartet man auf unsere Asche. Sie werden sie nicht bekommen, wir brennen nicht!« Er rollte mit dem Kopf und bog ihn schließlich so weit in den Nacken, dass es seinen Körper wie eine Brücke aufbäumte und er auf seinem Scheitel stand, was schmerzhaft aussah. So blieb er. Draußen sangen die Ruspanti, damit niemand die knurrende, brüllende und kreischende Stimme des Duca hörte. »Er war nicht betrunken«, schrie er immer wieder.


    »Nein, Sirio war nicht betrunken«, stimmte Irving leise zu.