Kapitel 20 - Frühstück

  • Frühstück

    Vendelin zählte nicht die Stunden, die er mit Hector in der verschlossenen Kajüte verbrachte. Ab und zu klopfte und rief es, doch sie reagierten nicht. Dies war ihre Zeit. Reden und einträchtiges Schweigen folgte im Wechsel. Sie waren füreinander da, lauschten und spürten. Was zwischen ihnen stattfand, reichte viel tiefer, als man draußen erahnte. Während die einen Ränkeschmiede vermuteten, glaubten die anderen an stundenlange Unzucht, doch weder das Eine noch das Andere geschah. Arm in Arm lagen sie, zwischendurch schliefen sie einige Stunden, um nach dem Erwachen festzustellen, dass das Band noch fester geworden war. Dieser Zauber war nicht von einem Magier. Was sie verband konnte selbst der fähigste Magier nicht erzwingen.


    Vendelin genoss, wie langsam sie es angehen ließen. Es war das Gegenteil von dem, was er verabscheute. Er gestattete sich, ein letztes Mal auf diese Weise an Alejandro zu denken.


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    Unangemeldet stand er vor der Tür, in seiner ledwicker Tracht, den Seesack über der Schulter, die blütenweiße Chaperon auf dem Kopf wie einen unordentlichen Turban. Alejandro, der sich nun Vittorio nannte. Vendelin wollte ihn rügen für sein Fortbleiben, er wollte ihn einfach aussperren. Stattdessen fiel ihm der Brotkorb aus der Hand und er fiel Vittorio um den Hals. Der küsste ihn mit kratzendem Bart auf den Mund, während er sich hineindrängte, die Tür mit dem Fuß hinter sich zudrückte und Vendelin auf direktem Wege ins Schlafzimmer schob. Dort warf er ihn rücklings aufs Bett und stieg zwischen seine Beine, drückte ihm den harten Schritt schmerzhaft in den Unterleib.


    "Langsam", keuchte Vendelin, "bitte etwas langsamer!"


    Vittorio antwortete nicht. Er zog ihm alle Kleider vom Leib. Nackt lag Vendelin unter ihm, während der Soldat noch vollständig bekleidet über ihm kniete. Seine Statur war kräftig und obwohl er gepflegt war, roch er nach Krieg. Der Altersunterschied machte ihn noch respekteinflößender. Mit schwieligen Händen massierte er grob Vendelins Schritt, während er ihm in die Augen sah. Es tat weh, doch Vendelin sagte nichts mehr. Er hatte begriffen, dass Vittorio erst Mensch zu ihm sein würde, wenn er seine eigene Art von Hunger gestillt hatte. Vendelin kniff die Augen zusammen, als ein Finger sich hart seinen Weg bahnte. Er drückte in seinem Innersten herum, bis Vendelins Körper mit einer Erektion reagierte. Als es so weit war, zog der Finger sich zurück. Dann folgte ein noch größerer Schmerz. Der Akt war hart und schmerzhaft, Vendelin ertrug ihn. Drei Mal holte Vittorio sich, was ihm seiner Meinung nach zustand, ehe er endlich friedlich neben ihm lag.


    Vittorio hob er die Hand, um Vendelins Wange zu streicheln. Nun endlich nahm er sich die Zeit, ihn wirklich anzusehen. "Mein Hübscher", sagte Vittorio.


    "Hast du mich vermisst?", fragte Vendelin, während er sich bemühte, die Schmerzen und die aus seinem Körper sickernde Flüssigkeit zu ignorieren. Ein Muskel an seiner Flanke zitterte.


    "Hat man das denn nicht gemerkt?", fragte Vittorio. Er strich ihm eine Haarsträne aus der Stirn, um ihn erneut zu küssen. Langsam nun, zärtlich, als würden sie einander sehr viel bedeuten. Sie küssten wie Liebende.


    Vendelins Wangen glühten. Er lächelte nach diesem Kuss, während in seinen Augen noch die unterdrückten Tränen des Akts glänzten. "Doch. Das hat man sehr gemerkt."


    Erst, als Vendelin Vater geworden war und sein eigener Sohn mit im Hause wohnte, hatte er Vittorio in seine Schranken verwiesen. Vendelin konnte anders, wenn er wollte, das wusste Vittorio nun und auch Vendelin hatte gelernt, dass er das konnte. Er musste es nur wollen, sein Wille war seit jeher seine stärkste Waffe gewesen, die weckte und lenkte, was in ihm wohnte: Vendelin, der Sohn des Wenzel von Wigberg, der die Agenten der Autarkie zu Fall gebracht hatte. Nach der Lektion war der Soldat ausnahmslos höflich gewesen, geradezu kleinlaut. Fortan bestimmte Vendelin die Regeln ihrer fragwürdigen Beziehung. Keine Grobheit, kein Hinwerfen, keine Gewalt und Vittorio musste auch mal unten liegen. Vittorio spielte mit, doch er wirkte unzufrieden. Außerhalb des Bettes war zwischen ihnen alles in Ordnung, doch körperlich war es schwierig. Und so konnte Vendelin nicht verhindern, dass Vittorio irgendwann wieder ging. Diesmal scheinbar für immer.


    Die Zusammenhänge zwischen dieser Wende in ihrer Beziehung und Vittorios Verschwinden hatte Vendelin erst später verstanden. Vittorio war niemand, der es schätzte, wenn man ihm seine Grenzen aufzeigte. Nein, das mochte er gar nicht und letztlich war das alles gewesen, worum es ging und warum es nicht mehr funktionierte. Das Spielzeug war unzuverlässig geworden, der Rückzugsort nicht mehr berechenbar. Dabei übersah Vittorio, dass Vendelin ihm die Tür stets wieder geöffnet hätte, dass er ihn aus ganzem Herzen liebte trotz seiner Fehler und ihm all die Jahre treu gewesen war, was man umgekehrt von Vittorio nicht behaupten konnte. Der Soldat ließ Vendelin fallen, als sei er der schäbigste Abfall, weil dieser es gewagt hatte, ihm Paroli zu bieten. Alles andere zählte für ihn nicht.


    Was für ein manipulatives, egoistisches Stück Dreck. Für Garlyn hoffte Vendelin, dass er von Vittorio besser behandelt wurde als er.


    Vendelin öffnete die Augen und sah Hector. Wie anders war doch, was zwischen ihnen gerade wuchs. Wie viel schöner und richtiger fühlte es sich an als die falsche Zuneigung dieses Wanderfalken, wie Hector ihn bezeichnet hatte.


    Weil Hector noch schlief, schälte Vendelin sich ganz vorsichtig aus dessen Umarmung, um sich aus der Kajüte zu schleichen. Mit frisch abgezapftem, noch körperwarmem Blut kehrte er zu ihm zurück. Die große Tasse stellte er auf den Beistelltisch und legte die Lippen auf Hectors Mund, um ihn wachzuküssen.

  • Ihre Welt war auf die Kajüte zusammengeschrumpft und das Bett bildete ihr Nest. Es gab nichts was sie von außen benötigten, sie hatten einander. Sie unterhielten sich leise und zwischendurch schwiegen sie, denn sie verstanden sich auch ohne Worte. Der Umstand war doppelt wertvoll, denn meist verstanden andere sie bereits nicht, wenn sie sprachen. Sie benötigten keine Worte, sie waren unterschiedlich und doch so gleich.


    Vendelin lag auf ihm und alles was er gab war Zuneigung und Wärme, gleiches bekam er zurück. Seine Berührung war nicht fordernd, dahinter steckte kein Hunger, kein Raub und keine Bezwingung. Es war eine leise Geste, er war da und es fühlte sich so an, als hätte er schon immer auf seinem Bauch geschlafen. Die natürlichste Sache der Welt. Von ihm ging nichts Bedrohliches aus, nichts was eine Abwehrreaktion verursacht hätte. Hector wusste, dass selbst wenn Vendelin zwischen seine Beine gerutscht wäre, er ihn nicht beißen würde. Woher er dass wusste? Das widerrum wusste er nicht.


    Es war einfach ein Gefühl, etwas das ihm sagte, dass alles was Vendelin ausmachte und er ihm geben würde nichts mit Gewalt, Zerstörung oder Unterwerfung zu tun hatte. Er vertraute Ven und er wusste nicht, wann er das zum letzten Mal über eine andere Person gedacht hatte. Kakko ausgenommen, sein Hätschelbaby war stets eine Ausnahme gewesen. Aber man konnte Kakko schließlich auch nicht mit einem Partner vergleichen. Er war sein Kind, sein Mündel und nicht sein Gefährte. Nicht alles war für die Ohren eines Kindes bestimmt, gleich wie alt es war. Einem Gefährten hingegen konnte man alles sagen und bei ganz besondern, musste man das nicht einmal.


    Feinde bohrten in Wunden herum um sie aufzureißen, Vendelin hatte den Finger auf seine Wunden gelegt, um sie zu verschließen. Sie würden sich ihr eigenes Nest schaffen, eines das den Namen verdiente. Eines in dem man gerne lebte und man sich weder ängstigen noch ekeln musste. Einen Ort wo man sicher war. Einen Platz der ihre Einstellung widerspiegelte.


    Ven war ein Wigberg, der beschlossen hatte, ein Hohenfelde zu werden. Er war ein Hohenfelde, der beschlossen hatte, ein Wigberg zu werden.


    Als er erwachte, schlief Ven gerade gemütlich auf ihm, sein Atem ging flach und leise. Er sah niedlich aus, mit dem leicht geöffneten Mund und den absolut entspannten Gesichtszügen. Hector hielt ihn fest umarmt, damit her nicht herunterrutschte, sobald er sich drehte. Wer schon der Aal hieß, war vermutlich auch dazu in der Lage, dachte er mit einem Schmunzeln und stellte sicherheitshalber noch ein Bein auf.


    In aller Ruhe betrachtete er seinen Mann. Vendelin war gepflegt, aber bewusst unscheinbar. Eine graue Maus, die man sah und dabei zeitgleich wieder vergessen würde. Die Tarnung eines Jägers um sich frei in der Herde der Beute bewegen zu können. Aber für Hector war nichts an Ven, was er fürchten musste. Das Gefühl war neu und uralt zugleich. Es fühlte sich unheimlich gut an unter ihm zu liegen. Bei jedem anderen schwang Vorsicht mit, bei Vendelin nicht. Es war höchst gefährlich derart den Panzer zu öffnen und jemand bis auf seine Seele heranzulassen. Allerdings hatte Ven ihm bis auf die Seele geschaut und er hatte verstanden. Er hatte gewusst was geschehen war und dennoch hatte er es nicht ausgesprochen. Ein Blick der jahrzehnte langen Selbstbetrug als das entlarvt hatte was es war, ein Verrat an sich selbst.


    Wenn es eine Person gab, die dort liegen und ihn lieben durfte, dann war es Vendelin. Er kam nicht um zu zerstören oder etwas zu erobern. Er erbat etwas und überreichte sich selbst. Hector streichelte ihm über den Kopf, küsste ihn sanft darauf und war einige Minuten später in der Position eingeschlafen.


    Gefühlte fünf Minuten später weckte ihn ein Kuss und der Geruch von frischem Blut.

    Für den Bruchteil einer Sekunde war er in voller Alarmbereitschaft und in Sorge um seinen Mann.


    Blut?

    Wessen Blut?

    Kuss?

    Wessen Kuss?


    So schnell wie ihm die Informationen durch den Kopf schossen, so schnell riss er die Augen auf. Sein eiskalter Blick verwandelte sich in einen liebevollen. Vendelin war wohlauf, er küsste ihn und er hatte ihm Frühstück mitgebracht. Seine Sorge verflüchtigte sich ins Nichts und machte einem behaglichen Gefühl Platz.


    Hector setzte sich auf, küsste Vendelin sanft zurück und nahm den Becher Blut mit beiden Händen entgegen.


    "Dankeschön und gut geschlafen?", fragte er freundlich und nahm einen tiefen Schluck seines Frühstücks.

  • Vendelin ließ sich auf dem Bett neben Hector nieder. Er beobachtete, wie Hector beide Hände um die warme Tasse legte. Sie war eigens im Ofen vorgewärmt worden, bevor das Blut seinen Weg hineinfand, da er wusste, dass Vampire sanfte Wärme liebten, ein Nebeneffekt ihrer ewigen Suche nach lebender Beute.


    "Ich habe sehr gut geschlafen. Deine Nähe hat etwas Wohltuendes. Sie beruhigt und erdet. Das ist vielleicht nicht, was ein stolzer Jäger hören möchte, aber es ist, was ich fühle."


    Er überlegte kurz, ob er ansprechen sollte, was seine Gedanken zu Vittorio ergeben hatten. Doch er entschied sich dagegen, den Verflossenen nun gedanklich an ihrer Zweisamkeit teilhaben zu lassen. Wo auch immer Vittorio war - er hatte keinen Platz mehr bei Vendelin. Es war ihm nach so vielen Jahrzehnten endlich gelungen, die Tür zu schließen und den heimkehrenden Wanderfalken ein für alle Mal auszusperren.


    Vendelin hob seine Hand, um Hectors Haar zu streicheln. Während sein Gefährte trank, rutschte er an ihn heran und bettete das Kinn auf seiner Schulter, den Kopf an seinen Hals gelehnt, auf der Suche nach Nähe. Ein Kuss fand auf dem Weg dorthin seinen Weg auf Hectors Haut.


    "Ja", gab Vendelin nun die lange überfällige Antwort.

  • Hector musterte Vendelin über den Rand der warmen Tasse. An seinen Augenwinkeln sah man, dass er lächelte während er trank. Er setzte die Tasse ab und stellte sie beiseite, um sich ebenfalls an Vendelin zu kuscheln.


    "Doch ich möchte sehr gerne hören, wenn Du so etwas sagst. Es macht mich stolz, dass Du so empfindest Ven. Ich empfinde ebenso für Dich. Bei Dir fühle ich mich Zuhause und angekommen. Du bist mein Nest und ich Dein Schlüsselmeister. Es gibt keine unterschwellige Vorsicht, sondern nur Vertrauen. Du bist mein Gefährte, vor Dir trage ich weder Maske noch Panzer. Was ich Dir nicht offenbare, dient Deinem Schutz. Du hast auf mir gelegen und alles was ich empfand war Glück", antwortete Hector und stupste Vendelin zärtlich an.


    "Meine Chaosmähne", grinste Hector und küsste Ven zurück.


    "Ich habe sie schon zig mal langwachsen lassen, nur um sie genervt wieder abzuschneiden. Keine Ahnung weshalb. Unsere Aufgabe wird mächtig und eigentlich hätte ich Dich als Verbündeten gesucht. Das wir ein derartiges Bündnis eingehen werden, damit hätte ich nicht gerechnet Ven. Aber selbst wenn wir kläglich scheitern sollte, war es mir das wert, dass sollst Du wissen.


    Ich muss von Dir wissen, wie gut Du ein Schwert führen kannst, wie sicher bist Du im Umgang mit einer Klinge? Einem Zweihänder?", fragte Hec und legte ihnen die Decke um die Schultern.

  • "Diese Haare passen zu dir. Wenn du einmal ordentlich aussehen möchtest, tut es auch ein Hut, du musst sie nicht verändern dafür. Mein verspätetes Ja-Wort hast du charmant überhört?"


    Er lächelte und küsste ihm noch einmal Hals und Wange, während Hector die Decke um sie beide legte, so dass es angenehm warm wurde.


    "Wir werden nicht scheitern. Du weißt am besten, wer wir sind und was wir können und bei mir ist es wie bei dir - manche Dinge darf ich dir nicht sagen. Was du erfahren darfst, wirst du erfahren und ich werde dich am Tag nach der Hochzeit Thabit vorstellen. Das habe ich nicht mit Isabelle getan, nicht mit Derya und auch mit sonst niemandem, der von außen in unsere Familie kam. Thabit weiß, was das bedeutet.


    Mit einem Schwert bin ich nicht sehr gewandt, ich beherrsche nur die Grundlagen und dies wohl unter dem Durchschnittsniveau. Dafür aber bin ich mit dem Dolch und dem Degen recht flink unterwegs. Auch Wurfnadeln kann ich präzise ins Ziel bringen. Generell, so muss ich sagen, ist der offene Zweikampf allerdings weder meine Stärke noch meine bevorzugte Taktik und ich vermeide ihn, wann immer es geht."

  • "Natürlich habe ich Dein Ja nicht überhört, meine Antwort war der Stupser, aber weil ich gerührt bin. Schön dass Du ja sagst zu uns beiden. Ich weiß die Ehre zu schätzen ein Wigberg zu werden. Deine Zuversicht ist ansteckend, ich hatte sie nicht Ven. Aber das hat mich trotzdem davon nicht abgehalten den Kampf aufzunehmen.


    Ich werde es Dir so gut wie möglich beibringen, Du wirst Schattenschlinger führen und ich werde unseren Gegner mit einer anderen Waffe niederkämpfen, den tödlichen Schlag wirst Du ihm versetzen, denn nur Du oder jemand mit Deinen Fähigkeiten kann ihn führen.


    Die Innschrift mit dem das Schwert gesichert wurde lautete...


    Ilung yiba unako oku Krelerar hela ngo ukuba Lingo, kho Yorkka nan xibar unako.

    Geführt werden kann dieses Schwert nur durch jenen Mann, dem Magie nichts anhaben kann.


    Du bist einer jener, die Schattenschlinger führen können. Mir hingegen kann Magie etwas anhaben, aber wir beide werden auch dort Seite an Seite kämpfen Ven. Nicht nur für unsere Kinder, sondern auch wesentlich tieferen Gründen. Gründe an die ich nicht mehr geglaubt habe seit dem ich 19 Jahre alt wurde. Wer immer Dich geschickt hat, meint es verdammt gut mit mir und ich meine es verdammt gut mit Dir Ven", schmunzelte Hector gut gelaunt und schnappte sich seine Tasse voller Blut.


    "Möchtest Du einen Schluck?", fragte er freundlich.

  • Vendelin nahm dankbar einen Schluck des körperwarmen Blutes, ohne die Tasse dabei selbst in die Hände zu nehmen. Aber nicht zu viel. "Trink, so lange es noch warm ist", bat er und leckte sich mit der Zungenspitze die dunkelroten Zähne wieder weiß. "Dann ist dir also bekannt, dass ich die Gabe der Antimagie besitze. So weißt du auch, dass ich dir nicht in die Ewigkeit folgen kann, sondern gehen muss, wenn meine Zeit abgelaufen ist. Was genau hat es mit diesem Schwert auf sich? Es ist ein Artefakt, nehme ich an. Wer schuf es und wer schuf die Inschrift - und warum? Selbst wenn ich nicht gut im Umgang mit Zweihändern bin, werden wir einen Weg finden, es ist alles eine Frage der Intelligenz und davon haben wir beide zusammen sehr viel."


    Er schlang seine Arme langsam um Hectors schlanken, harten Leib. "Es hat eine Weile gebraucht, ehe ich meine Entscheidung gefällt habe. Die Jagd kam nicht zustande, denn ich kehrte um, um meinem Häscher entgegenzutreten. Nicht, um ihn zu stellen, sondern um ihn zu bitten, ob ich ihn begleiten darf auf seiner Jagd. Das Grauen und der Aal sind sich begegnet und sie fanden zueinander."

  • "Du hast Recht", stimmte Hector zu und trank das Blut aus, nachdem Vendelin getrunken hatte.


    "Du hast mir selbst erzählt das eine der mächtigsten Waffen Wissen ist. Wissen ist Macht Ven, sie ist ein Schlüssel. Warum glaubst Du sammele ich gerade passende Verbündete und Artefakte? Weil ich weiß, wie und womit wir Dunwolf schaden und sogar vernichten können. Aber all das Wissen würde mir nichts nützen, wenn ich nicht die entsprechenden Personen zusammen bringe und die dazugehörigen Artefakte.


    Das Schwert Schattenschlinger wurde von Großhexer Indutiomarus von Hohenfelde geschmiedet, kurz vor dem großen Wandel. Er wollte damit Dunwolf niederstrecken, es ist sein Henkersschwert, dass niemals zum Einsatz kam. Dieses Schwert heißt nicht umsonst so wie es heißt - Shunzar Qenar - Schatten Verschlinger oder Schattenschlinger. Es kann tatsächlich Schatten verschlingen, also töten. Oder Personen die sich in der Zwischensphäre von Diesseits und Jenseits aufhalten um so jeder weltlichen Waffe zu entgehen.


    ...Und so schmiedete der Großmeister mit den Mächten der Blutmagie einen stählernen Zahn der seinesgleichen suchte.

    Ein Schwert, dass zeitgleich auf zwei Ebenen geführt wurde und sogar die Finsternis selbst zerteilen konnte.

    Eine seiner Gespielinnen ungläubig wie sie war, erdreistete sich, ein Schwert das nur Schatten verschlang in Frage zu stellen.

    Der Erzhexer zückte die Klinge und schlug zu. Schattenschlinger schlug ihren Schatten entzwei, durchtrennte den Torso des Weibs über den Hüfte... und ebenso gefällt stürzte das Weibsbild in zwei geteilt zu Boden....


    Es ist eine Waffe die auch die Schatten von Dunwolf aufhalten kann, keine weltliche Waffe hat sonst Macht über sie. Sie allerdings können Sterblichen sehr wohl schaden. Behalte das im Kampf im Hinterkopf, es wird uns das Leben retten. Deshalb meine Frage wie gut Du im Schwertkampf bist", erklärte Hector, ehe er schlagartig ernst wurde.


    "Ich weiß dass Du mir nicht in die Ewigkeit folgen kannst Vendelin, ich Dir in die Finsternis hingegen schon", antwortete Hector mit heiserem Flüstern.

  • "Mir in die Finsternis folgen? Mein lieber, süßer Hector, dass unsere Wege sich mit meinem Scheiden trennen werden, wusste ich vom ersten Tag unserer Begegnung an, da du doch bereits Vampir geworden warst, als ich dich lieben lernte. Ich wünsche und erwarte keinen Suizid. Das Einzige, was mich am Tod schreckt, ist meine anschließende Unfähigkeit, weiter die Geschicke meiner Familie zu lenken. Das würde mich wirklich betrüben. Andererseits ist es auch gut so, wenn ich eines Tages die Bühne verlasse und Moritz das ewige Spiel überlasse. Er ist ein guter Junge. Noch nicht ganz im Reinen mit sich, aber er ist auch noch sehr jung. Er wird seinen Weg finden.


    Warum aber trachtete Indutiomarus danach, seinen Sohn zu richten, wenn er doch derart machtvoll war, dass er es verdient hätte, seinen Platz auf dem Thron einzunehmen - was er hernach ja auch tat? Wie ist Indutiomarus gescheitert?"

  • "Das ich eines Tages durch ein Schwert fallen werde, war mir bewusst. Wenn es mein eigenes ist, ist das meine Wahl. Aber vielleicht gibt es auch eine andere Möglichkeit, die uns über die Ewigkeit hinaus verbindet. Ich werde eine Lösung finden, wenn nicht in den Archiven des Ältesten, dann vielleicht im Tempel des Lichts, in Eurem Wissensfundus oder den anderen Schriften anderer Ältester.


    Warum Indutiomarus seinen Sohn töten wollte?

    In den Schriften heißt es...


    ...und es kam der Tag, als der Erzhexer gewahr wurde, dass seine Brut, jener der den Namen Dunwolf trug, das geistige Abbild jenes Mannes wurde, dessen Namen er nicht einmal in schwärzester Nacht auszusprechen wagte. Ein Mann, ein Mensch, ein Hohenfelde von unvorstellbarer Grausamkeit, Macht, Morbidität und Sadismus. Er liebte die Spiele, genoss das Lied, trank die Angst und lebte für seinen persönlichen Vorteil. Jenen den die Familie einst dem Ehrennamen "den Einäscherer" gab.


    Sein Name soll hier einmalig erwähnt werden.... Krotorius von Hohenfelde, Erzmagier des Hauses Hohenfelde. Großvater von Dunwolf. Jener der keine Körper, sondern Seelen einäscherte und nichts als gebrochene, gezeichnete Hüllen zurückließ, dazu geschaffen ihm auf Ewigkeit zu dienen.


    Und so wie der Erzhexer den Dolch des Lichten erhielt um dieses Ungetüm zu fällen, so schmiedete er die Klinge um diesen Schatten zu erschlagen, damit er sich nicht erneut über ihre Familie oder ihn legen möge...


    Indutiomarius schmiedete das Schwert aus Angst vor seinem eigenen Sohn Dunwolf, da dieser seinem eigenen Vater von der Seele her glich. Deshalb ist der Name Krotorius heilig gesprochen von Dunwolf, ein Mann gleichen Schneids.


    Dunwolf war zu der Zeit drei Personen in einer, selbst Schattenschlinger konnte ihn nicht töten. Aber nun ist Dunwolf wieder allein und das Schwert könnte seiner Bestimmung folgen", grinste Hector fröhlich.


  • "Deine Treue ehrt und rührt mich sehr. Aber es gibt keinen Weg, nach diesem haben schon andere geforscht. Der Grund liegt in der Unberührbarkeit unserer Seelen. Sie geht so weit, dass die meisten davon ausgingen, dass wir nicht einmal eine Seele besitzen. Wir können weiter danach forschen, man kann nie genug Wissen in Erfahrung bringen und horten, doch dahingehend hege keine Hoffnung. Genießen wir die zwanzig, vielleicht dreißig Jahre, die uns zusammen bleiben und denken nicht an das Ende."


    Vendelins Finger massierten sanft Hectors Flanke.


    "Der Dolch des Lichten ... jenes Artefakt, das du Ciel de Souvagne überreicht hast? Aber der kleine Prince schien damit völlig anderes im Sinne zu haben, als Dunwolf zu stellen. Hat er mit dir darüber gesprochen? Weißt du, dass er sich in den Kopf gesetzt hat, Dunwolf zu zähmen und sich dienstbar zu machen? Statt ihn zu richten, will nach Souvagne und Horatio von Schwarzfels bekämpfen! Es wird nicht einfach werden, ihm dieses Artefakt wieder abzunehmen. Von wem erhielt Indutiomarus den Dolch des Lichten, bevor er Schattenschlinger schmiedete?"

  • "Er erhielt den Dolch des Lichten von eben jenem Horatio, den Ciel nun vernichten will. Damit schließt sich ein Kreis, denn die Waffe kann dem Schmied nichts anhaben. Natürlich habe ich Ciel den Dolch gegeben. Es war eine reine Abschreckungsmaßnahme. Dunwolf fürchtet die See wegen Thabit und er fürchtet auf gewisse Weise Ciel. Früher hätte ich so etwas nicht ausgesprochen. Ciel hat ihm sehr viel Ärger bereitet. Deshalb hält er sich von uns fern. Solange wir auf See oder in Ciels Nähe sind, sind wir sicher.


    Zudem wenn Ciel es tatsächlich schaffen sollte Dunwolf zu zähmen, na dann kommen wir doch ganz leicht an ihn heran. Ich bin einer von Ciels Beißern und Du bist ebenso ein Untertan des Hofes. Wir sind dann sowas wie Kollegen nicht wahr? Wir müssen ihm dann nicht in sein Reich folgen, sondern wir empfangen ihn hier. Also bequemer könnte es gar nicht laufen.


    Horatio ist der Älteste dessen Zeichen die Laterne des Wissens ist. Das Licht der Sehenden und Gerechten, sein Schlüsselmeister ist Mann und Frau zugleich. Und nur er kann uns in seinen Tempel lassen. Ich bin gespannt wie Ciel da hineinkommen möchte. Vermutlich klopfen oder alles abreißen bis her hineinkommt. So hat es ja auch bei Dunwolf geklappt.


    Wobei das stimmt nicht so ganz. Dunwolf hat seine Tür in sein Gemach mit ein paar Rätseln gesichert. Allerdings hat er nicht mit der Hartnäckigkeit von Ciel gerechnet oder damit das ein Hohenfelde selbst einen Souvagne ins Herrenhaus schleppt. Woher sollte er das auch ahnen? Licht und Schatten vereint trampeln seinen Tempel nieder. Und mein Vater führte sie noch hin.


    Damals war ich über seine Tollpatschigkeit echt angepisst, heute sehe ich das mit Humor", schmunzelte Hec.