Kapitel 23 - Die Ruhe nach der Kollision

  • Die Ruhe nach der Kollision

    Das Schiff hatte ein Loch im Bauch. Sirio hatte es prophezeit und wie so oft war es wahr geworden, wenn auch anders, als man dachte. Das war das Schöne an so vagen Weissagungen, sie passten auf alle möglichen Situationen. Und so behielt Sirio, der große Seher seines Volkes, auch nach seinem Tode noch einmal mehr Recht. Vendelin wäre es allerdings lieber gewesen, er hätte sich geirrt. Der Kapitän der Tordalk hatte getobt und er war nicht der Einzige. Jeder an Bord, der irgendetwas zu sagen hatte, brüllte herum, trat zu und ließ seine Männer auch das Tau schmecken, wenn es zu langsam voranging. Die Tordalk war zu riesig, um sie abschleppen zu lassen, darum musste sie wohl oder übel Hochseetauglich gemacht werden - auch mit Loch. Anders würde sie nicht in einen Hafen kommen, wo man sich mit Dschunken auskannte. Zur Wahl blieben nur Arashima oder Ledwick, aber sicher nicht das Nest Schwalbingen. Ein Wunder, dass sein Landungssteg geeignet war, um ohne Beiboot von Bord gehen zu können.


    Vendelins Sorge war jedoch nicht die Sicherheit des Schiffs, sondern die von Moritz und Patrice. Er bat Hector, ihn zu begleiten, während Kakko wartete, um zu schauen, ob Hectors Sohn versuchen würde, sich in dem Chaos aufs Schiff zus chleichen. Moritz war rasch gefunden, er musste gemeinsam mit den anderen Gardisten schufften, bis die ersten zusammenbrachen. Boldiszàr hatte einen sehr schlechten Tag und war vollkommen ungenießbar. Als er Moritz endlich Feierabend gewährte, war dieser knallrot und nass von Schweiß. Er wirkte fertig, aber zufrieden und unterhielt sich mit Jendro.


    "Geht es dir gut?", erkundigte Vendelin sich.


    Moritz schaute misstrauisch. "Danke der Nachfrage, aber das braucht Euch nicht zu interessieren." Offiziell waren sie nicht einmal verwandt. Wobei inzwischen die meisten wissen dürften, dass Timothèe Mauchelin einen anderen Namen trug, genau wie Patrice, der sich fortan Moritz von Wigberg nannte, während der Name Patrice nun zu einem anderen Körper gehörte. Vendelin würde mit dem Duc reden müssen, wie das weitergehen sollte. Es tat ihm weh, dass sein unsichtbares Netz nun an die Oberfläche gezogen worden war und machte vieles schwerer.


    Vendelin schaute traurig. Er war in Sorge gewesen und nun diese kalte Reaktion. Er bekam, was er ihn all die Jahre gelehrt hatte, nun zurück. "Bitte. Ein kurzes Gespräch unter vier Augen muss doch möglich sein, Ihr habt Dienstschluss."


    Moritz fügte sich ungern, aber er tat es. Er begab sich mit seinem Vater in eine der vielen leeren Kajüten, etwas misstrauisch, weil Hector neuerdings stets in Vendelins Nähe weilte. Und als sie unter sich waren, musste er vollkommen überrascht ertragen, dass Vendelin ihn drückte, ihm den Kopf streichelte und seine Wange küsste. Er blickte drein, als würde er den Kuss am liebsten wegwischen, aber anstatt böse zu wirken, schaute er verunsichert.


    "Was ist denn los?", fragte er leise.


    "Nichts Besonderes. Ich habe nur viele Dinge erkannt, für die ich lange Zeit blind war. Ich bin sehr stolz auf dich, Moritz. Pass auf dich auf und auf deinen kleinen Bruder."


    "Wen?" Nun blickte Moritz noch verstörter. "Bist du noch mal Vater geworden?"


    "So alt bin ich nun auch wieder nicht, dass das so ungewöhnlich wäre", gab Vendelin etwas beleidigt zurück. "Es geht mir um Patrice. Sobald wir zu Hause sind, werde ich den Jungen adoptieren."


    Moritz überlegte, dann nickte er. "Ich denke, das wird ihm gefallen. Er ist gar nicht so übel, wenn man seine Besonderheiten hinnimmt und ihn nicht gerade im Kopf stecken hat. Eine Familie wird ihm gut tun. Mein kleiner Bruder ... das hört sich schöner an als Spaltling." Nun lächelte er. "Danke, Papa, auch in seinem Namen. Ja, ich werde auf ihn achtgeben. Momentan ist er bei Linhard, dort ist er in guten Händen. Die zwei verstehen sich sehr gut."


    "Das ist nicht überraschend. Linhard ist ein Hohenfelde und Patrice ein Wigberg. Mich wundert vielmehr, dass sie nicht schon früher angefangen haben, nacheinander zu schnuppern."


    Moritz wies mit dem Kinn in Hectors Richtung. "Ah, ja. Und was ist mit ihm? Mit dem Tarnkappenhohenfelde?"

  • Hector begleitete Vendelin zurück auf die Tordalk. Seine Nerven waren bis zum Zerreißen angespannt, denn er wusste nicht, wer oder was sie dort erwartete. Im schlimmsten Fall eine Übermacht an Feinden. Aber im allgemeinen Durcheinander achtete jeder nur auf sich und seine Aufgabe. Das Schiff musste wieder fit gemacht werden. Verständlich, denn es war Fortbewegungsmittel und Wohnort in einem.


    Er selbst wusste nicht was er von all dem halten sollte was geschehen war. Er hatte die Front gewechselt, Prince Ciel ebenso. Und wer wusste, wer noch alles. An seiner Seite baumelte immer noch das Schwert des Lichten. Verliehen oder vergessen? Auch das wusste er nicht.


    Der Grund weshalb sie zurück auf die Tordalk marschiert waren, war Vendelins Sorge um seine Söhne. Moritz schien die Sorge seines Vateres ehr zu beunruhigen. Gut Hector erging es meist ganz ähnlich, wenn Archibald sich sorgte, hatte kurze Zeit später selbst Sorgen. Bei Ven und Moritz schien es ganz ähnlich zu laufen.


    Sie waren eindeutig Vater und Sohn.


    "Was soll mit mir sein? Dein Vater und mich verbindet mehr, wir gehören zusammen Moritz. Ihr seid eine Familie und ich bin hoffentlich bald ein Teil davon. Dein Vater kam nur aus zwei Gründen zurück auf die Tordalk, wegen Patrice und Dir. Er sorgt sich um Euch. Er wollte sich persönlich überzeugen dass es Euch gut geht.


    Das mag in Deinen Augen zu spät kommen, sich falsch anfühlen oder ungewohnt, aber bedenke eines - besser spät als nie.

    Schlag nicht die gereichte Hand aus Moritz, sie ist in Liebe gereicht. Und alles was dieser Mann tat, tat er für Dich und die Familie. Sogar Euch und sich selbst aufzugeben. Vergiss das nicht, bevor Du über ihn urteilst.


    Bleibst Du an Bord, oder wirst Du uns begleiten? Wir könnten Deine Unterstützung gebrauchen Moritz", antwortete Hector freundlich.

  • Moritz musterte den Fremden kühl. Er schätzte ihn von Kopf bis Fuß ab. Der Geschmack seines Vaters wurde im Alter nicht besser. Moritz misfiel es, dass dieser Mann sich in ihre Familienangelegenheiten einmischte. Es gab kaum einen Wigberg, dem das gleichgültig war. Doch dann dämmerte es Moritz ... der Zirkel. Die ewige Aufgabe. Sie hatten bereits Vittorio und Arbogast eingeschleust und Vendelin an der Spitze. Wenn ihm es gelang, sich Hector dienstbar zu machen ...


    Das Gesicht von Moritz nahm einen milderen Ausdruck an. "Ihr beide werdet euch das gut überlegt haben und wissen, was ihr aneinander habt. Vermutlich verbinden euch viele Gemeinsamkeiten, das kann ich mir gut vorstellen. Und letztlich hat mein Vater Recht, wenn er sagt, dass es immer wieder die Hohenfeldes und die Wigbergs zueinander zieht. Meist ist das zum Vorteil beider Seiten. Manchmal ... endet es auch wie bei Dunwolf und Harubold. Friss mir meinen Vater nicht auf.


    Meine abweisende Art ist pure Gewohnheit. Aber sie hat nichts mit Abneigung zu tun. Bis vor kurzem war es zwischen uns nicht üblich, Gefühle zu zeigen. Daran mus ich mich erst noch gewöhnen.


    Danke für die Einladung, aber ich kann hier nicht fort, ich bin im Dienst seiner Hoheit. Meinen Dienst kann ich nicht einfach unterbrechen. Allenfalls könntet ihr Patti mitnehmen."

  • Hector beobachtete Moritz, so wie er jeden Fremden vor sich taxierte. Sogar ein Familiemitglied konnte ein potentieller Gegner sein. Erst vor kurzem war ihm das bewiesen worden. Nun Moritz hatte vermutlich auch die verqueren Gedanken seines Vaters ertragen müssen, was seine Sicherheit anging. Dennoch war Moritz ebenso ein Soldat und seine Loyalität galt der Souvagnischen Krone. Hätte er gewusst worum es wirklich ging, worum es ihm ging, dann hätte er sie vermutlich im Namen genau jener Krone begleitet.


    War diese Krone nicht mit Horatio im Bunde und hatte dieser ihm nicht sein Schwert ausgehändigt? Nun Dinge die Moritz weder persönlich betrafen, noch etwas angingen. Das Endergebnis möglicherweise schon, sollte es zu einer offenen Schlacht zwischen einigen oder sogar allen Ältesten kommen. Aber dann würde sich niemand mehr lange sorgen müssen.


    Denn für ihre Schlachten woben sie tödliche Magie und dafür benötigten sie Seelen, die Essenz des seins.

    Nach der Schlacht würde folglich nichts mehr sein, außer Schatten...


    Das zu verhindern, war vor einigen Stunden seine Aufgabe geworden.

    Man wuchs bekanntlich an seinen Aufgaben.


    "Verständlich, warum solltest Du Schmusekurs fahren. Was Ven und mich betrifft, da kannst Du Deinem Vater vertrauen. Er weiß was er tut und vor allem wofür und für wen. Patrice wird uns genauso wenig begleiten wie Du, er ist an Tekuro gebunden. Ich hätte den Mann bis vor kurzem noch um Unterstützung gebeten. Aber sein Herr hat sich für die falsche Seite entschieden, folglich folgt er selbst den falschen Zielen. Pass auf Dich auf Moritz, es tut sonst keiner. Gehen wir Ven", sagte Hector umgänglich.

  • "Bis auf einen", sagte Vendelin freundlich, schenkte seinem Sohn einen tiefen Blick zum Abschied und legte den Arm um Hector, um ihn vom Schiff zu führen wo - leider - schon Kakko wartete und sie munter begleitete. Schade, dass nicht auch seine Söhne dabei waren, doch er verstand ihre Entscheidung und hieß sie gut. Nur Kakko könnte seiner Meinung nach ein wenig selbstständiger sein. Er wich seinem Vater kaum von der Seite, wenn man ihn nicht bewusst aussperrte. Vermutlich, damit sie es sich nicht allzu gemütlich werden ließen. Dabei sehnte sich Vendelin danach, erneut mit Hector im Bett zu liegen, endlose Stunden, wie zuvor ... und diesmal vielleicht die Hände unter seine Kleidung zu schieben und seinen Körper ganz zu spüren.


    Sie ließen das beschädigte Schiff hinter sich und hielten auf den Ortskern von Schwalbingen zu. "Mieten wir uns Pferde oder ein Zimmer?", fragte er unumwunden. Seine Finger gruben sich ein wenig mehr in Hectors Flanke.

  • Hector folgte seinem Mann vom Schiff und schloss Kakko in die Arme, als sie wieder beieinander waren. Er strich ihm kurz die Haare aus dem Gesicht, ganz ähnlich streichelte er auch Tornados Kopf, ehe er sich wieder Ven zuwandte.


    "Beides würde ich sagen. Allerdings wäre es mir lieber, wenn wir den Ort hinter uns lassen und uns unterwegs eine andere Bleibe suchen. Schwalbingen wird nicht der letzte bewohnte Ort vor Arashima sein oder?", sagte Hector aufmunternd und schaute zum Nachthimmel auf um die Zeit abzuschätzen, wie lange es noch Nacht sein würde.


    "Suba! Ist er auch nicht Hec, es gibt viele kleine Orte und Dörfchen die Küste entlang hinunter", antwortete Kirimar, der sich aus der Dunkelheit zu ihnen gesellte. Im Schlepptau führte er Kakkos und sein eigenes Pferd.


    "Ihr habt doch nicht geglaubt, dass Ihr ohne mich abreisen könnt oder? Was beim Abgrund war auf dem Schiff los? Es ging alles drunter und drüber, man hätte meinen können, gleich bricht Panik an Bord aus. Aber die Matrosen waren alle standfest, wie man so schön sagt. Ich wurde ziemlich unsanft geweckt. Mit allem hätte ich gerechnet, aber nicht, dass irgendwas dieses Koloss zum Schwanken bringen könnte. Habt Ihr gesehen, was ihn getroffen hat? Ich musste mich aus den unteren Gefilden zu den Pferden durchkämpfen und dann mit zwei Pferden durch die schmalen Gänge. Spaß sieht anders aus, allen vorran für unsere Tiere. Kakko nimm Dein Pferd entgegen", sagte Kirimar und knuffte alle zur Begrüßung.


    Der Knuff den Vendelin kassierte, war sanft. Kirimar wusste nicht, was er davon halten sollte, dass sie von dem Aal begleitet wurden. Persönlich hatte er nie mit dem Mann zu tun gehabt. Sein Ruf war legendär, aber auch völlig offen. Dies bedeutete meist, dass von dieser Person die größte Gefahr ausging. Er konnte es sich leisten, völlig farblos zu sein.


    "Das können wir Dir unterwegs erläutern, wir haben noch gut 4 Stunden Dunkelheit. Bis dato müssen wir einen anderen Ort und ein sicheres Zimmer erreicht haben. Machbar?", fragte Hector.

    "Machbar, in der gegenüberliegenden Bucht liegt Perlenbucht. Kleiner verschlafener Ort ungefähr eine Stunde von hier", antwortete Kirimar und schwang sich in den Sattel.


    "Alles klar, aufsitzen", befahl Hector und schwang sich in den Sattel von Tornado. Kaum das er saß, hielt er Vendelin die Hand hin, damit er sich hinter ihn aufs Pferd schwingen konnte.

  • "Das war nur ein technologisch besonders ausgereiftes Schiff", gab Vendelin zurück. "Tauchend, geheime Ledwicktechnologie, nehme ich stark an. Auf solche Dinge verstehen sie sich und jedes Staatsoberhaupt hat seine Geheimnisse."


    Vendelin ließ sich nicht anmerken, was er davon hielt, dass Kirimar wieder aufkreuzte. Er blickte neutral bis freundlich. Ein Gutes hatte seine Anwesenheit - er und Kakko konnten sich gegenseitig ablenken und beschäftigen. Vendelin freute sich, dass er es war, der hinter Hector sitzen durfte. Allein die Haltung gefiel ihm ausnehmend gut. Sanft drückte er ihm den Schritt gegen den Steiß, als er die Arme um seine Taille schob. Ja, der Aal war ein wenig in Balzstimmung nach all der Zeit des langsamen Nähertastens. Er würde noch ein wenig länger durchhalten.

  • Kirimar nickte auf die Erklärung hin.


    "Von Technik und so etwas habe ich keine Ahnung, ich bin ehr für das Handwerk, den Tanz und die Musik geschaffen. Wenn Du es sagst Aal, dann wird es stimmen", antwortete er freundlich und übernahm mit seinem Pferd die Führung.

    "Kakko, ab an Kiris Seite, ansonsten folgst Du ihm, wir bilden die Nachhut", entschied Hector und ließ seinem Sohn den Vorritt mit seinem Pferd.


    "Folgt mir, Kakko komm", bat Kiri, "übliche Formation oder hat das einen bestimmten Grund?"

    "Der Grund ist die übliche Formation", grinste Hector.


    "Sobald wir in Perlenbucht in eine Taverne eingekehrt sind, möchte ich Dich für fünf Minuten allein sprechen Hec. Ich muss Dir etwas Wichtiges zeigen", bat Kirimar, während er die Führung gab. Er trieb sein Pferd an, so das im leichten Galopp Richtung Perlenbucht ritten.

    "In Ordnung", stimmte Hector zu und folgte mit Tornado Kiri und Kakko.


    Das Grauen warf einen Blick über die Schulter, schenkte Ven ein Lächeln und wandte sich wieder nach vorne um. Zärtlich strich er mit einer Hand über die Finger von Ven, während er dessen Schritt an seinem Steiß genoss.


    Knapp 40 Minuten später erreichten sie Perlenbucht.


    Perlenbucht war selbst eine Perle an der Küste der Sturmsee. Es war wesentlichen sauberer als Schwalbingen und bestens ausgebaut. Die Straßen von Perlenbucht waren mit dicken Katzenköpfen gepflastert. Alle Häuser waren in einem einladenden Fachwerkhausstil erbaut worden, die persönliche Note dieses Ortes schienen die verzierenden Spitzen auf den Dächern zu sein.


    Sie ritten direkt auf das Gasthaus zu, an dessen rechten Seite sich eine kleine Koppel für die Pferde der Gäste befand. Auf der linken Seite erspähten sie einen Bäcker, in dessen Haus gerade die ersten Lichter entzündet wurden. Hinter dem Gasthaus waren einige der Fachwerkhäuser sogar mehrstöckig.


    Perlenbucht schien es gut zu gehen und seine Einwohner schienen sich zu vertrauen, denn die kleinen Stände die tagsüber von Händlern für ihre Verkäufe genutzt wurden, standen bei Nacht immer noch draußen. Allerdings ohne Ware. Sogar einen Tempel hatte der Ort.


    Noch etwas weiter hinter dem Gasthaus und der Backstube befand sich ein Platz, den eine Statue mit Dreizack zierte. Scheinbar ehrten die Einwohner damit die See. Der Ort wirkte schon bei Nacht gemütlich, tagsüber musste er regelrecht malerisch sein.


    Kirimar hielt vor dem Gasthaus und stellte sein Pferd auf die kleine Koppel. Hector tat es ihm gleich, half Vendelin von seinem Rappen und band Tornado ebenfalls mit dem Halfter an. Sie warteten auf Kakko, dann gingen sie geschlossen in das Gasthaus.

    Der Wirt empfing sie mit einem freundlichen Lächeln, während er den Tresen putzte.


    "Was kann ich für Euch tun Reisende?", fragte er freundlich.

    "Wir benötigen ein Quartier für vier Personen, zudem Hafer und Wasser für drei Pferde", orderte Kirimar.


    Der Wirt drehte sich um, griff nach einem Schlüssel und reichte ihm Kiri.


    "Zimmer die "Blaue Auster", im Preis ist ein Frühstück inbegriffen. Falls Ihr jetzt hungrig seid, gibt es noch die Reste aus dem Kessel für je einen Taler pro Nase. Einen kräftigen Schluck gibt es für weiteren Taler dazu. Bier, Würzwein, oder einen Schnaps der Euch die Kälte aus den Knochen brennt", bot er geschäftstüchtig an.

    "Wir nehmen nehmen viermal die Kesselreste und viermal Würzwein und essen auf unserem Quartier", entschied Kirri.


    "In Ordnung, abgerechnet wird morgen früh, je nach Hunger Eurer Pferde. Ich wünsche einen angenehmen Aufenthalt, die Bestellung wird Euch gleich nach oben gebracht. Decken sind vorhanden, Zusatzdecken auf Anfrage", sagte der Wirt und deutete auf die Treppe nach oben.

    "Danke", freute sich Kirimar, denn mittlerweile war er müde wie ein Stein.


    "Jederzeit gerne", grinste der Wirt.


    Kirimar führte die Gruppe hoch zu ihrem Zimmer. Scheinbar waren in dem Gasthaus alle Zimmer "Austern", denn die Muscheln an den Türen sahen überall gleich aus. Nur die Farbe unterschied sie.


    "Blaue und eine Muschel, unser Quartier!", freute sich Kirimar und sperrte die gute Stube auf.


    Das Quartier das sie erwartete war gemütlich eingerichtet. Vier große Betten die ausreichend mit Stroh gefüllt waren, zwei standen jeweils direkt wie ein Ehebett nebeneinander. Vor dem Fußende befanden sich Truhen für die Kleidung der Gäste. Ein kleiner Tisch trennte die Doppelbetten.


    Es gab einen Waschtisch, mit Schüssel, Kanne und allem was dazu gehörte. Zudem einen runden Holztisch mit vier Stühlen, an dem es sich die Gäste gemütlich machen konnten. Kaum dass sie das Zimmer betreten hatten, kam auch schon ein junger Bursche hoch, der sie freundlich angrinste und dabei eine große Zahnlücke zwischen den Schneidezähnen entblößte.


    "Eure Bestellungen Jungs!", flötete er und stellte vier riesige Schalen auf den Tisch, in denen Fleisch, Gemüse, Schwarten und andere Dinge schwammen. Die Reste waren hier scheinbar nicht das Schlechteste. Dazu gab es vier Humpen Würzwein, aus denen der duftende Dampf aufstieg.

    "Wohl bekomms!", sagte der Junge und verabschiedete sich auch schon mit diesen Worten.


    Kirimar schloss hinter dem Jungen die Tür ab, atmete tief durch und machte sich dann direkt über seine Schüssel her.


    "Esst ehe es kalt wird. Ob Du davon was runterbekommst, weiß ich nicht. Ansonsten versuch es wenigstens mit dem Wein Hec", sprach Kiri und hatte dabei so dicke Wangen wie ein Hamster, während er mampfte.

    "Das geht nicht Kiri, trotzdem Danke. Teilt Euch meine Portion", antwortete Hector.


    Er schaute sich kurz in dem Zimmer um, aber es hatte gar keine Fenster. Die Tür war somit der einzige Ein- und Ausgang. Vor- und Nachteil zugleich. Er gab Kiri kurz ein Zeichen und machte es sich dann in voller Montur im Bett bequem.

  • "Ein schöner Ort. Bislang haben meine Wege mich noch nie hierher geführt."


    Es gefiel ihm hier in der Tat ausgesprochen gut, ein beschaulicher Urlaubsort bar jeglicher Widerwart. Er nahm eine der Schüsseln und ließ es sich schmecken, während er aus dem einzigen Fenster blickte. Die Suppe war gut, es wäre schade gewesen, sie am Ende des Tages den Schweinen vorzuwerfen. Den jungen Kellner mit der Zahnlücke fand er witzig, so viel unbeschwertheit, ein Luxusgut der Jugend - wenn man Glück hatte.


    Dass sie zu viert hier nächtigen sollten, erweckte Vendelins Unbehagen, er mochte keine Zuschauer und erst recht keine Verflossenen, die vielleicht noch nicht einmal wussten, dass Hector sich von ihnen überhaupt getrennt hatte. Davon ging Vendelin nicht aus, denn sie waren stets zusammengewesen in den letzten Tagen, wann hätte Hector dies also tun sollen? Kakko aß genau so unmanierlich wie Kirimar, beiden schmeckte es. Vendelin war als letzter fertig, da er sehr langsam und kultiviert zu speisen pflegte. Er tupfte sich mit einer Stoffserviette den Mund ab und wischte jeden Finger einzeln ab.


    "Wenn es nichts ausmacht, würde ich gern am Rand schlafen", erklärte er.

  • Kirimar nickte knapp.


    "Kakko lässt Dich sicher am Rand schlafen, er ist klein und nimmt nicht viel Platz weg. Zudem schnarcht er nicht. Kakko stubs mal Deinen Vater an, der ist eingeschlafen", bat Kiri und zwinkerte Kakko zu.

    "Ich bin nicht... eingeschlafen", murmelte Hector, zog sich seinen Mantel über den Kopf und wälzte sich knurrend auf die Seite.


    "Soll ich meine Flöten zücken?", fragte Kirimar, was Hector leise auflachen ließ.

    "Kommt drauf an welche", gab das Grauen zurück.


    Lieblich guckte einige Sekunden alles andere als lieblich.


    "Die mit mehreren Löchern! Kurzum etwas Musik zum Einschlafen, habt Ihr Lust drauf?", fragte Kirimar.

    "Nein ich bin durch, wir sollten uns mit schlafen abwechseln und Vendelin schläft bei mir. Du schläfst gemeinsam mit Kakko", bestimmte Hector.


    "Aha. Bist Du immer noch wütend wegen Tekuro? Erstens haben wir andere Sorgen Ekki und zweitens hast Du damit im Wald angefangen. Können wir das Thema bitte abhaken?", fragte Kirimar und schob Kakko die Schüssel von seinem Vater unter die Nase, damit die Portion auch noch aufaß.

    "Ich bin nicht wütend, ich bin verlobt! Und hör auf mich zu ärgern", antwortete Hector.


    "Der 01.04. - das Fest der Torheiten! Witzig, verlobt, ja ich bin der Kaiser von Arashima", gab Kiri zurück.

    "Eure Majestät.... geht mir nicht auf den Sack! Natürlich bin ich verlobt, frag Vendelin! Fest der Torheiten, Du Grag", lachte Hector.


    Kirimar stand auf, schlenderte zu dem eingehüllten Hector und kraulte ihm die Flanke.

    "Komm lass den Blödsinn, ich hab auch eine Überraschung für Dich. Dein Kurzer hat sie schon gesehen, sie ist wirklich schön. Fünf Minuten in Ordnung?", bat Kirimar.


    Hector wälzte sich herum und zog sich den Reisemantel vom Kopf.

    "Das ist kein Scherz Kirimar, das ist mein voller ernst", gab Hector zurück und schaute Kiri in die Augen.


    "Kein Scherz?!?", fragte Kiri verstört.

    "Genau", bestätigte Hector.


    Kiri schaute rückversichernd zu Kakko und dann zu Vendelin.

  • "Ich erhebe Einspruch", platzte Kakko heraus. "Kirimar war zuerst da!" Kakko fand das ebenfalls überhaupt nicht komisch. Wieso verlobt? Und warum mit DEM? "Wenn das ein Witz ist, dann ist er geschmacklos und hat einen langen Bart, Papa! Auch Humor hat seine Grenzen. Du kennst diesen Aal doch kaum. Niemand kennt ihn. Wer ist das überhaupt?! Du wirfst hier zich Jahre einfach weg wegen irgendeiner Schnapsidee."

  • Hector klopfte neben sich aufs Bett.


    "Kakko komm her, ich werfe nichts weg. Kirimar und ich sind Freunde. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Meinst Du ich habe gedacht, dass ich nochmal jemanden kennenlernen würde, den ich heiraten möchte? Nein. Es ist aber so gekommen und daran wirst weder Du noch Kirimar was ändern.


    Anstatt das Ihr beiden jetzt so aus der Wäsche guckt, könntet Ihr Euch auch für mich freuen. Was sollte das sonst geben? Sicher könnte ich weiterhin einfach so leben wie vorher. Das beinhaltet aber, dass was es schon immer gewesen ist Kakko, eine Freundschaft mit Kiri samt Bonus.


    Sobald Du jemanden liebst, wirst Du verstehen, warum man manchmal auf etwas verzichtet und trotzdem mehr bekommt. Ich werde den Bonus von Kiri nicht mehr in Anspruch nehmen. Oder meinst Du ich hätte ihn in Anspruch genommen, wenn meine Frau noch leben würde?", fragte Hector.


    Kirimar setzte sich zurück an den Tisch, als er an Kakko vorbei ging drückte er ihm dankbar die Schulter.

  • "Mich freuen? Dafür, dass Kiri vor die Tür gesetzt wird? Vielleicht war er für dich nur ein Freund, aber für Kiri warst du mehr. Das wollte er dir zeigen, aber das macht er jetzt nicht mehr. Ich werde das Geschenk aufessen, du hast es gar nicht verdient." Kakko zauderte, as Hector auf das Bett klopfte. Er bockte. Wenn er sich nun zu seinem Vater setze, wäre Kirimar allein. "Ich mag Kirimar und ich wollte ihn nicht nur als Freund von dir, ich wollte, dass er bei uns einzieht", sagte Kakko traurig. "Ist es wegen Tekuro? Und klar hättest du auch mit Kirimar geschlafen, wenn deine Frau noch leben würde, tu nicht so. Du warst noch nie irgendwem auf diese Weise treu."


    Nun schob er sich doch zu seinem Vater aufs Bett und sah ihn eindringlich und todunglücklich an. "Bitte, du machst alles kaputt. Was wird denn dann aus mir?" Schlagartig wurde Kakko bewusst, dass die Zeit kommen würde, da Hector ihn aus dem Kuckucksnest stieß und ihn zwang, flügge zu werden. Diese Zeit würde kommen und das schon sehr bald. "Ich kenne diesen Mann doch gar nicht", sagte er leise. Und er wollte ihn auch nicht kennenlernen, er fand ihn blöd.

  • Hector strich Kakko über die Wange.


    "Zerstört wird von mir nichts Kakko. Natürlich empfinde ich für Kirimar etwas, Du empfindest für Deine Freunde sicher auch etwas. Und so lange man ungebunden ist, kann man tun und lassen was man möchte. Sobald man gebunden ist, hat man sich mit seinem Mann oder seiner Frau zu einigen. Es gibt nicht nur die Dogmen des Zirkels oder die Gesetze der Nester.


    Beziehungen jeglicher Art haben ihre eigenen Regeln Kakko, die von Freundschaften ebenso wie die von Beziehungen oder Ehen. Kirimar möchte schon seit 20 Jahren mit mir zusammenziehen kleiner Kuckuck. Die Bedingungen dafür kannte er und bis heute hat er sie nicht umgesetzt. Wir wären nicht als Paar zusammengezogen, sondern als das was wir sind - Freunde mit Bonus.


    Ob wir ein Paar hätten werden können? Möglich, aber die Chance dazu hatten wir nie. Wer weiß besser als Du wie ich lebe? Niemand. Ich lebe im und für mein Nest, ich gehe in meinem Revier auf Jagd, aber ich streunere nicht umher. Ich führe keine Teilzeit- oder Fernbeziehung.


    Und gleich welche Argumente für Kiri greifen oder nicht, gegen das Argument dass ich mich verliebt habe ziehen sie nicht Kakko. Meine Entscheidung für Vendelin hat nichts mit Kirimar, Dir oder sonst irgendwem zu tun. Sie betrifft rein Vendelin und meine Gefühle für ihn. Man könnte fast sagen, ich habe mir das nicht ausgesucht. Meine Gefühle jedenfalls nicht, ihnen nachzugeben sehr wohl. Ven gehört zu mir Kakko


    Was soll aus Dir werden? Du bist und bleibst mein Sohn Kakko, das warst Du immer und wirst Du immer sein. Ich verstehe Deine Angst mich zu verlieren. Ebenso empfinde ich, wenn ich an Deinen Vater denke. Wir lieben uns Kakko, das Gefühl bindet uns aneinander. Wir verlieren einander nicht", erklärte Hector ruhig und liebevoll.


    Kirimar musterte die beiden.


    "Nur weil ich nicht immer vor Ort war, heißt das nicht, dass ich nichts für Dich empfinde. Wir sind nicht rein freundschaftlich miteinander umgegangen. Zudem ist jeder Beißer anders, Dich zieht es ständig heim und mich in die Ferne. Du hast gefunden was Du suchst Hector. Ich weiß nicht einmal was ich suche.


    Es heißt es gibt zwei wichtige Tage im Leben einer Person, der Tag ihrer Geburt und jener Tag wo sie erfährt warum. Sprich der Tag, an dem man seine wahre Bestimmung erfährt. Du wurdest geboren und Deine Bestimmung stand fest. Dein Weg war in Stein gemeißelt und der Zirkel war von Anfang an Dein Zuhause. Er war der Weg und das Ziel, Du bist hineingeboren worden und warst an dem Ort Deiner Bestimmung. Ich hingegen nicht und glaube mir, den meisten geht es so.


    Vielleicht hat es nichts mit Tekuro und unseren gemeinsamen Liebesspielen zu tun. Ich denke es hat mit Dir und Tekuro zu tun. Mit dem Biss, denn seit dem bist Du anders. Zuerst warst Du wütend, dann enttäuscht, jetzt ernüchtert. Womit willst Du Dich abfinden Hector? Was geht in Deinem Kopf vor?


    Wir sind für Kakko losgezogen um seinen Vater zu finden. Wir reisen immer noch nach Arashima, Du bist immer noch an unserer Seite. Genauer gesagt an Kakkos Seite. Aber nicht mehr rein wegen ihm, denn Du hast selbst angefangen zu suchen nicht wahr? Der Sinn des Bisses, wo liegt da die Antwort? Wo immer sie liegt, in den Armen des Aals sicher nicht", sagte Kirimar sanft.


    "Du kennst mich besser als mir lieb ist Kiri. Mit der letzten Aussage hingegen hast Du Unrecht. In seinen Armen fand ich mehr als nur den Sinn des Bisses. Hört zu Kakko und Kiri, ich möchte mich nicht mit Euch streiten oder von Euch trennen. Ich habe nur klargestellt was ich für Ven empfinde", gab Hector zurück.

  • "Timo mag mich nicht, das spüre ich, ich störe ihn und wisst ihr was - ich störe ihn absichtlich. Du sagst mir, dass ich dich nicht verliere, aber ich werde ausziehen müssen, irgendwo hin, wo ich allein bin. Weil ich nicht mit einem Fremden zusammenleben möchte und schon gar nicht mit dem Aal. Vielleicht werde ich Kirimar auf seinen weiten Reisen begleiten, wenn du mich aus dem Nest stößt, werde an seiner Seite das Jagen und die Kampfkunst erlernen, bis ich als erwachsener Mann und ausgebildeter Schwertmeister, der die Zähne trägt, zu dir zurückkehren kann."


    Er schaute Hector an.


    "Ich habe ja auch gar keine andere Wahl. Und dann werden wir sehen, ob ihr beide noch immer glücklich seid. Wenn ja, so werde ich meine Meinung vielleicht revidieren. Es ist übrigens nicht nur du, der sucht, Hector. Wir alle tun das auf dieser Reise. Kirimar und ich suchen unsere Wurzeln und du suchst deine Bestimmung." Er nickte in Richtung von Timo. "Aber was sucht er?"

  • "Einen Schritt nach dem anderen Kakko. Vendelin wohnt noch gar nicht bei mir, Du hingegegen schon. Was spricht für Dich dagegen, dass er zu uns zieht und ihr es miteinander versucht? Natürlich störst Du uns absichtlich, Du verteidigst Deinen Stand. An dem wird aber gar nicht gekratzt. Du kannst weiterhin bei mir leben, von Herzen Kakko. Du musst nicht ausziehen, das wünsche und verlange ich nicht. Solltest Du gehen, dann ist das allein Deine Entscheidung. Genauso falls Du Kirimar auf seinen Reisen begleiten möchtest.


    Ich begleite Dich zur Zeit, da es um Deine Reise zu Deinen Wurzeln geht. Wie ich die Sache sehe, weißt Du. Aber um mich geht es hierbei nicht, es geht rein um Dich. Also ziehe ich mit Dir nach Arashima, für Dich und um Dich zu unterstützen. Auch auf die Gefahr hin Dich zu verlieren. Davor habe ich genauso Angst wie Du.


    Entscheidest Du Dich dafür in die Welt hinauszuziehen, werde ich das akzeptieren. Ich kann Dich nicht ewig festhalten, auch wenn ich das gerne würde. Du musst auch nicht mein Leben leben Kakko. Möglicherweise bist Du genau wie Kiri ehr dafür gemacht, in Freiheit zu leben und umherzuziehen. Ich bin es nicht, ich benötige einen Flecken der mir gehört und wo ich mich heimisch fühle.


    Ich suche nichts was mich betrifft Kakko. Erinnere Dich daran, was ich Dir sagte als Du mich gefunden hast. Soviel dazu, ich suche etwas, das Euch betrifft. Dich und meine anderen Kinder. Wie gesagt, um mich geht es bei dieser Reise nicht. Sie begann mit Dir, darum bin ich hier und sie erweiterte sich um alle meine Kinder. Das ist das was Väter und Wächter tun.


    Vendelin sucht genau das gleiche wie ich und zwar für seine Kinder Kakko. Vielleicht mit das Wichtigste, was ein Vater seinen Kindern schenken kann, gleich was es uns kosten wird - Sicherheit", antwortete Hector.

  • "Dagegen spricht, dass ich es nicht will. Aber er wird trotzdem einziehen. Was bleibt mir dann anderes übrig, als zu lernen, allein zurechtzukommen? Das wollte ich ja eh." Er rieb sich traurig sein Auge, bis es rot war. "Na ja." Hilfesuchend sah er Kiri an, als ob dieser ihm verraten konnte, wie es nun weitergehen sollte.

  • "Wenn das Deine Wahl ist Kakko, kann ich sie nicht ändern. Du bist alt genug, Deine Entscheidungen selbst zu treffen. Wir sollten überlegen, ob wir uns dann nicht in zwei Gruppen aufteilen. Zwar schwächen wir damit unsere Schlagkraft, aber wir kommen auch schneller vorran.


    Schnelligkeit gegen Wehrhaftigkeit, ist hier abzuwägen. Du kannst mit Kirimar nach Arashima reisen und Deinen Vater suchen. Ich überlasse Euch den... Salitar-Opak den mir Jus gar nicht ausgehändigt hat! Wobei, wir hatten doch all unsere Artefakte gesichert oder nicht? Schau in unseren Taschen nach Kakko!


    Also falls der Opak drin ist, schnapp ihn Dir und morgen früh reist Du mit Kirimar in die Richtung die er Dir vorgibt. Wie Du ihn zu eichen hast, weißt Du. Die Entfernungsangaben kann ich Dir auf die schnelle nicht beibringen. Aber je näher eine gesuchte Person ist, je heller leuchtet er.


    Die Übersetzung der wichtigsten Worte für Dich...


    nah, hier - Ikkadarweit - Ilarmus

    links - Edlorrechts - Edrar

    geradeaus - Edrus


    ...so sehen die dazugehörigen Schriftzeichen aus", erklärte Hector, biss sich in den Finger und zeichnete sie mit seinem Blut auf Kakkos Arm.


    "Alles klar?", fragte er, während Kirimar Hector anstarrte als wollte er ihn erdolchen.


    "Nichts ist klar, wir reisen gemeinsam und unterrichten ihn gemeinsam. Er kann mit den Angaben nichts anfangen, er kann dieses Artefakt nicht mal richtig lesen. Nah? Wie nah Hector von Dornburg? Wie weit? Wie viele Tage? Und wer weiß, was wir damit falsch machen können? Wir reisen gemeinsam weiter, zuerst zu Kakkos Vater und dann dorthin, wohin es Euch verschlägt. Dann können sich gerne unsere Wege trennen, wenn Du darauf bestehst!", blaffte Kirimar.

    "Kakko bestand auf einer Trennung, nicht ich", knurrte Hector zurück.


    "Er versucht Dich zu erpressen, damit Du bleibst! Damit er bleiben kann, meine Güte ist das so schwer zu kapieren?", fragte Kirimar.

    "Nein ist es nicht und ich tue alles dafür dass er bleibt, aber er möchte nicht", gab Hector ruhig zurück.


    "Falsch! Er möchte bleiben und er will das Vendelin geht. Als Schlüsselmeister unseres Nestes ist es Deine verdammte Aufgabe unser Nest zusammenzuhalten beim Abgrund! Schmeiß den Schleimfisch aus unserer Höhle und hör auf hier die Zicke zu geben, nur weil der Kerl Dich einen Tag und eine Nacht durchgeritten hat! Das kannst Du auch vom Fettwanzt Garlyn haben! Also fahr die Krallen ein Grauen!", warnte Kiri.

    "Lieblich, es scheppert gleich, letzte Warnung!", gab Hector zurück und rollte sich aus dem Bett auf die Füße, "mein Schwert Kakko".


    Kirimar sprang wie eine Raubkatze auf und war mit einigen blitzartigen Schritten bei Hector. Anstatt nach seiner Waffe, griff er nach seinem Hemd und riss es sich von der Schulter.

    "Bitteschön, DASS dazu!", zischte Lieblich.


    Hector blinzelte und betrachtete baff und verlegen die Tätowierung auf Kirimars Oberarm. Mit einem Finger berührte er sie ganz vorsichtig, ehe er Kirimar in die Augen schaute und ganz langsam den Kopf schüttelte.

    "Du bist bekloppt... wieso?", flüsterte das Grauen.


    "Weil Du mir völlig gleichgültig bist, deshalb! Bako Ekki", antwortete Kiri mit schiefem Schmunzeln.

    "Aha. Van Bako Kiri - Friede", stimmte Hector gerührt zu, ging einen Schritt zurück und rieb sich die Stirn.


    "Also bleiben wir zusammen?", fragte Kirimar freundlich.

    "Wir bleiben zusammen, Vendelin und ich allerdings auch", antwortete Hector.


    "Wie kann man nur so stur sein. Gut, bleiben wir vier zusammen", antwortete Lieblich und schaute Kakko beschwörend an.

    "Ich bin nicht stur, sondern verliebt und verlobt! Vendelin komm her", bat Hector.

  • "Papa hat diese Tätowierung nicht verdient, ich wollte sie mit dir zusammen vorsichtig abziehen und essen", wisperte Kakko aber anstatt weiter zu bocken, bohrte er sich in die Umarmung seines Vaters hinein. Seine Finger krallten sich an Hectors Kleidern fest. "Kiri hat recht", gab er leise zu. "Es liegt mir fern, dich verlassen zu wollen, du bist mein Papa und ich hab dich so lieb. Gerade bricht alles auseinander, ich wollte mit dir zusammen wohnen und mit Kiri. Und nicht mit ihm."

  • Vendelin hatte sich aus dem Konflikt herausgehalten. Er sah keinen Anlass dazu, Energie in eine Schlacht zu investieren, die von vornherein gewonnen war. Alles, was er tun musste, war zu warten und es ergab sich genau so, wie es sehr einfach vorherzusehen gewesen war. Er war selbst Vater eines Sohnes, gegen dessen Launen Kakko harmlos anmutete.


    "Ich sitze hier gerade sehr bequem", antwortete Vendelin. Gruppenkuscheln war nicht sein Ding, er würde warten, bis Hector wieder Zeit für ihn hatte und sie allein waren. Die Tätowierung auf Kirimars Arm hatte er allerdings nicht vorhergesehen. Das Symbol war sehr stark und machte ihm nun doch ein wenig Sorge.