Kapitel 28 - Die Armee der Gerechtigkeit in Souvagne

  • Die Armee der Gerechtigkeit in Souvagne

    Ein nicht identifizierbares Geräusch erklang leise in Beaufort und schwoll immer Lauter an. Die Quelle des rhythmischen Stampfens war zunächst nicht auszumachen. Der Nachwächter blickte sich irritiert um und leuchtete mit seiner Laterne von hier nach da. Die Pflasterstraße glänzte im Lichtkegel, einige Nachtschwärmer drückten sich vor einer Taverne rum. Sonst war da nichts, nur dieser merkwürdige anschwellende Lärm. Es erinnerte an das gleichmäßige Schlagen gewaltiger Flügel. Und dann sah er es. Nicht hinter ihm, nicht vor ihm - über ihm! Ein Dunkel schob sich vor die Sterne. Vor dem Schwarz des Nachthimmels zeichnete sich eine ovale Silouette ab, die rasant den Himmel durchpflügte. Ein Luftschiff! Die meisten hatten davon schon gehört, doch gesehen hatten die wenigsten diese machtvollen und schwer bewaffneten Flugapparate. Der Nachtwächter und einige wenige Menschen, die noch unterwegs waren, wandten die Köpfe nach oben, einige stürzten in vermeintlich sichere Verstecke, doch die meisten blieben stehen wie erstarrt und schauten gebannt hinauf. So schnell wie die S1 in ihr Blickfeld gekommen war, so schnell war sie auch wieder verschwunden. Das Flappen war noch lange zu hören, ehe es verstummte.


    "Das Luftschiff ist unterwegs in Richtung Palast!", rief der Nachtwächter und hoffte, es war eines, das zu Souvagne gehörte.


    Das tat es, es war die S1. Doch sie trug die Finsternis an Bord und ihr Befehlshaber gerechten Zorn im Herzen.

  • Jene die geschworen hatten sets ein wachsames Auge auf Souvagne zu haben, schwiegen. Der Orden der Himmelsaugen hatte sich vollständig abgeschottet, nur die Ordensmitglieder selbst waren noch miteinander verbunden. Die S1 samt der anderen Luftschiffe, wie auch die Flugstaffel die Prince Ciel begleiteten hielten auf den Palast zu. Sie kamen erstaunlich weit, bis zum Amtssitz Souvagnes, als ein einzelner, unmenschlicher Schrei die stille der Nacht zerriss.


    Der Schrei dieser einen Kehle wurde von zig anderen aufgenommen, Stimme um Stimme erhob sich und binnen Minuten war der Großherzogliche Palast in Alarmbereitschaft. Gargoyles stiegen auf und umflogen die Luftschiffe und die berittenen Prachtadler der Himmelsaugen. Misstrauisch beäugten sie die einstigen Verbündeten, hielten sich aber noch zurück.


    Maximilien und Tekuro wurden unsanft aus dem Schlaf gerissen, als es donnernd an die Gemächertür des Duc klopfte. Ohne ein Herrein abzuwarten stürmte der Hofmarschall Adrien Meunier die Gemächer. Vor dem Bett bleib der beleibte Mann stehen, verneigte sich und starrte auf den Boden.


    "Eure Majestät, wie mir die Steinerne Wacht soeben mitteilte, werden wir von den Himmelsaugen angegriffen! Die Luftschiffe Souvagnes und eine Flugstaffel befinden sich im Luftraum über dem Hof. Es wurde Großalarm ausgelöst. Bitte folgt mir, Ihr werdet in Sicherheit gebracht", erklärte Adrien besorgt.


    Maximilien wälzte sich aus dem Bett und schaute Adrien einen Moment ungläubig an, ehe er eine steinerne Miene aufsetzte.


    "Hochverrat. Ihnen ist ihre Position zu Kopf gestiegen. Die Leib- und Palastgarde soll sich umgehend verteidigungsbereit machen. Die restlichen Orden ebenso. Alle magischen Orden - in erster Linie Blut und Gebeine sollen sich darauf fokussieren die Verräter magisch anzugreifen. Die Himmelsaugen agieren im Konsenz, Ihr wisst selbst wie der Orden reagieren muss um dieser Lage Herr zu werden.


    Wir verlangen den Kopf von des Hochverräters Jules ohne Namen. Er ist mit sofortiger Wirkung entadelt und gebrandmarkt. Wir befehlen die Auslöschung des Ordens der Himmelsaugen. Wir geben die vollumfängliche Nutzung der Nekromantie und Abwehrmagie für Euren Orden frei. Ihr wisst was Ihr zu tun habt Adrien.


    Stellt das Gleichgewicht in Souvagne wieder her. Unser Dank wird Euch gewiss sein, Euch und der steinernen Wacht. Die Himmelsaugen haben ihre Stellung aufs schändlichste missbraucht. Mein alter Freund und Leibdiener Leon hatte uns einst eines gefragt - wer wacht über die Wächter?


    Wacht Ihr Adrien, die letzte Bastion zwischen den Verrätern und uns seid Ihr. Ainuwar schütze Euch, geht, vernichtet sie", befahl Maximilien.


    Adrien verneigte sich tief und eilte für einen Mann seiner Statur erstaunlich flink davon.

    Maximilien warf einen Blick zurück ins Bett und schenkte Tekuro ein freudloses Lächeln.


    "Rüste mich, dies könnte die letzte Schlacht sein Tekuro. Kämpfen wir Seite an Seite", sagte Maximilien und griff nach seinem Schwert.

  • Tekuro war sofort wach und wollte den Eindringling schon herausschmeißen, da er ohne Aufforderung eingetreten war. Doch Maximiliens Reaktion zeigte ihm, dass das nicht nötig war. Sie warteten und was auch immer dort geschah, es war etwas Gewaltiges. Hatte Tekuro nicht vor wenigen Stunden noch gesagt, dass Ciel wohl mal einige Zeit ohne ihn auskommen würde, ohne die Welt in Chaos zu stürzen? Er vermutete, dass genau das nun geschehen war.


    "Wo ist Eure Rüstung?", blaffte er, ließ sie sich zeigen und legte Maximlien Kleidung und Rüstung an. Als Leibgardist hatte er genau das tausendfach geübt, so dass es extrem schnell ging. Dann rüstete er sich selbst mit allem, mit dem er aufgebrochen war und bald standen beide einsatzbereit im Gemach. "Ich bleibe an Eurer Seite", erneuerte er seinen Schwur. Denn wenn er ehrlich zu sich war, dann war das Band zu Maximilien deutlich fester als das zu seinem Herrn Ciel. Nicht zuletzt stand er unterhalb des Duc.

    "Not all those who wander are lost."
    J.R.R. Tolkien

  • In seinem Gefolge Linhard, Unite B mit den Beißern, die Himmelsaugen, die Düsterlinge und das schreckliche Wesen, was er in seiner Seele willkommen geheißen hatte und dessen Frohlocken er spürte. Doch sie sollten noch an Bord bleiben, unsichtbar, verboren. Ciel marschierte als erster erhobenen Hauptes die Rampe des Luftschiffes hinab und mit ihm kam niemand außer Linhard, Jules und Justinian als Befehlshaber der Düsterlinge. Er trat vor eine der verdutzten Palastwachen, die sichtlich verunsichert war.


    "Ruft die Bluthexer zusammen!", befahl er. Und der Mann gehorchte. So merkwürdig die Situation auch war, dies war ein Prince de Souvagne. Zu Jules sagte er: "So es noch nicht geschehen ist, kontaktiert Ledwick, Alexandre de la Grange muss sofort nach Beaufort gebracht werden!" Dann marschierte er in Richtung des Thronsaals. "Jules, wir kämpfen hier gegen einen Lich, der meine Familie manipuliert. Notfalls müssen wir uns gewaltsam hindurchkämpfen. Wenn ich den Befehl gebe, kontaktieren sie jene, die auf der S1 sind und rufen sie diese zum Kampf! Dies hier ist nicht gegen Souvagne, sondern dafür. Wenn es jemandem gibt, dem ich außer Linhard und Alexandre vertrauen kann, dann sind Sie das, nach allem, was wir gemeinsam erlebt haben. Der Nordwall, das Herrenhaus, Ehveros und Firasani. Und nun - Beaufort."

  • Jules nickte knapp und rief nach Alexandre de la Grange.


    `Marquis hört Ihr mich? Jules hier, Prince Ciel bittet Euch sofort nach Souvagne zu reisen. Ein Lich treibt direkt unter dem Hof sein Unwesen und wir sind ausgerückt diese Wesenheit aufzuhalten. Die Gargoyles und die Palastwache ist in Alarmbereitschaft. Wir können nicht sagen wie das hier ausgeht. Kommt so schnell Ihr könnt. Ich beende die Verbindung wieder, zwecks Eigenschutz des Ordens. Beeilt Euch bitte ´, übermittelte Jules Alex.


    "Hoheit ich habe Euren Lehrmeister gerufen und ich hoffe er wird schnellstmöglich anreisen. Wie lange er benötigen wird, kann ich Euch nicht mitteilen. Wollt Ihr Kontakt zu Eurem Vater aufnehmen?", fragte Jules respektvoll.

  • Maximilien presste Tekuro die Lippen fest und verlangend auf den Mund und küsste ihn, als gäbe es kein Morgen. Als er sich von ihm löste schenkte er ihm ein liebevolles Lächeln. Das war der letzte Moment von Tekuro Maximilien privat spürte und sah. Einen Augenblick später war Maximilien verschwunden und Teku blickte in die steinerne Miene des Duc de Souvagne.


    Gerüstet verließ er mit Tekuro an seiner Seite sein Gemach und wurde gerade noch rechtzeitig von Fabien abgefangen. Fabien nickte Teku knapp zu.


    "Majestät Euer Sohn Ciel hat die S1 verlassen und ist in den Hof einmarschiert, die Bluthexer sind an seiner Seite", erstattete Fabien Bericht und bezog neben seinem Herrn Stellung.

    "Wir treten ihnen entgegen. Wachen!", befahl Maximilien und marschierte mit der gesamten Leibgarde seinem Sohn Ciel entgegen.


    Im Flur wurde die Leibgarde von einem Trupp Gargoyles ergänzt, einschließlich des Oberhauptes der steinernen Wacht. Agron der gewaltige Gargoyle schritt schützend neben Maximilien als sie den Palast verließen.


    Draußen angekommen blieb Max auf der Prunktreppe seines Palastes stehen und schaute mit brennendem Blick seinem Sohn entgegen.


    "Hochverrat, die Strafe sollte Euch bekannt sein Ciel. Falls Ihr Souvagne übernehmen wollt, müsst Ihr es Euch mit allen Konsequenzen holen", erklärte Maximilien eisig.

  • Ciel blieb stehen, die Bluthexer bildeten eine schweigende und düstere Prozession. Fast wirkten sie mit ihrer Blässe und ihren geschundenen Leibern selbst wie die Untoten, die sie bekämpften. Misstrauisch blickten sie in Richtung Tekuro, der in diesem moment die magische Anwesenheit von zich Hexern spüren musste, die an seiner Seele zupften und schon einmal testeten, ob sie diese herausziehen konnten. Man sah am Zucken seines Gesichts und an dem kalten Schweiß auf seiner Haut, das etwas nicht stimmte, doch er wahrte seine wachsame Haltung, die Hand am Schwert. Dass er an der Seite von Maximilien stand und nicht an seiner, ärgerte den Prince maßlos.


    In Abwesenheit von Alexandre war Ciel das Oberhaupt des Ordens der Bluthexer. Einen Moment sah er seinem Vater entgegen, dann verneigte er sich langsam. "Majestät", grüßte er, ehe er sich wieder aufrichtete. Er wusste nicht, inwieweit sein Vater involviert war, ob er womöglich unwissend und unschuldig war, doch anhand von dessen Äußerungen zum Thema Nekromantie ahnte Ciel, wie es sein musste.


    "Uns kam zu Ohren, dass in unserem Lande im großen Maße gegen das Gesetz zur Ächtung der Nekromantie verstoßen wird, welches ich einst zu Schutze der lebenden Bevölkerung erließ. An der Akademie der Flamme des Wissens wird in großem Umfang die schändliche Praxis der Totenbeschwörung unterrichtet. Es wird Leichenschändung begangen und die Ruhe der Toten gestört. Noch fataler ist die Einnistung eines Ältesten, der übelsten Form eines Lichs, unterhalb unseres Palasts, wissentlich geduldet und gefördert durch die wahre Hochverräterin, Gregoire Verrill de Souvagne, die sich als Ducachessa von Ledwick in Sicherheit wiegt. Ich bin nicht Euer Feind, Vater, ich bin Eure Rettung. Der Feind sitzt in diesem Augenblick in Ledwick. Wenn Ihr wisst, wo sich das Portal findet, welches in den Hort von Horatio dem Verblender hinabführt, so bitte ich Euch darum, mir und meinen Streitern Zutritt zu gewähren!"


    Seine Hand schloss sich fester um den Speer des Lichts.

  • Maximilien musterte Ciel derart eisig, wie es der junge Prince noch nie erlebt hatte.


    "Unser Land? Ihr erheitert mich, in einer derart finsteren Situation. Noch ist Souvagne in unserer Hand, nicht in der Euren! Hütet Eure Zunge, wie Ihr über unser Kind Prince Gregoire Verrill de Souvagne Ducachessa di Ledvico sprecht!


    Wer hat Euch den Oberbefehl über die Himmelsaugen erteilt? Glaubt Ihr tatsächlich, dass wir vor Euch das Knie beugen, nur weil Ihr uns korrumpiert habt als Verräter mit zwei verräterischen Orden unter Eurer Fuchtel? Eine erste und letzte Warnung in Eure Richtung, legt die Waffen nieder dann ertragt das zu vollstreckende Urteil wie dass was Ihr seid. Missachtet Ihr unseren Befehl, wird ein weiterer folgen und glaub mir den Duc de Souvagne schmerzt es nicht einen Verräter hinzurichten. Bedenkt das Schicksal von Francoise Esme die Namenlose. Kapituliert oder sterbt", antwortete Maximilien kalt.


  • Ciel fuhr der eisige Blick seines Vaters in Mark und Bein. Die Worte trafen ihn nicht nur als Prince de Souvagne, sondern vor allem als Maximiliens Sohn. Trotz der bewusst gewählten distanzierten Sprechweise des Ducs, behielt Ciel die höfliche, aber familiäre Anrede bei.


    "Mit 'uns' meinte ich nicht meine Person, sondern jeden einzelnen Souvagner. Würde nicht auch ein Soldat von 'seinem' Land sprechen oder von 'unserem' Land? Ich war Soldat, mehr noch, ihr Feldherr. Aber wenn es Euch so besser beliebt: Ich werde Euer Land retten. Ich hoffte, wir würden das gemeinsam tun, doch die Nachricht des nekrotischen Übels in der Flamme des Wissens scheint Euch so wenig zu überraschen wie die der Kreatur in den Eingeweiden des Palasts. Auch Ihr wurdet also korrumpiert. Wenn möglich, werden wir Euch heilen, Vater."


    Er behielt den Speer des Lichts in der Hand, ohne ihn jedoch zu erheben.


    "Ich beschwöre Euch, führt mich zu dem Ort und gebt mir die Erlaubnis, ihn auszuräuchern. Die geeigneten Kräfte habe ich bei mir. Dies ist kein Kampf gegen Euch sondern für Souvagne! Meine unsägliche Schwester aber trägt den Namen di Ledvico. Sie agiert nicht für uns, sie ist wandelt auf Horatios Spuren, um erneut das Übel über Souvagne zu bringen und ihren widerwärtigen Herrn zu nähren, vielleicht ist es lang schon geplant. Man meint, sie sähe einem Spross der ledwicker Krone ähnlich, der vor zwei oder drei Generationen lebte. Das sollte jedem zu denken geben, wem sie sich näher fühlt. Möglich, dass der Bann von ihr und von Euch fällt mit der Vernichtung des Horatio. Doch dazu muss ich in den Keller!"


    Er gab Dunwolf gedanklich ein Zeichen, dass er die Truppen informieren sollte, sich bereitzuhalten. Ciels Augen wanderten auf Tekuro, der ihn hart und furchtlos anstarrte. So wurde es einem gedankt.


    "Sollte es zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung kommen, ist dieser Leibgardist der Erste, der fällt. Die Bluthexer halten ihn schon an der Seele gepackt. Lasst ihn ziehen, damit man mir nicht unterstellt, Euch mit ihm erpressen zu wollen. Man munkelt, er genösse Sonderstatus."

  • Maximilien drückte Tekuro sein Reichsschwert in die Hand. Schlagartig spürte Tekuro wie jeder Übergriff von ihm abfiel. Er fühlte sich wie in einer seltsamen Blase, losgelöst und doch fest verankert.


    "Mein oberster Streiter und neuer Palaisin Chevalier Tekuro de Chud, mit sofortiger Wirkung in Stand, Amt und Würde erhoben. Ihr seid unser oberster Recke, führt unser Schwert Chevalier", befahl der Duc und musterte seinen Sohn und Widersacher.


    "Ihr bedroht den Palaisin de Souvagne? Der Erste der fällt wir nicht Tekuro sein, dessen seid versichert", antwortete Maximilien ungerührt.


    "Versucht Euch nicht herauszureden, wen Ihr mit "uns" meintet. Eure Entscheidung ist gefallen, wir sind nicht bereit Eure Zeitschindung oder die Drohungen gegen unsere Person, unser Kind oder einen der unseren weiter hinzunehmen", erklärte der Duc.


    Fabien hatte mit vielem gerechnet, aber niemals das er eines Tages hinter Maximilien auf der Prunktreppe stehen würde, während sich Vater und Sohn als Feinde gegenüberstanden. Das Fatale war, dass die Leibgarde oder die Himmelsaugen dem Befehl des Princen gefolgt waren. Normalerweise war das Gang und Gäbe, er war von hoheitlichem Geblüt, aber nun zeigte sich welche Fratze Machtmissbrauch annehmen konnte. Fabien fragte sich, wann Ciel beschlossen hatte, den Thron zu besteigen. Unmerklich trat er einen Schritt näher zu seinem Herrn, Gebieter und Gefährten. Er war kein Krieger, er war nicht mal ein Kämpfer, aber sollte es zum Äußersten kommen, würde er Maximilien mit seinem Leben verteidigen.


    Linhard wohnte dem Schauspiel schweigend bei, er hatte Sturheit gerechnet. Mit derartiger Verbortheit allerdings nicht. Anstatt sich gegenseitig zuzuhören droschen sie verbal auf sich ein. Nun auf eine Art konnte er es verstehen, auf beiden Seiten waren die Gefühle extrem verletzt. Maximilien fühlte sich verraten und betrogen, vermutlich auch deshalb, weil es Ciel Dank seines Standes bis vor seine Haustür geschafft hatte. Das gleiche Schauspiel wäre auch Dreux oder Verrill gelungen. Nun Verrill wäre sogar gelungen zig Leute in den Palast einzuschleusen.... einschließlich eines Lich. Wer wusste wer noch dort alles hauste und vermeintlich ein Diener oder dergleichen war? Ein helles Herrenhaus... schoss es Lin durch den Kopf. Das hatte Verrill geschaffen...


    Dunwolf lauschte verzückt dem Gespräch. Ciel spürte wie bei jedem Schlagabtausch wohlige Schauer über Dunwolfs Seele rieselten. Der Älteste war glücklich, er genoss was sich zutrug und ließ seinen Seelengefährten daran teilhaben.

    `Ich bin sowas von bereit...´, gurrte er mental.


    Jeder hing für einen Moment in dieser Ausnahmesituation seinen Gedanken nach, als Jules neben Ciel aufkeuchte. Er fasste sich an den Hals als würde er ersticken, zeitgleich alterte er derart rasend schnell, dass neben dem Prince einige Wimpernschläge später ein Greis in Rüstung stand.


    In den eisigen Augen von Maximilien glomm etwas neues auf - Genugtuung.

  • Tekuro spürte eine Schlagabfolge von Ehrungen und Würdigungen, die er sich im Leben nicht zu erträumen gewagt hätte. Er hielt das Reichsschwert von Souvagne als Waffe in der Hand! Auf diese Klinge hatte er seinen Eid als Leibgardist geschworen. Nun schwor er nicht auf das Schwert - nun war er das Schwert. Wie einst Bellamy, schützte er nun das Leben des Duc mit seinem eigenen, noch näher als je zuvor. Ein gewaltiger Schritt nach vorn für seine Familie. Er würde Maximilien nicht enttäuschen. Das hätte er auch so nie, doch nun noch weniger.


    "Majestät", sagte er nur, für mehr reichte weder sein Atem noch seine Aufmerksamkeit, die sich ganz auf seine Gegner und seinen eigenen Körper fokussierte. Eine Dankesrede war in dem Moment nicht notwendig, nicht jetzt. Jetzt bewies er seinen Dank durch Taten. Später aber würde er sie nachholen.


    Tekuro kannte seine Verantwortung und er war entschlossen, sie wahrzunehmen. Mit einem sicheren Schwung hob er die Waffe in die Ausgangsposition und hob den Schild mit dem Schreiadler. Ciel würde ein gewaltiges Problem haben, wenn Tekuro den Befehl erhielt oder sich entschloss, dass ein Angriff notwendig war und viel fehlte dazu nicht mehr.

    "Not all those who wander are lost."
    J.R.R. Tolkien

  • "Mit Linhard hätte Euer neuer Palaisin einen mehr als fähigen Gegner", antwortete Ciel schroff. "Einen, der ihn gut kennt und der die Dunkelheit im Blute trägt, die dem Vampir das Leben ermöglicht."


    Ciel spürte Wogen des Zorns und der wütenden Erregung durch seinen Körper rauschen, als Tekuro geadelt und zum Palaisin ernannt wurde. Ganz gleich, was sein Verstand ihm sonst gesagt hätte, er spürte, dass er nun handeln musste! Außerdem hatte Maximilien selbst gesagt, dass seine Entscheidung fest stehen würde.


    'Lass sie den Palast stürmen', befahl er Dunwolf. 'Entfessele deine Truppen. Jules! Hört Ihr mich? Die Himmelsaugen sollen unser magischer Schirm sein und uns den Weg bahnen! Dunwolf, lass Hector uns im Schutz der Himmelsaugen, der Abgründigen und der Bluthexer um jeden Preis zu Horatio bringen. Mein Vater lässt uns keine Wahl. Remy ... sorgt dafür, dass unsere Kinder und Eure Tochter in Sicherheit gebracht werden können, notfalls persönlich!'


    Doch auf den Befehl für Jules hörte er keine Antwort, er spürte nur das Entsetzen der Himmelsaugen, die mit ihm verbunden waren und riss den Kopf herum - dort, wo gerade noch Jules gestanden hatte, stand ein Greis, der rapide immer weiter alterte. Damit griff Maximilien nicht nur das Oberhaupt der Himmelsaugen an, denn er wusste, was Jules als langjähriger Kampfgefährte Ciel bedeuete.


    Er hob den Speer des Lichts. "Die Zeit der Worte ist fürwahr vorbei!", rief er wütend - und rannte in die andere Richtung, hinein in die Masse der Bluthexer. Dabei riss er den uralten Mann mit sich.

  • "Angriff!", befahl Maximilien seiner Leib- und Palastgarde.

    Der gleiche Befehl entsprang in der selben Sekunde einem anderen Geist auf magischem Weg.


    Die Gargoyles kletterten in die Höhe und stießen sich ab, um die Verfolgung aufzunehmen, während die Palastgarde zum Angriff auf die Bluthexer und Himmelsaugen überging. Die Leibgarde folgte ihrer Bestimmung und beschützte den Duc. Dieser starrte seinem Sohn derart hinterher, dass sich der Blick der sich in Ciels Rücken bohrte wie ein Dolch anfühlen musste. Max selbst fühlte sich, als hätte er einen ganz ähnlichen Dolch von Ciel im Herzen.


    Fabien hätte am liebsten aufgebrüllt und den Wahnsinn gestoppt, aber weder stand ihm das zu, noch wusste er, was diesen Irrsinn überhaupt ausgelöst hatte, das Ciel seinen Vater angriff.

    "Majestät bitte folgt mir und wir ziehen uns in die Sicherheitsräume zurück", bat er inständig.


    Linhard zückte sein eigenes Schwert und taxierte Tekuro, während die Düsterlinge und Himmelsaugen ausschwärmten und versuchten in den Palast zu gelangen. Ein anderer junger Mann gesellte sich zu ihm und zog sein Jian derart schnell, dass man der Bewegung kaum folgen konnte.


    "Ein verirrter Bruder, ich hole Dich zurück...", grinste Justinian Tekuro an und entblößte seine messerscharfen Zähne.


    "Der Palast, wir müssen in den Pala... ohoh...", keuchte einer der Düsterlinge, als er anfing zu altern und zu verfallen.

    "Meis...", konnte er noch kreischen, dann war nichts weiter übrig als eine vertrocknete Hülle.

    "Dafür wirst Du bezahlen Halbblut", zischte Justinian. Er gab Linhard kurz ein Zeichen und beide griffen Tekuro von zwei verschiedenen Seiten aus an.


    "Holt die Himmelsaugen vom Himmel!", befahl Maximilien und die Gargoyles schwenkten um, um die Himmelsaugen der Flugstaffel anzugreifen. Die Prachtadler waren groß, dennoch wendiger als die Gargoyles, denn sie konnten aktiv fliegen. Die Steinerne Wacht hingegen musste sich auf ihren Gleitflug verlassen.


    Die Schlacht tobte am Boden, am Himmel und im Nexus und im Herzen aller Beteiligten.

    Als Ciel zurückblickte, sah er das erste Mal den Orden Blut und Gebeine im Kampf und ihr Oberhaupt kam ihm gewaltig bekannt vor. Auf den zweiten Blick registrierte er, dass er dort den Hofmarschall sah, ungeschmickt und ohne jede Maske.


    "Muss mich... vom Orden lösen... sie ver...suchen durch mich.... die anderen...", keuchte Jules schwer atmend, ehe er zusammenbrach.

  • Remy de Remuer versuchte, durch den Palast zu gelangen, um zu sehen, dass die Kinder in Sicherheit gebracht wurden. Er wusste nicht, was mit den Kindern von Hochverrätern geschehen würde und verstand überhaupt nicht, wie es dazu hatte kommen können! 'Auri', schrie er in den Nexus. 'Hau ab! Das ist nicht dein Kampf, du dienst dem Duca!' Möglich wäre auch, dass Aurelien bewusst hier war, um die Lage im Auge zu behalten. Das wäre sehr, sehr schlecht, denn welche Seite der Duca unterstützen würde, sollte er eingreifen wollen, war so sicher wie die Sanduhr im Tempel. 'Wer ist die Vertretung von Jules?', fragte er seine Ordensbrüder, während er zwei Mägde magisch so manipulierte, dass sie seinen Anblick sofort wieder vergaßen, als er an ihnen vorbeirannte. 'Wer hat den Befehl nun inne?'

  • Tekuro hatte nun zwei Gegner, doch er hatte die Unsterblichkeit auf seiner Seite und ein Schwert, mächtiger als jedes andere. Schwertmeister hin oder her, auch er war hervorragend ausgebildet und was sollte Schwertmeister anderes besagen als genau das? Auch er lebte und atmete für den Dienst an der Waffe seit er Haare am Sack hatte. Furchtlos wehrte er ihre Hiebe ab, nur um dann auf einmal etliche Meter weit und hoch durch die Luft zu springen wie ein überdimensionaler Grashüpfer. Er begann, diese Vampirfähigkeit, über die er sich anfangs geärgert hatte, weil er lieber die der Regeneration gehabt hätte, zu lieben. Denn nun stand er inmitten der Bluthexer. Die Klinge wirbelte und verursachte einen wahren Tornado an spritzendem Blut, als er sich durch ihre Reihen fräste. Die Hexer, sonst die Erzfeinde allen untoten Lebens, waren nun vollkommen machtlos außer die Kampfhexer, die nun ihrerseits versuchten, die reinen Magier hinter sich zu zerren. Als Tekuro kein Durchkommen gegen ihre Klingen sah, sprang er erneut an eine bessere Stelle.

    "Not all those who wander are lost."
    J.R.R. Tolkien

  • Ciel schrie um Hilfe, damit jemand Jules rettete. Er selbst konnte es nicht, seine Aufabe war eine Größere! Abseits der Armee versuchte er nun, einen der Geheimgänge zu nutzen, um in den Palast zu kommen. Da holte ihn ein gewaltiger Hieb von den Füßen. Ciel landete im Dreck, ein Kampfstiefel zerquetschte seine Hand, die den Speer hielt. Er schrie, als seine Finger zerbarsten.


    "'DUNWOLF", kreischte Ciel.

  • Boldiszàr packte Ciel am Kragen und schleuderte ihn wie eine Puppe gegen die Palastmauer. Der Prince rutschte reglos herunter. Der Leibgardist hob ihn am Wams an und schliff ihn in Richtung des Ducs. Aber zu ihm durchzukommen war nicht einfach, insbesondere, weil die Bluthexer ihn nun angriffen. Unitè B kam ihm zu Hilfe, gemeinsam schafften sie es nach einer Weile, durchzukommen und Boldiszàr schleuderte dem Duc seinen Sohn vor die Füße.

  • Aurelien erreichte der Ruf von Remy. Sein Ordensbruder war in Panik, alle waren schlagartig in Panik und Jules war kaum noch zu spüren.


    `Ich bin wohlauf und in Ledwick Remy, was ist bei Euch los? Die Gedanken der Brüder sind wirr, Jules ist nicht mehr zu erreichen. Er wirkt schwach, meine Güte so schwach! Gegen wen oder was kämpft Ihr? Irgendwas schafft im Nexus einen Sog und Jules ist der Katalysator!


    Thierry de Griccaux ist stellvertretender Leiter im Amt, also das Vizeoberhaupt. Er muss dass Kommando übernehmen. Remy sieh zu, dass Du aus dem Wahnsinn da lebend rauskommst. Und beende die Verbindung zu den Brüdern, sie alle müssen aus dem Konsenz raus, sonst sind sie leichte Beute! Warne sie! Dir viel Glück´, übermittelte Aurelien, trennte ihre Verbindung und zog sich vollständig aus dem Nexus zurück.


  • Linhard und Justinian nahmen die Verfolgung von Tekuro auf. Sie mussten ihm zugestehen, dass er gut war. Wesentlich besser als gedacht. Tekuro verwandelte die Reihen der Bluthexer in ein Blutbad, auch wenn sie auf der gleichen Seite standen, musste Justinian sich ein lustvolles Grinsen verkneifen.


    Tekuro sprang erneut in Sicherheit, als er einen Tritt ins Kreuz bekam, auf den jeder Maulesel stolz gewesen wäre. Der Vampir spürte wie ihm der Feind mit einem kurzen Sprint gefolgt war und schon schoss ein Schwert auf seinen Hals zu, um ihm den Schädel von den Schultern zu schlagen.


    Archibald war nackt, bewaffnet und verdammt wütend.

  • `Schon da.... keine Panik....´, übermittelte der Älteste.


    Dunwolf riss die Seele von Jules aus dem Nexus und schleuderte ihn zurück in die Physis. Zeitgleich nahm er die Stelle des Katalysators ein, so dass die Nekromanten nun mit ihm verbunden waren anstatt mit Jules. Das Kräfteringen wer hier wem das Leben absaugte konnten diese Stümper nur verlieren und das taten sie.


    Ciel sah noch wie Jules sich erholte, wieder zu dem Mann wurde der er vorher gewesen war. Ein Nekromant nach dem anderen des Ordens fiel. Als plötzlich Ciel samt Dunwolf gegen die Mauer geschleudert wurde... aus. Die Verbindung riss ab und die Nekromanten waren wieder frei und schlugen erneut ihre mentalen Klauen in den eben genesenen Jules.


    Als Ciel vor seinen Vater geschmissen wurde, setzte der Duc einen Stiefel auf den Hals seines Sohnes.

    "Ein Schwert!", befahl er schneidend.