Kapitel 45 - Zeit einen Bund zu knüpfen

  • Zeit einen Bund zu knüpfen


    Amias und Horatio hatten für jedes Bundmitglied eine Kronenkoralle geborgen. Jeder sollte eines dieser Pilzgeschöpfe bei sich pflanzen und somit verdeutlichen, dass er dem Bund angehörte. Die Koralle stellte den sichtbaren Teil des Bundes dar, ihr Geflecht den unsichtbaren Teil im Hintergrund. Sie alle waren durch mehr verbunden, als das Auge wahrnehmen konnte. Zwei Teilnehmer hatten das Konzil vorzeitig verlassen, Dunwolf da er sich dem Bund nicht anschließen wollte. Linhard war ebenfalls abgereist, dass er die Verhandlung für gescheitert betrachtete. Dave wusste wessen Schuld das war - seine eigene. Dass das Konzil fortgesetzt werden würde, dass hatte keiner von ihnen für möglich gehalten und dennoch war es geschehen. Die Korallen standen für mehr, als sie man ihnen auf den ersten Blick ansah. Den Sieg des Lebens über einen trostlosen Felsen und für das Vermächtnis der Schwarzfels.


    Es war die Zeit gekommen um alte Zwiste zu begraben und den Bund der Familie einzugehen. Dazu gehörte es auch, Linhard über den erfolgreichen Abschluss zu informieren. Immerhin hatte er für ihn gesprochen und sich für den Bund eingesetzt. Aus diesem Grund hatte auch Dave die Koralle die für Linhard bestimmt war, an sich genommen. Sie alle reisten gemeinsam ab, bis auf Horatio, der noch auf der Insel verweilen wollte. Es ging zurück nach Asa Kramaro Dai.


    Dave machte es sich auf seinem Platz gemütlich und suchte mental nach Linhard. Es dauerte eine Weile bis er seinen Neffen gefunden hatte. Scheinbar war Wolframs abgeschiedenes Häuschen sehr beliebt. Dave suchte den Kontakt zu Prince Ciel, dem besten Freund von Lin.


    `Eure Hoheit, ich benötige Eure Hilfe. Linhard befindet sich in Naridien, genauer gesagt fast in Daijan. Dort befindet sich in dem großen Bergmassiv eine kleine... tja nenne ich es mal Lichtung. Und dort steht das Haus eines Verwandten und zwar von Wolfram. Ich möchte Euch bitten, meinen Neffen aufzusuchen und ihm davon zu berichten, dass das Konzil ein Erfolg war. Unser Bund wurde besiegelt. Und bitte richtet ihm meine Entschuldigung aus. Da Ihr so gut wie zur Familie gehört... vielleicht sogar zur Familie gehört... übermittele ich Euch die Erinnerungen an das Konzil. So versteht Ihr worum es geht´, übermittelte Dave und tat genau das. Er ließ Ciel an seinen Erinnerungen teilhaben, in der Hoffnung dieser würde Linhard aufsuchen und ihm davon berichten.


    `Sagt Linhard, dass es mir leid tut und dass ich immer für ihn da bin. Versprochen´.


  • Ciel hatte sich gerade in einem der Laboratorien umgesehen, in welches auch Alexandre künftig Zutritt haben würde, und sie hatten einige Gedanken zu einer möglichen Modernisierung der Bluthexerei getauscht, als er den Kontakt spürte. Mit einer Geste bat er Alexandre, zu warten und konzentrierte sich auf den Magier. Davard war es.


    'Das sind gute Neuigkeiten, Marquis! Von Euch solch entgegenkommende Worte zu vernehmen, geschieht nicht oft. Ich werde Eure Botschaft ausrichten. Ich bin sicher, Linhard wird sich darüber freuen.'


    So verabschiedete Ciel sich von Alexandre, nahm sich seinen weißen Cockatrice Quennel und schwang sich auf seinen Rücken. Der riesige Drachenhahn rauschte durch die Lüfte davon.


    Als Ciel an der besagten Stelle ankam, war es Dunkel und das Tier sehr erschöpft. Er sprang ab und während Quennel sich auf Nahrungssuche begab, klopfte Ciel müde und nach Huhn stinkend und voll weißer Flaumfedern an die Tür des kleinen Hauses.

  • Als Ciel gerade an die Haustür klopfte fiel ein großer Schatten auf ihn. Bevor er nach oben schauen konnte, wurde er auch schon bepickt, allerdings vorsichtig. Aquila das Drachenhuhn von Linhard kannte Ciel und begrüßte ihn auf ihre Weise. Im Haus hörte Ciel jemanden gähnen und zur Tür schlurfen. Mit wirrem Haar, unrasiert und verschlafenem Blick öffnete ihm Linhard die Tür. Lin blinzelte gut gelaunt und grinste einen Moment später von einem Ohr zum anderen.


    "Was machst Du denn hier? Komm rein", bat er freundlich und zog Ciel in das Häuschen. Bevor er die Tür schloss, streichelte er den großen Kopf von Aquila und drückte dann vorsichtig die Tür zu.


    Als sich die Tür hinter Ciel schloss, zog ein Schwall des Duftes der Kräuter und Blüten aus dem Garten mit in das kleine Haus. Ciel stand direkt im Haus selbst. Jeder Milimeter war in diesem Häuschen ausgenutzt. Im Haus roch es nicht weniger gut, als draußen im großen Garten. Kräuter, Pilze sah er ebenso in Töpfen gepflanzt, wie Regale voller Regenzien. Passende Zeichnungen von Pflanzen, Tieren oder auch abstrakten Formeln hingen an den Wänden und gaben dem Haus einen ganz besonderen Charme. Hätte er es nicht besser gewusst, so hätte er direkt vermutet hier wohne ein Heiler oder Alchemist.


    Linhard führte ihn direkt die rechter Hand liegende Treppe hinauf. Ciel musste an einigen Stellen den Kopf einziehen, denn auch von der Decke hingen überall Kräuter zum Trocknen herab. Eine Etage höher gab es einen kleinen Kamin, genau wie unten im Erdgeschoss. Nur hier stand ein kleiner Tisch der mit einem Abendessen gedeckt war. Über dem Kamin hingen Töpfe und Pfannen, auf der Anrichte direkt neben dem Kamin standen weitere Kochutensilien. Dies war scheinbar die winzige Küche. Aber hier lebten sonst auch nur maximal drei Personen. Von daher reichte die Küche völlig aus.


    Über dem Tisch war ein Regal angebracht auf dem alte, Weinflaschen standen. Die Becher hingen direkt darunter. Lin hatte sich einen Teller voller Brot, Hartkäse, Fisch und Schinken zurecht gemacht und dazu eine Weinflasche geöffnet.


    "Setz Dich und mach es Dir gemütlich", bat Linhard und kramte zwei weitere Teller hervor. Den eigenen schob er in die Mitte, so dass sie sich das Essen teilen konnten. Ciel bekam ebenfalls einen Becher vor die Nase gestellt und Wein eingegossen.


    "Im Keller befindet sich die Kräuterstube von Wolf und ganz oben befindet sich seine Lese- und Schreibecke und sein Bett. Damals haben wir unten im Keller gewohnt, also als Paps und ich hier Unterschlupf gefunden hatten mit dem Stab von Dunwin. Dun war selbst noch als Geist dabei. Mir kommt das alles so vor, als wäre das eine Ewigkeit her... oder ein anderes Leben. Na auf die Vergangenheit", sagte Lin und hob seinen Becher um mit Ciel anzustoßen.

  • Ciel erschrak, als das Huhn ihn bepickte und war froh, dass Linhard ihn einließ. Er nahm den Dreispitz ab und rieb sich pikiert über das rote Kopftuch, das seine Glatze kaschierte. Als Linhard ihn so freudig begrüßte und zum Abendessen einlud, verflog der Schrecken jedoch rasch wieder. Er nahm am Tisch platz und stieß mit dem Glas an das von Linhard.


    "Auf die Zukunft", korrigierte er den Trinkspruch und nahm einen Schluck, ehe er das Glas wieder abstellte. "Das Konzil war erfolgreich, ich habe Nachricht von deinem Onkel erhalten. Er ließ auch die Bitte um Vergebung für sein Verhalten ausrichten. Im Übrigen möchte ich dir mein Lob aussprechen, dass du dich auf so ... konstruktive Weise deiner Einsamkeit stellst. Ich hatte eher damit gerechnet, dich aus einem Bordell freikämpfen zu müssen."

  • "Ich wusste doch, ich hatte in der Stadt was vergessen... verdammt. Spaß beiseite, mein Onkel kann mich mal. Weißt Du was mein Onkel getan hat? Er hat 42 Jahre lang geschwiegen. Und dann, wo er die Chance hat alles zum Guten zu ändern, da greift er alles und jeden an. Allen voran natürlich Irving und Nicodemus, die genau wie er selbst für Frieden innerhalb der Familie waren. Warum beim Abgrund konnte er nicht wenigstens fünf Minuten länger schweigen?


    Gut ich bin gerade unfair, ich weiß. Vielleicht hätte ich nicht mal so lange überlebt wie er, wenn ich mir vorstelle was sie mit ihm oder meinem Vater gemacht haben. Genau weiß ich es nicht, es sagt mir ja keiner etwas. Aber dass sie gefoltert wurden weiß ich. Wobei Ansgar sagt nichts, Dave sagt nichts, ich weiß wen ich fragen könnte, der es mir garantiert sagt - Archibald. Möglicherweise würde es mir sogar Dunwin sagen, oder Dunwolf.


    Aber dass wäre natürlich die Sicht der Täter. Trotzdem wüsste ich ja dann, was abgelaufen ist. Naja vielleicht geht es mich auch gar nichts an. Nur dann soll er mich auch unwissend nicht mit reinziehen. Ich habe sogar noch für die Versöhnung gesprochen, hat keinen gekratzt. Der einzige in dem ganzen Sauhaufen der etwas Grips zwischen den Ohren hatte, war Dal. Aber der hat so gut wie nichts gesagt. Seine Einwände waren berechtigt, aber irgendwie kam ich mir völlig fehl am Platz vor. Hätte nur noch gefehlt, dass Ainuwar dabei gewesen wäre. Was sollte ich da? Oder Dave? Oder sonst einer der anderen? Das war ein Treffen der Super-Lich, wenn Du so willst plus dem ersten aller Blutsauger. Was bin ich dagegen? Ein Fliegenschiss in der Zeitgeschichte. Sollen die mich mit ihren Magier-Problemen verschonen.


    Also auf die Zukunft ohne Probleme und mit viel Wein. Du kannst sagen was Du willst, aber Wolfs Hütte ist gemütlich, abgeschieden und sein Wein schmeckt. Er hatte mal eine Haushälterin und einen Diener", erklärte Lin und trank seinen Becher auf Ex aus.

  • "Hm, sollte ich fragen, wohin sie verschwunden sind?" Ciel trank ebenfalls einen weiteren, großzügigen Schluck Wein. "Du bist gerade nicht besser als Davard, sei froh, dass er einen Schritt auf uns zuging. Er entschuldigte sich, meine Güte, er sah einen Fehler ein und bat darum, ihm für diesen zu vergeben! Wann hat er das je getan? Und da willst du ihm die Hand ausschlagen? Er reicht sie dir nicht, sondern er streckt sie dir hilfesuchend entgegen!"


    Ciel schüttelte brüskiert den Kopf.


    "Zudem vergisst du Horatio und Amias, auch die beiden haben doch wohl recht vernünftig gesprochen, wenn Davard mir den Inhalt korrekt übermittelt hat. Was Dunwolf betrifft ... so könnte ich ihn rufen. Wenn du ihn fragen möchtest."

  • Lin beugte sich über den Tisch und strich Ciel liebevoll über den kahlen Schädel.


    "Du hast absolut Recht Ciel, ich kotze mich gerade nur aus. Mit Dir kann ich offen reden, auch wenn ich manchmal nur Dünnschiss rede um runterzukommen. Ich weiß nicht, wann er je einen Fehler zugab oder sich entschuldigte. Vermutlich vorab nie bei irgendwem außer Pavo. Ich kann ihm allerdings nicht helfen, da ich kein Magier bin. Dal hatte Recht damit, dass ich die Familie nicht führen kann. Erstens wollen sie es gar nicht und zweitens habe ich keine Möglichkeit jemanden auf Spur zu bringen. Also ich hätte schon eine Möglichkeit, aber dann sind wir wieder dort, wo alles begann. Was nützt es, wenn wir in Friedne zusammen leben wollen und ich jedem Gewalt androhe oder sie vollstrecke der nicht mitzieht? Das ist doch ein Widerspruch in sich oder nicht? Ich bin ein Purie und zu jung, als das mein Wort wirklich etwas gilt. Gleich was ich mir gerne eingeredet hätte, es war Brandur dem sie sich gebeugt haben und nicht mir. Ich war nur dabei, ich stand an seiner Seite.


    Dave sollte Brandur fragen und nicht mich. Stimmt Horatio und Amias haben auch vernünftig gesprochen. Einer sagte gar kein Wort. Vermutlich war das am besten so, erstmal zuhören. Und ich bin nach Daves Ausbruch gegangen, weil sie die Verhandlung abbrechen wollten. Das doch noch zu Ende verhandelt wurde, wusste ich nicht. Wie auch.


    Du und Dunwolf, Ihr steht Euch ganz schön nahe was?", grinste Lin und ließ die Augenbrauen hüpfen.


    "Nun er behauptet ja auch, dass Du ihn liebst, wieviel ist da dran? Ich meine Dir ist schon bewusst, was Ihr für ein Paar wärt. Aber ungewöhnlich ist das nicht in unserer Familie. Erst bringst Du ihn fast um, dann er Dich und dann läuten die Hochzeitsglocken", lachte Linhard und stopfte Ciel ein Stück Käse in den Mund.

  • "Wie hat Dunwin seine Familie geführt? Auch er war kein Magier. Aber er hatte Freunde und Verbündete, die seinen Willen durchsetzen. Das brauchst du, Linchen."


    Ciel neigte den Kopf ein wenig zur Seite, als Linhard ihn tätschelte und dann fütterte er ihn auch noch mit einem Käsewürfel. Ciel rückte kurzerhand mit dem Stuhl einmal um den Tisch herum, so dass sie beieinander saßen. Er bediente sich an Linhards Teller, um seinen Kumpel nun seinerseits mit einem eingerollten Schinkenstreifen zu füttern.


    "Natürlich liebe ich Dunwolf NICHT", erklärte Ciel im Brustton der Überzeugung. "Er ist ein abscheulicher Ur-Lich, alt und gammelig, korrumpiert aufrechte Menschen, verspürt sadistische Freude am Leid anderer, foltert seine eigenen Familienmitglieder schlimmer als seine ärgsten Feinde. Es ist nur ..." Er zögerte, dann ließ er die Schultern hängen. "... ich vermisse ihn dennoch."

  • Linhard aß genüsslich den Schinkelstreifen und legte Ciel einen Arm um die Schulter, dabei ließ er seinen Kopf gegen den von Ciel sinken.


    "Ja da hast Du Recht, aber auch damit bin ich wieder auf dem alten Pfad. Bedenke, wer der Stab ist. Bis auf Jesper waren vermutlich alle an dem Spiel beteiligt. Jesper könnte man sogar dazu zählen, er ermöglichte all das, da er schwieg. Andernfalls hätten ihn die anderen zum Schweigen gebracht. Oder ich müsste mir einen eigenen Stab aufziehen, mit eigenen Leuten. Aber gleich ob der alte oder der neue Stab, dann beherrscht man die eigene Familie mit einer Eingreiftruppe. Na ich überlege es mir, was ich mache oder ob ich überhaupt noch etwas mache. Dafür bin ich ja hier und es gibt genug andere, die sich den Mist auch antun können.


    Wie gewonnen so zerronnen Ciel, schlimm ist das nicht. Es gäbe auch nichts was ich da vermissen würde. Ständigen Ärger und Streitereien vermisst keiner. Und wer weiß, wie lange der Bund hält. Ich wünsche mir, dass er für immer Bestand hat und dass er genau das wird, was sich alle Teilnehmer erhofft haben. Aber die Zeit hat alle etwas anderes gelehrt. Vielleicht ist eine neue Zeit angebrochen und sie lehrt uns etwas Gutes. Vielleicht ist es aber auch nur ein schöner Traum. Warten wir ab", sagte Linhard freundlich und drückte Ciel fester.


    "Ich glaube ein schöneres Kompliment hat Dunwolf nie erhalten. Du vermisst ihn? Nun das kann ich nachvollziehen. So gefährlich, heimtükisch und brutal er auch ist, auf der anderen Seite ist er freundlich, charmant und witzig. Nur leider weiß man nie, welche Seite man von ihm zu spüren bekommt. Ihr war ein schrecklich-schönes Duo und ich hatte gewaltige Angst um Dich. Was vermisst Du an ihm?", fragte Linhard und kraulte Ciel.

  • Ciel lehnte sich gegen Linhard, schloss die Augen und genoss das sanfte Kraulen auf seiner Haut.


    "Er war immer bei mir Lin, immer. Ich war niemals allein, und wenn die ganze Welt auch gegen mich stand - Dunwolf war an meiner Seite. Wenn ich ihn rief, stieg er aus dem Dunkel, um jene zu richten, die mir Übles wollten. Er verstand mich, mitunter als Einziger, da er in meine Seele blicken konnte. Auf ihn war Verlass.


    Ich glaube, er vermisst Harubold und Marthis, er hat niemanden, bei mir war er glücklich. Er hat den Konzil verlassen, nun ist er endgültig allein. Er hat wie viele Älteste gegen sich? Horatio, Nicodemus, Thabit, Dalibor. Schon Horatio allein ist sein Untergang. Sie werden ihn jagen."


    Ciel rieb sich über die feuchten Augen.


    "Dunwolf muss gewarnt werden, ich werde ihn rufen. Dann kannst du ihm deine Fragen stellen."

  • "Horatio ist nicht nur ein Ältester, man nennt diese Personen Ältere - oder Altvordere. Jene noch vor den Ältesten. Der Mann denkt klug und besonnen bis zu einem gewissen Grad. Denn er wäre nicht, was er ist, wäre er generell sanftmütig. Sie nennen ihn den Jäger der Jäger, den Schattenjäger und ich denke dass ist wörtlich gemeint. Falls er sich dem Bund angeschlossen hat, haben die Feinde des Bundes nichts zu lachen. Aber wie steht der Bund den Menschen gegenüber? Wie stehen sie zu uns, den Almanen, den Herzogtümern und allen anderen weltlichen Mächten? So wie immer? Das wäre in Ordnung. Würden sie sich gegen die Welt richten, hätten wir ein Problem. Aber solange uns ein Ältester besteht gegen die anderen, wüssten wir auch um ihre möglichen Schwachstellen. Und es gibt genug Magier die sich ebenso verbünden könnten.


    Tja... ja... so ist es wohl. Gleich was man Schlechtes über Dunwolf sagen kann, auch er hat seine guten Seiten. Manchmal sogar selbstlose Seiten, er schenkte Tekuro seinen Vater. Er holte ihn zurück, so wie Thabit Tazio zurückholte ins Leben. Weshalb Thabit das tat, dürfte klar sein. Er wollte Ledwick sichern und sein Erbe. Aber was wollte Dunwolf? Kazrar bringt ihm weder Vor- noch Nachteil. Es war eine Tat allein für Tekuro. Man sagt auch der Finsterste hat ein letztes gutes Viertel.


    Und ja ich verstehe sehr gut was Du vermisst. Jemand der immer für Dich da ist, der sich um Dich kümmert, sich um Dich sorgt, Dir beisteht und sich für Dich interessiert. So jemand war Brandur für mich. Und genau wie Du Dunwolf verloren hast, so habe ich Brandur verloren. Der Lauf der Zeit und Welt Ciel, beide sind oft unerbittlich. Ich zog zu Euch in den Palast, ich zog mit Verrill nach Ledwick. Und am Ende wohne ich in Wolframs altem Häuschen und gehöre zu niemandem mehr. Hier war mein erstes Zuhause mit Brandur, Dunwin, Archibald und dem Stab. Hier begann es und nun bin ich wieder hier. Allerdings wieder alleine genau wie Du. Wir haben es versucht Ciel, jetzt sind andere dran", erklärte Lin liebevoll.

  • Ciel legte einen Arm um Linhard, dann den zweiten. Er küsste ihm den Hals, auf dem die Bartstoppeln sprossen.


    "Willst du wirklich aufgeben? jetzt hättest du die Chance, etwas zu bewirken. Aber du bist kein Stratege. Du siehst nur den direkten Weg. Warum solltest du einen zweiten Stab im Sinne Dunwins erschaffen? Warum keinen Stab aus Kriegern des Wortes? Souvagne wird feudal regiert und wer sich dir nicht unterordnet, bekommt den Arm des Gesetzes zu spüren, ganz legal. Der fliegt aus dem Land, zurück nach Naridien. Dies ist deine Familie. Wer nicht Teil deiner Familie sein möchte, weiß, wo die Grenze liegt. Und warum möchtest du nicht zurück nach Hause kommen? Warum möchtest du hier allein wohnen bleiben? Tazio hat dich doch nicht fortgejagt, oder täusche ich mich?"

  • Lin grinste gut gelaunt, als Ciel ihn umarmte und küsste.


    "Stimmt, da war doch noch was nicht wahr? Unser Urlaub, nur wir beide, ohne irgendwen der uns stört. Du hast wie immer Recht, warum ein Stab wie der von Dunwin? Es ginge auch einer, der ganz andere Werte vertritt. Meine Werte, aber welche sind das? Darüber muss ich mir selbst erstmal Gedanken machen. Und davor kommt die Frage, kann ich überhaupt nach Souvagne zurück? Dein Vater hat mich rausgeworfen, wie jeden der zu Dir gehalten hat. Hier lebe ich zwar nicht wie ein Marquis, aber mein Kopf bleibt auf meinen Schultern. Tazio hat mich nicht fortgejagt, aber ich denke er zieht mit Max an einem Strang. Schau mal, ich gehöre zu Verrill und nicht zu Tazio. Und Verrill würde mich ausliefern, denn ich hielt nicht zu ihr, nicht zu Max, nicht zu Souvagne, nicht zu Horatio - sondern zu Dir.


    Ehrlich gesagt, ich weiß nicht woran ich bei Max und Tazio bin. Das muss ich noch herausfinden und solange das nicht geklärt ist, ist das Häuschen hier doch echt eine gute Alternative. Ein Dach über dem Kopf, Wasser, etwas zu Essen, Feuer und Wärme und mein Drachenhuhn vor der Tür. Lass uns nach oben gehen und wir machen es uns gemütlich", sagte Linhard.


    Lin stand auf, zog Ciel mit auf die Füße und schnappte sich die Weinflasche. Gemeinsam mit Ciel ging er nach oben und schob seinen Freund dann vor sich her, da es sehr eng eingerichtet war. Auf der rechten Seite sah Ciel einen kleinen Schreibtisch neben der Treppe, Bücherregale und einen Sessel. Auf der linken Seite stand das Bett, ein Stuhl und ein Tisch. Linhard buxierte ihn zu dem Bett und machte es sich darauf gemütlich.


    "Eng aber es wird gehen", sagte Linhard und stellte den Wein auf den Tisch, ehe er sich auf dem Bett lang ausstreckte.

    "Was würdest Du an meiner Stelle tun Ciel?", fragte er und klopfte neben sich auf das Bett.

  • Ciel stieg neben Linhard auf das Bett. Er legte sich neben ihn, so dass sie sich berührten. Linhard war immer sehr warm, das gefiel ihm, der ständig fror. Hinzu kamen einige weitere Annehmlichkeiten, die er mit Linhards Nähe verband.


    "Hach jaaa ... unser Urlaub", sinnierte Ciel. Versonnen strich er mit den Fingern über Linhards Stoppelwange. "Den sollten wir uns dringend gönnen. Das stimmt, du hast zu mir gehalten. Wo selbst meine Unitè B mich verlassen hat. Boldiszàr hat mich angegriffen, ich kann diesem Mann nicht mehr vertrauen. Auch Tekuro ist von mir abgefallen. Bellamy ... das weiß ich nicht. Ich vermute, er wird zu seinem Bruder und seinem Mann halten, obwohl ich ihn aufnahm, nachdem mein Vater ihn peinigte und verstieß. Bei mir blieben nur die Bluthexer, die Himmelsaugen, mein alter Freund Jules - und du. Warum hast du nicht meinem Vater gehorcht, deinem Duc?"

  • Linhard nahm Ciel fest in die Arme und zog die Tagesdecke über sie beide. So kuschelte er sich mit seinem besten Freund ein und wärmte ihn.


    "Weil Du mein Freund bist, weil ich Dich liebe und Du mir alles bedeutest. Wenn Du mich brauchst, stehe ich Dir bei. Gleichgültig gegen wen oder was. Das es diesmal Dein Vater war, tja dass war mein Pech, aber das ändert nichts an unserer Freundschaft Ciel. Ich verlasse Dich nicht, ich bin immer an Deiner Seite, so gut solltest Du mich kennen. Die anderen standen ihrem Duc bei, dass kannst Du ihnen nicht verübeln. Ebenso hätten sie Dir sonst beigestanden, als Prince. Diesmal hielten sie Dich für einen Verräter, denn Dein Vater hielt Dich für einen Verräter. Dabei warst Du gekommen um ihn und alle anderen zu retten. Du bist genauso stur wie Dein Vater, ihr bockt und mauert. Das mag Euch oft vor Feinden schützen, aber wenn Ihr beiden aufeinanderprallt, dann ist das Verhalten fatal. Es ist genauso gefährlich für Euch, wie bei uns das Dolche zücken.


    Ihr benötigt ebenso einen Bund Ciel, die wichtigste Voraussetzung habt Ihr doch, Ihr liebt Euch. Ihr müsst nur auf einer Welle schwimmen wie man so schön sagt. Der Verrat von einem geliebten Menschen wiegt immer besonders schwer, deshalb war Dein Vater auch so getroffen. Nicht das Du ihn verraten hast, aber er hat es angenommen. Und das hat schon gereicht um eine Welle des Entsetzens loszutreten. Er hält die Macht über Leben und Tod in Händen Ciel und er war bereit sie zu entfesseln. Dein Vater kann genauso gnadenlos sein wie ein Hohenfelde. Aber kann aber auch das ganze Gegenteil sein. Ich denke dass Du es warst, der dort mit der Armee stand, hat ihn derart verletzt. Gleich was Du denkst, Du nimmst einen besonderen Stellenwert ein.


    Unseren Urlaub gönnen wir uns jetzt und dabei überlegen wir, was wir zukünftig tun oder nicht. Wie steht es mit Dir? Was wirst Du tun?", fragte Linhard und massierte Ciel den Nacken.

  • Ciel drehte sich zu Linhard herum und zog ihn fest in seine Arme. Zumindest versuchte er das, aber da er deutlich leichter war, zog er stattdessen sich selbst an Linhard heran. Er küsste ihm das stoppelige Gesicht und dann legte er die Lippen auf Linhards Mund. Sehr zärtlich wurde Linhard nun geküsst.


    "Diese Worte tun gerade so gut, Lin ... ich liebe dich auch. Und wenn in Souvagne und Ledvico kein Platz mehr für dich ist, nehme ich dich mit nach Evalon, wenn ich dort einmarschiere. Vater liebt Verrill, ich bin und bleibe der Bastard, so wie du dich auch stets fremd fühlen wirst. Aber wir schaffen uns ein neues, besseres Land."

  • Linhard küsste Ciel glücklich mit und streichelte ihn über den Rücken.


    "Du bist kein Bastard, weder für mich noch für Deinen Vater. Würde er Dir sonst Evalon anvertrauen? Er hätte es auch Verrill anvertrauen können. Das hat er aber nicht getan. Du bist im Moment extrem verletzt Ciel. Zu Recht, denn Du hast es gut gemeint und wie so oft, wurde es falsch verstanden. Das scheint oft das Schicksal derer zu sein, die etwas Gutes bewirken wollen. Ein neues besseres Land für alle Deine Leute? Das klingt nach einem sehr guten Plan. Ihr seid auch eine Familie Ciel - Du, Max und Tazio. So wie die Ältesten benötigt Ihr einen Bund der Euch eint, anstatt Euch trennt.


    Dein Vater liebt Euch alle, aber jeden für das was er ist. Mein Vater hat mich nicht geliebt, ich war lediglich praktisch. Paps Brandur hat mich geliebt und ich hoffe er liebt mich immer noch. Manchmal kommt mir dieser kleine Flecken mit Wolfs Häuschen so vor, als würde man die Welt draußen lassen. Hier steht die Zeit still, hier sind wir beiden wir selbst Ciel. Das tut gut, weder bin ich Familienoberhaupt, Sohn, Ehemann noch sonstwas.


    Ich weiß auch nicht wie das mit Verrill und mir weitergehen soll. Ich vermisse sie und ich vermisste Greg mit dem ich gerne zusammen war und einiges erlebt habe. Mein Mann, meine Frau, mein Kumpel, mein Freund und irgendwann die Mutter meiner Kinder. Ob das noch so kommt? Keine Ahnung, wir haben uns gewaltig auseinander gelebt. Ich weiß nicht mal mehr, was ich wirklich für Verrill empfinde, auch wenn ich sie vermisse.


    Wusstest Du, dass Anwolf nur mein Halbbruder ist? Veyd und meine Mutter hatten ein Verhältnis. Das Ergebnis war Anwolf. Also ist Ansgars Lieblingssohn, der Sohn mit der Gabe nicht mal von ihm. Sobald der das erfährt, wird er aus den Schuhen springen. Nur ich bin sein leiblicher Sohn, was er wohl dazu sagen wird? Mir tut Wolfi ein bisschen leid, denn er hing immer sehr an Ansgar. Und wie Ansgar reagiert, kann keiner vorhersehen. Für Wolfi hoffe ich, dass er ihm weiter ein Vater ist. Ich selbst habe mir aber insgeheim ein Ei abgelacht", grinste Linhard und küsste Ciel.

  • "Seit ich gesehen habe, wie Maximilien sich mit Fabien verlustiert, weiß ich, für wen sein Herz schlägt. Das ist nicht meine Mutter. Ich bin ihr Sohn. Wäre ich der Sohn von Fabien, würde er vermutlich mehr für mich übrig haben."


    Dabei klang Ciel sehr bitter.


    "Wir haben viel gemeinsam, Lin. Dass dein Bruder nur dein Halbbruder ist, das wusste ich nicht! Veyd, der war doch kürzlich gestorben. Vater hatte in Ledwick Davard für den Mord an ihm Absolution erteilt, wenn ich die Unterlagen richtig gedeutet habe. Da Vendelin dabei war, kann ich mir denken, dass da irgendeine geheime Mission dahintersteckte, so dass das seine Richtigkeit hatte. Aber für Anwolf ist es traurig, denn so verliert er beide Väter - Ansgar ist nicht mehr sein Vater und Veyd ist tot.


    Was Verrill anbelangt, was fühlst du denn für Tazio? Wenn du für beide nichts fühlst, erbitte doch eine Annulierung der Ehe, dann bist du frei, dich neu zu orientieren."


    Ciel strich über Linhards Brust.

  • "Ach Ciel Du bist jetzt aber zu streng zu Dir und zu Deinem Vater. Du selbst liebst mehrere Personen oder nicht? Deine Fran, Ferrau, Conny, Julien, Verrill und Olivie einst. Von daher glaube mir, Dein Vater kann Deine Mutter und Fabien lieben, dass eine schließt das andere nicht aus. Du bist nicht alleine Ciel und selbst Fabien hat doch etwas für Dich übrig. Er hat mehrfach für Dich gesprochen. Deine Mutter und Fabien können beide Max beruhigen, dass haben sie gemeinsam.


    Ja wir haben viel gemeinsam Ciel, aber wir sind auch unterschiedlich. Genau dass macht es doch aus. Jeder bringt etwas mit, dass dem anderen nützt oder wo er helfen kann. Auch hier kann ich Dir nicht widersprechen, Anwolf hat beide Väter verloren. Veyd und Ansgar, weshalb Veyd sterben musste? Den offiziellen Grund kenne ich nicht, den inoffiziellen schon. Er ließ zu das Melisande, Ansgar und Dave misshandelt wurden. Er half weder seiner Schwester noch seinen Neffen und deshalb bekam er die Quittung.


    Für Tazio empfinde ich Freundschaft, aber zwischen uns ist ein gewaltiger Graben. Natürlich hat er ganz anderes zu tun, als mit mir den Tag zu verbringen. Das ist klar, er ist der Duca. Aber da ist noch etwas anderes, so als möchte er gar nicht, dass man ihn näher kennenlernt. Wir waren uns nahe, sehr nahe, aber seelisch sind wir uns das nicht. Er ist der Mann mit dem ich meine Frau teilte und noch andere Dinge. Aber persönlich weiß ich so gut wie nichts über ihn. Ich könnte Dir nicht mal sagen wann er geboren ist, ob er einen zweiten Vornamen hat oder ob er einem Hobby nachgeht. Über sowas haben wir nie geredet, natürlich muss er mir nicht seine Vita beim Frühstück vorbeten, aber irgendwie reden wir so gar nicht privat. Das ist komisch... seltsam... ich vermute er vertraut mir nicht... oder besser gesagt meinem Nachnamen.


    Wenn ich mich von Verrill lossage bin ich kein Teil der souvagnischen Krone mehr Ciel und vermutlich auch kein Souvagner. Ob ich meinen Marquistitel dann behalten darf? Gehen wir mal davon aus, dass ich nicht verstoßen wurde. Das sind alles so Sachen die wichtig wären und im Grunde doch unwichtig sind. Wenn ich kein Mitglied der Krone mehr bin, bin ich das was ich immer war - Naridier... oder schlichtweg Linhard.


    Aber meine Familie wird das nicht gerade prickelnd finden. Das wird einige unter ihnen ärgern, sprich dass die Zugehörigkeit zur Krone wegfällt. So ist alles eben auf Stand Null, keiner tut dem anderen weh und jeder macht was er möchte. Hat ja auch seine Vorteile oder nicht?


    Was möchtest Du in Evalon errichten Ciel?", fragte Lin gut gelaunt und kraulte Ciel etwas fester.

  • Ciel zog eine Braue hoch. "Nun, mich kann man schlecht mit meinem Vater vergleichen, da wir zwei unterschiedliche Menschen sind", redete er sich heraus. "Und außerdem hast du Alexandre und dich selbst nicht mit aufgezählt, ich habe ein großes Herz, das viele einschließt.


    Tazio ist ein ruhiger, nachdenklicher Mann. Ich glaube, die Einzigen, die ihn wirklich kennen, sind Vianello und Irving, vielleicht auch Paladino Ambrogio, die schon seinem Vater treu gedient haben. Wir pflegen eine erbauliche Brieffreundschaft, in denen wir über allerlei interessante Fragen philosophieren. Aber vermutlich ist das nichts, womit man dir eine Freude machen könnte. Du wünschst dir einen Kumpel. Tazio aber ist ein Freund. Dass er nicht lachend durchs Leben schreitet und genau überlegt, wem er sich öffnet, ist verständlich, wenn man sich ins Gedächtnis ruft, auf welche Weise sein Vater umkam und dabei die Streitmacht und fast das gesamte Land mit sich riss. Wie er dich sieht, zeigt er weniger durch seine Körpersprache, sondern mehr dadurch, was er für dich tut - dein Kind darf an seinem Hof leben, du selbst bleibst Mann deiner Frau und er akzeptiert dich als Ehebruder. Aber das Lockere, was du dir wünschst, kann er vermutlich nicht bieten, weil er Tazio ist und weil er der Duca ist."


    Er nestelte an Linhards Oberteil. "Zieh das aus, ich möchte deinen Bauch streicheln."


    Dann fuhr er fort: "Natürlich darfst du auch nach einer Scheidung deinen Marquistitel behalten, Vater ist doch kein Unmensch, auch wenn er manchmal merkwürdige Prioritäten hat. Und im Zweifelsfall hilft es, ihn zu fragen."