Taverne "Schluckspecht"

  • Taverne "Schluckspecht"

    Auf dem Markt von Drakenstein blickst du dich um. Ob Tag oder Nacht, hier ist immer etwas los. Überall rufen die Händler oder lockt ein Schild. Die vielen verlockenden Stände und Läden machen die Entscheidung nicht leicht, wohin du deine Schritte als nächstes lenken sollst. Da fällt dein Blick auf ein Haus aus grauem Naturstein. "Schluckspecht" verkündet ein großes schmiedeeiserne Schild. Warmes Licht dringt aus den Fenstern. Als jemand durch die Holztür tritt, umschmeichelt der Duft von Bratenfleisch, aromatischem Pfeifenkraut und Bier deine Nase. Während du das Angebot auf der Tafel neben der Tür liest, knurrt dein Magen vernehmlich und die Preise erscheinen dir fair. Die Taverne brüstet sich, für jeden Geschmack etwas zu haben, und sei er noch so ausgefallen. Im Obergeschoss warten gemütliche Zimmer in allen Preisklassen auf den müden Wanderer. Der Schankraum ist außerdem rund um die Uhr geöffnet. Warum also nicht einen Blick wagen? Deine Hand legt sich auf die Messingklinke. Erstaunlich leicht und ohne jedes Quietschen lässt die Tür sich öffnen.


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    Dich umfangen die wohlige Wärme und das Stimmengewirr des Schankraums, der an einen almanischen Rittersaal erinnert. Schwere Holzbalken tragen die Decke. Farbenfrohe Banner hängen an den steinernen Wänden. Vor dir stehen mehrere Tische, an denen Gäste aus allen Herren Länder es sich schmecken lassen.


    Links davon sitzen Zecher an einer langen Bar. Die Bar wurde zwischen die steinernen Säulen gemauert, so dass der Bereich dahinter nicht vom Schankraum aus betreten werden kann. In diesem sicheren Areal eilt geschäftig das Personal von einem Gast zu anderen. Das Wandregal hinter ihnen birgt ein verheißungsvolles Angebot an Getränken aus aller Welt.


    Als du nach rechts blickst, entdeckst du eine gemütliche, durch eine weitere Säulenreihe abgegrenzte Sitzgruppe vor einem Kamin. Die Treppe führt vermutlich hoch zu den Gästezimmern. Auf der Rückseite aber, in den Schatten unter der Treppe und vom Eingang aus kaum zu sehen steht Tisch 13, der wie gemacht dafür scheint, finstere Pläne zu schmieden. Zwei vermummte Gestalten stehen gerade auf und verschwinden im Dunkel. Da hinten scheint es noch um die Ecke zu gehen.


    Hinter dir fällt die Tür ins Schloss. Wie von selbst tragen deine Füße dich in die Taverne ...

  • Erster Beitrag – Einstieg ins Rollenspiel



    Sanft strich leichter Rückenwind der Grünhaarigen über die Schulter. Noch sanfter ließ jener Wind die Haarspitzen der Reisenden leicht tänzeln. Sie hatte einen langen Weg hinter sich, hatte dennoch noch einen langen Weg vor sich. Über Stock und Stein, beinahe unpassierbares Terrain und angenehme gepflasterte Wege führte das Schicksal der Halbalbdame ihr den Weg. Ein Weg, welcher direkt an der riesigen Burg Drakenstein vorbeiführte. Ein Weg, welcher mit Strapazen gefüllt war. Strapazen, die Aenna oftmals nicht erlaubten zu Ruhe zu kommen. Doch hier, vielleicht konnte sie hier etwas die Seele baumeln lassen und sich, auf das schwierigste Abenteuer bisher, vorbereiten. Sie war gewillt zurück in ihre Heimat zu gehen, von welcher sie, vor über einem Jahrzehnt halbtot und lediglich mit den zerrissenen Kleidern am Körper, fliehen konnte. Wenige schöne Erinnerungen fanden noch Platz im Kopf der zierlichen Schönheit. Viele Erinnerungen waren über die Zeit wie Staub im Winde verweht worden. Sie erinnerte sich kaum noch an das Gesicht ihrer Mutter – an das Gesicht welches sie am meisten liebte und vermisste. Das Gesicht ihres Vaters hingegen war – wie eine Brandwunde – auf ewig hinter den geschlossenen Augenliedern eingebrannt. Sie sah ihn, sie hasste ihn. Sie sehnte sich nach einem Leben, in welchem sie wusste, dass der Tyrann nicht mehr am Leben war.



    Schleppend bewegte Isomar ihren Körper zur Burg. Sie war beinahe einen Tag langgelaufen und tatsächlich zahlte ihr Körper einen teuren Sold. Erschöpft schaffte sie es sich in eine Taverne zu retten. Schluckspecht stand auf dem eisernen Schild, welches das graue und steinige Gebäude benannte. Durch die, bereits geöffnete, Pforte trat sie ein und einen Augenblick lang sah sie vielerlei Personen und zugleich niemanden. Unbekannte Gesichter. Gläserklirren. Schankgespräche und sanfte Hintergrundmusik. Es war einiges los innerhalb der Taverne. Dies war ein gutes Zeichen. Eine belebte Taverne – eigentlich jedes Etablissement – war ein wunderbarer Ort um inmitten einer Menschenmenge unterzutauchen. Recht begeistert war die Magierin allerdings nicht von ihrer Situation. Sie war leicht bekleidet, versteckte ihren Leib unterhalb eines Mantels mittels Kapuze. Darunter konnte man ihre leichte Lederrüstung erkennen. Ein Kurzschwert, einen Kurzbogen und Köcher trug sie ebenso – versteckt von eventuell neugierigen Augen. Sie sah aus wie eine arme Herumtreiberin. Absichtlich, da sie darauf zielte, dass man ihr so nicht zu viel Aufmerksamkeit schenkte.



    Ohne wirklichen Blickkontakt mit einigen Neugierigen aufzubauen huschte die junge Dame zwischen, deutlich größeren, Männern hindurch und platzierte sich am dunkelsten Ort dieser Taverne. Eine abgelegene Sitzgruppe, unter,- bzw. hinterhalb einer Treppe war ein Platz frei. Tisch 13, so wurde er gekennzeichnet. Ein offizieller Tisch, zugleich wirkte er sehr inoffiziell. Unterbelichtet und absichtlich versteckt – ein perfekter Ort um zwielichtige Geschäfte zu machen. Sie näherte sich dem Tisch, setzte sich anschließend auf den hölzernen Stuhl. Sanft platzierte sie ihr Gesäß darauf, ließ gleich im ersten Moment die Anspannung der Reise von ihren Schultern fallen. Seufzend atmete sie auf. Sie sah, dass es hinter dem Tisch noch irgendwo hin ging. Sie entschied sich allerdings dieser Möglichkeit nicht nachzugehen. Sie würde hier nicht lange verweilen, war lediglich eine Reisende auf den Durchweg, die von Norden nach Süden wollte. Von diesem Platz aus hatte sie zwar einen begrenzten Überblick über die Taverne – sie brauchte aktuell allerdings auch keine strategische Ansicht. Sie würde hier, inmitten der Saufenden, kaum auffallen. Und wenn, dann hatte sie einige Fertigkeiten im Arsenal, die ihr das Verschwinden vielleicht sogar wieder erlauben würden.



    Fünf, vielleicht sogar fünfzehn, Minuten saß Aenna auf dem hölzernen Stuhl. Sie merkte schnell, dass hier keine Bedienung an den Tisch kommen würde. Vielleicht war hier tatsächlich eine Selbstbedienung oder das Personal kam mit dem regen Ansturm an Besuchern nicht hinterher. Die Kehle der grünhaarigen Albin war trocken und kratzig. Sie sehnte sich nach etwas Flüssigkeit um ihren Rachen in flüssigem Wohlbefinden zu netzen. Auch ihr Magen machte sich bemerkbar. Sie war hungrig, hatte seit Tagen nicht wirklich etwas gegessen, da sie sich spurtete rasch von A nach B zu kommen. Der wohlduftende Geruch in der Luft machte sie noch hungriger. Sie konnte bereits schmecken wie sie ihre Zähne in saftiges Fleisch stieß… Vorfreude, welche nicht half. Vorfreude, welche allerdings befriedigt werden sollte. Speis und Trank waren wichtige Bedürfnisse, jenen konnte sie nicht widersprechen. So ließ die Überlebenskünstlerin Kurzschwert, Kurzbogen und Köcher gen Stuhl lehnen während sie, nach wie vor in einen Umhang gehüllt, zur Bar huschte. Wie ein Schatten, welcher aufgrund der flackernden Lichter einmal da und einmal verschwunden war. Über ihrem Steißbein hatte sie die Fixierung für ihr Jagdmesser. Ihre Notfallwaffe um selbst in einer überraschten Situation vielleicht doch noch die Oberhand zu bekommen. Doch, was sollte hier passieren? Die zierliche Dame hatte es schließlich geschafft zur Bar zu kommen – dort konnte sie nun ihre Bestellung aufgeben. Die Aufmerksamkeit des Barkeepers bekam sie schnell, da sie rasch ein paar Münzen auf den Tresen, sanft, niederprasseln ließ. „Met und Grillhuhn, bitte.“ Entkam es ihren Lippen. Eine zierliche Stimme, beinahe schon verletzlich. Der Barkeeper jedenfalls verlor keine unnötigen Worte, nickte zustimmend und würde ihre Bestellung nun bearbeiten. Aenna, so unsicher sie sich auch fühlte, musste hier leider auf Speis und Trank warten. Es würde sie schon niemand von der Seite anquatschen, oder?

  • Der Schluckspecht war jeden Abend gut besucht. An der Bar drängten sich die Gäste aus aller Herren Länder. Um diese Uhrzeit war es ein Kunststück, überhaupt vom Ausschank bemerkt zu werden, so das manche Gäste lautstark schrien. Auf einem der Barhocker saß Rex, weitaus hungriger als die meisten hier, doch er schwieg.


    Er starrte in sein leeres Glas. Er hatte seinen letzten Kupferling für einen Donnergurgler ausgegeben. Er trug eine mitgenommen aussehende Lederjacke, deren Reißverschluss ihre naridische Herkunft verriet. Das hieß jedoch nicht zwangsläufig, dass der Mann, der darin steckte, ebenfalls aus der Republik stammte. An den Schultern und den Ellbogen lag das Leder der Jacke doppelt. Ein paar Eisenstücken, die er selbst angenäht hatte, erhöhten den Schutz an Brust und Rücken. An den Beinen trug er eine passende Hose, genau so ledrig, genau so abgewetzt, genau so stümperhaft mit Metallstücken aufgewertet. Man tat eben, was man tun konnte. Fingerlose Handschhuhe, eine fusselige Wollkapuze und ein dazu gehöriger Schal komplettierten das Bild. Die Bewaffnung hatte er bei der Stadtwache abgeben müssen. Vor allem trug er eine Maske, was keinen Zweifel an seinem Berufsstand ließ, und er hatte seinen Schnaps daher mit einem eisernen Trinkröhrchen geschlürft.


    Er hob den Kopf, als er eine Bewegung neben sich bemerkte. Eine Frau hatte sich an den Tresen gequetscht und bestellte mit zartem Stimmlein etwas zu Essen. Sie war eine Albin, Angehörige einer seltenen und geheimnisvollen Kultur. Er blickte sich um, entdeckte jedoch keinen Begleiter. Das erschien ihm ungewöhnlich. Hatte sie keine Angst? Sie sah aus wie eine Prinzessin, oder eine Göttin, und zog die Blicke vieler Männer auf sich, doch Rex war Realist. Er hatte nichts, was sie interessieren könnte. Er hatte nicht einmal genug Geld, um sich etwas zu Essen zu kaufen oder einen zweiten Donnergurgler.


    Als ihr ein dampfendes Grillhuhn herübergereicht wurde, musste er ungweigerlich hinsehen. Der Geruch ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen. Er hätte viel für eine Mahlzeit wie diese gegeben, seine Handschuhe vielleicht, oder er hätte auch jemanden verprügelt, wenn es unbedingt sein musste, aber der Schluckspecht akzeptierte nur bare Münze. Rex war so hungrig, dass ihn erst der wachsende Blutfleck auf dem Tresen wieder an seine Verletzung erinnerte. Als der Ausschank gerade nicht hinsah, verrieb er den Fleck mit dem Ärmel, bis nichts mehr zu sehen war. Dabei wanderte zufällig auch eine der Münzen, welche die Albin zur Bezahlung hingelegt hatte, unter seinem Ärmel und verschwand wie von Geisterhand.


    Dann senkte er den Kopf und starrte weiter in sein Glas. Es würde schon keiner bemerkt haben, jeder konnte sich mal verzählen. Er wünschte sich, dass er an der Stelle der Albin wäre. Dass er reich und schön wäre, oder wenigstens eins von beiden, dann wäre alles besser. Aber immerhin konnte er sich jetzt was zu beißen kaufen, ein Gedanke, der ihn unter seiner Eisenmaske lächeln ließ.