Schweig für mich.
Da waren sie, die Widerlinge, und quatschten. Mard würde sie am liebsten alle umbringen. Die Söldner machten sich wie befohlen bettfertig, was bedeutete, dass sie die versteckten Alkoholvorräte herausholten. Mards Nüstern weiteten sich hasserfüllt bei der Geruchskombination aus Mann und Alkohol. Mit der Kombo hatte er schlechte Erfahrungen gemacht. Die Söldner waren nüchtern schon dumm gewesen, doch jetzt spürte Mard den Drang, ihnen augenblicklich die Stimmbänder herauszureißen. Jozo hatte den passenden Begriff Lautmüll für diese akustischen Absonderungen erfunden. Während eben jener Jozo vor Vorfreude lächelnd lauerte und dessen Werkzeug ruhig auf seinen Einsatz wartete, zitterte Mard vor lauter Hass und seine Nasenflügel waren gebläht, die Mundwinkel angespannt nach unten gezogen. Es dauerte Stunden, ehe endlich so etwas wie Ruhe im Mannschaftsquartier einkehrte. Still war es deswegen nicht. Atemgeräusche, Schnarchen, Grunzen, Schnauben, quietschende Metallbetten, das Rascheln von Bettdecken beleidigten Mards empfindsame Ohren. Es war ekelhaft.
Und noch länger dauerte es, bis das Zielobjekt endlich allein in Richtung Donnerbalken wankte. Mard hatte schon befürchtet, dass der heute Nacht durchschlafen würde. Der fette Alb trug seine lange Unterwäsche und schlappte in offenen Kampfstiefeln in Richtung Abort. Die zwei Jäger und das Werkzeug glitten hinter ihm her, schlichen und kletterten lautlos durch das nächtliche Söldnerlager. Dank ihrer geringen Körpergröße fiel es ihnen leicht, sich inmitten dieser für grobschlächtige Muskelberge ausgelegten Umgebung zu verbergen. Sie hatten genügend Platz und ausreichend große Spalten, um effizient von Schatten zu Schatten zu gleiten.
Die Wachen waren günstig aufgestellt, das hatten sie zuvor in Erfahrung gebracht - günstig für die Jäger.
Da war das Ziel. Jozo gab seinem Werkezug ein Zeichen und es postierte sich, um Wache zu halten, während Mard und Jozo, die Jäger, das Objekt in die Zange nahmen. Beide warteten, bis der Klops sich die Hose über den Hintern gezogen hatte und sich auf den Balken setzen wollte. Dann sprangen sie zeitgleich, als ob es abgesprochen gewesen wäre. Es war jedoch nicht abgesprochen, sondern sie erkannten zeitgleich den günstigen Augenblick, als ihr Opfer gerade besonders unaufmerksam war und instabil stand. Ihre kleinen, aber muskulösen Körper schlugen auf seinem ein. Der gelbe Goblin krallte sich von vorn an dem voluminösen Körper fest, Mard von hinten. Da sie von unterschiedlichen Seiten an ihn herangesprungen waren, setzte ihr Aufprall Scherkräfte frei, die den ohnehin gerade instabil stehenden Mann mit einer Drehung von den Beinen riss. Er stürzte in den Schlamm.
Er fiel der Länge nach auf die Seite und hätte sicher aufgeschrien, wenn die Würgeschlinge um seinen Hals ihn nicht daran gehindert hätte. Mard zog sie fest und Jozo gab dem mit offenem Mund nach Luft ringenden Kerl einen tiefen Zungenkuss. Anschließend schmatzte er leise, als ob er den Geschmack auf seiner Zunge analysierte. Die Hände des Alben konnten sich derweil nicht entscheiden, ob sie die Würgeschlinge vom Hals zu ziehen versuchen oder die beiden Angreifer abwehren sollten und fuchtelten stattdessen sinnlos herum. Ein sehr neuer Rekrut musste das sein. Untrainiert, unerfahren, unnütz. Niemand würde ihn vermissen.
Mard ließ Jozo Zeit, um weiter mit dem Alb zu spielen, auch wenn es ihn abstieß und er lieber seinem Hass freien Lauf lassen und diesen nutzlosen Haufen Fleisch abschlachten wollte. Aber sie hatten eine Vereinbarung. Mard riss sich also zusammen und ließ dem Alben zwischendurch genügend Luft, so dass er nicht völlig bewusstlos wurde und noch ausreichend zappelte, damit Jozo seinen Kick bekam. Mard sah nicht, was Jozo alles mit ihm anstellte und es war ihm auch egal. Ihm war nur wichtig, dass er es war, der das Opfer letztendlich töten durfte. Schließlich ließ Jozo von dem Alben ab. Der Körper war nun vorne offen und irgendwas hing aus ihm raus.
Nun war Mard an der Reihe, Spaß zu haben.
Seine Greiffüße hatten sich in dem Hüftspeck festgekrallt wie ein Paar Hände und sein Greifschwanz sich um den dicken Oberschenkel gewickelt. Er spürte mit allen Gliedmaßen, wie dieser Körper um sein erbärmliches und bedeutungsloses Leben kämpfte und genoss jede Zuckung, jedes Zittern, jedes Krampfen. Er presste sich mit dem Bauch an den fleischigen Rücken und warf die Schlinge beiseite. Pfeifend sog der Alb mit aufgerissenem Mund die Luft ein, während Mard ihm zeitgleich mit seiner zur Klinge gefeilten Klaue unterhalb des Kehlkopfes den Hals durchschnitt. Schreien war nun nicht mehr möglich und Mard brauchte den Mann nicht länger mehr zu würgen, sondern konnte die Hände um seine Brust legen, die Wange auf seinen Rücken gebettet und genüsslich spüren, wie starb.
»Schweige für mich«, flüsterte er zärtlich. »Schweige.«
Er hielt dem Alben eine Weile die geöffneten Halsschlagadern zu, damit es noch etwas länger dauerte, und genoss das vergebliche Winden, Wälzen und Zappeln. Mard war sehr glücklich. Er schloss die Augen, um sich besser auf seinen Tastsinn konzentrieren zu können und lächelte. Mard hätte nicht entspannter sein können. Er klappte den Lendenschurz hoch, um auch unten das Regen ungefiltert wahrnehmen zu können.
Als die Bewegungen des Alben schließlich immer weiter nachließen, erfüllte ihn Wehmut. Schade, dass die Opfer solch einen intensiven Todeskampf nie lange durchhielten. Noch lebte der Alb zwar, doch er war nutzlos geworden mit so schwachen Zuckungen. Mard ließ von ihm ab, betastete ihn noch einmal prüfend, ob er nicht doch noch irgendwie zu stärkeren Reaktionen zu bewegen war, doch da war nicht mehr viel herauszuholen. Für heute war das Spiel vorbei.
»Alle«, konstatierte Mard und richtete sich auf.
»Ich auch«, antwortete Jozo mit einem breiten Grinsen.
»Ich hätte ihn gern mitgenommen! Den Nächsten holen wir nach Hause, damit wir länger was davon haben! Vicdings, schneid den Henkel raus! Ich weiß nicht, welches Teil das ist!«
»Na das hier«, erwiderte Jozo anstelle von Vicarri und trennte einen dicken langen Hautstreifen aus dem Rücken des Sterbenden heraus. Er reichte ihn Mard, der daran roch und einmal drüberleckte, ehe er ihn sich mit einer Schleife um den Bauch band.
Sie machten sich auf den Rückweg zum Alten Alfons.
Mard war gespannt, wie die neue Schleife sich an seiner Geldkatze machen würde.