Beiträge von Umberto Cantichi

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    Die beste Option war, Maurizio Murena mit einem Kohlkopf zu bewerfen

    Beim gestrigen Gondelsumpfrennen lieferten sich Maurizio Murena und Nico Nova ein spannendes Unentschieden, bei dem alles drin war: Kopfschläge mit dem Paddel, furchtbare Abwehrarbeit, ein Paddelstoß unterhalb der Gürtellinie. Doch die Hoffnung, nach Toto gäbe es endlich wieder jemanden, der würdig sei, die Meisterkrone zu tragen, verflog im Unentschieden gegen Nico Nova. Ein Unentschieden bedeutet, dass beide auf dem zweiten Platz landen und der Thron des Meisters leer bleibt. Für die beiden prominenten Verlierer gab es jedoch eine Überraschung. Die Schlagzeilen wurden nach dem Rennen nicht von ihrem Versagen dominiert, sondern von einem Kohlkopf.


    Augenzeugenberichten zufolge wurde das fragliche Gemüse von einem bärtigen Mann geworfen, der es aus einem weißen Stoffbeutel nahm und mit einem wütenden Brüllen in Richtung Murena warf. "Das hast du aus uns gemacht!"


    Obwohl der Bärtige sich anmaßte, für die rund 4.000 anwesenden Murena-Anhänger zu sprechen, war er unter ihnen der einzige, der sich überlegt hatte, wie er seine Unzufriedenheit mit dem Paddler am besten zum Ausdruck bringen könnte, bevor er verschiedene Möglichkeiten abwog und zu dem Schluss kam, dass die beste darin bestand, ihn mit einem Kohlkopf zu bewerfen.


    Später hinterließ er ein Bekennerschreiben im Weltnetz:


    "Nico Nova ist vorbestraft, weil er fremdländische Propagandasender empfängt. Der hat sich benannt nach diesem souvagnischen Schauspieler Nick Neues und sein Haar genau so unmöglich blau gefärbt! So jemand darf einfach nicht gewinnen! Murena muss sich dieser Verantwortung bewusst werden!"


    Glücklicherweise - oder unglücklicherweise, je nachdem, wie man es sieht - hat der Kohlwerfer nicht getroffen, und er ist der letzte in einer langen Reihe von Männern, die in dieser Saison ihr Ziel nicht erreicht haben.


    Murena selbst sagt, dem Kohlwerfer fehle es an Respekt und er vermute, es handele sich um den aus Ledwick verbannten Ex-Paddler Umberto Cantichi. Um der Schwere dieses Angriffs gerecht zu werden, haben die Lagunari einige ihrer besten Soldaten auf den Fall angesetzt und eine Fahndung eingeleitet. "Ein Kohlkopf wurde von der Tribüne aus ins Wasser geworfen", bestätigte ein Sprecher. "Wir arbeiten mit den Sportlern zusammen, um den Schuldigen zu identifizieren".


    Murena selbst schien weniger verärgert als vielmehr traurig über den Angriff zu sein. Sein Rivale Nico Nova jedoch winkte ab.


    "Ich bin schon mit allem Möglichen beworfen worden. Mit Urin gefüllte Kondome, mit Urin gefüllte Flaschen, brennende Feuerwerkskörper, verfluchte Münzen ... das Schlimmste war ein Dartpfeil mit Vollmetallspitze, der in meinem Oberschenkel stecken blieb. Murena soll sich nicht so haben."

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    "Ich habe Toto beim Gondelsumpfrennen geschlagen und wurde dafür gehasst."

    Nach Jahren des Exils macht Weltmeister im Gondelsumpfrennen Umberto Cantichi erstmals wieder von sich reden. Unser Reporter Anatoli Valla hat ihn in der Vergnügungsmeile der außer Betrieb geschalteten Ölbohrplattform SKALFAXA getroffen und konnte ihn zu einem Interview überzeugen.


    Umberto Cantichi zuckt mit den sonnengebräunten Schultern. In seiner bunten, sommerlichen Kleidung und mit der übergroßen Sonnenbrille verströmt er Urlaubsflair. Mit dem Exil hat er sich arrangiert, doch ein bitterer Zug liegt um seinen Mund. "Ich wünschte, ich wäre nie gegen Tobia Tortora angetreten", sagt er und umschließt den türkisgrünen Drink mit den kräftigen Händen. "Das Rennen habe ich gewonnen, doch alles andere verloren. Toto ist für die Ledvigiani ein Halbgott. Und einen Halbgott sollte man nicht besiegen."


    Der Weltmeistertitel des Internationalen Gondelsumpfrennens stand auf dem Spiel. Umberto gab alles.


    "Als ich mich für die Teilnahme einschrieb, war ich ein Niemand. Keiner hätte damit gerechnet, dass ich so weit komme, am wenigsten ich selbst. Zweihundert Meter nach dem Bestienbogen schlug er mir das Paddel ins Gesicht. Er sagte: 'Du hast keine Chance, mich zu besiegen, weil ich dich umbringen werde.' Wir schenkten uns nichts. Das Rennen ging über alle zwölf Hindernisse und wir hatten fast durchgängig Sichtkontakt. Immer wieder holte er mich von meinem Brett, bis ich ihn an der Donnerdrift fast ertränkt hätte. Seit diesem Moment hustete er nur noch und konnte mich nicht mehr einholen. Doch mir ging es kaum besser und der Sieg war knapp. Nach der Preisverleihung rief ich meinen Mann an und sagte ihm, ich würde keine Luft mehr bekommen. Mir lief Blut aus dem Mund. Die Siegesfeier verbrachte ich auf der Intensivstation, wo man meine inneren Blutungen behandelte und die Platzwunden, die er mir mit dem Paddel zugefügt hatte, nähte. Es dauerte sechs Monate, bis ich mich von dem Rennen erholt hatte."


    Doch es kam noch schlimmer: Tobia "Toto" Totora ist nach dieser Niederlage nie wieder angetreten. Für die Ledvigiani eine Katastrophe, die man Umberto Cantichi nie verziehen hat.


    "Toto und ich sind grundverschiedene Menschen", erklärt Cantichi, während er an seinem Strohhalm saugt. "Es gab keine Aussöhnung. Er verlor und wurde für sein Lebenswerk zum Ritter geschlagen. Ich gewann und wurde aus dem Land gejagt."


    Die Zustände beim Gondelsumpfrennen stehen seit jeher im Fadenkreuz der internationalen Kritik.