Beiträge von Burkhard Klingenberg

    Burkhard reichte Amias seinen Becher, damit dieser einen Schluck nehmen konnte.


    "Besser als Du hätte ich einen Gabad auch nicht beschreiben können. Einige sind dazu geboren, sie dienen von vornherein. Andere sind mit der Anlage dazu geboren und müssen noch in Form geschliffen werden. Schmetterlinge? Wundervolle Geschöpfe. Klein und leicht, schweben sie durch die Welt und selbst ihr Flug hat etwas liebenswert chaotisches. Möglicherweise wählte er deshalb diesen Begriff. Sie sind schön, verspielt, bunt und ein klein wenig eigen in all ihrer Herrlichkeit.


    Ein Schiff geformt aus Knochen, beseelt mit der Seele eines Mannes. Ein solches Schiff des Abgrunds kann nur von Asa Karane stammen. Und dennoch.... Es wurde geformt durch den Tod und Untergang, aber es war Leben das es rettete. Vielleicht Amias ist Euch mit diesem Schiff doch etwas gelungen, dass niemand bis dato für möglich gehalten hat. Ihr habt Asa Karane in den letzten Atemzügen doch noch gerettet. Denn es war nicht die Vernichtung die obsiegt hat, sondern die Rettung der letzten Leben dieser Insel.


    Mein Streben nach Freiheit und mein Leben als Soldat passen besser zusammen als Du glaubst. Wie lange Amias wird Deine Freiheit bestand haben, sollte sich niemand für sie einsetzen und sie verteidigen? Das alle in Naridien in Freiheit leben können, ihre Meinung offen aussprechen können, sich selbst verwirklichen oder zugrunde richten können, diese Werte wollen verteidigt werden. Vor Angreifern von außen, ebenso wie von Angreifern von innen die diese Werte untergraben und aushöhlen wollen.


    Die Freiheit ist ein zerbrechliches Gut Amias. Ist sie erst einmal eingesperrt oder sogar fort, ist es sehr schwer sie wieder zu erlangen.

    Schau Dir wie Du schon richtig aufgeführt hast, Arkady an. Er ist nicht frei und er wird es niemals sein. Zur Freiheit gehört die völlige Entfaltung Deiner Person und die Ausbildung Deiner Persönlichkeit. Arkady hat sie völlig untergeordnet, er ist in Dijons Bewusstsein völlig aufgegangen. Sie gingen nicht einmal eine Symbiose ein, sondern Arkady ist völlig im Bewusstsein seines Herrn verschwunden. Er ist eine Verlängerung von Dijon.


    Dijons Wünsche wir er erfüllen, nur das Wohl von Dijon ist sein Begehren, er würde alles für diesen Mann tun und das zu Recht. Er hat eine Stufe des Sklaven erreicht, die kaum zu übertreffen ist.


    Schau man raubt Dir schon zum ersten Mal ein Stück Deiner Freiheit und etwas von Deiner Persönlichkeit, wenn man anfängt Dich zu erziehen. Normale Erziehung ist Drill, Abrichtung, dass was wir mit Sklaven tun, ohne derart harte Mittel. Tatsächliche Erziehung ist vorleben, erläutern, erklären und vor Gefahren warnen. Wer macht sich diese Mühe? Kaum jemand nicht wahr? Aber auch dies ist ein Kampf um die Freiheit.


    Die Meinungsfreiheit ist ebenso ein Gut, dass nicht fallen darf. Wie sollen wir uns tatsächlich austauschen, wenn Du nicht offen Deine Meinung äußern darfst? Bitte verwechsele dabei aber nicht, Meinungsfreiheit mit Frechheit. Sage Deinen Standpunkt, kämpfe ruhig dafür, aber tue dies gesittet.


    Es gibt so viele Formen der Freiheit Amias, dass ich sie Dir gar nicht aufzählen kann. Weshalb? Nun weil ich sie als selbstverständlich hinnehme und ist das nicht ein erstklassiges Kompliment an unser Land? Erst wenn diese Freiheiten fallen und wir merken was man uns genommen hat, weißt Du was einst Dir gehörte. Das der Großteil der Nardier dies nie erfahren muss, dafür war ich Soldat.


    Entschuldige, aber das Thema geht mir heute noch so nahe wie eh und je. Es ist mein Steckenpferd, denn ich wählte die Freiheit mit allen Konsequenzen. Und doch Amias, bin auch ich nicht wirklich frei. Ich unterliege Zwängen, die ich nicht abwählen kann. Ich habe Gelüste, die mich in ihre Ketten schlagen. Tatsächliche Freiheit wäre für mich, dort eine Wahl zu haben.


    Und ich hasse einen Mann, der mich zu dem machte was ich bin. Ich hasse ihn nicht dafür, dass er mir einen anderen Weg zeigte, sondern dafür wie er es tat. Er wählte nicht den aufrechten, stolzen Gang eines freien Beißers. Er wählte den Weg eines Feiglings Amias und dieser Groll hält mich noch immer in seinen Klauen. Würde ich diesen Mann heute etwas fragen können, wäre es nur ein Wort.


    Warum?", antwortete Burkhard so ehrlich, als würde er mit seinem einzigen Vertrauten sprechen und zwar Dijon.

    Burkhard setzte sich etwas aufrechter hin und faltete die Hände in seinem Schoß.


    "Vielen Dank für den Einblick in Deine Welt Amias. Du bist ein gefällter Jäger, wie ich es nennen würde. Heute tragen einige Beißer ihre Zähne als Status scharf, dennoch essen sie ebenso wie Du einst mit feinem Besteck. Einige von ihnen sind aktive Jäger, andere wiederum genießen das Fleisch, dass die Jäger auf den Tisch bringen. Was sie jagen und wie sie essen, darin unterscheiden sich die Beißer. Möglicherweise war es bei Euch damals ganz ähnlich. Heute sind die Zähne vor allem eines, ein Symbol dafür ein Jäger zu sein und keine Beute, sprich kein Gabad.


    Du warst ein Kronprinz, ein Anwärter auf den Thron. Du hättest Dein Haus und Dein Land regiert, so wie es der junge Archi-Duc schon teilweise leistet. Man hat Dir weit mehr genommen als die Freiheit und Deine Männlichkeit Amias. Man hat Deine Vergangenheit vernichtet, Dir Deine Gegenwart entrissen und Deine Zukunft vernichtet.


    Und wer weiß Amias, vielleicht hatte man Irving ebenfalls beraubt. Vielleicht verlor er ebenfalls mehr, als Du Dir vorstellen kannst. Dies war möglicherweise seine einzige Chance jemanden für sich zu gewinnen. Das nützt Dir selbstverständlich nichts. Es gibt Dir weder Deine Familie, Dein Haus noch Dein Land oder Deinen Stand zurück. Jedoch würde es erläutern, weshalb Du und Cinjamin mit auf dem Schiff warst, anstatt anderer.


    Du erzählst dies so sanft und seicht, dass Du mit auf das Schiff genommen wurdest. Hast Du jemals ein Schiff sinken sehen Amias? Hast Du einmal Menschen gesehen die alles über Bord werfen? Damit meine ich nicht ihre Habseligkeiten, sondern ihren Anstand, ihre Moral, schlichtweg ihre komplette Zivilisation? Sie werden zu Bestien. Kein Mann lässt der Frau den Vortritt, kein Greis wird in das Rettungsboot gehoben. Zwischen Leben und Tod ist nur ein hauchdünner Streifen. Es war ein Todeskampf wer mit auf das Schiff durfte und wer ins Wasser gestoßen wurde. Wer später sogar ins Wasser gestoßen werden musste, damit er nicht das Schiff und jene gefährdet, die sich sonst retten können.


    Nein Amias, dass war keine Fahrt wo jeder seinen Platz einnimmt und dann geht die große Reise los. Der Einstieg war so blutig, wie das Ablegen und das Losfahren.


    Du hast einen ganz anderen Stellenwert als ein Sklave Amias, auch wenn Du nicht frei warst. Dein Herr war es ebensowenig, Euch beide banden die selben Ketten. Ihr habt Euch gegenseitig fast getötet und doch am Leben erhalten. Eine seltsame Symbiose verbindet Euch.


    Warum ich vornehm spreche? Weil ich die Freiheit liebe Amias. Freiheit mich frei zu entfalten. Die wahre Freiheit zu erläutern, dass ist sehr schwer. Sie ist ein Lebensgefühl, sie ist eine Passion, eine Leidenschaft. Dinge zu tun die Du möchtest, Dinge zu unterlassen die Dir widerstreben. Deine Freiheit wird größer, je weiter Du reifst. Je mehr Wissen und Erfahrung Du sammelst. In einem Gespräch besteht kein Grund für Kampf, wenn man sich austauschen möchte.


    Mein Weg war lang und steinig Amias, angefangen habe ich als einfacher Soldat und durchgebissen habe ich mich bis zum General. Nicht allein meine Fähigkeiten als Soldat haben dafür gesorgt. Du musst nicht nur Deine Waffen schleifen, sondern auch Deinen Verstand und Dein Wissen. Dazu gehört auch ein passender Umgang, sonst wirst Du kein Wissen erlangen.


    Fast habe ich es geschafft der Mann zu werden, der ich gerne sein möchte Amias. Wie viele Menschen können das von sich behaupten? Ich bin ein Jäger, ich bin ein Beißer, ich bin aber vor allem eines, ich bin frei. Frei zu tun und zu lassen was ich wünsche. Das ist die wahre Bedeutung Naridiens und wenn wir ehrlich sind, dass ist die wahre Bedeutung der geschärften Zähne. Freiheit, Unabhängigkeit, Biss Amias. Dass sind die Werte die ich vertrete. Uralte Werte und dennoch niemals veraltet", sagte Burkhard versonnen.

    Burkhard lehnte sich auf der Bank zurück und betrachtete Amias eingehend. Einst einst war dieser Mann ein Sklave gewesen und er hatte einem Herrn gedient. Doch was dachte er dort? Hatte Amias nicht gerade davon gesprochen, dass sein Aufenthalt hier nur eine Duldung war? Dieser kleine bunte Vogel gehörte jemanden. Ein Schmunzeln schlich sich in die Mundwinkel des alten Generals. Falls sein alter Herr es bemerken sollte.


    "Amias Du bist nicht der einzige in Freiheit geduldete Sklave, der sich hier auf Burg Sonnenstein befindet. Du scheinst Deinen Herrn bis heute zu dienen und zu respektieren. Du weißt was sich gehört. Das alte Recht, sprichst Du von dem Recht der Beißer? Von wem wurdest Du gebissen und markiert?


    Das Dich Worte nicht verletzen können, ist eine starke Aussage. Ich muss gestehen auf gewisse Art stimmt sie mich sogar traurig. Auf der anderen Seite verstehe ich Dich nicht ganz. Du bist das, was ich all die Jahre selbst ausgebildet habe. Du bist ein perfekter Sklave, jemanden der völlig in der Hingabe zu seinem Herrn aufgeht. Dessen Daseinsberechtigung und Freude es ist, zu dienen. Der nur dafür lebt, dass es seinem Herrn gut geht.


    Pure Süße soll ein Sklave verbreiten, in sämtlichen Genüssen. Er soll angemessen und wohltuend zu seinem Herrn sprechen. Zudem soll er aufs Wort gehorchen, selbst dann noch, wenn sein Herr nicht zugegen ist. So werden sie gewünscht und so werden sie gedrillt.


    Bei Dir jedoch, ich weiß es nicht Amias. Du bist nicht zum Sklaven geboren. Schaue ich Dich an, dann sehe ich einen Schmetterling den man die Flügel ausriss und ihm sagte, er wäre ein Wurm und hätte zu kriechen. Und dennoch bist Du immer noch ein Schmetterling, obwohl man Dich brach. Du trägst Deine Ketten mit mehr Würde als manch anderer seine Krone.


    Was bist Du wirklich Amias?", fragte Burkhard und rieb sich nachdenklich das Kinn. Es war als würde er Dijon in Ketten sehen. Das was er sah durfte nicht sein. Oder er verstand es nicht, verstand zu wenig von dem was Amias ausmachte.


    "Ruspanti haben demnach einen Großteil ihres Triebes verloren. Ihre Gedanken öffnen sich für andere, magische Dinge. Heutige Ruspanti wählen diesen Weg also völlig freiwillig. Dazu gehört eine unerbittliche Härte sich derart zu entscheiden.


    Berichte mir bitte davon, wie Du es geschafft hast, dass die Ruspanti heute frei sind. Du warst einst auch ein Jäger nicht wahr? Ein Beißer? Bis Du selbst gestellt wurdest?", fragte Burkhard und seine Stimme war fast nur ein Flüstern im Wind.

    Burkhard neigte leicht das ergraute Haupt und schaute Amias in die Augen.


    "Du bist was Du bist Amias, auch ein König ohne Krone bleibt ein König. Du hast nichts mehr, was Du regieren könntest außer Ruinen. Aber Dir bleibt die Erinnerung und so lange Du lebst Amias, wird es das Vermächtnis Deines Hauses auch. Ja wenn Du es so ausdrücken möchtest, ich war ein Klingentänzer. Ich führte die Waffe gut und meine Bewegungen waren die eines Panthers. Aber auch Panther werden alt und müde Amias. Deshalb sitze ich hier im Garten und genieße die Sonne auf meinem grauen Fell.


    Gnade hat viele Gesichter und manche davon sind schrecklicher als hätte man Dir jede Gnade verwehrt. Eine Trophäe warst Du? Nun dann weißt Du wie es ist, die Freiheit zu verlieren. Doch wurdest Du als freier Mann geboren. Und jetzt stehst Du sogar als freier Mann vor mir. Es mag für Dich seltsam klingen, aber es freut mich für Dich, dass Du wieder ganz Mann bist. Deine Linie Amias hat somit wieder eine Chance. Du hast eine Wahl und darin besteht die tatsächliche Freiheit. Du kannst Dich für oder gegen Familie entscheiden.


    Ich wollte Dich mit meiner Frage nicht kränken. Du warst einst Eunuch, wie hast Du gelebt? Was hast Du gefühlt? Vor allem was war Deine Aufgabe? Dein Spiel ist sehr schön Amias, man hört darin mehr als nur Töne und Wohlklang. Es schwingt ein klein wenig Asche mit. Deine Geschichte, Deine Trauer, Dein Wehmut und dies zurecht. Nur jemand der Leid erlebt hat, kein vom Leid singen oder spielen.


    Deine alte Welt, war meiner nicht unähnlich nicht wahr? Fressen und gefressen werden. Darf ich einmal das Instrument halten?", fragte Burkhard freundlich.

    Burkhard schaute auf die Füße des Ruspante, wie er sich selbst nannte. Er klimperte mit den Zehen, da Sand dazwischen hing. Die Wüste wollte sich heimlich in den Garten schleichen, wurde jedoch von Amias abgeschüttelt. Mit einem Lächeln schob Burkhard diese Gedanken beiseite.


    "Zum Gruße Amias. Das ist richtig, ich bin Burkhard. Burkhard reicht. Oh es gibt vieles was ich mit Dir besprechen möchte. Ein Thema davon ist Deine körperliche Verfassung. Möglicherweise möchtest Du nicht darüber sprechen, Du bist kein Sklave und Du bist kein Leibeigener. Du bist ein freier Mann, so wie ich. Also steht es Dir frei, mir zu antworten. Es würde mich allerdings sehr freuen, falls Du meine Fragen beantworten würdest.


    Wie mir gesagt wurde, bist Du jemand der entmannt worden ist. Wie lebt es sich in diesem Zustand? Ferner hörte ich, dass in Ledwick einige Eunuchen leben. Kannst Du mir von ihnen und ihrem Leben berichten?


    Ich muss Dir ein Kompliment machen, Du gehst wie ein Tänzer oder wie ein Mann der leichten Klinge. Du schwebst förmlich über den Boden. Einst vor langer Zeit ging ich ebenso, nun vielleicht nicht so leichtfüßig und elegant, aber doch auf eine ähnliche Art. Heute hat das Alter mich und vor allem meine Knie gebeugt. Was hat Dich derart geschult, dass Deine Bewegungen so abgestimmt, harmonisch und präzise sind?", fragte Burkhard und machte eine einladende Geste. Ein großer Krug mit kaltem Tee stand in seiner Nähe und Amias war eingeladen sich ebenfalls einen Becher davon zu nehmen.

    Burkhard Klingenberg hatte es sich im Garten des Sonnensteins gemütlich gemacht. Die Burg stand nahe der Wüste Sundhi und trotze den Widrigkeiten des Wüstenwetters. Mehr noch, sie hatte ihr eigenes Wasservorkommen und war so gegen jede Aushungerung und Trocknung gewappnet.


    Ein weiterer Nebeneffekt war dieses wunderbare Kleinod, dass man so unpassend schlicht als Garten bezeichnen musste. Burkhard widerstrebe die Bezeichnung. Dies war kein Garten, dies war ein Ort der Erholung. Er saß im Schatten eines Baumes um dessen mächtiger Stamm eine runde Bank angebracht worden war.


    Blumen blühten im Schatten von mächtigen Bäumen, Wasserspiele erfreuten das Auge und das Ohr und unzählige Blüten und Kräuter verwöhnten die Nase mit ihren außergewöhnlichen Düften. Der Sonnenstein brachte genau das in das Herz des alten Generals - Sonne. Nirgendwo hatte er sich jemals wohler, ausgeglichener und heimischer gefühlt. Möglich dass er auf seine alten Tage etwas rührselig wurde, aber wer wurde das nicht bei einem Anblick solcher Schönheit?


    Nein mit Rührseligkeit hatte dies nichts zu tun. Wer immer diesen Garten angelegt hatte und pflegte, tat dies aus tiefster Seele. Man spürte förmlich wie der Garten als Großes Ganzes zu leben ja zu atmen schien. Und Burkhard mittendrin atmete ebenfalls auf. Die Knochenschmerzen in seinen Knien waren heute vergessen. Warm und trocken war das Wetter, schattig und wohltuend der Garten. Ein gutes Buch lag auf seinem Schoß, während er anstatt zu lesen einen kleinen blutroten Singvogel beobachtete der auf einem der hellen Zweige hockte und aus voller Kehle sang.


    Herrlich. Ein Meer aus Farben, Formen, Düften und Sinneseindrücken.


    Ein junger Mann betrat den Garten, der es an Farbenpracht mit dem Garten aufnehmen konnten. Seine Schritte waren leichtfüßig, er wirkte selbst wie einer der Singvögel. Burkhard machte mit einem Winken auf sich aufmerksam.

    "Jemand mit Erfahrung ist das Wichtigste Dijon. Ein Schlüsselmeister hat enorme Macht. Sie sind so etwas wie Mini-Regenten ihrer Nester. Und genau wie große Regenten, gleich ob Marquis oder Duc hat jeder seine Eigenart. Manche sind gut, manche sind schlecht, aber jeder von uns hat derartige Eigenarten. Gut und schlecht vereint sich in jedem Almanen. Ezio hat noch lange nicht mein Alter, aber ich würde ihm das Amt zutrauen.


    Er weiß was getan werden muss und wie man eine Truppe führt. Das empfinde ich als sehr angenehm und natürlich auch vertraut. Es wäre eine Lüge würde ich anderes behaupten. Vittorio Pollarotti, der Name sagt mir etwas, aber sei so gut und frische meine Erinnerung auf. Ebenfalls ein Ledvico wie Ezio.


    Ach Dijon, die Formen des Werbens sind so verschieden wie die Farben der Welt. Sollte Euer Prince sagen, er hat an einen Ältesten sein Herz verloren? Vielleicht war es auch pure Gier, ein Wesen wie ihn an seiner Seite zu haben und erschlug dessen Ehemänner. Der Prince hat die Hatz auf seine Beute eröffnet und gewonnen. Aber bei jeder großen Jagd zieht man sich Blessuren zu. Meinst Du, ich wäre noch nie verletzt worden? Nur wer nicht kämpft Dijon, trägt auch keine Narben. Du weißt dies genauso gut wie ich.


    Der Stolz in Deiner Stimme verkündet die Liebe, die Du für Deinen Sohn empfindest. Ich weiß, ich sollte nicht darauf herumreiten, aber ich tue es dennoch. Den Satz hättest Du ihm im gleichen Ton sagen sollen. Hat er Ciel gerettet, nach diesem Kampf, dann bist Du zu Recht derart stolz auf Deinen Sohn.


    Du hegst Groll gegen Nimmersatt? Nun Du könntest ihn mir überlassen, falls Du das wünscht. Vielleicht wüsste er nicht sofort, was gutes Benehmen ist, aber ich bin mir sicher, dass ich ihn erinnern könnte. Er würde gehorchen nach einigen Lektionen, genau wie Arkady. Nur würde ich ihn nicht vertrauen. Wer einmal die Hand gebissen hat, die ihn hütet und füttert. Wobei es schon eine spannende Herausforderung wäre ihn auf Stufe fünf zu bekommen, als Endstufler.


    Selbstverständlich weiß ich, dass Du von einem anderen Verhalten gesprochen hast, als das eines gehorsamen Sklaven oder Melkers. Tja ich kann Dir leider nicht sagen, was Euren Duc bewogen haben mag, Hohenfelde in Stand und Würde zu erheben. Und ob Du dies den Duc fragen kannst, wage ich zu bezweifeln. Er würde es vermutlich als Zweifel an seiner Entscheidung werten. Du könntest aber seinen Sohn fragen.


    Aber warum ist Hohenfelde hier? Er wird Dich doch wohl nicht schlicht besucht haben, um Dich mit sein Anwesenheit zu quälen? Wobei zuzutrauen wäre es ihm", gab Burkhard zurück.

    "Das ist richtig, die Baronin ist nicht unsterblich. So wie es die Erzählungen sagen, steht sie hoch in der Gunst des Ältesten. Manche behaupten auch, sie wäre sogar seine Tochter. Wie dem auch sei Dijon, sollte sie die Gunst des Ältesten verlieren, verliert sie auch dessen Geschenk. Sie würde seinen Segen verlieren und sterben. Wusstest Du von Kazrar Chud? Dem Vater von Tekuro Chud? Kanntest Du ihn als jungen Mann? Er starb Dijon, auf grausame Weise verraten von Sklaven.


    Ach und gleich in diesem Zusammenhang, sei mit einem Deiner Gäste bitte sehr vorsichtig. Er weiß was Du bist, er weiß nur zu gut wer ich bin. Trotz aller Erziehung ist er gefährlich. Vielleicht gerade, weil seine Erziehung unterbrochen wurde. Er wäre verheiratet worden, die Frau wäre bedeutungslos gewesen. Er hätte seinem Schwiegervater gehört. Aber es kam anders und er landete in den Fängen eines verrückten Goblins. Einem Goblin der scheinbar weiß, wie man dieses Pferd führt.


    Wie dem auch sei mein Sohn, Kazrar Chud ein begnadeter Beißer und Brecher, verstarb. Sein Sohn, heute bekannt als der schwarze Skorpion, ruhte nicht eher bis er seinen Vater geborgen und eine neue Hülle für ihn beschafft hatte. Tekuro und Kazrar ist es gemeinsam gelungen sich nicht nur nachträglich die Zähne zu verdienen, sondern auch die Gunst des Ältesten. Das heißt, dass dieser neue Körper die Seele von Kazrar Chud aufgenommen hat und dieser den Segen des Ältesten empfangen hat.


    Dies ist keine Legende, es ist wahr Dijon. Ein Großteil des Weges hin zum Segen, fand sogar in Souvagne statt. Archibald von Dornburg war an der Seite von den Wanderern. Eine bunte Truppe, sehr bunt. Die Bestie trug den Ältesten in sich, so dass er seine Kräfte schonen und direkt bei ihnen bleiben konnte. Sprich er musste nicht ständig erscheinen, oder wie man das magisch nennt. Jedenfalls stand am Ende der Reise der Segen für Kazrar Chud.


    Sollte er den Segen verlieren, wird es keine Gnade geben. Ebensowenig wie für die Baronin. Ob diese Frau die Tochter des Ältesten ist oder nicht, sollte sie versagen, sollte er ihrer überdrüssig werden, weißt Du was geschieht. Der Älteste kann unerwartend milde sein, bekannt ist er dafür jedoch nicht. Heute wandelt er allein Dijon, Du weißt sicher auch welches Opfer er brachte um weiter zu existieren.


    Warum dies nötig war. Sein ärgster Feind, der die Trinität zerstörte und den Ältesten allein zurück ließ, ist einen Bund mit dem Ältesten eingegangen. Seltsame Zuneigung im Kampf? Ein Kampf der Willen auf Augenhöhe? Oder die verstörenste und betörenste Liebeserklärung aller Zeiten aus dem Abgrund? Hat Prince Ciel bewusst die beiden Männer von Dunwolf dem Ältesten geopfert? Hat er ihn wissentlich und willentlich an einen Punkt geführt, wo er seine Männer verraten musste? Auch ein Ältester ist einschätzbar. Ohne Egozentrik wäre er kein Ältester. Er würde alles tun um zu überleben und am Ende wäre er dann... allein und frei für Ciel.


    Ich glaube der Prince hat eine viel finstere Seite als die meisten vermuten.

    Oder es ist Licht, er ist eine schwarze Sonne. Wer weiß dies schon?

    Jedenfalls ist es nun ein Dualität - Dun-Ciel, der Älteste.


    Der Prince der Finsternis verdient meinen Respekt Dijon.


    Sollte jemand den Posten der Baronin ersetzen und über den Nestern stehen, dann würde ich mir an erster Stelle Ezio di Aminotti wünschen, den dritten Schlüsselmeister des Nestes Löwenfelsen in Sturmfels. Meine zweite Wahl wäre der zweiter Schlüsselmeister, Caspar von Preyenfelde des Nestes Nachtregugium in Villik. Beides sehr gute Männer Dijon. Nun alle Schlüsselmeister sind gut in ihrer Aufgabe, aber die beiden sind von besonderer Ruhe und Ezio ist Soldat, deshalb wäre er mein Favorit.


    Wer wäre Dein Favorit?


    Und falls die Frage gestattet ist, was macht Hohenfelde eigentlich hier? Um ihn mal beim Namen zu nennen", antwortete Burkhard entspannt und klimperte mit den Zehen im Wasser.

    "Die alte Krähe meinst Du ist tot? Nein Dijon, ich glaube eher dass sie nie gelebt hat. Der Zirkel wandelte sich schon oft im Laufe der Zeit. Auch die Nester, jene die an der Spitze stehen formen ihre Umgebung. Das ist hier auf Euren Schollen genauso, wie in jedem Beißernest. Der Archi-Duc der eines Tages den Thron besteigt, wird anders regieren als der heutige Duc. Dein Sohn wird anders regieren als Du. Aber Ihr alle tut es zum Wohle des Landes, der Scholle oder des Nestes. Und dennoch auch für Euch selbst und Eure Wünsche und Bedürfnisse. Von daher lass Dir eines gesagt sein, nichts ist so beständig wie die Veränderung.


    Der Name Vendelin taucht sehr häufig auf, in der Nähe von Katastrophen und Untergängen nicht wahr? Dieser Mann scheint einen Sog zu haben, von dem man sich besser fernhält. Souvagner und Ledwicker denken in manchen Sparten anders als Naridier Dijon. Freiheit ist Euch zuwider, alles hat seinen angestammten Platz, sogar Menschen. Bei uns bedeutet die Freiheit alles. Manche sind so frei, dass sie alles verlieren. Frei von allem. Was ist richtig, was ist falsch? Das muss jeder für sich entscheiden. Letztendlich würde ich behaupten, weder noch, anders ist nur eines - anders.


    In einem Nest findest Du ein buntes Gemisch, dass manchmal so harmonisch ist, dass es Dich gruselt. In dem nächsten Nest, kann die Mischung so explosiv sein, dass ein falscher Blick ausreicht, um den Abgrund losbrechen zu lassen. Der eine Schlüsselmeister liebt die Ordnung, der andere das Chaos, der nächste die Freiheit. Ist es nicht mit den Nestern, wie mit den Ländern?


    Derya hat den Tod verdient, wenn sie so dumm ist sich fangen und richten zu lassen Dijon. Mich interessiert sie nicht, meine Zuneigung und Loyalität gilt Dir. Wie wäre es wenn Du Comte de la Gervais einmal einladen würdest? Gute Beziehungen muss man pflegen Dijon", gab Burkhard zurück seufzste gemütlich.

    Burkhard legte einen Arm um Dijons Schulter und drückte ihn an sich. Sie waren unter sich und selbst wenn sie auf dem Marktplatz in Shohiro gestanden hätten, wen scherte es? Sein Sohn brauchte Trost und Halt, er war für ihn da.


    "Ebenso, Du hast keine Vorstellung davon wie froh ich bin und Dein Erwin ist es auch. Der Verschlinger war stets ein einsamer Wanderer, ein Jäger ohne Gefolgschaft. Er jagt für sich selbst und andere und liefert Fleisch in die Nester, für jene die nicht selbst jagen können. Die Jagd ist seine Passion, aber auch ein Raubtier braucht eine Höhle und ein Rudel, nicht wahr? Wir alle haben uns hier nicht grundlos eingefunden Dijon. Etwas hat Deine Schritte gelenkt und wer das gewesen sein mag, wissen wir. Du stehst hoch in seiner Gunst.


    Dein Sohn sollte nicht so leichtfertig verurteilen, was wir sind. Seine Härte und Prinzipien liegen dem selben Glauben zu Grunde, Blut. Blut ist es was Geschichte schreibt, Blut ist mehr als Lebenssaft. Dein Sohn ist ein Magier Dijon, sie sehen die Welt mit anderen Augen. Er sollte sie besser nutzen, als durch Dich hindurch zu schauen. Alles was er ist, ist er durch Dich. Denn er trägt Dein Blut in seinen Adern. Wäre er zu seiner Magie fähig, wäre er ein sanfter und weicher Mann? Nachgiebig und gnädig?


    Seine Ablehnung ist lächerlich, denn er gleicht Dir nicht nur im Blut, sondern auch in all Deinen Stärken. Das was er verurteilt, macht ihn selbst aus. Er weiß es nur noch nicht Dijon.


    Ab heute bist Du nicht mehr alleine, speise mit uns und beginne Deinen Tag mit uns. Mit Deinem Mann und Deinem Vater. Nichts ist so trostlos wie ein leeres Haus, ein leerer Tisch und ein leeres Bett. Wie heißt es, Du kannst ein Haus kaufen aber kein Zuhause. Nun haben wir alle drei eines Dijon", erklärte Burkhard und lehnte seinen Kopf gegen den von la Grange.

    Warm und weich, wohlig und duftend, so konnte man das kühle Nass der Feste Sonnenstein beschreiben. Weiches Wasser, jedenfalls fühlte es sich sanft auf der Haut an, sollte gut für die Haut sein. So hatte er es irgendwo mal vor Jahren oder sogar Jahrzehnten gehört. Nun falls er diesem Wasser faltenfrei und jung entstieg, dann würde er Dijon ganz anders küssen. Und vermutlich sofort einen Sklaven benötigen. Den schelmischen Gedanken beiseite schiebend, betrachtete er seinen Sohn.


    "Selbst wenn die Antwort wäre, Danke für die Information, würde sich Alexandre an dem Abend mit einem heimlichen Lächeln ins Bett legen. Deine Worte wie einen Schatz hütend, auch wenn er sie scheinbar mit Gleichgültigkeit abgetan hat. Du solltest besser als jeder andere wissen, von wem er sich diesen Panzer abgeschaut hat Dijon.


    Du trägst Deinen Kopf und die Nase auch ziemlich hoch, genau wie ich Dijon. Das heißt aber nicht, dass Du kein Herz hättest. Denk daran, sobald Du Deinem Sohn begegnest. Und versuche Dich daran zu erinnern, was Du Dir von Deinem Vater gewünscht hättest. Was hättest Du gerne einmal von ihm gehört? Gleich was andere denken mögen?


    Wie gesagt, es ist ein Rat Dijon. Denke bitte einfach darüber nach, ob Du ihm folgst, dass ist allein Deine Entscheidung", sagte Burkhard innig und schlenderte mit Dijon auf eine der Sitzmöglichkeiten zu.


    "Setz Dich dicht neben mich, damit ich ein bisschen Halt habe", bat Burkhard und zog Dijon neben sich. Gemütlich streckte er im Wasser seine Beine aus und lehnte sich nach hinten, um sich richtig anzulehnen.


    "Wie oft bist Du allein hier unten Dijon? Dieser Ort erscheint mir wie Dein persönlicher Tempel", überlegte der alte General und drückte Dijons Hand.

    "Angst?", lachte der alte General brummend.


    "Mein lieber Dijon, davor hätte ich keine Angst. Welcher Mann kann schon von sich behaupten gemütlich schwimmend den Taudis bestaunt zu haben? Es ist wunderschön, ich kann mich nur wiederholen Dijon. Eine Loge der Badekultur, eine Sonderklasse des Badens ohne Gleichen. Nun wie gesagt, ich hatte mit so etwas nicht gerechnet. Wie auch?


    Vielen Dank für Deine Hilfe. Lass uns gemeinsam ins Wasser steigen und uns hinsetzen. Einfach gemütlich den Ausblick genießen, bevor wir eine Runde schwimmen. So etwas darf man nicht übereilen. Nicht an so einem Ort. Wo Du gerade selbst von Deinem Sohn sprichst Dijon. Vielleicht ist nicht der richtige Zeitpunkt, aber dies hier wäre unter vier Augen der richtige Ort um Deinen Sohn einmal zu sagen, was Du für ihn empfindest.


    Du hast gewusst was ich empfinde. Vermutlich hat es Dich gleichermaßen gefreut wie enttäuscht. Aber hatte es nicht auch eine befreiende Wirkung, die Worte zu hören? Dein Sohn mag wissen, dass Du ihn liebst. Dass Du Deine Art hast, Deiner Liebe Ausdruck zu verleihen, die haben wir alle. Doch das ist nicht genug. Nur einmal Dijon sollte er auch die Worte aus Deinem Mund hören. Manchmal sind Worte nicht ausreichend. Und manchmal ist ein Wort alles, was ein Mensch benötigt. Dein Sohn benötigt Dich und ebenso Dein Wort. Sage ihm, dass Du ihn liebst. Das schuldest Du ihm und Dir. Du wirst es nicht bereuen Dijon.


    Meine Worte an Dich habe ich ebensowenig bereut. Hättest Du sie abgetan, hätte es mich geschmerzt. Doch mehr geschmerzt hätte es mich, hätte ich Dir nie gesagt was ich empfinde. Das sollst Du wissen", sagte Burkhard und hakte sich bei Dijon ein. Mit dem Stock konnte er nicht ins Wasser laufen.

    Der alte General staunte nicht schlecht, als er die Therme der Feste Sonnenstein betrat. Was immer er erwartet hatte, nicht dieses größtenteils natürliche Wunderland. Das er nicht mit offenem Mund staunte, war nur seiner Ausbildung zu verdanken. Dennoch schaute er sich um, wie ein Kind im Süßigkeitenladen. Das Klima war angenehm, die Luftfeuchtigkeit hoch, warm und durchdringend. Alles in der Grotte lud dazu ein, in ihr zu verweilen.


    Tropfsteinartige Gebilde reichten bis zur Decke hoch, ein Becken gefüllt mit kristallklarem Wasser lud ein darin zu schwimmen. Der Boden des Schwimmbades war gefliest und verstärkte den klaren Eindruck des Wassers. Burkhard hätte sich fast zweimal bitten lassen müssen, da er all die Sinneseindrücke in Ruhe in sich aufnehmen wollte. Selbst der Anblick des Gesteins war ein Genuss. Eine natürliche Höhle, die zu etwas derartig Grandiosem ausgebaut worden war.


    Seine Vorstellung der Therme war etwas ganz anderes gewesen. Ein gemütlicher Raum, gefüllt mir Zubern in denen man es sich gut gehen lassen konnte. Gespeist wurden die Zuber von einer unterirdischen, warmen Quelle. Aber das hier übertraf seine kühnsten Träume.


    Burkhard wandte sich Dijon zu und lächelte entschuldigend.


    "Verzeih, dass ich Dir nicht sofort geantwortet habe. Aber das hier, das ist fantastisch. Ich finde kein anderes Wort Dijon. Etwas Schöneres habe ich noch nie gesehen. Du hast keine Vorstellung davon, was ich mir unter den Thermen vorstellt habe. Einen schönen Raum, mit gemütlichen Zubern. Gefüllt mit Wasser aus der Burgeigenen Quelle. Aber das?", sagte der General und machte eine raumumfassende Bewegung, "damit habe ich nicht gerechnet".


    "Lass uns die Kleidung ablegen und ins Wasser gehen", freute sich Burkhard.


    Burkhard ergriff den Arm von Dijon fester, als diese Seite an Seite durch die Feste Sonnenstein schritten. Langsam gingen sie den Thermalquellen entgegen. Burkhards Blick wanderte umher, betrachtete die Wände, das Gemäuer, den Boden und die Deckenverkleidung. Sonnenstein war ein Teil von Dijon und er war nun ebenfalls ein Teil davon.


    Dijon schätzte ihn, anders konnte er es nicht ausdrücken. Vielleicht wagte er keine konkretere Aussage, aber das war in Ordnung. Dijon war ein Mann, der bekam was er wollte. Etwas von sich preiszugeben, wo er nicht wusste wie die Antwort ausfiel ob positiv oder negativ, dass war nicht seine Welt. Damit begab er sich in gedankliche Fremde und diese scheute er. Wer konnte es ihm verdenken? Sein Stolz war ebenso seine Rüstung, wie seine Härte und Geradlinigkeit.


    Jeder von ihnen trug einen Panzer und ebenso war klar, dass jeder Panzer eine Schwachstelle hatte. Dies war jene von Dijon. Tatsächliche Zuneigung. Diese einzugestehen gab dem anderen die Möglichkeit Dijon zu verletzten. Was Burkhard nicht vorhatte, ganz im Gegenteil. Er hatte diesen Mann aufgelesen, um ihn aufzurichten und nicht in den Dreck zu treten. Die Antwort die er Dijon auf seine ungestellte Frage geben konnte, würden ihm gefallen und dennoch enttäuschen. Sie würde ihm schmeicheln und dennoch wehtun. Denn Burkhard würde ihm sagen, dass er ihm etwas sehr Wertvolles geschenkt hatte. Aber genau dass, was Dijon sich wünschte, dass war es nicht.


    Es war durchaus möglich, dass Dijon dachte, er wäre darüber hinweg gegangen. Doch das war er nicht, denn sein Kuss auf die Stirn seines Wahlsohnes hatte alles ausgedrückt was er für diesen Mann empfand. Doch manchmal nützten die innigsten Gesten nichts, manchmal benötigte man klare Worte. An diesem Punkt standen gerade Dijon und er.


    Klingenberg blieb stehen und drehte Dijon zu sich um. Sein Blick war fest, fast unerbittlich jedoch in voller Zuneigung. Einen Augenblick später lächelte er, so dass man seine scharfen Zähne sah.


    "Was Du mir sagen möchtest, habe ich verstanden. Ich liebe Dich von ganzem Herzen Dijon. Du bist der Sohn den ich nicht hatte, Du bist mein Mündel, mein Welpe. Nenne es Fügung oder Schicksal, dass wir uns an jenem Tag begegneten. Ich weiß, dass Dein Herz anders für mich schlägt. Meine Antwort war ein Kuss auf Deine Stirn. Doch manchmal braucht es Worte Dijon und meine kommen von Herzen Sohn", erklärte Burkhard fest und setzte mit Dijon seinen Gang fort.


    Während sie liefen, zog er Dijon näher zu sich heran.


    "Ein Geschichtenerzähler, dass wäre wunderbar. Jemand der mit Geschichte zu unterhalten weiß, ein lebendiges Buch. Was die Schwefelquellen angeht, so glaube ich Dir. Lass die Quelle nicht untersuchen Dijon, mancher Ort muss seine Geheimnisse bewahren, nur so hütest Du seinen speziellen Zauber", sagte der alte General glücklich.

    "Das hast Du sehr gut auf den Punkt gebracht. Beruf von Berufung ist etwas anderes als wenn es nur ein Job ist. Das sind die beiden Varianten, die Du bei unseren Dienern findest. Der eine macht es aus Passion und natürlich des Geldes wegen, der andere rein weil er Geld verdienen muss. Du und der Beruf sind ihm gleich, er würde auch etwas anderes tun. Und gefällt ihm etwas nicht, wird gekündigt.


    Bei Euch sind es Männer die in diesen Beruf hineingeboren werden. Generationen einer Familie die der anderen treu dient. Ein la Grange konnte sich vermutlich stets auf eine bestimmte Dienerschaft verlassen. Und beide Seiten sind stolz darauf. Wie sagt Ihr immer? Treue und Loyalität, gegen Schutz und Schirm.


    Mein Diener soll Freund und Vertrauter sein Dijon, soweit dies möglich ist. Für alles weitere dient mein Sklave. Deshalb spielt das Alter und alles weitere keine Rolle. Ich verlasse mich voll und ganz auf Deinen Rat, wer wenn nicht Du, kennt Deine Diener?


    Es ist traurig Dijon, wenn man Dich nur als Aufgabe sieht. Der Dienst ist zu erledigen und was ist schlimmer als Dienst nach Vorschrift? Solche Menschen kann man nicht gebrauchen. Nicht in Berufen, wo es um Nähe geht. Niemand möchte sich gleichgültig rasieren lassen oder? Das Messer ist sehr nah an Deiner Kehle. Falls die Frage aufkommt, nein deshalb trage ich keine Dreitagebart.


    Du schätzt mich derart? Na na roter Panther, nicht so förmlich. Wo ich Dir gerade mein Herz ausgeschüttet habe. Falls ich Dir zu viel rede, sage mir das. Gefühlt muss irgendwie alles heraus und ich möchte Dir alles erzählen. Die Dosis macht es aus, aber manchmal habe ich das Gefühl ich würde platzen von alle dem, was ich Dir anvertrauen möchte und kann es nicht. Nun jetzt schon, vorher nur nicht, schlichtweg aufgrund der Distanz.


    Zu den Thermen, sind sie reines Wasser oder sind sie mit Mineralstoffen angereichert? Ich habe von Heilquellen gehört, die eine ganz besondere Zusammensetzung haben. Wusstest Du, dass es sogar Quellen mit Schwefelwasser gibt? Die stinken angeblich wie der Abgrund", lachte Burkhard seine brummige Lache und drückte den Arm von Dijon innig.

    Burkhard streichelte Dijon über die Wange und schmunzelte verlegen.


    "Du hättest mir selbst geholfen? Das nenne ich ein Angebot. Eines, dass ich durchaus zu schätzen weiß Dijon. Es würde mich sehr freuen, wenn Du mir einen Diener empfehlen könntest. Einen guten, fleißigen Mann, der umgänglich ist. Du weißt selbst, was Dir gefällt und wen Du in Deiner Nähe dulden würdest. Jemanden der so vertrauenswürdig ist, dass man voller Behagen im Sessel einschläft und weiß dass er einem nicht Böses antun würde.


    Das widerum muss ich sagen ist etwas, dass im alten Almanien hochgehalten wird. Selbstverständlich gibt es auch in Naridien gute Diener, aber vergleichbar mit Euren Dienern von Zuverlässigkeit und Treue sind sie sicher nicht. Jedenfalls nicht meine. Leibeigene dass sind Eure Diener und sie gehören tatsächlich zu Euch wie Euer Leib.


    Einmal mehr bin ich froh, dass ich Dich besuchen und sogar bleiben darf. Ich gestehe Dir offen ein, dass es in Naridien sehr einsam und langweilig geworden ist. Die alten Tage des Trubels waren vorbei Dijon. Jetzt warten andere Tage auf mich, die ich versucht hatte in Shohiro zu leben. Doch ein leeres Haus ist nichts was einen aufmuntert.


    Lass uns aufbrechen, wen würdest Du mir als Diener empfehlen?", fragte Burkhard und wartete auf Dijon.

    "Quastenfurz ist niemand den man an so einem schönen Tag in seinem Dunstkreis haben muss. Nicht als Erinnerung Dijon, der Mann ist schon längst tot. Aber in meiner Erinnerung sehr lebendig. Doch wie gesagt, die Geschichte dazu gibt es in einer Nacht vor dem Kamin. Damals war ich noch ein junger Mann und sehr weit von einem General entfernt.


    Mercer Desnoyer? Nein der Name sagt mir nichts. Die Agenten der Autarkie, dass klingt schon wie etwas Verbotenes, jedenfalls im Feudalismus. Autark? In einem Land wo nichts und niemand autark handelt, außer letztendlich der Duc? Teure Gewänder wollen auch bezahlt sein, dass hätte auch dieser Mann wissen müssen. Nennadel? Du meinst er war ein Aufschneider ein Schwindler? Oder tatsächlicher Nennadel?


    Wir könnten Arkardy mitnehmen, er könnte uns beiden dienen. Oder hast Du einen Diener, den Du für mich abstellen könntest?", fragte Burkhard und griff nach seinem Gehstock.


    "Gehen wir?", bat Klingenberg schmunzelnd.

    19.01.207 - Charbogenergänzung:

    - Burkhards damaliger Leitwolf hieß Ruger Quastenfurth



    Gerte und Klinge

    RE: Gerte und Klinge


    Was den Leitwolf angeht, der sich zur Leitratte wandelte. Quastenfurth hieß er, Ruger Quastenfurth. Er entstammte keinem besonderen Hause, falls Du wissen möchtest, ob er einst von Adel war. Er war ein Säbelrasseler und er konnte sich unheimlich gut verkaufen Dijon. Ein Blender und ich bin auf ihn hereingefallen. Dumm und jung wie ich war, schaute ich zu diesem Mann auf. Doch alles was er von sich gab, waren leere Versprechungen.

    ~ Burkhard Klingenberg



    ****

    Burkhard fühlte sich schlichtweg wohl und ebenso schien es Dijon zu ergehen. Das er nicht mit seinem Sohn über derartige Dinge reden wollte, war sein gutes Recht. Er hätte es sich anders gewünscht und würde ihm noch seine Sicht der Dinge darlegen, aber die Entscheidung darüber lag allein bei Dijon.


    "Was Dich und Deinen Sohn angeht, dass sehe ich anders. Meine Sicht werde ich Dir später erläutern, nicht hier und jetzt. Nicht heute. Es eilt nicht Dijon und letztendlich ist es Deine Wahl. Nur zu einer Wahl muss man mindestens zwei Optionen haben. Heute jedoch gehörst Du allein mir und ich freue mich darauf.


    Wie wäre es, wenn wir es uns in Deinen hauseigenen Thermen gut gehen lassen und dabei konkret meinen Umzug planen? Ich möchte Dich damit nicht überfahren, aber bei einem einmal gefassten Entschluss möchte ich diesen auch umsetzen.


    Was den Leitwolf angeht, der sich zur Leitratte wandelte. Quastenfurth hieß er, Ruger Quastenfurth. Er entstammte keinem besonderen Hause, falls Du wissen möchtest, ob er einst von Adel war. Er war ein Säbelrasseler und er konnte sich unheimlich gut verkaufen Dijon. Ein Blender und ich bin auf ihn hereingefallen. Dumm und jung wie ich war, schaute ich zu diesem Mann auf. Doch alles was er von sich gab, waren leere Versprechungen.


    Möglicherweise hast Du diese Männer auch schon kennengelernt, mit dem Munde vorne weg. Aber geht es darum tatsächlich Taten sprechen zu lassen Dijon, versagen sie kläglich. Und er hat versagt. Falls Du Abends Zeit und Muße hast Dijon, setze Dich zu mir an den Kamin und ich erzähle Dir die Geschichte. Aber nicht heute, denn heute bin ich glücklich und das möchte ich bleiben. Was sagst Du? Therme?", schlug Burkhard vor und gab Dijon behutsam frei.


    "Danke für den Tanz", freute er sich.

    Die Hand von Burkhard umfasste die von Dijon fest, die andere legte er ihm auf die Hüfte. Zu einer Musik, die Burkhard nur in seinem Kopf hörte führte er Dijon zum Tanz vor den Kamin. Wie wiegten sich sachte zum Tanz, während Burkhard dabei wie es sich gehörte Dijon in die Augen schaute.


    "Möglicherweise ist es nicht dass, was dieser Eunuch ausstrahlt, oder wozu er in der Lage ist, was Deinen Sohn an ihn bindet. Vielleicht ist es seine Seele, sein Geist. Hast Du Deinen Sohn jemals gefragt? Habt Ihr jemals so offen gesprochen wie wir beiden?


    Das Du Deinen Sohn liebst Dijon steht außer Frage. Ich sehe das, andere sicher auch. Aber wie steht es um Alexandre? Weiß er wie Du für ihn empfindest? Lass es ihn wissen Dijon", flüsterte der General und führte sie beide im sachten Tanztempo durch sein Quartier.


    Einst vor langer Zeit war er ein guter Tänzer gewesen, aber heute so viele Jahrzehnte später war er dies nicht mehr. Dennoch freute er sich über den Tanz mit Dijon, es war etwas, dass eine besondere Erinnerung war. Etwas Wertvolles, dass er in Gedanken festhalten würde. Natürlich wollte er noch lange Leben, aber er musste realistisch sein. Jeder Tag war ein Geschenk, im Grunde für jeden Almanen. Und seine Zeit hier auf Sonnenstein mit all dem Sonnenschein zu verbringen, entzückte nicht nur sein Herz, sondern auch seine morschen Knochen.


    Sie tanzten über den Boden fast so leichtfüßig wie Katzen, entschied Burkhard um ihnen beiden selbst zu schmeicheln. Gute, alte Kater, deren Krallen noch scharf waren. Nur ihr Fell glänzte vielleicht nicht mehr ganz so prächtig wie vor 40 Jahren. Seines jedenfalls nicht. Dijons roter Pelz strahle fast noch in der alten Leuchtkraft, nun im Vergleich zu ihm war er ein junger Mann und ein ausgesprochen attraktiver dazu. Zudem hatte er Geschmack, die Stiefel standen ihm sehr gut und ließen Burkhards Gedanken zu einem Ausritt abschweifen. Allerdings nur für einen Moment, ehe er Dijon anlächelte.


    "Was hast Du heute noch vor? Oder anders gefragt, wozu kann ich Dich überreden?", fragte Burkhard gut gelaunt.