Azzmicon [Peng]

  • Azzmicon Rhi Caligander Janderiah Fleckenhund


    Kurzinfo


    Volk: Peng
    Geschlecht: männlich
    Größe: 1,39 cm
    Gewicht: 43 kg
    Alter: 52 Jahre (entspricht etwa einem Alter von einem Menschen Ende 30)
    Herkunft: Die Fleckenhunde - ein Pengrudel aus der Unterwelt, dessen Revier nahe eines Portals zur Oberwelt liegt
    Familienstand: Hatte noch nie die Gelegenheit zur Paarung
    Mutter: Janderiah Rha Javesto Gamalva Fleckenhund
    Vater: Caligander Rhi Yagori Dewanda Fleckenhund
    Sonstige Verwandte: Dank Inzest ist er mit so ziemlich all seinen Rudelmitgliedern irgendwie verwandt.



    Profession


    Hauptberuf: Haustier.
    Nebentätigkeit: leichte Schreibarbeiten wie das Anfertigen von Kopien.
    Mitunter kopiert er auch einfache Tuschezeichnungen.


    Bei den Fleckenhunden wurde er als Taugenichts betrachtet, da er sich sowohl zum Kämpfen als auch zum Jagen vollkommen unbrauchbar erwies. Als er an die Oberfläche kam, wurde er am Hofe des Daimyos zunächst als eine Art skurriles Haustier gehalten, ehe er darauf bestand, sich nützlich machen zu dürfen. Seither kopiert er eifrig Schriftstücke, wofür er ein Taschengeld bekommt.


    Sprachen: Hochdämonisch (Muttersprache), Tachyago (fließend in Wort und Schrift), Tjalabah (verständlich, aber sehr fehlerhaft)


    Religion: Götter haben im seinem Leben keinen Platz.



    Erscheinungsbild und Ausrüstung


    Gesamterscheinung:


    Azzmicon ist weder dick, noch dünn, dafür jedoch auffällig unmuskulös.
    Seine Arme und Beine sind fast walzenförmig und er hat nur ein gering verbreitertes Kreuz.
    Auf dem Rücken trägt er ein paar ledriger Schwingen, deren Ränder an vielen Stellen eingerissen und angeknabbert sind. Wie alle Peng verfügt er über keinerlei Körperbehaarung und keine äußerlichen Geschlechtsmerkmale.


    Sein Gebiss ist messerscharf mit verlängerten Fangzähnen. Er legt viel Wert auf gute Zahnhygiene, indem er nach den Mahlzeiten die Reste mit einem Knochensplitter aus den Zahnzwischenräumen heraus pult, so dass seine Beißer noch vollständig und in einem tadellosen Zustand sind. Seine ehemals spitzen Ohren sind durch zahllose Auseinandersetzungen sehr zerbissen.



    Haut:


    Azzmicons Haut ist wohl das am meisten hervorstechende Merkmal - zumindest, wenn er sich außerhalb seines Rudels befindet. Innerhalb seiner Truppe sieht er dahingehend völlig normal aus. Das Rudel von Azzmicon nennt sich nicht von ungefähr die Fleckenhunde – in ihren Reihen haben alle Mitglieder die Weißfleckenkrankheit.


    Diese Pigmentstörung äußert sich darin, dass bestimmte Bereiche der Haut völlig pigmentfrei sind und darum weiß oder rosa erscheinen. Im Volksmund wird diese harmlose Krankheit auch Scheckhaut genannt. Diese pigmentfreien Bereiche sind scharf abgegrenzt von der normalen Haut, so dass der Eindruck von Kuhflecken entsteht. Vor allem betroffen sind Unterarme und Hände sowie Unterschenkel, Füße und die Genitalien.


    Auch Azzmicons Haut weist ein sehr deutliches grau-weißes Fleckenmuster auf. Je weiter von der Körpermitte entfernt, umso stärker ist die Scheckung bei ihm ausgeprägt, so dass seine Unterarme und Unterschenkel vollständig weiß sind.



    Gesicht:


    Azzmicons Kopf ist fast vollständig weiß, nur um die Augen und die Mundwinkel herum hat er dunkle Flecken. Darüber hinaus sind seine Gesichtszüge für ein Männchen sehr weich.


    Azzmicons Augen sind grau und mit schlitzförmiger Pupille, von der aus ein paar blassgelbe Strahlen abgehen – das einzige Farbige an ihm.


    Seit er am Hofe des Daimyos lebt, schminkt er sein Gesicht vollständig weiß, um seine Pigmentstörung zu kaschieren, da ihn Gäste schon mehrmals für einen Leprakranken hielten und in Panik ausbrachen.



    Kleidung:


    Aus Gewohnheit macht es ihm nichts aus, nackt zu sein. Wenn er Kleidung trägt dann eher aus einer rationalen Überlegung heraus, um sich den Gepflogenheiten der Oberwelt anzupassen oder weil sie ihm gefällt, jedoch nicht um aus Scham seine Blöße zu bedecken.


    Am Hofe des Daimyos trägt Azzmicon die Bekleidung eines Bediensteten:

      :punkt: Knielanger Kimono
      :punkt: Obi (Stoffgürtel)
      :punkt: Hakama (weite Stoffhose)
      :punkt: Tabi (Socken mit abgeteiltem großen Zeh) mit Ledersohlen
      :punkt: Leichter Kapuzenumhang, um seine Flügel und notfalls den Kopf zu verdecken


    Dabei bevorzugt er leuchtende Farben und auffällige Muster.



    Auf Reisen trägt er die selbe Kleidung, jedoch geringfügig variiert:


    Obwohl dies nicht der Mode des Shogunats entspricht, verwendet er zusätzliche Unterschenkel- und Unterarmstulpen aus Leder, um den weiten Stoff zusammen zu raffen, damit dieser ihn nicht in seiner Bewegungsfreiheit einschränkt. Er geht außerhalb des Hauses und des dazugehörigen Gartens zudem barfuß, wie er es fast sein ganzes Leben lang getan hat.


    Bei Regen, Schnee oder anderem Wetter, welches die Kleidung nass oder schmutzig werden lassen könnte, geht er komplett nackt, da er als Peng vollkommen kälteresistent ist und es bei ihm ohnehin nichts zu gucken gibt. Die Kleidung verstaut er sorgfältig zusammengelegt in seiner ledernen Umhängetasche, damit sie trocken und sauber bleibt.


    Befindet er sich bei Regen in einer Gegend mit vielen Leute, wo seine Nacktheit als öffentliches Ärgernis wahrgenommen werden könnte, bewegt er sich abseits, damit ihn keiner sieht. Da er jedoch fast nur nachts unterwegs ist, fällt das im Allgemeinen nicht weiter schwer.



    Körperschmuck:


    Da seine Scheckhaut bereits mehrmals für Lepra gehalten wurde, schminkt Azzmicon sein Gesicht komplett weiß, so dass die dunklen Flecken um die Augen und die Mundwinkel nicht mehr zu sehen sind. Er versucht, die Schminke möglichst unauffällig zu halten, aber es ist leider nicht zu übersehen und führt hinter seinem Rücken oft zu noch mehr Lästereien, als er als Dämon ohnehin schon über sich ergehen lassen muss. Da die wenigsten wissen, warum er sich schminkt, wird dies oft fehlgedeutet.


    Azzmicon ist ganz versessen auf Schmuck und packt seinen ganzen Körper voll damit. Insgesamt trägt er an jedem Finger mindestens einen Ring, mehrere Zehenringe, etliche Knochensplitter mit zwei angespitzten Enden durch die Ohrmuscheln und so viele Ketten, dass jede Bewegung zu einem Klimpern und Klappern führt. Er trägt prinzipiell Schmuckstücke in gerader Anzahl an jedem Gliedmaß.



    Ausrüstung:


    Auf Reisen verwahrt er sein Nötigstes in einer ledernen Umhängetasche.


      :punkt: Schreibutensilien
      :punkt: Trockenfleisch für 5 Tage
      :punkt: Schüssel aus Kupfer zum Abkochen von Wasser
      :punkt: Feuersteine und getrockneten Dung zum Anzünden
      :punkt: Messer
      :punkt: Decke als Unterlage und zum Draufsetzen
      :punkt: Ein Löffel, den er während seines ersten Ausflugs an die Oberfläche gesammelt hatte
      :punkt: 30 Kupferstücken


    Er verzichtet bewusst darauf, Verbandszeug oder Arznei mit sich zu führen. Bei Verletzungen leckt er sich die Wunden sorgfältig sauber und Versucht, an frisches Blut heranzukommen, dessen Genuss ihn stärken soll. Ansonsten ist er der Meinung, sein Körper würde allein besser zurecht kommen, als wenn die Heilung durch Tränke, Salben u. ä. „gestört“ wird.
    An Dingen, die zum Sortieren einladen, trägt er auf Reisen nur seinen Schmuck mit sich. Findet er etwas, das ihm so gut gefällt, dass er es behalten möchte, vergräbt er es an markanten Orten, für den Fall, dass er irgendwann einmal wieder in der Nähe ist.



    Physische Eigenschaften


      :punkt: Unmuskulöser, schwammiger Körperbau
      :punkt: Keinerlei magische Fähigkeiten
      :punkt: Enorm scharfe Klauen an Händen und Füßen, welche sogar Lederrüstungen durchdringen können
      :punkt: Schlitzpupillen
      :punkt: Echarfe Zähne
      :punkt: Flügel
      :punkt: Scheckhaut



    Charakterliche Eigenschaften


      :punkt: Mag keine Prügeleien, zumindest nicht, wenn er selbst darin involviert ist, schaut aber gern zu
      :punkt: Bei fremden Personen ist er zunächst sehr skeptisch und zurückhaltend, wenn das Eis (aus seiner Sicht) jedoch einmal gebrochen ist, ist er derart anhänglich, dass seine Anwesenheit vielen Leuten rasch unangenehm wird, da es ihm schwer fällt, einzuschätzen, was unter den Oberweltsbewohnern angemessen ist und was nicht
      :punkt: Hat eine sehr geringe Individualdistanz, das betrifft zB in welchem Abstand man nebeneinander sitzt oder welche Entfernung man zum Gesprächspartner einhalten sollte. Azzmicon neigt dazu, seinem Gegenüber viel zu sehr auf die Pelle zu rücken, was oft als unangenehm empfunden wird
      :punkt: Fast schon übertrieben höflich
      :punkt: Legt Wert auf seriöse Sprechweise, verabscheut Schimpfwörter und, wie er es nennt, „Gossensprache“, ebenso gruselt er sich vor dem dazu gehörigen Klientel
      :punkt: Liebt Ordnung und Sauberkeit, mit einer Ausnahme (s. u.)
      :punkt: Sammelt allen möglichen Schnickschnack, wie Hagebutten, Insektenflügel etc. und das in großen Mengen
      :punkt: Muss Dinge, die sich dazu eignen, zwanghaft nach verschiedenen Schemata sortieren, wie z. B. das, was er gesammelt hat, aber auch Essstäbchen, Schreibutensilien, Haarklemmen etc.
      :punkt: Aufgrund seiner Herkunft aus einem Rudel, wo zum Schutz alle dicht an dicht schlafen, ist er extrem verschmust. Ohne zu kuscheln oder wenigstens den Atem eines anderen zu hören schläft er sehr schlecht.
      :punkt: Mag Hunde und verteht sich mit diesen ausgesprochen gut, andere Tiere betrachtet er nur als Nahrungsquelle oder Nutzwerkzeug, Insekten als Objekte zum sammeln, darüber hinaus kann er mit Tieren, die keine Hunde sind, nichts anfangen



    Stärken und Schwächen sowie neutrale Eigenschaften


      + messerscharfe Klauen und Zähne
      + nahezu vollständig resistent gegen alle Temperaturen, ob eisig oder sengend heiß
      + kann wg. seiner Unsportlichkeit zwar nicht fliegen, aber durch flattern mehrere Meter hohe und weite Sprünge vollführen sowie Stürze abbremsen und von erhöhten Punkten aus hinabsegeln
      + hervorragendes Gehör
      + kann Ultraschallschrei ausstoßen und sich so auch in absoluter Finsternis orientieren
      + sehr neugierig, an allem neuen sehr interessiert
      + kann sich sehr lange auf etwas konzentrieren
      + Nachtsicht


      - ermüdet sehr rasch bei körperlicher Anstrengung
      - schlechte Augen bei Tageslicht, besonders bei wolkenlosem Himmel, da ihn das Licht blendet
      - hochempfindlich gegen heilige Magie
      - Gehör extrem empfindlich bei zu vielen oder zu lauten Geräuschen, bis hin zu Gleichgewichtsstörungen und völliger Desorientierung
      - Scheckhaut wird oft mit Lepra oder anderen Krankheit verwechselt, was zu Panikreaktionen führt
      - Zwangsstörung (muss geeignete Dinge sammeln und sortieren)
      - mitunter Probleme, die Mentalität und das Handeln der Oberflächenbewohner zu begreifen und sich dem anzupassen
      - hochempfindlich gegen Sonnenlicht
      - Neurodermitis auf den pigmentfreien Hautarealen


      ~ markiert Gegenstände und Orte, mitunter auch Personen, die ihm gefallen, mit Urin
      ~ ist nicht in der Lage das Konzept zu begreifen, dass herumliegende Gegenstände, die noch dazu nicht markiert sind, jemandem gehören können → begeht „Diebstähle“, die für ihn keine sind



    Lebenslauf


    Sieht man Azzmicon heute in seinen feinen Gewändern, mag man kaum glauben, dass seine Geschichte einst tief unter der Oberfläche der Erde begann, als staubbedecktes Pengjunges, das zusammen mit den anderen als Knäuel auf dem blanken Höhlenboden lag.


    Sein Rudel nannte sich die Fleckenhunde und ihr einziger Lebensinhalt bestand darin, einen der Eingänge zur Oberwelt zu bewachen, sich mit anderen Rudeln zu bekriegen und Jagdausflüge zur Oberwelt zu veranstalten.


    Lange Zeit wusste er nicht, was Fleckenhund überhaupt bedeutet und hielt es für die Bezeichnung seiner Art, ehe er als Erwachsener das erste mal einem wirklichen gefleckten Hund gegenüber stehen sollte.



    Kindheit


    Azzmicons voller Name lautet Azzmicon Rhi Caligander Janderiah Fleckenhund. Das bedeutet traditionell soviel wie
    Azzmicon, Sohn von Caligander und Janderiah, Mitglied der Fleckenhunde.


    Er verbrachte seine Kindheit in den obersten Bereichen der Unterwelt. Er erlebte die blutigen Revierstreitigkeiten seines Rudels und die gelegentlichen Jagdausflüge an die Oberfläche als etwas völlig Normales. Auch, dass hin und wieder jemand nicht zurückkehrte war nichts, was ihn beunruhigte.


    Seine Eltern hatten nichts Besonderes an sich, dass sie in irgend einer Weise aus dem Rudel hervorstechen lassen würde, es waren ganz normale Peng, die ihren Platz irgendwo in der Mitte der Rangfolge inne hatten. Ob sein Vater wirklich sein Vater ist, weiß niemand genau, da seine Mutter verkehrte, mit wem sie gerade Lust hatte und es im Rudel keine Vorstellung von Ehe gibt. Höchtens gegenseitige Sympathie, mitunter auch Liebe, aber keine festen offiziellen Partnerschaften oder gar dauerhafte Treue. Meist kann der Vater nur erahnt werden und die Mutter benennt ihr Junges einfach nach dem Männchen, von welchem sie sich ihren Nachwuchs wünschen würde.


    Anhand des Fleckenmusters lässt sich die Abstammung von Azzmicon jedoch ganz gut vermuten. Sein vermutlicher Vater jedenfalls akzeptiert ihn als seinen Nachwuchs, was sich darin äußert, dass er sich ein wenig mehr für ihn interessiert als für andere Jungen, aber sonst kaum irgendeine Auswirkung hat.


    Er genoss die Fürsorge seiner Mutter und der anderen Weibchen, die sich in die Aufzucht der Jungen herein teilten und suchte oft ihre Nähe. Für die Kampfspiele der anderen Kinder hatte er wenig Interesse – nicht, wie man vielleicht glauben mag, weil er sonderlich friedfertig war, sondern darum, weil er über keinerlei kämpferisches Talent verfügte. Er war eine Niete. Und wer in Raufereien immer unterliegt, verliert irgendwann die Lust am Kämpfen.


    Statt sich zu raufen und dadurch seine Kampffertigkeiten zu schulen, spielte er lieber mit Knochen, die von den Mahlzeiten übrig blieben oder Steinen, die er stundenlang nach verschiedenen Kriterien sortierte – nach Größe, nach Form, nach Farbe, nach Maserung und so weiter. Das beruhigte ihn und half ihm, die viele Prügel, die er einstecken musste, leichter zu ertragen. Das Sortieren wurde zu seiner Medizin und er versank gänzlich darin.



    Jugend


    Als er in die Pubertät kam, entwickelte er wegen mangelnder Ertüchtigung nicht den athletischen Körperbau, der den Peng sonst eigen ist, sondern blieb ohne muskulöse Konturen. Er ging zwar etwas in die Breite, doch mehr auch nicht.


    Seine Eltern beobachteten seine Entwicklung kritisch. Sie stifteten andere Peng in seinem Alter immer wieder an, ihn anzugreifen, damit er gezwungen war, zu kämpfen. Das endete für Azzmicon jedes Mal in einem Desaster mit vielen Beulen, Blutergüssen und Nasenbluten. Selbst viel jüngere und kleinere Peng konnten ihn mühelos überwältigen. Hinterher zog er sich verbeult und zerkratzt in eine möglichst weit entfernte Höhle zurück und fuhr fort, Steine und Knochen zu sortieren um sich zu beruhigen.


    Er wurde gemobbt und misshandelt, jedoch niemals davon gejagt oder wirklich schwer verletzt, da Peng einen starkes Zusammengehörigkeitsgefühl haben, selbst wenn sie einen nicht leiden können. Aus dem gleichen Grunde wäre es ihm nie in den Sinn gekommen, sein Rudel zu verlassen, egal, was man dort mit ihm anstellte. Solche Gedanken existierten in seinem Kopf einfach nicht. Freunde hatte er keine, aber zum Schlafen durfte er aus Sicherheitsgründen mit den anderen dicht an dicht schlafen, was er immer sehr genoss.


    Wenn er es am Lagerplatz des Rudels für sicher hielt, weil die Stimmung gerade harmonisch war, hielt er sich bevorzugt in der Nähe der Weibchen auf, da diese weniger aggressiv waren. Als Azzmicon aber anfing, sich für den Nachwuchs zu interessieren und sich an der Fürsorge der allerkleinsten Rudelmitglieder zu beteiligen, riss nicht nur seinen Eltern endgültig der Geduldsfaden, sondern auch dem Häuptling der Fleckenhunde.


    Es war Zeit, aus diesem Weichling einen Mann zu machen!


    Denn immerhin sollte Azzmicon, wie jeder Erwachsene, später das Revier verteidigen, andere Rudel überfallen und auf die Jagd gehen, um das Rudel zu ernähren. In seinem jetzigen Zustand wäre er jedoch in jeder Hinsicht ein einziger Klotz am Bein. Also erteilte der Häuptling ihm den Auftrag, einen Jagdtrupp der Erwachsenen an die Oberfläche zu begleiten. Vielleicht konnte man ihn ja wenigstens dazu gebrauchen.



    Die erste Jagd


    Die Jäger hatten von ihren Streifzügen an die Oberfläche immer schöne Dinge mitgebracht: kleine entwurzelte Bäumchen oder Blumen, buntes Laub, abgeworfene Hirschgeweihe, Federn und vielerlei weitere Schätze der fremden Natur. Aber auch Gegenstände, die, wie die Jäger erzählten, von Völkern stammte, die an der Oberfläche lebten.


    So waren Azzmicon viele Sachen schon bekannt, als er im Alter von 20 Jahren das erste Mal die Oberfläche betrat. Er kannte die Erde und das Laub unter seinen Füßen, er kannte Tannenzapfen und Pilze, Stöcke und Wurzeln, Käfer, Schlangen, Eichhörnchen und Vögel. Doch nichts hatte ihn auf die Weite vorbereiten können, die sich über ihm eröffnete. Vor Ehrfurcht ging er in die Knie, Augen und Mund weit aufgerissen, den Blick nach oben gerichtet, wo eine gleißend weiße Scheibe auf ihn hinab schien. Er starrte den Mond an, bis seine Augen tränten, die Sterne und die Wolken. Er roch den würzigen Duft der Bäume, die weit in den Himmel emporragten und ihn winzig und unbedeutend klein erscheinen ließen.


    Sein Rudel wartete geduldig, bis er sich von allein wieder erhob. Es war ihnen ja selbst nicht anders ergangen, als sie die Unterwelt das erste Mal verlassen hatten. Dann machten sie sich auf die Jagd. Sie zeigten ihm Spuren in feuchter Walderde, erklärten ihm allerlei Gerüche und Geräusche, auf die er achten musste. Und wie er darauf achtete! Er achtete auf alles! Nichts entging ihm. Die kleinste Mücke, die an ihm vorbei zog, das leise Rascheln in den Blättern, der süße Duft der Blumen, all das sog er in sich auf. Er konnte nicht genug bekommen von den neuen Eindrücken, die sich so wundervoll von der stumpfsinnigen Routine in seinem Heimatrevier unterschied.


    Schließlich versteckte der Jagdtrupp sich auf einem Hügelkamm. Die Jäger erklärten ihm, dass er hier warten und zuschauen sollte, während sie Beute machten – ein Rudel Menschen würde bald hier vorbeikommen, denn der Wind trug ihre Stimmen und ihren Geruch mit sich. Und kurz darauf waren sie da. Es war das erste Mal, dass Azzmicon einen lebenden Menschen sah, bisher kannte er nur die Toten, die sie manchmal zerteilt hinab getragen hatten. Wie wunderschön sie sich doch kleideten, wie klangvoll ihre Stimmen waren! Was für wundersame Tiere und Geräte sie mit sich führten!


    Wie gern hätte Azzmicon sie länger beobachtet, ihrer melodischen Sprache gelauscht, beobachtet, wie sie sich bewegten und miteinander beschäftigen.


    Doch all das endete in einem Blutvergießen.


    Auf dem Rückweg sprach Azzmicon kein Wort mit den anderen Peng. Er umklammerte einen glitzernden Gegenstand, der den Menschen gehört hatte – es war ein Löffel – während er ein Bein seines Besitzers über seiner Schulter trug.


    Im Heimatrevier überließ er das Bein den Jungen, die sich gierig darauf stürzten. Er selbst hatte keinen Appetit. Er belauschte die Jäger, die dem Häuptling über ihn berichteten. Sie erzählten, dass Azzmicon ein hoffnungsloser Fall sei. Er hatte lieber gerätselt, wie die Räder des Wagens funktionierten, anstatt an den bereits nieder gestreckten Menschen das Töten zu üben. Azzmicon verzog den Mund. Wie sollte er jemanden töten, der so schöne Sachen herstellen konnte? Der solche Wunder vollbrachte?



    Azzmicons Schätze


    Er verbarg den Löffel in einer seiner Schatzkammern, die er sich im Laufe der Zeit angelegt hatte und in denen er allerlei schöne Steine, Knochen und Oberweltsdinge hortete.


    Wegen ihrer nomadischen Lebensweise hatten die Fleckenhunde viele der von den Jägern mitgebrachten Gegenstände zurücklassen müssen, wenn sie ein neues Lager aufsuchten. Dabei blieben sie jedoch immer innerhalb ihres Reviers, welches das Gebiet um die Wege die zum Ausgang führten sicherte. Ihr gesamtes Streifgebiet war voll von herumliegenden Gerümpel. Azzmicon hatte die schönsten Stücke zusammengetragen und regelrechte Schatzkammern angelegt, die er immer wieder besuchte, wenn er in der Nähe war. Während die anderen rauften und ihre Kampffertigkeiten trainierten, hockte er in seinen Verstecken, sortierte seine Schätze und sorgte dafür, dass sie möglichst frei von Staub blieben.



    Erwachsenenalter


    Viele Jahre verbrachte Azzmicon damit, sich wahlweise zu langweilen oder verprügelt zu werden. Es gab nichts, was er tun konnte, um etwas Nützliches zum Rudel beizutragen. Er durfte keine anderen Rudel mit überfallen, weil er die anderen nur behindern würde. Auf die Kinder aufpassen durfte er auch nicht, weil man fürchtete, das würde ihn noch mehr verweichlichen.


    Wenn er sich paaren wollte, wurde er entweder von den anderen Männchen fortgescheucht oder die Weibchen bissen ihn blutig, bis er winselnd das Weite suchte. Die Kampfspiele, die einen großen Teil des Alltags im Rudel ausmachten, wurden für ihn zu einem Martyrium, vor dem er sich, so oft es ging, in seinen Schatzkammern versteckte, wo er seine Habseligkeiten über Stunden hinweg immer wieder neu sortierte.


    Einzig die wenigen Jagdausflüge brachten ihm Abwechslung.
    Sie waren das Einzige, woran er wirklich Freude hatte.



    Die letzte Jagd


    Die Jäger nahmen ihn auf Anweisung des Häuptlings noch einige Male mit an die Oberfläche. Dieser dachte, dass Azzmicon vielleicht einfach mehr Übung bräuchte. Azzmicon war jedes Mal hellauf begeistert. Er liebte es, unter den Sternen zu wandern, Gras unter den nackten Fußsohlen zu spüren und die Wunder der Natur zu begutachten. Dass es hier eigentlich darum ging, für das Überleben des Rudels zu sorgen, war ihm unwichtig, das würden die anderen schon tun. Er untersuchte derweil lieber die Borke der Bäume, betastete ihre zerklüftete Oberfläche und schaute, was für Tiere sich darin verbargen.


    Wenn er eine Spinne oder einen Käfer fangen konnte, beobachtete er zunächst, wie das Tier sich verhielt, ehe er es sorgsam in seine Einzelteile zerlegte und diese ordnete. Die schönsten Stücken nahm er sich mit in die Unterwelt, wo er inzwischen eine ganze Sammlung von Insektenteilen und Schneckenhäusern hatte.


    Doch eines Nachts, als die Jäger vollbeladen mit erbeutetem Wild wieder nach Hause wollten, war da plötzlich kein zu Hause mehr. Sie standen da wie angwurzelt und starrten auf die Stelle, wo früher der Höhleneingang in die Unterwelt geführt hatte. Nun lagen da schwere Felsblöcke und Geröll, die sich in einer gewaltigen Lawine vom Berg hinab über den Eingang ergossen hatten. Diese gewaltigen Steine fortzuräumen war ein Ding der Unmöglichkeit und einen weiteren Zugang kannten sie nicht.


    Wie hatte das nur passieren können?
    Jahrtausende hatte dieser Eingang gehalten!


    Da ertönten laute Stimmen und plötzlich waren die Fleckenhunde von zornigen Menschen umringt. Ihre Kleidung ähnelte jenen, die sie ab und zu überfallen hatten. Ein erbitterter Kampf entbrannte. Diejenigen Peng, die Widerstand leisteten, wurden sofort getötet, die übrigen geknebelt und fort gebracht.
    Azzmicon war zu diesem schicksalsträchtigen Tag 44 Jahre alt.



    Zeit der Gefangenschaft


    Man brachte die gefangenen Dämonen auf den Markt von Ganin, wo man sie als exotische Sklaven verkaufte. Der Zufall wollte es, dass ein Daimyo mit seiner Tochter Kaya vorbeischaute. Kaya hatte das schwere Los, keine Kinder gebären zu können, weshalb ihre Ehe wieder geschieden wurde und sie an den Hof ihres Vaters zurück kehrte. Sie war immer unglücklich und fühlte sich permanent einsam, obwohl ihre Familie sich liebevoll um sie kümmerte. Ihr Vater würde alles dafür geben, sie wieder lachen zu sehen.


    Kaya erblickte nun die kleinwüchsigen Peng. Sofort war sie entzückt von den verängstigten Kraturen, die sich aus Angst vor der Sonne unter einer aufgespannten Zeltplane zusammen drängten. Wegen ihres unbefriedigten Mutterinstinktes fand sie die kleinen Kerle niedlich und hatte Mitleid mit ihnen. Die Flecken hielt sie für normal bei diesen Dämonen, da sie noch nie einen Peng gesehen hatte. So bekniete sie ihren Vater, ob er ihr nicht eines der Kerlchen kaufen könnten. Nach einigem Hin und Her ließ der sanftmütige Mann sich schließlich breit schlagen und sie durfte sich einen auswählen.


    Sie entschied sich rasch für Azzmicon, den sie wegen seiner Statur für ein Weibchen hielt. Vielleicht war sie ja schwanger und Kaya könnte ihr bei der Pflege des Babys helfen. So zog Azzmicon in Ketten ins Haus des Daimyos ein.


    Die erste Zeit hatte Azzmicon wenig Freude, obwohl Kaya sich gut um ihn kümmerte. Er war im Keller angekettet, damit er es schön muffig und dunkel hatte, ihm stand ständig frisches Wasser zur Verfügung und ein mit Stroh gefüllter Sack, von dem er keine Ahnung hatte, was er damit anfangen sollte. Er bekam zwei Mal am Tag Schlachtabfälle und auch zwischendurch kam Kaya öfters vorbei um nach ihm zu sehen.


    Azzmicon vermisste schrecklich sein Rudel, obwohl er dort so schlecht behandelt worden war. Auch, wenn er sich oft vor den anderen zurückgezogen hatte, sie waren immer da gewesen. Er hatte sie gehört und gerochen und jederzeit aufsuchen können, wenn ihm danach war. Jetzt war er ganz auf sich allein gestellt in einer fremden Welt. Er begann, die kleinen Steinchen auf dem Boden einzusammeln und zu sortieren und herumliegende Haare. Als nächstes zerlegte er Faser für Faser den Strohsack, um alle Fasern nebeneinander der Größe nach anzuordnen.


    Kaya entging nicht das Leid ihres neuen Schützlings und sie brachte ihm Murmeln oder Nüsse, damit er damit spielen und sie sortieren konnte. Irgendwann traute sie sich, dem kleinen Dämon über den Kopf zu streicheln, um ihn zu trösten. Der schmiegte sich sofort an ihre Hand und bettelte nach mehr. Ihn hatte noch nie irgendjemand gestreichelt. Kaya war hin und weg davon, wie zutraulich er war und streichelte ihn fortan öfters.


    Sie hätte ihn gern von der Kette losgemacht, aber sie musste fürchten, dass er ausriss und dann von den Bogenschützen erlegt wurde, welche auf dem Wachturm nahe des Palastes nach Gefahr Ausschau hielten, denn so hatte es ihr Vater befohlen. Der Peng wurde nur so lange geduldet, wie er vollkommen unter Kontrolle war. Angst hatte sie keine vor ihm, denn sie war eine sensible Frau welche die Körpersprache anderer zuverlässig zu deuten wusste. Dieses Häufchen Elend stellte keine Bedrohung dar.


    Ach, könnte sie sich doch nur mit ihrem neuen Schützling verständigen! Das würde so vieles vereinfachen.


    Wieder war es ihr Vater, der Rat wusste. Er hatte gesehen, wie gut es seiner Tochter tat, sich um jemanden kümmern zu können und bald darauf traf ein Bekannter ein, der sein selbst beschworenes Teufelchen mit sich führte.



    In der Lehre des Teufelchens Mard


    Das Teufelchen hörte auf den Namen Mard und war einstmals gegen seinen Willen in die Welt der Sterblichen beschworen worden. Mard freute sich über alle Maßen, mal wieder mit jemandem aus der Unterwelt reden zu können - und sei es auch ein Peng. Azzmicons Pigmentstörung machte Mard keine Angst, da er schon von den Fleckenhunden gehört hatte.


    Nach den ersten euphorischen Stunden, in denen die beiden sehr lebhaft miteinander sprachen, kam Mard zum Ernst der Sache und erklärte ihm die Lage. Er richtete ihm auch aus, dass er sich fortan frei bewegen konnte, wenn er sich anständig benahm. Würde er auch nur verdächtig dreinschauen, wäre er sofort wieder an der Kette. Um ihm beizubringen, was anständig hieß, wäre er da.


    Und so geschah es.


    Mard spielte den Dolmetscher für Kaya und Azzmicon. Kaya war äußerst überrascht, dass er ein Männchen war, aber noch überraschter war Azzmicon, dass sein neuer Herr eine Sie sein sollte. In seiner Vorstellung waren Frauen muskulöser als Männer. Dass es bei den Menschen umgekehrt sein sollte und die Frauen das „schwache“ Geschlecht, hielt er erst für einen Scherz. Er glaubte es erst, als er das erste Mal ihre Regelblutung roch.


    Mard brachte Azzmicon die Grundlagen der Sprache Tachyago bei, zeigte ihm, wie man mit Essstäbchen aß, wie man sich kleidete und aus Gefäßen trank, ohne dabei die Zunge aus dem Mund hängen zu lassen. Das meiste davon lernte Azzmicon rasch, denn er hatte Angst, dass er wieder an die Kette gelegt werden könnte, wenn er versagte. Das passierte gelegentlich, wenn er grobes Fehlverhalten zeigte, im Allgemeinen jedoch war der Daimyo ein nachsichtiger Mann, wenn es um Kleinigkeiten ging.


    Azzmicon bemühte sich darum, sich perfekt an die Gepflogenheiten der Garu Ashi anzupassen. Es gelang ihm bald so gut, sich ordentlich zu verhalten, dass die Wachen aufhörten, jede seiner Bewegungen mit der Hand am Schwert zu verfolgen. Nach einigen Wochen des Argwohns hatten sie sich davon überzeugt, dass der Peng einfach nur ein harmloses Kerlchen war, das ohne sein Rudel völlig hilflos und aufgeschmissen darauf hoffte, irgendwo wieder Anschluss an eine Gesellschaft zu finden.


    Mard zeigte ihm auch, wie er Kaya durch possierliches Benehmen dazu bringen konnte, ihn mit süßem Gebäck und getrockneten Fleischstücken zu verwöhnen oder ihm den Kopf zu kraulen, wann immer er wollte, denn sie genoss sehr seine Anwesenheit. Für sie war der Peng nach wie vor klein, schutzbedürftig und niedlich.


    Azzmicon fühlte sich wohl in ihrer Gesellschaft. Er vermisste auf eine quälende Weise die Nähe seiner Rudelmitglieder und war froh, eine so gute Herrin erwischt zu haben, die ihn mit leckeren Speisen verwöhnte und ihn liebkoste. Er gewöhnte sich an, ihr auf Schritt und Tritt zu folgen: Er war dabei, wenn sie aß, wenn sie sich zum Tee mit den anderen Damen traf, wenn sie bei Kerzenschein die Laute spielte und abends einen Spaziergang durch den Garten unternahm, wo Glühwürmchen sie umschwirrten. Er wich immer seltener von der Seite der sanften Frau und schließlich durfte er sich abends am Fußende ihres Bettes einrollen. Mard wurde immer unwichtiger. Azzmicon konnte bald so gut Tachyago, dass er sich selbst ausreichend verständigen konnte.


    Und so registrierte er es nur am Rande, als Mard und dessen Meister den Hof wieder verließen.



    Azzmicons Alltag


    Im Wesentlichen bestand Azzmicons Aufgabe nur darin, der Tochter des Daimyos mit seiner Anwesenheit die Zeit zu versüßen. Der zutrauliche Peng war zwar kein Ersatz für ein Kind, aber ein guter Trost. Es bereitete ihr große Freude, ihm all das beizubringen, was sie ihren nie geborenen Kindern beigebracht hätte – sie lehrte ihm all das, was Mard ihm nicht hatte beibringen können und schließlich auch lesen und schreiben. Und Azzmicon lernte mehr als begierig. Was für ein Unterschied zu dem tristen Alltag in seinem Heimatrevier!


    Sein Heimweh verblasste nach und nach. Er würde niemals sein Rudel vergessen, doch erst jetzt, wo er hier am Hofe des Daimyos war, wo der Alltag ihn geistig forderte, fühlte er sich wirklich lebendig.



    … und seine Macken


    Es gab nur wenige Dinge an Azzmicon, die für die Menschen störend waren, doch diese wenigen zogen mitunter großen Unmut auf sich. So auch die Sammelleidenschaft des Peng, der in allen möglichen Winkeln des Palastes Depots kleiner Gegenstände anlegte. So fehlten immer wieder Essstäbchen, Haarklemmen, Schreibgeräte und andere Dinge, welche die Bediensteten bei der Reinigung des Palastes an den unmöglichsten Orten wieder fanden.


    Eine weitere lästige Eigenart des Peng war, dass er die Dinge mit Urin markierte, um sie als sein Eigentum zu kennzeichnen, wie er es noch aus dem Rudel gewohnt war. So konnte man sie, wenn man sie endlich gefunden hatte, auch gleich entsorgen. Es war Azzmicon zudem nicht möglich, herumliegende Dinge einem Besitzer zu zuordnen.


    In seinem Rudel gehörten Dinge, die nicht markiert waren, allen, bis irgendjemand seinen Besitzanspruch nach Pengmanier zum Ausdruck brachte. So kam es immer wieder zu „Diebstählen“, wenn Azzmicon Gegenstände einsammelte, um sie zu horten oder zu Geruchsbelästigungen, wenn er wieder etwas markiert hatte.


    Diese Unarten waren ihm weder durch die Aussicht auf Belohnung, noch durch Androhung von Strafe vollständig abzugewöhnen, obwohl Azzmicon sehr lernfähig und auch Willens war, sich anständig zu benehmen. Man wusste nicht, dass das Sammeln und Sortieren bei ihm zwanghaft war, so dass diesem Verhalten mit gewöhnlichen Mitteln nicht beizukommen war. Und das Markieren war angeboren und darum unerreichbar tief in ihm verwurzelt.
    Ein Großteil seiner Schandtaten blieb unbemerkt, da er nur wertlose Dinge stibitzte und sich das Markieren auf einige Tröpfchen beschränkte. So erschienen diese Untaten weniger drastisch, als sie eigentlich waren.


    Jedoch stellte man rasch fest, dass es zur Eindämmung seiner Unarten förderlich war, wenn Azzmicon den Tag nicht nur mit Faulenzen verbrachte, sondern einer Aufgabe nachging, die ihm gefiel. Und besonders gefiel ihm das Schreiben. Er konnte stundenlang hochkonzentriert Schriftstücken kopieren, Buchstabe für Buchstabe und zwar so genau, dass man die Kopie kaum vom Original unterscheiden konnte.



    Seine neue Aufgabe


    Das wurde nun also seine Aufgabe – er kopierte Schriftrollen mit Geschichten und Liedern oder Aufzeichnungen von Wissen, die dann vom Daimyo verschenkt oder verkauft wurden. Damit verdiente Azzmicon sich ein Taschengeld. Er wurde im Laufe der Zeit durch Übung so gut, dass er auch begann einfache Gemälde zu kopieren.


    Auch lernte er verblüffend schnell die Sprache seines neuen „Rudels“, Tachyago, die er nach einigen Jahren zwar mit deutlichem Akzent, aber grammatikalisch korrekt sprechen und schreiben konnte.


    Er legte Wert darauf, als Person ernst genommen zu werden und wollte nicht mehr nur als putziges Haustier betrachtet werden. So gewöhnte er sich eine übertrieben gestelzte Sprechweise und fast schon albern höfliches Benehmen an. Zudem begann er die Pigmentflecken in seinem Gesicht mit Schminke, die er bei seiner Herrin geborgt hatte, zu kaschieren. Seine Flügel verbarg er meist unter einem leichten Umhang.


    Er lernte auch ein wenig Tjalabah, so dass er sich damit verständigen konnte, auch wenn er diese Sprache nie so gut beherrschen sollte wie Tachyago.



    Hinaus in die Welt


    Azzmicon besaß alles und doch blieb da eine unbefriedigte Sehnsucht, die ihn besonders zu den natürlichen Paarungszeiten der Peng quälte – die Sehnsucht nach Artgenossen. Umso erstaunter war er, als er erfuhr, dass es abgesehen von den Jägern, mit denen zusammen er gefangen worden war, noch andere Peng an der Oberfläche gab: wilde Peng, die auf den Gletschern lebten.


    Während Azzmicon sich vor Freude über diese Nachricht fast überschlug, war der Daimyo wenig begeistert, denn diese Peng überfielen seit neustem in seinem Daimyat regelmäßig Händler und Bauern. So kamen sie während des Gesprächs darauf, dass Azzmicon versuchen könnte, das Kernrevier dieser Peng ausfindig zu machen.


    Was Azzmicon nicht wusste, war, dass der Daimyo die Auslöschung dieses Rudels im Blick hatte, das eine Gefahr für seine Untertanen und für den Handel darstellte. Azzmicon hingegen ging gutgläubig davon aus, dass er als Übersetzer irgendwelche Verhandlungen leiten sollte.


    Es war zwar ein fremdes und somit erst einmal feindliches Rudel, doch auch in der Unterwelt kam es - wenn auch selten - zu Bündnissen oder Waffenstillständen, meist, wenn ein höheres Ziel erreicht werden sollte, zum Beispiel die Vertreibung eines dritten Rudels, das für sie allein zu stark war. Selten kam es auch zu Freundschaften oder Liebschaften über die Rudelgrenze hinaus.


    Vielleicht hatte Azzmicon ja Glück und irgendjemand würde sich für ihn interessieren.
    Sie könnten sie sich gegenseitig besuchen oder gemeinsam durch die Lande streifen.
    Er könnte ihm seine Murmelsammlung zeigen und sie spielten anschließend damit.
    Er würde sich sogar breit schlagen lassen und mit ihm raufen.
    Wenn es ein Weibchen war, fand sie ja vielleicht Gefallen an ihm.


    In seinen Träumen erkundete er mit dem anderen Peng schon die geheimnisvollen Wälder von Heinan.
    Er konnte es gar nicht mehr erwarten! Und so verließ er hoch motiviert sein neues zu Hause,
    nachdem er sich ausgiebig von Kaya verabschiedet und ihr versprochen hatte, gut auf sich Acht zu geben. Der Daimyo machte sich keine Sorgen darum, dass der kleine Dämon vielleicht nicht zurück kehren könnte - Azzmicon hatte in all der Zeit bei Hofe nicht einen einzigen Fluchtversuch unternommen und fühlte sich augenscheinlich in seiner Rolle pudelwohl.


    Er trat er unter das weiße Licht des Mondes und wie beim ersten Mal verharrte er lange
    und starrte einfach nur in den Himmel, ehe er seine Reise begann.