Kapitel 4 - Schuld und Sühne

  • Schuld und Sühne
    Eine Totenkerze brannte unter dem Gemälde von Ernesto Sirio di Ledvicco. Ansonsten war das Gemach dunkel, das Tazio sich mit niemandem teilte als den Geistern der Vergangenheit. Was genau sich in der letzten Schlacht des Krieges abgespielt hatte und wie die Entscheidungen der Feldherren auf allen Seiten zu bewerten waren, darüber schieden sich die Geister. Für Tazio aber gab keinen Freiraum für Interpretation. Er hatte den Verrat selbst miterlebt.


    Inhalt


    :punkt: [anker_url]Rückblick auf den Krieg vor Dunkelbruch[/anker_url]
    :punkt: [anker_url]Rückblick auf die Heimreise[/anker_url]
    :punkt: [anker_url]Schuld und Sühne[/anker_url]




    1



    [anker]Rückblick auf den Krieg vor Dunkelbruch[/anker]
    Wenn Tazio die Augen schloss, spürte er erneut den Wechsel zwischen der unerträglichen Hitze unter seiner Rüstung, während er zu Pferd von hier nach da eilte, um die unübersichtlicher werdende Schlacht zu koordinieren, und der eisigen Kälte in den wenigen Ruhestunden. Seine akustischen Begleiter waren ständiges Gejammer, Genörgel, Gefluche oder das Weinen derer, welche die letzten Nerven verloren hatten. All das war besser, als wenn die Soldaten schwiegen, denn das bedeutete Resignation und Tod. So lange sie sich beschwerten, so lange hatten sie noch Kampfgeist. Hitze und Kälte, Hitze und Kälte. Schweiß, Regen, nasse Kleider, die nicht trockneten, entzündete Haut, Eiter und Blut. Parasiten, unerträglicher Juckreiz an Stellen, die ein Duca sich nicht in der Öffentlichkeit kratzen durfte, Blutergüsse vom andauernden Tragen der Rüstung und in all dem das Wissen, sich konzentrieren zu müssen, da jede falsche Entscheidung vergossenes Blut der Ledvigiani oder ihrer Verbündeten bedeuten konnte.


    Ein harter Hund war ihr Gegner Tarrik Tarkan mit dem grauen Turban. Seine Rakshaner waren Meister darin, ihre Gegner zu erschöpfen und zermürben. Sie kamen zwischen den eigentlichen Kampfhandlungen immer wieder auf ihren Hyänen vorbei, veranstalteten einen abgründigen Lärm mit Hohngesängen, schliffen nackte, noch lebende Almanen oder Zwerge hinter sich her durch den Staub, um deren Kameraden zu provozieren und die jüngeren Kämpfer in Panik ausbrechen zu lassen. Dann verschwanden sie wieder und hinterließen auf der almanischen Seite des Schlachtfelds Soldaten, die in Aufruhr waren. Das taten sie immer wieder, um ihren Gegnern keine Ruhe zu lassen und es zeigte Wirkung. Die Wüstensöhne waren meister der psychologischen Kriegsführung. Die Ordnung zu wahren, wenn man gegen das Chaos kämpfte, war eine Herausforderung für sich.


    Alles in allem sah es nicht gut aus.


    Doch das höhere Wohl im Sinne, blieben die Almanen unter Ernesto, Roderich und der Generäle von Ehveros an der Seite jener, denen sie Hilfe versprochen hatten. Und dann schloss sich, mit rasselnden Ketten, knarrenden Winden und schabenden Torflügeln, das Tor von Dunkelbruch. Einen kurzen Moment schien die Zeit stillzustehen. Tazio glaubte, seinen Augen nicht zu trauen. Die Zwerge waren drin, die Almanen noch draußen. Das Volk von Niewar hatte die Tore vor ihren Augen geschlossen und sich im Schutz des Gebirges verbarrikadiert, während Tazios Männer für sie starben. Und wie sie starben. Für ein Volk, dass nicht das ihre war. Auch Ernesto fiel. Seine Gebeine verrotteten irgendwo in einem fremden Land, wo er einen fremden Krieg geführt hatte.


    Tazios Blick verdunkelte sich, als er an die Decke seines Baldachins starrte. Wie immer lag er allein in einem viel zu groß erscheinenden Bett. Wieder zu Hause, in Sicherheit, und allein. Die Statistiken, welche die Heeresleitung damals erstellt hatte, spukte durch seinen Kopf. In nüchterne Zahlen verpacktes Grauen, in Prozente und Mengenangaben gepferchtes Leid, dessen wahres Ausmaß nur der verstand, der mit eigenen Augen gesehen hatte, was sich dahinter verbarg.



    [anker]Rückblick auf die Heimreise[/anker]
    Gab es einen gerechten Krieg? Die Ledvigiani waren die Ersten gewesen, welche den Zwergen zur Hilfe eilten und die Letzten, die nach den Monaten des Blutes heimgekehrt waren. Wo begann die Hilfsbereitschaft im Sinne aller und wo die selbstzerstörerische Aufopferung? Eines war sicher, sie hatten die Grenze überschritten. Es war ein Fehler gewesen. Doch in all dem Elend hatte es auch einen Lichtblick gegeben, eine Geste der Freundschaft. Während die Zwerge unter der Erde die Probleme der Oberwelt von sich abschotteten, gewährte Souvagne den erschöpften Soldaten Ledviccos nicht nur die Durchreise, sondern Gastfreundschaft. Die Souvagner, die sich aus allen Kriegshandlungen herausgehalten hatten, halfen nun zu lindern, was andere verbrochen hatten.



    [anker]Schuld und Sühne[/anker]
    Die Hauptschuld an der Katastrophe, das musste Tazio sich bitter eingestehen, lag nicht bei den Zwergen oder den Rakshanern. Sie lag bei seinem Vater. Denn er hatte letztlich die Entscheidung gefällt. Mit Ernestos Erbe hatte Tazio auch die Bürde der Schuld auf sich genommen, die nun auf seinem Herzen lastete so wie auf seinem Volk, dass die besten Männer verloren hatte.


    Konnte eine solche Schuld gesühnt werden?


    Wie wäre es, überlegte Tazio, wenn man den Zwergen ihren Wunsch nach Abgeschiedenheit erfüllte? Wenn man die Felsen über jeder einzelnen Zwergenpforte zum Einsturz brachte und keinen Ausgang übrig ließe? Wenn man sie lebendig begrub?


    Tazio setzte sich in seinen grünsamtenen Decken auf und blickte in sein abgedunkeltes Gemach, in dem reglos die Kerzenflamme leuchtete. Sein Vater entfiel als Berater und kein Onkel, Bruder oder Cousin ließ sich blicken, um die Gedanken des jungen Duca mit ihm zu teilen und ihm beim Abwägen und der Entscheidungsfindung zu helfen. Seine Vorstellungen noch zu vage. Er würde gern über das Frühstadium seiner Idee sprechen, die Gedanken gemeinsam schweifen lassen und alle Möglichkeiten durchspielen mit jemandem, der die Tragweite einzuschätzen wusste und für seine Umsicht bekannt war.


    Tazios Blick wandte sich nach Norden. Er würde Maximilien zu einem weiteren Treffen einladen.


    Wenn der Duc de Souvagne es einrichten konnte, so sollte das Gespräch in Tazios Heimatland stattfinden, damit er sich für die erwiesene Gastfreundschaft und die wertvollen Geschenke revanchieren konnte. Auch würde Maximilien in Ledvicco sehen, warum Tazio seine Heimat so sehr liebte und warum es ein Jammer wäre, dieses Stück almanischer Kultur zu verlieren aufgrund eines einzigen großen Fehlers, dessen Last nun auf Tazios Schultern lag wie ein Joch. Ein Joch, das so sehr drückte, dass es entfernt werden musste. Und Tazio hatte bereits eine Idee, wie. Und eine kleine Ecke seines Verstandes wagte es auch, sich auf ein Wiedersehen mit Prince Gregoire zu freuen.


    Er erhob sich und setzte sich, noch im Schlafgewand, an seinen Schreibtisch, um die Einladung zu verfassen.

  • Tazio Ferdinando di Ledvicco
    Tazio zerriss den Brief und knüllte die Fetzen zusammen. Mit einem dumpfen Geräusch schlug er seine Stirn auf die Platte seines Schreibtisches. So blieb er eine Weile in der Dunkelheit sitzen. Dann richtete er sich wieder auf und straffte die Schultern. »Vianello!« Er wartete, bis sein Leibdiener im Schlafanzug aus seiner Kammer kam. »Ich möchte nach Souvagne reisen und die großherzogliche Familie besuchen. Es steht ein dringendes Gespräch mit Maximilien aus. Wir reisen zu zweit auf Schneeflocke. Ansonsten gedenke ich niemanden mitzunehmen.«


    Vianello Leonardo
    Der Leibdiener eilte sofort an die Seite seines Herrn. »Wie Ihr wünscht Eure Majestät«, sagte er freundlich und führte den Duca zur Waschschale. Er wusch seinen Herrn von Kopf bis Fuß, machte ihn zurecht und zog ihn passend an, wie es sich für einen Hofbesuch geziemte. Als der Duca fix und fertig eingekleidet und frisiert war, machte sich Vianello selbst ausgehfertig. »Herr darf ich nach dem Grund Eures Besuches fragen? Ich würde schnell eine Kleinigkeit als Gastgeschenk mitnehmen. Einen Wein oder etwas anderes? Was bevorzugt Ihr? Ein Zeichen der Freundschaft Herr«, sagte der Leibdiener zuvorkommend.


    Tazio Ferdinando di Ledvicco
    »Einen Siluro«, antwortete Tazio. »Einen Jungfisch, den man leicht transportieren kann. Ich hatte bereits einen als Geschenk für Maximilien ausgewählt, am Teich weiß man bescheid. Sie sollen das Tier transportfertig machen und zum Trockendock verbringen, wo Schneeflocke wohnt.« Tazio ging mit rauschenden Gewändern los, wohlwissend, dass Vianello ihn begleiten würde. Er hielt es hier drin nicht länger aus. »Der Grund meines Besuchs bei Maximilien sind diese verfluchten Zwerge! Du wirst bei unserem Gespräch dabei sein, sofern er mich empfängt, wovon ich ausgehe. Vielleicht nicht heute Nacht mehr, aber spätestens morgen.« Er blieb stehen. »Die Decke von meinem Sofa. Diese würde ich auch gern mitnehmen.«


    Vianello Leonardo
    Vianello nickte und folgte seinem Herrn auf dem Fuße. Als dieser seine Decke wünschte, eilte der Leibdiener sofort zurück und schnappte sich genau jene Decke. »Sehr wohl Eure Majestät, Eure Decke. Der Flug könnte kalt werden. Die Zwerge sind ein ausgesprochen unschönes Thema, ich verstehe Euch dort nur zu gut. Auf diesem Volk lastet große Schuld«, erklärte Vianello und begleitete seinen Herrn zum Stall des Prachtadlers. Der Leibdiener eilte noch einmal von dannen um den ausgewählten Fisch als Geschenk abzuholen und traf dann mit Fisch wieder bei Tazio ein. »Eure Majestät, Euer Geschenk ist sicher verpackt. Wir können aufbrechen«, sagte Vianello freundlich und hielt kurz den Fisch hoch.


    Tazio Ferdinando di Ledvicco
    Tazio wies Schneeflocke an, sich abzulegen, damit sie bequem auf seinen Rücken klettern konnten. »Schnall den Siluro bitte gut fest«, wies er Vianello besorgt an, raffte seine Gewänder und stieg auf den weißgefiederten Rücken des Prachtadlers. Während er wartete, dass Vianello den Fisch auflud und sich selbst ebenso, kraulte er die weichen Federn. Als alle drei sicher auf Schneeflockes Rücken waren, ließ er das große Tier starten. Die Winternacht zeigte sich sternenklar und eisig. Der weiße Raubvogel glitt wie ein Bote Orils durch die Lüfte, der sich weiß und voll am Himmel zeigte. Daneben prangte, ebenso voll und rot wie Blut - Daibos, dem man nachsagte, für Verderbnis zu stehen. Der zweite Mond, dem man nachsagte, Unglück zu bringen. Tazio fiel auf, dass die Federkrone Schneeflockes ebenso rot war. So war der Vogel tatsächlich ein Spiegel der beiden Monde. Bald darauf kamen sie in die Nähe des souvagnischen Luftraums.


    Vianello Leonardo
    Als der gewaltige Prachtadler die souvagnische Grenze überflogen hatte, flog einen Moment ein großer Uhu neben dem Tier her. Man sah seine riesigen orangenen Augen, die den Adler wie die Reiter mit großer Sorgfalt zu mustern schienen. Er stieß einen Ruf aus und ließ sich seitlich wegfallen. Einen Augenblick später erschien neben ihnen etwas versetzt ein weiterer Prachtadler, sein Gefieder war dunkelbraun, so dass er sich kaum vom Nachthimmel abzeichnete. Der Reiter musterte sie ebenso wie zuvor der große Uhu und sie spürte wie die Person sie auch magisch abtastete. Es fühlte sich für einen Sekundenbruchteil an, als glitten unsichtbare Finger über sie hinweg, dann war das Gefühl auch schon verschwunden und der braune Prachtadler überholte Schneeflocke, so dass er dem anderen Tier folgen konnten. Der Reiter gab ihnen ein Handzeichen genau dass zu tun, während der große Uhu wieder neben ihnen herflog. Einen Augenblick später hatten sie nicht nur einen Führer, sondern auch zwei weitere große Drachenhühner als Begleiter die sie exkortierten. Vianello hielt sich an Schneeflocke fest und passte gut auf den Fisch auf. Es dauerte noch eine Weile, aber dann kam das nächtliche Beaufort und der Palast in Sicht. Ihr Leitvogel flog eine Schleife und ging dann vor den Ställen den Hofes herunter, die Drachenhühner schlossen näher auf und einer der Reiter deutete Tazio an, ebenfalls zu landen. Vianello beobachtete die großen Tiere, aber Schneeflocke blieb ruhig, auch wo der Geleitschutz so nah aufflog. Er war ein gutes und ruhiges Tier. »Herr dort vorne!«, rief er und zeigte auf den Reiter der ihnen den Weg gewiesen hatte. Der Adler stand bereits vor den Ställen um die Landefläche zu markieren.


    Tazio Ferdinando di Ledvicco
    Auch Tazio blieb entspannt. Er ließ seinen weißen Prachtadler dem braunen Tier folgen. Es gab keinen Grund, warum Souvagne ihm schaden sollte. Er hatte sich gut mit Maximilien unterhalten und auch mit dessen Sohn Gregoire gut verstanden. Daher vertraute er den Reitern, die sie eskortierten. Er nickte kurz auf Vianellos Hinweis hin und ließ Schneeflocke dort, wo man ihm die Landefläche zeigte, niedergehen. Tazio schnallte sich los und stieg ab, wobei er sich umschaute, ob jemand nahte, um ihn zu empfangen.


    Vianello Leonardo
    Die beiden Drachenhühner landeten ganz in der Nähe, während der Reiter des großen braunen Prachtadlers kurz salutierte, als Zeichen der Ehrerbietung. Das Tier hob mit einem Sprung wieder ab und schraubte sich in die Lüfte, einen Augenblick später folgten die beiden Drachenhühner. Ein etwas verschlafen wirkender Hofmarschall gesellte sich zu ihnen und verbeugte sich respektvoll. »Eure Hoheit Duca Tazio Ferdinando di Ledvicco, willkommen am Souvagnischen Hofe. Wie kann ich Euch behilflich sein?«, fragte der Hofmarschall freundlich. Vianello stieg wollte seinem Herrn gerade beim Absteigen helfen, aber dieser war schneller. So folgte er ihm und hielt wie befohlen den Fisch gut fest. Auch Vianello verneigte sich. »Seid gegrüßt, mein Herr wünscht seine Majestät Duc Maximilien Rivenet de Souvagne dringend zu sprechen«, erklärte der Leibdiener und meinte irgendwie gebratenes Hähnchen zu riechen. Der Hofmarschall nickte. »So folgt mir bitte Eure Hoheit, seine Majestät wird umgehend über Eure Ankunft informiert, oder wurde es bereits schon durch die Himmelsaugen. Ich führe Euch in einen der Wartesäale, keine Sorge, der Duc wird Euch sicher alsbald empfangen«, sagte der Hofmarschall und schaute kurz auf den Fisch, ehe er mit einem Nachtlicht vorging, damit der Duca und sein Diener nicht stolperten. Natürlich war der Hof auch Nachts beleuchtet, aber nicht vollumfänglich. Vianello schloss zu seinem Herrn auf und lächelte diesen aufmunternd an. Sie waren kaum in den privaten Seitenflügel des Duc eingebogen, als sie von seinem Leibdiener abgefangen wurden. »Eure Hoheit«, grüßte Fabien den Duca und verneigte sich, »folgt mir bitte in die Gemächer seiner Majestät«. Fabien wartete einen Moment, dann führte er Tazio und Vianello in die Privatgemächer von Maximilien. Er deutete ihnen an, sich an den großen Tisch zu setzen. »Der Duc erscheint jeden Augenblick, ich bitte um einen kleinen Augenblick Geduld«, sagte Fabien. Der Leibdiener stellte Tee, Kaffee und Gebäck bereit und ließ die beiden für einen Augenblick allein. Leise schloss er hinter ihnen die Tür. Vianello schaute sich um, immer noch den Fisch in seiner Verpackung fest im Griff. »Herr der Hof ist wahrlich eine Augenweide, findet Ihr nicht auch?«, fragte er freundlich und goss Tazio Kaffee ein und sich danach selbst ebenso.


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    Einige Minuten später öffnete sich die Tür erneut und Maximilien gesellte sich gemeinsam mit Fabien zu Tazio und Vianello. »Wir grüßen Euch Duca di Ledvicco, was verschafft uns die Ehre dieses späten Besuchs? Ist etwas Dringliches vorgefallen?«, fragte Maximilien besorgt, während Fabien ihm Kaffee einschenkte und die Tasse reichte. Der Duc nahm einen Schluck und schaute Tazio fragend an.


    Tazio Ferdinando di Ledvicco
    Tazio freute sich über den raschen und unkomplizierten Empfang. »Ein prachtvoller Hof mit viel Grün. Das kennt man so nicht aus Monleone, wo der Ozean die Gestaltung der Anlagen bestimmt. Beaufort hat eine andere, nicht minder reizvolle Schönheit«, fand Tazio und dann kam auch schon Maximilien. Tazio verneigte sich, da er hier der Gast war. »Wir grüßen Euch ebenso, Majestät. Vorgefallen ist nichts, doch kam uns ein Einfall, den wir mit Euch bereden möchten. Es muss nicht sofort geschehen, doch wir hielten es nicht länger aus und reisten daher ungeachtet der späten Stunde an. Jedoch wäre es gut, wenn unser Geschenk an Euch baldmöglich einen Platz erhielte, da es sich um ein lebendes Geschöpf handelt.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    Maximilien schaute sich den Fisch an, den Vianello wieeine Trophäe hochhielt und reichte ihn dem Duc. Max schaute sich das Tier genauer an und gab es vorsichtig an Fabien weiter. »Er soll im Palastteich einziehen, sorge dafür«, bat er Fabien. Der Leibdiener des Duc nahm den Fisch sofort an sich und verschwand damit nach draußen. »Habt Dank für das Geschenk, im Teich wird er sich wohl fühlen. Er hat dort einen Ehrenplatz, Ihr könnt ihn gerne morgen früh anschauen ob alles mit ihm in Ordnung ist. Wir wissen die Geste zu schätzen. Nun Ihr seid wach, wir sind wach, lasst uns direkt besprechen, was Ihr besprechen möchtet Duca. Wobei wir vorschlagen unser Gespräch in Privater Runde fortzuführen, der Einfachheit halber. Danach seid unser Gast und fühlt Euch hier wohl. Was verschlug Dich hierher?«, sagte Max und nahm sich einen der Kekse. »Greift zu«, bat er.


    Tazio Ferdinando di Ledvicco
    Bei dem Geschenk handelte es sich um eine albinotische Form des Großen Wallers:
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    Das Jungtier war etwa einen Meter lang und somit stabil genug für einen Transport und eine Umsiedlung auch im Winter. Tazio nahm die Maske ebenso wie die schwarze Korallenkrone vom Kopf und reichte beides Vianello. »Zuvor ein paar Worte zu dem Geschenk, Maximilien. Siluro, wie man den Waller bei uns nennt, ist in Ledvicco ein heiliger Fisch. Alle Siluri gehören dem Duca und ihm allein gebührt es, über die Tötung eines Siluro zu entscheiden und über sein Fleisch zu verfügen. Man serviert es außerhalb der großherzoglichen Familie nur Ehrengästen. Ein Stück Siluro zu kredenzen, kommt einem Lob gleich. Meine neu ernannten Marchesi hatte ich nach ihrer Nobilitierung zu einem entsprechenden Essen geladen. Auch die Offiziere, die sich im Krieg vor Dunkelbruch besonders hervorgetan haben, wurden mit dem Fleische Siluros beehrt. Ein lebender Siluro wacht über jede Stadt und jedes Dorf in Ledvicco, aber die weißen gibt es nur sehr selten. Siluri werden sehr alt, man vermutet, über hundert Jahre, doch niemand weiß es genau. Sie sind extrem zäh und überleben Wasserverhältnisse, die jeden anderen Fisch längst umbringen würde. Aufgrund ihres Alters und ihrer ehrfurchtgebietenden Erscheinung stehen sie in Ledvicco für Weisheit und Beständigkeit. Heiliger als ein Siluro ist nur der Leone di Marino, der von niemandem gefangen oder getötet werden darf - nicht einmal vom Duca.« Tazio strich über seinen mit weißem Pelz besetzten Kragen. »Das Fell, welches die Familie des Duca ziert, stammt ausnahmslos von Exemplaren, die eines natürlichen Todes gestorben sind und das Häuten erfolgt mit einer großen Zeremonie, wobei der Leichnam des Tieres anschließend ein Begräbnis erhält. Doch genug der Kultur.« Tazio nahm sich ebenso einen Keks und verzehrte ihn. »Mir kam der Gedanke, ob es nicht für alle besser wäre, das Volk der Zwerge vom Antlitz Asamuras zu tilgen, nachdem sie Feind wie Freund verrieten.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    Maximilien hörte Tazio aufmerksam zu. »Dann danke ich Dir doppelt für dieses außergewöhnliche Geschenk. Wie alt dieser Fisch wird, wird sich erweisen. Er lebt in einem Teich, der sauber und rein ist. Er muss sich nicht sorgen und er wird gefüttert, falls er nicht die Goldfische schon zum Fressen gerne hat. Gegessen wird er nicht, er soll uns ebenso Glück bringen. Sein Status ist ganz ähnlich dem unseres Wappentieres, dass gefällt mir«, antwortete Max freundlich und lehnte sich dann mit einem breiten Schmunzeln zurück als Tazio über die Zwerge sprach. Max ditschte seinen Keks in den Kaffee und rührte ihn damit um. »Da wir privater Natur sprechen, muss ich keine Diplomatie walten lassen. Dennoch sind meine Gedanken selbstverständlich auch bei den Freunden Souvagnes - Alkena. Würden wir den Fürsten fragen, so würde dieser unumwunden zustimmen, dass die Zwerge ein Gräul sind. Die Zwerge griffen grundlos Alkena an. Wunderten sich aber über den Gegenschlag. Der darauf folgende Krieg, wendete das Blatt. Und nun waren die Zwerge das erste Mal auf fremde Hilfe angewiesen. Das Kaisho Abkommen ließ sich in den Krieg verwickeln. Du weißt dies genauso gut wie ich. Almanen starben für ein Fremdvolk, das weder Dankbarkeit noch Hilfe kennt. Sicher mögen sie Almanen aufgenommen und Flüchtlingen geholfen haben. Aber das es dazu kommen musste, war die Schuld der Zwerge wie auch jener Regenten, die den Zwergen zur Hilfe eilten. Das Chaos hätte die Zwerge nicht angegriffen, hätten diese vorher nicht Alkena angegriffen. Wer Wind sät, wird Sturm ernten. Das haben die Zwerge nicht begriffen Tazio. Ebenso war es für die Zwerge stets normal, Gang und Gäbe, dass sie ihr eigenes Süppchen kochen, abgeschieden vom Rest der Welt lebten und niemand hatte daran zu rütteln. Damit waren sie zufrieden. Urplötzlich, als die Bedrohung vor ihren Toren übermächtig wurde, verurteilten sie Souvagne für die gleichen Tugenden, nach denen die Zwerge sonst lebten. Wir leben abgeschieden und für uns. Dies ist natürlich sofort dann ein Unrecht, wenn man damit einem Zwerg die Hilfe verweigert, denn wie jeder weiß fühlen sich Zwerge als Herren der Welt. Hier Tazio begannen die Friedensverhandlungen. Hier wurden bereits Dinge vereinbart, die von den Zwergen in Ehveros bereits wieder vergessen waren. Dazu kannst Du gerne den Fürsten aus Alkena befragen. Wiederaufbauhilfe, oder auch nur eine Passage über ihr Gebirge, alles wurde verweigert. Dabei waren es die Zwerge die Alkena in Schutt und Asche legten. Mehrfach wurden sie von mir darauf angesprochen, ich bot ihnen mehrfach ein Bündnis an oder erstmal eine Verhandlung dahin gehend. Es kam nichts. Es kam nicht einmal eine Zusage, bezüglich des damaligen Frühstücks in Ehveros. Aber dennoch waren die Zwerge eines Tages hier. Man mag Souvagnern einiges nachsagen, von der spitzen Zunge, über Sturheit, bis darüber das wir alles essen was einst atmete, oder dass wir die Zunge nicht nur im Gespräch scharf anzuwenden wissen... all das stimmt, genau wie jenes was man unter der Hand sagt, wird sind nicht nur sture Gegner, wir sind tödliche Gegner. Wir verteidigen uns, wir greifen niemanden an. Aber wenn wir uns verteidigen müssen, dann mit allen Mitteln und zwar so, dass nie wieder eine Gefahr von diesem Gegner ausgehen wird. Nicht umsonst sind bei uns alle Forschungszweige erlaubt. Gleich welches Problem auftreten mag, wir haben dafür eine Lösung, eine waffentechnische Lösung. Chemisch, Alchemistisch, Magisch, Geschmiedet, besondere Pläne, nimm was Du möchtest aber die Zwerge wussten eines, wir sind ihnen ebenbürtig, wenn nicht sogar durch unsere brutale Rücksichtslosigkeit im Kampf überlegen. Wir scheuen uns nicht davor zum Äußersten zu greifen um zu obsiegen. Wenn ich ein Heer vergiften muss, damit es keinem Souvagner schadet, so werde ich es vergiften. Es ist nicht mein Volk, ich werde keine Rücksicht walten lassen. Sie wussten was sie heraufbeschworen haben, als sie uns angriffen. Das ist unsere Devise. Das erste Mal in unserer Geschichte, dass ein Eroberungsfeldzug durchgeführt wurde, war unter Dreux, als er das Land am dhunischen Ozean für uns nutzbar machte. Wer lebte dort? Ein seltsamer Wychtlstamm und ein paar Wilde Alben. Nun ist es Souvagne und wird urbar gemacht. Die Zwerge sind nicht weise darin, wen sie sich zum Feinde machen. Sie haben Freund wie Feind betrogen. Sie provozierten das Chaos indem sie Alkena angriffen. Und sie ließen Euch sterben, Ihr seid für Zwerge gestorben. Nun Ihr seid auch leider für ein Fremdvolk dem Ihr gelinde gesagt am Arsch vorbei geht in den Krieg gezogen. Was um alles in der Welt habt Ihr Euch dabei überhaupt gedacht? Du möchtest also eine Vendetta heraufbeschwören, eine Blutrache nehme ich an? Du möchtest die Zwerge beseitigen? Ich bin ganz Ohr und höre zu«, sagte Max und biss von seinem Keks ab.


    Tazio Ferdinando di Ledvicco
    »Das Chaos hatte bereits nach Süden geschaut, bevor Alkena angegriffen wurde. Ihr habt es an eurer nördlichen Grenze zu spüren bekommen, wozu Rakshaner fähig sind, was für eine Plage sie werden können, bis ihr ihnen mit dem Nordwall Einhalt geboten habt. Erst, als sie sich an euch die Zähne ausgebissen haben, wandten sie sich Dunkelbruch zu. Die räumliche Nähe zum Nordwall war sicher kein Zufall. Der Weg durch Souvagne wäre am Gebirge vorbei verlaufen. Da sie dies nicht konnten, wollten sie es überqueren - um hernach auf diesem Wege in Almanien einzufallen. Almanien lockte die Chaossöhne seit jeher, wie das Licht die Motten lockt. Das sind historisch gesicherte Fakten. Die Zwerge waren nicht das eigentliche Ziel des Chaos, wenn du mich fragst, Maximilien - sie standen ihnen nur auf dem Weg nach Süden im Weg.« Tazio trank etwas von dem Kaffee, um seine aufgewühlten Nerven zu beruhigen. Es war ein Thema, was ihm sehr nahe ging. »Mein ehrenwerter Vater, Ernesto Sirio di Ledvicco, sah diese Gefahr. Bollwerk um Bollwerk würde fallen und wenn die Rakshaner erst Dunkelbruch und Rakshors Zähne überwunden hätten, so wären sie in Almanien eingefallen. Wer wünscht einen Krieg im eigenen Land? Besser ist es, ihn in anderen Ländern auszutragen, wenn es schon nötig ist. Ledvicco stand damals nicht für sich, sondern wir waren an das Abkommen von Kaisho gebunden. Als die almanischen Heerscharen mobilisiert wurden, leisteten auch wir unseren Anteil. Dennoch soll nicht verschwiegen werden, dass mein Vater und auch ich voll Überzeugung in diesen Krieg zogen. Eine Vendetta für den Verrat derer, denen wir zu Hilfe eilen, genau das schwebt mir vor, Maximilien. Nicht in Form eines Krieges. Sondern in Form einer, sagen wir, Naturkatastrophe.« Er legte bedeutsam die behandschuhten Fingerspitzen aneinander.


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Nun ich persönlich schätze die Lage anders ein und hatte sie auch anders eingeschätzt. Meiner Meinung nach hatte das Chaos vor Naridien zu unterwerfen. Dazu hätten sie entweder durch unsere Lande ziehen können oder auf der anderen Gebirgsseite entlang. Wozu sollten sie noch einmal über ein Gebirge klettern, wenn das nicht erforderlich wäre. Natürlich haben sie ein Auge auf unsere Länder geworfen, weil hier etwas zu hohlen ist, um es einmal lapidar auszudrücken. Proviant für den Naridienfeldzug, oder um hier zu verweilen. Einen Krieg möchte niemand im eigenen Land führen Tazio, da gebe ich Dir Recht. Besser ist der Krieg, den man überhaupt nicht führen muss, indem man sich abschottet und Bollwerke errichtet und zwar in dem Ausmaß, dass jeder sieht dass diese dort nicht zum Spaß errichtet wurden. Ich werte es als Kompliment, dass sich die Rakshaner an uns die Zähne ausbissen. Hoffen wir dass es so bleibt, wir haben stets die Sicherheit im Auge. Und mit wir meine ich tatsächlich das ganze Volk. Das Mauern liegt uns im Blut, geistig wie auch tatsächlich. Ich glaube kein Volk hat mehr Mauern errichtet als wir und wir sind immer noch dabei höhere und schönere Mauern zu errichten. Siehe nur unsere Grenzmauer mit Zwingeranlage. Du solltest ebenfalls eine Sicherung in Erwägung ziehen. Aber genug der alten Phrasen gedroschen, wenden wir uns dem Schicksal zu... eine Naturkatastrophe. Welcher Art und welchen Ausmaßes denn genau?«, hakte Max nach und nahm einen Schluck Kaffee als Fabien zurückkehrte. »Der Fisch ist wohlbehalten umgezogen«, verkündete er freundlich.


    Tazio Ferdinando di Ledvicco
    »Mauern sind eine gute Sache, doch sie machen einen auch zum Gefangenen im eigenen Land. Je mächtiger das Bollwerk, umso geringer die Flexibilität. Ledvicco bevorzugt daher seit jeher die Hybris: Mobile Mauern vereinen beide Vorteile, ohne die Nachteile des anderen. Im Dhunik kennzeichnen wir unsere Hoheitsgewalt durch mit Schwimmkörpern versehene Ketten. Diese Mauer sieht man nicht - doch jeder Eindringling spürt sie, wenn sein Schiff sich plötzlich nicht mehr vom Fleck rührt und bequem von unserer Marine in Empfang genommen wird. Im Kriegsfall werden an der Kette Sprengkörper befestigt, das erspart unserer Marine die Arbeit. Wir sind also nicht unvorbereitet. Was die Zwerge angeht, dachte ich zunächst daran, ihnen ihren Wunsch nach Abgeschiedenheit zu erfüllen und ihre Zugänge zu sprengen. Doch das birgt die Gefahr, den einen oder anderen Zugang zu übersehen. Und bei der Recherche stieß ich auf einen riesigen Kristall unter dem Azursee, welcher das Deckengewölbe ihrer Hauptstadt Niewar bildet und für die Beleuchtung sorgt. Was wäre nun, wenn dieser Kristall aufgrund eines Seebebens ... oder eines Vulkanausbruchs ... platzen würde?«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Ihr würdet Euch gefangen fühlen, wir fühlen uns sicher verwahrt, das sind die Unterschiede in der Sichtweise. Aber die Sprengketten gefallen mir, dass gebe ich zu. Was geschehen würde, sollte der Kristall platzen? Nun ich würde sagen die Zwerge bekämen dass was sie fürchten, ein Vollbad«, lachte Maximilien, was auch Fabien grinsen ließ. »Ein Seebeben, ein Vulkanausbruch, alles was einen Kristall in Schwingung versetzt, kann diesen Zerstören. Jene Ketten die Ihr zur Sicherung einsetzt, könnte man zum beispiel mit ausreichend Sprengstoff bestücken, herablassen und sobald sie Kontakt mit dem Kristall hat zünden. Also Du möchtest das Zeitalter der Zwerge beenden... reden wir nicht um den heißen Brei Tazio. Wir bauen unterirdisch unser Land aus. Einige Völker betreiben Bergbau wie die Goblins, andere heben Brunnenschächte aus, Du, wir, jeder. Aber die Zwerge meinen jeder unterirdische Bereich gehört ihnen. Falsch. Der Luftraum über Souvagne ist Souvagne, das Erdreich unter Souvagne ist Souvagne. Ab welcher Höhe und ab welcher Tiefe gelten denn die Landesgrenzen nicht mehr? Jedes Volk hat ein Recht selbst über seinen Luftraum und seine Bodenschätze zu verfügen. Wir haben für Sub-Souvagne bereits ein Zwergenschutzsystem geplant und es wird ebenso umgesetzt. Aggressoren von unten kommend, benötigen wir ebenso wenig wie von oben. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt, so sagt man. Man wird nicht von Zwergen angegriffen, wenn es keine Zwerge mehr gibt. Das Volk ist ein unkalkulierbares Risiko, ihre selbstherrliche Art und ihr Übermut ist eine Gefahr für alle über ihnen lebenden Völker. Ihr habt erfahren was es heißt einem Zwerg zu vertrauen. Es mag in ihrem Volk einzelne gute Personen geben, aber diese sind rar. Die meisten Zwerge sind mit einer Arroganz gesegnet, die sie schroffe Freundlichkeit nennen. Ich nenne es Unverschämtheit. Und bedenke was einer Deiner Counts tat, als ein Namenloser Zwerg, der ein Bote von Humus Express hätte sein können tat. Er kniete auf eigenem Grund und Boden vor dieser Kreatur nieder. Wie kann man sich und das eigene Land derart erniedrigen vor einem Fremdländer zu kriechen? Ich hoffe dieser Mann wurde entsprechend bestraft Tazio. Zurück zur Auslöschung der Zwerge. Seebeben könnten wir durch unser Seeschutzsystem auslösen. Auch in Binnengewässern kann es zu Flutkatastrophen kommen. Oder durch Sprengungen, wie gesagt. Demnach müsste dann der Kristall bersten, was allerdings auch zur Folge hätte, dass der Azursee in die gesamte Zwergenbehausung abfließt. Mit nicht abzuschätzendem Ausmaß. Ich vermute um einige Meter würde er mindestens absacken. Allerdings durch Regen, Schmelzwasser und ähnliches, würde er sich wieder füllen. Ferner könnte man die Bruchstelle auch mit Bauschutt verschließen. Wobei ein geflutetes Höhlensystem die Tiefe des Sees verstärken würde und somit die Selbstreinigungskraft des Wassers«, erklärte Max freundlich.


    Tazio Ferdinando di Ledvicco
    »Du hast es auf den Punkt gebracht«, sprach Tazio und obgleich er ein ruhiger und beherrschter Mensch war, sah Maximilien den Hass, den seine Augen widerspiegelten, als es um das Volk ging, welches das seine verraten hatte und Schuld am Tod seines Vaters trug. »Ein Volk, welches derart konträr zu allen almanischen Tugenden steht, hat in einer modernen Welt nichts verloren. Ich gedenke, die Zwerge auszurotten, und zwar, wenn du mir das Wortspiel nachsiehst, mit Stumpf und Stiel. Man verrät Ledvicco nicht, ohne dafür zu bezahlen. Jedoch birgt die Nähe zu Souvagne das Risiko, dein Land in Mitleidenschaft zu ziehen. Darum ist es wichtig, dass wir miteinander reden und gemeinsam planen, damit ihr keine Nachteile davon habt.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Ja das ist auch für Euch besonders wichtig, da wir befreundet bleiben wollen Tazio«, sagte Max mit einem Schmunzeln, aber der Unterton verriet Taz, dass Max dies ernst meinte. Er teilte die Sicht des Duca, ebenso wie die Ansicht, sich gegenseitig nicht schaden zu wollen. »Wir Almanen sollten zusammenhalten und uns nicht für Fremdvölker gleich welcher Art verbiegen. Almanische Traditionen findet man nur in Almanien Tazio, erwarte doch nicht von einem Zwerg dass er Loyalität kennt. Er ist weder ein Almane, noch ein Mensch. Zwerge sind Fremdlinge, Inhumanoide - Nichtmenschen, wie sie unsere Gelehrten nennen. Du würdest doch auch keinen Farisin oder kein Ork mit einem Almanen vergleichen. Weshalb dann einen Zwerg? Weil er eine ähnliche Hautfarbe hat? Dann sei vorsichtig, dass haben Schweine auch. Wir werden die umgehende Sicherung unserer Häfen an der Azursee in Auftrag geben. Was schwebt Dir vor? Sprengung?«, hakte Max nach und nahm sich noch einen Keks.


    Tazio Ferdinando di Ledvicco
    »Eine Sprengung war mein Gedanke, ja, doch ist zu überprüfen, inwieweit sie sich auf die Statik eurer Küstenstädte auswirken würde. Wenn sie zu stark ist, verursachen wir im schlimmsten Fall einen Tsunami. Es war naiv von mir, von Zwergen almanischen Verstand und ein Gefühl wie Ehre zu erwarten. Heute sehe ich das freilich anders und spreche einem Zwerg jede einzelne der almanischen Tugenden ab. Es sind keine Almanen. Da sind wir einer Meinung. Es ist, wie einen Delfin mit einem Fisch zu verwechseln, nur wegen oberflächlicher Gemeinsamkeiten. Da sind wir einer Meinung. Ebenso dahingehend, dass unsere Freundschaft erhalten bleiben soll. Es gibt so viele Feinde da draußen, warum sollen wir Almanen uns gegenseitig auch noch das Leben schwer machen? Es mag der Tag kommen, da wir allein gegen den Rest der Welt stehen - und vielleicht ist dieser Tag sogar schon gekommen mit dem Bruch des Kaisho-Abkommens. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Lage in Ehveros nach dem Tod der Prinzessin entwickelt. Ich nehme an, davon hast du gehört. Die Kekse sind übrigens ausgezeichnet.« Er nahm sich ein rosafarbenes Exemplar und betrachtete seine Kunstfertigkeit. »Fast zu schade, um sie zu essen. Von Gregoire gebacken?«, fragte Tazio unverfänglich, doch dann bekam er rosige Wangen und als ihm bewusst wurde, dass er keine Maske trug, wurden sie noch rosiger.


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Aber natürlich weiß ich vom Tode Ricardas, ich habe ihn angeordnet Tazio«, sagte Max mit einem liebevollen Lächeln und knuffte den jungen Duca dann. »Ein kleiner Scherz. Ja ich weiß vom Tode Ricardas und so grauenvoll es klingt, es war das Beste was Ehveros passieren konnte. Felipe ist alt, aber seine Tage sind noch nicht gezählt. Er sollte einen männlichen Nachkommen zeugen, wie dürfte ihm bekannt sein. Andernfalls muss er einen männlichen Nachfolger benennen. Die Liebe eines Vaters mag manchmal seltsame Wege gehen Tazio, aber sie darf nicht soweit führen, dass man ein Land bewusst in den Abgrund steuert. Das ist Felipe passiert und noch schlimmer ist für ihn, dass er jenen Fehler selbst erkannte. Zu spät, aber er hat ihn erkannt. Sobald sich dieses Land stabilisiert hat, sollten wir ein Bündnis anstreben. Vorab sollten wir ein Bündnis anstreben und Felipe die Offerte unterbreiten beitreten zu können, sobald ein männlicher Nachfolger gegeben ist. Auf der anderen Seite Tazio hat Felipe auch etwas Gutes bewirkt, selbst wenn das paradox klingen mag. Jeder hat nun gesehen, dass die Stärke einer Frau nicht in der Regentschaft liegt. Eine Frau hat andere Fähigkeiten, regieren gehört nicht dazu. Die Träume des kleinen Mädchens Ricarda mögen rechtschaffen gewesen sein, aber sie waren genauso wie Träume nun einmal sind, naiv. Wir haben uns alle wieder lieb und nun reite ich mit meinem Pony durch die Wälder und gehe auf Jagd. So verhielt sie sich leider. Von Verantwortungsbewusstsein keine Spur. Weder wollte sie heiraten, noch auf andere Art in Erwägung ziehen die Linie fortzusetzen. Felipe hätte sie im eigenen Interesse verheiraten müssen und seinen Schwiegersohn auf den Thron setzen sollen. So hat er sich selbst dieser Möglichkeit beraubt. Das heißt, er muss nun sehr viel Omlette essen und seine Bediensteten beauftragen einen unehelichen Spross zu suchen. Hoffen wir dass er in der Jugend etwas sprunghafter und weniger spröde war, sonst wird er sich nur noch von Omlette ernähren. Die Kekse sind von Gregoire, eines seiner Hobbys, Du kannst ihn gerne besuchen nach unserem Gespräch. Ja eine optische Täuschung, die Konvergenz besagt nur, dass ein Wesen unter ähnlichen bis gleichen Bedingungen lebt Tazio, nicht dass es über die gleichen Fähigkeiten verfügt. Der Delfin hat auch keine Kiemen, so hat ein Zwerg auch nicht jene Fähigkeiten die uns Almanen zu eigen ist. Was sagst Du zu einem Drei-Länder-Bündnis in der Zukunft und jetzt zu einem Zweierbündnis? Wir könnten auch den Kristall aktiv selbst sprengen, wir können die Küste gegen eine Sturmflut sichern«, antwortete Max.


    Tazio Ferdinando di Ledvicco
    Einen Moment wich die rosige Farbe aus Tazios Gesicht, als Maximilien scherzte, den Tod von Ricarda in Auftrag gegeben zu haben. »Ich war gerade kurz davor, die Kekse wieder hervorzuwürgen. Was schade drum gewesen wäre. Gregoire hatte mir von seiner Freude am Backen berichtet und aus so liebenswerter Hand schmecken sie natürlich doppelt gut. Ich hoffe, Ricarda von Ehveros starb eines natürlichen Todes, wobei ich mir da nicht sicher bin. Sie war eine gesunde und kräftige Frau, dann setzte ein rapider Verfall ein, kein Heiler konnte sie retten und kein Magier und sie starb. Das hat kein Vierteljahr gedauert. Da fragt man sich unweigerlich, ob jemand seinen persönlichen Interessen ein wenig nachgeholfen hat. Ein Bündnis in welcher Gestalt? Wie jenes von Kaisho oder anderer Natur? Prinzipiell steht Ledvicco einem Bündnis mit den almanischen Großherzogtümern offen gegenüber.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Ein Bündnis auf allen Ebenen. Beistand in Krisenzeiten, Handelsabkommen, keine Zölle und so weiter. Ein Abkommen ähnlich dem Kaisho Abkommen Tazio, nur auf ehrlicher Basis. Auf almanischer Basis, so dass jeder Beteiligte sich sicher und gut aufgehoben fühlen kann. Das wäre in unserem Interesse. Gemeinsam ist man stärker, dass ist wahr und wir können unsere Stärken vereinen. Was einmal unter falschen Voraussetzungen scheiterte, kann nun unter den richtigen gedeihen. Und so makaber mein kleiner Scherz auch war, es war nur ein Scherz. Aber es ehrt mich ungemein, dass man uns diese Macht zutraut«, schmunzelte Maximilien. »Die Kekse meines Sohnes würde ich nie als Mordwaffe verwenden und ich habe keinerlei Grund Dir Böses zu wollen, dass solltest Du wissen Tazio«.


    Tazio Ferdinando di Ledvicco
    »Oh, meine Gedanken galten vornehmlich dem Feind, den man leider auch immer in den eigenen Reihen hat. In Souvagne waren es die Agenten der Autarkie - wer lauert in Ehveros in den Schatten? Der erste Gedanke Felipes wird den nächsten Verwandten gegolten haben und die Massenhinrichtung am Tage von Ricardas Tod war keine Verzweiflungstat, sondern eine Botschaft an jene, die lauern. Zumindest ist das meine Einschätzung. Was das Bündnis betrifft, so ist Ledvicco interessiert, jedoch werden wir in den nächsten Jahren wohl wenig zurückgeben können, sondern vielleicht eher Klotz am Bein sein. Es wäre vor allem zu unserem Vorteil, weniger zu eurem, zumindest kurzfristig gesehen, das musst du berücksichtigen. Bleiben wir bei der Sprengung des Kristalls ... welche Schritte unternehmen wir als Erstes?«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Wenn Ihr wieder auf die Füße kommt, ist ganz Almanien damit geholfen Tazio, dass ist mir bewusst. Als erstes wird die Küste Souvagnes gesichert und dann werden wir die Sprengmeister beauftragen die Sprengung auszurechnen. Nur was wollen wir sprengen? Den Kristall selbst oder wollen wir einfach ein Seebeben auslösen? Oder möchtest Du es sein, der es auslöst in Person? Was ich verstehen kann«, sagte Max, »sprich das diese Geheimaktion den Namen Deines gefallenen Vaters trägt. Danach möchte ich gerne wissen was Dich und Verrill verbindet«.


    Tazio Ferdinando di Ledvicco
    »Am sinnvollsten wäre, wenn die Vorbereitung der Operation rein souvagnischen Gelehrten und Technikern obliegen würde. Aus dem einfachen Grund, falls doch etwas schief läuft, was niemand hofft, was aber möglich ist, so bleibt sichergestellt, dass kein Mutwillen von Seiten Ledviccos dahintersteckt. Wenn du einverstanden bist, würde ich diese Dinge daher vollständig in deine Hand legen, Maximilien. Doch wenn es sich irgendwie einrichten lässt ... so würde gern ich es sein, welcher den Auslöser tätigt. Gern laste ich die Schuld am Tod Zehntausender, vielleicht hunderttausender eines inhumanoiden Verrätervolkes auf meine Schultern. Der Zweitname meines Vaters, Sirio, wäre ein guter Name für das Vorhaben. Denn dieser Name hat in Ledvicco eine lange, kriegerische Tradition. Nicht umsonst ist dies auch der Name unserer wehrhaftesten Festungsanlage auf der Landseite - Arx Sirio.« Als die Sprache auf Gregoire und ihn kam, wurde Tazio etwas mulmig zumute. Er nahm die zusammengelegte Decke auf den Schoß, die Vianello mitgenommen hatte in der Annahme, Tazio wolle sich darin wärmen. Er strich mit den Händen das weiße Fell glatt. »Eine Decke aus dem Fell des Leone di Marino, zum Wärmen an kalten Tagen. Ein Geschenk von mir an Gregoire.« Tazios Finger zitterten etwas.


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    Max rutschte nah zu Tazio auf und hob sein Kinn mit Daumen und Zeigefinger, so dass Taz ihm in die Augen sehen musste. Max schaute ihn absolut wohlwollend an, wie ein Vater seinen kleinen Sohn, den er bei etwas erwischt hatte und zwar etwas sehr lieben. »Ein so edles Geschenk sagt mehr als 1000 Worte. Du bist Dir selbst über die Bedeutung bewusst? Er wird sich sehr darüber freuen. Aber sprich es ruhig aus, wenn freue ich mich für Euch beide«, sagte Max. Er gab Tazio wieder frei und schaute ihn lange an. »Eine Schuld kann ich nicht darin erkennen, sondern eine harte Gerechtigkeit. Wir beide wissen, dass man manchmal Entscheidungen treffen muss, die nicht einfach sind. Ein Mörder bleibt ein Mörder auch wenn seine Frau und seine Kinder um ihn weinen mögen. Aber lässt Du Gnade walten, verspottest Du seine Opfer. Was sind die Zwerge anderes als Mörder? Sie werden sich ihren Taten stellen müssen Tazio. Sirio - es gibt keinen passenderen Namen. Unsere Sprengmeister werden damit beauftragt. Jene die sich auch dem Bau Sub-Souvagnes annehmen. Alles was in diesen Räumen gesprochen wird obliegt der Geheimhaltung, sei unbesorgt«, erklärte Max.


    Tazio Ferdinando di Ledvicco
    »Leone di Marino ist der Beiname des Duca - Löwe des Ozeans. Aus diesem Grunde ist nur die Familie des Duca berechtigt, das Fell des Leone di Marino zu tragen. Ja. Ich bin mir der Bedeutung bewusst. Und ich kann Gregoire das Fell nur schenken, wenn du zustimmst, Maximilien. Ich lege es hierhin. So magst du in Ruhe überlegen, ob Gregoire Teil meiner Familie werden darf. Unsere Freundschaft bleibt von deiner Entscheidung unberührt, ebenso jene zwischen unseren Ländern.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Das habe ich doch gerade bereits, als ich Dir sagte, ich freue mich für Euch beide. Wenn Du ihm diese Ehre erweist, frage ich Dich vorher ob Dir seine wahre Natur bekannt ist. Wenn Du mit dem Herzen gewählt hast Tazio, hast Du auch weise gewählt was den Verstand anbelangt. Gregoire ist manchmal etwas ungehalten, aber er weiß durchaus zu regieren, dass heißt er wird Dir stets ein guter Ratgeber sein. Souvagne lag in seinen Händen, als wir in Ehveros weilten und ich hatte nicht einen einzigen Grund zur Klage. Ein wundervolles Geschenk und mir ist bewusst wie Gregoire Dich sieht. Er besucht Dich nicht grundlos und brachte Dir Schneeflocke. Nur zu, Ihr habt meinen Segen. Einen Ledwicker in der Familie schadet nicht und wir beide kommen mehr als gut miteinander aus«, antwortete Max.


    Tazio Ferdinando di Ledvicco
    Tazio wagte ein Lächeln. »Ein Danke ist ein zu plumpes Wort für das, was ich empfinde. Bei der Wahl trafen Herz und Verstand gemeinsam eine Entscheidung. Ich liebe euer Kind und ich habe bewusst eine wärmende Decke gewählt und kein anderes Kleidungsstück, um dies zu zeigen. Es wird ihm gut gehen an meiner Seite, das schwöre ich. Ja, Gregoire hat mir seine Natur bei einem unserer Gespräche offenbart. Er schenkte mir ein Buch, eines seiner Tore hinaus in die Welt, wie er es nannte. Auch ich entfliehe gern lesend den Widrigkeiten des Alltags, wir sprachen viel und verstanden einander gut. Er ist so klug und umsichtig, sensibel. Ungehalten habe ich ihn noch nicht erlebt, er war hier und während des Besuches in Monleone stets ausgeglichen. Hier in Souvagne ist sein Ehemann Linhard. Wie werden er und ich formal zueinander stehen, wenn Gregoire der Mensch ist, der in Ledvicco an meiner Seite weilt? Unsere Familien fanden in der Vergangenheit bereits mehrfach zusammen, Maximilien. Auch in meinen Adern fließen Anteile souvagnischen Bluts, so wie auch du das Blut Ledviccos in dir trägst.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Dann freut es mich umsomehr dass Du an Greg Gefallen gefunden hast. Nun Greg ist Prince, Linhard ist Prince durch Heirat mit Greg. Welchen Status er bei Dir erlang kann ich nicht beantworten. Regiert er mit mit, dann Duca, regiert er nicht mit ist er Prince von Ledwick, Gregoire ist Dein Mann und Linhard wäre in Souvagne Dein Ehebruder. So nennt man es landläufig. Gregoire wäre Dein Erstgefährte. Er wäre somit nach souvagnischem Recht Prince Gregoire Verrill de Souvagne, Prince di Ledvicco, Marquis von Hohenfelde. Er würde Drei Titel in sich vereinen. Er wäre Dein Mann und Deine Frau, er wird nur ungehalten sobald ihn etwas ängstigt. Aber ich denke bei Dir wird er keinen Grund dazu haben, er reiste sogar für Dich nach Ledwick. Das stimmt, unsere Linien kreuzten sich bereits zum gegenseitigen Vorteil, ich wünsche Dir und Greg viele gesunde männliche Nachkommen. Pass gut auf ihn auf«, sagte Max und drückte Taz einen Kuss auf die Stirn. »Du hast meinen Segen Tazio«, sagte Max gerührt.


    Tazio Ferdinando di Ledvicco
    Tazio lächelte nun breit und absolut glücklich. »Ich werde mit Gregoire reden, welchen Status er sich vorstellen kann. Wenn es nach mir ginge, würde er den Platz einnehmen, den traditionell die Duchessa innehat. Ich kann mir keine geeignetere bessere Hälfte für diesen Platz vorstellen. Wie wird geregelt, was mit den Kindern geschieht? Das erste wird vermutlich der Spross Linhards sein. Ich würde gern sicherstellen, dass ein Thronfolger auch von mir stammt, wenn Gregoire den Platz anstelle der Duchessa einnehmen würde.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Das Kind dass Verrill momentan unter dem Herzen trägt ist der Spross von Linhard. Danach solltet Ihr vereinbaren, dass nur ihr eine Zeit intim werdet, bis Verrill Dein Kind empfangen hat. Es freut mich, dass Du direkt über den Erhalt der Linie nachdenkst. Mit dieser Position wird Greg denke ich mehr als einverstanden sein, rede mit ihm, aber so wie ich ihn kenne, folgt er Dir gern. Er wird in zwei Ländern Zuhause sein und unsere somit verbinden. Gibt es ein schöneres Bündnis als Liebe? Wohl kaum. Nach der Entbindung von Linhards Kind muss er bis zur Empfängnis und am besten bis zur Geburt allein Dir folgen was Intimität angeht. Aber das wird er wissen und auch aufgrund Deines Titels akzeptieren. Er wird Melville de la Cantillion nicht wiedersehen, ich werde ihm den Umgang mit diesem Mann untersagen. Melville hegt zuviel Interesse an Gregoire, betrachte es als erledigt. Welche Aufgabe hat die Duchessa bei Euch? Ein Titel den er mit Stolz tragen kann«, sagte Max.


    Tazio Ferdinando di Ledvicco
    »Die Regierungsgeschäfte obliegen wie auch in Souvagne dem männlichen Part des großherzoglichen Paares. Aber Gregoire ist als ein Sohn erzogen worden, wenn ich es richtig verstanden habe und hat auch bereits zeitweilig Souvagne in Vertretung regiert. Es wäre vergeudetes Potenzial, wenn er seine männliche Fähigkeiten nicht nutzen könnte und sich allein aufs Gebären konzentrierte. Und offen gesprochen, kann ich Unterstützung gut gebrauchen, da es sehr viel zu tun gibt und ich ohne familiäre Unterstützung dastehe. Dies war einer der Gedanken, warum ich mit dem alten Felipe liebäugelte, er hat reichlich Erfahrung und mangelnde List kann man ihm nicht vorwerfen. Auf der anderen Seite darf Gregoire nicht mit der Arbeit überfordert werden, um seine weibliche Seite und die Kinder zu schützen. Ich werde mit ihm darüber reden, was er sich vorstellen kann. Vielleicht sollte man einen dritten Part einführen, einen Begriff, der zwischen Duca und Duchessa steht«, überlegte Tazio. »Ich werde auch mit Linhard offen sprechen, was die Intimität angeht. Möchtet ihr sein Kind nach Souvagne holen oder soll es bei Verrill aufwachsen? Ich stehe beiden Varianten offen gegenüber und gern darf auch Linhard einen eigenen Teil des Palasts in Monleone beziehen.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Wo das Kind von Verrill aufwächst, soll er selbst entscheiden. Ist das Kind männlich, wird er wie ein Regent unterrichtet, ebenso wie Greg die Ausbildung genossen hat. Denn noch hat Dreux keinen legitimen Nachfolger gezeugt. Ein Zwischentitel wäre möglich, oder Du wählst Dir Greg als Berater. Die Entscheidungen bleiben einzig und allein in Deiner Hand, aber er berät Dich nach besten Wissen und Gewissen, darauf ist dann nicht nur herzenstechnisch Verlass, sondern auch was Regierungsgeschäfte angeht. Du musst die Macht nicht teilen um an Verrills Wissen zu kommen, er hat doch bereits mit Dir geteilt. Es sei denn Du möchtest dies so, aber notwendig ist es nicht. Sollte das Kind kein Sohn sein und solltest Du mit Gregoire einen Sohn zeugen, ist Dir bewusst dass er Thronfolger von Souvagne und Ledwick wäre? Jedenfalls solange Dreux keinen Nachfolger zeugte? Also pass sehr gut auf Eure Küken auf. Was Linhard anbelangt, er hat ein sehr offenes Gemüt, er ist gebürtiger Naridier. Du wirst mit ihm einig, Greg wurde es auch. Nur gewöhne Dich daran, er ist sehr jung und sehr gerne unterwegs vor allem mit Ciel«, grinste Max.


    Tazio Ferdinando di Ledvicco
    »Ich muss ehrlich sagen, dass mir das erst jetzt bewusst wird. Auf dem Knaben läge eine extreme Verantwortung. Wir würden ihn behüten, wie noch nie zuvor jemand behütet wurde, denn in seiner Hand läge dann die Zukunft unserer beiden Länder. Vielleicht würde er sie sogar zu einem zusammen schließen. Aber noch sind dies Fantasiegebilde, denn Dreaux hat es ja noch nicht einmal versucht und all deine Söhne sind noch jung und haben viel Zeit. Offenbar sind sie auch fleißig«, schmunzelte Tazio, als Maximilien ein gegenseitiges Interesse von Linhard und Ciel andeutete. »Ich möchte Gregoire nicht als bloßen Berater an meiner Seite wissen, es sei denn, dies ist sein Wunsch. Würde ich ihm nicht vertrauen, würde ich nicht um seine Hand werben. Ich würde mir wünschen, dass er Verantwortung trägt, so weit er sich das zutraut. Im Wege stehen werde ich ihm nicht. Es kann nur einen Leone di Marino geben, aber für eine reine Duchessa ist Gregoire in meinen Augen viel zu fähig.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Du solltest Dir auch nur der Tragweite bewusst sein und jedes Eurer Kinder, vor allem die Söhne werden etwas besonderes sein. Ebenso der kleine Spross den Ciel erwartet. Vielleicht überlässt Du Greg einen Ministerposten? So etwas wäre auch etwas für ihn, etwas wo er Bücher wälzen muss und er wäre mehr als Berater, er wäre sehr glücklich. Wie steht es um Eure Heiler? Ich würde ihm gerne seinen neuen Leibheiler Dantoine mitgeben, so dass dieser an seiner Seite verbleibt, er ist ein Heilmagier, äußerst fähig wie sein Bruder Benito. Hoffen wir das die anderen ebenso fleißig sein werdet und von Euch wünsche ich mir das ebenso. Greg wäre Deine rechte Hand, je nachdem welches Amt Du ihm gewährst. Die Wahl liegt bei Dir und ich freue mich sehr über Deine Wahl«, sagte Max.


    Tazio Ferdinando di Ledvicco
    »Ich freue mich auch und ich werde ihm morgen die Decke überreichen. Vor allem freue ich mich auf sein Gesicht. Vielleicht sollte ich Linhard auch etwas schenken, zum Zeichen, dass ich mit ihm eine Freundschaft wünsche? In Monleone haben wir natürlich sehr gute Heiler, doch wenn Dantoine bereits mit Gregoires Besonderheit vertraut ist, so wäre es am besten, wenn er ihn begleiten könnte. Einen Ministerposten könnte Gregoire auch bekleiden, je nachdem, was er sich zutraut und wünscht. Ich möchte das mit ihm gemeinsam entscheiden, er soll glücklich sein und selbst einschätzen, wie viel Ruhe oder Arbeit ihm mit dem Kind im Leib gut tut. Der kleine Spross von Ciel, was macht ihn so besonders?«, erkundigte Tazio sich.


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Nun erstes dass ich meinen Sohn liebe und zweitens hat er jemanden zur Frau wie Verrill, unbewusst wählte er so, was es umsonst schöner macht nicht wahr? Ich bin gespannt aber ich denke Ciel weiß noch nicht alles was Fran, also Francois mir und auch Ferrau offenbarte. Aber Ciel ist auch viel unterwegs und kann nicht immer so alles im Auge behalten wie er gerne möchte. Würde er, wäre er vielleicht schon selbst drauf gekommen«, sagte Max verschmitzt. »Linhard liebt Waffen, schenke ihm etwas aus Ledwick dahingehend und sage ihm offen, dass Du eine Freundschaft wünscht. Er wird Dich und die Deinen ebenso beschützen können. Er ist ein guter Schwiegersohn. Und was die Gerechtigkeit anbelangt, morgen früh leite ich alles in die Wege«, sagte Max.


    Tazio Ferdinando di Ledvicco
    »Das ist ein guter Tipp, danke dir, Max. Wenn du gestattest, werde ich dir nun noch ein wenig Nachtruhe gönnen und mich darauf vorbereiten, Gregoire die Decke zu überreichen. Ich bin gespannt, ob er von selbst darauf kommt, was ich ihm damit sagen möchte. Auch Ciel hatte offenbar ein Gespür für das Vollständige. Ich wünsche ihm und den seinen alles Gute.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Danke dass wünsche ich Dir ebenso. Fabien wird Dir ein Nachtquartier zuteilen, wo Du Dich in Ruhe ausruhen und erholen kannst. Ich weiß nicht, ob Greg die Hintergrundinformationen bekannt sind, aber das die Decke etwas ganz Besonderes ist, wird er auch so merken. Es reicht wenn man sie anfasst. Schlaf gut Schwiegersohn in Spee«, sagte Max glücklich und gab Fabien einen Wink. Fabien stand auf und führte Tazio und Vianello in eine der großen Luxuszimmer damit sie dort die Nacht und die nächsten Tage verbringen konnten. »Ich wünsche Euch ebenso eine angenehme Bettruhe Eure Hoheit und viel Freude bei dem Gespräch morgen früh. Ihr wärt ein entzückendes Paar, wenn ich dies anmerken darf«, sagte Fabien und verabschiedete sich leise.


    Tazio Ferdinando di Ledvicco
    »Danke, Fabien«, antwortete Tazio. »Dir auch eine gute Nacht.« Nachdem Fabien gegangen war, drückte Tazio seinen eigenen Leibdiener Vianello glücklich. »Danke für deinen Rat und deinen Beistand. Ich bin gespannt auf Gregoires Gesicht.« Er legte die Decke sorgfältig auf einem Tisch ab.


    Vianello Leonardo
    Vianello lächelte seinen Herrn glücklich an. Tazio war jung, irgendwie war er Herr und Sohn zugleich und im Moment war er mehr Sohn für Vianello. »Dieses Geschenk wird ihn sehr glücklich machen und bei uns hat er sich stets wohl gefühlt. Vielleicht wird er die Angst ganz ablegen, manchmal benötigt es etwas Fremdes, wie ein fremdes Land um sich etwas zu wagen. Wobei es mir fast so schien, als fühlte er sich bei uns gleich heimisch. Ihr habt Euch auf Anhieb gut verstanden und was der Duc über die Kinder sagte, ich denke dass passt sehr gut. Stellt Euch vor, Ihr und kleine Kinder. Euer Vater wäre sehr stolz auf Euch, besonders wenn Ihr ihm einen Stammhalter schenkt. Sollte dem so sein Hoheit, dann schenkt auch da Eurem Vater eine Erinnerung und zwar eine lebende, benennt Euren Erstegeborenen nach ihm. Findet Ihr das nicht schön?«, fragte Vianello und machte Tazio bettfertig. »Dem Duc liegt viel an Euch, wenn Ihr so eine Unterkunft erhaltet und dann im Privatflügel. Gregoire muss ebenfalls schon über Euch gesprochen haben Herr«, grinste Vianello und legte die Decke ordentlich zusammen. »Möchtet Ihr noch etwas plaudern oder möchtet Ihr ins Bett?«, fragte der Leibdiener freundlich.


    Tazio Ferdinando di Ledvicco
    »Maximilien ist ein angenehmer Mensch. Sehr vernünftig und offenherzig, aber vorsichtig. Wer will es ihm verdenken? Den Fehler, den wir begingen - er beging ihn nicht. Scheinbar bin ich bei Gregoires Schilderung besser weggekommen, als ich es verdiene«, erwiderte Tazio leise lachend und kroch in das opulente Bett. »Über Kinder würde ich mich freuen, selbst wenn das erste von Linhard ist. Gibt es etwas Schöneres als Kinderlachen? Es zeigt doch, dass alles in Ordnung ist an einem Ort. Den Erstgeborenen nach meinem Vater zu benennen ist eine gute Idee. Und der Name Sirio steht in Ledvicco seit jeher für Wehrhaftigkeit.« Er mummelte sich in die Decke ein. »Ich möchte schlafen, Vianello, damit die Zeit bis morgen schneller vergeht und ich Gregoire nicht mit Augenringen wie eine alte Sumpfohreule entgegentreten muss.«


    Vianello Leonardo
    »Herr so werdet Ihr garantiert nicht aussehen, notfalls schminke ich Euch, oder bitte den Leibdiener von seiner Majestät um Hilfe, denn von Schminken habe ich leider keine Ahnung, das liegt ehr den Souvagnern im Blut. Nein Herr, es gibt nichts schöneres als Kinderlachen und Euren ersten Sohn nach Eurem Vater zu benennen würde ihn sehr stolz machen. Ihr seid ein Teil von ihm und so wird es Euer Sohn auch sein. Eine Mischung aus den di Ledvicco und den de Souvagnes Herr. Ein Kämpfer mit der Beobachtungsgabe eines Adlers, was könntet Ihr Euch mehr wünschen oder Euer Vater? Ihr werdet gute Söhne zeugen, ich bin mir sicher. Und dass Gregoire seinen Heiler mitbringt, halte ich für sehr klug. Wir sollten mehr Heilmagier am Hofe anstellen. Nun schlaf mein Herr«, sagte Vianello, schüttelte sanft das Kissen auf und deckte Tazio vernünftig zu. In Souvagne war es kälter als in Ledwick, aber der Tazio war sicher auch so warm ums Herz. Vianello schaute nach dem Ofen, aber dieser war gut angestochert. Er selbst machte sich auch bettfertig und legte sich in die Nähe seines Herrn. »Ich bin da, wenn Ihr mich braucht. Schlaft schön«, sagte Vianello und löschte das Licht.


    Tazio Ferdinando di Ledvicco
    »Schlaf auch schön, Nello«, tönte es leise aus der Dunkelheit, die Bettdecke raschelte noch einmal und dann senkte sich Ruhe auf das luxoriöse Gemach.