Kapitel 10 - Veteranen

  • Veteranen



    Vittorio Pollarotti
    In den Häfen von Monleone herrschte auch abends nach Sonnenuntergang noch ein reges Treiben. Zahlreiche Laternen sorgten für die Beleuchtung, so dass Passanten und Händler keine Mühe hatten, ihren Angelegenheiten nachzugehen. Eine kleine Handelskogge entließ zu dieser späten Stunde noch Passagiere, auch ein alter Soldat war darunter. Vittorio trug seinen schweren Seesack scheinbar mit Leichtigkeit einhändig über der Schulter. Dumpf pochte seine Krücke auf den Planken, seine Schritte hallten unregelmäßig. Er tat, was alle Heimkehrer taten, die zu keiner Familie zurückkehren konnten oder wollten - er steuerte eine Hafentaverne an. An Geld für eine durchzechte Nacht mangelte es ihm jedenfalls nicht, auch wenn die tagelange Reise an seinem Aussehen genagt hatte. Er war guter Dinge und seine dunklen Augen blitzten vor lauter Vorfreude.


    Vianello Leonardo
    Vianello hatte sich zu seiner all abendlichen Einkaufsrunde aufgemacht. Der Abend war die Zeit, wo der Duca nicht mehr so viel zu tun hatte. Manchmal konnte sich Tazio direkt entspannen, an anderen Tagen benötigte er noch etwas Zeit um das eine oder andere wichtige Schreiben zu lesen. Seinen Leibdiener benötigte er dafür nicht an seiner Seite und so nutze Vianello genau jene Zeit um kleine Einkäufe zu machen um Tazio den Abend zu versüßen. Der Duca von Ledvico war jung, aber das junge Alter durfte nicht über seine Befähigung hinweg täuschen. Zudem standen ihm seit kurzem seine Frau und sein Schwiegervater zur Seite. Und da seine Frau in anderen Umständen war, war es Vianello mehr als sonst ein Bedürfnis, Tazio mit etwas Leckerem den Abend zu versüßen, wo der junge Duca schon genug Sorgen hatte. Tazio war nicht einfach sein Herr, sondern irgendwie auch sein Mündel. So wie er von dessen Vater in Tazios Hand gewechselt hatte, so hatte Tazio im Grunde auch zu ihm gewechselt. Heute wollte Vianello etwas Gebäck kaufen, etwas das eine Ledwicker Spezialität war, damit Tazio seine Frau damit verwöhnen konnte und natürlich sich selbst auch gütlich daran tat. Etwas Ledwick auf dem Teller, bedeutete schließlich auch Ledwick im Herzen. Liebe ging durch den Magen und das galt auch für ein Land und dessen Kultur. Verrill war Ledwick gegenüber aufgeschlossen und sie wollte das Land kennenlernen, sie wollte Ledviciano werden. Also sorgte Vianello dafür, das Tazio dafür sorgen konnte, indem er beide verwöhnte. Was offiziell natürlich Tazios Verdienst war, so sollte es sein und bleiben. Vianello schlenderte gut gelaunt durch die Hafengassen wo sich die meisten Händler angesiedelt hatten. Hier herrschte zu jeder Zeit ein reges Treiben, die Leute genossen den Hafen und der Durchgangsverkehr sorgte zudem für ein gutes Geschäft. So langsam bekam Vianello etwas Durst. Der Abend war ebenso seine Zeit und auf ein Bier oder ein anderes leckeres Getränk ließ er sich immer irgendwo eine Stunde nieder, ehe er den Heimweg antrat. Aus dem Augenwinkel meinte er eine bekannte Gestalt erspäht zu haben. Der alte Haudegen blieb stehen und schaute ganz bewusst. Ja er irrte sich nicht, das war Vittorio, ein alter Kamerad aus Kriegszeiten gegen Naridien. Vianello hob grüßend die Hand und ging auf ihn zu. Nur wer im Krieg gedient hatte, wusste das man niemandem von hinten auf die Schulter tippte, wenn man die Zähne behalten wollte. Jedenfalls jene, die man noch im Mund hatte. "Vittorio?", fragte er gut gelaunt und hoffte, dass ihn seine Augen nicht trogen.


    Vittorio Pollarotti
    Vittorio ließ den Seesack von der Schulter rutschen und stellte ihn auf dem Boden ab. Das Ding war dermaßen schwer, dass ein Dieb sich daran das Rückgrat brechen würde, so dass er nicht befürchten musste, dass man ihm sein Hab und Gut in einem Moment der Unachtsamkeit entwendete. »Vianello!«, rief Vittorio erfreut und versuchte sich zu erinnern, wie viele Jahre es jetzt eigentlich her war, dass sie gemeinsam den Naridiern das Leben schwer gemacht hatten. Um die zwanzig Jahre musste das schon her sein. »Man könnte dich fast mit einem Zivilisten verwechseln in deiner Aufmachung. Hast du Zeit, einen trinken zu gehen? Ich bin so dermaßen durstig, ich könnte eine Pferdetränke auf Ex leermachen.«


    Vianello Leonardo
    Vianello umarmte seinen alten Kameraden und klopfte ihm auf dem Rücken. "Sicher habe ich Zeit, abends jedenfalls immer. Wir haben uns ja eine Ewigkeit nicht mehr gesehen. Wie ist es Dir ergangen? Ich mache Dir nichts vor, Du siehst mitgenommen aus. Oh ja, ich kann auch einen Schluck vertragen. Du hast mitbekommen, was all die Zeit hier über geschehen ist? Oder woher kommst Du? Ich lade Dich auf ein Bier ein, oder zwei, oder drei, schauen wir mal", lachte Vianello, schulterte Vittorios Seesack und gab den Weg vor. Er war gesund und kräftig, nur etwas älter und das was der Sack wog, störte ihn nicht. Er war schleppen gewöhnt und sein Freund lief mit einer Krücke. Er suchte eine kleine Taverne, bei der sie draußen sitzen konnten und eine gute Aussicht auf den Hafen hatten. Vianello stellte Vittorios Seesack an die Wand, zog den Tisch so, dass dieser auch seine Krücke problemlos abstellen konnte und nahm Platz. Per Fingerzeig orderte er zwei große Bier und wartete ab bis Vittorio saß. Das Bier kam prompt und Vianello stieß mit Vittorio an. "Auf die alten Zeiten mein Bester", sagte er und nahm einen großen Schluck. Nello wischte sich den Schaum vom Mund und schaute Vitto an. "Wo hat es Dich hin verschlagen? Erzähl, wir haben Zeit. Ich bin übrigens jetzt der Leibdiener unseres jungen Duca. Eine Schande was mit seinem Vater geschah. Eine Schande was mit unserem Land und Almanien geschah. Du siehst weit gereist aus Vitto", sagte Vianello.


    Vittorio Pollarotti
    »Eine Schande, ja. Es war eine Schande, dass wir uns überhaupt je in diesen Krieg mit haben hineinziehen lassen.« Vittorio machte es sich am Tisch gemütlich und freute sich auf das Bier. An seinen Bewegungen sah man, dass er den Umgang mit der Krücke gewohnt war. Auch sah es nicht aus, als litte er Schmerzen. »Leibdiener des jungen Duca, schau an. Ich habe ihn nur einmal kurz in Fortezza gesehen, als er noch ein Kind war. Wie ist er so?« Vittorio hob den Humpen und die Tonkrüge klirrten. »Auf die alten Zeiten.« Er gönnte sich einige kräftige Schlucke, ehe er das Bier wieder abstellte, aber die Hand um den Henkel beließ. »Ich komme von den Rabeninseln. Dort habe ich mich ein wenig vom Krieg erholt. Nicht ganz offiziell, aber manchmal hat man keine Wahl. Rabennorkara. Sie haben unser Truppentransportschiff geentert und die meisten von uns als Sklaven verkauft. Mich nicht, ich war wertlos und hatte das Glück, dass sie mich nicht ins Meer warfen. So machte ich einige Zeit Urlaub auf den Rabeninseln. Aber jetzt, wo der Krieg vorbei ist, dachte ich, ich schau mal, wie es um die Heimat steht. Und wie geht es dir? Blendend vermutlich, so wie du aussiehst. Ich habe dich um einiges zerfledderter in Erinnerung.«


    Vianello Leonardo
    Vianello nahm noch einen Schluck und schaute sich Vitto genau an. Freundlichkeit und Freundschaft lag in seinem offenen Blick. "Tazio? Nun dann lass mich Tazio mal beschreiben. Taz ist ein junger Mann, der durchaus nach seinem Vater kommt. Er ist jung, aber sein Alter darf nicht über seine Tatkraft hinwegtäuschen. Er weiß sich zu behaupten, dass kann ich Dir versichern. Üblicherweise besteigen Regenten mit ungefähr 30 Jahren den Thron, so ist es die Regel oder wenn ihr Vater den Thron durch Ableben geräumt hat. So war es nicht nur beim Duc de Souvagne, so kam es leider auch bei uns Vitto. Ich weiß nicht, wie weit Du den Krieg verfolgt hast, aber er ist ein Großteil von Tazios und meiner Lebensgeschichte. Die Infos die ich Dir gebe sind teilweise unsere und teilweise von Tazios Frau, denn unser junger Duca ist seit kurzem verheiratet, was ihn sehr glücklich macht. Aber eines nach dem anderen. Alles fing damit an, dass die Zwerge Alkena überfallen haben. Sie löschten eine Stadt der Tieflinge aus, welche - dass kann ich Dir nicht mehr sagen. Ich konnte mir den Namen nicht merken. Das die Tieflinge so einen Schlag nicht wehrlos hinnehmen würden war klar und so wandten sie sich an das Chaos. Das Chaos ließ auch nicht lange auf sich warten, es griff ein und genau das brach los - Chaos. So berichtete es mir Tazios Frau Verrill. Sie ist übrigens Souvagnerin, nun natürlich durch Hochzeit anständige Ledvigiani. Als das Chaos losbrach und den Zwergen Feuer unter ihren kleinen Ärschen machte, da merkten die Zwerge schnell, sie hatten den Mund zu weit aufgerissen Vitto. Den Brocken den sie da verschlingen wollten, war doch eine Nummer zu groß. Und da mein Bester, kamen wir ins Spiel! Die Zwerge von denen man sonst nie etwas hör, sah oder roch, baten Streitkräfte der Ordnung und Almanien um Hilfe. Unser Duca, ging darauf ein. Ledwick, die Hohe Mark und Ehveros zogen an der Seite der Goblins in die Schlacht um den Zwergen ihre haarigen Hintern zu retten, die sie selbst so leichtfertig aufs Spiel gesetzt hatten. Dabei durchzogen die Truppen Souvagne und nutzten deren Schiffe. Widerrechtlich, es gab wohl keine Absprache. Souvagne kündigte das Kaisho-Bündnis auf und schloss sofort die Grenzen. Sie riefen den Kriegszustand aus. Was da noch bei vielen anderen Almanen für Unmut sorgte Vitto, war später unsere Rettung! Das Heer zog also Richtung Dunkelbruch und was soll ich Dir von einer Schlacht berichten die keine war? Es war ein Abschlachten, die Zwerge haben uns zur Schlachtbank geführt. Denn Vitto, in dem Moment wo das Chaos angriff und wir vor den Toren von Dunkelbruch standen um die Heimat der Zwerge zu schützen, schlossen sich die Tore. Sie überließen uns schutzlos dem Feind! Kannst Du Dir diesen Verrat auch nur annähernd vorstellen? In der Schlacht fielen so viele gute Männer, ich kann die Toten nicht zählen Vitto. Es fiel auch unser Duca. Wir, also wir Almanen und auch Goblins, gerieten in Kriegsgefangenschaft der Rakshaner. Erstaunlicherweise haben sie uns gut behandelt. Die Tage wurden zu Wochen, die Wochen zu Monate. Irgendwann wurde uns gesagt, dass wir freigelassen würden, so geschah es auch. Es begann der lange Treck Vitto. Wir zogen nach Hause in der Hoffnung, dass Souvagne diesmal die Grenzen öffnen würde. Es hatte weder Flüchtlinge, Fremdländer noch sonst wen mehr die Grenzen passieren lassen. Natürlich nicht, in ihren Augen waren wir Verräter und Diebe. Keine Absprache, fremdes Eigentum genutzt, es gab einiges was nun zwischen unseren almanischen Völkern stand, dabei waren wir einst Brüder. Diese Bruderschaft hat ein Fremdvolk leichtfertig dafür geopfert um sich selbst zu retten. Wir kämpften für eine Sache, die sich die Zwerge selbst zuzuschreiben hatten. Tazio war am Ende. Der lange Treck verlangte alles von ihm ab. Er hat zu viel gesehen Vitto. Schau unserem Duca in die Augen und Du siehst einen 25 jährigen Jungen Mann mit der Erfahrung eines Veteranen. Der Krieg hat ihn körperlich und geistig gezeichnet. Er hat ihn gestählt und dennoch auf gewisse Weise gebrochen. Verhandlungen hatten begonnen, weit bevor wir den langen Treck angetreten hatten. Der Zwergenkönig war nach Souvagne gereist und wollte eine Friedensverhandlung. Alkena wurde hinzugezogen und die Souvagne vermittelte letztendlich zwischen dem Zwergenreich, Alkena, Ehveros und Ledwick. Souvagne nahm eine neutrale Position ein, wie zu früheren Zeiten Vitto. Aber jetzt kommt es, uns vertraten fünf Counts, die meinten in Abwesenheit unseres Duca die Macht an sich reißen zu können. Wie ein offenes Buffett wollten sich die Counts und auch der alte Felipe Almanien teilen. Felipe hatte vor Ehveros mit Ledwick und der Hohen Mark zu vereinen. Die Counts waren dagegen, logischerweise. Sie wollten nicht fremdbeherrscht werden, sondern sie wollten Ledwick selbst regieren. Nur stand ihnen eine Regentschaft nicht zu. Alkena hatte die Hohe Mark in der Hand. Souvagne sprach sich gegen das Verrutschen der Kräfteverhältnisse aus und forderte die Hohe Mark für sich, sie waren nicht bereit Felipe die Hohe Mark zu überlassen. Glücklicherweise! Die Zwerge, allein voran Dunkelerz und die Counts waren eindeutig dafür, dass die Hohe Mark an die Souvagne geht. Alkena war ebenso dafür. Felipe schäumte, war aber überstimmt. Und so ging die Hohe Mark an die Souvagne. Nicht auszudenken was unter Felipe weiter geschehen wäre. Die Counts durften Ledwick aber nur stellvertretend regieren, da der Duc einwarf, dass der rechtmäßige Erbe des Throns zu finden sei. Würde sich keiner finden, erst dann konnte über eine neue Regentschaft nachgedacht werden. Was völlig richtig ist. Das Endergebnis war ein Frieden zwischen den Völkern. Alkena und Souvagne verbindet seit dem eine feste Freundschaft. Die Hohe Mark ist Souvagne. Felipe überließ seinen Thron seinem nichtsnutzigen Gör Ricarda. Alle reisten nach Hause. Sogar die Rakshaner nahmen an den Verhandlungen teil, in Form von Tarkan. Als die Souvagner wieder Zuhause waren, trafen wir mit dem langen Treck ein. Wir durften einreisen, passieren und uns vorher sogar ausruhen und erholen. Das war die Zeit Vitto, wo Tazio seine Frau kennenlernte. Sie hat uns viel über die wahren Machenschaften im Hintergrund aufgeklärt. Verrill ist eine wandernde Bibliothek und sie besitzt sogar einige. Also einige ist gut, eine alleine ist ein Palast der Bücher an sich, ich war erschlagen von der Anzahl, den Räumen und und und. Habe mir aber für meinen Herrn nichts anmerken lassen. Als Bücherwurm wäre ich vor Freude ohnmächtig geworden. Tazio verliebte sich und sie ebenso, ein seltenes Glück, aber er hat es mehr als verdient. Eine Partnerin die er liebt und die ihn von Herzen liebt. Die zwei sind glücklich. Aber die Geschichte ist noch nicht zu Ende Vitto. Denn Tazio ist nicht nur jung, er ist auch nicht nur gebrochen, er ist durch und durch Soldat wie Du und ich und er ist der Duca. Zur Hochzeit bekam er ein Luftschiff geschenkt. Und weißt Du was er getan hat? Er hat die Zwerge weggepustet. Sein Dankeschön, seine Rache. Das ist unser Tazio, unser Duca, unsere Majestät. Auf Tazio", sagte Vianello und hob seinen Humpen.


    Vittorio Pollarotti
    Vittorio lachte, als Vianello seinen Bericht damit beendete, wie die Zwerge weggepustet worden, als sei es ein besonders gelungener Witz. Und das war es in Vittorios Augen wahrlich. Wie ein Bumerang war der Verrat der Zwerge zurückgekehrt und hatte sie von den Füßen geholt. Diesmal endgültig. Vittorio hob ebenso den Krug und sie stießen ein zweites Mal an, dass das Bier von einem Bier in den anderen schwappte. »Auf Tazio, möge er lange regieren und dir ein guter Herr sein.« Vittorio trank in wenigen Schlucken den Krug leer. Er bestellte für sie beide Nachschub, Starkbier, denn er hatte das Bedürfnis nach einer höheren Drehzahl. Als er auch diesen Krug geleert hatte und der Dritte geliefert wurde, begann er sich richtig wohl zu fühlen. »Damit ist der Frieden nun zum Greifen nah, zumindest ist Kaisho Geschichte. Ich verrate dir was. Ich habe lange überlegt, ob ich überhaupt zurückkehre oder ob ich weiter den Gefallenen spiele. Aber ich tendiere dazu, es vielleicht mit einer offiziellen Rückkehr zu versuchen. Was ist mit dir, hattest du nie den Gedanken, einfach zu verschwinden und die anderen ihren Mist allein machen zu lassen?«


    Vianello Leonardo
    Vianellos Grinsen war für einen Mann seines Alters jung, aber etwas Wehmut schlich sich hinein. "Welcher Ledvico hat noch nicht daran gedacht, einfach seine sieben Sachen zu packen und abzutauchen auf nimmer Wiedersehen? Aber zu meinen "sieben Sachen" gehört mein kleiner Tazio. Ich kann ihn nicht verlassen, er ist wie ein Sohn für. Würdest Du Dein Baby schutzlos zurücklassen? Nun er ist nicht schutzlos, aber wir beide brauchen einander und ich könnte es mir nicht verzeihen, würde ihm etwas geschehen. Ja möge er lange und glücklich regieren. Ich wünsche ihm viele gesunde Kinder und privat ebenso alles Gute. Ich weiß nicht wieso, aber irgendwie fühle ich mich, als wäre ich mit dem Tod des alten Duca in der Pflicht, ihn großzuziehen. Nun was heißt großziehen, er ist groß, er ist sogar ein recht attraktiver Kerl, er ist klug, gebildet, charmant, still, kein Aufschneider. Also er ist alles das, was ein Mann sein sollte. Er ist auch kein Schönling, der den ganzen Tag vor dem Spiegel verbringt, er ist eine gute Gesamtmischung. Aber ehrlich, selbst wenn er klein, blucklig und schrumplig wäre, ich würde ihn genauso lieben und Verrill hoffentlich auch. Tazio hat die Zwerge nicht nur ausgelöscht, er hat ihnen einen See auf den Kopf fallen lassen, nachdem ihr Himmel einstürzte. Dass muss unserem Duca erstmal einer nachmachen. Ainuwar hätte nicht schlimmer über sie kommen können, als Tazio. Die Zwerge sprachen den Namen Souvagne mit gegrollter Ehrfurcht aus? Nun die Zwerge hatten nicht mal Zeit Ledvico zu kreischen, da waren sie schon tot! Du kennst die Azursee? Dort gibt es zwei Inseln, die gehörten den Farisin. Eine der Insel verfügte über ein Vulkan. Unter der Azursee lag die Hauptstadt der Zwerge. Wusste ich auch nicht, war aber so, nimm es einfach hin. Jedenfalls hatte Souvagne noch eine Rechnung mit den Farisin auf und wir - logisch - mit den Zwergen. Also bombte Tazio seine Bomben per Luftschiff genau in den Vulkan. Der war wie eine Rohrpost. Der Vulkan ging hoch, der Deckel der die Zwergenhauptstadt schützte krachte ein und das Wasser stürzte in Massen in ihren Bau. Sie sind ersoffen wie Ratten. Du hättest die See sehen sollen. In dem Vulkan entstand sowas wie ein Strudel mit gewaltigem Sog. Sowas habe ich noch nie gesehen und dann sackte die ganze See ab, das war richtig unheimlich. Eine Götterfaust hatte zugeschlagen, oder sollte ich sagen die Faust unseres Duca? Sie wussten nicht wen sie herausgefordert hatten. Nun weiß es die Welt, legt Euch nicht mit Ledvico an! Wir sind zwar friedlich und gehen der Konfrontation sonst aus dem Weg, aber irgendwann reicht es auch uns und der Punkt war nicht nur erreicht, sondern überschritten. Die Inseln gehören nun zu Souvagne. Im Gegensatz zu anderen verweichlichten Weibchen war Verrill dafür dass Tazio die Zwerge in den Abgrund bombt, sie ist etwas anders als man sich eine übliche Frau vorstellt. Sie kann so liebevoll und verständnisvoll sein, dass es einen rührt. Aber sie kann auch wie eine Rachegöttin im Raum stehen und den Tod unserer Feinde verkünden und Du weißt sie wird es ermöglichen. Die Frau ist genau das was unser Tazio braucht und sie folgt ihm bedingungslos. Ich denke da haben sich zwei gefunden. Sie hatte allerdings schon einen Ehemann, der gehört nun auch zu Tazio. Er möchte ihn auch behalten. Dieser dritte im Bunde gehört der Familie Hohenfelde an. Du kennst den Namen aus Naridien... die Dolche aus der Dunkelheit, er ist einer von ihnen. Mehr sogar, er ist ihr neues Familienoberhaupt. Aber Tazio versteht sich gut mit ihm, solange das so bleibt, bleibe ich freundlich. Sollte er unseren Duca bedrohen muss ich einschreiten. Aber bis jetzt sieht alles danach aus, dass wir grauenvoll gute Verstärkung erhalten haben. Mir selbst geht es gut Vitto, von den üblichen alltäglichen kleinen Sorgen abgesehen. Diesmal scheint es das Schicksal gut mit uns zu meinen. Es freut mich dass Du wieder aufgetaucht bist. Was sagst Du, hättest Du keine Lust Dich uns anzuschließen? Es bei Hofe zu versuchen? Platz für Veteranen und alte Hasen ist immer. Wir sind durch den Krieg und der Krankheit wenige geworden Vitto. Die Cholera wütete, der Krieg wütete, Männer sind Mangelware in Ledwick. Wir werben schon in anderen almanischen Ländern an. Souvagne war bereit ebenfalls unser Werben zu erhören, wir hoffen dass viele Familien ihre dritten oder vierten Söhne schicken, jene die keine Scholle erben. Jene hätten bei uns nicht nur mehr Möglichkeiten, sie würden uns mit frischem Blut und Leben versorgen. Was meinst Du, ist das nichts für Dich? Du bei Hofe und uns eine Stütze?", fragte Vianello und trank einen kräftigen Schluck.


    Vittorio Pollarotti
    Vittorio stellte seinen Krug ab, den er gerade an die Lippen hatte setzen wollen. »Mein erwachsenes Kind würde ich zurücklassen mit dem besten Schutz, den ich ihm an die Seite stellen könnte. So wie ich meinem Kind nie Ketten anlegen werde, so werde auch ich mir keine anlegen lassen, die mich an ein und demselben Ort festketten. Der Palast wäre daher kein dauerhafter Aufenthaltsort für mich. Ich könnte nicht dafür garantieren, nicht wieder zu verschwinden. Nur Menschen von unserem Blut können verstehen, wie stark der Ruf der Ferne sein kann, wie die Fernweh einem das Herz zerreißt und man nicht nur weg will, sondern muss! Fort, ohne zu wissen, wohin eigentlich, aber wissend, dass man nicht mehr bleiben kann, weil einen alles zu erdrücken scheint. Die uralte Sehnsucht der Seelöwen nach ihrer Mutter weit draußen in der See, sagt man. Ich bin niemand, der diese Mythen für bare Münze nimmt. Letztendlich kranken wir alle daran, dass wir nicht wissen, wonach wir überhaupt suchen, drum haben wir der Sehnsucht stellvertretend die Gestalt der verlorenen Mutter gegeben.« Nun trank er doch einen Schluck. »Ich wüsste auch nicht, was ein alter Krüppel am Hof Sinnvolles machen könnte, was nicht auch jeder andere besser erledigen kann. Du sprichst sehr gut von Tazio und seiner Frau. Bist du denn glücklich mit deinem Leben? Gibt es nichts mehr, was du erledigen musst?


    Vianello Leonardo
    "Die Legende ist wahr Vitto, Du spürst es, wenn Dich der Ruf ereilt. Nenne es die Sehnsucht nach der Mutter, dem Meer, dem Großen, Gott, was auch immer - ich für meinen Teil glaube ehr, es hat etwas mit dem Meer an sich zu tun. Viele Almanen oder sage ich einmal viele Menschen kennen den Ruf des Meeres. Du, ich, aber nicht nur Ledvigiano auch andere können sich ihm nicht entziehen. Wohin? Das weiß niemand genau, aber jeder von ihnen tritt doch die Reise auf dem Meer an und lässt sich tatsächlich dahin treiben, wohin die Reise einen führt. Aber führt einen die Reise oder doch das Meer? Wir wissen das am Anfang das Meer war und so weiß das Meer wo wir hingehören, wenn auch nur für den Moment. In unseren Adern singt das Meer am stärksten, aber auch andere hören den Gesang. Natürlich spreche ich gut von Tazio, ich liebe ihn, er ist mein ein und alles, mein Leben Vitto. Und da er so glücklich ist mit seiner Frau, bin ich glücklich und freue mich für ihn. Einzig und allein gefällt mir nicht, dass eine Frau einen Leibdiener hat. So ein dicker Kerl, der an ihr rumfummelt? Also in meinen Augen darf das nicht sein. Gaston ist ein guter Deiner, flink und freundlich, aber er ist eben ein Mann. Und wenn ein Mann Verrill anfassen darf dann ist es Tazio und sicher nicht Gaston! Da rege ich mich ständig drüber auf. Jetzt schon wieder. Das mit der Freiheit und dem Kind hast Du sehr gut beschrieben, ich bin und bleibe wohl eine alte Glucke. Zuerst begluckte ich Ernesto Sirio und nun für ihn Tazio. So ist das Leben, ich war wohl mal ein Seepferdchen", lachte Vianello. Er trank einen großen Schluck Bier und dachte nach. "Mich vortreiben lassen würde ich schon gerne mal, aber auch da werde ich wohl an der Seite von Tazio sein. Er möchte seiner Frau unser Land zeigen, sie werden durch ganz Ledwick reisen, was mich stolz macht und ich hoffe die werde sie begleiten. Das wird meine Reise sein, ansonsten hätte ich schon gerne mal das eine oder andere Land gesehen. Halt mich nicht für verrückt, ich hätte gerne Rakshanistan gesehen. Ein Land bestehend aus Wüste, ganz anders als unser Land. Hier kannst Du die Gartentür aufmachen und ins Meer fallen. Aber dort muss alles anders sein, nur wie? Vielleicht finde ich es eines Tages heraus. Wie war es bei den Norkara? Erzähl mir davon. Und nebenbei Du hast eine Menge beizutragen, allein schon Dein Wissen kann Dir keiner streitig machen. Du könntest mit die Garde aufziehen als Meister", schlug Vianello vor. So schnell wollte er nicht aufgeben und Vitto gleich wieder ziehen lassen.


    Vittorio Pollarotti
    »Sicher spüren den Ruf nicht nur Ledvigiani. Man darf nicht vergessen, dass wir einst fünf Großherzogtümer waren und doch die selbe Sprache sprechen, die selben Tugenden hochhalten, die selben Schwächen verachten. Und schau dir die Entwicklung an, es werden immer weniger Großherzogtümer, ohne dass wir an Fläche schrumpfen. Ich prophezeie dir, am Ende werden wir wieder ein Volk sein. Vielleicht in hundert Jahren, vielleicht in tausend, doch alle almanischen Völker waren eins, davon bin ich überzeugt, sonst hätten wir nicht so viele Gemeinsamkeiten. Und wir werden wieder eins sein. Die Hochzeit des Duca mit einer souvagnischen Prinzessin ist ein weiterer Schritt in diese Richtung. Die Zeit wird kommen, da wir nicht mehr eigene Brötchen backen, sondern gemeinsam an einem Strang ziehen. Ein geeintes und starkes Almanien, eine Trutzburg gegen den Rest dieser Welt.« Vittorio bestellte ihnen zwei weitere Bier nach und ließ sich auch zwei Mal die Karte geben, er hatte Hunger. Eine reichte er Vianello. »Tazio ist wie ein Sohn, warum es nicht mit einem leiblichen Sohn versuchen? Der Duca scheint den Ersatz für das zu liefern, was du dir wünschst. Für ihn ist das natürlich toll, aber bist du so zufrieden? Für Gaston habe ich einen Tipp. Lass den Fettsack einen tragischen Unfall erleiden, wenn Tazio es nicht über sich bringt. Kein fremder Mann hat die Finger an seine Braut zu legen und den Kerl hat er sicher nicht dazu eingeladen, sondern duldet ihn zähneknirschend. Sei ein guter Leibdiener und erkenne, was für deinen Herrn das Beste ist.«


    Vianello Leonardo
    Vianello hörte Vittorio zu und konnte ihm nur beipflichten. "Das was Du über die almanischen Völker sagst, klingt ausgesprochen logisch und es klingt auch nach einem uralten Traum. Es stimmt wir teilen so viel, die Sprache, einen Großteil der Ansichten, viele unserer Traditionen, unsere Werte, man könnte endlos aufzählen. Die Eigenheiten haben sich teilweise daraus entwickelt, wo die Almanen siedelten. Jene am Wasser wie wir, lieben das Meer und die Schifffahrt, die Hohe Mark hatte ihre Berge, Souvagne stand uns von je her nahe, es war ein Land dass sich um die Azursee schmiegte, Ehveros war schon immer gerne der Mittelpunkt. Nun gehört die Hohe Mark der Vergangenheit an und warte nur ab, es wird nicht eine Generation brauchen und die Souvagner sehen es als Teil von sich an. Es ist im Grunde heute schon so. Der Kronprince, wobei er ist kein Prince mehr - der Archi-Duc Dreux Gifford de Souvagne hat das freie Reststück zum Dhunischen annektiert. Meer und Berge, was sagt man dazu? Er hat beides vereint, alt und neu. Er ist glaube ich ganz ähnlich wie Taz gestrickt, was ruhiger im öffentlichen Auftreten, aber er hat Krallen wie das Wappentier und er hat scheinbar Pläne für sein Land. Ein Archi-Duc ist ein Duc der mitregiert, bis er ganz die Amtsgeschäfte übernimmt. Das ist in Souvagne eine neue Regelung, die genau jener Dreux einführte, als sein Vater der Duc in Ehveros weilte. Sprich, der Titel wird lebend überreicht, nicht mehr durch den Tod. Das gefällt mir und sollten wir hier auch einführen. Eigene Kinder? Dafür ist es zu spät Vitto, ich bin zwar kein Greis, aber ich bin alt. Jetzt noch eine Frau suchen, dann werben, dann ein Kind zeugen und am Ende auf es aufpassen. Ich glaube das schaffe ich nicht mehr. Als ich es noch gekonnt hätte, da hatte mich der Ruf der Ferne zu fest in der Hand mein Bester und heute wo ich mir etwas mehr Sesshaftigkeit wünsche, etwas mehr Ruhe ist es mit dem Können vorbei. Sesshaftigkeit eines Ledvico Vitto, ein Hausboot täte es auch oder jeden Tag woanders, aber dort wo man sich wohl fühlt, man die Brandung am Morgen rauschen hört und einem am Abend die Sonne auf den Bauch scheint", seufzte Vianello. Er beugte sich weit zu Vitto, schaute sich kurz sichernd um ehe er flüsterte. "Mit diesem Gaston stimmt etwas nicht, ich bin dabei ihm auf den Zahn zu fühlen. Aber es gibt erstaunlich wenig Informationen über ihn. Kurzum es gibt nichts. Jeder normale Mensch würde jetzt denken, er ist halt langweilig und was gibt es schon über so jemanden zu erzählen. Aber hier ist genau das wichtig - nämlich das es nichts gibt. Wieso gibt es über diesen Mann rein gar nichts zu erfahren? Genau DAS macht mich hellhörig. Wer oder was ist er? Glaub mir, der hat nicht so leicht einen Unfall. Wobei den hätte er fast gehabt, allerdings durch zwei Souvagner, die ihm einen Streich spielten. Schade ist, das so ein Mausgesicht den Princen Ciel de Souvagne warnte. Ich war schon froh, dass der Dicke weg war. Prince Ciel regte sich auf, dass Gaston verschwunden war, Ducachessa Verrill hätte ihn doch gebraucht, sie ist hochschwanger. Man ich wusste wo die Knalltüte hängt, aber ich dachte, warte mal eine Stunde und das Problem löst sich von allein. Er hat sich aber nicht gelöst! Und das meine ich so wie ich es sage. Zwei Souvagner haben ihm erzählt, er sollte in den Weinkeller gehen. Keller und Ledwick, da hätte er schon schalten müssen. Hat er nicht, ich dachte toll. Jedenfalls ging er in den vermeintlichen Keller und hing dann wie eine dicke Krabbe über dem Meer. Konnte sich kaum noch halten als er gerettet wurde und einer der Gardisten musste ihn sogar von den Felsen pflücken wie eine reife Seepocke und wieder in den Palast wuchten. Die arme Sau tat mir richtig leid. Es wäre zu schön gewesen, hätte ihn die Tide hinausgezogen und die Strömung von dannen getragen, das Meer kann so gnädig sein, aber der Fels war unerbittlich. Und so ist der Dicke immer noch da. Wenn ich mir nur vorstelle, er wäscht die Ducachessa an Stellen die nur Tazio angehen, ich muss was unternehmen. Ehrlich Du hast Recht. Nicht einmal ich würde es mir erlauben, sie zu waschen! Ich meine ich würde sie beschützen, ihr beistehen, aber ich würde sie nicht entblößen oder anfassen. Wofür hält er sich, dass er sie so berührt? Ich habe schon eine Zofe angeschleppt, sehr gute Frau, höflich, bescheiden, unterhaltsam, fleißig. ER schickt sie weg! Gibt es das! Ich muss mit Tazio reden", stöhnte Vianello.


    Vittorio Pollarotti
    Vittorio wurde hellhörig. »Es gibt nichts über ihn herauszufinden? Überlass das mir. Ich habe da einen alten Freund, der kann uns sicher weiterhelfen. Das heißt, wenn er noch lebt. Ich müsste dazu nach Souvagne reisen. Was sagt denn Verrill dazu, dass der Drecksack sie begrabscht?«


    Vianello Leonardo
    "Das habe ich sie nicht gefragt und bei ihr auch nicht groß weiter nachgebohrt. Denn je mehr ich frage, je mehr ich meinen Unmut Luft mache, je ehr würde der Verdacht auf mich fallen. So habe ich nur gesagt, dass es mir nicht gefällt und eine Zofe für eine Frau angebrachter wäre. Erleidet Gaston einen Unfall, ist das nicht meine Schuld. Habe ich was gesagt? Mich auffällig verhalten? Nein. Ich sagte nur, dass es schicklich ist, wenn eine Frau eine Zofe hat, anstatt einen Leibdiener. Mehr nicht. Ich kann nicht den Verdacht auf mich lenken, wo ich der Einzige neben dem Duca und der Ducachessa bin, der jederzeit so nah an ihn herankommt. Er allerdings an mich auch, Du verstehst? Deinen alten Kontakt, würdest Du ihn für mich spielen lassen? Das wäre mir wirklich wichtig. Das Kind was unsere Ducachessa unter dem Herzen trägt, ist von ihrem ersten Mann dem Hohenfelde. Aber danach wird sie nur noch mit unserem Duca auf diese Weise verkehren, bis sie ihm sein erstes Kind schenkt. Das hat schon der Duc de Souvagne geklärt und es ist nur Recht. Denn Tazio ist trotz allem der Höhergestellte, er ist kein Zweitmann, er ist der Duca, Verrill ist seine Frau.Was wird dann erst, wenn sie Tazios Kind unter dem Herzen trägt? Ich traue ihm nicht und ich sorge mich. Und er hat sich nicht zu erdreisten, andere Bedienstete zu entlassen, auch wenn er Leibdiener ist! Entlasse ich irgendwen? Auf Befehl oder im Namen von Tazio, sicher. In meinem? Wohl kaum! Ihm muss auf die Finger geklopft werden Vitto. Hilf mir beim Klopfen. Natürlich hat es auch schon immer Frauen gegeben, die einen Pagen hatten, anstatt einer Zofe. Aber da hatte doch jeder den Verdacht, der Page ist für anderes da. Umgekehrt hörte man nie davon, dass ein Herr eine Zofe hatte oder? Gut wozu, die nennt man gleich Mätressen. Ein Leibdiener wäscht einen von Kopf bis Fuß, kleidet einen ein, ich kenne jeden Milimeter an Tazio, hat er das von Verrill zu wissen? Nein. Vitto alter Freund, gib mir einen Rat", bat Nello.


    Vittorio Pollarotti
    »Was ist eine Ducachessa?«, fragte Vittorio. »Duchessa hieß es zu meiner Zeit. Mein Rat lautet wie folgt. Erst einmal rede ich mit meinem Freund. Vielleicht möchte er auch persönlich mit dir sprechen, das werde ich ja dann sehen. Und je nachdem, wie seine Information ausfällt, übernehme ich es für dich, das fette lüsterne Schwein aus dem Weg zu räumen.«


    Vianello Leonardo
    Vianello schaute Vitto an und überlegte, wie er es erklären sollte. "Also die Ducachessa ist eine Mischung aus Duca und der Duchessa. Verrill ist ein sehr seltener Mensch, sie ist keine reine sie. Sie ist ein Hermaphrodit, ein Zwitter. Verrill ist eine Frau und ein Mann zugleich. Sie ist schlank und ungeschminkt mit den Haaren streng hinter den Ohren wirkt sie wie ein sehr schlanker junger Mann. Aber wenn sie sich locker kleidet und gibt, kannst Du nicht abschätzen, was sie ist. Sie ist beides und so sieht sie auch die Welt. Sie lebte ihre Natur verborgen, aus Angst. Tazio schuf diesen Titel, damit sie sich nicht verstecken muss - Ducachessa. Ich danke Dir, bitte rede schnell mit Deinem Freund. Ich rede jederzeit mit ihm, ich bin bereit und Danke für Deinen Beistand. Du siehst, wir beide könnten gut zusammenarbeiten. Prätorianer für unseren Duca, einer allein hat da ganz schön zu ackern", flüsterte er.


    Vittorio Pollarotti
    Vittorio lächelte, griff zu Vianello hinüber und drückte ihre Köpfe gegeneinander. Vittorio hatte starke Hände, die immer warm waren. »Wir haben schon in ganz anderen Situationen gut zusammengearbeitet. Ich lasse es mir durch den Kopf gehen, ob ich eine Weile bei euch bleibe, bis sich der Frieden stabilisiert hat. Aber ich habe auch die eine oder andere Sache noch zu erledigen. Mein Freund wohnte damals in Beaufort, aber es kann sein, dass er umgezogen ist und ich ihn suchen muss.« Er ließ Vianello mit einem freundlichen Tätscheln wieder los. »Ein Zwitter, schau an. Ein mutiger Schritt, den Umstand öffentlich zu machen. Tazio muss seine Frau viel bedeuten, dass er so für sie in die Vollen geht, obwohl er sich als Duca erst noch zu beweisen hat. Man wird ihn viele Jahre an seinem Vater messen und der hätte aus Verrill vermutlich offiziell eine bloße Frau gemacht, damit niemand dummquatschen kann.«


    Vianello Leonardo
    "Ja aber Tazio ist nicht sein Vater, er ist ein junger Mann mit Visionen. Tazio muss wie ein Händler denken, wie ein Marktschreier. Er muss lernen sich selbst zu verkaufen, die Marke des Duca kreieren, wie Verrill ihm einen Duft kreieren ließ den Duft des Duca. Und so wie Tazio der Duca von Ledwick werden muss, diese Gestalt, so wird erstmalig eine Ducachessa Gestalt annehmen, verkörpert durch Verrill. Ein Wesen dass beide Seiten sieht. Was sieht sie als Beraterin unseres allmächtigen Duca? Er hält Ledwick in seinen gütigen und starken Händen. Sie ist seine Beraterin, sie sieht die männliche und weibliche Seite, sie sieht diesseits und jenseits, sie ist gütig und stählern in einem. Tazio muss sich nicht nur beweisen, er muss zeigen wer sie sind. Sie beide sind Hand in Hand Ledwick. Und Tazio wird Ledwick gemeinsam mit seiner Ducachessa regieren und beschützen, wie es kein Duca zuvor tat. Das verspricht sein Mut und seine Offenheit. Tazio geht den Tazio-Weg Vitto, er hinterlässt eigene Spuren. Und sein erster Schritt auf diesem Weg, ließ die Erde erben, erschütterte die Azursee und löschte ein Feindesvolk aus. Das ist Tazio, mein Duca Vitto", sagte Vianello voller Stolz.


    Vittorio Pollarotti
    »Wie er sich verkaufen soll, musst du ihm als sein engster Vertrauter sagen. Tazio ist zwischen Soldaten aufgewachsen und nicht im Palast. Ein besonders verhätschelter und beschützter Soldat, sicher, aber dennoch etwas anderes als ein mit weichem Flauscheteppich gepolstertes Spielzimmer. Auch sein Vater hat die meiste Zeit seines Lebens auf einem Kriegsschiff verbracht und ihn in vielen Dingen persönlich unterwiesen. Tazio wurde von Soldaten erzogen. Von dem, was Zivilisten von ihm erwarten, wird er keine Ahnung haben. Darum handelte er ohne viel Federlesen, was die Zwerge und Farisin betraf, aber genau so handelte er auch, als er wollte, dass seine Frau ihre Natur nicht mehr verstecken soll. Das hätte das Volk ihm auch übel nehmen oder mit globalem Spott reagieren können. Er sitzt noch nicht so sicher auf seinem Thron, dass er sich einen Verlust an Ansehen leisten könnte. Wenn er etwas möchte, geht er notfalls mit dem Kopf durch die Wand. Er handelt im alltäglichen Leben als sei er noch immer Soldat. Er bedeutet dir viel. Du ihm sicher auch. Das Feingefühl, wann ein Vorpreschen mit gesenktem Haupt ohne Rücksicht auf Verluste wie ein Stier angebracht ist und wann vielleicht übertrieben oder sogar fatal, muss er von dir lernen. Und das wird er. Mit dir hat er den besten Berater an der Seite, den er sich wünschen kann.«


    Vianello Leonardo
    "Nein den hat er nicht, den Berater was höfische Dinge anbelangt Vitto, den hat er geheiratet. Ich bin selbst ein alter Soldat, ein Leibwächter der Leibdiener wurde. Weißt Du normalerweise werden die Zweitgeborenen oder die folgenden bei Hofe Pagen und Zofen. Sie haben die entsprechende Vorbildung, aber einige Leibdiener sind auch Seiteneinsteiger aus dem Hofe selbst. Wie der Leibdiener des Duc. Ich kann ein Schwert besser halten als die Feder. Ich gebe mein Bestes, aber unser Hof ist nicht der Hofe Beauforts, er ist nicht Souvagne. Das ist ein Palast sondergleichen. Der Hofe von Felipe ist eine Burg. Es zeigt wie die Regenten denken. Souvagnes Hof samt Palast benötigt keine Mauer, das Land ist ummauert und von Mauern durchzogen. Der Hof von Felipe ist eine Burg samt Mauer, ihm fehlt die äußere Sicherheit. Unser Hof ist was? Mobil. Was ist unser Hof noch? Was macht unseren Hof aus? Offenherzigkeit? Schönheit? Kunst? Wissen? Muse? Schöngeistigkeit wie Souvagne? Oder Abwehr? Machtgier? Kaltherzigkeit? Verbitterung wie Ehveros? Nein. Wofür der Hof von Monleone steht - ob Palast oder Burg und für welche Werte er eintritt steht offen. Tazio wird diese Werte festlegen, indem er sie vorlebt. Die Gesetze eines Landes sind wichtig, nur so ist ein Zusammenleben möglich. Aber noch wichtiger, noch ein Stück darüber steht das glorreiche Vorbild des Regenten. Die Bevölkerung blickt zu ihnen auf zu den Regenten Almaniens. Und wir blicken zu dem Duca auf und schauen für was er einsteht und wie er das tut. Sicher mag er mehr Soldat sein, aber dann wird der Hof diese Form annehmen. Selbst so ein Kratzfuß wie Felipe schläft nicht in der Rüstung. Und selbst ein Mann wie Maximilien schwingt ein Schwert tödlich. Das was Ledwick für die Welt sein wird, wird Tazio vorleben und wir werden ihm folgen. Das ist Tazio, das wird sein Hof, das wird sein Land. Und benötigt er Diplomatie, hat er die Ducachessa an seiner Seite. Das was Du über die Almanen gesagt hast, hört sich sehr gut an. Ja vielleicht wird es eines Tages soweit kommen, dass es nur noch Souvagne und Ledvico gibt und auch sie werden eines Tages verschmelzen. Hoffentlich ebenso schön wie bereits geschehen, durch Liebe. Ich hoffe dann auf eine Doppelherrschaft mit einem Duca an höchster Stelle", schmunzelte Vianello.


    Vittorio Pollarotti
    Vittorio hörte zu bis zum Ende, dann nickte er. »Wohl war, dann werden Duca und Ducachessa sich hoffentlich gut ergänzen. Die frühere Hauptstadt von Ledwick war Fortezza, die Seefestung. Monelone nahm ihren Platz erst später ein, als der Seehandel immer wichtiger wurde. Vielleicht wird Tazio es wieder umkehren und seinen Palast nach Fortezza verlegen, wo er geboren wurde. Vielleicht aber hat er auch von allem, was den Krieg betrifft, inzwischen dermaßen die Nase voll, dass er in Monleone bleibt. Sollten am Ende auch Ledvicco und Souvagne politisch verschmelzen, dann werden sie vermutlich, was die Blutlinie betrifft, längst schon eins sein. Alle Großherzogtümer haben seit jeher ihre Töchter untereinander ausgetauscht und die Linien von Souvagne und Ledvicco haben sich ebenso bereits miteinander gekreuzt und nun tun sie es wieder. Vermutlich erfinden sie dann einen Hybridnamen für das Land, Souvicco oder so etwas oder einen ganz neuen Namen, zumindest würde ich es mir wünschen, dass nicht eins das andere absorbiert, sondern sie in Harmonie verschmelzen, so wie Verrill harmonisch Mann und Frau zugleich ist.« Vittorio winkte die Bedienung herbei und bezahlte für sie beide die Rechnung, dann nahm er seine Krücke und seinen Seesack. »Es ist spät. War ein angenehmes Plaudern mit dir. Ich werde eine Nacht hier rasten und mich morgen nach einem heißen Bad und dem Frühstück auf die Reise machen. Wir hören wieder voneinander.«


    Vianello Leonardo
    Vianello nickte zustimmend. "Ja eine Symbiose, wie der Annemonenfisch und die Annemone, das wäre die beste Lösung. Und wann immer es soweit ist, ein Duca wird sich finden der auch dafür eine Bezeichnung findet. Ledwicker sind Fische die frei im Meer schwimmen und die Wanderung lieben. Souvagner sind Einsiedlerkrebse Vitto. Sie verbarrikadieren sich ihn ihren Häusern und Burgen. Aber man kann sie herauslocken, dann wagen auch sie einen Blick aus ihrem Schneckenhaus. Aber das Wasser brauchen wir beide. Wir die große See, zum Wandern und sie haben sich passend die größte Pfütze ausgesucht, die Asamura zu bieten hatte. Ich weiß der war frech. Aber noch bevor die Ducachessa ihren Weg nach Ledwick fand, fanden die Souvagner ihren Weg an den Dhunischen. Danach kam sie hier an. Na wenn das kein Zeichen ist. Sie machten sich auf zum großen Ozean und unsere Länder sind in Liebe vereint. Es sieht gut aus, sehr gut. Und ich hoffe für uns, es wird besser. Heiler, neue Berufe, neue Händler, neue Bewohner. Es geht endlich aufwärts. Nur was aus Ehveros wird, muss sich noch zeigen. Ich danke Dir für Deine Hilfe mein Bester. Ich hoffe Du hast Erfolg. Wenn Du etwas brauchst, melde Dich. Ich bin für Dich da. Ich muss los, mein Herr wartet. Danke Vitto", sagte Vianello aufrichtig.


    Vittorio Pollarotti
    »Aufwärts, hinauf ins Licht. Hört sich gut an, möge es so bleiben. Wenn ich Glück habe, erwartet mich bei meinem Erscheinen in Beaufort ein gewaltiges Donnerwetter. Wenn ich Pech habe, gelangweiltes Schulterzucken. Na ja, die Spuren im Sand verwischt der Ozean der Zeit mit seinen Wellen Stück für Stück. Es wärt nur lange, was in Stein geritzt wurde und selbst diese Zeichen verblassen. Nichts ist von Dauer, Ebbe und Flut. Helfen wird er so oder so, wenn er noch lebt und seinem alten Beruf nachgeht. Darauf ist Verlass. Ich wünsche dir auch das Beste, viel Freude mit deinem Herrn und möglichst wenig Ärger mit Gaston. Man sieht sich.« Damit stapfte Vittorio mit seinem unregelmäßigen Gang und klopfender Krücke die Treppe zu den Schlafzimmern hinauf.


    Vianello Leonardo
    Vianello schaute seinem alten Kumpel nach, hob auf ihn den Humpen und leerte ihn mit einem Zug. `Ich wünsche Dir das Donnerwetter Deines Lebens, mit passender leidenschaftlicher Versöhnung. Auf Dich Vitto´, dachte Nello während er auf den Tisch klopfte, aufstand und sich ebenfalls auf den Weg nach Hause machte. Auf dem Heimweg kaufte er noch einige süße Fischplätzchen, eine kleine Pastete und keine bunte Muschelkette die Tazio seiner Frau überreichen sollte. So bepackt und etwas leichter ums Herz, kehrte er Heim an den Hof Ledwicks.