Teebeutel - Kap. II - Ärger in Shizu

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    Hier spielt der erste Teil der Reise:
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    Die Werbung Urakos schien Wirkung entfaltet zu haben, schon wenige Minuten später stand bereits der erste Kunde vor Selans Fliederfarbenem Zelt und bat um Einlass.


    "Nur herein, werter Herr, was kann ich für sie tun?"


    Ungläubig blickte sich der ältere, etwas tattrige Herr um. "Sind sie ein Nekromant? Sieht mir eher nicht danach aus, sieht mir fast eher wie eine Schneiderei aus?!", krächzte der alte Mann, während er zittrig herein trat. "Überall ihre feinen silbernen Leuchter, die Deckchen und Stickerein auf ihrem Tisch, sind sie sicher, dass sie ein Nekromant sind? Wo sind die Totenköpfe auf denen Kerzen stehen, die dunklen Vorhänge. Gibt es nicht eigentlich auch immer gruselige Musik in ihren Zelten? Warum haben sie eigentlich keine dunkle und düstere Robe an und vor allem warum lächeln sie?"


    Geduldig hörte Selan die Worte des alten Weißlings an, während er immer weitere Fragen aus seinem arg Zahnlosen Mund heraus kamen.


    "Gutes Väterchen, ja ich bin ein Nekromant, ein guter um genau zu sein und aus gewissem Respekt den Toten gegenüber, stelle ich keine Kerzen auf Totenschädel.", dabei musste er unweigerlich daran denken, wie es aussah, wenn Ralogg mit einer Kerze auf seinem Schädel umher rennen würde und musste leicht grinsen.


    "Was gibts da zu grinsen Bübchen? Mhhhh? Und nenn mich nicht Väterchen, ich bin erst 45!"


    "Nun denn, junger Mann, was kann ich für sie tun?"


    "Nenn mich nicht junger Mann, so jung an Jahren bin ich nun auch nicht mehr!", erwiederte der alte sichtlich wütend.


    Unweigerlich verzog sich Selans Miene in etwas angestrengtes und ein leichtes Schnaufen war zu hören.


    "Wie denn auch seih, werter Herr. Mit welchem Dienst kann ich mich bei ihnen erkentlich zeigen?"


    "Mhhh? Was? Sprich lauter!"


    "Ich sagte: Wie denn auch seih, werter Herr. Mit welchem Dienst kann ich mich bei ihnen erkentlich zeigen?"


    "Mhhhh? Wo bin ich eigentlich? Was halten sie eigentlich einen ehrbaren Bürger mit sinnlosen Gesprächen auf, wenn er einfach eine Marktbummelei machen will! Frechheit!", wild gestikukulierend verschwand der ältere Mann wieder aus dem Zelt, jedoch nicht ohne nebenbei einige Floskeln daher zu reden, die besser unausgesprochen blieben.


    Selan setzte sich wieder auf seinen Stuhl, hinter seinen großen Tisch und stützt sein Kinn in die rechte Handfläche und schmunzelte etwas verträumt vor sich hin. "Na das fängt ja gut."


    "Werter Herr, sind sie sie Sir Nekromante?", sprach den Tiefling plötzlich eine Stimme an. Der Tiefling erschrag etwas und blickte nach vorn. Vor ihm stand ein junger Herr in eine dunkelbraune Robe gekleidet da und sah ihn mit traugrigem Gesichtsausdruck an.


    "Oh, ähmm, ja Entschuldigung, ich war gerade gedanklich etwas weg. Natürlich, aber nennen sie mich einfach Selan, was kann ich für sie tun?"
    Schnell kam der junge Bursche näher und setzte sich auf dem Stuhl der gegenüber Selans stand. Schnell beugte er sich verschwörerisch nach von und begann zu tuscheln.


    "Die Erstberatung ist doch Kostenlos oder?"


    "So ist es, wie kann ich ihnen weiter helfen?"


    "Nun ja...", sprach der Fremde, der noch näher kam und sich nervös umschaute und aus der sichtlich verwirrt schien, "gestern Nacht, nun ja. Ich hatte eine Meinungsverschiedenheit mit meinem Meister. Sie müssen wissen ich bin im letzten Ausbildungsjahr zum Müller. Nun ja es gab Streit über die Belohnung, es kam zu einem Handgemänge und irgendwie ist er auf meinen Dolch gefallen...", wieder blickte sich merkwürdige Kerl um, während sein rechtes Auge anfing zu zucken.


    Selan erhob schon mahnend den Finger, als der Fremde seine Hand herunter schlug und noch näher rückte. Schon halb auf den Tisch liegend schaute er Selan tief in die Augen.


    "Es war ein Unfall, der Dolch ist von selbst aus meinem Umhang gekommen und hat sich in den Bauch des Müllers gebohrt. Jaaa, genau so war es, Iskir hat keine Schuld, nein? Ich, jaaa, ich wollte dem Müller gern eine ordentlich Begräbnisfeier ausrichten, nur weiß ich nicht wo sein Geld ist. Ja das wollte ich und jaaa......", der Fremde verstummte und schaute Selan einfach nur noch in die Augen.


    Sekunden vergingen, bis es plötzlich aus ihm heraus brach und er schrie, "Ich muss wissen wo das ganze Geld des Müllers ist, sag mir, jetzt! Hier ist sein Kopf und beide Hände, lies aus ihnen, mach deinen Hokus Pokus, los!", sprach er und holte unter dem Mantel zwei Blutverschmierte Hände und einen frischen Kopf aus einem Lederbeutel. "Los, fang an, ist der Geist schon da?"


    Selan schaute die Person vor sich an und wegte ab wie er sich am besten zu verhalten hatte. Das vor ihm ein verrückter und Mörder saß, war ihm sofort klar. Wie konnte er ihm aber am besten der Stadtwache übergeben ohne, dass er ihn angreifen würde oder er handgreiflich werden würde?
    Der Tiefling dachte kurz nach, Falten auf seiner Stirn breiteten sich auf den ernst daher blickenden Augen aus.


    "Ich spühre den Geist bereits, ja er ist hier, der Müller ist hier! Warte!"


    Andächtig schaute der junge Kerl mit großen Augen Selan an, schon nach diesen wenigen Worten hing er förmlich an Seelans Lippen. Zu groß schien die Gier auf das ganze Gold, was ihn erwartete zu sein.


    "Ja er ist hier. Warte, er sagt, wir sollen ihm folgen, siehst du ihn? Er steht da! Genau da.", sprach Selan und zeigte mit seiner rechten Hand in die leere vordere rechte Ecke des Zeltes. Der Bursche drehte sich um und starrte einfach nur. "Ja, nein, vielleicht – wo ist er?"


    "Geduld, die Verbindung ist schlecht, aber ich sehe ihn durch meine Kräfte.", entgegnete ihm Selan beschwichtigend. "Er meint wir sollen ihm folgen, er führt uns zu seinem Gold."


    Geschwind sprang der Mörder vom Tisch, lud seine Sachen ein und folgte an des Tiefling Seite ihm aus dem Zelt. Schritt um Schritt näherte man sich dem Markt und folgte dem nicht anwesenden Geist. Etwas mulmig war Selan schon zur Mute, war dies schon sehr riskant was er vor hatte. Bisher war er schon in ziemlich vielen bemsligen Situationen, doch war dies für ihn eine neue Erfahrung. Unbewaffnet direkt neben einem Mörder, der jede Sekunde einen Anfall haben könnte. Selan der bisher ruhig war und seine innere Anspannung unterdrücken konnte, liefen langsam wenige Schweißperlen über die Stirn. Sichtlich schneller schlug sein Herz um so näher sie dem Ziel kamen, was Selan auserkoren hatte.


    Kurz nach dem Ausgang aus der Gasse bogen beide nach links ab. Besser konnte es nicht laufen, drei Stadtwachen die Patrollierten, kamen ihnen genau entgegen. Der Nekromant blickte kurz nach rechts. Der junge sah immer nervöser aus, sein rechtes Auge zuckte ununterbrochen mittlerweile umher. Keine drei Meter vor den Wachen war es soweit, jetzt war handeln gefragt. Innerhalb eines Augenblickes schubste Selan den jungen Kerl etwas nach vorne und schrie den Wachen sofort entgegen.


    "Achtung, dies ist ein Mörder, sofort festhalten, er trägt die Beweise bei sich."


    Sowohl die drei Stadtwachen, als auch der Junge waren sichtlich überrascht. Jedoch fingen sich die Stadtwachen wesentlich schneller und ein Fluchtversuch scheiterte. Sofort packten ihn zwei Stadtwachen links und rechts am Arm, während der Bursche wild gestikulierte, um sich trat und fluchte. Die dritte Stadtwache trat unter den neugierigen Blicken der umliegenden Marktbesucher an Selan heran.


    "Hauptmann Droka, mit wem habe ich die Ehre? Und was sprachen sie da gerade von einem Mörder?"


    "Guten Tag, Selan Todaric. Ich bin Nekromant und habe meinen Stand angemeldet die Straße dort hinten aufgebaut.", entgegnete Selan dem Haupmann und zeigte zu der Gasse, aus der die beiden gerade gekommen waren.


    "Der Junge da suchte mich sichtlich Nervös auf und erzählte mir, dass er gestern Nacht einen Streit mit seinem Müllermeister hatte und sein Dolch ihn ausversehen getroffen hätte. Nun würde er gern eine Begräbnisfeier für ihn abhalten und ich solle ihm verraten wo des Müllers Geld ist. Dazu hat er mir den Kopf des Müllers und seine Hände mit gebracht, so das ich es ihm verrate, was ich nicht getahn habe, sondern ihn zu ihnen gelockt habe."


    Entsetzt folge der Hauptmann des Tieflings Worten. "Den Kopf und die Hände?"


    "Ja, er trägt beides in deinem Beutel an seinem Leib."


    Der Hauptmann machte kehrt und erblickte den Inhalt des Beutels.


    "Oh mein Gott.", der Hauptmann erbrach sich kurz auf der Straße, es war zu viel für ihn. Um ihn herum hörte man das entsetzen in den Stimmen der Marktesucher. Überall hörte man die Worte Wiederling, Mörder, Eklig, Monster. Schnell waren auch die ersten Aufrufe auf dem Markt zu hören


    "Hängt ihn!", hörte man es plötzlich schrein. Von einer anderen Seite schon die nächste Stimme, eindeutig von einer älteren Frau, "Rübe ab, ist sie ab! Runter damit! Eleneder Mörder!"


    Wie ein Lauffeuer ging die Kunde des toten Müllers und des Mörders über den Markt. Nach wenige Minuten hatte sich der Hauptmann wieder gefangen.


    "Bringt ihn weg, ab in die Zelle!", befehligte der Hauptmann seinen Soldaten, die ihn unter großem Protest weg vom Markt in Richtung Kerker zogen.


    "Elender Nekro, ich bring dich um! Dein Kopf gehört mir und aus deinen hässlichen Flügeln mach ich mir ne Sülze, dein Kopf wird genau so rollen, wie der des Müllers! Hahahaha!", sprach er und blickte die Stadtwachen anerkennd suchend an, diese jedoch schleiften ihn Stumm um die nächste Ecke.


    "Danke, für die Hilfe Herr Todaric! Es war aber auch sehr gefährlich den Kerl hier her zu locken, alle Achtung. Sie können sich später bei mir im Haus der Stadtwache melden, die Straße runter rechts, dann erhalten sie eine kleine Belohnung, nun muss ich erst einmal gehen. Einen guten Tag noch!"


    "Danke, ebenfalls.", entgegnete der Tiefling, während der Hauptmann von dannen schritt. Eben wollte sich Selan umdrehen, als ein Schreien durch den Marktplatz rauchte, immer näher kam es. Leute sprangen zur Seite und aus dem dichten Gemänge hervor kam plötzlich Ralogg.


    "Sag mal kurzer, ähmmmm....", Selan schaute sich Ralogg genauer an, "was hast du mit deinen Beinen gemacht, bist du gewachsen?", sprach Selan nachdenklich.


    "Keine Zeit zur Erklärung. Urako hat mich her geschickt, ich soll dir ausrichten das auf der anderen Seite des Marktes noch ein Nekromant ist und wie Urako sich anhörte macht ihm das ziemlich sorgen."


    Selan merkte sofort, dass hier etwas nicht stimmte. Urako würde nicht Ralogg hier her schicken, wenn nicht wirklich etwas im Aren lag. "Wie sah er aus?"


    "Nun ja dunkle Robe, ziemlich groß. Ähmm dunkelgrüne Haut, weiße Haare, ziemlich fies daher blickend. Und sein Name ist Schrumpfkopf, nein, Schrumpfsa..., nein, Neusala, nein ähmmm wie war sein Name noch?"


    Besorgt blickte Selan Ralogg an und kniete sich vor ihm. "Er heißt aber nicht Ibn Altsalat oder?"


    "Doch genau, so heißt er, wusste ich doch das er irgendwas mit Schrumpfkopf hieß!"


    "Komm, zeig mir wo er ist Ralogg!"


    So schnell den kleinen Kerl die Beine trugen, rannten Sie durch die Menge der Stände. Unbeeindruckt liesen Selan die anderen Leute und die Stände des Marktes. Hier und da rempelte er fast jemanden um, aber das bemerkte der sonst so beachtliche Selan kaum. Selan war in größter Sorge. Die Menschenmänge spaltete sich und Selan blickte aus gut 10 m Entfernung das Zelt an, in dessen inneren Ibn Altsalat gerade einen alten Mann bediente.


    "Er ist es und.... das kann nicht sein!", Selan blickte auf die Rüstungen der beiden Kampfmagier und den Umhang Ibn`s. Auf ihren dunklen Umhängen brangte das schwarze Symbol einer Skeletthand, an dessem Ende Blut tropfte. Selan war starr vor Schock, genau dieses Symbol war es, was Selan im letzten Brief seines ersten Lehrlings bekam, bevor er starb. Dies ist das Symbol des Nekromantenordens, welcher ungeahnte Macht sammelt, welche Selans Lehrling entdeckte. Aber warum sollte Ibn dieses geheime Symbol in der Öffentlichkeit zeigen?

    Nur ein Tag mit Tee, ist ein lebenswerter Tag. (von Selan Todaric)


    Wenn sie mit dir streiten wollen, biete Tee an. Wenn das nicht hilft, schlag sie tot! (von Selan Todaric)


    Kleine Legende:
    "Text" -> Gesprochener Text /\ >Text< -> Gedachter Text

  • Ibn Altsalat empfing einen Kunden nach dem nächsten. Und jeder einzelne verließ das schwarze Zelt mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Offenbar blieben hier wirklich keine Wünsche offen. Ob Selan auch derart viele Kunden in so kurzer Zeit abfertigte? Urako war erstaunt, wie schnell das Prozedere bei Herrn Altsalat vonstatten ging. Der Henker hatte sich unter Nekromantie immer langwierige Rituale und ausufernde Beschwörungen vorgestellt, aber offensichtlich ging es auch anders. Die Kundschaft des Alben schien sehr zufrieden zu sein, zumindest grinsten sie wie zugedröhnt.


    Wo blieben bloß Selan und Arafis! Je länger es dauerte, umso mehr Kunden verloren sie an Kohlegesicht!


    Urako fixierte das Zelt Ibns mit zusammengekniffenen Augen. Was ihn noch mehr ärgerte als die Tatsache, dass seinem Lehrmeister hier reihenweise die Kundschaft streitig gemacht wurde, waren die beiden Kampfmagier, die lässig auf einem dicken Teppich im Vorzelt herumlungerten. Sie tranken sogar Tee. Alles deutete darauf hin, dass sie sich hier sehr wohl fühlten, ganz im Gegensatz zu ihrem alten Arbeitsplatz auf der Richtgramnove, wo sie tagein, tagaus einen Flunsch gezogen hatten.
    Urako fühlte sich hintergangen.
    Gegen diese beiden schürte er noch mehr Wut als gegen den Nekromanten, der sich in die fachgerechte Exekution der letzten Deliquentin eingemischt hatte.


    Urako ballte seine Hände so fest zu Fäusten, dass sie knackten.
    Den Stein, er brauchte seinen Wutstein! Andernfalls würden hier gleich Köpfe rollen.
    Er angelte das pinke Geschenk von Arafis hervor und legte es in seine Hand. Die Stacheln bohrten sich tief in die Haut hinein.
    Ruhig. Ganz ruhig, sprach er gedanklich zu sich selbst.
    Sein Herzschlag wurde wieder langsamer und sein Atem tief und gleichmäßig. Und vor allem wurde sein Kopf wieder klar. Er musste warten, allein hatte er keine Chance. Seine Muskeln entspannten sich.


    Jetzt erst bemerkte er den Duft des Standes nebenan, wo Fisch vor Ort geräuchert und verkauft wurde. Urakos Lieblingsessen, nur leider unerschwinglich teuer. Daneben bot ein Töpfer seine bunt bemalte Ware feil. Die farbenfrohen Tassen und Kannen würden Selan sicher gefallen. Urakos Blick schweifte über die zahllosen Stände, Zelte und Karren, die er zuvor nur am Rande bemerkt hatte. Es gab hier eine verschwenderische Vielfalt an Nahrungsmitteln. Duftender Spießbraten, Schinken, so groß wie er selbst und meterlange Wurstketten. Dazwischen Händler, die exotische Stoffe feilboten, einen Stand mit einem Regal voller Pülverchen, aus denen eine Frau ihren Kunden aus Kräutern duftende Mixturen bereitete. Ein fahrender Barbier rasierte die Leute, während ein junger Sklave mit langen Wimpern und Schmollmund ihnen die Schuhe putzte. Der Sklave gefiel Urako, so einen wollte er auch haben. Auch, wenn er selbst keine Schuhe trug.


    Aus einer Nebengasse hörte er plötzlich unangenehme Stimmen, welche die Hinrichtung von jemandem forderten.
    "Hängt ihn!"
    "Rübe ab, ist sie ab! Runter damit! Elender Mörder!"
    Ihn erinnerte das unangenehm daran, wie man ihn aus seiner Heimat fort gejagt hatte. Er biss sich auf die Unterlippe. Die Erinnerung tat mehr weh, als er sich eingestehen wollte. Er glotzte dem Sklaven auf den Hintern um sich abzulenken.


    „Urako!“, riss ihn die schrille Stimme von Arafis aus seinen Betrachtungen. Offenbar hatte Ralogg ihr endlich die Botschaft von dem konkurrierenden Nekromanten überbracht. Der Henker drehte sich in die Richtung, aus der die Stimme kam und wollte ein Wurde aber auch Zeit! motzen, doch ihm blieben die Worte im Halse stecken.


    Arafis wurde von einem hühnenhaften Tiefling mit langem schwarzem Haar verfolgt, der sie nach wenigen Schritten einholte und nach ihrer Kleidung grabschte.
    „Ich werd dir schon zeigen, was es heisst, sich Orobas zu widersetzten!“
    Sein Blick war starr auf die Albin gerichtet. Urako kannte diesen Blick. Er verhieß nichts Gutes – zumindest nicht für Arafis. Über sich hörte er lautes Flügelschlagen und mehrmals hintereinander fuhren ihm stoßartige Windböen ins offene Haar. Er brauchte nicht nach oben zu sehen um zu ahnen, dass sich hier die Verstärkung für Orobas näherte.


    Urako griff in seine Hosentasche. Er ließ den Stein hinein gleiten und holte stattdessen sein Haarband heraus, mit dem er sich mit wenigen Handgriffen einen festen Haarknoten machte – die Frisur, die er anlegte, unmittelbar bevor eine Schlägerei bevor stand.


    Entschlossen trat er Arafis in den Weg, so dass sie von beiden Seiten eingekesselt war.
    „In Ordnung, Schwarzer, was bietest du, damit ich euch helfe?“
    Orobas hielt verdutzt inne und musterte Urako misstrauisch.
    „Was willst du denn haben?“
    „Ich will als Erster.“
    „Kommt nicht in Frage!“
    „Als zweiter.“
    Der Schwarzhaarige blickte nach oben. „Firxas! Der da will als zweiter, wenn er uns hilft!“
    „Nichts da! Mit der Albin werden wir auch alleine fertig.“
    „Tja, wenn das so ist...“


    Urako trat zur Seite und gab Arafis den Weg frei. Dann verpasste er dem Hühnen einen Kinnhaken, der sich gewaschen hatte. Orobas Kopf wurde ins Genick geschleudert, gleichzeitig schlug Urako ihm mit der anderen Faust in den Kehlkopf. Der Hühne ging zu Boden und rollte sich sofort ein. Urako wollte sich auf ihn stürzen, doch da trat ihm jemand von der Seite gegen den Kopf und er stolperte ein paar Schritte von seinem Opfer fort. Der andere Tiefling, den Orobas mit Firxas angesprochen hatte, landete vor ihm und ein Hagel von Fäusten ging auf Urako nieder. Der prügelte nicht minder heftig zurück. Er spürte keinen Schmerz, obwohl die Pflastersteine bereits nach wenigen Sekunden rot besprenkelt waren.

  • Völlig verschreckt starrte Arafis ihr Gegenüber an. Seine Augen blitzten siegessicher und ein fieses Grinsen zeigte sich auf seinem Gesicht. Obwohl die Albin sich nicht scheute, sich gegen wilde Tiere zur Wehr zu setzen, schüchterte sie der hünenhafte Tiefling ein.
    Hätte ich nur Fricai mitgenommen… oder noch besser, wäre ich erst gar nicht so neugierig auf diesen blöden Markt gewesen!
    Doch jetzt war es schon zu spät, und sie sass in der Falle. Sie hoffte, dass Urako sie gehört hatte, doch auch wenn es so wäre, war damit immer noch nicht klar, ob er sich überhaupt um ihr Leid scheren würde.
    Im selben Augenblick nahm sie eine Bewegung hinter ihrem Rücken wahr: „In Ordnung Schwarzer, was bietest du, damit ich euch helfe?“
    Arafis war wie erstarrt, hatte sie gerade richtig gehört?! Auch Orobas schien nicht zu wissen, wie er Urako einschätzen sollte, der sich zwischen der Albin und ihrem Fluchtweg aufgebaut hatte.
    Schliesslich fragte der bösartige Tiefling nach dem Begehren seines Artgenossen. „Ich will als Erster!“ Die Albin schien wie vor den Kopf gestossen und sie schnappte panisch nach Luft. Anstatt ihr zu Hilfe zu eilen, wollte sich dieser mickrige Dämon an ihr vergehen!
    Ihr Kopf schwirrte und sie bemerkte, wie ihre Angst und Verzweiflung zunahm. Ich muss hier weg!
    Nichts da, mit der Albin werden wir auch alleine fertig“, hörte sie über sich plötzlich eine krächzende Stimme. Das musste der Kumpan von Orobas sein. Wie sollte sie alleine gegen drei Tieflinge ankommen? Sie blickte sich um, doch die Leute in ihrer Umgebung schienen sie gar nicht zu bemerken, oder solche Situationen waren hier ganz alltäglich und niemand interessierte sich dafür.


    „Tja, wenn das so ist…“, plötzlich trat Urako beiseite. Nur einen kurzen Augenblick lang war Arafis zu erstaunt zu reagieren, dann riss sie sich mit einem heftigen Ruck aus dem Klammergriff des Dämonen los, so dass der Ärmel ihres Gewandes einriss und sie einige Schritte vorwärts stolperte.
    Als sie sich ängstlich nach einem möglichen Verfolger umblickte, sah sie gerade, wie Urako ihrem Peiniger einen heftigen Haken verpasste und dieser zurücktaumelte. Innerlich jubelte die Albin, doch dann schrie sie erschrocken auf, als der zweite Dämon plötzlich vor Urako landete und rücksichtslos begann, auf ihn einzuprügeln.
    Die junge Frau war hin und her gerissen. Ihre Instinkte sagten ihr, davonzurennen und sie spürte auch das bekannte Ziehen in ihrem Innern, das bei einer Verwandlung zur Wölfin zugegen war. Sie war so voller Adrenalin, dass ihr Körper die Kontrolle übernehmen wollte.
    Doch Arafis weigerte sich, der Wandlung nachzugeben und sträubte sich dagegen. Sie wollte jetzt hier, mitten in dieser Menschenmenge, auf keinen Fall zum Tier werden.


    Urako und Firxas prügelten sich unterdessen auf dem Boden. Firxas blutete aus der Nase, und bei Urako schien sich bereits ein blaues Auge abzuzeichnen. Plötzlich nahm Arafis eine Bewegung wahr und erkannte angsterfüllt, dass Orobas sich aufrappelte und sich ebenfalls auf Urako stürzen wollte.


    Wieder spürte Arafis die Energie durch ihren Leib pulsieren. Entschlossen trat sie einen Schritt vorwärts. Bevor sich der dunkelhaarige Dämon den beiden am Boden ringenden nähern konnte, murmelte die Druidin das magische Wort „kiruda!“, und machte eine heftige, stossende Bewegung in Richtung des Angreifers. Sofort war ein Rauschen zu hören und heftiger Windstoss stiess den Dämonen zurück und liess ihn taumeln. Sein Maul war erstaunt geöffnet und eine Reihe scharfer Zähne war zu erkennen. Dann prallte er an einen Marktstand, und lautes Fluchen des Händlers war zu hören, als die Kohlköpfe und Äpfel über die Strasse rollten.


    Orobas funkelte die Albin wütend an, und wollte sich wieder aufrappeln. Arafis griff nach einer Tonschale, die hinter ihrem Rücken auf einem Markttisch stand, und unter dem entrüsteten Rufen des Verkäufers, schleuderte sie sie zielsicher an den Kopf des Dämonen. Doch zu ihrem Erstaunen schien das den Hünen nicht zu beeindrucken. Kurz schien er aus dem Konzept gebracht zu sein, schüttelte dann aber seinen Kopf, so dass die schwarze Mähne um seine zwei Hörner wehte und richtete sich zu seiner vollen Grösse auf. „Ich bring Dich um, Spitzohr! Aber vorher werd ich Dir zeigen, was es heisst, nen Dämonen von sich zu stossen! Und deinen kleinen, rosa Hätschel-Tiefling werden wir grün und blau prügeln, bevor wir ihn im nächsten Brunnen ertränken.“


    Als er nun auf sie zustapfte, wich Arafis zurück. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Urako war noch immer mit dem Kumpanen beschäftigt, und die anderen Leute waren zwar teilweise stehen geblieben, beobachteten das Geschehen aber nur aus sicherer Entfernung.


    Beim Lager
    Während immer mehr Besucher Selan’s Zelt stürmten, lag Fricai friedlich, aber aufmerksam neben dem Eingang und döste mit halb geschlossenen Augen vor sich hin. Nur seine Ohren bewegten sich und verfolgten die aufgeregten Stimmen.
    Der schwarze Wolf war nicht gerne ohne Arafis unterwegs, doch da sie ihm befohlen hatte, hier auf sie zu warten, wollte er auf das Lager und auf den grossen Zweibeiner mit den Flügeln Acht geben.


    Im nächsten Moment horchte Fricai auf, als er die Stimme eines Fremden vernahm, die nicht sehr vertrauenswürdig wirkte. Eine Weile redete Selan ruhig mit ihm, dann begann der Kunde plötzlich loszuschreien. Der Wolf setzte sich auf und legte den Kopf schief. Sein Nackenfell sträubte sich beim Tonfall, den der Eindringling eingeschlagen hatte. Doch der geflügelte Zweibeiner blieb gelassen und so verharrte das Tier an seinem Platz. Kurz darauf erhoben sich die beiden jedoch, und verliessen das Zelt in die Richtung des Stadtzentrums. Fricai wurde nervös.
    Die Pferde standen ruhig im Schatten der Häuser, so dass der Wolf schliesslich seinen Platz ebenfalls verliess, und den beiden Gestalten in einiger Entfernung hinterhertrottete.


    Dann bogen die beiden um eine Ecke, und waren aus seinem Sichtfeld verschwunden. Neugierig hielt Fricai die Nase in die Luft und schnüffelte. Er konnte Selan’s Geruch wahrnehmen, doch viel verlockender erschien ihm der Duft nach Fisch und anderen Leckereien.
    Der erst zweijährige Rüde war abenteuerlustig und verspielt. Er brauchte Action. So folgte er seiner Nase, die ihn durch einige Gassen direkt zum Marktplatz führte.


    Unbeachtet schlich er zwischen den Marktständen hindurch. Die Leute waren zu sehr mit den Einkäufen und dem Gedränge um sie herum beschäftigt, um auf einen schwarzen Köter zu achten. Gerade, als der Fischduft sich verstärkte und der Stand sich einige Meter entfernt aus der Menge abhob, hörte der Wolf ein Klappern, das ihn ablenkte. Er spitze die Lauscher und blickte sich gespannt um. Kurz darauf rannte ein kurzbeiniger Knochenhaufen an ihm vorbei, direkt auf ein Zelt in der Nähe zu. Obwohl das Skelett äusserst verlockend wirkte, erinnerte sich Fricai an die tadelnden Worte von Arafis, als er einmal versucht hatte, Ralogg anzuknabbern. So schüttelte er sich nur kurz, und blickte sich wieder nach dem Fisch um.


    Während er auf der Lauer lag, und auf eine passende Gelegenheit wartete, brach in der Nähe plötzlich ein Tumult los. Die Menge versammelte sich um einige Gestalten herum und die ganze Aufmerksamkeit war auf das Gedränge gerichtet. Fricai hatte nur auf so einen Moment gewartet. Mit wenigen Sätzen sprang er vor und rannte dabei fast eine Frau über den Haufen, die erschreckt aufschrie. Ohne sich umzuschauen strebte er zielsicher auf den Fischstand zu, blitzschnell schnappten seine Fänge zu und ergatterten einen fetten Fisch. Bevor jemand auf den Diebstahl reagieren konnte, schlängelte sich der schwarze Räuber auch schon zwischen den Leuten hindurch und hatte bald zufrieden mit seiner Beute das Lager erreicht, wo er stolz auf die Rückkehr der Zweibeiner wartete.

  • Selan, der sonst so ruhig und gewuldig ist, kochte vor Wut. Er fletschte seine Zähne, das schwarfe weiße Gebiss kam zum Vorschein, beide Händen ballten sich krafvoll zu einer Faust, jeder Muskel in Selan war angespannt. Doch versuchte er sich wieder zu beruhigen, unüberlegte Handlungen genau hier waren Fehl am Platz. Hier sollte man mit List und Tücke vor gehen.


    "Komm wir gehen."


    "Was? Aber warum? Hast du nicht das Zeichen von diesem Krautsalat gesehen?", erwiederte Ralogg Fassungslos.


    Selan drehte sich um und ging schnellen schrittes Richtung ihrer Gasse. "Doch, das war gleich das erste was ich gesehen habe, komme schon."


    "Und du willst nichts machen? Was ist mit Shodyn, vielleicht haben die ihn auf dem Gewissen, sollten wir nicht angerifen?“


    Selan blieb stehen und schnaufte. Sein Kopf neigte sich etwa nach vorn, dann zu Ralogg. „Und dann? Der Typ ist mindestens so stark wie ich als Nekromant, zu dem hat er zwei Kampfmagier bei sich, falls du die nicht gesehen hast?!“


    „Ähmmm...... schon.“, nörgelte Ralogg.


    „Was machen wir gegen die beiden? Ich kann nicht gegen alle drei gleichzeitig antreten, zudem weißt du, habe ich schon vor langer Zeit beschlossen keine Kampfzauber zu lernen. Hier gehen wir etwas anders vor, wart nur ab.“


    Keine fünf Minuten später waren beide wieder am Wagen. Sofort begann Selan mit hektischem Treiben in seinem Waagen. Ralogg der außerhalb des Waagens wartete hörte nur wie Kisten hin und her geschoben wurden, geöffnet und geschlossen wurden. Eindeutig war sich Ralogg sicher, suchte Selan etwas.


    „Raglogg? Sag mal haben wir noch Schrumpfköpfe?“


    Ralogg grinste und simmulierte grübeln, „Bis auf den meinigen.... ähmmmm....“


    „Ralogg, bitte, es ist mir Ernst!“, drang eine ernste Stimme aus dem Waagen hervor.


    „Schon gut, schon gut, erst abhauen und nun einen auf Miesepeter machen. So weit ich weiß waren noch ein oder zwei in der Kiste für Gebeineüberbleibsel.“


    „Hab sie! Danke! Damit würde alles klappen, geh vorn zum Markteingang und nimm das Schild weg, für heute ist geschlossen! Danach komm wieder her und mach das Zelt zu. Ich kümmere mich um den Rest.“


    Ralogg klapperte schnell die Straße entlang. Dank seiner neuen Beine, wie er selbst feststellen musste, war er nun wesentlich schneller unterwegs. Obwohl er zugeben musste, dass er seine alten lieb gewordenen Beine etwas vermisste. Er würde später noch einmal auf den Markt gehen und sie sich von dem anderen Kerl wieder holen, als Ersatz wie er beschloss. Vielleicht ist der Kerl auch nicht so stark, da könnte man noch mehr Ersatzteile bekommen. Schnell weg rennen wird er mit den kurzen Beinen, für seinen sonst so großen Körper nicht, musste Ralogg etwas in sich hinein grinsen. Wenige Minuten später war Ralogg wieder am Zelt. Selan hatte bereits seinen Tisch und die Stühle beiseite geräumt und angefangen einen Zauberzirkel auf den Boden zu mahlen. Wieder benutzte er dazu sein magisches lila Pulver.


    Ralogg schloss das Zelt, wie es ihm gesagt wurde. Neugierig betrachtete er das Werk Selans, welcher gerade fertig war, sein müstisches Zeichen auf den Boden zu mahlen. "Was machst du da eigentlich, Selan? Ein Großer Doppelkreis mit einem großen Dreieck drum herum, dazwischen ein paar haufen Dreck? Was soll das sein?"


    "Dieser haufen Dreck sind Beschwörungssymbole, der Rest ein Zauberzirkel. Jetzt bitte nicht mehr stören Ralogg, dass dauert jetzt ein paar Minuten."


    Selan stellte die Karaffe zur Seite und legte den kleinen schrumpligen, keine fünf cm großen Kopf grauen Kopf, mit den schwarzen Haaren inmitten des Zirkels und setzte sich genau vor ihn.
    Selan athmete tief durch und sprach:


    “Mortuum speculatorem audieritis vocem meam.
    Audite me mortuum speculatorem.
    Mortuum speculatorem me expectant.
    Ut sit in loco.
    Et in eodem loco.
    Sit mihi quod idem videre.
    Dominus oculos auresque dominantur.”
    *


    30 Minuten lang wiederholte Selan diesen Zauberspruch, immer wieder abgelöst von Pausen, dabei glitten seine Hände in Mystischen Bewegungen immer wieder über den Zauberzirkel und dem Schrumpfkopf. Raum war von dunkelheit erfüllt. Jeder Sonnenstrahl war aus dem Zelt gebannt.
    Nur der Zauberzirkel leuchtete in einem dunkel Lila, bis das Licht immer schwächer wurde, die Sonnenstahlen wieder in das Zelt vordrangen und nach wenigen Augenblicken wieder alles normal war. Nur der Schädel, dieser war anders geworden, seine Augen leuchteten schwach in einem dunklen grün.


    Selan athmete tief aus. Die Ruhe bei dem Ritual schien in sichtlich beruhigt zu haben. Seine Wut hielt sich wieder in grenzen und seine Gedanken waren wieder klar. Nun war alles bereit.


    "Ralogg, geh bitte in den Waagen und hol mir meine alte Umhang."


    "Den alten zotteligen braunen Umhang mit der Kapuze? Wen willst du erschreckin? Die Albin oder den süßen Urako. Ich sags dir gleich, lass Urako in Ruhe, sonst....", Ralogg schüttelte die Knochenhand in Selans Richtung.


    "Immer ruhig bleiben, die beiden sind in Ruhe auf dem Markt, denen wird es gut gehen, haben damit auch nichts zu tun. Also los, hol mir schon den Umhang."


    Ralogg eilte und schnell war der alte Umhang angelegt und die dazugehörige Kapuze tief in das Gesicht gezogen wurden.


    "Also wenn du mich fragst, Modisch ein absoluter Skandal! Wenn ich das mit der tollen Kleidung Urakos vergleiche...."


    "Ein Gerippe, will mir sagen, was ich anziehen soll.", Selan schaute unter seiner Kapuze Ralogg verschmitzt an, "Du legst es wohl echt noch drauf an, wieder in die Kiste zu wandern, wenn du so frech bist oder?"


    Unter den flehenden und bettelnden Gnadenerufen von Ralogg, der nicht schon wieder tot in der Kiste sein möchte, steckte der Tiefling den Schrumpfkopf unter seinen Umhang und verlies das Zelt in Richtung des Marktes.


    "Ralogg, pass auf die Pferde, den Waagen und alles auf, ich bin schnell zurück."


    "So und jetzt noch etwas die Stimme verstellen.", murmelte der Nekromant zu sich selbst. Selan hustete und krächzte leise vor sich hin, während die ersten Marktstände an ihm vorbei glitten.
    Wie er erst jetzt fest stellte, roch es nur so vor Köstlichkeiten. Als er vor weniger als einer Stunde hier war, übersah er dies im Eifer seiner Arbeit komplette. Aber jetzt wurden alle Sinne von ihm belebt. Zu seiner rechten, breiste ein junger Bäckermeister gerade frisches Bort an, was so frisch
    war, dass es noch dampfte. Der Geruch war athemberaubend, jedoch nicht so Athemberaubend, wie der Stand nebenan, ein Gemüsestand und Kräuterstand, mit einer rießigen Auswahl an Gewürzen. Ingwar, Salz, Pfeffer, Paprika, Oregano, Basilikum, und noch viel mehr. Die Auswahl überraschte ihn, so gut ist eine Auswahl selten, aber sah er schnell woran es lag. Der Herr, der dies verkaufte war ein Taijik. Selen wusste, dass vor allem die Taijim aus dem fernen Süden dafür berühmt sind ihre Speisen gut zu würzen und ab und an ihre Kräuter zu guten Preisen auf dem Markt zu verkaufen. Selan nahm sich fest vor, ihm später noch einen Besuch ab zu statten und seine Kräuterbestände wieder auf zu füllen. Unter den schnellen Fingern eines kleinen Buben, der vom selben Stand schnell zwei Äpfel stahl, wollte sich Selan so eben entfernen. Doch der Ladenbesitzer war schneller und packte den Jungen am Arm.


    "Na wen haben wir denn hier, einen kleinen Dieb! Na warte freundchen jetzt gibts was hinter die Löffel!", sprach der Taijik und holte gerade mit seiner Hand aus.


    "He los lassen, alte Kartoffelrübe, lass mich runter."


    Selans Arm schnellte nach vorn und umschloss das Handgelenk des Ladenbesitzers, welche gerade zum Schlag ausholte. Der Tiefling blickte immer noch nach unten und sprach zu dem Taijik.


    "Lassen sie ihn bitte, er hatte nur Hunger, dass sieht man an seiner zerfetzten Kleidung, er ist bestimmt Weise. Hier haben sie drei Kupferstücke, dass dürfte bei weitem genug sein und hier noch fünf weitere, packen sie dem kleinen bitte noch ein paar andere Früchte für das Geld zusammen. Und du mein kleiner, stehlen ist nicht so gut, dass erzeugt einen üblen Charakter. Ich weiß du hast es schwer, warum gehst du nicht ins Weisenhaus, da ist es meißtens nicht schön, das ist mir bewusst, aber du hättest etwas zu essen und warme Kleidung."


    Der Taijik lies den kleinen los und fing an Netz mit Früchten zu füllen. "Das ist großzügig mein Herr, ich packe noch etwas zusammen. Eigentlich hab ich auch nichts gegen den Jungen, aber gestohlen wird nicht!"


    Der Junge schaute Selan nur an und stammelte, "Ich, ähmm ich.... ähmmm.... habe keine Eltern mehr.... sie sind bei einem Überfall vor zwei Wochen gestorben.... meine Großeltern sind auch nicht mehr am Leben und mein Onkel hat das Gut meiner Eltern übernommen und mich ausgesetzt....", sprach der Junge tot unglücklich und die Tränen fingen an über sein Gesicht zu laufen. "Ich weiß nicht wo ich hin soll..... was ist ein Weisenhaus...."


    "Ein Ort, wo Kinder wohnen die keine Eltern mehr haben. Du bekommst da warmes Essen und etwas Kleidung. Ich muss zu geben, es ist nicht immer schön da, aber du hättest mehr Chancen zu überleben, als hier auf der Straße.", versuchte Selan einfühlsam dem Jungen zu erklären.
    Derweil fing der Händler an zu schniefern und einige Tränen liefen ihn über die Augen.


    "Das kommt mir irgendwie bekann vor.", sprach er und wischte sich mit der Hand einige Tränen aus dem Gesicht. "Mir erging es so ähnlich. Als ich sechs Jahre alt war, waren meine Eltern und ich gerade in der Nähe der Grenze unterwegs. Sie waren Handelsreisende, wir gerieten mitten in einen Kampf und wurden geplündert. Weil meine Eltern ihre Kostbarkeiten nicht freiwillig gaben, wurden sie von Soldaten des Nordens einfach getötet. Ich sehe jetzt noch in meinen Träumen immer wieder die Bilder wie sie starben. Dies lässt mich schon mein ganzes Leben nicht los...."


    Einen Moment schwieg der Taijik und sah sich den Jungen an. "Junge, du sagtest, dass du auf einem Gut mit deinen Eltern arbeitest, stimmt doch? Musstest du da auch mit arbeiten, warst du fleißig?"


    Zögerlich schaute der Junge, den schon etwas älteren Taijik an. "Ja. Ich musste eigentlich immer mit arbeiten. Heu machen, früh Kühe melken, mit auf das Feld gehen und solche sachen...
    Und fleißig, nun ja ja Vater sagte immer, ich arbeite schon wie ein großer."
    , erzählte der Junge und fing dabei stolz an zu lächeln.


    "Nun gut, ich mache euch ein Angebot junger Mann. Ich und meine Frau haben ein Gut nicht Weit von hier. Wir haben drei Kinder, zwei angestellte und mehr als viel zu tun. Vor allem dann, wenn ich unterwegs bin und unsere Produkte verkaufe. Einmaliges Angebot von mir! Junge du tuhst mir echt leid, du erinnerst mich an mich in meiner Jugend, ich war genau so allein und wusste nicht wo ich hin gehöre. Wenn du willst kannst du bei uns als Teil unserer Familie mit auf dem Gut leben. Vorraussetzung ist, dass du hart arbeitest. Ein zuätzliches Maul zu stopfen ist nicht leicht, ich erwarte also Einsatz, was hällst du davon?"


    Selan lächelte und der junge sprang vor Freude herum. Der Tiefling war beeindruckt, wie viel Herzenswärme in diesem Mann steckte. Waren doch eigentlich Kinder in diesen Finsteren Zeiten eher Last, als etwas schönes. Aber Selan sah ihm an, es war etwas in den Augen des Taijik, was ihm zuversichtlich machte, dass es dem jungen gut gehen sollte.


    "Hier haben sie noch ein paar Kupferstücke, als Dank und für den Start des Jungen.", sprach Selan und zog weiter den Markt entlang. Von fernen hörte er noch die beiden neuen Freund reden.


    "So mein kleiner, nun iss erst einmal deine Äpfel, dann ran ans Werk, es müssen noch einige Kisten von meinem Laden geholt werden, da kannst du dich gleich nützlich machen.", befahl er freundlich.


    "Geht klar!", waren die letzten Worte des kleinen Jungen, bis er ausser Hörereichweite war und die anderen Geräusche des Marktes ihn übertönten.


    Nun aber wieder zum eigentlichen Grund meines hierseins dachte sich Selan und langsam konnte er das schwarze Zelt am Ende des Markes erahnen. An einem Stand kurz am Ende des Marktes, hielt Selan kurz an und kaufte sich eine Flasche Feuerathem, ein hochprozentiger Schnaps, der schnell nach einigen Schlucken die hart gesottensten Trinker umhaut. Selan wusste dies auch, aber wollte er ihn gar nicht trinken, kurzes gurgeln sollte den gewünschten Effekt erzielen und so war es auch. Mit einem male war die Stimme des Tieflings wesentlich tiefer und kratziger. Was nun auch zu seinem altertümlichen und humpelten Gang passte, den Selan immitierte. So stand Selan vor dem Zelt des Nekromanten Ibn Altsalat. Die Schlange war gerade zum Glück nicht lang, nur zwei Leute vor ihm. Alle die nicht dran waren, mussten Außerhalb des Zeltes warten. Der verkleidete Tiefling stellte sich auf eine lange Wartezeit ein, aber nach nicht einmal 15 Minuten war er schon dran, so trat er ein in das schwarze Zelt.


    Ein großer dunkler Teppich zierte den Boden, auf denen es sich zwei Kampfmagier gemütlich gemacht hatten. Selan rümpfte die Augenbraun, wie man nur solch angeberische Kleidung tragen konnte. Dunkle Kleidung mit blauem magischem Leuchten und dann auch noch dieses Symbol! Selan aber unterdrückte die Wut die in ihm steckte und setzt sich auf den dunklen hölzernen Stuhl, der Gegenüber Ibn Altsalat aufgestellt war und mit Knochen und Schädeln dekoriert war. Der Tiefling schaute sich schnell um. Eindeutig ein Nekromant der üblen Sorte. In einer Ecke lagen Gebeine herum, manche nur halb Verwest, vier große Leuchter mit mehreren Armen, die ebenfalls an einen toten erinnerten. Vor sich vier Schädel auf dem Tisch mit Kerzen auf ihrem Haupt. Selan war angebiedert von so viel Respektlosigkeit der Toten. Selan blickte unter seiner Tiefen kaputze vorsichtig nach oben, sollte doch Ibn keinesfalls sein Gesicht sehen und da war er, breitbeinige, in seinen Stuhl gelümmelt mit einem Gesichtsausdruck voller Arroganz und Argwohn saß er.


    "Nun denn, alter Mann, der Tag ist kurz und mein Geldbeutel immer noch Leer, was willst du?", sprach Ibn mit einer mehr als eingebildeten Stimme.


    Selan räusperte kurz vor ich her und sprach in möglichst kränklich und krazendem Ton. "Guten Tag der Herr, mein Name ist Odu Mardu und möchte bitte wissen wo meine Frau ist."


    "Pfff...", war nur aus Ibn`s Mund zu hören, "Sehe ich aus wie das Rathaus, wenn jemand vermisst ist, dann geh doch dahin und dann verschwinde alterchen!"


    "Nein, nein, sie ist tot und habe vergessen wo sie begraben liegt. Leider wurde sie mit einem Schlüssel begraben, den ich brauche, könnt ihr mir nicht sagen wo sie liegt?"


    "Das wäre eine Kleinigkeit für einen derart guten Nekromanten wie mich, hast du etwas bei dir was ihr gehört, dass brauche ich, sonst funktioniert er Zauber nicht."


    "Brauchen sie denn dazu umbedingt etwas von ihr?"


    Ibn Altsalat schnelle aus seinem Stuhl sichtlich erregt hervor. "Sag mal bist du Taub Alterlichen, Senil, verkalkt oder alles zusammen. Habe ich dir doch eben gesagt, bist du schwerhörig?"


    "Nein, habe ich nicht, geht es denn nicht auch so?", fragte Selan scheinheilig.


    Wütend und plärrend Antwortete Ibn mit dem Fingerzeig nach draußen, "Nein, verdammt noch mal und jetzt raus, ansonsten schmeiß ich dich raus alter Narr! Meine Zeit die ich für dich verplempert habe, bezahlst du mir so gleich. 50 Kupferstücke und kein Stück weniger, verstanden?!"


    "50 Kupferstücke, ist das nicht sehr viel?"


    "70 Kupferstücke wegen Nerverei, ansonsten setzt es was!"
    Nickend gab Ibn Altsalat den zwei Kampfmagiern ein Zeichen. Selan konnte aus den Augenwinkeln sichtlich erkennen, dass die beiden sich aufrichteten und näher kamen.


    "Schon gut, schon gut ich gehe und hier habt ihr das Geld."


    Schnell, schmiss Selan das Geld auf den Tisch, stand auf und humpelte gebrechlich Richtung Ausgang, jedoch stolperte er absichtlich noch beim Ausgang etwas nach rechts Richtung einer Truhe, die genau hinter der Zetplane stand. Just in diesem Moment warf er schnell den Schrumpfkopf, den er zwischenzeitlich in einen kleinen Beutel verschnürte hinter die Truhe.


    "Demolier mir nicht noch meine Einrichtung.", fluchte Ibn dem alten noch hinterher, der sobald in der Menge der Leute verschwand.


    >Hat doch besser geklappt als gedacht, der Schrumpfkopfspion wäre plaziert, nun heißt es warten.<
    Dachte sich Selan, während er wieder Richtung seines Waagens ging.



    ╔════════════════════════════════════════════════════════╗
    *
    Selans Zauberspruch -Toter Spion:


    Toter Spion gehorche mir.
    Toter Spion höre für mich.
    Toter Spion sehe für mich.
    Mögest du sein an einem Ort.
    Und ich an einem anderen Ort.
    Möge gleich sein mit mir was du siehst.
    Herr und gebieter über Auge und Ohr.
    ╚════════════════════════════════════════════════════════╝

    Nur ein Tag mit Tee, ist ein lebenswerter Tag. (von Selan Todaric)


    Wenn sie mit dir streiten wollen, biete Tee an. Wenn das nicht hilft, schlag sie tot! (von Selan Todaric)


    Kleine Legende:
    "Text" -> Gesprochener Text /\ >Text< -> Gedachter Text

  • Urako konnte kaum noch etwas sehen.
    Er hatte mittlerweile derart viele Schläge ins Gesicht kassiert, dass sein Blickfeld flackerte. Immer wieder wurde ihm schwarz vor Augen. Der kahlköpfige Tiefling, der auf ihn eindrosch, war gut einen Kopf größer und hatte entsprechend längere Arme. Und er war in Prügeleien offenbar erfahren genug, um diesen Vorteil voll auszukosten. Urako versuchte mehrmals ihn zu packen, aber Firxas hielt ihn geschickt auf Distanz, indem er ihm tänzelnd auswich. Urako sprang immer wieder nach vorn, der andere wich aus und so bewegten sie sich quer über die Straße, während sie sich unablässig gegenseitig schlugen.


    Urako traf den Unterkiefer seines Kontrahenten, gleichzeitig kassierte er einen heftigen Schlag mitten auf den Mund. Er taumelte kurz, doch fing sich gleich wieder. Er war so im Kampfrausch, dass er nur am Rande registrierte, dass sein Speichel sich mit Blut und scharfkantigen Splittern vermengte. Er spuckte aus, ohne darauf zu achten, wohin und kämpfte weiter. Immer öfter strauchelte er.


    Wie aus dem Nichts kamen plötzlich lauter Früchte über das Pflaster gerollt. Firxas trat beim Tänzeln genau auf einen Kohlkopf, der unter seinem Fuß fort rollte. Der Tiefling fuchtelte einen Moment mit den Armen, um sein Gleichgewicht wieder zu erlangen. Urako trat ihm beherzt in den Bauch, so dass er rücklings zu Boden stürzte.
    „Hah ich dich!“, nuschelte Urako und baute sich breitbeinig über Firxas auf. Der lag da mit schreckgeweiteten Augen. Sein graubraunes Gesicht war ein einziger aufgequollener Klumpen.


    Urako stierte in seine Augen und wartete.
    Was nun geschah, lag nach den Regeln in Phintias bei dem, der auf dem Boden befindlich war. Setzte er sich zur Wehr, ging der Kampf weiter und ab jetzt durften auch Klauen, Hörner und Zähne eingesetzt werden. Solche Kämpfe endeten meist mit schweren Verletzungen, indem man versuchte, sich gegenseitig die Ohren und die Nase abzubeißen oder die Augen mit den Klauen zu attackieren. Verhielt der Gestürzte sich hingegen still, akzeptierte er seine Niederlage und der Sieger ließ von ihm ab.


    Firxas rührte sich nicht einen Millimeter. Blut tropfte von oben auf ihn herab. Urako keuchte mit offenem Mund, während ihm Blut und Speichel vom Kinn tropfte. Er deutete den traditionellen Tritt in die Weichteile seines besiegten Gegners an, um seine Überlegenheit zu betonen, dann trat er zurück und ließ ihn aufstehen. Firxas erhob sich schwankend. Ohne Urako noch einmal anzusehen stolperte er mit eingezogenem Schweif von dannen.


    Urako hätte ihn gern ausgelacht und ihm Schmähungen hinterher gerufen, doch ihm war alles andere als zum Lachen zumute. Seine Knie gaben nach, er musste sich setzen und schaffte es gerade noch auf einen herumliegenden Strohballen. Er plumste mit dem Hintern voran hinein und blieb keuchend und zitternd so sitzen.


    Jemand erbarmte sich und hielt ihm ein glänzendes Bronzetablett mit einer Tontasse darauf vor die Nase. Auf der geschliffenen Oberfläche des Tabletts spiegelte sich das, was einstmals Urakos Gesicht gewesen war. Die Augen waren wegen der Schwellung seiner Wangenknochen und der Augenbrauenwülste zu schmalen Schlitzen verengt, eins davon konnte er kaum offenhalten. Blut lief aus einer Platzwunde im Augenlid darüber. Auch die Netzhaut schien etwas abbekommen zu haben. Seine Nase war einmal mehr gebrochen worden, sie sah flacher und breiter aus als sonst und blutete wie verrückt. Wahrscheinlich würde sie so bleiben.
    Das Schlimmste jedoch war sein Mund – all seine Frontzähne waren bis zur Hälfte abgebrochen. Nur noch Stumpeln waren geblieben. Wenn er zubiss, konnte er trotzdem die Zunge heraus stecken.
    „Chöne Cheise“, murmelte er.
    Firxas hatte wahrlich einen Volltreffer gelandet. Vielleicht hätte er ihm doch in die Eier treten sollen.
    Urako versuchte, mit dem Handrücken das Blut fortzuwischen, dass ihm aus Nase und Mund lief, doch er schmierte es nur breit. Er griff nach der Tasse. Seine Knöchel waren blutig und die Finger zu steifen Würsten geschwollen, so dass er sie nicht krümmen konnte. Wahrscheinlich waren etliche davon gebrochen.
    Er gab den Versuch auf, die filigrane Tasse anzuheben und schüttelte nur den Kopf. Mit seinen Zähnen und den aufgeplatzten Lippen konnte er momentan ohnehin nicht trinken.

  • Die Albin wusste nicht weiter. Immer mehr wich sie zurück, bis sie gegen eine Häuserwand stiess. Ihr Peiniger kam immer näher und ein siegessicheres Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus und liess die spitzen Zähne aufblitzen.
    Panisch blickte sich Arafis um. Einige Leute glotzten sie an, die meisten beobachteten jedoch zwei sich prügelnde Gestalten. Beide sahen sehr mitgenommen aus und überall waren die Pflastersteine mit rotem Blut bespritzt. Erschrocken schnappte die junge Frau nach Luft, als sie erkannte, dass Urako einer der beiden Rangelnden war. Sie konnte es kaum glauben, dass er sich wirklich für sie einsetzte, welche Gründe ihn auch immer dazu getrieben haben mochten.


    Um sich Sorgen zu machen, hatte sie jedoch keine Zeit, denn Orobas war nur noch wenige Meter entfernt, und der Fluchtweg war versperrt. Plötzlich nahm sie hinter ihm, neben einem Stand, einen hellbraunen Körper wahr. Ein grosser Hund lang friedlich neben seinem Meister am Boden und beobachtete das Geschehen um sich herum. Vielleicht war dieses Tier ihre einzige Hoffnung.


    Trotz ihrer Angst versuchte sich Arafis zu konzentrieren und wollte zu den Gefühlen des Hundes vordringen. Es war nicht einfach, denn viele Individuen scharten sich auf dem Marktplatz. Doch da Tiere eine andere Aura haben als die Zweibeiner, gelang es der Albin doch mit Hilfe ihrer Empathie Fähigkeit, das Tier zu erreichen. Sie blickte den Hund an und schickte ihm ihre ganze Wut und Angst auf den Tiefling zu. Ihre Fäuste waren geballt, und sie knurrte leicht. Einen Moment schien das Tier nicht zu reagieren, und die Albin hatte schon Angst, versagt zu haben. Bitte, bitte, es muss klappen!

    Im nächsten Moment sprang der Rüde jedoch auf die Beine und starrte Orobas an. Seine Haltung hatte sich verändert. Seine Nackenhaare waren gesträubt, er fletschte die Zähne und ein Knurren kam über seine Lefzen. Seine freundliche Ruhe von vorhin war Aggression gewichen.


    Orobas schien davon nichts mitzubekommen.
    „Jetzt hab ich Dich, Spitzohr!“, brummte er zufrieden. Er war nur noch zwei Meter von Arafis entfernt, weiter kam er jedoch auch nicht. Aus den Augenwinkeln sah die Albin, wie der Hund plötzlich wie auf Kommando losstürzte, so als hätte er eine weitere Welle der Wut von der Druidin aufgefangen. Im nächsten Moment schrie Orobas auf, nein er kreischte auf!
    Wie von der Tarantel gestochen fuhr er herum und fauchte den Vierbeiner an, der seine Zähne in den Schweif des Tieflings gerammt hatte und nicht so aussah, als würde er im nächsten Augenblick wieder loslassen.
    „Brutus, zurück! Komm sofort her!“, hörte Arafis vom Stand her den Besitzer des Tieres rufen. Doch durch Arafis’s Angst und Wut angestachelt machte der ansonsten ruhige Hund keine Anstalten, seinem Herrchen zu gehorchen. Stattdessen zog er immer wieder an dem Schweif und schüttelte sein mächtiges Haupt. Orobas war wie von Sinnen vor Schmerz und schlug mit seinen Klauen nach dem Hund. Die Albin wollte nicht, dass dem Hund etwas geschehen würde. Sie wusste, dass wenn sie selber genug weit entfernt war, ihre Empathiefähigkeit wie ein alter Pelz von dem Hund abfallen und er höchstwahrscheinlich das Weite suchen würde, wenn ihm ein wilder Dämon gegenüberstand.


    Also nutzte sie das Chaos und nahm ihre Füsse in die Hände. Geschickt schlängelte sie sich zwischen den Ständen hindurch. Urako und Firxas konnte sie nirgendwo erkennen, auch das Kampfgeschrei war verklungen. Während sie in einer Seitengasse verschwand, konnte sie mitten in dem Getümmel eine Gestalt sitzen sehen. Doch sie war sich nicht sicher, ob es wirklich ihr Reisebegleiter war.


    Arafis rannte und rannte. Ihre Wut war gewichen, und nur noch eine dumpfe Angst war zurückgeblieben. Sie fürchtete sich vor dieser Stadt. Vor den dunklen Ecken und Gassen, vor den düsteren Gestalten, die überall herumlungerten. Sie wünschte sich zurück in den Wald, zusammen mit Fricai. All diese Dämonen und anderen zwielichtigen Gestalten sollten ihr bloss fern bleiben.
    Irgendwann konnte sie nicht mehr rennen, ausserdem hatte sie keine Ahnung, wo sie sich befand. Sie hatte das Zeitgefühl verloren und sich in den wirren Gassen verirrt.
    Sie fühlte sich blossgestellt, wenn sie angestarrt wurde, wenn ihr jemand über den Weg lief. Einmal wurde ihr nachgepfiffen, ein anderes Mal hörte sie Beleidigungen gegenüber dem Albenvolk.


    Schliesslich liess sie sich in einer abgeschiedenen Gasse auf die Knie sinken. Verzweiflung machte sich in ihr breit. Sie schloss ihre Augen und versuchte sich zu beruhigen. Das Bild eines weissen Wolfes stieg in ihr auf. Er war es gewesen, der ihr sein Gebiss für immer in den Arm tätowiert und ihr so gezeigt hatte, was ihre tierische Gestalt sein sollte.
    Während ihre Gedanken bei dem Tier verweilten, spürte sie ein Ziehen in ihrem Körper. Diesmal wehrte sich die Druidin nicht gegen die Verwandlung, nein, sie wollte sie sogar herbeiführen.
    Sie spürte, wie die Kleider an ihrem Leib rissen, als sie in den Körper einer Wölfin gezogen wurde.


    Als sie diesmal aufstand, und die Fetzen ihrer Gewänder von sich abschüttelte, erinnerten nur noch ihre sandfarbenen Augen an ihre natürliche Gestalt.
    Arafis schüttelte zufrieden ihr weiss-grau-braunes, leicht struppiges Fell.
    Sie fühlte sich nun sicherer, auch wenn sie vorsichtig bleiben wollte.
    Jetzt musste sie erst einmal den Rückweg zum Lager finden.
    Die Nase am Boden und in der Luft, folgte sie ihrer eigenen Spur zurück. Der Geruch war noch relativ frisch und ihre Sinne gestärkt. Es war bereits dunkel geworden. Auf dem Marktplatz waren die Stände geschlossen und nur noch einige Gestalten eilten durch die Nacht.


    Der heftige Geruch von Blut liess die Wölfin innehalten.
    Entfernt kam er ihr bekannt vor, das musste wohl Urako sein. Eine Weile schnüffelte sie zwischen den Ständen herum, bis sie schliesslich zum Lager zurück wollte.
    Gerne hätte sie wieder ihre natürliche Gestalt angenommen, doch ohne Kleidung konnte sie sich unmöglich vor den beiden Tieflingen zeigen.
    Vielleicht sollte ich erst gar nicht mehr zurückgehen! Urako reisst mich bestimmt in Stücke, weil er wegen mir eine Tracht Prügel bekommen hat... Andererseits muss ich mich schon bei ihm bedanken, wer weiss, wie es ohne seine Hilfe ausgegangen wäre.


    Während sie diesen Gedanken nachhing, stand sie plötzlich vor dem Lager. Eine Laterne flackerte an der Seite des Wagens, ansonsten war es still.
    Da hörte sie ein aufgeregtes Winseln und im nächsten Moment sprang ein fröhlicher Fricai um sie herum. Erleichtert drückte sich die Wölfin an ihren schwarzen Begleiter und genoss seine Nähe.
    Arafis war müde, den ganzen Tag war sie herumgeirrt, nun war sie ausgelaugt.
    Sie machte sich nicht die Mühe, nach den Tieflingen Ausschau zu halten, sie würde die beiden noch früh genug sehen.
    Stattdessen trottete sie in die Nähe der Pferde und liess sich dort erschöpft zu Boden sinken. Fricai tat es ihr gleich und so fielen die beiden Wölfe dicht nebeneinander liegend in einen traumlosen Schlaf.

  • >Das hat ja besser geklappt ales gedacht.<, ging dem Tiefling durch den Kopf, fährend er durch die belebte Marktpassage schlenderte. >Eigentlich ist das Versteck gut gewählt, der Markt ist sowie so noch für zwei weitere Tage angesetzte, ich bezweifle das sich Ibn Altsalat das Geschäft entgehen lassen würde. So muss ich mir denke ich, keine Sorgen machen, dass mein kleiner Spion gefunden wird und wenn, dann weiß er sowie so nicht von wem er ist.<, grinste Selan zufrieden vor sich her, während er langsam wieder einen normalen Gang annahm und auf die körperlich ältere Haltung verzichtete. >Eigentlich ist schon merkwürdig. Was hat der Kerl eigentlich mit dieser geheimnisvollen Nekromantengilde zu tun und vor allem die beiden Kampfmagier..... Das waren die beiden gleichen Kerle, die damals Urako noch in Phintias befehligte. Damals waren sie gegen Ibn. Warum sind sie nun auf seiner Seite. Hat er sie sich angekauft oder steckt da mehr dahinter? Ob Phintias vielleicht mit der Nekromantengilde etwas zu tun hat? Aber das wäre doch gar nicht möglich oder doch? Würde vielleicht auch einige Merkwürdigkeiten die in Phintias vor sich gingen erklären, aber wieso das?<, zermaterte Selan sich den Kopf, bis er mitten in einer Marktpassage mit jemanden zusammen stieß. Leicht erschrocken wurde er aus seiner Gedankenwelt gerissen um gleich noch einmal einen schrecken zu bekommen.


    Vor ihm stand ein Tiefling, der gelinde gesagt etwas einstecken musste. Seine Graubraune Haut war übersäht mit Blutergüssen, überall Kratzer und auch einige Bissspuren waren zu erkennen. Kratzer auf den Flügel und am schlimmsten sah sein Gesicht aus. Verquollen, fehlende Zähne, zwei zugeschwollene Augen, Ober- und Unterlippe aufgeplatzt. Alles in allem glich es mehr einer Trümmerlandschaft als einem Gesicht.


    "Wa klufzt du fo?", versuchte Selans gegenüber ein Gespräch an zu fangen. Was ihm aber dank der blessuren um den Mund nur sehr schwer viel.


    "Verzeihung, was sagten sie?"


    Der Tiefling schien sehr viel schlechte Laune in sich zu tragen, nicht umsonst würde er derart Agressiv Antworten und Selan die Faust vor sein Gesicht halten. "I haf gefagt was klufzt du fo?"


    "Ach, jetzt hab ich dich verstanden. Man versteht dich etwas schlecht, bist wohl in eine Schlägerei geraten oder?"


    "Wa geft dif daf an kfurzer?"


    "Na na na!", sprach Selan und erhob den Zeigefinger. Alles in allem tat ihm Selan leid, er hatte bestimmt starke schmerzen. Selan ging das an die Seele, er konnte es nur schwer mit ansehen, wenn Leute krank waren oder leiden mussten. Bei so etwas konnte der Tiefling nur schwer wegsehen. Es war seine innerste Überzeugung, dass man helfen sollte, wo man nur kann. Für ihn war es eine Selbstverständlichkeit, die nur zu selten auch von anderen genutzt wurde. Doch wollte er mit gutem Beispiel vorran gehen, einer muss ja anfangen und ein Zeichen der Freundschaft und Hilfe setzen, war sein Motto.


    "Ich versuch dir ja nur zu helfen. Von Beruf bin ich eigentlich Nekromant, dazu gehört auch etwas medizinische Ausbildung, wenn du willst schau ich mir mal deine Wunden etwas genauer an, was meinst du?"


    "Mhhh und was koft das?"


    "Sagen wir 10 Kupferstücke und du bist hinterher so gut wie neu?"


    "Mhhh, klingft pfair. Dortf wo if gerod pfin wold koftet 20 Kupferfrücke."


    "Na sieh mal an, ein paar nette Worte und schon hilft einem einer weiter, nicht wahr? Na dann komm mal mit, sehen wir mal, was wir für dich tun können. Komm mit, wir gehen zu meinem Wagen.", lud Selan den fremden freundlich ein.


    "Ich heiße übrigends Selan Todaric und du? Wie ist das eigentlich passiert?"


    "Firfxas heif if. Ach, ärfer mit den Frauen pfie imme! Dumfes Fitzohr – pppfff! Pfollt mif einfaf etfas an fie ran mafen, relatif nett. Dann kam fo ein Kerl dafwischen, nen kleiner häflicher Pfiefling mit weifen Haaren. Zudem fah er auf wie ein rofa Fchweinfchen.", lachte der beschundene Tiefling, während Blut aus seinem Mund spritzte. Sehr zum Leidwesen der anderen Marktbesucher die es am bekamen. Schnell wollten die meißten etwas sagen, doch schreckte der Imposante Kerl ein und murrten nur vor sich hin.


    "Mhhhh, so was kommt schon mal vor, aber das ihr euch da gleich prügeln müsst? Sollten nicht Worte das sein, was zwischenmenlich auch das größte Problem löse?"


    "Pff, redfen, Pfworte. Geht dof nichtf üfer eine orfentlife Fchlägerei am Mittag. Daf bringt daf Blut in Wallung..."


    "....und in deinem Fall auch auf die Straße, wenn ich das bemerken darf! So wie du aussiehst, scheinst du aber nicht der Gewinner gewesen zu sein oder? Vielleicht solltest du dich im Kampf mit Worten üben, ist zumindest weniger Schmerzvoller, wenn man einmal verliert."


    "Hach! Dad kleine rofe Vieh haffe ich fon faft am Boden, bif ich hingefal fin. Daf hat der Pferl famlof aufgenuft. Elender Weifkop... Wahhh wie der Aufah, daff der fich nicht Fämt so rum zu laufn...."


    "Scheint ja ein übler Typ gewesen zu sein, wenn er so hinterhälltig ist. Sagtest du eigentlich er hatte pinkne Haut mit weißen Haaren?"


    "Ja, ne echtf miefef Fwein, im wahrften Finne des Wortef.", lachte der Tiefling schon besser gelaunt, "Ja genau, so sah er aus, kennst du ihn?"


    "Nein ich denk nicht. Ich habe einen Schüler der ihm nach der Beschreibung etwas ähnlich sieht, aber der fängt keine Schlägereien an, er ist zwar etwas mürrisch, aber so schätze ich ihn nicht ein. Er kanns also nicht gewesen sein, ich denke sowie so er sitzt schon wieder bei Ralogg im Zelt und macht wieder Albinwitze. Meiner Meinung nach werdet ihr euch bestimmt mögen, ist genau so ein Grobholz wie du."


    Etwas misstrauisch schaute der Blutverschmierte Tiefling Selan an, "Mhhh, ach fo achfo, ne, wenn er Albfenwitze macht hat, kann erf ficherlich nicht gepfefen sein.... Wer ift nu wieder Rapflog?"


    Selan zeigte mit dem Finger nach vorn in die Gasse in der schon Ralogg stand und Selan zu wank. "Das da vorn ist Ralogg. Siehst du?"


    "Wafff??? Daf ift ja ein Gefpenft?", sprach der Tiefling plötzlich vollkommen verängstigt, als er stehen blieb und schon anstalten machte weg zu rennen.


    "Nein, kein Gespenst, ein Gerippe. Genauer gesagt, ein Goblingerippe. Nun komm, der tut keinem weh, außer vielleicht deinen Ohren, wenn du keine Albenwitze magst. Das ist das einzig wirklich gefährliche an ihm.", war Selans Versuch ihn auf zu klären.


    "Nu ja wenn pfu meinpft?!"


    "Was ist das denn für einer Selan?"


    "Ein Kunde Ralogg. Hol Geschwind etwas Verbandsmaterial und meinen Medizinkoffer – schnell! Und du großer, Setz dich bitte ins Zelt, dann kümmer ich mich mal um dich."


    Geschwind verschwand Ralogg wieder einmal im Wagen und holte wenige Minuten später Verbandsmaterial und eine größere Holztruhe in das Vorzelt, in dem Selan und der Fremde bereits platz genommen hatten. Selan öffnete den Koffer und nahm zuerst eine größer Glasfalsche heraus, dazu ein Tuch.


    "Beis die Zähne zusammen, dass brennt jetzt sicher ziemlich. Das ist Wundalkohol zur Desinfektion. Muss leider sein, sonst könnte es sein, dass sich was entzündet, was wiederrum nicht gerade sehr gut für dich wäre."


    "Pfeine Forge, ich halt pfo waf auf, bin doch ein echter AUUUUUUUUUUU.", sprach er noch, bevor Selan die ersten Wunden mit dem Alkohol auswusch, unter den schreienden Schmerzen des Tieflings, der sich mit beiden Händen fest an den Stuhllehnen fest hielt.


    "Na na, so schmerzvoll ist das nun wieder auch nicht. Bin auch schon fertig."
    Schon räumte Selan die Flasche weg und holte einen Mörser und einen Stösel aus seiner Truhe. Etwas Öl aus einer kleinen Flasche füllte er hinein, dazu aus einigen Metallenen Behältern Blätter und Blüten. Zugleich begann Selan damit eine Paste im Mörser mit dem Stösel her zu stellen, in dem er alles mit einander kräftig verrieb.


    "Waf machpf du da eifenflich?"


    "Mein beschundener Freund, dass wird eine Paste, die du gleich auf die Haut bekommst. Darin sind viele Wirkstoffe zur Wunddesinfektion und zur Heilung. Darauf kommt dann noch ein Verband, den du die nächsten zwei Trage tragen wirst, danach sind die Wunden geschlossen. Wichtig wäre, dass du die Wunden danach nicht mit etwas bedeckst. Die Wirkstoffe ziehen in deine Haut und werden da nach und nach für die Wundheilung auf gebraucht. Ein Tuch würde sie wieder heraus ziehen. Verstehst du? Hingegen deine Zähne, da müsste ich erst einmal in meinen Büchern nach schlagen, wenn du etwas Zeit hast, dann komm morgen noch einmal vorbei."


    "Pflar gern und ja ferpfeh ich, bin doch nicht pflöd."


    Fast eine halbe Stunde dauerte die Prozedur, bis der Tiefling auf allen Wunden die Paste hatte und bandagiert war, aber es lohnte sich, die Schmerzlindernden Stoffe taten ihre Arbeit und der Tiefling war sichtlich erfreut.


    "Hey daf ist ja pfuper! Tut gar nift mehr weh, wenn ich da den anderen Quackfalber pfo anfehe, daf tut nach Tagen noch weh. Hier ifft dein Geld, hapft du dir verdient."


    Selan hielt die Hand auf und 20 Kupferstücke vielen in seine Hand.


    "Das sind aber zehn Kupferstücke zu viel."


    "Wenn pfer Kurpfufcher fon 20 Kupferfücke nimmt, für eine fechte Befandlung, hafft du 20 Kupferfücke fon lange ferdient, alfo nimm fie."


    Selan freute sich, ein lächeln machte sich in seinem Gesicht breit. Wieder einmal war bewiesen, seih freundlich zu den Leuten und sie sind freundlich zu dir.
    "Vielen Dank, der Arzt freut sich. Eigentlich bist du ja ganz nett, willst du vielleicht noch etwas mit zu Abend essen, es ist schön spät geworden.", ein kleiner Schatten wurde auf der Zeltwand immer größer. Selan merkte sofort am Abdruck, dass es Urako sein musste, "Wie ich sehe kommt gerade mein Lehrling zurück, dann können wir ja schon anfangen essen zu machen, bist du einverstanden?"


    Der verarztete Tiefling nickte zufrieden.

    Nur ein Tag mit Tee, ist ein lebenswerter Tag. (von Selan Todaric)


    Wenn sie mit dir streiten wollen, biete Tee an. Wenn das nicht hilft, schlag sie tot! (von Selan Todaric)


    Kleine Legende:
    "Text" -> Gesprochener Text /\ >Text< -> Gedachter Text

  • Nach einer gefühlten Ewigkeit war es Urako gelungen, zurück zum Wagen zu taumeln.


    Vergebens hatte er auf dem Strohballen sitzend gewartet, dass ihm jemand zu Hilfe kam, aber Pustekuchen. Weder Selan noch Ralogg hatten sich dazu erbarmt, mal nach ihm zu sehen, dabei wusste das feige Gerippe doch genau, wo er sich befand! Und die Albin war einfach fortgerannt, undankbar, wie Alben nun mal waren. Zu allem Überfluss hatte er sich auf dem Heimweg auch noch verirrt.


    Nach endlosem Taumeln, hinfalllen, wieder aufrappeln und weiter taumeln stand er nun hier, vor dem Zelt seines Meisters – und der Eingang war verschlossen. Es schien ihm wie einschlechter Scherz und als ob das Leben selbst mit dem Finger auf ihn wies und ihn auslachte.


    Eine getrocknete Rosenblüte war in Augenhöhe durch die Lasche am Zelteingang gesteckt und prangte nun dort – als Zeichen, dass Selan gerade einen Kunden bediente und nicht gestört werden wollte. Während Urako blutüberströmt war und sich kaum auf den Beinen halten konnte.


    „Arch leckn“, knurrte er, schlug die Zeltbahn zur Seite und trat ein. Vor Empörung blieb ihm der Mund offen stehen. Was er da sah, war der Gipfel allen Spottes, der jemals auf ihn eingeprasselt war.
    War das denn die Möglichkeit?


    „Chuft!“, rief er empört und richtete den Zeigefinger auf Selan, der sich gerade führsorglich um den ramponierten Firxas kümmerte. Der lag entspannt in einem Liegestuhl, die Beine in eine warme Decke gewickelt und die Füße bequem hochgelegt. Sein Gesicht war mit einer duftenden Paste eingepinselt, zwei Gurkenscheiben auf die Augen gelegt und im Hintergrund köchelte das Abendbrot. Der Duft von Räucherstäbchen erfüllte die Luft, während Ralogg leise auf einer Laute klimperte.


    „Du hilhst diesen Sack?! Hährend ich hier chdehn nuss und noch nichd nal einen Sidshlatz angehoden hekonne?“


    Firxas lüpfte eine Gurkenscheibe.


    „Du bift tfu laut!“, tadelte er. „Ich verpfuche miff gerade tfu entpfannen! Tfelan fagt, daff würde mir gut pfun und gegen dfie Aggrepfionen helpfen!“


    „Hern ersd nal redn!“, fauchte Urako. Dann merkte er, dass er sich mit diesem Ausspruch gerade blamiert hatte. Ohne Frontzähne wetterte es sich einfach nur beschissen.


    „Irgendhas is Arahis hassierd...“, sagte er dann und hob die zerissenen Kleider an, die er die ganze Zeit bei sich getragen hatte. „Ich glauhe, Orohas had sie doch noch erwichd... hährend ihr heiden euch hier hergnügd.“
    Er warf die Sachen vor Selan auf den Teppich und ging nach draußen. Er nahm seinen Rucksack, zog seine warme Jacke an und stieg auf das Dach des Wagens, wo er sich in seine Kuscheldecke einrollte und finster vor sich hin brütete.


    Die Nacht senkte sich auf Shizu hinab. Urako lag hellwach und konnte nicht schlafen. Da erweckte ein Fiepen und Miepen seine Aufmerksamkeit. Das hörte sich doch an wie ein Hund? Urako stemmte sich auf seine Unterarme und spitzelte über den Rand des Waagens. Tatsächlich, Arafis` großer Hund hatte eine ebenso große Hündin aufgegabelt und jetzt balzten sie.


    Gar nicht schlecht , dachte Urako.Wenn sie sich vermehren, können wir die Welpen verkaufen.
    Er beschloss, es Selan zu sagen, sprang von dem Wagen und trat ins Zelt.


    "Selan."
    Ah, das Sprechen ging wieder etwas besser. Seine Aussprache war zwar immer noch undeutlich, aber besser als vorher. Firxas war inzwischen gegangen, also ließ Urako sich demonstrativ in dessen Stuhl fallen um zu zeigen, dass er nun auch betüdelt werden wollte.
    "Aus dem Hund sind zwei geworden. Und noch was. Willst du Arafis suchen", fragte er. "Nicht, dass mir was an ihr liegen würde - pah, von mir aus kann sie unbekleidet in der Gosse liegen und erfrieren - aber du bist doch hier der gute Onkel. Vielleicht hat Orobas sie ans nächste Freudenhaus verkauft. Du könntest mir mein Taschengeld auszahlen und ich geh mal nachsehen."

  • Arafis hatte geschlafen und sprang erschrocken auf, als sie einen dumpfen Klang hörte. Durch die gestrigen Ereignisse war sie noch vorsichtiger als sonst, und jedes unbekannte Geräusch brachte sie in eine defensive Position.
    In einiger Entfernung sah sie eine Person vor dem Wagen, die kurz darauf ins Zelt hinein trat. Urako? Obwohl es dunkel war, meinte die Wölfin, die Gestalt erkannt zu haben.
    Neugierig und auf leisen Pfoten schlich sie sich näher an den Eingang heran und lauschte gespannt.


    "Aus dem Hund sind zwei geworden. Und noch was. Willst du Arafis suchen", hörte sie die Stimme von Urako. "Nicht, dass mir was an ihr liegen würde - pah, von mir aus kann sie unbekleidet in der Gosse liegen und erfrieren - aber du bist doch hier der gute Onkel. Vielleicht hat Orobas sie ans nächste Freudenhaus verkauft.“
    Etwas bestürzt erkannte Arafis, dass Urako sie wohl gesehen hatte. Ich war nicht vorsichtig gewesen! Doch immerhin hält er mich für einen Hund… er konnte wohl nicht mal einen Wolf von einem gewöhnlichen Strassentier unterscheiden.
    Was sie jedoch noch mehr überraschte war, dass Urako sie suchen wollte. Obwohl seine Worte verdeutlichen sollten, dass er kein Interesse daran hatte, sie zu finden, zeigte seine Geste doch Sorge. Zumindest wollte die Albin gerne daran glauben.


    Sie hoffte, dass Selan und Ralogg mitgehen würden, dann könnte sie sich in den Wagen stehlen und immerhin vorübergehend irgendein langes Gewand von Selan ausleihen, bevor sie auf dem Markt neue Kleidung kaufen könnte.


    Verwundert bemerkte sie, dass der kleine Tiefling eine sehr seltsame Aussprache hatte. Ob er sich vielleicht die Zunge an Selan’s Suppe oder Tee verbrannt hatte?

    Plötzlich öffnete sich der Zelteingang und Urako trat mit seinem Rucksack auf dem Rücken heraus. Arafis starrte ihn an und war nicht in der Lage, sich abzuwenden. Sein Anblick war schrecklich! Überall blaue und violette Flecken. Doch das schlimmste war sein Mund.
    „Du könntest mir mein Taschengeld auszahlen und ich geh mal nachsehen.", sagte er zu Selan. Dabei zeigten sich seine Zähne, oder das, was davon übrig war. Die Albin gab ein mitleidiges Winseln von sich.


    Gerade als sie daran dachte, Urako wohl besser aus dem Weg zu gehen, hörte sie aus einer Gasse heraus laute Stimmen und Schritte, die schnell näher kamen.
    Eine mürrische Menge von etwa zehn Leuten näherte sich dem Zelt.
    Es waren sowohl Tieflinge, als auch Menschen darunter, und Arafis erkannte die zwei Händler vom Markt wieder. Der eine hatte Tontöpfe verkauft, dem anderen gehörte der Gemüsestand.


    Da ist er! Ich habe gesehen, wie er auf den werten Herrn Firxas eingeprügelt hat, so dass das Blut nur noch spritzte!“„Jawohl, und Meister Orobas hat er einen Kinnhaken verpasst, obwohl er nur freundlich dem Albenweib den Weg weisen wollte!“
    „Wo ist die Baumkuschlerin, Eindringling?! Sie hat einen meiner Tontöpfe zerstört und als Waffe benutzt! Ich will Schadenersatz!“,hörte Arafis die zornige Stimme des einen Händlers.
    „Ja, und was soll ich denn sagen? Mein ganzes Gemüse ist auf der Strasse gelandet wegen dieser Prügelei. Wer soll mir das bezahlen? Wir verlangen eine Entschädigung oder sie sollen an den Pranger!“
    Die wütende Menge kam immer näher. Die Tieflinge zeigten bedrohlich ihre spitzen Zähne, und zwischen den Menschen erkannte Arafis sogar eine Heugabel und eine Bratpfanne, mit der tobend herumgefuchtelt wurde.


    Die Wölfin schaute etwas ängstlich zu Urako hinauf. So wie er aussah, wäre ein zweiter Kampf wohl nicht so eine gute Idee. Sie näherte sich ihm etwas und blickte dann stur dem Pöbel entgegen.

  • Der Duft gebratener Zwiebeln, war gerade vergangen, als schöne frisch sehr klein geschnittene Tomaten, Tomatenpase, Basilikum, Oregano, etwas Wasser und ein paar kein geschnittene Kartoffeln in den Topf vielen. Selan schwung den Kochlöffel und musste sofort probiereren. "Mhhh, ja noch etwas Salz und Pfeffer, dann hätten wirs. Ich denke die Suppe wird euch heute Abend kräftig munden."


    "Für mif bife fiel, haf groffen Funger, nach der Fägerei. Üfrigendf nof ma fiefen Dank füf diefen Ferffice hier. Meine Augen tun auf kaum nof weh, die Gurfenfcheiben waren eine effellente Idee. Muff ich mir fr die näfte Fägerei umbedingt merken."


    Selan schaute leicht argwönisch über die Schulter. "Wolltest du die Schlägerein nicht sein lassen und mehr auf diplomatischem Wege alles lösen?"


    "Mhhh ja fon afer...."


    „Du hilhst diesen Sack?! Hährend ich hier chdehn nuss und noch nichd nal einen Sidshlatz angehoden hekonne?“, hallte es plötzlich durch das Zelt. Selan hatte sich nicht geirrt, sein Freund war zurück – jedoch schlecht gelaunt, wie man unschwer an seiner gekrümmten Körperhaltung und seiner agressiven ussprache bemerkte.


    "Hallo Urako wie gehts dir?", wunk Selan ihm freundlich zu, bis er aber Urako etwas näher ansah, "Was ist denn mit dir passiert? Siehst ja aus als wärst du unter die Pferde gekommen! Merkwürdig, damit wärst du heute schon der zweite der dermaßen ramponiert ist. Und warum sollte ich ihm nicht helfen?", kratze sich dabei Selan am Kopf und grübelte.


    "Du bift tfu laut!“, tadelte der wohlig eingewickelte verbundene Tiefling. „Ich verpfuche miff gerade tfu entpfannen! Tfelan fagt, daff würde mir gut pfun und gegen dfie Aggrepfionen helpfen!“


    „Hern ersd nal redn!“, fauchte Urako. Dann bemerkte er erst, dass er sich mit diesem Ausspruch gerade blamiert hatte. Ohne Frontzähne wetterte es sich einfach nur beschissen. Selan indessen strich sich immer noch über sein Kinn und grübelte nach. >Was hat er denn blos, die beiden haben sich doch noch nie gesehen, warum ist Urako so wütend. Wenn er unter die Räder eines Wagens kommt, was kann der nette Herr hier dafür? Oder war es etwas sein Wagen und Pferd was ihn überrollt hat? Woher sollte er sonst diese extremen Wunden haben?< Selan lief mittlerweile im Zelt auf und ab. So richtig wollte alles keinen Sinn ergeben, was aber auch daran liegen konnte, dass beide nur sehr schwer zu verstehen war.


    „Irgendhas is Arahis hassierd...“, riss den Nekromaten wieder aus seinen Gedankenspirale. Urako stand da und hob die zerissenen Kleider an, die er die ganze Zeit bei sich getragen hatte. „Ich glauhe, Orohas had sie doch noch erwichd... hährend ihr heiden euch hier hergnügd.“ Er warf die Sachen vor Selan auf den Teppich und ging nach draußen.


    Die zerrissenen Sachen von Arafis lagen auf dem Boden vor Selan, dieser wiederrum schaute sich alles sehr besorgt an. "Orohas, wer ist das nun wieder? Kennst du den Firxas? Kannst du mir helfen?"


    "Orofaf? Orofaf? Auhhh! Nein, der Name fagt mi nift.", sprach der Tiefling, während er sich gerade bei der über dem Feuer köchelden Tomatensuppe kräftig bediente.


    "If will dir auf nift weiter fu Laft fallen. Danke fr die Gute Befandlung und Befirtung, hier haft du nof mal fehn Kupferfrücke, fo etwaf muff belohnt werde. Machf gut...", sprach der Tiefling und verschwand aus dem Zelt, ohne das Selan noch ein Wort sagen konnte.


    "Pff, Orofaf, kfeiner Ganopfe und left mir wieder nift übrig, na warte....", hörte Selan noch flüsternd leise vor dem Zelt. Doch wusste er nicht ob er sich verhört hatte oder ob dies Firxas wirklich sagte. Der Tiefling rannte an den Eingang vom Zelt, wollte Firxas noch einmal zur Rede stellen, doch weit und breit niemand zu sehen. Nur eine ruhige vom zunehmenden Vollmond beleuchtete Straße und ein leerer Markt waren in sein Blickfeld getreten. So konnte er nur ins Zelt gehen und überlegen wie er Arafis helfen konnte. Selan grübelte lange und überlegte, auch Ralogg wusste keine Antwort, nicht einmal einen Anhaltspunkt hatte er. Während er etwas Suppe aus einer hölzernen Schale mit etwas Brot aß, platzte plötzlich Urako ins Zelt herein. Erschrocken verschluckte sich Selan gleich an einem Stück Brot, er klopfte sich mit der Faust auf die Brust und hustete stark, bis er wieder etwas Luft schnappen konnte.


    "Aus dem Hund sind zwei geworden. Und noch was. Willst du Arafis suchen"


    Selan hustete, "Natürlich, was denkst du denn. Nur hab ich gerade keine Ahnung wo ich überhaupt anfangen sollte zu suchen?"


    "Nicht, dass mir was an ihr liegen würde - pah, von mir aus kann sie unbekleidet in der Gosse liegen und erfrieren - aber du bist doch hier der gute Onkel. Vielleicht hat Orobas sie ans nächste Freudenhaus verkauft. Du könntest mir mein Taschengeld auszahlen und ich geh mal nachsehen."


    "Was so etwas würde der Kerl machen?", Selan sprang vom Stuhl auf und schlug mit der Faust auf dem Tisch, "So ein elender Schuft! Urako! Hier hast du 20 Kupferstücke, klappere die Freudenhäuser der Stadt ab, versuch Arafis zu finden! Ich bin echt froh, dass du dich so für sie einsetzt Freund! Wenn du sie hast, komm wieder her, dann befreien wir sie. Keine eigenen Aktionen starten, dazu scheinst du nicht in der Verfassung zu sein. Tut mir leid freund, ich würde dir gern helfen und dich verarzten, jedoch ist Arafis finden erst einmal wichtiger. Du bekommst dann mein medizinisches können zu spühren.", sprach Selan sehr ernst. Sorgenfalten machten sich auf seiner Stirn breit, seine Hände zitterten etwas. Der Tiefling kam auf Urako zu und klopfte ihn freundschaftlich auf die Schulter. "Urako, du bist und bleibst ein guter Kerl, auch wenn du dich verstellst! Komm wir gehen. Ralogg, du bleibst hier und passt auf alles auf."


    Kaum waren Selan und Urako aus dem Zeltgetreten, erhellte die Nacht Fackelschein, der durch die Gasse näher kam.


    "Da ist er! Ich habe gesehen, wie er auf den werten Herrn Firxas eingeprügelt hat, so dass das Blut nur noch spritzte!“, sprach ein Mann aus der ersten reihe und zeigte auf Urako.


    „Jawohl, und Meister Orobas hat er einen Kinnhaken verpasst, obwohl er nur freundlich dem Albenweib den Weg weisen wollte!“, brüllte ein Kerl von der Seite und wedelte Bedrohlich mit der Mistgabel.


    Gleich neben ihm, die nächste wütende Person, die ein beachtliches Schlagholz in der Hand hielt und sich damit immer wieder sanft in die andere Handfläche schlug. „Wo ist die Baumkuschlerin, Eindringling?! Sie hat einen meiner Tontöpfe zerstört und als Waffe benutzt! Ich will Schadenersatz!“


    „Ja, und was soll ich denn sagen? Mein ganzes Gemüse ist auf der Strasse gelandet wegen dieser Prügelei. Wer soll mir das bezahlen? Wir verlangen eine Entschädigung oder sie sollen an den Pranger!“
    Die wütende Menge kam immer näher.


    "Los, nehmt ihn gefangen!"


    Selan streckte seine Hand quer nach rechts aus und versperrte somit den Leuten den Zugriff auf Urako.


    "Werte Bürger, welches Anliegen habt ihr, was ist los?", versuchte Selan mit besänftigenden Worten den Mob zu beruhigen.


    "Anliegen, wohl eher um ein Ableben gehts hier und zwar für den Kerl da hinter dir, geh zur Seite!", scherze ein kräftiger Kerl in der ersten Reihe.


    "Werte Freunde, wollen wir nicht einmal reden, um was geht es denn hier. Das können wir doch sicherlich friedlich klären oder?"


    "Er hat Firxas und Orobas verprügelt! Auspeitschen soll man den Randale!"


    "Warum nicht gleich hängen?", krähte eine großmütterliche Stimme von ganz hinten nach vorn.


    "Liebe Leute, dass kann nicht sein, hier hat sich niemand geprügelt, außer Firxas. Dieser hingegen mit jemanden ganz anders, ihn müsst ihr verwechseln?"


    "Willst du uns verarschen, schau ihn dir doch an! Läuft der so immer rum oder war er in eine Schlägerei verwickelt Klugscheißer?", brüllte der Salatmann und fuchtelte dabei mit der Mistgabel vor Selans Gesicht herum.


    Dieser wiederrum lächelte nur und packte einen Zinken zwischen Daumen und Zeigefinger und drückte die Gabel links zur Seite. "Mein Schüler hier wurde beinahe von einem Pferdewagen überrollt, sieht man doch! Firxas kann sich also mit ihm nicht geprügelt haben, der Kerl war Moment, ich erinnere mich... Er war rose Hautfarben meinte Firxas vorhin, von kleiner Statur und mit weißen Haaren und....", plötzlich dämmerte es Selan mittem im Sprechen. Falsch verstanden hatte er die beiden vorhin – kommt wohl von der guten Aussprache der beiden. Somit war Urako doch der Kerl mit dem sich Firxas prügelte.


    "Ja genau, die Beschreibung stimmt Tiefling und nun rate mal wer genau so aussieht – mhhh?"


    Der Tiefling lächelte etwas verlegen und versuchte schnell eine Lösung zu finden. "Das ist jetzt aber komisch, da haben wir uns ja vorhin komplett falsch verstanden."


    "Na was für ein Zufall...", murmelte der Derb dahin blickende Gemüseverkäufer, "Und nun rück ihn raus, sonst setzt es was."


    Selans Augenbraun schnellten nach oben, schnell blinzelte er zu Urako, "Ist das eigentlich Absicht, dass wo wir sind dir ständig ein Mob auflauert, eine Art Scherz oder Hobby von dir? Liebe Leute, was ist denn für Schaden entstanden, das lässt sich sicher beheben mit ein wenig Geld oder?"


    "Das ist doch das mindeste!"


    "Also, da wären acht Kohlköpfe, 27 paar Tomaten, eine Kiste Kartoffeln die mir die Mäuse auch noch geklaut haben. Dann wären noch vier Rettiche, acht Knoblauzehen, 13 Bund Mangold und zu allem Überfluss 40 Radieschen! Macht zusammen eine Stolze Summe von 220 Kupferstücke.", zählte der Gemüseverkäufer Finger für Finger auf. Selan klappte etwas der Mund herunter.
    "Also, 220 Kupferstücke...."


    "Wart mal Tiefling, dazu kommen noch die Kosten für die zerstörten Tonwaren. Das wären fünf Amphoren, ein großer Krug und sieben tönerne Nachttöpfe! Macht alles zusammen 174 Kupferstücke!"


    "Ja und meinen Mist hat er auch ruhiniert?", krähte es von einem alten Mann rechts.


    "Mist?", schallte es von mehreren Leuten plötzlich heraus.


    "Ja der Tiefling hat sich auf eine Ladung Heu gesetzt und alle mit Blut verschmirt. An wen soll ich so was verkaufen, dass frisst doch kein Tier mehr, sollen die sich vergiften?"


    Selan griff sich derweil an den Kopf, "Wie viel?"


    "Zwei Kupferstücke und keines weniger oder mehr! Nein Warte, mehr geht doch!"


    Selan athmete tief durch. So langsam begann in ihm wieder der Gedanke auf zu kommen, dass es keine gute Idee war Urako als Lehrling auf zu nehmen. Warum das alles nur? Keine zwei Wochen in der Lehre und er hat noch keinen Kupferling verdient, doch Ausgaben von 396 Kupferstücke vollbracht. Dabei ist seine Verfressenheit noch nicht mit eingerechnet. Wenn das so weitergehen würde, wäre Selan bald pleite.


    "Bevor wir hier irgend etwas bezahlen, was ist eigentlich richtig geschehen?"


    "Haben wir doch gesagt, der Kerl hat Farxis und Orobas zusammen geschlagen als sie mit einer Baumkuschlerin, so ner Albin reden wollte. Komplett Brutal ist der Kerl!"


    "Quatsch, schallte es plötzlich aus dem Zelt heraus. Die beiden haben sich an Arafis vergangen, ihr lügt. Urako hat sie heldenhaft verteidigt!"


    Selan sah zu Urako, er konnte in seinem Gesicht sehen, dass Ralogg ihn nicht nur verteidigen wollte, sogut konnte er Urako wenigstens schon einschätzen. Der Tiefling schnaufte tief durch. "Ich bin froh das du die Schlägerei nicht so angefangen hast, sondern Arafis verteidigt hast. Gut wütender Mob, ich werde für seine Schäden aufkommen."


    "Das ist ja auch das mindeste, aber Strafe hat er trotzdem verdient. Auspeitschen soll man den Schläger!"


    "Ich denke das ist nicht notwendig, die Schuld wird beglichen. Zumal waren die anderen beiden, die die angefangen haben und die Baumku... ALBIN belästigt haben.", korregierte sich Selan schnell.


    "Nichts da wir wollen Blut sehen!"


    "Hört auf, wenn dann kommt er vor ein Gericht! Ein Lynchmob würde mehr Schuld auf sich nehmen, als bei einer harmlosen Schlägerei!", doch Selans Worte prallten ab. Die Leute waren rasend vor Wut! Erst jetzt erblickte Selan einen Schatten in gut 30 m Entfernung. >Ibn?<
    Selan war klar, das hier etwas nicht stimmen konnte. Nur wegen einer Schlägerei, wären die Leute hier nicht so wütend. So etwas gehört zum Alltag in so einer Zeit wie jetzt, wie der Tag auf die Nacht folgte. Selan breitete die Arme nach links und rechs aus, nur knapp 20 cm neben seinen Körper und begann leise vor sich her zu murmeln.


    "Mortuus exaudivit me.
    Ego opus opem.
    Rogo fœtor.
    Arcerent hostem.
    Fiat mihi fugite.
    Quod in imo hostium.
    Distentio et foetore plenum eget immortuorum spíritus. *1


    Mortuus exaudivit me.
    Mihi opus est opera tua.
    Clama, territent.
    timore adducti.
    causali terrorem.
    Ossi et medullae, illuc.
    Clamor geschen defunctorum. *2”


    Es wurde dunkel um Selan, sein Kopf neigte sich nach unten, seine Arme hob er langsam seitlich am Körper nach oben. Wie dunkler Nebel kroch er von hinten um Selan hervor nach vorn und begann alles um herum ein zu nehmen. Ein Wundhauch lies alle Fackeln und lichter ausgehen. Alle Leute begannen plötzlich zu murmeln, Unruhe machte sich breit. Der Mob der gerade noch voller Aggression war, wich plötzlich zurück, sie fassten sich an die Nase, sie übergaben sich mitten auf dem Weg. Ein Gestank machte sich breit, der unbeschreiblich war, fäulis, Tod, Verwesung, näher konnte man es nicht beschreiben. Die Tränen liefen den Leuten über das Gesicht, sie sanken zu Boden. Manche schafften es weg zu laufen, andere lagen nur noch auf dem Boden und brachen sich die Seele aus dem Leib. Arfis Wolf jaulte auf und just in diesem Moment durchdrang ein Schrei die Gasse, welche einem das Blut in den Adern gefrieren lässt. Er war schrill, schmerzvoll, unheimlich, die Angst der Leute spiegelte sich in ihren schnee weißen Gesichtern wieder. Blankes Entsetzen machte sich in ihnen breit. Die wenigen übrig gebliebenen sahen Selan nur mit großen Augen an.


    “Ihre werdet euch an nichts erinnern, Verschwindet!”, sprach Selan, bevor der einst große Mob schreiend in der Dunkelheit der Stadt verschwand.


    ╔════════════════════════════════════════════════════════╗
    *1
    Selans Zauberspruch -Totengestank:


    Tote erhöret mich
    Eure Hilfe benötige ich
    Euren Gestank erbitte ich
    Halte die Gegner
    Lasset mich fliehen
    Am Boden liegen die Gegner
    Voller Krampf und Gestankchemie


    *2
    Selans Zauberspruch – Schrei der Toten:


    Tote erhöret mich.
    Eure Hilfe benötige ich.
    Euren Schrei verängstige sie.
    Verursache Furcht.
    Verursache Schrecken.
    In Bein und Mark, sie es gehn.
    Der Schrei der Toten soll geschen.
    ╚════════════════════════════════════════════════════════╝

    Nur ein Tag mit Tee, ist ein lebenswerter Tag. (von Selan Todaric)


    Wenn sie mit dir streiten wollen, biete Tee an. Wenn das nicht hilft, schlag sie tot! (von Selan Todaric)


    Kleine Legende:
    "Text" -> Gesprochener Text /\ >Text< -> Gedachter Text

  • "Urako, du bist und bleibst ein guter Kerl, auch wenn du dich verstellst!


    Ein sardonisches Grinsen spaltete Urakos Gesicht in zwei Hälften, als Selan ihm das Geld aushändigte. „Tja, ich kann eben auch nett sein“, sprach er undließ das Geld in seine Hosentasche gleiten. In Gedanken war er schon im Inneren der Freudenhäuser, wo ihn exotische Schönheiten verwöhnten.


    „Komm wir gehen“, befahl Selan und ging in Richtung des Zelteinganges. „Ralogg, du bleibst hier und passt auf alles auf."


    „Richtig, keine Zeit zu verlieren. Ich werde umgehend mit den Nachforschungen beginnen und dabei sehr gründlich und gewissenhaft vorgehen! Ich werde kein -“
    Er stieß gegen Selans breiten Rücken. Der Schmerz schoss von seinem ramponierten Gesicht durch sein gesamtes Rückenmark. „Auuuu“, jaulte er und hielt sich die Hände vor die Nase. „Musst du so plötzlich stehenbleiben!“


    „Da ist er!“, keifte eine fremde Stimme. „Ich habe gesehen, wie er auf den werten Herrn Firxas eingeprügelt hat, so dass das Blut nur noch spritzte!“ Urako lugte vorsichtig hinter seinem Lehrmeister hervor. Sein Unterkiefer sackte nach unten. „Jawohl“, lamentierte eine zweite Stimme. „Und Meister Orobas hat er einen Kinnhaken verpasst, obwohl er nur freundlich dem Albenweib den Weg weisen wollte!“


    Ein Mob hatte sich vor Selans liebevoll dekoriertem Zelt versammelt. Urako sah Heugabeln, die in die Luft gestoßen wurden, Fackeln und sogar eine Bratpfanne. „Wo ist die Baumkuschlerin, Eindringling?! Sie hat einen meiner Tontöpfe zerstört und als Waffe benutzt! Ich will Schadenersatz!“


    „Da müsst ihr euren geschätzten Orobas fragen, der hat ihr die Kleider vom Leibe gerissen und sie verschleppt“, brüllte Urako hinter Selan hervor und schüttelte zornig die Faust. Doch ihm war alles andere als zum Kämpfen zumute. Ihm war immer noch hundeelend und er außerdem wollte er sich vom fachkundigen Personal der Freudenhäuser trösten lassen.


    „Ja, und was soll ich denn sagen? Mein ganzes Gemüse ist auf der Strasse gelandet wegen dieser Prügelei. Wer soll mir das bezahlen? Wir verlangen eine Entschädigung oder sie sollen an den Pranger!“


    Die Wölfin schaute etwas ängstlich zu Urako hinauf. So wie er aussah, wäre ein zweiter Kampf wohl nicht so eine gute Idee. Sie näherte sich ihm etwas und blickte dann stur dem Pöbel entgegen.


    „Du bist ein gutes Tier“, murmelte Urako, obwohl er Tiere eigentlich nicht leiden konnte. Aber dieser Hund hier schien ihm beistehen zu wollen. Außerdem mochte er Hündinnen sowieso mehr als Rüden. Er überwand sich und strich ihr kurz über den Kopf, um sie zu loben. Vielleicht ließ sie sich ja dazu abrichten, auf Kommando Leute zu zerfleischen.


    "Los, nehmt ihn gefangen!"


    Selan streckte seine Hand quer nach rechts aus und versperrte somit den Leuten den Zugriff auf Urako.
    "Werte Bürger, welches Anliegen habt ihr, was ist los?", versuchte er mit besänftigenden Worten den Mob zu beruhigen.


    Urako nutzte die Gelegenheit, um zurück ins Zelt zu huschen. Auf der Rückseite kroch er unter der Zeltbahn hindurch und schlich hinter dem Wagen entlang. Er hielt sich in der Deckung der angebundenen Pferde, dann bog er schnell in eine schmale Gasse ein. Niemand hatte ihn bemerkt.


    Das Pflaster wurde zu gestampftem Lehm und es roch nach Urin. Urako folgte dem Weg in die Untiefen eines äußerst schäbigen Viertels hinein. Überall lag Abfall herum, vertrocknete Exkremente säumten den Rinnstein. Aus den Häusern derangen die Stimmen von betrunkenen Männern, auf offener Straße verprügelte jemand seine Frau.


    Die Gegend sah vielversprechend aus.
    Urakos Gefühl sollte ihn nicht täuschen – bald stand er vor einer mehrstöckigen Bretterbude. Animalische Geräusche drangen an sein Ohr und es stank nach Schweiß, dessen Geruch sich mir übertrieben süßem Räucherwerk mischte. Über dem Eingang stand in falscher Rechtschreibung „Sünndenpfuhl“.


    Ohne zu zögern trat Urako ein.
    Das erste, was er feststellte war, dass er früher in der falschen Stadt garbeitet hatte – denn hier in Shizu war der örtliche Henker gleichzeitig auch der Aufseher über das Freudenhaus. Er erfuhr, dass dies das einzige Freudenhaus hier war. Der zuständige Henker war gerade anwesend und als er in Urako einen Kollegen erkannte, zeigte er ihm persönlich das Angebot, gab ihm hinter vorgehaltener Hand Empfehlungen und versprach ihm einen Sonderpreis für das „Fünf-Gänge-Menü für Feinschmecker“. Das hörte sich vielversprechend an.


    Nach einem kurzen, lebhaften Gespräch verschwand Urako als erstes mit einer Zwergin. Sie trug eine äußerst knappe Rüstung, die einen großzügigen Blick auf ihr Dekolletee bot, dessen Haarwuchs jeden Mann vor Neid erblassen ließ. Die kleine, muskulöse Dame versohlte ihm mit der nackten Hand den Hintern. Dann überschüttete sie ihn mit wüsten Beschimpfungen, während sie auf ihm herum ritt, ehe sie ihn kurz vor dem entscheidenden Moment einfach liegen ließ und aus dem Raum stampfte. Selig grinsend wartete Urako auf den zweiten Gang.


    Die Tür öffnete sich und eine Sonnenalbe mit großen blauen Augen streckte vorsichtig den Kopf herein und fragte kaum hörbar, ob sie eintreten dürfte. Sie entpuppte sich unter ihrem Kleid als junger Burche in hochhackigen Schuhen. Urako vernaschte ihn nach allen Regeln der Kunst.


    Der dritte Gang war eine blauhäutige Trolldame mittleren Alters. Sie war nur mit einem Gürtel aus Tierknochen bekleidet. Urako musste sich auf den Bauch legen. Sie trampelte mit den nackten Füßen auf seinem Rücken herum, wobei sie einen martialischen Kriegsgesang johlte und nannte dies eine yatekische Massage. Der Henker schmolz vor Wohlgefallen dahin. Er war danach viel zu entspannt für andere Dinge und so ging sie wieder, nachdem sie auch noch auf seinen Flügeln und dem Schweif herumgetrampelt war und überließ ihn dem vierten Gang.


    Die Tür flog gegen die Wand und ein Poraha mit Stiernacken stürmte herein, brüllte, dass ihm das Schlafen schon noch vergehen würde, zeriss Urakos herumliegende Unterwäsche und knebelte ihn damit an der Pritsche fest. Urako flehte vergebens darum, ob er denn nicht wenigstens die Tür zumachen könnte, weil ständig Gäste daran vorbeigingen. Der Poraha schrie ihm ins Ohr, dass er die Fresse zu halten habe, er müsse sich auf seine Arbeit konzentrieren. Urako fühlte sich gleich darauf, als ob er gepfählt würde. Der Poraha brüllte, dass er ihm schon Manieren beibringen würde und schlafen sei etwas für Weicheier – er würde schon noch einen echten Kämpfer aus ihm machen. Urako schwebte auf Wolke sieben, während sein Kopf rhythmisch gegen das Kopfende des Bettes stieß. Die offene Tür störte ihn plötzlich überhaupt nicht mehr


    Zu guter Letzt kam der fünfte Gang - eine tattrige Nordländergreisin mit Glatze. Auf der kahlen Kopfhaut zeichnete sich ein Netz blauer Adern ab. Sie löste Urakos Unterwäsche-Fesseln, massierte ihm die Handgelenke und bedauerte ihn lautstark. Urako schmiegte sich an sie und heulte sich in ihren dürren Armen über die Schlechtigkeit der Gesellschaft aus, während sie ihn unentwegt streichelte und bedauerte. Irgendwann landeten sie beide unter der Bettdecke, wo Urako nach vollbrachtem Werk zwischen ihren welken Schenkeln friedlich einschlief.


    Als er aufwachte, war sie nicht mehr da. Wusste der Kuckuck, wie sie es geschafft hatte, sich unbemerkt unter ihm hervor zu winden. Urako zog die Überreste seiner Kleidung an und ging bezahlen. Er lobte den Service und ließ ein dickes Trinkgeld für die Angestellten da, die ihn bedient hatten. Gückselig lächelnd kehrte er zu Selan zurück.


    „Keine Arafis im Freudenhaus. Habe das Angebot gründlich untersucht! Falls du mal rein schauen willst, kann ich dir den Mitternachts-Imbiss empfehlen. Der könnte dir gefallen, hat was mit geschmolzenem Schweineschmalz zu tun. Ich selber habe das Fünf-Gänge Menü genommen, natürlich nur deshalb, um einen möglichst breiten Überblick zu haben. Das war klasse, aber ist wohl eher nichts für Weicheier wie dich. Dafür muss man schon ein gestandener Kerl sein.“


    Er strahlte dabei über beide Ohren, was zusammen mit seinem ramponierten Gesicht und den fehlenden Zähnen sicher gruslig aussah. Er war rundum glücklich.

  • Erleichtert erkannte Arafis Selan, der herausgetreten war und die Menge zu beruhigen versuchte. Sie diskutierten darüber, dass Urako die beiden Fieslinge verprügelt hatte und sie wollten ihn deswegen bestrafen. Die Albin war entrüstet! Hatten die denn nicht gesehen, was für ein Widerling Orobas war?
    Immer wilder wurde die Menge und schien gar nicht auf Selan’s Problemlöseversuche eingehen zu wollen.
    Im selben Augenblick streichelte eine Hand über ihren Kopf und sie zuckte überrascht zusammen. Es war tatsächlich Urako. Und sie glaubte etwas wie „du bist ein gutes Tier“, aus seinem Mund zu hören. Sie versuchte sich nichts anmerken zu lassen, genoss es aber, von ihm einmal nicht angezickt zu werden. Sie wollte lieber nicht überlegen, was es bedeutete, als Tier mehr wert zu sein, als in ihrer natürlichen Gestalt.
    "Das ist ja auch das mindeste, aber Strafe hat er trotzdem verdient. Auspeitschen soll man den Schläger!", vernahm sie in diesem Moment die Worte. Sie war so abgelenkt von der Meute, dass sie gar nicht bemerkte, wie Urako verschwand.
    „Ich denke das ist nicht notwendig, die Schuld wird beglichen. Zumal waren die anderen beiden, die die angefangen haben und die Baumku... ALBIN belästigt haben.", korregierte sich Selan schnell.
    Arafis blickte entrüstete zu dem Dämonen hoch. Doch Selan beachtete sie gar nicht.
    Erst jetzt bemerkte sie, dass auch Urako verschwunden war. Sie schüttelte den Kopf.


    Ich such mir jetzt besser was zum Anziehen, dann kann ich die Situation vielleicht klären!
    Sie sprang auf und schaffte es, sich zwischen der Menge hindurchzuzwängen. Aller Augen waren nur auf Selan gerichtete und niemand beachtete sie.
    Die Leute wurden immer aggressiver und die Wölfin sah Schaufeln und andere Geräte herumfuchteln. Knapp konnte sie einem Knüppel ausweichen, der herumgewedelt wurde.
    Doch plötzlich wurde es dunkel zwischen der Gasse und der Mob wurde unruhig.
    Arafis‘ sensible Nase nahm den Geruch wahr, bevor auch die Menge sich die Riecher hielt. Ein unglaublicher Gestank breitete sich aus, so dass einem Tränen in die Augen stiegen und man dachte, man würde mitten in einem Leichenhaufen sitzen. Arafis hörte Fricai aufheulen und auch sie selber unterdrückte nur mit Mühe ein Jaulen. Doch es war noch nicht das Schlimmste.


    Im nächsten Moment ertönte ein Schrei, der ihr das Blut in den Adern gefrieren liess. Sie zog den Schwanz ein und duckte sich und begann zu zittern. Auch die Menschen schienen in Panik und Entsetzen verfallen zu sein und begannen davon zu rennen. Nur einige standen noch wie erstarrt da und blickten zu Selan hinauf.
    “Ihre werdet euch an nichts erinnern, Verschwindet!”
    Der Mob verschwand in alle Richtungen.
    Arafis fühlte sich plötzlich seltsam.
    Eine Leere hatte sich in ihr ausgebreitet und sie blickte sich, noch immer schlotternd, um.
    Was ist passiert?
    Sie befand sich auf einem kleinen Platz, wo verschiedene Gassen wegführten. Alles war still geworden. Sie hatte den Drang, wegzulaufen. Schliesslich liess sie ihren Beinen freien Lauf und fühlte sich gleich viel besser, als sie sich von dem Ort entfernte.


    Irgendwann blieb sie stehen und schaute sich irritiert um.
    Ihr Bewusstsein begann sich wieder neu zu formieren. Ihr erster Gedanke galt ihrem Begleiter. Wo war Fricai? Und warum war sie weggerannt? Sie hatten doch gerade erst den Stand aufgestellt.
    Vage erinnerte sie sich daran, dass sie Urako zum Marktplatz folgen wollte. Genau, sie wollte sich etwas umsehen. Dann erkannte sie, dass sie in ihrer Wolfsgestalt war. Seltsam. Doch vermutlich wollte sie nur weniger Aufmerksamkeit auf sich ziehen. So trottete sie schliesslich los, Richtung Marktplatz.
    Dort angekommen herrschte das alltägliche Lärmen und Schreien. Sie blieb stehen und blickte sich neugierig um.
    Schliesslich ging sie ziellos umher und schaute sich zwischen den Ständen nach der bekannten Gestalt des Tieflings um.


    Als sie irgendwann genug gesehen hatte, beschloss sie, sich auf den Rückweg zu machen. In dem Gassengewirr konnte man sich leicht verirren, doch sie fand den Weg zurück zu ihrem Lager. Dort lag Fricai friedlich zwischen den Pferden und schien sich von dem Schreck erholt zu haben. Das Tier hatte von Selan's Vergessenszauber nichts abbekommen, wohingegen Arafis' albisches Wesen sehr wohl darauf reagiert hatte, doch das konnte die junge Frau nicht ahnen.


    Im gleichen Moment, wie sie auf das Zelt zulief, hörte sie Schritte und sah seltsam erfreut Urako mit einem riesigen Grinsen herbeilaufen.
    „Keine Arafis im Freudenhaus. Habe das Angebot gründlich untersucht! Falls du mal rein schauen willst, kann ich dir den Mitternachts-Imbiss empfehlen. Der könnte dir gefallen, hat was mit geschmolzenem Schweineschmalz zu tun. Ich selber habe das Fünf-Gänge Menü genommen, natürlich nur deshalb, um einen möglichst breiten Überblick zu haben. Das war klasse, aber ist wohl eher nichts für Weicheier wie dich. Dafür muss man schon ein gestandener Kerl sein.“
    Die Albin lauschte seinen Worten verständnislos. Freudenhaus? Was hatte sie in einem Freudenhaus verloren? Und warum suchte sie Urako? Erst jetzt ging ihr auf, dass die beiden von ihrer Wolfsgestalt noch gar nichts wissen konnten. Wie vergesslich ich bin!
    Sie blickte sich suchend um. Wo sind bloss meine Kleider?

  • Vorsichtig schob Ralogg den lila Vorhang des Vorzelts zur Seite. Milimeter für Millimeter kam der knöchrige Kopf zum Vorschein.


    "Das war aber ganz schön knapp mein Freund, die sahen ziemlich ungemütlich aus. Was war das eigentlich für ein Mob, sind die seit meinem Ableben irgendwie abgedrehter und brutaler geworden. Richtig bösartige Mobs in meiner Jugend warn nicht so drauf, wegen so ner kleinen Schlägerei. Ich mein mal, was machen die dann bei nem Mord, die Stadt abbrennen? Ihm bei lebendigem Leibe die Haut abziehen? Den bösen Wicht in den Kerker sperren und Lebenslang jeden Tag mit einer Blumenkohl- Brokkolisuppe quälen? Hast du mal die alte gesehen, die wollte doch Urako gleich hängen!", stotterte der kleine Knochenhaufen vor sich her.


    In mitten der vom Mondschein erleuchteten Stadt, stand Selan da. Seine Augen sturr gerade aus gerichtet. "Das war kein normaler Mob, dass war Ibn!"


    "Dieser Gemüsekopf oder wie der hieß war der Mob, was redest du da?"


    "Nein, ich hab Ibn gesehen. Er stand die gesammte Zeit da hinten, bei den Pferdestellen und hat alles beobachtet. Noch mehr, ich bin mir fast sicher, dass er die Leute irgendwie manipuliert hat. Menschen sind von Natur aus Streitlustig und jähzornig, aber dies hier war was anderes. Hast du ihre Augen gesehen?"


    Ralogg kroch derweil langsam aus dem Vorzelt. Wild um sich blickend sondierte die sich klein
    machende Person ihre Umgebung. Immer darauf aus, sofort wieder in das für ihn sichere Vorzelt zu fliehen.


    "Wie denn, ich saß im Zelt und hatte mühe Not meine Knochen bei einander zu halten. Hast du eine Ahnung wie die gezittert haben? Weiß der Gellos was mir hätte passieren können, ich hätte den Kopf verlieren können oder das Schlüsselbein! Moment mal!", Ralogg fing sich an mit den knöchrigen Händen zu untersuchen. Jeden seiner Knochen fing er an zu suchen. Seine Blicke schweiften über den Knochenhaufen. Hastig ging es zu, ahnte er schon das schlimmste, bis ein Schrei aus ihm hervor brach. "Ahhhh, ich hatte Recht! Mein rechtes Schlüsselbein fehlt!"


    Der Goblin- Knochenhaufen verlor das gleichgewicht. Halb liegend, halb sitzend war das häufchen Elend auf der straße wieer zu finden.


    "Ralogg, schluss jetzt mit dem quatsch, wir haben zu tun, komm bitte mit."


    "Quatsch? Quatsch? Quatsch? Hätte ich noch Ohren würde ich mal sagen, ich hör wohl nicht schlecht! Hier geht es jetzt um etwas ernstes, es geht Schließlich um mein Schlüsselbein!"


    "Ralogg komm jetzt, wir suchen dein Schlüsselbein später. Nun gibt es wichtigeres zu tun. Immerhin ist Arafis noch weg und Ibn hat irgen etwas vor und genau das ergründen wir jetzt.", entgegnete Selen mir ernster Stimme und Verschwand ohne weitere Worte im Zelt.


    Verdutzt blickte Ralogg Selan hinterher. Wollte es ihm doch nicht in den Kopf was mit Selan los ist.
    So ohne Freud im Gesicht und Todernst hatte er Selan noch nie zuvor gesehen. Etwas sehr großes schien Selan zu bedrücken, aber was?


    Ralogg richtete sich gerade wieder auf und klopfte sich den Staub und Dreck der Straßen un blickte sich ein letztes mal um. Fast im Zelt verschwunden, bemerkte er Arafis Wolf der genüsslich eingerollt bei den Pferden lag und da schimmerte es im Augenblick einer Sekunde!


    "Ahrrr du billige Promenadenmischung, wenn ich dich erwische, lass mein Schlüsselbein in Ruhe!", schrie Ralogg und rannte wild mit den Armen fuchtelnd auf den lieb da liegenden Fricai zu.
    Dieser knabberte in einer Seelenruhe an seinem kleinen Knochen herum. Der Wolf welzte sich hin und her, es machte schon den Anschein als habe er gute Laune, was wohl, so interpretierte es Ralogg eindeutig an dem Knochen lag. Mit einem male stand Ralogg direkt vor Fricai.


    "Du wandelnder Bettvorläger wagst es!"


    Fricai erschrag vor dem plötzlich neben ihm stehenden Golin und sprang etwas zur Seite, verlor dabei aber das Schlüsselbein, was triefend nass in die schnell reagierenden Hände Raloggs viel.
    Immer noch stink sauer, aber schon wieder etwas beschwichtigt, standen sich nun Ralogg und Fricai gegenüber. Der Wolf kam langsam mit gesenktem Kopf auf Ralogg zu und leckte sich dabei die Lefzen. Ralogg wich langsam zitternd ebenfalls Schritt für Schritt zurück.


    "Komm nicht auf dumme Ideen! Ich warn dich, keine falsche Bewegung, ich hab hier, hier....", total in Panik blickte Ralogg sich um. Jedoch fand er nichts auf die Schnelle, was nur ansatzweise als Waffe taugen könnte. "Ähmm, meine Knochen sind vergiftet! Ein Biss und Wuahhhh, schluss mit dem Wolfsleben!", versuchte Ralogg mit zitternder Stimme und mittlerweile zitterndem Unterkiefer den Wolf ab zu wehren, der jedoch wenig von den Worten beeindruckt war.


    "Oh nein, du willst mich jetzt nicht anknabbern oder? Selan wo bist du?"


    Immer noch kam Fricai näher, eine Nackenhaare stellten sich auf, angespannt wirkte er. Seine beiden Augen durchbohrten Ralogg fast mit seinen Blicken.


    Ralogg zeigt mit seinem Finger in die Ferne hinter Fricai, "Schau mal da ein Riesenknochen!" und rannte so schnell ihm seine Beine trugen. Die eine Sekunde die der Wolf erst einmal nicht reagierte, war des Goblins Glück. Sie war die Sekunde die ihm fehlte. Nur knapp konnte er dem Wolf entkommen und flüchtete in Selans Zelt.


    "Da bist du ja endlich Ralogg, komm wir haben zu tun?"


    "Zu tun? Ich mach heut gar nichts mehr. Zumindest nicht so lange diese Besteie da draussen ist!", gestikulierte er wild Fuchtelnd am Zeltausgang herum.


    Selan, der mitten im Zelt saß und mittlerweile einen Kreis aus Kerzen aufgestellt hatte, in dem er saß, drehte nur den Kopf etwas. "Warum bist du denn so wütend und von welcher Bestie redest du denn?"


    "Dieses Wolfsding da draußen. Weißt du was der gemacht hat? Der hat an meinem Schlüsselbein rum genagt. Schauß dir an!", sprach Ralogg und hielt es Selan hin, "Schaus dir an, überall bisspuren und igit, komplett voll gesabbert, dass bekomm ich doch nie wieder sauber!"


    Schnüffelde Geräusche kamen plötzlich dem Zelteingang näher. Eine lange Schnauze mit einer schwarzen Nase kam zum Vorhang herein. Verzweiflung machte sich in Ralogg breit und hehtete hinter den nächsten Stuhl und schaute unter den Stuhlbeinen hervor.


    "Selan.... bitte.... der Frisst mich!", flehte er bereits.


    "Ach stimmt doch gar nicht. Der will nur spielen.", der Nekromant drehte sich kurz um zum Zelteingang, "Na mein lieber Fricai. Ggeh bitte raus, Ralogg hat Angst vor dir. Ich kümmer mich dann mal um dich, aber erst einmal muss Onkel Selam arbeiten. Ach und Ralogg, ich kümmer mich dann mal um deinen Knochen, vielleicht hab ich noch Ersatz da, einverstanden?"
    Unter den misstrauischen Augen Raloggs verschwand die Wolfsnase wieder. "Der will nur spielen? Nur spielen? Ja stimmt und am liebsten Stöckchenwerfen mit meinen Knochen oder? Na da hoffen wir mal das du Ersatz hast, mit so einem zerkauten Knochen getraut man sich doch nicht auf Sraße und was würde Urako dazu nur sagen? Ach Urako....", murmelte der Knochenhaufen und fing in der hinteren Ecke des Zelts in einer Schüssel an seinen Knochen zu maschen.


    "Moment Ralogg, still jetzt, mein Schädelspion hat da gerade etwas."


    Selan ging in einen meditativen Schneidersitz, schloss die Augen und versuchte sich so gut es geht auf den toten Schädelspion zu konzentrieren. Dadurch das er ihn in einen Beutel hinter eine Truhe geschmissen hatte, sah er zwar nicht was vor sich ging, verstand aber jedes Wort. Immer weiniger hörte Selan die Geräusche um sich, immer deutlicher wurden die Stimmen die er empfing, bis sie so deutlich waren, als wäre er ebenfalls im Zelt Ibn`s. Das erste was der Nekromant hörte, war eine furchtbar schlecht gelaunte und erregte Stimme, eindeutig die von Ibn Altsalat.


    ".....ihr ja endlich, warum hat das so lange gedauert?"


    "Es dauert nun einmal alles seine Zeit, so ist der lauf der Dinge. Du wirst dich gedulden müssen Ibn. Zuerst einmal Grüße vom Zirkel. Zu dem gleich die Frage, was ist mit dem anderen Nekromanten hier in der Stadt?"


    "Mhhh, den hab ich etwas Beschäftigung gegeben, damit hat er eine weile zu tun. Wir sind also ungestört. Zudem ist seine Gruppe aufgespalten, einer von ihnen ist verschwunden wie ich in Erfahrung bringen konnte, damit sind sie erst einmal nicht mehr von Interesse. Aber was machst du hier eigentlich Burcas? Wo ist Nocro? Er sollte sich mit mir hier treffen, nicht du? Wo ist er?"


    Beschwichtigendes und doch etwas verschlagenes lag in seiner Stimme des anderen Fremden, was wohl Ibn ein Dorn im Auge war oder störte. Selan bemerkte schnell, dass Ibn diesen Kerl nicht mögen konnte, denn von Wort zu Wort wurde Ibn`s Stimmlage aggressiver.


    "Nur mit der Ruhe, er ist hier, ganz in der Nähe. Zügle dich, immerhin stehe ich Rangmäßiger immer noch über dir, verstanden? Seih froh, dass ich für dich überhaupt den Botenjungen spiele. Du weißt sehr wohl das Necro sich niemals in der Öffentlichkeit blicken lässt. Er wartet auf dich in den Katakomben, hier ist die Karte."


    "In den Katakomben? In diesem vor Dreck, ungeziefer und Krankheiten wimmelnden Ekelbreich. Mir kommt das Kotzen wenn ich nur daran denke da runter zu gehen. Was soll das?"


    "Mein Freund, ein letztes mal zügle deine Worte in meiner Gegenwart!"


    Röchelnde Geräusche machten sich enige Sekunden breit, wispern war zu hören, dann ein Husten, eindeutig das von Ibn.


    "... ahrrr, schon gut, übertreibs mal nicht. Wann soll ich da sein?"


    "Geht doch, man muss nur wollen oder? Punkt 3 Uhr heute Nacht, keine Sekunde später oder früher. Verspätest du dich, ist er weg, verstanden?"


    "Verstanden, dass wäre dann in vier Stunden, dass ist zeitlich zu schaffen. Was meinst du wie lange ich da runter brauche?"


    "Was weiß ich, bin ich dein Fremdenführer? Ich brauche keine Stunde. Ich gehte jetzt und seih pünktlich!"


    Die Worte verstummten, Selan machte die Augen wieder auf.


    "Damit weiß ich alles, Ralogg, wir werden heute Nacht noch einen kleinen Ausflug machen. Ralogg, kletter auf das Dach des Hauses neben unserem Wagen, da hast du eine gute sicht auf Ibn`s Lager. So bald sich was tut, meldest du es. Hoffen wir mal, dass bis dahin Urako und Arafis wieder auftauchen."


    Doch die Stunden vergingen. Selan saß in seinem Schaukelstuhl, den er sich aus seinem Wagen geholt hatte und vertiefte sich in ein Buch der Nekromantie. Lies es ihn nicht locker, wie Ibn es geschafft hat die Leute zu manipulieren. Tief in den Wörtern war er versunken, als plötzlich der Vorhang des Zelts beiseite flog und ein innig grinsendes bekanntes Gesicht herein kam.


    „Keine Arafis im Freudenhaus. Habe das Angebot gründlich untersucht! Falls du mal rein schauen willst, kann ich dir den Mitternachts-Imbiss empfehlen. Der könnte dir gefallen, hat was mit geschmolzenem Schweineschmalz zu tun. Ich selber habe das Fünf-Gänge Menü genommen, natürlich nur deshalb, um einen möglichst breiten Überblick zu haben. Das war klasse, aber ist wohl eher nichts für Weicheier wie dich. Dafür muss man schon ein gestandener Kerl sein.“


    Etwas übrrrumpelt saß Selan in seinem Stuhl, hatte er eher mit Ralogg gerechnet als mit Urako der ihm etwas über Schweineschmalz erzählte.


    "Wolltest du nicht eigentlich Arafis in den Freundenhäusern suchen? Warum bist du dann essen gegangen? Urako ich bin enttäuscht! Arafis kann sonst etwas zu gestoßen sein und du hast deinen Bauch mit einem Fünf- Gänge- Menü gefüllt. Also wirklich!", Selan schloss das Buch, Sorgenfalten machten sich in ihm breit. Sichtlich war er von Urako enttäuscht, hatte er doch mehr von ihm erwartet.


    "Schau nicht so trüb, er war Arafis suchen. Nun wie erkläre ich es dir das am besten... Nun ja das Fünf- Gänge- Menü ist da ein Angebote im Freudenhaus Selan, ähmmmm... jaaa.... ähmmm..... Nun ja und er nutzte es um Arafis zu suchen und ähmmm...."


    "Na dann bin ich erst einmal beruhigt, dass du doch suchen warst, aber wo ist sie dann?", Selan strich sich über das Kinn und lief im Kreis im Zelt herum. In Gedanken, ging er jeden einzelnen Punkt der Stadt durch, wo sie sein konnte, aber konnte er sich keinen Reim darauf machen. Wo sollte sie denn sein?


    In Selans Grübelphase husche Ralogg schnell zu Urako herüber und tuschelte hinter hervor gehaltener Hand. "Ahja, Fünf- Gänge- Menü mhhh? Ist eigentlich der Poraha Herr mit Stiernacken noch da?"


    Der Nekromant widmete sich nun Urako und erzählte ihm alles, was er in Erfahrung bringen konnte.

    Nur ein Tag mit Tee, ist ein lebenswerter Tag. (von Selan Todaric)


    Wenn sie mit dir streiten wollen, biete Tee an. Wenn das nicht hilft, schlag sie tot! (von Selan Todaric)


    Kleine Legende:
    "Text" -> Gesprochener Text /\ >Text< -> Gedachter Text

  • Selan saß für ein paar Sekunden wie versteinert in seinem Stuhl und starrte Urako ausdruckslos an. Dann sagte er:


    "Wolltest du nicht eigentlich Arafis in den Freundenhäusern suchen? Warum bist du dann essen gegangen? Urako ich bin enttäuscht! Arafis kann sonst etwas zu gestoßen sein und du hast deinen Bauch mit einem Fünf- Gänge- Menü gefüllt. Also wirklich!"


    Dem Henker gefror das Grinsen. Er zwinkerte ein paar Mal und wusste für einen Moment nicht, was er sagen sollte. Ralogg sprang ihm bei und übernahm die Aufklärung des unbedarften Nekromanten.


    "Schau nicht so trüb, er war Arafis suchen. Nun wie erkläre ich es dir das am besten... Nun ja das Fünf- Gänge- Menü ist da ein Angebote im Freudenhaus Selan, ähmmmm... jaaa.... ähmmm..... Nun ja und er nutzte es um Arafis zu suchen und ähmmm...."


    „Was Ralogg sagen will, ist, dass ich das Personal regelrecht vernascht habe!“ Urako lachte. „Ich weiß ja nicht, auf was du so stehst, aber die haben dort im Sünndenpfuhl wirklich alles. Da ist was für jeden noch so schmutzigen, ähm, erlesenen Geschmack dabei. Sicher auch für deinen.“


    "Na dann bin ich erst einmal beruhigt, dass du doch suchen warst, aber wo ist sie dann?", Selan erhob sich und begann nachdenklich im Zelt auf und ab zu gehen.
    In Selans Grübelphase husche Ralogg schnell zu Urako herüber und tuschelte hinter hervor gehaltener Hand. "Ahja, Fünf- Gänge- Menü mhhh? Ist eigentlich der Poraha Herr mit Stiernacken noch da?"


    „Woher soll ich das wissen?“, fauchte Urako übertrieben laut. „Ich habe mich dort nur von hübschen jungen Mädels verwöhnen lassen. Ich weiß nicht mal, ob es dort überhaupt männliche Angestellte gibt. Selan, ich glaube, dein Skelett ist schwul, du solltest ihm etwas anderes zu essen geben. Das muss an diesem verdammten Gemüse liegen.“


    Selan begann vor sich hin zu brabbeln, während er hin und her tigerte. Er berichtete Urako, was der Schädelspion in Erfahrung gebracht hatte. Als er seinen Plan offenbarte, Ibn in irgendwelche Katakomben hinab zu folgen, sackten Urakos Mundwinkel nach unten.


    „Was, unter die Erdoberfläche? Und das nachts um drei? Mein lieber Selan, auch wenn fast alle Tieflinge nachtaktiv sind – ich gehöre zu der Minderheit, welche das Tageslicht bevorzugt. Außerdem habe ich heute hart geschuftet, die Nachforschungen waren ziemlich anstrengend. Und mir tut der Hintern weh. Vom vielen laufen“, ergänzte er schnell.


    Er räusperte sich.


    „Auf jeden Fall will ich eine Taschengeldserhöhung für die Zeit da unten. Und einen Schmutzzuschlag, denn wo es dunkel ist gibt es Spinnen und wo es Spinnen gibt, gibt es Spinnenweben mit lauter toten Insektenhülsen darin. Unter diesen Vorraussetzungen könnte ich mich vieleiiicht dazu überreden lassen mitzukommen, obwohl das Verfolgen feindlicher Nekromanten mit meiner Ausbildung rein gar nichts zu tun hat.“


    Er ging zu der Kochgelegenheit, die Selan im Zelt aufgebaut hatte, was im Hinblick auf den Brandschutz sicher nicht ganz ungefährlich war. Etwas von dem Essen war noch übrig. Er langte mit den Fingern hinein und angelte sich ein paar Gemüsestreifen heraus.


    „Aber was machen wir mit der Botanikknutscherin. Von mir aus kann sie zwar verschollen bleiben, aber ich dachte, vielleicht kannst du sie noch gebrauchen. Immerhin habt ihr beide euch ganz gut verstanden.“


    Er verzehrte das Gemüse und wischte sich die Finger an Arafis herumliegender Kleidung ab.
    „Wahnsinn, wie man ihr die Klamotten vom Leib gerissen hat", murmelte er. "Der Stoff ist regelrecht zerfetzt worden. Dieser Orobas muss es bitter nötig gehabt haben.“ Er besah sich die Kleidung in seinen Händen und schwieg. Dann warf er sie in eine Ecke. „Mir doch egal.“


    Er ließ Selan stehen und trat aus dem Zelt. Er brauchte plötzlich dringend frische Luft.
    Langsam schlenderte er zu den Satteltaschen der Albin und wühlte, einer plötzlichen Eingebung folgend, darin herum.
    „Wusste ich`s doch.“
    Triumphierend hielt er eine Kette getrockneter Würste empor, ein Teil ihrer Marschverpflegung. Er legte sie vor die weiße Hündin.
    „Damit du mir nicht vom Fleisch fällst. Immerhin sollst du schöne kräftige Welpen bekommen, die ich dann teuer verkaufen kann.“
    Er tätschelte ungeschickt ihren Kopf.
    „Aber du kriegst nichts“, blaffte er den Rüden an, der verliebte Nasenlöcher in Richtung der Würste machte. „Du hast mich angeknurrt. Wer den Henker anknurrt, der hungert, verstanden? Mach dich nützlich und fang ein paar Ratten, dann hast du was zu fressen."


    Dann band er der weißen Hündin seine Halskette mit der Glücksaxt um, die aus einem echten Henkersbeil gschmiedet war. „Da. Jetzt weiß jeder, dass du einen Besitzer hast. Hunde ohne Halsband holt der Hundefänger und dann gibt es abends Gulasch für die ganze Familie. Bis ich was Besseres gefunden habe, sollte das erstmal reichen. Aber wehe, du verlierst es - dann ziehe ich dir das Fell über die Ohren.“


    Er klopfte ihr die Seite.

    „Schade, dass ihr Tiere so unsagbar dumm seid. Ansonsten würde ich dir nun befehlen, die Spur von diesem verdammten Hurenbock Orobas aufzunehmen. Aber so kann ich nur hoffen, dass du wenigstens das Zelt und den Wagen bewachst, während ich mit Selan in die Katakomben steige. So ein Aufwand und das alles nur wegen dem bekloppten Altsalat! Da unten könnten wir deine Nase sicher gut gebrauchen, aber ich glaube kaum, dass ich dich da mit runter nehmen kann. Das dauert sicher noch ein paar Würste, ehe du mir folgst.“


    Dann legte er sich auf seinen Platz auf dem Dach des Wagens, wo er bis zur vereinbarten Zeit schlafen wollte.

  • Aus dem Zelt drangen die gedämpften Stimmen ihrer Reisegefährten. Arafis sass bei Fricai, der immernoch beleidigt darüber zu sein schien, dass man ihm Ralogg’s leckeren Knochen weggenommen hatte, lauschte aber den Worten. Als sie wieder einmal den Namen „Ibn“ vernahm, tratt sie etwas an das Zelt heran und horchte aufmerksam. Die Tieflinge mussten einen grossen Streit zwischen sich haben, dass sie sogar Pläne schmiedeten, einander zu verfolgen und auszuspionieren.
    Damit wollte die Albin nichts zu tun haben. Sie mochte zwar Selan, doch das war nicht ihre Angelegenheit, darum sollten sich die Dämonen allein kümmern.
    Sie drehte sich wieder um, und trottete zu ihrem tierischen Begleiter zurück.


    Im Hintergrund hörte sie noch immer Urako’s unsensible Worte: „Aber was machen wir mit der Botanikknutscherin. Von mir aus kann sie zwar verschollen bleiben, aber ich dachte, vielleicht kannst du sie noch gebrauchen. Immerhin habt ihr beide euch ganz gut verstanden.“Dann brummte er etwas von einem Orobas, der ihr angeblich die Kleider vom Leibe gerissen haben sollte.
    Nun war Arafis doch etwas verwirrt. Wer war Orobas? Sie konnte sich nicht daran erinnern, dass ihr jemand die Kleider zerrissen haben sollte. Doch vielleicht war das die Lösung, weshalb sie als Wölfin unterwegs war? Doch wieso konnte sie sich daran nicht erinnern?
    Plötzlich öffnete sich der Zelteingang und Urako trat heraus. Er blickte sich kurz prüfend um, dann schlenderte er rein zufällig zu ihrem Proviantbeutel hinüber. Arafis beobachtete ihn aufmerksam, denn sie traute ihm nicht über den Weg. Tatsächlich begann er in ihrer Tasche herumzuwühlen. Misstrauisch musterte sie den Dämonen, jeden Moment bereit, ihr Hab und Gut zu verteidigen, sollte er es denn wagen, etwas von ihren wenigen Habseligkeiten zu entwenden.


    „Wusste ich`s doch.“, triumphierte er schliesslich und zog eine Würstekette hervor, die sie für unterwegs mit sich trug. Sie schnaubte ungehalten. Hatte dieser verfressene Tiefling den nie genug?!
    Zu ihrem Erstaunen kam er jedoch direkt auf sie zugelaufen und legte ihr die würzig duftenden Leckerbissen vor die Füsse. „Damit du mir nicht vom Fleisch fällst. Immerhin sollst du schöne kräftige Welpen bekommen, die ich dann teuer verkaufen kann.“
    Etwas verständnislos blickte sie ihn an. Wie berechnend dieser Kerl doch wieder war…
    Trotzdem freute sie sich über den leckeren Happen, auch wenn er aus ihrem eigenen Vorrat entwendet war. Als Urako ihr den Kopf tätschelte, hätte sie wohl gekichert, wenn sie keine Wölfin gewesen wäre. Er wirkte etwas unbeholfen und man sah ihm an, dass Streicheleinheiten nicht zu seinem Henkersrepertoir gehörten. Arafis versuchte sich erfreut zu zeigen, und wedelte freundlich mit der Rute. Schliesslich sollte man ihm schon zeigen, wenn er sich mal richtig verhielt…


    „Aber du kriegst nichts“, blaffte er den Rüden an, der verliebte Nasenlöcher in Richtung der Würste machte. „Du hast mich angeknurrt. Wer den Henker anknurrt, der hungert, verstanden? Mach dich nützlich und fang ein paar Ratten, dann hast du was zu fressen."
    Fricai blickte unsicher von Arafis zu Urako. Die Druidin schickte ihm einige beruhigende Emotionen und der junge Wolf trottete ergeben zu den Pferden zurück. Aus Erfahrung wusste er, dass seine Begleiterin ihn nicht verhungern lassen würde.


    Urako schien zufrieden damit, dass Fricai scheinbar so gut auf ihn hörte. Plötzlich beugte er sich zu Arafis hinunter und legte ihr etwas um den Hals. „Da. Jetzt weiß jeder, dass du einen Besitzer hast. Hunde ohne Halsband holt der Hundefänger und dann gibt es abends Gulasch für die ganze Familie. Bis ich was Besseres gefunden habe, sollte das erstmal reichen. Aber wehe, du verlierst es - dann ziehe ich dir das Fell über die Ohren.“
    Arafis wusste nicht, wie sie sich verhalten wollte. Es gefiel ihr, einen Glücksbringer bekommen zu haben, auch wenn es eine Axt darstellte. Nach kurzem Zögern leckte sie Urako über den Handrücken.
    Kurz darauf verschwand der auf dem Wagendach, und einige Minuten später ertönte bereits das regelmässige Schnarchen.


    Sobald der Dämon verschwunden war, kam Fricai wieder herbeigelaufen und die beiden Wölfe futterten zusammen ihr Abendessen.


    Langsam brach die Nacht herein. Durch die Ritzen des Zeltes flackerte das Licht einer Laterne. Arafis döste schliesslich ein. Sie wurde erst mitten in der Nacht wach, als sie Schritte und Stimmen hörte.
    Es waren ihre Gefährten, welche sich auf den Weg zu Ibn machten.
    Die Albin stellte sich schlafend und wartete ab, bis die Schritte in den Gassen verklungen waren.


    Dann schlich sie sich auf leisen Pfoten zum Zelteingang und hinein in die Wärme. Drinnen brannte eine Laterne. Arafis tapste vorsichtig herum und schaute sich nach etwas Kleidsamem um. Plötzlich hörte sie ein Schnarchen und leises Klappern und blieb erschrocken stehen. Es war Ralogg. Er schien friedlich zu schlafen und ihre Anwesenheit nicht bemerkt zu haben.
    Die Wölfin schaute sich um und entdeckte in einer Ecke einen frischen, blauen Umhang, der über eine Stuhllehne gehängt war. Als sie nochmals einen prüfenden Blick auf das Skelett geworfen hatte, verwandelte sie sich in ihre natürliche Gestalt. Sie spürte ein Ziehen im ganzen Körper. Mit einem leisen Keuchen beendete sie ihre Verwandlung und kniete in ihrer natürlichen Gestalt und völlig entblösst auf dem mit Teppich ausgelegten Boden. Ihre Haut schimmerte leicht grün im Licht der flackernden Laterne und die blaue Blume, welche ihre Mutter ihr auf die rechte Schulter tätowiert hatte, war gut zu sehen. Sie wollte gerade aufstehen, als sie ein entsetztes Klappern hörte: „D..du…DU!“


    Erschrocken schnappte Arafis nach Luft und blickte direkt in die weit aufgerissenen Augen von Ralogg. „Ich.. das… Hexerei!“, kreischte er aufgebracht, war aber offensichtlich noch nicht in der Lage, sich aus seiner Starre des Erstaunens zu befreien. Ausgerechnet die Erschaffung eines Nekromanten muss sich über Magie aufregen...
    Die Albin bedeckte mit den Händen ihre Blösse, sprang auf und hastete zu dem Umhang hinüber. Er war ihr viel zu gross, so dass sie ihn schliesslich wie ein Wickelkleid um ihren Körper schlang.
    „Ein Wort von Dir zu irgendjemandem, und ich verteile deine ganzen Knochen eigenhändig in der ganzen Stadt und vielleicht überlasse ich einige davon auch Fricai! Bei Manir, das werde ich machen“, versicherte sie dem Knochenhaufen todernst und blickte ihn drohend an. Ralogg klapperte am ganzen Körper und wusste anscheinend nicht so ganz, wie er darauf reagieren sollte.


    Schliesslich sagte er gar nichts, nur seine Augen schauten sie undurchdringlich an und Arafis erschauerte.
    Mit einem letzten bedrohlichen Blick trat sie aus dem Zelt heraus und liess das Skelett alleine vor sich hingrübeln.
    Sie hingegen setzte sich auf eine kleine Mauer in der Nähe und beobachtete den Sternenhimmel über der Stadt. In der ganzen Aufregung hatte sie völlig vergessen, dass sie noch immer Urako’s Glücksbringer um den Hals trug, der nun auf ihrer Haut silbern schimmerte.

  • Fledermäuse flogen durch die Finstere Nacht neben Ralogg vorbei, diese aber im schwachen Mondlicht kaum zu erkennende Gestalt interessierte das Treiben der kleinen Blutsauger nicht im geringsten. Als die vier Fledermäuse um ihn herum flogen und eine sich an seinen Arm dar lieder lies regte sich nichts an Ralogg, gespannt waren seine Augen auf ein Ziel nur wenige hundert Meter entfernt gerichtet. Der Knochenhaufen hatte eine Aufgabe und wenn er eine hatte, war beinahe alles um ihn herum nebensache, Ralogg war jemand, der Aufgaben sehr ernst nahm und diese besonders.


    Ein Nachtwächter mit einer Laterne, an einem langen stab schritt leise durch die Gassen und verkündete lauthals, dass es zwei Uhr Nachts wäre und alles ruhig ist. Ralogg wurde unruhig, hatte er vielleicht doch etwas übersehen? Oder würde Ibn doch erst kurz vor dem Termin aufbrechen. Er grübelte und schlich auf dem Flachdacht etwas weiter, an der Brüstung des Daches entlang und versuche einen anderen Blickwinkel auf den Wagen Ibn`s zu bekommen.


    Doch hätte er dies nicht tun müssen, anscheinend machte Ibn um seinen Ausflug zu nächtlicher Stund kein Geheimnis. Zusammen schritt er mit zwei groß Gewachsenen Personen aus dem Vorzelt.
    Sie unterhielten sich kurz und machten sich auf in Richtung Süden, dass war Raloggs Stichwort.
    Sofort rannte er auf die andere Seite des Daches und kletterte an den Vorsprüngen, der Fenster und den Verzierungen im Stein der Mauern, den dem reich verzierten Hauses hinunter.


    Ein beherzter Sprung vom zweiten Stock auf das Dach von Seelans Wagen, sollte der Abschluss der Kletterei werden, doch erst im letzten Augenblick bemerkte Ralogg das mitten auf dem Dach Urako lag. Eine weiche Landung war Ralogg auf Urakos Bauch garantiert, zum Leidwesen Urakos, der mit Schmerzensschrei aufwachte.


    "Tut mir leid Urako, hab dich leider nicht gesehen.", sprach Ralogg noch während er auf Urakos Bauch saß und erst nach einigen Augenblicken der Entschuldigung von ihm wich.


    "Seelan! Ibn ist unterwegs!", versuchte er so laut wie nötig, aber so leise wie möglich Seelan zu zu rufen, so das keiner die Aufruhr im Lager mit bekommt. Der Nekromant Seelan, wusste aber schon bescheid. Sein Spion, der immer noch am Eingang von Ibn´s Lager aktiv war, hatte Selan schon informiert, hatten doch die drei Gestalten noch eine Plauderei abhalten müssen, zu Selans Glück, somit wusste er auch gleich wo Ibn hin wollte – in den hießigen Tempel von Athronos!


    Seelan eilte mit einer dunkelbraunen ledernen Umhängetasche aus dem Zelt, "Urako schnell, bevor wir sie verlieren. Ralogg, pass auf alles auf und halt nach Arafis ausschau. Urako, beeil dich und trödel nicht so rum, zum schlafen ist später auch noch Zeit.", sprach Seelan und hastete die Straße entlang nach vorn und eilte um die Ecke.


    Eigentlich war Seelan ein Tiefling, den nichts in Eile versetzen würde. Ruhe war eine der Grundprinzipien des Tieflings, Hektik, Eile und Stress waren ihm sonst fremd und scheute er wie der Teufel das Weihwasser. Alles sollte in Ruhe und Ordnung geschehen, doch dies war etwas anderes, hier ging es darum ein Verbrechen auf zu klären, den Tod seines ehemaligen Schülers und Freund. Der Mörder dessen, hatte Seelan sich vorgenommen, wollte er finden, so lies Selan sogar seinen geliebten Kamille Tee stehen, den er sich noch gerade im Zelt hatte aufgebrüht, bevor ihm sein Spion warnte.


    Quer durch die Stadt ging es im flotten Tempo durch die Straßen und Gassen. Das Wasser des vor wenigen Minuten aufhörenden Regens spritzte nur so umher, schnell waren Seelans Hosen durchnässt, doch störte ihm das im Moment nicht im geringsten. Am Anfang versuchte Seelan noch den meißten Pfützen aus zu weichen, war dies aber fast unmöglich, da sich vor ihm ein ganzes Meer kleiner Pfützen erstreckte. So ging es weiter, schnell um die nächste Ecke nach links, gerade aus, noch einmal rechts.


    "Wir sind gleich da Urako, der Tempel ist gleich da vorn um die Ecke."


    Ein paar Meter weiter haste Seelan um die Ecke, um sofort zurück zu schrecken. Er drückte seinen Körper an die kalte Mauer hinter seinem Rücken. Mit seinem linken ausgestreckten Arm bildete Seelan eine Barriere, so das Urako keinesfalls noch an ihm vorbei rennen konnte. Sein Herz schlug wie Wild, Scheiß tropfte ihm von der Stirn. Aber nicht nur daran sah man das Seelan sichtlich Nervös war, seine Hände zitterten etwas, seine Augen schienen im Licht des Vollmondes zu pulsieren. Seelan war diese Art der Aufregung nicht gewöhnt, war doch sonst sein Leben eher ruhig. Schließlich war er nur ein Händler, wie jeder andere auch, selbst wenn er Nekromant.


    Der Nekromant flüsterte leise, "Urako, ganz leise, ich schau einmal nach wie es aussieht und bitte keine eigenmächtigen Aktionen, wir wollen sie verfolgen, nicht verprügeln!"


    Seelan kniete sich hin und blickte vorsichtig um die Ecke. In gut 100 m Entfernung stand Ibn und zwei andere Gestalten. Wer diese waren konnte Seelan in der Dunkelheit schlecht Einschätzen, vermutete aber, das dies die Kampfmagier von heute Nachmittag waren.


    Seelan blinzelte mit den Augen, in der Hoffnung mehr erkennen zu können, doch war dies wenig von Erfog gekrönt, doch wie es danach aussah öffnete Ibn gerade die Tür zu Athronos Tempel. Eigenartig, wunderte sich der Nekromant, warum hatte Ibn einen Schlüssel für den Tempel? Den haben sonst nur höhere Priester, aber sollte dies nicht das letzte kleine Mysterium für den heutigen Abend bleiben. Nur wenige Sekunden später waren die drei gestalten im Eingang des Tempels verschwunden. Seelan wartete noch einen Moment und rannte sogleich auf den Eingang des Tempels zu, jedoch nicht gerade, sondern nutzte jede Versteckmöglichkeit die sich ihm bot. Hier ein kleiner Anbauschuppen, da ein Hauwaagen, da ein paar Kisten.
    Der Tiefling rannte von einem Punkt zum anderen und kam den Haus Athronos immer näher. Für einen Aussenstehenden musste dieses hin und her gerenne von Seelan schon etwas komisches gehabt haben.


    Seelan hatte schon des öfteren Tempel Athronos gesehen, aber bewunderte er die monumentalen Bauwerke der Tajik für den Seelenschmied immer wieder. Ein gewaltiger Kuppelbau, wurde hier Athronos zu ehren gebaut, ein aus Stein und Holz geschaffenes Meisterstück. Für einen Aussenstehenden ist es nur schwer zu erklären, überall auf der Kuppel waren feine beinahe gotheische Fenster ein gearbeitet, Verzierungen die sich über den gesamten Bau erstreckten. Es wurde von Meisterhand erbaut, nur so ist die in sich stimmige Form zu erklären. Kein Stein, kein Stück Holz war zu viel. Alles fügte sich Natlos in einander, es war wirklich ein Haus für einen Gott, nur ein Gott sollte so ehrwürdige Mauern sein eigen nennen dürfen. Seelans Augen huschten über das Kunstwerk, es war ihm an zu merken, welche Erfurcht dieses Gebäude in ihm auslöste. War es weder die göttliche Macht, als eher die monumentale Baukunst die ihn beeindruckte, denn Selan hielt nichts von Göttern und der gleichen. Trotzdem beeindruckten ihn die Bauwerke immer wieder.
    So hätte er sich nur alt zu gern, als Kultur faszinierter Tiefling auf dieses Bauwerk noch näher angeschaut, doch war es ihm gerade nicht vergönnt, so nahm er sich fest vor mit Arafis und Urako die nächsten Tage diesen Tempel zu besuchen und seine schönheit zu bewundern. Aber erst musste eine andere Sache beendet werden.


    Endlich war Seelan an der Tür angekommen. Ein großes hölzernes Tor mit geschwungenen und verzierten Eisenverschlägen versperrte ihm den Weg.


    "Wir haben Glück, die drei haben vergessen wieder ab zu schließen."


    Der Nekromant legte die Hand auf die Türklinke und drückte sie langsam mit leicht zitternder Hand und angespanntem Gesicht nach unten.

    Nur ein Tag mit Tee, ist ein lebenswerter Tag. (von Selan Todaric)


    Wenn sie mit dir streiten wollen, biete Tee an. Wenn das nicht hilft, schlag sie tot! (von Selan Todaric)


    Kleine Legende:
    "Text" -> Gesprochener Text /\ >Text< -> Gedachter Text

  • Urako hatte in den süßesten Träumen geschwelgt, aus denen er nun denkbar unsanft gerissen wurde: Mit einem kräftigen Schlag in seinen Bauch, während er gemütlich auf dem Rücken lag. Mit einem „Uffpfff!“ entwich ihm alle Luft aus den Lungen, sein Oberkörper schnellte nach oben und er blickte in die leeren Augenhöhlen eines Gerippes, das auf seinem Schoße saß und das ihn – typisch für dieses Spezies – breit angrinste.


    „Ralogg, du mieser Knochenhaufen! Sitzt es sich gut auf mir?“
    "Tut mir leid Urako, hab dich leider nicht gesehen."
    „Ja, klar, natürlich. Von wegen! Du hast nur einen Vorwand gesucht, mich wieder zu betatschen! So klein, dass man mich übersieht, bin ich nun auch wieder nicht. Jetzt mach dich runter von mir, Spitzarsch.“


    Das Gerippe gehorchte – widerstrebend, wie Urako fand. Nun ja, er konnte es ihm nicht verübeln. Gäbe es ihn zwei Mal, würde er sich selber heiraten. Rallog hielt die Knochenhände wie einen Trichter vor die Kiefer und brüllte:
    "Selan! Ibn ist unterwegs!"


    „Ibn“, widerholte Urako. „Der Kerl interessiert mich eigentlich nicht. Aber die zwei Kampfmagier... diese treulosen Hunde. Ich habe sie zwar nie ohne ihre rituellen Masken gesehen, von daher kenne ich sie nicht wirklich, aber sie haben immer gut gearbeitet.“


    „Ähm, Urako...“

    „Halt die Klappe, Gerippe, jetzt rede ich! Dabei war ich sogar regelrecht nett zu denen, was wohl mein Fehler war. Hätte ich sie mehr gestriezt, wären sie sicher nicht zu Altsalat übergelaufen sondern hätten diese Vogelscheuche festgenommen und zurück nach Phinitas geschleppt, wie es sich gehört.“


    „Ich unterbreche dich nur ungern, aber..“


    „Ich hätte die beiden ab und zu mit der Schwarzländer Eisenpeitsche versohlen sollen, wie meine Folterknechte, bei denen hat das immer Wunder gewirkt.“


    „Urako, großmächtiger Scharfrichter von Phinitas!“


    „Was willst du denn, du blödes Klappergestell?!“


    „Ich glaube, es war angedacht, dass du Selan folgst und ihn bei der Jagd nach dem finsteren Nekromanten unterstützt. Er ist schon ziemlich weit vorraus, nicht, dass du den Anschluss verlierst.“


    „Ich entscheide selber, was ich mache, kapiert? Also, wo war ich? Ach ja, ich wollte noch mal nach meinem Hund sehen. Wo treibt sie sich nur rum?“


    Nirgends konnte er seine Hündin entdecken. Stattdessen sah er – Arafis. Die Waldalbin, die sie den ganzen Tag gesucht hatten. Sie saß allein auf einem Mäuerchen, als wäre nichts gewesen und betrachtete den Nachthimmel. Urako stutze.


    „Arafis! Wie kommst du denn hier her? Und warum trägst du Selans Schlafgewand?“
    Doch seine Verblüffung verflog so schnell, wie sie gekommen war. „Wir haben dich stundenlang gesucht und du sitzt hier mir nichts, dir nichts, auf dieser verschissenen Mauer!“


    Er wies mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf die Albin um seiner Rüge Nachdruck zu verleihen. „Selan hat sich vielleicht Sorgen gemacht! Und ich habe vom vielen Suchen Muskelkater, weil ich so gutmütig war, ihm zu helfen, auch wenn du mir piepegal bist.“


    Er machte eine Pause und musterte sie von Kopf bis Fuß. Verletzt sah sie auf den ersten Blick nicht aus. Offenbar hatte sie sich nur halbherzig gegen den Übergriff gewehrt. Dieser Orobas hatte nicht gerade zimperlich gewirkt, wenn der Ernst gemacht hätte, dann sähe sie jetzt wohl anders aus. Oder sie fand langsam Gefallen an Tieflingen. Er warf er einen prüfenden Blick in ihren Ausschnitt. Vielleicht entdeckte er ja ein paar Knutschflecken, wo Orobas seine Lippen festgesaugt hatte.


    Stattdessen entdeckte er etwas anderes.


    „Wo hast du das her!“, blaffte er, als er sein geliebtes Äxtchen zwischen ihren Brüsten baumeln sah. „Das hatte ich meinem neuen Hund umgebunden, damit ihn nicht der Scheiß Hundefänger holt – du hast es ihm abgenommen. Und jetzt ist er weg! Futsch!“
    Vor Wut richtete er sein Richtbeil auf Arafis.

    „Du blöde Waldschnepfe hast meinen Hund auf dem Gewissen! Jetzt vegetiert er in irgendeinem Zwinger und wartet auf den sicheren Tod! Die Welpen wollte ich verkaufen und jetzt habe ich das Vieh umsonst gefüttert!“


    "Urako“, rief Selan, der offenbar extra noch einmal zurückgekommen war. „Schnell, bevor wir sie verlieren. Ralogg, pass auf alles auf und halt nach Arafis ausschau. Urako, beeil dich und trödel nicht so rum, zum schlafen ist später auch noch Zeit."


    Dann hastete die Straße entlang nach vorn und eilte um die Ecke. Eine dicke Ledertasche hüpfte beim Laufen auf seinem Rücken herum. Die Albin hatte er in seiner Aufregung einfach übersehen.
    Urako war hin und her gerissen und blickte zwischen Selan und Arafis hin und her.


    Schließlich kommandierte er:


    „Sieh zu, dass du meinen Hund wieder lebend auftreibst,
    oder ich ziehe dem deinigen ebenfalls das Fell über die Ohren.“


    Er steckte die Axt wieder in die Halteriemen auf seinem Rücken, funkelte Arafis noch einmal böse an und rannte dann seinem Lehrer hinterher. Er musste sich ziemlich anstrengen, um ihn einzuholen und war bald völlig außer Atem.

    "Wir sind gleich da Urako, der Tempel ist gleich da vorn um die Ecke."

    „Was für ein Tempel?“, keuchte der Henker im Rennen. Er war nach der Schlägerei und den Anstrengungen im Freudenhaus immer noch erschöpft. „Und wann werde ich endlich verarztet? Mir tut alles weh! Für diesen Firxas hattest du dir die Zeit genommen, aber ich bin ja bloß dein blöder Lehrling.“


    Plötzlich hielt Selan mitten im Lauf inne und drückte seinen Körper an die kalte Mauer hinter seinem Rücken. Mit seinem linken ausgestreckten Arm bildete er eine Barriere, so das Urako gezwungener Maßen ebenfalls stoppte und sich neben ihn an die Wand presste. Sein neuer Lehrer sah angespannt aus. Schweiß tropfte ihm von der Stirn, die Hände zitterten und seine Augen schienen im Licht des Vollmondes zu pulsieren.


    Der Nekromant flüsterte: "Urako, ganz leise, ich schau einmal nach wie es aussieht und bitte keine eigenmächtigen Aktionen, wir wollen sie verfolgen, nicht verprügeln!"


    Seelan kniete sich hin und blickte vorsichtig um die Ecke. In gut hundert Meter Entfernung standen Ibn und zwei andere Gestalten. Sie machten sich daran, das Tor zu öffnen. Selan huschte los, rannte auf den Eingang zu und nutzte jede Versteckmöglichkeit die sich ihm bot.


    „Warte“, schnaufte Urako und hastete seinem Lehrer hinterher. „Nicht so schnell... ich bin völlig außer Puste...“ Die drei Gestalten verschwanden im Inneren des Tempels. Kurz darauf erreichte Selan das Tor und drückte prüfend die Klinke hinab.


    "Wir haben Glück, die drei haben vergessen wieder ab zu schließen."


    Vorsichtig öffnete er einen Spalt.


    „Lass mich mal“, raunzte Urako und quetschte sich unter seinen Armen hindurch. Dabei schob er ihm den Flügel ins Gesicht, um sich Platz zu verschaffen. Ein kühler Windhauch und der Geruch von Stein schlugen ihm entgegen. Gedämpfte Stimmen halten in dem Gotteshaus wieder. Sie schienen weit entfernt und so schlich Urako in das Gebäude hinein. Seine nackten Füße traten auf vollkommen ebene Kacheln. Er musste die Zehen beim Schleichen nach oben biegen, damit seine Klauen kein kratzendes Geräusch verursachen.


    In seinem ganzen Leben war er noch nie in einem so großen Haus gewesen. Er kannte nur die Holz- und Schilfhütten aus Phintias. Misstrauisch besah er das gigantische Kuppelgewölbe. Wie konnten so große, schwere Steine so hoch übereinander gestapelt werden, ohne dass sie einstürzten? Das... das konnte gar nicht stabil sein! Urakos Kehle schnürte sich zusammen. Er hatte das Gefühl, durch einen Schilfhalm atmen zu müssen, jeder Atemzug schmerzte wie ein Messerstich. Er griff sich an den Hals, und begann zu taumeln.


    Das Gewölbe begann sich über ihm zu drehen. Die gewaltigen Steinquader schienen zu verrutschen, es dröhnte in seinen Ohren und knisterte, die Schatten wurden Risse, die das gesamte Mauerwerk durchdrangen und die Steine spalteten.


    „Hah... hah...“, keuchte er, die Hände an die Kehle gepresst. Er versuchte, den Weg zurück zu taumeln, doch der Boden wogte wie ein See, der vom Unwetter gepeitscht wird. Seine Füße fanden keinen Halt, mit den Flügeln versuchte er, die Balance zu halten, sein Herz raste wie wirbelnde Trommeln. Die Knie sackten unter ihm zusammen und er stürzte rücklings auf die Kacheln.


    Mitten im Tempel blieb er liegen, Arme, Beine und die Flügel weit von sich gestreckt, während über ihm das Gewölbe einen rasenden Tanz aufführte. Kalter Schweiß bedeckte seinen ganzen Körper.


    „Meister, da war ein Geräusch“, raunte eine Stimme, die von den Wänden wiederhallte.
    „Du bist paranoid, das habe ich dir schon einmal gesagt, Orobas. Aber sieh meinetwegen nach, wenn dich das beruhigt, nur beeile dich. Wir haben nicht viel Zeit, der Schlüssel muss bei Sonnenaufgang wieder an Ort und Stelle hängen. Firxas, du bleibst hier und hilfst mir.“


    „Kann ich die Ritualmaske heute ausnahmsweise weglassen? Dieses Arschloch hat mir vorhin mein Gesicht dermaßen verbeult, dass es ganz geschwollen ist.“


    „Was fällt dir ein, natürlich musst du die Maske aufsetzen! Ich denke, ihr zwei seid Kampfmagier? Du solltest am besten Wissen, dass es absolut lächerlich aussieht, wenn ihr nicht ansprechend gekleidet seid. Erstes Ausbildungsjahr in der Magierakademie von Doremas! Und jetzt hör auf, herumzualbern und steig in deinen Anzug!“


    Die Stimmen kamen wie aus weiter Ferne. Urakos Mageninhalt quoll aus seinem Rachen und seiner Nase und er musste husten. Schritte hallten im Tempel wieder und kamen rasch näher.

  • Die Albin wäre beinahe von der Mauer gefallen, als sie plötzlich die Stimme von Urako vernahm. Warum ist denn der noch hier?, dachte sie sich erschrocken und starrte den Tiefling an.


    „Arafis! Wie kommst du denn hier her? Und warum trägst du Selans Schlafgewand? Wir haben dich stundenlang gesucht und du sitzt hier mir nichts, dir nichts, auf dieser verschissenen Mauer!“, seine Stimme klang anklagend und nicht gerade freundlich.
    Die Albin blickte an sich herunter. Selans Schlafgewand also… Macht sich doch ganz gut als Wickelkleid, sie verkniff sich den Kommentar aber, da sie erkannte, dass Urako nicht zum Spassen aufgelegt war.


    „Selan hat sich vielleicht Sorgen gemacht! Und ich habe vom vielen Suchen Muskelkater, weil ich so gutmütig war, ihm zu helfen, auch wenn du mir piepegal bist.“
    Arafis, die von Selans Zauber noch immer etwas vernebelte Gedanken hatte und nichts von der Verfolgungsjagd durch Orobas wusste, blickte Urako nur verständnislos an.
    „Ich wollte nur die Stadt etwas kennenlernen“, machte sie einen vorsichtigen Versuch, sich zu rechtfertigen. Doch warum sie Selans Schlafgewand trug, konnte sie dem Tiefling ja schlecht verraten. Schliesslich wusste sie ja selber nicht, wieso sie in ihrer Wolfsgestalt unterwegs gewesen und wo ihre Gewänder abgeblieben waren.
    „Und meine Kleider… nunja, ich… wollte sie Mal wieder waschen und hatte mir als Übergang Selans Gewand ausgeliehen und irgendwie… waren meine Kleider danach verschwunden“, sie stockte und blickte Urako etwas unsicher an. Hoffentlich fragt er nicht weiter nach!

    Doch ihm schien etwas ganz anderes ins Auge gestochen zu sein, denn plötzlich änderte sich seine Haltung und er wirkte auf einmal verärgert, wenn nicht gar richtig wütend.
    „Wo hast du das her!“, blaffte er, als er sein geliebtes Äxtchen zwischen ihren Brüsten baumeln sah. „Das hatte ich meinem neuen Hund umgebunden, damit ihn nicht der Scheiß Hundefänger holt – du hast es ihm abgenommen. Und jetzt ist er weg! Futsch!“

    Arafis erstarrte. Das hatte sie völlig vergessen. Reflexartig griff sie nach dem Anhänger und umklammerte ihn mit der Hand. Wie sollte sie das bloss erklären? Doch immerhin brachte Urako sie nicht mit der Wölfin in Verbindung.
    Unterdessen zetterte der Tiefling weiter: „Du blöde Waldschnepfe hast meinen Hund auf dem Gewissen! Jetzt vegetiert er in irgendeinem Zwinger und wartet auf den sicheren Tod! Die Welpen wollte ich verkaufen und jetzt habe ich das Vieh umsonst gefüttert!“
    Einen Moment war die Albin erstaunt, dass der Dämon sich solche Sorgen um einen Hund machte, doch als sie im nächsten Augenblick seine egoistischen Absichten erkannte, schnaubte sie nur ebenfalls verärgert und ihre Augen blitzten den Tiefling wütend an.
    Im nächsten Moment richtete Urako jedoch sein Beil auf die Albin. Sie sprang sofort auf die Füsse und ihr Körper war von einem Moment auf den nächsten angespannt. Sie hatte keine Ahnung, was sie machen sollte, falls der Dämon sie angreifen würde, doch er war schon so verbeult, warum auch immer, dass die Albin vielleicht sogar eine Chance gehabt hätte.


    Doch bevor es zu einer solchen Ausschreitung kommen konnte, hörte sie plötzlich die bekannte Stimme von Selan nach Urako rufen: „Schnell, bevor wir sie verlieren. Ralogg, pass auf alles auf und halt nach Arafis ausschau. Urako, beeil dich und trödel nicht so rum, zum schlafen ist später auch noch Zeit."
    Der grössere Tiefling hatte in seinem Eifer die Albin gar nicht gesehen und die angespannte Situation nicht mitbekommen. Urako schien zu zögern und hin und her gerissen zu sein.
    Schliesslich knurrte er: „Sieh zu, dass du meinen Hund wieder lebend auftreibst,
    oder ich ziehe dem deinigen ebenfalls das Fell über die Ohren.“
    Er packte sein Beil weg und mit einem letzten drohenden Blick rannte er dem Nekromanten hinterher.


    Arafis war wie erstarrt. Was nun? Wo waren die beiden hingegangen? Was hatte das alles zu bedeuten?
    Sie überlegte kurz. Irgendwie musste sie Urako zeigen, dass die angebliche Hündin noch lebte und seinen Anhänger trug. Folglich musste sie sich ihm in ihrer Tiergestalt zeigen. Danach könnte sie den Glücksbringer in ihrer Albengestalt nur noch versteckt tragen und die Hündin wäre auf seltsame Weise verschwunden, natürlich mit dem Anhänger… und Arafis wäre aus dem Schneider. Oder sie könnte das Teil danach auch einfach loswerden
    Dann dachte sie jedoch an den Blick von Urako, als er es ihr unwissentlich um den Hals gelegt hatte, und wie viel es ihm scheinbar bedeutete.
    Vielleicht konnte sie es auch irgendwie gegen ihn verwenden, schliesslich hatte sie noch immer eine Rechnung mit ihm offen…


    Schliesslich beschloss sie, den beiden Tieflingen zu folgen. Sie ging zu den Pferden und Fricai hinüber, und als sie niemanden in der Nähe erkennen konnte, legte sie Selans Gewand ab und versteckte es bei den Tieren, so dass sie diesmal nicht wieder ohne Kleidung dastehen würde, sobald sie zurückkam.
    Den Anhänger von Urako liess sie umgehängt und verwandelte sich dann in ihre Wolfsgestalt und liess Fricai und die Pferde bei Ralogg zurück.


    Arafis konnte sich einfach nicht mit der Stadt anfreunden. Und als sie, die Nase immer schnüffelnd am Boden, der Spur von Urako und Selan folgte, fühlte sie sich unbehaglich.


    Immer weiter durch die Stadt und durch enge Gassen ging die Verfolgung. Die Wölfin hastete weiter und war schliesslich vollkommen durchnässt, als die Verfolgung vor dem Eingang eines riesigen Gebäudes endete. Arafis hatte so etwas noch nie gesehen, und blickte beeindruckt das gigantische Tor an, das sich vor ihr in die Höhe erstreckte.
    Schliesslich schnüffelte sie neugierig den Eingangsbereich ab, um mögliche Hinweise zu entdeckten.


    Gerade als sie überlegte, wie sie denn nun in das Gebäude hineinkommen sollte, hörte sie eine wütende Stimme hinter sich rufen: „Verschwinde Köter! Du hast hier nichts verloren, das ist ein heiliger Ort!“
    Die Wölfin kratzte kurz vergeblich an der grossen Tür, doch so leicht liess sie sich nicht öffnen.
    Mit eiligen Schritten kam ein mittelalter Mann in langem Gewand auf sie zugelaufen und fuchtelte drohend mit einem Stab in der Hand herum.
    Arafis versuchte zurückzuweichen, reagierte aber nicht schnell genug und der Holzstab traf sie unglücklich in die Seite. Sie winselte überrascht vor Schmerz und duckte sich unter dem nächsten Hieb hinweg, um hinter eine Säule vor dem Tempel auszuweichen. Der Mann liess jedoch nicht locker und schimpfend kam er hinter dem vermeintlichen Köter hergelaufen, so dass es wie ein Fangenspiel anmutete, wie Arafis ihm auswich und er sie mit grimmiger Miene verfolgte.

  • Selan pulsierte das Herz als er seine rechte zittrige Hand auf die Türklinke legte. In diesem Moment schossen ihm 1000 Dinge durch den Kopf. Hatten sie ihn und Urako beim verfolgen gesehen? Würden sie hinter der Tür auf ihn lauern? Wird er gleich Dinge über seinen ehemaligen Schüler erfahren, die er lieber nicht wissen wollte? Was hat Ibn mit diesem mysteriösen Nekromantenorden zu tun? Gleich würde es Selan wissen, er schluckte noch einmal und drückte langsam die Klinke nach unten. Noch im Drücken der Klinke quetschte sich Urako unter seinem Arm hindurch.


    „Lass mich mal!“, raunzte er den Nekromanten an und schob ihm dabei seine Flügel ins Gesicht um Selan beiseite zu stoßen. Zuerst wahr Selan von Urakos tun nicht begeistert, war Urako doch verletzt und wollte ihn trotz, dass er seine Hilfe benötigte beschützen, doch dann war er froh das er ihm die schwere Bürde abgenommen hatte. Zum Glück war hinter der Tür keine Seele die auf sie gewartet hatte, ihre Verfolgung blieb also unentdeckt. Nur ein kalter Windhauch, der den Geruch von Stein mit sich trug begrüßte die beiden Tieflinge am Eingang des geweihten Ortes.


    Vorsichtig schob sich Selan in das Gemäuer herein, gedämpfte Stimmen hallten durch das Gotteshaus, weit entfernt schienen sie zu sein. Selan war froh, hatte sich doch die Schlimme Vorahnung nicht bewahrheitet. Vorsichtig ging Selan noch einen Schritt weiter und schaute sich etwas um. Der seichte Schein des Mondlichtes erhellte das Gotteshaus nur sacht. Hier und da konnte man hölzerne Schränke, Bänke, Tische und eine Art gemauerten etwas weiter vorn erkennen. Überall waren steinerne Säulen zu erkennen, die wohl dafür da waren, die ganze Kuppel zu stützen. Hier und da standen große Eisenstände, was wohl Kerzenhalter sein mussten, die sonst für das Licht in dieser Halle sorgen, dachte sich Selan.


    Nach wenigen Sekunden schafften es Selans Augen sich endlich an die Dunkelheit zu gewöhnen.
    Nun sah er auch die Teppiche, die überall verteilt waren. Der Tiefling war begeistert, wie musste dieser Ort erst aussehen, wenn er festlich mit all den Kerzen erleuchtet wurde. Wunderschön vermutete er, die Teppiche, das fein bearbeitete Gewölbe, die reich verzierten Fensterläden und die langen, bis zum Boden reichenden Vorhänge mit den Kordeln, unglaublich. Selan staunte über ein solch wohlsam eingerichtetes Gotteshaus.


    Urako hingegen schien kein Freund von Schönheit im eigentlichen Sinne zu sein, für Kultur hatte er, wie Selan feststellen musste kein Auge. Muffig wie eh und je schlich Urako unachtsam in das Gebäude herein.


    "Urako, warte ich höre etwas!", wollte Selan ihm noch zuflüstern, aber Urako hörte nicht und lief immer weiter hinein in das Gemäuer.


    Und da waren sie wieder die Stimmen, die Selan gehört hatte.


    „Meister, da war ein Geräusch“


    „Du bist paranoid, das habe ich dir schon einmal gesagt, Orobas. Aber sieh meinetwegen nach, wenn dich das beruhigt, nur beeile dich. Wir haben nicht viel Zeit, der Schlüssel muss bei Sonnenaufgang wieder an Ort und Stelle hängen. Firxas, du bleibst hier und hilfst mir.“


    „Kann ich die Ritualmaske heute ausnahmsweise weglassen? Dieses Arschloch hat mir vorhin mein Gesicht dermaßen verbeult, dass es ganz geschwollen ist.“


    „Was fällt dir ein, natürlich musst du die Maske aufsetzen! Ich denke, ihr zwei seid Kampfmagier? Du solltest am besten Wissen, dass es absolut lächerlich aussieht, wenn ihr nicht ansprechend gekleidet seid. Erstes Ausbildungsjahr in der Magierakademie von Doremas! Und jetzt hör auf, herumzualbern und steig in deinen Anzug!“


    Selan erschrag, hatte er sich doch nicht geirrt. Schnell wollte er noch nach vorn hasten und Urako aufhalten, da er vermutete, er hatte die Stimmen nicht gehört, war es auch schon zu spät. Plötzlich brach Urako zusammen und sein Mageninhalt verteilte sich auf dem Boden vor ihm.


    Selan schoss das Blut in den Kopf, da lag er nun, sein Schüler Urako und just in diesem Moment kamen drei Gestalten auf ihn zu, die ihn wohl ohne zu zögern umbringen würden, wenn Selan nicht eingreifen würde. Selan schoss es wie einen Blitz durch den Kopf, wieder einmal war einer seiner Schüler dem Leben näher als dem Tode. Jetzt rächte es sich, dass Selan so Gedankenverloren war, hatte er doch vorhin vergessen Urako zu verarzten, wie konnte ihm nur so etwas passieren? War es ihm wichtiger die Mörder seines ersten Schülers zu finden, als sich nun um seinen neuen Schüler zu kümmern? Selan was war mit dir los, ging es ihm noch durch den Kopf, als sich schon das nächste Problem anbahnte.


    „Verschwinde Köter! Du hast hier nichts verloren, das ist ein heiliger Ort!“


    Brüllte es plötzlich hinter ihm. Augenblicklich drehte er sich um, um sah einen wütenden mittelalten Mann mit langem Gewand heran geeilt, der mit erhobenem Stab wild herum fuchtelte.
    Zuerst verstand Selan gar nicht was los war, warum bezeichnete der alte Mann ihn als Köter?
    Doch auf den zweiten Blick verstand Selan. Ein Hund stand nur unweit von ihm entfernt, den meinte der Mann wahrscheinlich. Der Tiefling wollte es zuerst nicht glauben, griff doch der alte Mann plötzlich den Hund mit einem Stock an. Zum Glück war der Hund sehr wendig, immer wieder weichte er ihm aus, schlug Harken, duckte sich, wich wieder einem Schlag aus.


    "Lassen sie doch bitte den Hund in frieden, er hat doch keinen etwas getahn. Er ist ein Kind der Götter, er hat auch das Recht hier zu sein.", versuchte Selan den wild gewordenen zu besämpftigen, jedoch war dieser zu sehr mit seiner Jagd beschäftigt.


    Jedoch gerade als Selan eingreifen wollte, kam der Hund auf ihn zu gerandt und windelte ihn an. Ein Blick in die traurigen, verletzten und Angst erfüllten Augen des Tieres reichten Selan aus um zu begreifen. Sofort nahm er den vermeindlichen Hund hoch und drehte sich etwas abseits zu dem alten, denn ihn würde der alte sicherlich nicht angreifen, so zumindest hoffte er.


    Der Hund war sichtlich froh über diese Geste und leckte Selan zart über die Wange, unschwer zu erkennen war dabei das Halsband was er um sich trug.


    "He moment mal, dass ist doch Urakos Anhänger stimmts? Bist du etwa sein neuer Hund, von dem ich gehört habe? Eigentlich siehst du mir ja eher wie ein Wolf aus mein bester. Ach nein, du warst ja eine sie, meinte Urako, verzeihung bitte!", lächelte Selan den Wolf freundlich an.


    Unerwartet kam der ältere Mann mit erhobendem Stock auf Selan doch zu, "Gib das Mistvieh her, dass hat hier an diesem geweihten Ort nichts zu suchen."


    "Dieses Mistvieh, wie sie es bezeichnen ist mein Hund und ich verbiete es ihnen so mit ihr zu reden. Zumal frage ich mich eh, wer mehr das Tier ist. Ein Tier was ohne etwas angestellt zu haben gehetzt wird und brügel angedroht bekommt. Oder ein alter Mann, der eine selbst ernannte Wache spielt und dabei in der Nähe eines Gotteshauses dermaßen mit ausdrücken um sich wirft und dazu noch ein Tier quält. Geh lieber, dann bete ich auch um Vergebung deiner Sünden diesem Tier gegenüber."


    Die Ansprache des Nekromanten schien Wirkung zu zeigen, total perlex war der Mann und nahm seinen Stock wieder runter. Völlig entgeistert gehrte er langsam ein und entfernte sich von Athronos Haus, ohne auch nur noch ein Wort zu sagen.


    "Den hätten wirs gezeigt, nicht wahr?", sprach Selan zu Urakos Wolf und setzte sie langsam wieder ab.


    Sogleich wich aber die Freunde über diesen kleinen Erfolg aus Selans Gesicht und der Ernst der Lage kehrte wieder in sein Gedächtnis zurück. Immer noch lag Urako sich krümmend vor Schmerzen auf dem Boden und durch den alten Mann hatte er auch noch viel kostbare Zeit verloren.


    Vorsichtig streichelte Selan den Wolf über den Kopf, "Deine Rettung hat mich ganz schön viel Zeit gekostet, weißt du das, nun hat dein Herrchen echte Probleme, er ist Gefahr. Aber schau nicht so, ich mach dir kein Vorwurf, ich bin froh das du erst einmal in Sicherheit bist. Bleib bitte hier, ich werde versuchen dein Herrchen nun auch noch in Sicherheit zu bringen."


    Die Ohren des Tieflings lauschten, die Schritte kamen immer näher, nur noch wenige Sekunden wären es, bis sie hier wären.


    Jetzt oder nie, dachte sich Selan und huschte geduckt in das innere des Tempels hinüber zu Urako. Schnell packte er Urako an den Beine und schliff ihn hinter die nächste Reihe aus Sitzbänken, dessen Lehne zum Glück bis zum Borden reichte. Gerade der rechte Moment, denn in diesem Moment erhellte Kerzenschein in unmittelbarer Entfernung einem Gang, der aus der Tiefe kommt.


    "Pssssst, Urako, wach auf!", flüsterte Selan Urako leise zu und klopfe ihm ein wenig auf die Wangen.


    "Urako, bitte, deine Sture Art kostet uns gleich das Leben, wenn du nicht gleich wieder bei dir bist."


    "Dann schau mal nach wo hier deine Geräusche sind, viel Spaß du Idiot.", schallte es plötzlich durch den Raum. Selan rannen Schweißperlen über die Stirn, damit stand fest sie sind hier. Damit war Selan in bedrängnis, der hatte sich geschworen keinerlei Angriffszauber zu erlernen und auch im Nahkampf ist er nicht zu gebrauchen. Eine letzte Chance war nun ein Zauber beschloss Selan, aber ob dieser die Rettung sein sollte, selbst Selan selbst war sich dabei nicht sicher.


    So flüsterte Selan so leise es ging die Worte.


    "Mortuus exaudivit me
    Ego opus opem
    Rogo fœtor
    Arcerent hostem,
    Fiat mihi fugite
    Quod in imo hostium
    Distentio et foetore plenum eget immortuorum spíritus 1*"


    Und der Gestank der Totren breitete sich langsam im Hause Athronos aus.


    ╔════════════════════════════════════════════════════════╗
    *1
    Selans Zauberspruch -Totengestank:


    Tote erhöret mich
    Eure Hilfe benötige ich
    Euren Gestank erbitte ich
    Halte die Gegner
    Lasset mich fliehen
    Am Boden liegen die Gegner
    Voller Krampf und Gestankchemie
    ╚════════════════════════════════════════════════════════╝

    Nur ein Tag mit Tee, ist ein lebenswerter Tag. (von Selan Todaric)


    Wenn sie mit dir streiten wollen, biete Tee an. Wenn das nicht hilft, schlag sie tot! (von Selan Todaric)


    Kleine Legende:
    "Text" -> Gesprochener Text /\ >Text< -> Gedachter Text

  • Selan tauchte auf, packte Urako an den Füßen und schleifte ihn zwischen zwei Bankreihen. Dabei zog er ihn mit dem Kopf genau durch sein Erbrochenes und sein Pferdeschwanz hinterließ eine hässliche Schleifspur. Jedoch war der Henker ausnahmsweise nicht in der Stimmung, sich darüber zu beschweren. Die Angst, dass das massive Steingebäude zusammenbrechen und ihn unter sich begraben würde, füllte sein gesamtes Denken aus. Erst, als die Holzbänke die Sicht auf das Dach verdeckten, wich die Übelkeit und er konnte wieder besser atmen.


    "Pssssst, Urako, wach auf!", flüsterte Selan Urako leise zu und klopfe ihm auf die Wangen.
    "Urako, bitte, deine Sture Art kostet uns gleich das Leben, wenn du nicht gleich wieder bei dir bist."
    Der Henker ging vor Schmerz fast an die Decke. „Ich bin doch gar nicht ohnmächtig, du Hornochse“, zischte er. „Hör auf, mir auf die Beulen zu fassen, sonst verpasse ich dir auch welche!“ Er rappelte sich mühsam auf. Der Schmerz hatte den letzten Rest Benommenheit verjagt, nur die Übelkeit blieb.


    Zwischen den Bankreihen hindurch konnten sie Orobas in voller Kampfmontur beobachten, was in seinem Falle hieß, dass er komplett in eng anliegendes dunkles Leder gekleidet war, das schnelle, raumgreifende Bewegungen ermöglichte. Sein Gesicht war von einer passenden Maske bedeckt und in der Hand trug er einen mannshohen Zauberstab. Die verschnörkelten Symbole, die in das Leder geprägt waren, glommen leicht blau, was bedeutete, dass Orobas sich in Bereitschaft befand, aber nicht vorhatte, einen unmittelbaren Zauber zu wirken.


    Er schlenderte langsam die Strecke zwischen Opferaltar und Tor entlang, wobei er sich umsah. Er konnte sie von da aus nicht sehen, jedoch würde er bald in Urakos halbverdaute letzte Mahlzeit hineintreten und spätestens dann auch die Schleifspur entdecken, die zu ihrem Versteck führte.


    Ein Kampf mit diesem Mann war aussichtslos, denn wenn er seine Amtsrobe trug, war ihm auch gestattet,
    jene mächtigen Kampfzauber zu wirken, die sonst in der Öffentlichkeit verboten waren.


    Selan wirkte gerade wieder seinen Stinkzauber, woraufhin Orobas sich mehrmals räusperte.


    „Diesen Leichenpupszauber musst du mir unbeding auch beibringen“, flüsterte Urako seinem Lehrer zu. „stell dir mal vor, ein Trupp schöner Tänzerinnen auf dem Markt und plötzlich geht von ihnen so ein bestialischer Mief aus. Furzende Zappeltanten, das wär mal was! Stell dir die Gesichter von dem Publikum vor!“


    Orobas jedoch störte der Gestank, den Selan verbreitet hatte, nicht weiter. Er setzte seinen Rundgang unbeeindruckt fort. Etwas wehmütig betrachtete Urako seine Fäuste, die er dem Verräter gern ins Gesicht gehämmert hätte. Da fiel ihm etwas ein. Selan und Orobas waren nicht die einzigen hier, die Magie wirken konnten. Der Henker grinste breit.


    „Pass auf Selan, gleich bietet sich dir eine Vorstellung, wie du sie noch nie gesehen hast. Da kannst du mit deinem bisschen Hokuspokus einpacken. Sieh zu und staune!“


    Urako formte mit den Händen einen Hohlraum, brachte sie an seinen Mund und pustete hinein. Rauch quoll zwischen seinen Fingern hervor und stieg beißend in seine Nase, doch das reichte noch nicht. Er blies weiter, es wurde heiß in seinen Händen, so heiß, dass er die Hände öffnete und vor sich hielt, als würde er damit Wasser schöpfen wollen. Darin saß nun, von Rauch umhüllt, ein kleiner Vogel, der aus purem Feuer bestand.


    „Na ja, eigentlich sollte es ein Falke werden, aber für unsere Zwecke tut es auch ein Spatz.
    Flieg, Kleiner. Flieg!“


    Der Feuerspatz flatterte unter den Bänken entlang, damit er sich nicht durch sein Leuchten verriet. Orobas jedoch hatte die Energie gespürt, die Urako für die Beschwörung freigesetzt hatte. Die Symbole auf seiner Kleidung leuchteten auf, er packte seinen Stab fest mit beiden Händen und schritt zielstrebig auf die beiden Eindringlinge zu.


    Der Flammenspatz schoss unter den Bänken hervor und auf ihn zu.


    Am Ende des Stabes erschien eine bläulich-transparente Kugel, Orobas machte eine kaum wahrnehmbare Bewegung und noch ehe der Feuervogel auch nur in die Nähe des Magiers kam, wurde er mit einem leisen Zischen ausgelöscht und das einzige, was noch daran erinnerte war ein nasser Fleck auf dem Teppich.
    Wassermagie.


    Orobas grinste unter seiner Maske fast mitleidig ob dieses stümperhaften Angriffs. Doch plötzlich wurde seine Aufmerksamkeit von einem Knistern geweckt. Er fuhr herum und musste sehen, dass einer der langen Vorhänge in Flammen stand. Das Feuer breitete sich auf dem trockenen Stoff in rasender Geschwindigkeit aus, schon griff es auf den nächsten Vorhang über.


    Übeltäter war Urako, der während des kurzen Moments der Ablenkung unter den Bänken hindurch gekrochen war und von dort aus mit einer beschworenen Flammenpeitsche den Vorhang in Brand gesteckt hatte. Jetzt entzündete er gerade einen Teppichläufer, der über die gesamte Länge des Tempels verlief.


    Orobas schoss ein paar Wasserkugeln, doch der Stoff war so trocken, dass er damit keine Chance hatte.
    „Meister Altsalat!“, schrie er, „Firxas!“
    Panisch rannte er dahin zurück, wo er hergekommen war, während das Feuer immer stärker loderte
    und der Qualm die Sicht verdeckte.


    „Na, was sagst du?“, posaunte Urako und kroch wieder zu Selan. „Du kannst stolz auf mich sein. Dein Schüler hat soeben einem professionell ausgebildeten Zauberer ein Schnippchen geschlagen. Tja, das kommt davon, wenn man bloß Magie beherrscht, die zum Kämpfen gut ist. Feuerlöschen steht wohl nicht auf seiner Fähigkeitenliste, obwohl man ja meinen könnte, dass es das Naheliegendste für einen Wassermagier wäre. Allerdings muss ich zugeben, dass wir in Phintias auch nur äußerst selten Brände haben und er darum wohl auf das Erlernen eines passenden Zaubers verzichtet hat.“
    Er lachte über seinen eigenen Witz und erhob sich.
    „Los komm, Grünspan, nutzen wir die Gelegenheit um … oh, hmmm.
    Jetzt haben wir ein Problem.“


    Die Hälfte des Tempels, in der sie sich befanden, stand bis unter das Dach in Flammen. Die Vorhänge brannten, die Teppiche und die ersten Bänke loderten lichterloh. Der Weg zum Ausgang war von einer mehreren Meter hohen Flammenwand versperrt. Aus den Fenstern konnten sie auch nicht fliegen, da die brennenden Vorhänge dies unmöglich machten.


    „Scheiße, das war wohl etwas viel des Guten! Können die hier nichts ordentliches bauen? In Phintias wäre das nicht passiert, da ist alles aus schön matschigem Schilf gebaut und von nassem Moos überzogen. Sollten die hier auch mal probieren. Komm schon, Selan, uns bleibt nur der Weg, den Orobas genommen hat! In dieser Richtung brennen die Vorhänge noch nicht, dort können wir aus einem Fenster fliegen!“


    Urako hielt jedoch noch einmal inne und pfiff nach der Hündin, ehe er flüchtete.


    Er rannte neben dem brennenden Läufer entlang, die Hitze wurde langsam unerträglich und Urako hatte Mühe, in dem Qualm noch zu atmen. Er hustete im Rennen. Doch obwohl er sich alle Mühe gab, war er schon zu erschöpft. Die Flammen überholten ihn und bald standen alle Vorhänge und ein Großteil der Bänke in Brand. Urako erkannte mit Entsetzen, dass sie in der Flammenhölle eingeschlossen waren. Mit aufgerissenen Augen drehte er sich um die eigene Achse auf der Suche nach einem Ausweg. Doch da war keiner.
    Er würde verbrennen.


    Aber wo waren Orobas, Ibn und Firxas? Er hatte das andere Ende des Tempels erreicht und keiner von den dreien war zu sehen. Konnten sie sich etwa teleportieren? Nein, das war unmöglich, einen solchen Zauber gab es nicht! Sie mussten einen anderen Ausweg gefunden haben!


    Plötzlich stolperte Urako über etwas hartes, das aus dem Boden ragte. Einer der Teppiche war zur Seite geschlagen und die darunter liegende Falltür war sichtbar, in der noch der Schlüssel steckte.


    „Selan, hier rein! Und bring den Hund mit!“, rief Urako, öffnete die Klappe und sprang als erster in den Schacht. Ihn empfing angenehme Kühle und Dunkelheit.