Ein profitables Geschäft

  • Die 70 Gefangenen, die Knozzy vom Hauptmann der Gefängniswache bekommen hatte, waren ein erstklassiger Kauf gewesen. Viele große und kräftig gebaute Poraha und Wiesenländer, die sich hervorragend für die Feldarbeit eigneten. Doch auch einige gebildete Tajik und Garu Ashi waren unter den Gefangenen. Unter ihnen sogar ein Adliger. Schließlich hatte die Allianz an der Front sogar eine Gruppe niederer Dämonen gefangen genommen. Diese seltsamen Viecher waren wahre Raritäten und der Goblin versprach sich einen hohen Profit vom Verkauf dieser Dämonen.
    Als Bezahlung hatte der Hauptmann von Knozzy eine große Menge Rauschmittel, hauptsächlich Opiate erhalten und ein wenig Geld.
    Es war stets gut einen rauchgiftsüchtigen Kunden zu haben, denn dieser benötigte stets Nachschub und war bereit alles dafür zu tun, um seine Sucht zu stillen.


    Knozzy beobachtete mit gierigen Blicken, wie seine Handlanger, seine neu erworbenen Sklaven zum Sklavenschiff brachten. Er sah schon förmlich, das viele Gold, was ihn beim Verkauf der Sklaven erwartete. Knozzys Seele gierte nach Gold und Macht. Für nichts anderes lebte der Bandit und nichts Anderes wollte er auch.
    Das Sklavenschiff war ein für 70 Sklaven und 50 Besatzungsmitglieder viel zu kleines Schiff, welches von Kapitän Bob Kleinäug und Steuermann Tobur Blauzahn angeführt wurde. Letztlich hatte aber Knozzy das Oberkommando, denn er bezahlte jeden einzelnen Schiffsmann einen guten Sold und aufgrund dessen stellten sie nicht viele Fragen und führten jeden von Knozzys Befehle aus.


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    Es lief alles ohne besondere Vorkommnisse und nach Plan. Bis es beim Verladen der Sklaven in das Zwischendeck jedoch zum Tumult kam. Denn die Meisten der Gefangenen begriffen erst jetzt, dass sie als Sklaven verkauft worden waren und versuchten sich in einem letzten, ausweglosen Kampf der Sklaverei zu entziehen. Knozzy schreckte sofort auf, schrie Befehle und versuchte Ordnung ins Chaos zu bringen. Irgendwie gelang es aber einem kleinen Peng, sich aus seinem Käfig zu befreien, obwohl Knozzys Handlanger den Käfig sorgfältig verschlossen hatten.


    „BARASH! UGLAG!“, Knozzy schnauzte die zwei stärksten Poraha an, die gerade den adligen Tajik bewusst los geschlagen hatten, der den Aufstand angezettelt hatte.
    „FANGT DIESES MIESTVIECH WIEDER EIN!“, schrie er wutentbrannt auf Tjalabah.


    Knozzy sah, wie sich der Peng ein Weg um den Kampf herum suchte und sich in Richtung Reling begab, von wo er vermutlich herunterspringen wollte.
    Da brannte seine Aggressivität brannte mit ihm durch und er sprang mit einem Satz in Richtung Reling, um den Peng den Weg zu versperren. Ich lasse nicht zu mir, dass du mir entwischst!
    Der Goblin bediente den Hebel am Gehstock, der den Gehstock automatisch in einen Streithammer umfunktioniert und zog darauf seine Peitsche.


    „Stell dich nicht in den Weg zwischen mir und meinem Geld. Du bist MEIN!“, sagte er mit einer solchen Endgültigkeit, dass Widerworte zwecklos waren. Der Bandit schwang seine Peitsche und lachte saddistisch: „Tanz mit mir, Dämon. Tanz mit mir und ich werde dir nur ganz wenig weh tun.“

    "Geld ist geprägte Freiheit".


    Vielen Dank an Baxeda für das charmante Avatarbild!

  • Seit Azzmicon das erste Mal die Oberfläche betreten hatte, verstand er die Welt nicht mehr.


    Früher war alles einfach gewesen. Er hatte mit seinem Rudel die Höhlensysteme der Unterwelt durchstreift, eine endlose Wanderung ohne Ziel. Es hatte eine Hierarchie geherrscht, an deren untersten Ende jener stand, der den anderen am wenigsten entgegen zu setzen hatte – er. Nicht schön, aber verständlich. Die Jagd auf unterirdische Lebewesen und Revierstreitigkeiten mit anderen Rudeln hatten seinen Alltag geprägt, ebenso wie die Aufzucht der Jungen und das Werben um jene Peng, mit denen man sich paaren wollte. Das war alles gewesen, sein gesamtes Leben.


    An der Oberfläche jedoch war alles kompliziert – und heute war einer jener Tage, die er besonders schlecht verstand. Er wusste nicht einmal, wo er war, geschweige denn, wie er hier her gekommen war. Verunsichert blickte er sich um.


    Die Kutsche war ebenso fort wie seine beiden Begleiter und Eisenstangen trennten ihn vom Rest der Welt. Er war nicht der einzige, der von harten Stangen umschlossen wurde, so dass er nicht fort konnte, etliche Leute unterschiedlichster Herkunft teilten sein Schicksal. Die Eisenstangengehäuse standen dich an dicht auf einem gezimmerten Holzplatz. Der gesamte Boden bestand aus blanken Bohlen, das Ganze wurde von einer Holzballustrade umzäunt. Was war das hier für ein Ort? Eine Art Plattform? Unsicher setzte er sich auf.


    Es war Nacht und der Vollmond blendete den kleinen Dämon. Seine Augen waren an vollständige Finsternis angepasst und direktes Licht schmerzte ihn. Schritte näherten sich, ein großer Mann kam und wollte ihn sehen.


    „Schau mal an, was haben wir hier für eine hässliche Ratte in der Falle! Ist das eine Unterweltpest?“


    In einer Hand trug er eine Fackel und hielt sie ihm vor das Gesicht. Azzmicon wendete sich rasch ab, die Augen zusammengekniffen. Der Jemand verstand diese Geste falsch. Er packte Azzmicon an seinem feinen Gewand, einer bunten Tracht der Garu Ashi, zerrte ihn an die Stäbe, packte seinen Unterkiefer und riss sein Gesicht herum.


    „Sieh mich an, wenn ich mit dir rede!“


    Das Licht stach Azzmicon in die Augen, als hätte man ihm einen Dolch hereingerammt, der Schmerz fuhr durch seinen Kopf und seinen Rücken hinab. Er kreischste schrill und schlug blindlings mit seinen Klauen und seinen Flügeln um sich, ungeachtet dessen, wohin er traf und warf sich in dem Stangengehäuse hin und her. Der Gitterkasten stürzte polternd um. Scheinbar war er marode gewesen, denn er ging dabei kaputt, einige Stangen rollten klimpernd davon. Auch anderen Gefangenen gelang es, sich zu befreien.


    Azzmicon hüpfte flatternd über die Holzbohlen, die Hände auf die Augen gepresst. Dass er nichts sah, war von der Sache her nicht hinderlich, er schnalzte mit der Zunge und der Hall verriet ihm, wie die Umgebung aussah. Er sprang auf die vermeintlichen Umzäunung des Holzplatzes, um von hier fort zu kommen – doch sie endete in einem Abgrund. Der Holzplatz war in Wahrheit das Dach eines schwimmendes Hauses! An seinen Wänden ging es steil hinab in ein tosendes Wasser, in welchem das Haus schwamm. Wie war er bloß an solch einen verrückten Ort gelangt? Und warum war er dabei nicht aufgewacht?


    Ein kleiner dicker Mann sprang direkt vor ihn auf die Ballustrade und brüllte ihn an. Er sprach Tjalabah, eine Sprache, die auch Azzmicon beherrschte, wenn auch nicht sehr gut.

    „Stell dich nicht in den Weg zwischen mir und meinem Geld. Du bist MEIN!“
    , schrie er und schwang eine Peitsche. Unwillkürlich klickte Azzmicon ein weiteres Mal mit seiner Zunge, um das Geld zu suchen, zu welchem er angeblich den Weg versperrte, aber da waren weder Münzen, noch ein Säckchen oder eine Schatulle. „Tanz mit mir, Dämon. Tanz mit mir und ich werde dir nur ganz wenig weh tun.“


    Azzmicon nahm die Hände von seinen tränenden, blutunterlaufenen Augen. Er sah aus, als hätte er eine Bindehautentzündung, wie immer, wenn er zu starkem Licht ausgesetzt war. Er versuchte, dem kleinen Mann ins Gesicht zu sehen, wie das bei Oberweltlern üblich war, um nicht unhöflich zu erscheinen. Sich zu Beginn eines Gespräches gegenseitig am Po herum zu schnuppern war nur bei Peng angemessen, das hatte man Azzmicon einst mit einem heftigen Tritt in sein Gesicht vermittelt.


    „Ich danke Euch für Euer Angebot zum Tanze, doch wisset, ich bin dieser hohen Kunst nicht mächtig“, erwiderte Azzmicon. Dann machte er eine Pause. „Mir weh zu tun wird nicht nötig sein. Wir sind doch zivilisierte Leute!“


    Zumindest einige von ihnen. Die anderen schlugen sich und brüllten herum, offenbar waren viele wenig erfreut darüber, von den Besitzern des schwimmenden Hauses in die Gitterkästen gesteckt worden zu sein, die man gerade unter Deck verfrachtete. Aber warum der kleine grüne Mann ihm Schmerzen androhte, verstand Azzmicon nicht. Ob es wegen des Geldes war, vor dem er angeblich stand?


    „Darf ich Euch vielleicht behilflich sein, euer verloren gegangenes Geld wieder zu finden?“


    Eine Flasche kam angerauscht. Azzmicon legte den Kopf schräg, so dass sie an seinem Ohr vorbeizischte und hinter ihm zersprang und wartete auf die Antwort.


    „Scheiße, sie nehmen das Beiboot!“, brüllte jemand hinter ihm. „Alle Mann zum Mittelschiff! Die Gefangenen seilen sich ab!“

  • Derweil hatte man 20, der 30 rebellierenden Gefangenen einfangen können. Die übrigen 10 hatten sich aber auf das Beiboot abseilen können und ruderten nun, so schnell sie konnten zur Küste zurück.


    „Scheiße, verdammt“, fluchte Knozzy.


    Knozzy musste wieder Ordnung in das Chaos bringen und Befehle verteilen. Gleichzeitig hatte er aber immer noch diesen Peng hier an der Backe und keiner war da, um ihn diesen Dämon vom Hals zu schaffen. Offensichtlich versuchte dieser Zeit zu schinden, damit die Gefangenen entkommen konnten.
    „Ich danke Euch für Euer Angebot zum Tanze, doch wisset, ich bin dieser hohen Kunst nicht mächtig“, erwiderte Azzmicon. „Mir weh zu tun wird nicht nötig sein. Wir sind doch zivilisierte Leute!“


    Knozzys Reaktion auf diese Worte war nur ein lautes Lachen.
    Dieser kleine Peng-Bastard war ein echter Einfaltspinsel. Entweder war er scheiße dumm, oder einfach nur ein extrem guter Schauspieler. Knozzy hasste vornehmes Gelaber. Aber noch mehr hasste er es, verarscht zu werden. Und so ein dummes Geschwätz, wie das von Azzmicon, hatte er schon lange nicht mehr gehört.


    „Darf ich Euch vielleicht behilflich sein, euer verloren gegangenes Geld wieder zu finden?“, fragte der Peng darauf.
    „Halt die Fresse! Verarsch mich nicht“, fluchte Knozzy.
    Der Goblin war sich sicher, dass Azzmicon nur Zeit schinden wollte, Doch sein verdutztes Gesicht, und seine Gestik waren zu überzeugend...


    Die Zeit läuft davon...


    Er wägte ab. Entweder er verlor den Dämon, den er wahrscheinlich als Exquisität zum Preis von 2 Sklaven verkaufen konnte. Oder er verlor die 10 anderen Sklaven, die im Moment Richtung Küste flüchteten… Er musste schnell handeln…
    Doch dann kam dem Goblin eine andere Idee, die deutlich mehr Profit versprach. Und so konnte er auch prüfen, ob der Peng wirklich so dumm war, wie er vorgab. Deswegen unterbreitete Knozzy folgenden Vorschlag:


    „Behilflich kannst du mir in der Tat sein. Die Diebe dort“, Knozzy zeigte auf das kleine Ruderboot, was in Richtung Küste unterwegs war. „Haben mich um mein Geld bestohlen. Bist du des Schwimmens bemächtigt und magst diese niederen Diebe einfangen und mein gestohlenes Gut zurückholen?“

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  • Das Bewustsein kehrte langsam zurück und löste den schaukelnden Traum ab. Geräusche drangen langsam an ihr Ohr, dumpf und auch nicht wirklich klar zu verstehen, geschweige den einzuordnen. Doch neben dem was sie zu hören versuchte, war das was sie roch eine echte Qual, sie spürte das sie eine ungewöhnliche Haltung inne hatte und ihre Wange auf irgendetwas schweißigwarmen lag.
    Die Augenlider hoben sich einen Spalt und sie sah staubigen Boden und er wankte…der Boden wippte förmlich und löste einen ausgewachsenen Schwindelt in der Avios aus. Ihr Kopf dröhnte und wage dämmerte es ihr, das sie wohl über irgendeiner Schulter lag und das dieser Jemand sie irgendwohin trug. Ein ausladendes Heck schaukelte beim jedem Schritt hin und her so das ihr erneut schlecht wurde und sie leise, aber hörbar für die Poraha, raunte.


    Sogleich wurde etwas gebrummt und Nerinejh musste die Sprache nicht verstehen um genau zu wissen, was sie sagen wollten. Ein zusätzliches schütteln ließ die pochenden Schmerzen im Kopf noch zunehmen und raubten der eingewickelten Avios das bischen Bewusstein erneut.


    Die Poraha gringen weiter mit ihrer Last auf den Schultern, doch eine Rüge gab es dennoch von dem kleineren der Beiden.
    Pass gefälligst auf ….sie muss viel Gold wert sein, wenn das Spitzohr so hinter ihr her war…nicht kaputt machen
    Der dicke und anscheinend etwas dümmlichere von den Beiden nickte nur sabbernd und klopfte der Avios auf den Hintern, welches ihm ein breites und vor allem gelbzahniges Lächeln auf die Lippen zauberte. “Krischnak passt auf…feiner Schatz…gefunden


    Gefunden war wohl geschickt formuliert und sie konnten wirklich von Glück sagen, das Nerinejh nichts passiert ist, als die Falle zugeschnappt war oder viel mehr das Netz sich zusammenzog. Zur falschen Zeit am falschen Ort, völlig fertig von dem was in der Taverne geschehen war, eine Elbin die einem im Nacken saß und einen “besitzen” wollte, kleine, übelriechende Wesen die sich ihretwegen überboten mit Gold und Waren und im inneren ein Gefühl der Gerechtigkeit das es nur so schmerzte.


    Es endete mit einem fliegenden Netz mit dem man auch Vögel fing…nur eine Nummer größer und nun hing sie wippend über des Poraha´s Schulter. Mit ihrem “Schatz” waren sie auf dem Weg zum Sklavenschiff. Ob da nicht das Angebot der Elbin besser gewesen wäre ? Nerinejh bekam davon nichts mit, denn noch immer hing sie bewusstlos über der Schulter, so spürte sie auch die Blick nicht, als sie der Anlegestelle immer näher kamen.
    Schon von weitem konnte man den zusätzlichen und nicht hafentypischen Lärm hören, den Schaulustig hatten sich versammelt um den Flüchtenden zu zusehen, wie sie um ihr Leben ruderten. Einige sprangen sogar vom Beiboot und schwammen alleine drauflos nur um schneller an der Küste zu sein als man sie wieder einfangen konnte.
    Doch die armen Seelen würden nicht weit kommen, sicher war jemand unter den grölenden Anwohnern einer dabei, der sie verpfeifen würde…für ein paar Taler wenn es sein musste. Er wäre schneller wieder im Gefängnis als er gucken könnte, aber lieber hinter massiven Gittern als auf einem Sklavenschiff.


    Die beiden Poraha hielten auf die Landungsbrücke zu und stapften hinter der letzten Gruppe Sklaven hinterher um noch schnell ihren “Schatz” loszuwerden.
    Wer konnte schon so genau sagen ob die alte Elbin tatsächlich aufgegeben hatte und sie wollten sich nicht den Zorn einer Spitzohrin aufhalsen.
    Suchend wanderten die kleinen Schweinsäuglein umher und blieben schließlich an gestikulierenden Goblin hängen. Nach seinem Auftreten und auch Aussehen zu urteilen, war er der der das sagen hatte und schnurstrackts auf eben diesen zu gehend fächerte sich unter der groben Decke ein Flügel auf. Krischnak schnaufte leise und nahm die kostbare Last von den Schultern des anderen, kämpfte ein wenig mit den weißen Schwingen und deren kitzelnden, weichen Federn. Präsentierend lag sie nun da die Avios. Die Haut deutlich heller als jene der anderen, egal ob Mensch, Goblin oder Gnom…sie war wie frische Milch. Das Kleid deutlich in ramponiertem Zustand, war ein Fetzen der ihr gerade noch so bis zum Knie reichte und auch schon keine Ärmel mehr hatte. Die Hände der jungen Avios waren gefesselt und bis auf die Beule an der Schläfe und einer leichten Rötung, war sie an einem Stück.


    Krischnak und sein Kumpel ließen ihr Geschenk alleine auf sich wirken und traten ein wenig zurück…abwartend ob der Goblin, der mit einem kleinen Kerl sprach, auf das ungleiche Gespann aufmerksam wurde.
    Der Goblin deutete gerade über die Rehling hinab zum Beiboot welches hastig gen Küste unterwegs war…dann räusperte sich Krischnak. Er wollte nicht länger als nötig hier sein, nur sein Gold und weg.

  • „Ob ich des...“ Er konnte es kaum Aussprechen! „...des Schwimmens mächtig bin?“


    Allein der Gedanke, auch nur die Füße in das kalte Dunkel zu halten, welches neben der hölzernen Wand tobte und tosend dagegen klatschte, jagte Azzmicon einen Schauer über den Rücken. In dem fremden Element zu treiben wie auf dem Päsentierteller, die empfindliche Bauchseite nach unten, während unter ihm Wesen kreisen mochten, die ihn sahen, ihn rochen und sich die Lippen leckten, wenn sie welche hatten, während er, den Kopf an der Luft, blind und taub war für das Geschehen im Wasser. Erwartete der grüne Mann vor ihm tatsächlich, dass er sich einer solch gefährlichen Situation aussetzte?


    Wenn ja, dann konnte das nur eines bedeuten – er wollte Azzmicon absichtlich in Gefahr bringen, wollte, dass ihm etwas zustieß, ohne, dass man anschließend ihm die Schuld geben konnte. Wollte, dass Azzmicon starb, ohne dass er einen seiner dicken, mit Goldringen bestückten Finger krumm machen musste. Dieser Mann, das war ein böser Mann!


    Azzmicon richtete einen zitternden Finger auf den Goblin.


    „Ihr … ihr …“


    Sein Blick hielt dem des anderen nicht stand. Er sah zur Seite, sah die Gehäuse aus Eisenstangen, welche die Leute eingesperrt hielten … und auf einmal verstand er alles: warum sie eingesperrt waren, die Flucht, die Schreie, die Handgreiflichkeiten. Wie hatte er nur so blind sein können? Es hatte ihn doch schon einmal zu solchen Leuten verschlagen, an Land, nur waren sie dunkelhäutig gewesen und anders gekleidet. Es hatte keine Gitterbehältnisse gegeben, nur Fesseln an Händen und Füßen. Aber nun erkannte er, was sie trotz ihrer Andersartigkeit mit diesen hier gemein hatten.


    „Ihr seid ein Sklavenhändler!“


    Seine eigenen Worte fühlten sich an wie ein Dolchstoß zwischen die Schulterblätter, als ob die Ernenntnis selbst zugestoßen hätte. Er musste hier fort! Aber wohin? Er war gefangen auf dieser künstlichen Insel inmitten des Ozeans. Das Beiboot war bereits ein gutes Stück entfernt, Wellen in der Größe und Form von Giebeldächern trennten ihn von der Nusschale, die von der tosenden Urgewalt auf und ab gerissen wurde. Aber wenn er seine Flügel einsetzte …?


    Er konnte nicht fliegen. Die Membranen waren durch die zahllosen Attacken seiner Rudelmitglieder eingerissen, zudem war Azzmicon mit seinem Wohlstandsbäuchlein nicht gerade ein Leichtgewicht. er konnte nur große Sprünge machen und für einen Sprung war es zu weit. Aber wenn er sich anstrengte, wenn die Not ihm Flügel verlieh …


    Ein paar große, graue Dreiecke ragten aus den Wellen, wie Messerklingen, die das Wasser von unten durchstoßen hatten und nun zerteilten. Sie stießen empor, schwammen ein Stück, wurden wieder verschluckt. Ab und zu auch die grauen, glatten Rücken ihrer Besitzer.


    Azzmicon warf einen letzten Blick auf den grünen Mann, dem die Bosheit nur so aus dem Gesicht grinste, der eine Waffe in der Hand hielt und auf dessen Kumpane, der eine Frau über den Schultern trug. Ihr weißes Haar schliff fast auf dem Boden. War das Nerinejh? Sie hing schlaff wie ein Sack voller Mehl über der breiten Schulter des Mannes. Azzmicon konnte ihr nicht helfen.


    Er stieß sich ab, so kraftvoll wie er es mit seinen speckigen Beinen vermochte und breitete die Flügel aus. Er spürte, wie der Wind durch die Löcher der Flughäute pfiff, wie einige fransige Hautstreifen im Wind flatterten. Er schlug die Flügel zusammen, bis sie sich unter seinem Bauch berührten, drückte sich ein Stück nach oben wieder, und wieder. Das Boot war nicht mehr weit entfernt, noch ein paar Flügelschläge, kräftig! Er hatte es fast erreicht! Schon streckte er die Füße nach vorn um zu landen, die Männer an Bord reckten die Hände aus, um ihn zu empfangen, damit er bei dem hohen Wellengang nicht strauchelte.


    Da sprang ein Mann aus dem Wasser. Auch er streckte die Arme aus. Er war grauhäutig, mit einem Kopf ohne Haare und dreieckigen Zähnen in dem aufgerissenen Mund, so dreieckig wie die Flosse auf seinem Rücken. Sein Rumpf endete in einem schlanken Fischschwanz, mit dem er sich weit über die Wasseroberfläche katapultierte. Azzmicon wurde von ihm aus der Luft gepflückt wie ein Apfel, fest von seinen kalten Armen umschlossen und klatschte zusammen mit ihm ins Meer. Sein Schrei wurde von einem Gurgeln verschluckt und löste sich in millionen Luftblasen auf.


    Der Wind pfiff über das Wasser und in der Ferne kreischten Möwen. Die grauen Flossen tauchten auf, glitten ein Stück und verschwanden wieder, ein paar weniger als zuvor. Die See wogte auf und ab, gleichmäßig, als wäre nie etwas geschehen. Dunkle Wellen mit weißen Kronen aus Schaum.