Befragung -- Dave - Seddik - Pavo

  • Befragung


    Seddik hatte den Gefangenen an den Stuhl gekettet. Der Mann konnte weder seine Arme, noch seine Beine, geschweige denn seinen Kopf bewegen. Selbst den Mund hatte der Ork ihm geknebelt. Seine Augen hingegen hatte der Ork mit Pflasterstreifen so verklebt, dass der Mann sie nicht schließen konnte.


    "Den Mund macht er nicht auf, dann macht er die Augen nicht mehr zu", grinste Sed.


    "Schön verpackt Sed. Gewähre meine Sicherheit", sagte Dave freundlich.
    "Wie immer, sei unbesorgt. An mir kommt keiner lebend vorbei", antwortete der Ork mit einer Bestimmtheit, die klar machte, was mit dem geschah der bis zu dem Magier vordringen wollte.


    Seddik zog den gewaltigen Ohrensessel heran und stellte ihn gegenüber des Gefangenen auf. Dave ließ sich darin nieder, rutschte etwas hin und her, bis er endlich bequem saß. Der Ork postierte sich neben ihn. Einerseits um Dave zur Not helfen zu können, andererseits um sofort Einsatz bereit zu sein.


    Der Kerl versuchte panisch dem Blick des Almanen auszuweichen. Ein kurzes Nicken des Magiers in Richtung des Gefangenen und Seddik schlug dem Kerl brutal ins Gesicht.


    Für einen Moment starrte der Mann wimmernd Dave an.
    Der Almane erwiderte den Blick und bohrte seine Gedanken wie glühende Stäbe in den Geist seines Gegenübers.


    Der Mann schrie und trotz des Knebels war es ein grauenerregender Laut.
    Todesangst stand ihm ins Gesicht geschrieben und trotz der Fixierung versuchte er um sich zu treten. Der Kerl bäumte sich gegen die Fesseln auf, doch diese hielten ihn gnadenlos auf dem Stuhl fest.


    Dave beugte sich etwas vor und verstärkte seinen mentalen Zugriff.


    Gedanken wie kaltes Metall, zuerst wie Nadeln und dann schlagartig ein Eispickel im Hirn, der zahllose Blutgefäße zerfetzte, während er durch die Gedankenwindungen seines Opfers glitt.


    Eine plötzliche, rasiermesserscharfe Hitze drang in das Hirn seines des Opfers ein. Etwas Lebendiges das im Schädel des Kerls anschwoll - voller Stacheln und immer weiter zur Oberfläche drängte, so als würde es jederzeit aufplatzen und die intimsten und geheimsten Gedanken wie eine platzende Eiterblase entleeren.


    Der Kerl wollte brüllen, er wollte sie anschreien aufzuhören, doch stattdessen biss er nur auf das Stück Leder. Irgendein Vieh war in ihm. Es kam näher. Es war zu groß für seine Kopf, es durchstieß das Gewebe und schwamm ungehindert in seinem Gehirn herum, wand sich hin und her, zerfetzte ihn innerlich…


    Es steuerte auf sein Herz zu, es zerriss ihm den Unterleib, durchbohrte seine Lungenflügel.


    Der Mann keuchte, erstickte, obwohl er atmete.
    Dann kam dieses Vieh in seiner Brust an und krachte in sein Herz. Es explodierte dort, schleuderte seine Stacheln in alle Richtungen in sein innerstes Ich.


    Sie trafen ihn im Rückgrat, seinen Knochen, seinem Fleisch…
    Soviel Schmerz… es war so viel… es war zu viel…
    …während ein fremder Geist seine Gedanken auslas wie ein offenes Buch. Sich umschaute als gehörte diese Welt ihm, ohne jede Rücksicht auf Verluste.


    Der Bursche erstarrte und eine Taubheit erfasste ihn.
    Er zitterte dabei so heftig dass er den Lederriemen zerbiss und dann plötzlich, war alles schwarz.


    "Aufwachen", donnerte der Ork ihn an.


    Es verging eine Ewigkeit. Ein dumpfer unwirklicher Schmerz reizte seine toten Nerven. Irgendwie war er in Bewegung, dass spürte er – sie hatten ihn zurück ins Leben geholt.


    Irgendwie waren undeutliche Stimmen in der Ferne. Ein Kratzen und der Bursche starrte in Augen. Eiskalte, hellblaue Augen.


    Während er dalag und sich fragte wo der Rest von dem Mann war, erwachte wieder das stachlige Etwas in ihm, blähte sich wieder auf, durchbohrte jeden einzelnen Knochen bis er sich am liebsten die Augen ausgerissen hätte nur um sich Linderung zu verschaffen.


    Der Magier schmunzelte, aber es lag keine Freundlichkeit in dem Blick.


    Eine Konzentration und erneut erfasste das Opfer eine entsetzliche Welle nervenzerfetzender Schmerzen, die sich durch alles durchzufressen schienen wie Säure.


    Der Mann kreischte. Er kam sich vor als wäre er nur noch blutiger Matsch, Matsche in der tausende Glassplitter steckten. Für einen winzigen Moment herrschte Ruhe. Plötzlich brach sich auf den Glassplittern grelles Licht. Der Schmerz explodierte von neuem, zerbarst in Millionen winziger Scherben, die sein ganzes Inneres in Stücke rissen, alles zerfetzten und seine Knochen bersten ließen. Sein Körper erstarrte, sein Dasein war nur noch Schmerz.


    Aber dann… dann spürte er wie sich sein Herz verkrampfte, ganz, ganz langsam wieder in Gang kam und kühlendes Blut in seine Adern und Venen pumpte.


    Der Mann zitterte am ganzen Leib und mit weitaufgerissenen Augen starrte er den Magier an.


    Ein alter Goblin war dazu getreten. Er hatte eine Hand über die Augen des Magiers gelegt und drückte ihn behutsam zurück in den Ohrensessel, so dass er sich mit dem Rücken anlehnte. Einen Moment wartete der Goblin ab, ehe er die Hand von den Augen des Magiers nahm und ihn am Kiefer festhielt.


    "Dave", sagte Pavo leise und rüttelte den Magier vorsichtig.
    "Komm zu Dir", fügte der Goblin an.


    Er drückte Dave etwas den Mund auf und gab ihm einen Schluck Wasser zu trinken. Vorsorglich hielt er ihm einen Lappen unter das Kinn, da er der alte Heiler wusste, dass der Magier nicht sofort wieder Kontrolle über sich hatte.


    Das Wasser rann einfach an seinem Kinn herab und Pavo wischte ihn kommentarlos sauber. Dave musterte den Goblin mit leerem Blick. Pavo war sich überhaupt nicht sicher, ob Dave ihn wahrnahm.


    "Davard, komm nach Hause!", befahl Pavo eine Spur energischer.
    Der Magier blinzelte einige Male in Zeitlupe und starrte dann Pavo an.


    "Pavo... Seddik", sagte Dave matt mit müdem Lächeln.
    "Trink das", sagte der Goblin und drückte Dave eine Tablette in den Mund, sowie vorsichtig den Becher in die Hand.
    "Runter damit", befahl der alte Heiler.


    Der Magier leerte den Becher in einem Zug und verzog das Gesicht.


    "Dankeschön", antwortete er freundlich.
    "Bist Du in Ordnung?", hakte Seddik nach.
    "Geht´s wieder?", fragte Pavo gleich darauf besorgt.


    "Nur Kopfschmerzen, weil ich etwas ungehalten werden musste. Gleichgültig, denn ich weiß nun wo sie ist… schick Gasmi er soll sie erlegen", schmunzelte Dave.