Gasmis Notwehr Gemetzel

  • Gasmis Notwehr Gemetzel



    Beobachtung


    Zekai saß mit einer Truppe seiner Männer in der Taverne. Sie waren in unterschiedlicher Stärke in die Bar eingerückt um nicht aufzufallen. Jetzt warteten alle auf ein Zeichen. Die führenden Köpfe waren ebenfalls zugegen.


    Yessi und Devar befanden sich ganz in der Nähe. Sie scherzten und lachten und erweckten ganz den Anschein nach einem Paar, das sich einen schönen Abend machte.


    Wie der Blick täuschen konnte. Weder waren die beiden zusammen, noch machten sie sich einen schönen Abend. Wobei – korrigierte sich Zekai gedanklich, den schönen Abend machte sich die ganze Gilde von Yessi, eben auf ihre besondere Weise.


    Er hatte bei ihr noch eine Schuld offen, genau wie Tolentini und heute beglichen sie diese. Warum die Gilde ausgerechnet diesen Düsterling einfangen wollte, wusste Zekai nicht. Er kannte nur die reinen optischen Eckdaten der Person. Mehr sollte und musste er nicht wissen, so empfand es Yessi.


    Ihre beiden anderen Kollegen Indraneel und Herwin, warteten draußen um den Burschen dort in Empfang zu nehmen. Yessi, Devar, Indraneel und Herwin waren Magier, sie wussten also, dass der dämonische Kerl kein leichtes Opfer werden würde, denn dieser hatte scheinbar ebenfalls magische Unterstützung im Hintergrund.


    Zekai selbst war guter Dinge. Ein Schwadron Schläger und vier Magier, es konnte so gut wie nichts schief gehen. Wenn der Bursche auch den Schlägern entkommen konnte, die Magier würden ihn spielend fällen.


    Einen Magier hatte Zekai noch nie im Einsatz erlebt, aber vielleicht würde sich das ja heute ändern, dachte er bei sich. Er trank in Ruhe sein Bier und beobachtete die Umgebung.


    ****


    Gasmi schlenderte durch die Straßen und machte an einem Straßenhändler halt. Als er die Preise hörte beschloss er kurz um die Ecke zu gehen und sein Geld lieber an einem Stand in einer Seitengasse auszugeben.


    Dort konnte man immer ein paar Taler sparen. Auch wenn er seinen Lieben gerne etwas Leckeres mitbrachte, Gas sparte trotzdem immer etwas für den Notfall.


    „Tut mir leid, aber Du bist zu teuer“, flüsterte er dem Händler zu und machte sich auf den Weg.


    `Zielperson hat die Hauptstraße verlassen, ist bereits unterwegs zu Euch´, übermittelte Yessi mental an ihre Kollegen.


    Einer von ihnen würde die ihre Botschaft an die Schlägertruppe weitergeben.


    `Hab ihn schon gesichtet´, antwortete Indraneel.


    Er freute sich auf den Kampf mit dem Düsterling. Der kleine Kerl würde sie zu dem Magier führen der Yessi eins vor die Rübe gegeben hatte. Die Stellung oder vielleicht unvermeidliche Ermordung von Kollegen gehörte immer zu den schwierigeren Aufgaben, aber Indraneel wie der Rest seiner Gilde genossen jede Herausforderung.


    Genau wie er selbst wurden auch die anderen Magier von einem an Besessenheit grenzenden Verfolgungswahn beherrscht, und ihre Vorsichtsmaßnahmen waren in vielen Fällen außergewöhnlich umfangreich.


    Vielleicht hatte ihr auserkorener „Eventuell-Neuzugang“ Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen vom Schwarzmarkt, was die Sache versüßen würde. Nicht zu vergessen war die Tatsache, dass jeder Magier im Nexus ein ernstzunehmender Gegner war. Den Kerl den sie jagten, war zudem ein Geistmagier. Er wäre eine Bereicherung für ihre Gilde. Sollte er kein Einsehen haben, war er lästige Konkurrenz.


    Und genau darum machte Indraneel die Jagd auf einen Magier so großen Spaß. Es reizte ihn genau wie Herwin, wenn seine Beute gewissen Fähigkeiten hatte, an denen er seine eigenen Leistungen messen konnte.


    Er jagte und tötete für jeden, wenn die Taler stimmten. Er jagte für private Kunden wenn Yessi einen guten Auftrag an Land zog. Und er jagte privat. Dies war seine Bestimmung. Die einzige die ihn wirklich reizte.


    Ein Mord war für ihn schon längst kein Verbrechen mehr. Sie waren mehr als der normale sterbliche, fleischliche Dreck – sie waren Magier. Sie waren jene die mit der magischen Gabe gesegnet waren. Ein winziger Funken Göttlichkeit lebte in ihnen.


    Für ihn war die Jagd auf Nichtmagier nichts weiter, wie wenn jemand ein Schnitzel bestellte. Das Schwein starb auch, machte sich darum wer Gedanken?


    Und so hatte für ihn ein Mord an einem Nichtmagier nichts mit einem Verbrechen gemein, nein es war vielmehr eine sportliche Herausforderung.


    Bei einem Magier sah die Sache schon anders aus. Musste man so einen Gegner erledigen, bedauerte er die verschwendeten Ressourcen. Er empfand Mitleid für das magische Wesen, besonders wenn es eine extrem wehrhafte Beute gewesen war. Er achtete die Person, aber er erledigte sie trotzdem.


    Vielleicht würde es eines Tages soweit kommen, dass die Herausforderung erneut darin bestand, einen triftigen, logischen Grund für seine Tat zu finden.


    Das Gesetz jedenfalls scherte ihn nicht und sein Gewissen hatte sich schon vor Jahrzehnten verabschiedet, war aber inkarniert zurückgekehrt und zwar als seine neue Gildenanführerin Yessi. Und dieses Gewissen dachte ganz nach seinem Geschmack.
    Ein kurzer rückversichernder mentaler Stubs zwecks Standortübermittlung, zeigte ihm wo sich Herwin befand.


    Nonverbal über Gedanken war dies nichts weiter als ein Knuff der sagte - „hier bin ich – wo bist Du?“, dass der Kollege in Sekundenschnelle beantwortete.


    „Das Paket“ überquerte den verlassenen Parkplatz hinter einem Nachtclub.


    Indraneel hoffte dass dieser Düsterling wirklich so gut war, wie seine Spitzel verrieten. Der Düsterling gehörte zu einer Zunft aus Shohiro und war Frontkämpfer. Die Schläger waren bereit. Er und Herwin waren bereit diese für den ersten Kampf zu opfern, um ihre Zielperson zu schwächen.


    Und ganz insgeheim hoffte Indraneel, dass Gasmi gut genug war, sich nicht von den Schlägern schnappen zu lassen. Alles andere wäre sehr unbefriedigend für ihn gewesen.


    Er beobachtete noch einige Sekunden über, wie sich ihre Zielperson entfernte und musste breit grinsen. Der Fuchs war aus dem Bau, die Hunde hatten seine Fährte. Die Jagd begann.


    ****


    Lauf solange Du noch kannst


    Schritte. Schwere Stiefel. Blicke die zu lange auf seinen Rücken ruhten. Viele Füße auf den Katzenköpfen-Pflaster in seinem Rücken. Noch bevor er sich umdrehte, wusste Gasmi, welcher Anblick sich ihm bieten würde.


    Ein Schwadron Schläger kam auf ihn zu. Sie trugen Vermummungen und waren für gewöhnliche Zivilisten allein dadurch schon einschüchternd genug. Sie schwärmten aus, und Gasmi ließ sich umzingeln, sodass er die Mutigeren automatisch direkt vor der Nase hatte.


    Die Feiglinge der Truppe in seinem Rücken interessierten ihn vorerst nicht. Einige nahmen sehr merkwürdige Posen ein, und wenn es Gas nicht besser gewusst hätte, hätte er vermutet, dass sie unter Wirbelsäulenverkrümmungen litten.


    Er zählte insgesamt zwölf, von denen sechs oder sieben so aussahen, als könnten sie mit ihren Körpern durchaus etwas anfangen und seien mehr als bereit dies aus zu demonstrieren.


    Die anderen hatten weder die entsprechenden Fähigkeiten noch das nötige Selbstbewusstsein. Typische Mittläufer, die sich gerne in solche Organisationen versteckten.


    „Bleib stehen, Du bist eingesackt“, sagte der Größte von den schwarzgekleideten Burschen.


    „Dass solltest Du lieber lassen Mensch, glaub es mir“, gab Gasmi zurück.


    Der große Kerl starrte Gas mit Unglauben an. Gas hielt seinem Blick stand, ohne ein einziges Mal zu zwinkern, ohne jede Spur vor Furcht. Die Haltung und der Geruch verrieten Gas, dass der Kerl zusehends unsicherer wurde.


    Er wandte sich den anderen zu.


    Gasmi wusste, dass der Bursche sich schon zu weit vorgewagt hatte. Er konnte jetzt keinen Rückzieher mehr machen. Er zog eine Armbrust unter seiner Jacke hervor und hielt sie locker in der Hand. Der Kerl hob die Waffe und richtete sie direkt auf Gasmi´s Gesicht.


    „Umdrehen, Arme auf den Rücken“, verlangte der Anführer.


    Zwei andere ließen nun ebenfalls ihre Waffen sehen. Gasmi sagte gar nichts, starrte nur ungerührt den vor ihm stehenden Kerl an, der wusste dass er sämtlichen Boden unter den Füßen verloren hatte.


    „Umdrehen verdammt nochmal!“, bellte der Anführer.
    „Nein“, sagte Gasmi ruhig.
    „Was?“, fragte der Kerl verwirrt.


    In diesem Augenblick der Verwirrung packte Gas den Arm, der ihm entgegen gereckt wurde, mit der linken Hand am Handgelenk und zog den Kerl mit einem heftigen Ruck zu sich heran, so dass die Waffe zur Seite zeigte. Dann griff er mit der rechten Hand nach dem Trizeps es Angreifers und drückte den Arm mit Wucht nach unten, so dass der Ellbogen einknickte.


    Die Waffe fiel zu Boden und Gasmi kugelte dem Burschen mit brutalem Ruck den Arm aus, das anschließende Gekreische ließ die anderen erstarren. Gas ließ ihn fallen wie einen nassen Sack und der Kerl brach am Boden zusammen.


    Gasmi sprang mit einem Satz auf die anderen gezogenen Waffen zu, kickte sie mit einem Fußtritt beiseite und nutze seinen Schwung, um die Wucht, mit der er seinem Gegner den Ellbogen ins Gesicht rammte zu erhöhen.


    Der Kopf des anderen schnappte nach hinten, Blut spritzte aus seinem Mund und der Kerle sackte zusammen. Zeitgleich sahen die anderen Schläger was Sache war, ihr Kollege rutschte von der Klinge die Gas zeitgleich mit dem Schlag gezückt hatte.


    Der andere bewaffnete Kerl wich zurück, die Handflächen geöffnet, die Augen weit aufgerissen.


    Gasmi ignorierte ihn, hörte ein Klappmesser aufschnappen, drehte sich um, wich aus, als der Angreifer auf ihn losstürzte und dann ins Leere sprang, stolperte und völlig aus dem Gleichgewicht geriet. Gasmis Greifschwanz schnellte hinterher und strangulierte den Kerl im Sturz.


    Der nächste Schläger kam von hinten. Gasmi wirbelte herum und knallte dem Kerl die stählerne Handkante vor den Hals und zertrümmerte ihm den Kehlkopf. Gefällt brach er tot zusammen.


    Jetzt kamen noch zwei Schläger auf ihn zu, diesmal gleichzeitig. Einer schwang sein rasiermesserscharfes Messer, der andere einen Schlagstock.


    Der Schlagstock kam zuerst auf ihn zu, von links, in Kopfhöhe. Gasmi packte den Schlagstock zusammen mit der Hand des Angreifers, nutzte den Schwung des Schlägers aus und entriss ihm seinen Besitzer.


    Dann rammte er ihm die Klinge in die Seite, so dass er mit gebrochenen Rippen und angestochener Lunge nach Luft schnappend zur Seite taumelte und auf den Boden stürzte.


    Keine zwei Sekunden später ließ Gasmi den Schlagstock mit brachialer Gewalt auf den Schädel des Schlägers krachen.


    Blut spritzte auf die Umstehenden.


    Das Nahkampfmesser zischte um Zentimeter an Gasmi´s Gesicht vorbei. Der Düsterling duckte sich, zog sich zurück und wartete ab.


    Die nächste Attacke wischte er mit dem Unterarm zur Seite und schwang gleichzeitig mit der anderen Hand den Schlagstock. Er holte zuerst den Angreifer von den Beinen und zerschmetterte ihm anschließend den Schädel.


    Ein kleinerer Kollege erwachte scheinbar aus seiner Angststarre und startete unter lautem Geschrei eine wütende Messerattacke. Gas duckte sich und schlug seinen Arm mit Wucht auf den ausgestreckten Arm des Gegners. Knochen barsten. Der Schläger schrie auf und ließ das Messer fallen.


    Gasmi wechselte den Griff, schwang den Schlagstock nach oben und rammte ihn von unten gegen den Kiefer des Schlägers, sodass dieser von den Füßen gerissen wurde und als lebloses Häufchen auf den Boden klatschte.


    Das alles hatte keine Minute gedauert. Sechs lagen tot auf dem nassen, dreckigen, blutbesudelten Boden.


    Die anderen standen wie gelähmt da, von einer Mischung aus Ehrfurcht und tödlichem Schrecken gepackt.


    Gasmi starrte sie an und peitschte wütend mit seinem Greifschwanz.


    Er wusste, dass er jederzeit seine Waffe herausreißen und jeden Einzelnen von ihnen innerhalb weniger Sekunden abknallen konnte, aber sechs Bolzen-Schüsse würden garantiert die Büttel auf den Plan rufen.


    Sechs lautlos abgeschlachtete Straßenschläger brachten schon genug Schwierigkeiten mit sich, aber er hatte seinem Clan einen Gefallen getan, indem er nicht zurück zur Gruppe geflüchtet war. Er konnte nicht die Gefahr zu seinem Rudel führen.


    Gas ließ den Schlagstock noch einmal in der Hand herumwirbeln, deutete dann auf den ihm an nächsten stehenden Schläger und tippte ihn mit der Waffe unter dem Kinn an.


    Dieser verzog angewidert das Gesicht, als er das Blut und die Fetzen seiner Kumpane spürte.


    Gasmi schaute diejenigen die das Glück besaßen noch am Leben zu sein, einem nach dem anderen an.


    „Lauft solange Ihr noch könnt“, sagte er leise, zog den Schlagstock zurück und nahm erneut Kampfpose ein.


    Für einige Sekunden starrten die sechs restlichen Schläger fast ehrfürchtig auf den kleinen Dämon, ehe sie auf dem Absatz umdrehten und Fersengeld gaben. Gasmi tat es ihnen Sekunden später gleich. Er flüchtete in entgegengesetzter Richtung.


    ****


    Versagt


    "Zekai Dein schwachsinniger Haufen hat versagt. Das Paket wurde nicht zugestellt", zischte Indraneel.


    Einen Augenblick später übermittelte er die Information in den Nexus an seine drei magischen Mitstreiter. Dabei vermied er es aber tunlichst an seine Team-Kollegen seine derzeitigen Gefühle zu übermitteln.


    Allenfalls Herwin hätte er sie jetzt übermitteln können, denn dieser war genau wie er selbst heiß darauf, sich mit dem Kerl zu messen, der gerade innerhalb weniger Augenblicke sechs Schläger dermaßen gekonnt demontiert hatte, dass es ein regelrechtes Vergnügen war ihm dabei zuzuschauen.


    `Status?´, kam direkt die Anfrage von Yessi.
    `Paket hat sich verzogen. Meine Nachforschung ergab, dass er in entgegengesetzter Richtung von den Schlägern geflohen ist´, erstattete Indraneel Bericht.


    `Tolentini soll sich die restlichen Schläger vor Ort schnappen und die Verfolgung aufnehmen. Hetzt das Paket bis zur völligen Erschöpfung, bevor es zugestellt wird. Es darf unter keinen Umständen getötet werden. Es ist zwingend erforderlich das Paket lebend zu bergen. Lebend heißt aber nicht unverletzt. Der Bursche darf nicht sterben und muss noch aussagefähig sein. Wir brauchen ihn als Faustpfand. Töte Zekai für sein Versagen. Ich erwarte Befehlsbestätigung´, kam die Order von Yessi mental.


    `Verstanden Boss´, antwortete der Alb auf gleichem Weg.


    Er wandte sich Tolentini zu und gab den Befehl von Yessi weiter.


    "Wir nehmen sofort die Verfolgung auf und halten Sie auf dem Laufenden. Sobald das Paket Versand bereit ist, mache ich umgehend Meldung", bestätigte Tolentini.
    "Sehr gut. Teilen Sie sich auf, flankieren Sie ihn. Hetzen Sie ihn, er darf keine Verschnaufpause haben. Völlig leergepumpt lässt er sich leichter sichern. Sie wissen selbst wie Sie am besten vorgehen. Wir nehmen zusätzlich die Verfolgung auf und versuchen ihn von anderer Seite abzupassen. Stirbt der Düsterling durch Ihre Unfähigkeit, sterben Sie auch Tolentini", antwortete Indraneel.


    `Devar, Indraneel, Herwin - mentaler Verbund mit mir´, befahl Yessi um mit ihrer Truppe zu sprechen.


    `Huhu´, grüßte Devar gedanklich.
    `Bin da Boss´, antwortete Indraneel mental.
    `Grüße´, übermittelte Herwin.


    `Rapport – das Paket ist eine äußerst gefährliche Kampfsau. Lass uns etwas zurückfallen, damit die Truppe zur Hauptangriffsgruppe wird. Lass sie den Vorstoß machen Yessi, wir sahnen nachher ab. Er hat sechs Straßenschläger binnen kürzester Zeit ausgeschaltet. Wir sollten die Schläger sich um den unbequemen Teil kümmern lassen. Sie gehören nicht zu unserer Gruppe, ich erachte sie als völlig entbehrlich´, übermittelte Indraneel.


    `Guter Vorschlag´, teilte Herwin mit.


    `Guter aber unnötiger Vorschlag Indri. Du bist wieder mal zu schnell. Oder glaubst Du wirklich ich hätte in Betracht gezogen Euch nur eine Sekunde zu gefährden? Wofür haben wir die Schläger-Spinner denn mitgenommen?


    Sie stehen bei uns in der Schuld, nicht umgekehrt. Sollen sie ihre Schulden auch gefälligst abarbeiten. Wir sind nicht die Wohlfahrt. Sammeln los´, teilte Yessi gut gelaunt mental mit.


    `Stimmt, mein Fehler Boss´, übermittelte der Frostalb.


    Diesmal ließ er die Gruppe an seinen Gefühlen teilhaben. Sie spürten seine boshafte Befriedigung über Yessi´s eiskalte und logische Entscheidung. Binnen einiger Sekunden, erhielt er die Rückkopplung von Yessi, Herwin und Devar – sie dachten gleich.


    ****


    Grausiger Grillabend


    Gasmi lief was seine Beine hergaben, aber zeitgleich hatte er darauf zu achten, keinen Passanten über den Haufen zu rennen. Selbst etwas Lautloses und fast Unsichtbares in der Dunkelheit nahm man wahr, wenn es eine Schneise durch Passanten pflügte.


    Sein Ziel war es in ein Stundenhotel oder eine Vergnügungsbar zu fliehen. Bei dem Andrang der dort herrschte, konnte er gut in der Menge untertauchen.


    Gasmi beabsichtigte so etwas Energie zu sparen die er vermutlich sehr bald für einen weiteren Kampf brauchen würde.


    Da Gasmi das nicht genau wusste und nur nach Fakten handelte, tat er das für ihn einzig logische – er versuchte sich selbst vom restlichen Rudel so weit weg wie möglich zu entfernen. So würden sich entweder die Angreifer aufteilen müssen, oder was er bevorzugte, sich ganz an seine Fersen heften. Keinesfalls würde er die Feinde zu seiner Familie führen.


    Er drückte sich an eine Häuserwand und linste um die Ecke. Dort genau schräg gegenüber war eines der besagten Vergnügungshäuser. Gas gab seine Tarnung auf und schloss sich einem Pulk von Wanderern an.


    Er ging nicht zu schnell und nicht zu langsam. Hielt sich aber stets so, dass es für Außenstehende so aussah, als gehöre er zu der gemischten Gruppe.


    Noch einige Schritte trennten ihn vom Inneren der Bar. Bange Sekunden, in denen er schon befürchtete erneut von den Schlägern angequatscht zu werden.


    Aber nichts geschah und so betrat er gemeinsam mit den anderen den Club auf dessen Tischen Frauen und Männer jeglicher Rassen zu lauter Musik tanzten um die Besucher zu animieren, vielleicht doch jemanden mit aufs Zimmer zu nehmen.


    Gasmi schaute sich um, als um ihn herum die Panik ausbrach da ein Trupp Schläger den Laden stürmte.


    Die Schläger waren garantiert nicht allein. Der Geschäftsführer des Clubs, ein kleiner, hagerer, grau-grüner Goblin mit verblüffend lauter Stimme musste brüllen um von seinen verängstigten Gästen überhaupt gehört zu werden.


    Manche waren auch hier unten nur halb angezogen und durch das Gebrüll der Schläger sowie die Schreie vom Geschäftsführer wurde es nicht besser ehr schlimmer. Gasmi konnte im Moment das Chaos nur Recht sein.


    Gas stand in einer Ecke und hatte sich so gedreht, dass er die Eingänge zur Bar sowie das Treppenhaus im Auge behalten konnte. Die übrigen Mitglieder des Schlägertrupps hatten nicht mehr viel Zeit, um ihren Auftrag zu erledigen, denn auch hier gab es Sicherheitskräfte.


    Und nichts was Goblins mehr hassten, als wenn man ihnen ans Geld ging. Genau das war hier gerade der Fall, denn die Gäste würden garantiert nicht noch einmal einen Fuß in diesen Vergnügungstempel setzen. Sie suchten hier ganz andere Action, als diese, die sich ihnen gerade bot.


    Vermutlich regierte jetzt, wo sie erfasst hatten, dass bereits sechs ihrer Männer tot waren, die nackte Panik. Sie würden entweder selbst die Flucht ergreifen, wovon Gas allerdings nicht ausging, oder versuchen ihren Job zu erledigen.


    Schlimmstenfalls würden sie sich blutig rächen. In dem großen Durcheinander, das jetzt herrschte, war viel zu viel los um ihn draußen auf der Straße einzusacken oder einfach zu erschießen.


    Außerdem war es zu riskant, Angesichts der anrückenden Sicherheitskräfte. Es dauerte ungefähr eine Minute, länger als Gasmi vermutet hatte.


    Sie waren wohl doch nicht ganz so gut, wie er zunächst angenommen hatte. Vielleicht Frischlinge im Dienst.


    Sie waren leicht zu erkennen, der erste Mann kämpfte sich mühsam durch den Strom der Gäste der verzweifelt versuchte nach draußen zu gelangen. Einen Augenblick später kam der Zweite aus dem Flur im Erdgeschoss in die Lobby geschritten.


    Der erste Mann hatte blonde Haare, die rechte Hand in der Tasche vergraben. Der andere Kerl war groß, schlank und durchtrainiert, er trug eine Robe und hatte lange feuerrote Haaren.


    Mit einer Hand schob er die Leute unwirsch aus dem Weg, ohne jede falsche Rücksicht. Einer der Magier!


    Blondie und Feuerfuchs trafen in der Mitte der Lobby zusammen und sprachen kurz miteinander. Dann blickten sie sich flüchtig um und warfen auf dem Weg durch die Vorhalle einen schnellen Blick in die Bar.


    Der blonde Mann steuerte die Treppe an, der Rotschopf wandte sich den fliehenden Kunden zu. Angesichts der Besuchermenge zwischen ihnen und Gasmi war es ein verständlicher Fehler, dass sie den kleinen Gasmi übersahen, aber dennoch würde er sie für den Fehler teuer bezahlen lassen.


    Mit gemessenem Schritt nutzte Gas eine Gruppe die gerade die Bar verließ als Deckung vor den Blicken des Rotschopfs, ging an dessen Rücken vorbei zur Treppe.


    Der Blondschopf sah den Schatten zu spät. Er versuchte noch, die Waffe zu ziehen, stellte seine Bemühungen aber sofort ein, als er Gasmis Waffe zwischen seinen Rippen spürte.


    Gas richtete die Armbrust aufwärts und zielte auf das Herz. Gleichzeitig packte er mit seinem Greifschwanz das Gemächt des Burschen und drückte zu. Die stählernen Muskeln besaßen unglaubliche Kräfte und er ging nicht sparsam damit um. Zeitgleich hatte so der Düsterling immer noch beide Hände an der Armbrust.


    Der Mann schnappte nach Luft und wäre unter dem Ansturm der höllischen Schmerzen beinahe zu Boden gegangen. Gasmi stieß ihn durch die Türöffnung und flüsterte ihm ins Ohr.


    „Rechte Hand raus aus der Tasche. Waffe loslassen“, knurrte er.
    Der Mann gehorchte.


    „Wie viele seid Ihr?“, wollte Gasmi wissen.


    Der Mann konnte sich kaum auf den Beinen halten und schnappte nach Luft um etwas zu sagen. Er hatte Todesangst, wie der Geruch von dem Kerl Gasmi verriet. Er konnte es dem Burschen nicht verdenken.


    „Was?“, keuchte der blonde Kerl nur hervor.
    Gasmi bugsierte ihn einen Treppenabsatz höher und quetschte dem Kerl noch einmal fest die Eier, um ihn klarzumachen, dass jeder Gedanke an einen Ausweg zwecklos war. Es war eigentlich überflüssig, aber Gas war einfach stinksauer.


    „Hier lang“, befahl der Düsterling.
    Sie nahmen auch den nächsten Absatz und landeten vor der Tür zum ersten Stock.


    „Aufmachen und rein“, knurrte er.


    Sie bogen um die Ecke in einen anderen Korridor ein. Es war still. Die Gäste hatten sich mittlerweile alle in der Lobby oder draußen auf der Straße versammelt, genau wie die Angestellten die hier bedienten.


    „Tür aufmachen“, befahl Gasmi.
    „Welche denn?“, fragte der Mann zitternd und seine Stimme klang total heiser.


    Gasmi jagte drei Bolzen an die Stelle zwischen Schloss und Türrahmen.

    „Die“, antwortete er knapp.


    Der Mann zögerte und Gasmis Greifschwanz zog sich fester zu wie eine wütende Würgeschlange. Langsam mit schweißnassen Händen drückte der blonde Kerl die Klinke, und Gasmi stieß ihn ungeduldig ins Zimmer. Dann ging er hinterher und schob die Tür behutsam mit dem Fuß wieder zu.


    „Waffe fallen lassen“, befahl er.
    Der Mann griff in seine Tasche und holte langsam, nur mit Daumen und Zeigefinger das Messer hervor und ließ es zu Boden fallen. Gasmi grabschte es mit den Zehenkrallen eines Fußes und steckte es dann schnell in den Gürtel, bevor er wieder beide Hände an die Armbrust nahm.


    Gas ließ den Blondschopf los und schleuderte ihn nach vorne. Der Kerl stolperte, brach auf dem Fußboden zusammen und hielt sich die gequetschten Eier. Seine Tage als heißer Stecher waren Vergangenheit. Gasmi musterte ihn lauernd.


    Der Blick des Mannes huschte für einen Augenblick hinunter zu seinem rechten Fuß und dann schnell wieder weg. In einem seiner Stiefel, kaum zu erkennen für menschliche Augen, steckte ein winziger, rasiermesserscharfer Dolch.


    Der Bursche sah, dass Gasmi seinen Blick registriert hatte und seine Gedanken richtig interpretiert hatte. Gas schüttelte nur einmal langsam den Kopf als Warnung. Er trat einen Schritt nach vorn und richtete die Waffe auf die Stirn des Mannes.


    „Wie viele seid Ihr?“, hakte er nach.
    „Sieben“, kam die Antwort.
    „Willst Du mich verarschen? Dein Schlägertrupp hatte 12 Mann Stärke. Letzte Chance“, warnte Gas grollend und peitschte mit dem Greifschwanz.


    „Aufklärer in Zivil, sieben. Zwei Truppen Schläger, 24 Mann. Vier Magier“, keuchte der Blondschopf erklärend und verzog das Gesicht für einen Augenblick unfähig weiter zu sprechen, wegen der höllischen Schmerzen in seinen Lenden.
    Das ließ Gas die Spucke wegbleiben.
    Was zur Hölle wollten die von ihm?


    Die Schläger würde er ausschalten können, wenn er es klug anging. Aber sich gegen die ganze Übermacht zu stellen, kam einem Todesurteil gleich. Den Magiern musste er unbedingt aus dem Weg gehen.


    „Die Magier, Namen, Beschreibung, sofort“, forderte Gasmi.
    „Alle vier ja?“, hakte der Mann nach.
    „Rede“, knurrte Gasmi.
    „Weiß ich nicht… bei Ainuwar ich weiß nicht ob ich das sagen kann“, wimmerte der Kerl.
    „Wenn nicht, wirst Du Ainuwar gleich persönlich davon erzählen können, statt mir“, sagte Gasmi.


    Gasmi jagte einen Bolzen in den Boden, genau zwischen die Beine des Kerls. Er musste zwar sparsam mit Munition umgehen, aber er hatte keine Zeit für ein ausgiebiges Verhör. Der blonde Kerl starrte in das verkohlte Loch im Boden.


    „Ich schwör es Dir, ich weiß es nicht“, keuchte der Mann.
    „Lüge! Rede oder ich ziele höher, nun?“, hakte Gas stinkig nach.
    „Ja, ja doch ich rede!“, stöhnte der Mann.
    „Wer leitet Eure Operation? Wie heißt Du?“, wollte Gasmi wissen.
    „Die hier? Ich. Ich heiße Zekai“, antwortete Zekai.
    „Hä? Aus welchem Grund jagst Du mich? Du bist sicher kein Magier und wenn bist Du der dämlichste Magier den ich je getroffen habe“, sagte Gas verwirrt.
    „Achso. Die gesamte Operation leitet Yessi“, antwortete der Blondschopf.
    „Aha. Sagt mir nichts. Seid Ihr mir gefolgt? Und warum habt Ihr nicht eher versucht mich umzubringen?“, fragte Gas.


    „Du wirst schon länger observiert. Wir haben versucht Dir zu folgen, aber Du bist immer entwischt. Und wenn man Dich dann doch sah, warst Du nie allein. Niemand will Dich töten. Sie wollen Dich lebend einfangen“, erklärte der Kerl.


    Gasmi sah, dass sein Gegenüber beschlossen hatte die Wahrheit zu sagen. Vielleicht glaubte er ja, dann hätte er eine Chance.


    „Warum hast Du mir die Schlägertruppe auf den Hals gehetzt? Um mich dort zu stellen?“, fragte Gasmi.
    „Ja auch. Aber ich war zu voreilig. Ich hab die Nerven verloren. Ich wollte nicht vor Yessi und ihren Freunden als Versager dastehen und ihre Wut provozieren. Ich dachte Du haust ab und wir hätten Dich dann verloren. Der ganze Einsatz wäre umsonst gewesen. Einfach schlechte Planung“, gab Zekai zu.
    „Wirklich nicht besonders schlau“, grinste Gasmi.


    „Ja wir sollten Dich stellen und auslaugen. Wir sollten sichergehen, dass wir Dich einsacken können und dann auf weitere Instruktionen warten“, antwortete Zekai ehrlich.


    „Wer ist genau diese Yessi? Für wen arbeitest Du da? Das läuft doch nicht normal ab. Wir haben keine Fehde mit wem! Sie hätten einen Assassinen gesandt der es drauf hat. Warum schickt sie so einen Trottel wie Dich? Ist das irgendwie ein blöder Scherz? Wer ist sie? Was tut sie?“, fragte Gasmi.


    Der Kerl ließ den Kopf sinken. Tränen liefen ihm über die Wangen.


    „Bitte… verlang das nicht“, bettelte er.
    „Für wen?“, hakte Gas erneut nach.


    „Sie kocht ihre eigene Suppe und ihr Team ist gemischt. Sie ist ein Magier, drei ihrer Kollegen sind Magier, die Oberhäupter ihrer Zunft. Sie sind extrem gefährlich. Sie jagen nicht Dich Düsterling.


    Ich weiß nichts genaues, aber wenn die vier Magier gemeinsam auf Jagd gehen, dann jagen sie meist einen Kollegen. Entweder um ihn in ihre Gruppe aufzunehmen, oder um ihn zu töten. Mehr kann ich nicht sagen und ich sagte schon zu viel“, erklärte Zekai und schaute zu Gasmi um Gnade bettelnd auf.


    Gasmi glaubte ihm.


    Der Düsterling nickte knapp, im gleichen Augenblick grabschte er den Burschen hinter den Ohren und drückte so zu, dass er ihn ins Land der Träume schickte.


    Dann kniete er sich neben den Bewusstlosen, suchte nach irgendeinem einem Hinweis, der ihm weiterhelfen konnte. Ein Dielenbrett knarrte.


    Gasmi erstarrte und blickte über seine Schulter. Durch den Schlitz unterhalb der Tür konnte er einen Schatten draußen im Korridor erkennen. Einen Schatten der sich bewegte.


    Gasmi tauchte nach rechts und drückte sich an die Wand genau neben der Tür, so dass der Angreifer ihn beim Hereinstürmen nicht sehen konnte.


    Fast im gleichen Augenblick zersplitterte die Tür in tausend scharfkantige Splitter und wurde in das Zimmer gepustet.


    Ein echsenartiger Kerl mit wehender Robe stürmte ins Zimmer. Ein Wesen wie es Gasmi vorher noch nie gesehen hatte. Der Bursche schleuderte bereits einen Feuerball, bevor er ein Ziel ausgemacht hatte, staunte Gasmi.


    Doch falsch, er war gar nicht das Ziel, sondern der ohnmächtige Zekai ging wie ein Grillwürstchen in Flammen auf.


    Gasmi machte schleunigst dass er aus dem Zimmer kam. Er glitt hinter den Magier vorbei auf den Flur und machte dass er wegkam.