Kapitel 1 - Der Schwarze Skorpion

  • Der Schwarze Skorpion
    Robere tastete nach der Tätowierung auf seiner rechten Hand. Er spürte die leichten Erhebungen, wo die Tinte ihm unter die Haut gestochen worden war. Der schwarze Skorpion war so tätowiert, dass eine Schere auf dem Zeigefinger lag und die andere auf dem Daumen, so dass das Tier sich kampfbereit zu bewegen schienen, wenn Robere die Finger spreizte oder zur Faust ballte. Es war die Hand, mit der er seine Waffe führte und die selbst zur Waffe werden konnte. Jene Hand, die das Gesicht eines Menschen zu einer blutigen Masse verarbeiten, ihn gegen eine Wand pressen und sich um einen Hals legen und zudrücken konnte. Die Hand, die ungezählte Männer so fixiert hatte, dass es kein Entkommen vor dem Stich des Skorpions gab. Aber weder Stachel noch Scheren nützten ihm jetzt etwas. Der Panzer war es, der nun seine Härte unter Beweis stellen musste ...


    << Die Bestrafung von Bellamy & Robere


    Archibald von Dornburg
    Archibald wartete bis der Hauptpulk mit dem Ex-Palaisin verschwunden war, ehe er sich zum Blutgerüst begab und Robere ohne jede Scheu von oben bis unten musterte. Archs Augen bohrten sich in die von Robere. Einen Moment später grinste Arch zähnefletschend, so dass Robby die Bedrohung sah, die auf ihn herablächelte wie ein Todesengel. »Genauso dumm und unfähig wie der Vater. Wie das Schaf, so dass Lamm.... der Apfel fällt nicht weit vom Stamm... Robere... Kazrar... beides seid Ihr Versager auf ganzer Linie. Der eine lässt sich beim Fressen erwischen, der nächste beim Bumsen.... Ich hoffe Du hast keine Kinder... wobei.... böser Scherz von mir... mit Senf bekommst Du schließlich alles runter nicht wahr? ...Nur muss es Dir serviert werden....«, säuselte Arch amüsiert und grinste Robere an. »Eine Schande dass sich jene wie Du in unseren Kreisen bewegen... aber vielleicht bist Du im Gegensatz zu Deinem Vater.... sagen wir mal lernfähig«, lachte Arch.


    Robere
    Robere drehte in Zeitlupe seinen Kopf dorthin, woher die Stimme kam. Unter normalen Umständen hätte er getan, als würde er bewusstlos sein. Doch der Fremde hatte ein Wort gesagt, dass ihn dazu brachte, ihm seine Aufmerksamkeit in dieser schmachvollen Situation zu widmen. »Ich ... habe keinen ... Vater«, schnauzte Robere erbärmlich kraftlos. Er schaute dem Fremden nicht in die Augen, sondern die ganze Zeit auf die Zähne. »Hau ... ab ... Saftsack.«


    Archibald von Dornburg
    "Nicht so schroff, ihm Gegensatz zu Dir habe ich Krallen die ich ausfahren kann", lachte Arch und ließ Robere davon kosten indem er ihm einen Cut über die Wange zog. "Du hast einen Vater, Dein Gesicht hätte ich unter tausenden wieder erkannt. Du bist der Sohn von Kazrar, meinem... einstigen Mündel. Meinem Lehrling. Du bist ihm nicht nur wie aus dem Gesicht geschnitten, Du bist auch genauso unfähig. Wie kommst Du darauf, dass Du keinen Vater hättest? Er hatte nur kein Interesse an Dir, gab Dich ab, hielt Dich für wertlos...", lachte Arch, "so wie ich ihn... nun seine Unfähigkeit hat ihn dahingerafft. Solltest Du vermeiden, ein gut gemeinter Rat von einem Beißer zum anderen... und Du hast das falsche Kind gebissen".


    Robere
    Robere fühlte sich so elend, wie man sich gerade noch fühlen konnte, ohne das Bewusstsein zu verlieren. Der Fremde zeigte ihm, was ihn erwartete, wenn er weiter den großen Mund hatte. Robere funkelte ihn aus dunklen Augen an, doch er verkniff sich weitere Beschimpfungen. Sein Leben lang hatte er nichts über seine Eltern gewusst, als dass diese ihn schon als Säugling in einem Waisenhaus abgegeben hatten. Er hatte nie damit gerechnet, zu erfahren, wer sie waren und es hatte ihn auch nur am Rande interessiert. Er hatte Boldi und die Leibgarde. Doch nun, da er unerwartet eine Spur präsentiert bekam, die ihn zu seinen wahren Wurzeln führen würde, wollte er mehr. Plötzlich war es ihm ganz und gar nicht mehr egal, wer seine Eltern waren. »Wer waren ... meine Eltern?«, verlangte Robere zu wissen. »Wieso ... Beißer? Und der Kleine ... war kein Kind.«


    Archibald von Dornburg
    »Er ist ein Infant, von infantil - kindlich, ergo ein Kind. Aber er gehört mir, lass die Finger von ihm, sonst sind sie ab. Ein Kind muss nicht zwangsläufig vier oder fünf Jahre alt sein. Manche überleben das Erwachsenwerden, manche nicht. Die meisten nicht. Dein Vater war ein Beißer, ein Menschenfresser, ein Kinderfresser und er war grottenschlecht darin Robby. Er gehörte unserem Zirkel an, dem Ring der Menschenfresser. So kam ich an das Anhängsel. Aber so dumm und unfähig er auch war, in einer Welt voller Fremder, war er einer von uns. Nur halt ein Klappspaten, zu allem bereit aber zu nichts zu gebrauchen. Hätte er sich etwas mehr angestrengt, als nur so zu tun, wäre noch tatsächlich was aus ihm geworden. Aber so kam es nicht. Kazar war ein Halb-Arashi - er hieß mit Nachnamen Chud. Deine Mutter war eines seiner Spielzeuge, kurzum Beute. Sie war unerheblich. Normalerweise nehmen wir uns der Kinder anderer an, da wir unsere eigenen Kinder nicht aufziehen können. Was verständlich ist... logisch... niemand möchte das eigene Kind... beißen. Drum sehen wir zu dass sie gut unterkommen und versorgt sind. Das warst Du. Aber da Kaz den Arsch zugemacht hat und ich Dich hier sah, wie man Dir Deinen aufgestemmt hat, dachte ich - ich sag mal Hallo«, lachte Archibald.


    Robere
    »Halt`s Maul«, brüllte Robere wütend und schlug verzweifelt aus seiner liegenden Position nach dem Gesicht des über ihm gebeugten Fremden. Er wollte nicht, dass dieser Kerl so von seinem Vater sprach, auch wenn er ihn nicht kannte, es war trotzdem sein Vater! »Wie heißt meine Mutter, sag mir, wie meine Mutter heißt, du verlogenes Schwein! Rede nicht so von meinem Vater! Ich bring dich um, hörst du? Ich bring dich mit bloßen Händen um!« Er packte den Mantel des Fremden und machte eine reißende, drehende Bewegung, um ihn zu sich herunter zu zerren.


    Archibald von Dornburg
    Die Finger von Archibald schlossen sich wie eine Schraubzwinge um die Kehle von Robere. Er fühlte wie sein Kehlkopf gequetscht wurde. »Findest Du nicht, dass Du schon genug Abreibungen für heute erhalten hast? Meine wäre weniger... zärtlich...«, grinste Arch und erhöhte kurz den Druck auf Roberes Hals, ehe er sich mit einem Ruck befreite und den Mann zurück in seinen Unrat drückte. »Einmal schenke ich Dir, beim nächsten Mal lernst Du mich kennen Larve. Deine Mutter war wie gesagt nur Fraß - Beute, atmendes Fleisch. Und eigentlich bin ich deshalb hier... ich werde Dir Deine Bestimmung zeigen Du Tropf. Und dann werden wir sehen, was aus Dir wird. Vielleicht wird sich nach dem Begreifen Dein Leben ändern. Aber vorher musst Du Deine Natur erkennen und Deiner Bestimmung folgen. Sobald Du das getan hast, wirst Du nicht mehr für so einen Unsinn jagen, sondern für das was Du bist. Schon mal was gegessen in Deinem Leben? Ich spreche von Fleisch... Menschenfleisch...«, schnurrte Arch.


    Robere
    Er musste würgen und erbrach einen Schluck Magensäure. Die Schmerzen in seinem Körper machten jede ernsthafte Gegenwehr zunichte. Robere musste aufgeben, die Schmerzen und die Übelkeit waren übermächtig. Diesen Kampf hatte er verloren. Er ließ sich willenlos zurück in die das Gemisch aus Urin und Scheiße drücken. Er sehnte sich nach Boldi, das war alles, was er noch wollte, dass Boldi ihn abholte und zurück in sein Quartier brachte, ein paar Befehle verteilte und alles wieder in Ordnung war. »Ich bin kein Kannibale, Hundsfott ...«, sagte er kraftlos. »Ich bin ... Leibgardist ... des Ducs. Friss ... den Kleinen ... auf. Die verlogene ... Natter.«


    Archibald von Dornburg
    »So leicht kommst Du mir nicht davon Kazrar Junior. Du wirst Deiner Bestimmungen folgen, so wie es Dein Erbe verlangt, Dein Blut. Ein klein wenig Chaos wirst auch Du in die Welt zaubern, bevor Du sie verlässt und Du tust es im Papas Namen. Sei unbesorgt, ich bin für Dich da. Du solltest nichts verurteilen, was Du nicht kennst. Ich schwöre Dir, einmal gegessen wird es Dir eine Offenbarung sein. Du wirst Dich an etwas erinnern, woran Du überhaupt keine Erinnerung haben dürftest... bei mir war es so. Scheinbar war mein Vater kein Kanibale. Ich befürchte lieber Robby, er war er es doch. Mehr sogar noch, er war ein ausgezeichneter Lügner. Aber gut, er hätte nicht so lange überlebt als einer von uns, wäre er nicht in der Lage gewesen, eine Maske zu tragen. Was auch erklärte, wieso ich genauso früh abgegeben wurde wie Du. Nun wie dem auch sei, Du bist bereit zu lernen wie ich sehe und ich werde Dir auf die Beine helfen. Nun jetzt vielleicht nicht wo Du so stinkst, aber später... ich weiß wo ich Dich finde... und das werde ich Robby. Dann werden wir zwei einen schönen Ausflug machen und gemeinsam speisen. Er ist keine verlogene Natter... Robby, wie dumm muss man den sein? Such Dir einen Gegner, der überhaupt nicht Deine Kragenweite ist. Such Dir jemanden von dem Du weißt, das er wehrlos ist. Scheinbar hast Du keine Augen im Kopf. Nathan ist nicht wehrlos er hat mächtige Freunde. Such Dir ein echtes Kind, jemanden den Du zur Not tragen kannst. Handlich, klein, ich bringe es Dir bei. Irgendwie fühle ich mich sentimental in Deiner Nähe... hmmmm«, gurrte Arch.


    Robere
    Robere bekam es mit der Angst zu tun, als der Fremde ihm drohte, ihn zu finden. Das war tatsächlich nicht schwer, denn Robere hatte keine richtige Wohnung irgendwo, sondern nur ein Zimmer im Palast, wo er bei Dienstfrei wohnte, um selbst dann seinen Kameraden nahe sein zu können. Wo sonst sollte er hin? Es gab niemanden als Unitè B in seinem Leben. Was immer dieser Kerl vorhatte - wenn er Robere wirklich finden wollte, würde er ihn finden. »Wir sind ... viele. Wir sind ... hervorragend ausgebildet. Wir sind die Leibgarde. Hüte dich. Beißer. Der Kleine ... wollte es. Er bettelte ... nach meinem Schwanz. Es war ... keine ... Jagd. Sieh.« Er hob die Hand und zeigte Archibald die Tätowierung des schwarzen Skorpions. »Falls ... du verstehst.«


    Archibald von Dornburg
    »Der Stachel eines Skorpions... Fleischeslust in anderer Form. Du kannst auch Deinen Mund gebrauchen Rob, aber dazu später mehr«, sagte Arch und musterte Robere so genau, als wollte er ihn mit den Augen sezieren. »Du hast wie Dein Vater gute Veranlagungen und sieht für einen Kerl attraktiv aus, dass sollte nicht brach liegen... meiner Meinung nach. Drum werden wir beiden dass in Angriff nehmen sobald Dein Hintern wieder Normalmaß erreicht hat ohne das die Mäuse drin tanzen. Sie betteln alle Rob, früher oder später, um mehr oder ums Ende, es ist gleich was sie wollen. Es ist nur wichtig was Du möchtest. Dein Skorpion gehört dazu, dass passiert von allein«, versprach Archibald und kraulte Robby kurz den Kopf ehe er sich langsam zurückzog. »Du bekommst Besuch, hohen Besuch... sei schön artig«, flüsterte Archibald. Linhard näherte sich gemeinsam mit Gregoire. Arch deutete eine Verbeugung an und schmunzelte. »Hoheit... Li-La... meine Verehrung«, grinste Arch und ließ die beiden mit Robby allein.

    "Not all those who wander are lost."
    J.R.R. Tolkien

  • Robere
    Entgegen dem, was Robere erwartet hatte, verstand der Kerl tatsächlich. Er verstand den schwarzen Skorpion. Ohne dass Robere es ihm erklärte. Zumindest verstand er die Kernaussage. Damit er ihn in allen Details begriff - dazu musste man selbst Skorpion sein. Dennoch war es ungewöhnlich. Die meisten hielten seine Tätowierung für nichts als eine Mode. Erstaunt blickte Robere dem Fremden nach, der verschwand, als sei er nichts als eine Einbildung gewesen.


    Gregoire Verrill de Souvagne
    Gregoire nickte knapp zurück und blieb genau vor Robere stehen. Nun wurde der Gardist vom Prince von oben bis unten gemustert. Ohne Scham schaute er ihm genau in den Schritt und schien gründlich zu überlegen, während sein Mann ganz dicht neben ihm stand. »Ihr seid nicht rasiert, weshalb?«, fragte Greg neugierig.


    Robere
    Einer der Prinzen trat an ihn heran - und schaute sich ungeniert seinen von dickem schwarzen Pelz umsäumten Unterleib an. Was für ein Tag! Robere hatte keine Wahl, als liegen zu bleiben und sich der Befragung zu stellen. »Ich wüsste nicht ... wozu«, antwortete er ehrlich.


    Gregoire Verrill de Souvagne
    "Nun rein um den Schönheitsideal zu entsprechen und der Hygiene, so wurde es uns beigebracht. Du hast da ja einen undurchdringlichen Urwald wuchern. Kratzt Dich das nicht?", fragte Greg grinsend.


    Robere
    »Man kann ... duschen«, murrte Robere. »Es kratzt nicht ... es ist weich. Stoppeln ... die kratzen wirklich. Ich bin nun mal ... haarig. Bisher ... hat sich noch keiner ... beschwert. Das alles rasieren ... nein.«


    Gregoire Verrill de Souvagne
    »Wirklich nicht? Ich hätte gedacht es fühlt sich an wie ein Reibeisen auf der Haut, oder Stahlwolle. Man kann sich sogar komplett baden. Ich war erstaunt dass Du so behaart bist. Keine Ahnung ich habe weder Busch noch Stoppeln, deshalb meine Neugier. Bist Du geduscht?«, fragte Greg.


    Robere
    »Ich war geduscht«, maulte Robere. »Jetzt nicht mehr ... offensichtlich. Scheiße! Boldi!« Er fragte sich, wie lange der Coutilier noch brauchen würde, um ihn endlich von hier wegzuholen. Andererseits konnte der auch nichts machen, wenn der Prince ihn gerade begaffen wollte. »Es ist weich«, versicherte Robere.


    Gregoire Verrill de Souvagne
    Greg nickte, während Linhard ihn vorsichtshalber festhielt. Er wusste nicht, was sein Mann als nächstes testen wollte. »Entspann Dich, reine Neugier. Ich habe noch niemanden gesehen, der so behaart war wie Du. Das sieht aus wie ein Teppich. Drum frage ich«, lachte Greg. Er warf Lin einen Blick über die Schulter zu, da ihn dieser festhielt und zwinkerte ihm zu.


    Robere
    Robere war nicht sicher, ob das ein Kompliment war, eine Beleidigung oder nur eine sachliche Feststellung. »Nach eine Vollrasur ... wäre ich wie eine Drahtbürste«, versicherte er. »So ist es ... besser. Und einfacher.« Er strich sich beiläufig über den wirklich ausgesprochen haarigen Bauch. Er mochte seine Behaarung.


    Gregoire Verrill de Souvagne
    »Sobald Ihr einmal sauber und absolut geschrubbt seid, werde ich das austesten. Reines Interesse, keine Angst«, lachte Greg und schüttelte belustigt den Kopf über Linhards Gesichtsausdruck.


    Boldiszàr
    Boldiszàr hatte sich beeilt, aber Bellamy war schwer und kaum fähig gewesen, zu gehen. Es hatte seine Zeit gedauert, den Mann in den vorgesehenen Raum zu buckeln. So schnell wie möglich war der Coutilier danach zum Richtplatz zurückgekehrt. Prince Gregoire und sein Gemahl standen vor den auf der Seite in seinem Dreck liegenden Robere und starrten auf ihn nieder. Es sah so aus, als würden sie ihm ungeniert zwischen die Beine glotzen. »Hoheiten«, sagte Boldiszàr knapp und hielt sich nicht damit auf zu fragen, ob es in Ordnung war, dass er nun das Objekt ihrer Betrachtungen entwendete. Robere streckte ihm froh die Arme entgegen und gemeinsam mit Etienne wuchteten sie ihren Kameraden auf die Füße. Boldiszàr legte ihm notdürftig ein Tuch um den Leib und dann brachten sie auch ihn Schritt für Schritt weg von dem Ort seiner Schande.

    "Not all those who wander are lost."
    J.R.R. Tolkien

  • Boldiszàr und Etienne schleiften Robere in die Heilstube. Der Gardist war unfähig, auch nur einen Schritt zu gehen und brüllte und fluchte vor Schmerzen. Als sie ihn auf die Liege des Heilers verfrachtete, setzte er sich zur Wehr, doch seine Kameraden machten kurzen Prozess. Er wurde ohne Rücksicht angepackt und dorthin gelegt, wo er liegen sollte. Keiner von ihnen war sonderlich sensibel und sie wussten, dass Robere behandelt werden musste, wenn er nicht elendig krepieren oder über Wochen vor sich hinsiechen wollte.


    Boldiszàr hielt sich nicht lange mit irgendwas auf. Er knallte Benito einen Sack voller Münzen auf seinen Arbeitstisch.


    »Tausend Kronen. Sollte das nicht reichen, nenn mir den Preis. Ich weiß nicht, was deine Heilkünste kosten, normalerweise behandelst du ja nur die Herrschaften. Mach für Robby eine Ausnahme und sag mir, wie viel du haben willst.«

  • Benito


    Benito eilte in seine Heilstube und schaute was der Lärm zu bedeuten hatte. Zwei der Gardisten hatten den Verurteilten Robere in seine Stube geschliffen und ihn auf der Liege abgelegt. Robere wehrte sich mit Händen und Füßen gegen seine Kollegen.


    Der Heiler zog eine Spritze auf und verpasste sie Robere in den Hintern. Der geschundene Gardist spürte, wie seine Muskulatur binnen eines Augenblickes weich wie Butter in der Sonne wurde und jede Gegenwehr völlig nutzlos wurde. Nachdem Benito den zappelnden Robere ruhig gestellt hatte, widmete er sich Boldiszàr.


    "Von mir wird niemand abgewiesen, kein wahrer Heiler würde einen Hilfebedürftigen abweisen. Ich helfe Deinem Freund, die tausend Kronen sind mehr als ausreichend. Allerdings könntest Du mir einen Gefallen erweisen, bitte Nathan Garcia den Leibdiener des jungen Duc zu mir. Bei ihm steht noch eine Nachuntersuchung aus. Dann muss ich nicht die Heilstube verlassen und kann mich Deinem Kollegen widmen", sagte Benito.


    Mit diesen Worten wandte er sich von Boldiszàr ab und Robere zu. Benito untersuchte Robere mit gekonnten Handgriffen. Den Gardisten hatte es schwer erwischt, sein Rücken war nur noch eine blutige Masse und seine Hautstreifen hingen in Fetzen an ihm herab. Sein Rektum stand seinem Rücken in nichts nach.


    Benito rief einige Helfer herbei. Sie reinigten Robere vorsichtig, danach mache sich Benito daran Robere mit Heilkunst und Heilmagie wieder herzustellen. Es verlangte ihm einiges an Kraft und Können ab, aber letztendlich bewies Ben erneut, weshalb er der Heiler der Krone war.


    Als Robere nach einigen Stunden wieder langsam zu sich kam, lag er erschöpft und total entkräftet in Zimmer in de Heilstube. Seine bedrohlichen, innerlichen Verletzungen waren verschwunden, dass spürte er eindeutig. Magie war hier am Werk gewesen. Alles andere war gesäubert und behandelt worden. Jemand hatte ihm eine kleine Mahlzeit auf den Beistelltisch gestellt, wie auch etwas Tee, damit er sich in Ruhe erholen konnte.


    Nathan in der Heilstube >>

  • Es war, als hätte er eine Nacht voller Alpträume hinter sich. Nur, dass diese Wirklichkeit gewesen waren. Als Robere nach der Narkose wieder zu sich kam, ging es ihm nach wie vor schlecht, aber die extremen Unterleibsschmerzen, die sich angefühlt hatten, als würde ein Messer in seinem Darm stecken, waren verschwunden. Robere untersuchte sich selbst und stellte fest, dass das Wichtigste wieder intakt war. Erleichterung. Er war Boldi was schuldig. Sein Rücken sah allerdings nach wie vor aus, als wäre ein Zwerg mit einem Pflug hin und her gefahren und hätte Ackerfurchen gezogen. Wieso hatte Benito den nicht gleich mit behandelt? Wahrscheinlich waren die Wunden belassen worden, um ihn weiter zu quälen, so wie er auch auf dem Richtplatz liegen gelassen worden war wie ein Stück Abfall. Irgendwer würde dafür büßen, ob er Schuld daran hatte oder nicht. Robere trank und aß etwas, dann drehte er sich zur Wand, um seinen finsteren Gedanken nachzuhängen.

    "Not all those who wander are lost."
    J.R.R. Tolkien

  • Archibald von Dornburg
    Es war später Abend, fast Nacht. Die Sonne war bereits untergegangen und die meisten Bürger in und rund um Beaufort waren längst von ihrem Tagewerk in ihren Betten verschwunden. Jene die sich noch auf den Straßen aufhielten, hatten es entweder eilig, oder einen trifftigen Grund noch auf den Straßen zu verweilen. Die einen sorgten für die entsprechende Sicherheit, wie Büttel, Gardisten und auch Nachtwächter, die anderen zündeten die Lichter der Straßenlaternen an und verkündeten trotz der Nachtstunden ab und an die Zeit, damit auch die Menschen zur später oder sehr früher Stunde nicht ihre Arbeit versäumten. Ganz leer waren die Straßen von Beaufort somit niemals. Heute bewegte sich eine weitere Gestalt unter ihnen. Weder Büttel, noch Nachtwächter aber eine Kreatur der Nacht. Schon seit Angebinn seiner Geburt, seit dem Biss eines Vampires mehr denn je. Und diese Bestie war nun unterwegs um einer kleineren Bestie ihre Aufwartung zu machen. Sie war noch nicht geboren worden, jedenfalls so wie es Archibald als Geburt empfand. Aber das würde sich heute ändern. Robere würde lernen was er tatsächlich war, was in seinem Blut schlummerte und wofür er überhaupt geboren wurde. Archibald betrat die große Heilstube und fragte bei der älteren Frau am Empfang, nach seinem Neffen Robere. Die Frau musterte ihn einen Moment, aber da der junge Mann bis dato keinen Besuch bekommen hatte, wollte sie sich auch nicht quer stellen. Wer wusste was der Mann arbeitete und für die Genesung wirkte ein Besuch oft Wunder. Immerhin war Robere nicht mit Verletzungen der Straße eingeliefert worden, so dass man nicht befürchten musste, dass er Mann ihm etwas antun wollte. Die Frau beschrieb Archibald kurz den Weg. Dieser bedankte sich und suchte das Krankenzimmer von Kazrars Sohn auf. Arch öffnete die Tür und trat in den Raum, beides erfolgte lautlos. Der Krankenzimmer lag in Dunkelheit. Keine Kerze war entzündet worden, da sich der Patient völlig erholen sollte. »Guten Abend Robere«, grüßte Arch freundlich und setzte sich aufs Bett.


    Robere
    Robere hatte noch nicht geschlafen, sondern sich der Welt seiner finsteren Gedanken hingegeben. Er schlief schlecht außerhalb seines eigenen Bettes, die fremde Schwärze um ihn herum schien ihn verschlingen zu wollen, so dass er nachts wach lag und erst am Morgen nach der Visite, wenn alles hell war und der Heilstubenbetrieb eingekehrt war, einschlief. Er erschrak, als die Matratze auf einer Seite einsank, weil sich jemand darauf setzte. Er hatte niemanden kommen gehört. So schnell, wie seine Schmerzen es zuließen, fuhr er verteidigungsbereit herum. Doch der Mann saß da nur und blickte ihn an. Es war finster, Robere konnte nichts sehen, doch er glaubte, die Stimme zu erkennen. Wenn ihn nicht alles täuschte, war das der Mann, der seinen Vater beleidigt hatte. »Hau ab«, schnauzte er.


    Archibald von Dornburg
    »Nie wieder Robere und das weißt Du. Über den Punkt sind wir doch schon längst hinaus. Wie geht es Dir? Ich habe mir überlegt, wir beide machen heute einen Ausflug. Du könntest etwas zu Essen vertragen, so blass und entkräftet wie Du bist. Was gibt es hier so zu essen mein Bester?«, säuselte Arch und legte Robere kurz die Hand auf den Arm.


    Robere
    »Klopf an wie jeder normale Mensch. Dann passiert das nicht. Einen Ausflug?« Robere verzog das Gesicht. »Ich hab keine Lust. Zu Essen gibt es irgendeine Grützensuppe. Geht schon.«


    Archibald von Dornburg
    »Anklopfen? Das wäre ja langweilig, wenn jeder wüsste das ich komme, oder gehe. Wo bleibt da die Überraschung mein lieber Robere. Grütze? Du findest Grütze akzeptabel? Vermutlich weil Du das selbe Zeug im Schädel hast... nun ich bin dafür dass Du ein schönes, saftiges Stück Fleisch isst. Und glaube mir, Babybrei war gestern. Ab heute werde ich dafür sorgen, dass auch Du erwachsen wirst Robere. Du möchtest Deinem Vater doch alle Ehre bereiten ja? Und falls nicht, was nicht weiter schlimm ist, denn viel Ehre hatte dieser Klappspaten nicht, wirst Du Dir eine eigene anlachen. Nun steig aus dem Bett Prinzessin, wir haben was zu erledigen. Du hast lang genug auf der faulen Haut gelegen«, sagte Archibald freundlich.


    Robere
    Robere dachte nach. Auf der einen Seite fühlte er sich grauenvoll und hatte keine Lust, sich zu bewegen. Auf der anderen Seite würde er ohnehin nur wach liegen, düster vor sich hinstarren und schlechte Laune schieben, wenn er hier liegen blieb. »Wenn du mich unbedingt zum Essen einladen willst ... warum nicht.« Ohne sich zwischendurch hinzusetzen, rollte er sich aus dem Bett und kam auf die Beine. Er zog sich was über und stieg in seine Stiefel. Leider kam er nicht ran, um sie zu binden. »Hilf mir mal.« Er legte einen Fuß auf das Bett. »Wo soll`s denn hingehen?«


    Archibald von Dornburg
    Archibald musterte Robere erstaunt, aber er war eine Larve und Kinder konnten sich scheinbar egal im welchem Stadium einfach nicht die Schuhe zu binden, also übernahm Archibald die Aufgabe für ihn. Schließlich nützte es ihm nichts, wenn sein Zögling bei der Jagd über die eigenen Füße stolperte. »Ich dachte wir sehen uns das Wäschereiviertel an, oder vielleicht eine Reise hinab zum Meer? Also entweder bleiben wir in Beaufort oder wir reisen Richtung Cantillion. Wie es Dir lieber ist. Hauptsache abseits aller Hauptstraßen«, grinste Archibald.


    Robere
    »Bis zum Meer? Mir ist das eigentlich egal, aber nichts, wo man sitzen muss. Irgendwas, wo wir zu Fuß hinkönnen. Und von wo aus ich einfach wieder hierher komme.« Robere konnte sich nicht vorstellen, was er ausgerechnet im Wäschereiviertel sollte.


    Archibald von Dornburg
    »Verstehe, Du bist noch zu schwach. Dann werde ich Deine Kräfte schonen und gut einteilen. Wir werden zum Wäscherviertel gehen und dort einen Happen essen. Hast Du großen Hunger?«, fragte Archbibald, bequemte sich vom Bett und gab den Weg vor.


    Robere
    »Das war ja nicht eben mal eine Kleinigkeit. Was zu Essen wär nicht schlecht. Ich esse eigentlich alles, aber immer nur Grütze, nein. Fleisch wäre gut. Aber im Wäschereiviertel?« Er begleitete Archibald, ziemlich langsam und steifbeinig.


    Archibald von Dornburg
    »Ja dort ist es angenehm kühl und dunkel Robere. Fühlst Du Dich bei Dunkelheit nicht ebenso wohler wie ich? Du möchtest Du nicht am hellichten Tag essen oder? Wir suchen uns eine ruhige Ecke, in der wir speisen können. Welches Fleisch bevorzugst Du? Brust oder Keule?«, lachte Arch leise.


    Robere
    »Ich sagte doch, ich esse alles. Kruste schmeckt. Nein, ich hasse die Dunkelheit, ist doch Mist, wenn man nichts sieht und die ganzen Ratten aus den Löchern kommen. Was magst du daran, im Dunkeln zu essen?«


    Archibald von Dornburg
    »Früher mochte ich an der Dunkelheit, dass ich schmerzfrei war. Demzufolge ohne Probleme essen konnte und mich nicht erbrechen musste im schlimmsten Fall. Je länger Du in der Dunkelheit lebst, je besser passen sich Deine Augen an. Das funktioniert schon innerhalb kürzester Zeit. Denk nach Robere, wenn Du genug Zeit in die Dunkelheit starrst, erkennst Du sehr gut Dinge. Nur wenn Du von der Helligkeit in die Dunkelheit kommst, ist die Umstellung schwierig. Es ist also eine Sache der Perspektive. Ratten musst Du nicht fürchten, es sind Opportunisten. Sie sind was sie sind, sie kennen und akzeptieren ihre Natur. Der Mensch hat die Unsitte erfunden, seine Bestimmung suchen zu müssen. Was für eine Ladung gebündelter Schwachsinn. Wenn Du tief in Dich hineinhörst, dann hörst Du welches Verlangen in Dir ruft. Und das bist Du. Entweder ein Raubtier oder Beute. Und Du Robere bist ein Raubtier, nur leider stellst Du Dich bei der Jagd genauso geschickt an wie Dein Vater mit zwei linken Füßen. Aber nun hast Du ja mich, der es Dir beibringt. Und wildere nicht dort wo Du lebst. Niemand jagdt wo er lebt, man hält sein Revier sauber. Nathan anzugehen war ein gewaltig großer Fehler. Erstens gehört Nathan jetzt mir und wir beide wollen keinen Streit nicht wahr? Und zweitens war Nathan einer aus Deinem Dunstkreis. Wenn Du Kahlschlag in Deinem Garten betreibst, verlierst Du die Deckung. Also lass die Statisten, das Grünzeug stehen. Jage dort, wo Du nicht hingehörst, damit bringt Dich dann auch niemand in Verbindung. Dass bisschen laufen rettet Dir Deinen Hintern und nebenbei hält es Dich fit. Du stehst nur auf Kerle?«


    Robere
    »Ja, aber was hat das damit zu tun? Der Kleine hat es dir also angetan. Die verlogene Giftspinne. Ich würd ihn umbringen, wenn ich könnte. Hoffentlich stürzt er die Palasttreppe runter und bricht sich das Genick. Mit Ratten meinte ich Menschen. Nachts muss die Leibgarde besonders wachsam sein und nicht nur die. Wieso war die Dunkelheit für dich schmerzfrei? Was war tagsüber?«


    Archibald von Dornburg
    »Ich weiß dass Du menschliche Ratten gemeint hast und ich erklärte Dir ihre wahre Natur Robere. Der kleine ist ein Kind, ein Infant im Adult-Körper. Und bitte Robere, wünsche ihm nichts Schlechtes. Denn so gerne ich Dich habe, Beißer-Neffe, was immer Nathan geschieht, so grausam es auch werden mag, werde ich auch Dir antun. Wenn man Nathan also ausgeweidet an einem Baum hängend findet Robere, wirst Du 24 Stunden später einen Ast weiter hängen. Verschuldet, unverschuldet, danach frage ich nicht. Du solltest Nathan also ein langes Leben wünschen und aus der ferne ein wachsames Auge auf mein Kind haben, es ist zu Deinem eigenen Besten. So bewache ich Dich schließlich auch. Nur Undank tolleriere ich nicht. Ich erwarte Loyalität für meine Lehre und meinen Schutz. Allein wirst Du es nicht packen Robere, sind wir ehrlich. Einmal einen weggesteckt und schon passiert Dir das. Für fünf Sekunden zucken, hat man Dir den Arsch aufgestemmt dass die Backen die Ohren kitzelten. Also was glaubst Du, wie weit Du bei der nächsten Nummer kommst? Ziehen sie Dir Deinen Schädel durchs Arschloch? Ich sage Dir, Du bist ein lausiger Jäger. Aber das werden wir ändern. Du wirst Essen und wirst einen wegstecken und Du wirst dies voller Genuss und Freude tun, ganz ohne die Sorge entdeckt zu werden. Inwieweit kannst Du Leute ausschalten? Ich meine nicht töten, sondern ausknipsen. Erzähl ein bisschen«, bat Arch.


    Robere
    »Ich raff immer noch nicht, was genau du mir beibringen willst und wieso du meinst, mich bewachen zu müssen. Ich kann alles, was ich zum Leben brauche. Ich bin bei der Leibgarde, was glaubst du, wie viele Techniken ich beherrsche, Leute ganz oder teilweise auszuschalten? Ich mag´s nicht, wenn man mir droht, weißt du. Das könnte auch für dich übel ausgehen. Der Giftzwerg, das war schiefgelaufen, dafür kann ich nichts. Er hat geplappert und gelogen. Wie weit gehen wir noch?«


    Archibald von Dornburg
    »Niemand droht Dir, ich weise Dich auf etwas hin. Das ist ein Unterschied, denn ich möchte Dir nicht schaden. Und die Garde ist was Robere? Schiefgelaufen, richtig, weil Du zu nachlässig warst. Du hast nicht vorabgeplant. Wir suchen uns eine abgelegene Nebenstraße. Dann sind wir da. Halt die Augen offen Kurzer«, bat Arch.


    Robere
    »Kurzer.« Robere dachte sich seinen Teil. Er war fast einen Kopf größer als der Kerl in dem schwarzen Ledermantel und deutlich schwerer. Langsam war er gespannt, was der heute vorhatte. Er nickte mit dem Kopf nach vorn. »Da ist eine Gasse. Keiner Tipp vorab, mir in einer dunklen Gasse dumm zu kommen, ist keine gute Idee. Nur, damit wir uns verstehen.«


    Archibald von Dornburg
    »Robere...«, lachte Archi fast liebevoll, »Dein Hintern interessiert mich nicht auf diese Art. Dafür bist Du mir viel zu alt. Er interessiert mich nur dahingehend, dass ich ihn Dir rette. Und bitte, sieh zu, dass Du nicht auf dem Block landest. Auch da würde ich Dich raushauen, aber es ist nicht gerade mein Hobby Hälse vor dem Block zu retten. Wovor hast Du eigentlich solche Angst? Vor mir? Vor dem Unbekannten? Weder musst Du mich fürchten, noch gibt es hier etwas Unbekanntes. Noch verstehst Du es nicht. Vertraue mir und Du wirst Dich selbst kennenlernen, besser als Du es Dir vorstellen kannst. Schlagartig werden manche Deiner geheimsten Wünsche klar, sie werden Dir logisch erscheinen. Da wo Du heute stehst, also in jener Situation war ich damals mit 14 Jahren auch. Leider hatte ich niemanden der mich anleitete. Als ich dem Zirkel beitrat, nahm ich Deinen Vater an um ihm den ersten Schritt zu erleichtern. Dass er immer eine Hand benötigen würde, die ihn führt, damit haben wir beide wohl nicht gerechnet. Ich hoffe und wünsche mir einfach, dass Du selbständig wirst und unsere Werte in die Welt hinausträgst. Das klingt hochgestochen, aber ich meine es wirklich so. Auch wir haben Werte und Prinzipien. Packst Du den ersten Schritt, werde ich Dich dem Zirkel vorstellen. Ab dato Robby, hast Du eine Familie auf die Du immer zählen kannst. Gleichgültig was Du angestellt hast, egal wie hungrig Du bist, oder wer Dich jagt - der Zirkel wird Dir Unterschlupf, Nahrung und Hilfe gewähren. Und bist Du gut Robere, dann wirst Du Deinen Beitrag leisten. Selbst etwas zu Essen spenden für jene die weniger geschickt sind als Du. Manche sind schon alt und können sich kein Essen mehr erarbeiten. Dein Vater war leider nicht fähig genug. Aber Du bist in guter Verfassung, hochtrainiert und Du hast ein hübsches Äußeres, was man ebenfalls nutzen kann. All jenes hatte Dein Vater auch, vielleicht sogar von der Optik etwas mehr als Du... aber er wusste es nicht als Köder einzusetzen. Er war ein Arashi-Mischling, ich sollte ihn einmal für Dich zeichnen... Du sollst sehen von wem Du abstammst. Aber genug geredet, jetzt geht es ans Eingemachte. Kurzum... lass uns essen«, grinste Arch.


    Robere
    Robere hörte aufmerksam zu. Das meiste davon verstand er nicht oder maß dem gegenwärtig keine Bedeutung für sich bei. Was bei ihm hängen blieb, war ein Zirkel, der ihm bedingungslos alles Lebensnotwendige organisieren würde, wenn er in Not war. Als jemand, dessen Leben derart hart begonnen hatte wie seines, wurde er dabei hellhörig. Und dass sein Vater gut ausgesehen haben sollte. »Beschreib ihn mir«, bat Robere. »Sag mir, wie er aussah. Und wieso ist er tot?«


    Archibald von Dornburg
    Archibald blieb stehen und lehnte sich an eine der Häuserwände. »Dein Vater hieß Kazrar Chad. Wie bereits erwähnt Robere war er ein Arashi-Mischling. Kazrar, kurz Kaz hatte ungefähr meine Größe, er war schlank, trainiert, hatte lange, schwarze volle und leicht gewellte Haare. Meist aus einem modischen Spleen heraus trug er die vorderste Haarsträhne seines Ponys rot gefärbt. Was einen ziemlichen Kontrast zu seinem restlichen Haar bildete. Seine Haut hatte eine ziemlich dunkle Tönung, er war braun. Er hatte die markanten, typischen Gesichtszüge eines Arashi. Hohe Wangenknochen, eine kurze und gerade, spitzzulaufende Nase. Dein Vater hatte volle Lippen und schmale Augen. Mandelaugen würdet Ihr wohl sagen. Sie waren braun. Kaz arbeitete für Dunwin von Hohenfelde als Fußsoldat. Dunwin war ebenfalls mein Arbeitgeber und zeitgleich mein bester Freund. Ich war sein Schwertmeister. Als ich Kaz im Zirkel kennenlernte, brachte ich ihn also bei Dunwin unter. Mir unterstand Dunwins Stab als erster Mann und folglich damit auch die Fußsoldaten - ergo Dein Vater. Kaz und Narbenfresse waren mir die liebsten, es waren meine Mündel. Kaz war tatsächlich mein Mündel und Narbenfresse war der beste Freund Deines Vaters. Er schwamm in unserem Kielwasser mit. Sobald ich ein Spielzeug an Land gezogen hatte, dass ich teilen wollte bekam Kaz als mein Mündel seinen Anteil. Er durfte ihn genauso durchnehmen. Und Kaz teilte sein Betthäschen dann oft genug auch mit Narbenfresse. Deinem Vater war das Geschlecht seiner Betthäschen gleichgültig, ebenso wie mir. Also haben wir uns meine Beute öfter geteilt. Nicht gleichzeitig, darauf stehe ich nicht und das ist technisch auch unmöglich... weil ich versehentlich den Spielgefährten tödlich verletzen könnte. Aber ich habe Deinem Vater meine Beute überlassen, wenn ich fertig war. Dunwin hatte zwei Söhne und er hat mir erlaubt mit ihnen zu spielen. Einziges Dogma - sie dürfen nicht sterben. Dafür hätte ihn sonst sein eigener Vater umgebracht. Dunwins Söhne waren Magier, Dunwins Vater war ein Magier, ein Verseuchter, ein Miststück sonder gleichen. Er quälte Dunwin. Die einzige Antwort die Dunwin ihm geben konnte, war die Enkel von seinem Vater zu quälen. Er selbst bedeutete seinem Vater nichts, aber Alastair bedeuteten seine Enkel alles. Nicht persönlich... nein... soweit konnte das Schwein nicht empfinden, ihm war nur wichtig, dass zwei dort waren die die Gabe besaßen und sie vererben würden. Nur darum ging es dem Verseuchten. Und da Dunwin meine Vorlieben für Kinder kannte, erlaubte er mir sie zu lieben, wann immer ich das Bedürfnis danach hatte. Nun da ich dies durfte und tat und ein sehr feinfühliger und anständiger Mensch bin, habe ich die Erlaubnis erweitert und auch andere Bedürftige versorgt, wie Deinen Vater. Er hatte die gleiche Neigung, er mochte es jung. So bist Du entstanden. Eines seiner Spielzeuge wurde schwanger und ein Regel unter uns besagt, dass man niemals die eigenen Küken angeht. Den einzigen Schutz, die einzige Form von Liebe die wir gefahrlos unseren Kindern gewähren können ist, dass wir sie abgeben. Weit genug weg, am besten für zwei Jahrzehnte aus unserer Reichweite. Niemand möchte sein eigenes Kind zwischen den Klauen halten. Weder bewusst, noch versehentlich.... Oh natürlich gibt es auch solche Personen, aber die sind krank, verdreht, Perverse. Sein eigen Fleisch und Blut geht man nicht an, es ist unantastbar. So hat er Deiner Mutter die Freiheit geschenkt, damit sie Dich in Freiheit gebären und aufziehen konnte. Ich selbst habe einige Kinder. Zwei wuchsen beim Zirkel auf, eines bei seiner Mutter, andere in Freiheit. Die Söhne von Dunwin, Ansgar und Dave - sie töteten Deinen Vater«.


    Robere
    Robere hörte sehr aufmerksam zu. »Von Hohenfelde ... der Stecher von Prince Gregoire heißt so. Ist das die selbe Brut?« Robere fühlte, wie seine Muskeln sich instinktiv spannten. »Wenn du sie kennst ... die Mörder meines Vaters ... und wenn sie in Souvagne sind ... zeig sie mir. Bring mich auf ihre Fährte. Ansgar und Dave von Hohenfelde. Mein Vater gab mich aus Liebe weg, nicht aus Desinteresse. Ich bin es ihm schuldig, seine Mörder bluten zu lassen auf eine Weise, die ihm gefallen hätte. Kazrar zu Ehren bringe ich die Schweine ... auf bestialische Weise ... um. Unterrichte mich, Archibald. Zeig mir, wie mein Vater es haben wollte. Diese beiden ... werden genau das bekommen.«


    Archibald von Dornburg
    »Getötet hat ihn Ansgar von Hohenfelde... Dave... sein jüngerer Bruder war nur der Grund, nicht wirklich der Mörder. Und Dave ist mein Eigentum, er gehört mir und er untersteht noch immer meiner Macht ob er es nun wahrhaben möchte oder nicht. Ansgar wurde bei Euch eingebürgert, er trägt nun einen anderen Namen. Ich weiß leider nicht welchen, sonst würde ich ihn Dir verraten. Linhard von Hohenfelde, der Stecher von Prince Gregoire Robere ist der Enkel von meinem Wahlbruder Dunwin. Linhard wurde von Ansgar genauso missachtet - dem Mörder Deines Vaters, wie Dunwin seinerzeit von seinem Vater. Linhards und Dunwins Schuld besteht nur darin ohne magische Gabe geboren worden zu sein. Dunwin war von der Ausbildung her ein Schwertmeister wie ich, manchmal um einiges besser, manchmal um eine Ecke schlechter - je nach Tagesform. Aber wir waren Brüder im Geiste und wir liebten uns aufrichtig. Und Dunwin liebte seinen Enkel Linhard aufrichtig, denn dieser wurde genauso verachtet wie er. Lin verfügt über die gleichen Anlagen, über die gleichen Fähigkeiten und auch ihn werde ich ausbilden. Für meinen Bruder, in dessen Gedenken. Und ich werde Dave töten - in Namen Dunwins, aber auf andere Art und Weise. Das ist eine Privatsache zwischen ihm und mir. Denn Dave tötete Dunwin - nicht jedoch Kazrar. Verstehst Du? Linhard verabscheut diese Linie genauso wie wir. Vor nicht allzulanger Zeit arbeiteten wir in einer Gruppe zusammen. Linhard war gemeinsam mit dem Bruder seines Opas Dunwin von einer Hochzeit gefohlen. Der Mann hatte nichts weiter verbrochen, als auf einer Hochzeit zu erscheinen und nicht tot zu sein, wie es sich gehörte. Auch er wurde einst umgebracht. Von Dunwin, da sein Paps es so wollte. Jedenfalls erschien er auf der Hochzeit von Dave und so einem Ekel-Alben und sah sich einer Rotte von Feinden gegenüber. Nur Linhard bezog für ihn Stellung. Um überhaupt fliehen zu können, beschwor Brandur, so heißt der Fettsack seinen toten Bruder Dunwin. Er rief also seinen eigenen Bruder und Mörder zur Hilfe herbei. Dieser half beiden, Brandur wie Linhard zu entkommen. Ab dato arbeiteten die drei zusammen. Dunwin, Brandur und Lin wollten Dunwins alten Stab zusammenbringen um die Familie von den alten Wegen loszueisen. Was Linhard letztendlich auch gelang. Aber zu welchem Preis? Sein eigener Vater Ansgar verstieß ihn, enterbte ihn und wollte ihn sogar umbringen lassen. Und wieso? Da er für Brandur und für Familienfrieden sprach. Vermutlich war die Wahrheit, dass Ansgar hier die perfekte Gelegenheit sah, den nichtmagischen Bastard Linhard loszuwerden. Er war für seinen Vater auf ganzer Linie eine Enttäuschung. Dabei ist er alles andere als das. Er ist clever, er ist ein erstklassiger Kamerad und er hat genauso einen rabenschwarzen Humor wie sein Großvater. Also bitte, rede nicht schlecht über den Jungen, über den schon seine eigene Familie herzog wie eine Ausgeburt des Abgrunds. Verstehst Du das Ausmaß des Wahnsinns dieser Familie? Kann man Linhard dann verdenken, dass er andere Wege einschlug? Ansgar hingegen, sah bis zum Schluss nicht mal sein Fehlverhalten ein. Er verstieß seinen Sohn aus Verachtung! Dein Vater gab Dich ab aus Liebe! DAS ist der Unterschied. Vielleicht hätte Lin ein leichteres Leben geführt, hätte auch Ansgar die Traute gehabt ihn abzugeben, an jemanden der den Kleinen wirklich gewollt hätte. Brandur sein Großonkel wollte ihn, adoptierte ihn und zog ihn auf. Das klingt komisch, ich weiß. Denn immerhin war er da schon 18 Jahre, aber er sagte es einmal treffen, in den drei Monaten wo er mit Brandur und Dunwins Geist Seite an Seite kämpfte hat er mehr gelebt als sein Leben zuvor. Und das steht Dir auch offen Robere. Du hast viel verpasst, aber es war nicht Deine Schuld. Ich bin vielleicht nicht die beste aller Lösungen für Dein Problem, aber ich bin eine. Und gleich was ich Deinem Vater sagte oder verschwieg - er gehörte zu mir.«


    Robere
    »Du meinst, in Linhard ... könnte ich einen Verbündeten finden? Ja ... er zeigt mir die Fährte zu seinem verhassten Vater und ich erledige den Rest. Er wird leiden, wie nie zuvor ein Schwein gelitten hat. Zu dumm, dass die Hochzeit vorbei ist und ich sie ihm Verlies verbracht habe. Ich wette, Ansgar war da.« Hasserfüllt ballte Robere eine Faust, als würde er den Kehlkopf des Mörder seines Vaters bereits darin zerquetschen. Dann hob er den Blick und sah Archibald in die Augen. »Was muss ich tun?«


    Archibald von Dornburg
    »Lernen, Dein Schlüssel zum Sieg ist Zeit, denn Dein Feind ist ein Nekromant und kein ungefährlicher Robere. Aber auch Nekromanten haben Schwachstellen. Ob er auf Linhards Hochzeit war, kann ich Dir nicht sagen. Aber eines sage ich Dir, Linhard hat keinen einzigen seiner Verwandten eingeladen, sagt das nicht alles? Ich denke in Lin wirst Du mehr finden als einen Verbündeten. Im Zweifelsfall, falls es Dir zu brenzlig wird, vielleicht sogar einen neuen Herrn. Er führt den Stab von Dunwin weiter und erweitert ihn um junge Leute. Uns alte Hasen stellt er damit weitere Kämpfer zur Seite. Solltest Du also einmal wechseln wollen oder müssen, werde ich für Dich sprechen. Linhard kann Dir bestimmt sagen wie sein Vater jetzt heißt. Ansonsten höre ich mich im Stab um, ob jemand den Namen kennt. Ah ich weiß wen ich fragen kann, ich werde den Namen bald herausgefunden haben. Keine Sorge«, grinste Archibald und dachte gut gelaunt an Dunwin-Aimeric. Er war schließlich dabei gewesen, als Brandur Ansgar besuchte. »Nun wollen wir aber was essen gehen ja? Komm«, sagte Arch, stieß sich von der Wand ab und schlich in die dunkle Seitengasse hinein. Dort verharrte er im Schatten und zog Robere an seine Seite. Er beobachtete die Leute die mal mehr mal minder schnell vorbei hetzten um schnell nach Hause zu kommen. »Halte Dich bereit«, flüsterte Arch.


    Robere
    Robere nickte knapp, als hätte er einen Befehl erhalten, als Archibald ihn aufforderte zu lernen. Oh ja, er war lernfähig ... anders hätte er nicht bis heute überlebt. Und wenn das hieß, gänzlich neue Wege einzuschlagen. Er folgte seinem neuen Lehrmeister in die dunkle Gasse, wo sie lauerten. Er hielt sich bereit, auch wenn er nicht wusste, wofür. Ein paar klarere Befehle wären gut. Aber das würde er Archibald später sagen. Er würde schon sehen, was zu tun war. Gemeinsam starrten sie in die Nacht hinaus.


    Archibald von Dornburg
    Archibald wartete geduldig und wartete noch länger. Als Robere schon annehmen musste, dass sein Begleiter im Stehen mit offenen Augen eingeschlafen war, schoss dieser um die Ecke davon um einen jungen Mann mit gekonntem Kehlgriff auszuschalten und in die dunkle Gasse zu zerren. Das ganze hatte nur einen Wimperschlag lang an Zeit gekostet und Robere sah in der Art wie Archibald zupackte und die Handgriffe legte, dass jahrzehntelange Routine in den Griffen lag. Archibald legte den Mann auf den Boden ab und hockte sich auf ihn. Sein Knie drückte auf dessen Kehle, so dass er, falls er aufwachen sollte, weder einen Laut von sich geben - noch sich wehren konnte. »Ich zuerst, dann Du. Oder möchtest Du vorher einen wegstecken?«, grinste Arch zu Robere hoch.


    Robere
    Robere nickte schon eisig, als Archibald noch eine Frage nachschob. Er hatte angenommen, genau das war gemeint gewesen. Wenn es nicht darum ging - worum ging es dann? Ging es wirklich darum, jemanden aufzuessen? Robere sträubte sich. Aber sein Vater ... Kazrar ... hatte es auch getan. Er hatte es genossen, er hatte dafür gelebt. Er war ein Menschenfresser gewesen. Er hätte gewollt, dass sein Sohn sein Werk fortsetzte und dies war die Weise, auf die Ansgar sterben würde. Es war Zeit, das zu tun, was Archibald ihm aufgetragen hatte. Zu lernen. Einen wegstecken konnte er später immer noch. Erst wollte er sehen, worum es hier ging. Der junge Kerl gefiel ihm. »Gute Wahl ... wir haben den selben Geschmack. Du beginnst.«


    Archibald von Dornburg
    »Leider ist mir das Fleisch nach meiner Erhebung nun verwehrt, mir gehört das Blut, Dir das Fleisch von unserer ersten gemeinsamen Beute Robere. Da Du weder über Zähne noch über Klauen verfügst, nimm das«, sagte Archibald und legte Robere ein rasiermesserscharfes Messer in die Hand. »Dein Ersatzzahn, bist Du selbst über Zähne verfügst«, grinste Archibald, so dass Robere dessen Zähne sah. »Steh Schmiere«, bat Archibald. Arch packte den ohnmächtigen Mann am Kragen, zerrte ihn in eine sitzende Position und hockte sich dazu. Er nahm ihn fest in die Arme und biss dann mit aller Gewalt in dessen Hals. Genüsslich schloss er die Augen, als er den Kerl mit einer Gier austrank die einem Angst machen konnte. Der Mann öffnete durch den Schmerz die Augen, aber die Hand die sich wie ein Schraubstock um seine Kehle gelegt hatte, erstickte jeden Laut. Stumm und bleich starbt er in den Armen von Archibald. Arch wartete einen Moment, ehe er dem Mann die Kleider vom Leib riss, ihn quasi wie eine Banane aus der Schale schälte. Er riss sein Maul soweit auf wie er konnte und biss zu. Robere hörte, dass er nichts hinaus biss, sondern hörte das Reizen von Fleischfasern, als Archibald den Kopf ruckartig zur Seite riss. Langsam stand der Vampir auf und legte den warmen, nassen, blutigen Fleischstreifen Robere in die Hände. »Iss mein Kind«, bat er liebevoll.


    Robere
    Anfangs erregte das Spiel Robere. Er spürte Lust, das zu tun, was der Skorpion sonst mit seiner Beute tat. Doch als Archibald von dem Mann abließ, war dieser bereits tot. Roberes Laune sank in bitterer Enttäuschung. Doch er sagte nichts. Archibalds Zähne, als dieser ihn nach vollbrachtem Werke angrinste ... sie waren die eines Haifisches. »Du bist ein Vampir. Doch die Zähne sind von Menschenhand verändert. Hatte mein Vater auch solche Zähne?« Er nahm das warme, ausgefranste Fleischstück entgegen. Er wog es in der Hand und befühlte es, indem er die Finger darum schloss und es knetete. Dann steckte er es sich im Ganzen in den Mund und schloss die Augen. Langsam begann er zu kauen. Der Bursche war zäh, aber er schmeckte ... gut. Robere weitete die Nasenlöcher, um den Geschmackssinn zu verstärken und spürte den Geschmack bis in die Lenden. Das Geräusch zwischen seinen Zähnen war wie eine sanfte Musik. Die zähen, fast störrischen Fasern zwischen seinen Zähnen gefielen ihm. Vielleicht war das der Charakter des Burschen gewesen. Und auch das verbliebene Blut, dass bei jedem Kauen hervorgepresst wurde, gehörte zu ihm, um nun das von Robere zu werden. Doch es war mehr als nur der bloße Geschmack ... dies hier war kein namenloses Tier ... es war eine Beute, die eine Seele gehabt hatte. Und diese Seele glaubte Robere sich entfalten zu fühlen, als er sie bei jedem Kauen mehr aus ihrem Fleisch befreite. Als würde dem Kerl ... er etwas Gutes damit tun. Sie waren eins. Robere erzitterte vor Erregung. Er schloss die Augen und genoss seinen ersten Bissen Menschenfleisch.


    Archibald von Dornburg
    »Er hatte sich die Zähne nie verdient... leider. Wer Reißzähne sein Eigen nennen möchte Robere... der muss Beute reißen... Nutz Dein Messer und verleibe Dir ein, was Dir gehört. Fröhliches Erwachen.... Willkommen im Leben Robby«, antwortete Arch und küsste Robere auf die Stirn.


    Robere
    Robere ließ sich nicht weiter bitten. Er betrachtete sich den Burschen mit dem aufgerissenen Hals. Ein Jammer, das er schon tot war ... aber das nächste Mal, würde es anders ablaufen. Er wusste nun, worauf es ankam. Robere setzte sich auf ihn und strich dem Toten über die Brust. Dann entschied er sich für ein Stück Schulter. Er zog an dieser Stelle die Haut ab und trennte mit wenigen Schnitten den Muskel heraus. Als Gardist wusste er über die Anatomie des Menschen bestens Bescheid. Gern wäre er mit dem Burschen allein gewesen, um ein wenig zu experimentieren. Doch er fühlte sich hier nicht sicher und hatte keine Lust, ein zweites und somit letztes Mal erwischt zu werden. »Er sollte nicht hier liegen bleiben. Sie finden ihn und vielleicht dann uns. Ich nehm mir was mit. Aber was machen wir mit dem Rest?« Robere trennte sich auch noch die andere Schulter heraus. Er roch daran und vergrub Nase und Mund in dem Fleisch. Wie von selbst weiteten sich seine Nasenlöcher erneut und ein Beben ging durch seinen Körper. »Ich werde ... die Zähne verdienen. Die mein Vater nie bekam.«


    Archibald von Dornburg
    Archibald hockte sich dazu und strich Robere mit den Krallen durch die Haare. »Ja das wirst Du und sie werden Dein eigener Stolz sein. Sobald es soweit ist, werde ich sie Dir schenken. Ich kümmere mich um den Rest. Du hast noch keine Ahnung davon wie man Reste beseitigt. Das ist... etwas komplizierter. Oder eigentlich nicht... heute halten wir es einfach«, schmunzelte Archibald, stand auf und zückte sein Jian. Er verarbeitete ihr Opfer binnen weniger Augenblicke zu groben, gewaltigen Würfeln, die er noch kleiner schlug. Die Klinge fraß sich gleichermaßen durch Fleisch, Sehnen, Knorpel und Knochen. Robere sah wie dabei manchmal Zeichen auf ihr aufflammten, aber sie schien durch den Körper des Toten zu rasen, wie ein heißes Messer durch Butter. Arch wischte das Schwert sauber und verstaute es wieder. Dann drückte er Robere einen Beutel in die Hand. Er selbst machte sich ebenfalls daran die Überreste ihres Opfer einzusacken. »In kleinen Teilen kann man sie leichter fortschaffen. Gibt es hier einen Fischteich in der Nähe? oder einen schönen Fluß?«, fragte Arch gut gelaunt.


    Robere
    Der Anblick, wie der Bursche, der ihm bis gerade eben noch gefallen hatte, vom Kopf bis Fuß zerwürfelt wurde, war selbst für einen Robere zu viel. Er taumelte einen Schritt zurück, bis er an die Wand stieß und kotzte sein erstes Fleischstück wieder heraus. »Ver ... huääärgh ... dammte ... ööörgh ...« Damit war sein Lustgefühl dahin. Er machte sich nicht die Mühe, in der Pfütze nach dem Fleisch zu suchen. Er wischte sich den Mund ab und ließ Archibald die Würfel einräumen. Er war froh, dass er sich schon zuvor zwei schöne Filets gesichert hatte. »Jede Stadt hat einen Fluss. Und das hier ist das Wäschereiviertel. Zum Wasser geht es da runter. Dein Schwert. Was ist damit?«


    Archibald von Dornburg
    Archibald legte den Kopf schief und musterte Robere. »Nichts es funktioniert einwandfrei, oder sah es nach etwas anderem aus? Sehr zuverlässig, mein Jian. Ah dass ist gut, Flüsse sind ein herrlicher Ort und Fische sind dankbare Abnehmer für die kleinen Spenden, komm. Du musst Dir ein dickeres Fell anschaffen Robere. Du hast doch schon Schnitzel gegessen. Auch das Schwein stirbt und wird nicht zu Tode gestreichelt«, sagte Arch und schulterte den Sack. Für Robere der um den Inhalt wusste, war es ein seltsamer Anblick. Wie wenig von einem Menschen übrig blieb, dass er in so einen Sack hineinpasste. Archibald folgte den Geräuschen des Wassers und wanderte dann am Flußufer entlang. So als würde er aus einem Brotbeutel Enten füttern, warf er die Fleischklumpen ins Wasser des Flusses. »Atme tief durch, dann geht es Deinem Magen gleich besser«, grinste er Robere an.


    Robere
    Robere wusch sich am Wasser Mund und Hände sauber. »Der war grad noch hübsch. Und du hast es versaut. Beim nächsten Mal müssen wir das anders machen. Ich will ihn zuerst. Dann bekommst du ihn zum Trinken. Dann, wenn du ihn ausgesaugt hast, wieder ich und schneide mir die besten Sachen raus. Anschließend kannst du den Rest würfeln, ohne mich. Also ich - du - ich - du. Abgemacht? Dein Schwert hat geleuchtet.«


    Archibald von Dornburg
    »Abgemacht«, grinste Archibald. »Das meinst Du, es ist eine Artefakt-Waffe. Seine Klinge wird niemals stumpf, es durchtrennt alles. Und mit alles, meine ich alles. Zudem kann man mit diesem Jian auch andere Waffen blocken. Was man mit einem Jian ohne diese Versauberung nur ein einziges Mal tun kann, danach ist Schwert hinüber und Dir fehlt eine Hand. Hast Du von dem Vorfall von Derya gehört? Der Menschenfresserin und ihre Befreiung? Dieses Schwert hat sie befreit«, erklärte Arch freundlich. Er hob einen Stein auf, stopfte ihn in den Sack und verknotete ihn. Dann warf er ihn weit hinaus in den Fluß. »Derya ist meine Tochter«, erklärte er freundlich.


    Robere
    »Sagt mir nix. Da hat die Leibgarde nichts mit zu tun, so was ist Sache der Büttel und der Himmelsaugen. Warum erzählst du mir das? Das Jian ... eine hervorragende Waffe. Du sagst, es durchtrennt alles. Auch Stein?«


    Archibald von Dornburg
    »Damit wir uns besser kennenlernen natürlich, darum erzähle ich Dir das. Zu verlieren habe ich nichts. Du bist ein Mörder so wie ich. Ein falsches Wort und Dein Kopf rollt noch ehr als meiner Robere. Von daher, warum sollte ich nicht offen und ehrlich zu Dir sein? Wir beide gehören zusammen. Ja es kann Stein durchtrennen, aber eigentlich ist es nicht das Schwert, sondern die Verzauberung, wenn man so möchte. Ich besaß auch ein Katana mit ähnlicher Verzauberung, aber das habe ich verschenkt, an einen sehr lieben Freund. Er hat mir mein Leben gerettet, indem er es mir nahm. Mein Meister. Er schenkte mir den Vampirsegen, er hat sich die Waffe redlich verdient. Wie geht es Dir und wie fühlst Du Dich? Noch wichtiger Robere, was hast Du bei Deinem ersten Bissen empfunden? Berichte«, bat Arch neugierig.


    Robere
    Roberes Gesicht wurde hart. »Ich bin kein Mörder. Ich bin Gardist. Ich habe gegessen, was du mir gegeben hast. Es hat ... mehr als gut geschmeckt. Als ob ich nicht nur mit der Zunge, sondern mit dem ganzen Körper geschmeckt hätte. Schwer zu erklären. Ich hab den Burschen überall gespürt. Und es fühlt sich an, als ob ein Stück von ihm noch da ist. Wüsste ich es nicht besser, würde ich sagen, ich bin verknallt. An deiner Stelle hätte ich die Waffe behalten und ihm irgendwas anderes geschenkt.«


    Archibald von Dornburg
    »Ein Teil seiner Seele hast Du verschlungen und sie bleibt für immer ein Teil von Dir. So erklären wir es, so fühlt es sich an. Falls Du jemals in einen Rausch verfällst, wirst Du essen und ihn Dir vornehmen. Bewusst tust Du das nicht mehr, es ist völliger Kontrollverlust. Also solltest Du dafür einen Ort wählen, wo Du tatsächlich sicher bist. Man schmeckt sie tatsächlich mit allen Sinnen. Er hat sich die Waffe verdient und er soll sich damit zur Not verteidigen. Mir liegt das Jian mehr als das Katana, von daher ist das Geschenk schon in Ordnung. Ein Schwert gehört in die Hand und nicht an eine Wand. Was soll die Klinge bei mir Zuhause, wenn sie meinen Meister schützen kann? Und ich kämpfe eh meist nur mit einer Waffe, dass passt schon. Deine bevorzugte Waffe ist welche Robere?«


    Robere
    »Die Armbrust ist mein Ding. Aus der Ferne, in Ruhe zielen, ganz in Ruhe, zack, und Ruhe für immer. Aber meist führe ich ein Standardschwert der Garde oder Hellebarde, was halt so ansteht. Kontrollverlust, das passiert mir nicht.« Robere dachte nach. »Dann sind es die Seelen, die so gut schmecken. Was erklärt, warum das nicht passiert, wenn man ein Viech frisst.«


    Archibald von Dornburg
    »Nun das erklärt es ehr nicht. Auch Viecher haben Seelen, es kommt auf die Gleichheit an. Wir erschmecken eine verwandte Seele - ein Mensch schmeckt einen anderen Menschen. Es ist die erhabenste Beute, der Klecks Bonus beim Essen. Eine Beute die eigentlich verboten ist. Ein Rind zu essen ist legitim und erlaubt Dir Mutter Natur. Deine eigene Art zu verspeisen, dazu musst Du geboren sein. Und bist Du dazu geboren, dann kannst Du auch die Seele erschmecken. Würde jetzt ein Ex-Beliebiger von unserem Mahl kosten, würde er dabei nichts empfinden. Ghule empfinden zum Beispiel nichts dabei, obwohl sie einst Menschen waren und Menschen fressen. Aber das ist ein anderer Hintergrund. Ah Du bist also ein Fernkämpfer. Gut, aber für die Jagd musst Du auch Nahkampf beherrschen. Manche Beute ist wehrhaft, aber dafür besonders lecker. Eine Hellebarde ist eine hervorragende Waffe für alle Distanzen. Aber auch verdammt gefährlich, wenn man sich einer gegenüber sieht. Komm ich bringe Dich heim, Du sollst Dich noch etwas schonen und Du wir können noch reden, wenn Du gemütlich im Bett liegst Robere«.


    Robere
    »Viecher haben keine Seele«, beharrte Robere. »Als Kind hab ich mit Kätzchen gespielt. Glaub mir, da ist nichts. Ist das Licht aus, macht das keinen Unterschied. Aber er hier ... er hatte eine Seele. Seinen Namen hätt ich gern gewusst und der interessiert mich sonst einen Dreck. Ich glaub, ich bin doch verknallt. Ich war es noch nie, aber ich denke zumindest, dass es das ist. Zum Glück hab ich noch was von ihm dabei. Ich werd`s mir mit ihm gemütlich machen. Ihn bei Kerzenschein essen. Das hat er verdient.« Er folgte Archibald zurück in Richtung des Krankenhauses.


    Archibald von Dornburg
    »Ich verstehe Dich, als ich 14 war, war ich das erste Mal verliebt. Er war wirklich süß und so schmeckte er auch«, lachte Archibald. »Ich weiß heute noch wo er liegt. Einen schönen Platz habe ich ihm ausgesucht. Er sollte es gut haben, sein Leben war schon schlimm genug. Er lebte auf einer Müllhalde, so sah er auch aus. Aber ich habe ihn befreit und durch mich lebt er weiter. Du kannst es Dir mit ihm gemütlich machen und über seinen Namen nachsinnen, dann schenke ihm einen. So geht er nicht anonym, wenn Dir das lieber ist... hm? Besonders gut schmeckt es mit Rotwein oder Schokolade, der Geschmack ergänzt sich. Vielleicht weil manche Schokoladensorten mit Blut angerührt werden, aber es schmeckt«.


    Robere
    »Verstehe. Im Krankenhaus wird es keinen Rotwein geben. Ich genieße ihn einfach so, wie die Natur ihn geschaffen hat. Seinen puren Geschmack. Ja, ich geb ihm einen Namen. Du, sag mal. Macht das süchtig? Es fühlt sich so an. Und funktioniert das in beide Richtungen? Wenn ich jetzt umgekehrt schon mal jemanden mag, krieg ich dann auch ... Hunger auf ihn? Oder funktioniert das nur andersrum.«


    Archibald von Dornburg
    »Es macht süchtig und Du wirst es immer wieder in immer kürzeren Abständen tun. Jedenfalls denkt man zuerst es ist eine Sucht. Es ist Deine Natur, es ist das tatsächliche Essen. Als Ersatz kannst Du Dir angewöhnen rohes Rindfleisch zu essen, kein Schwein. Schwein darfst Du niemals roh essen, Du wirst davon krank und kannst elendig dran eingehen. Zukünftig musst Du mit Deiner Zuneigung aufpassen. Wenn Du jemanden wirklich heiß findest, kann es sein, dass Du Sex hast und gleichzeitig frisst. Also falls Du das nicht möchtest, sei satt vor dem Sex. Dann geht es, wobei das keine Garantie ist. Manchmal isst man auch ohne Hunger. Ein Risiko ist also immer gegeben«, warnte Archibald ernst.


    Robere
    »Mir passiert das nicht, Archibald. Ich sagte doch, ich bin kein Mörder, ich bin Gardist. Ich weiß, wann und wen ich töte. Und warum. Aber ich will ... keinen Hunger auf meine Leute bekommen! Sie sind die Einzigen. Ich habe nur sie. Wenn ich da Mist baue, nein! Das darf nicht passieren. Ist es nur, wenn man wen heiß findet oder immer, wenn man wen mag? Antworte mir!«


    Archibald von Dornburg
    »Ja Du spürst, wenn Du richtig Heiß-Hunger auf wen bekommst. Meinen Leuten habe ich nie etwas angetan und sie auch nie als Beute gesehen oder gar empfunden. Ich habe einen Partner und ich hatte einst sogar eine Frau. Wir waren und sind intim, aber für mich ist das einfach nur angenehme Nähe, für ihn ist es mehr. Gefährdet habe ich niemals ihn, noch meine Frau. Davor musst Du keine Angst haben Robere. Freunde und Vertraute bleiben Dir«, versicherte Arch.


    Robere
    »Sie dürfen das nie erfahren«, sagte Robere fest. »Du sagst, du unterrichtest mich. Du hilfst mir, Ansgar zu vernichten. Ich bin dir dankbar, dass du mir das alles gezeigt hast. Aber du musst für mich schweigen, hörst du? Ich kann die Leibgarde nicht verlassen!«


    Archibald von Dornburg
    Archibald packte Robere bei den Schultern und schaute ihn ernst an. »Ich schweige! Ich weiß wie wichtig Dir diese Leute sind, sie sind Deine Familie. Mein Stab ist meine Familie. Im Gegensatz zu Dir habe ich das Glück, dass meine Wahl-Familie meinen Hunger akzeptiert Robere. Deine kann und darf dies nicht und sie werden es auch nie erfahren. Mache Dir darum keine Gedanken, Du wirst Deine Familie nicht verlieren. Das verspreche ich Dir«, sagte Arch fest und ließ Robere los. »Komm wir sind gleich da. Dann hast Du den ersten Ausflug für heute hinter Dir«, erklärte Archibald und führte Robere zurück in die große Heilstube und zurück auf sein Zimmer. Die Dame am Empfang schaute etwas verwirrt, aber widmete sich dann wieder ihren Unterlagen. Arch öffnete die Zimmertür und zog Robere hinein. »Kommst Du allein aus den Sachen?«


    Robere
    »Die Schuhe«, bat Robere. »Rest schaff ich allein. Die Leibgarde ist nicht meine Familie. Ich hatte nie eine, ich pfeif darauf. Sie sind mehr. Sie sind meine Freunde, meine Kameraden. Sie sind alles, was ich habe.«


    Archibald von Dornburg
    »Nenne es wie Du willst, Du weißt doch was ich meine. Sie sind Deine Leute, Dein Clan, Dein Rudel, was auch immer. Jeder im Stab hat eine andere Bezeichnung dafür«, sagte Archibald gut gelaunt und half Robere aus den Schuhen. Er öffnete das Fenster und schaute kurz hinaus. Danach zog er sich einen Stuhl heran und nahm neben dem Bett Platz. »Etwas Frischluft, kann nicht schaden«, sagte Arch freundlich.


    Robere
    Robere zog sich die Oberbekleidung aus und legte sich auf sein Bett. Nachdem er ein wenig herumgepöbelt hatte, hatte man ihm ein Einzelzimmer zugewiesen, das sonst nur für Adlige vorbehalten war. Manchmal waren schlechte Manieren eben doch zu was nütze. Er zog die Schulterfilets hervor und knetete sie ein wenig. Dann legte er sie in die Nierenschale auf seinem Nachttisch. Niemand würde auf die Idee kommen, was das wirklich war, sie würden glauben, er hätte sich was beim Fleischer organisiert. »Was gibt es da draußen zu sehen«, wollte Robere wissen.


    Archibald von Dornburg
    »Nichts besonderes Robere, nur der Ort Beaufort bei Nacht. Ich schaue mir gerne an wo noch Lichter brennen und versuche mir auszumalen, was diese Leute wohl Zuhause um die Stunden noch treiben. Eine uralte Angewohnheit um die Zeit zu überbrücken. Manchmal habe ich mir vorgestellt wie es wohl in den Häusern aussieht. Wer dort vor dem Kamin oder den Kerzen sitzt, was sie gerade tun? Ich selbst bin Nachts wach, meist schnitze ich etwas, bastele oder lese. Und wenn ich es am Fenster tat, habe ich mich gefragt, wer neben mir noch wach ist zu der Stunde und was sie so treiben. Was hast Du für Hobbys?«


    Robere
    »Keine«, sagte Robere. »Nach Dienstschluss mit den Männern aus meiner Einheit rumhängen. Ich mach das mit, was sie tun. Nebenbei nach Beute schauen. Sie anlocken, ködern, Spaß haben und wieder freilassen. Sonst nichts. Warum interessiert dich, was die Typen da in ihren Häusern treiben?«


    Archibald von Dornburg
    »Das weiß ich selbst nicht... Robere, ich kann es Dir nicht beantworten. Gut Hobbys hast Du keine, aber vielleicht kommt da ja noch. Gehst Du auf Jagd und köderst Dir wen?«


    Robere
    »Ich jage nicht in dem Sinne.« Er bewegte die Hand mit der Tätowierung und ließ den Skorpion sich bewegen. »Der Skorpion ist ein Lauerjäger. Er sitzt an einem sicheren Ort und wartet. Dann packt er sie mit den Scheren und sticht zu. Ich muss nicht jagen. Sie kommen von ganz allein. Man braucht nur ... das Auge für gute Beute zu haben. Und ein kleines Bisschen nett zu sein. Und dann - guten Appetit. Nathan hab ich sogar gesagt, er soll abhauen und trotzdem kam er immer wieder. Das war ein Spielchen nach meinem Geschmack. Er würde auch jetzt noch kommen, würde ich es darauf anlegen. Wie jagst du?«


    Archibald von Dornburg
    »Das ist jagen, sogar eine Stufe höher als jeder Anfänger, man nennt es Angeln. Du köderst mit einem charmanten Lächeln und musst nicht laufen. Ich jage auf ähnliche Art. Zuerst schaue ich nach einer Beute. Sehr häufig finde ich sie zufällig. Dann gehe ich die Wege die sie geht, nur immer ein Stück um mir seinen Bewegungsradius einzuprägen. Nicht ganz, dass fällt auf. Aber die Teile ergeben dann den gesamten Radius. Irgendwann grüßte ich ihn einfach, nur ein kurzes Hallo. Mehr nicht und ich bleibe auch nicht in seiner Nähe stehen, ich warte auch keine Antwort ab. Einfach nur ein Hallo. Wenn die Zeit reif ist und er wieder bettelt, gehe ich vorbei und drückte ihm etwas zu essen in die Hand. Etwas gutes, etwas großes. Und auch dann bleibe ich nicht stehen. Bleibe niemals stehen, drehe Dich niemals nach Deiner Beute um, geh weiter. Irgendwann, Du braucht ein bisschen Geduld, kannst Du ihm das Essen nur noch reichen. Nicht in die Hand drücken, sondern hinhalten. Er wird es nehmen. Erlaube es und verlasse ihn. Später, wenn das ein- zweimal geschehen ist, halt es aus Spaß etwas fest. Wenn er sich beschwert oder lacht, gleich lache kurz oder lache mit und berühre ihn freundschaftlich und geh. Lässt er die Berührung zu - bist Du ein Schritt weiter. Wenn nicht, musst Du noch etwas füttern. Hat er die Berührung zugelassen fütterst Du ihn und berührst ihn länger. Du machst Dich ihm vertraut. Irgendwann kommt er dann zu Dir, er ist nicht dumm, er erkennt Dich und er hat jede Scheu vor Dir verloren. Du begrüßt ihn, legst ihm die Hand auf die Schulter und gibst ihm was leckeres. Du nimmst ihn ein Stück Weg mit. Der Überteilte schnappt jetzt zu - Du bist nicht übereilt, Du warstest und wiederholst dieses Spiel einige male. Denn geht Dein Griff ins Leere ist das Spiel aus. Vertraut er Dir, denkt er sich nichts beim Zugriff. Die letzte Phase ist, er kommt zu Dir und Du heißt ihn willkommen. Ihr begrüßt Euch, Du knuffst ihn, ihr lacht Du gibst ihm was leckeres. Ihr geht ein Stück - wohin solltest Du gut ausgekundschaftet haben. Sobald er isst, packst Du ihn von unten an der Kehle und drückst zu. Deine Finger drückst Du hinter seine Ohren. Er wird nicht schreien können und er wird ohnmächtig. Halt weiter fest, dreht die Hand mit einem Schwung samt Arm nach oben und Du hast ihn wie Dein Kind auf dem Arm.... guten Appetit. Es ist ein Spiel, mit reichlich Vorspiel... Manchmal jage ich auch auf Zeit. Das heißt es ist ein Ort voller Leute. Jeder könnte mich sehen, wie bekomme ich jetzt eine Person von der Herde getrennt? Ein Rätselspaß, der sich oft lohnt Robere«, schmunzelte Archibald.


    Robere
    Robere hörte so aufmerksam zu, wie er selten jemandem zugehört hatte. »Du hast Recht ... das ist nach meinem Geschmack. Nur dass deine Beute stets verschwindet. In jeder Faser von der Welt verschwindet. Drum jagst du sauberer als ich. Meine aber lasse ich nach dem Spiel immer laufen. Bislang lief das gut so, bis dieser Giftzwerg Lügen über mich erzählte, weil`s ihm zu kurz war. Wenn ich künftig ... esse, werde ich deine Taktik lernen müssen. Du jagst Bettler, richtig? Meine erste Beute aber, mit der ich meine Zähne verdiene, soll Ansgar von Hohenfelde sein. Er wird nicht vom Betteln leben, er ist adlig. Und wenn er obendrein nicht auf Kerle steht, wird es schwierig. Das muss anders laufen. Kleine Schwuchteln sind sonst meine Beute. Jene, die Schutz suchen vor den bösen anderen. Ich kann ihnen das bieten, glauben sie. Könnte ich, aber das ist nicht, was ich will.«


    Archibald von Dornburg
    »Ich jage kleine Straßenkinder so um die vier oder fünf rum, mag ich sie am liebsten. Nein Ansgar ist nicht schwul oder bi, er steht nicht auf Männer nur auf Frauen. Was nichts bedeutet, Du musst nur ein bisschen umplanen. Ja meine Beute verschwindet, nicht immer sofort, manche habe ich auch mit nach Hause genommen und aufgehoben. Für später oder um mir Gesellschaft zu leisten. Es ist ein Köder den Du auswirfst Robere, Du hast ihnen nie versprochen was sie in Dir sehen. Du hast sie lediglich im eigenen Irrglauben gelassen«.


    Robere
    »Ja, drum seh ich auch nicht ein, dass ich jetzt der Dumme sein soll wegen Nathan! Ich kann nichts für die Blödheit der anderen, ja? Aber scheiße, Ansgar kann man nicht ködern. Nicht auf die Weise, die du oder ich gewohnt sind. Der hat alles, was er will. Wir müssen ihn observieren. Linhard befragen. Und notfalls muss das ohne Ködern gehen über pure Gewalt.«


    Archibald von Dornburg
    »Aber wir können ihn doch ködern, über Linhard. Wenn er uns hilft umso besser. Oder über zig andere Familienmitglieder. Es wird mehr als nur einen geben, der Ansgar genauso gerne tot sehen möchte wie wir beide, da bin ich mir ganz sicher. Ansonsten wie Du schon richtig sagst, müssen wir ihn auskundschaften und ihn systematisch auf Schwachstellen überprüfen, da setzen wir dann an. Inwieweit ihm seine Frau noch etwas bedeutet, kann ich Dir nicht sagen, aber nach der Hochzeit hat er sich auch von ihr losgesagt. In seinen Augen war sie ebenso eine Verräterin wie Linhard. Aber das heißt nichts, wir könnten die alte Schachtel vielleicht davon überzeugen ihn einzuladen. Und dann haben wir Ansgar dort, wo wir ihn haben wollen«, schlug Archibald vor.


    Robere
    Robere zeigte das erste Mal in Archibalds Gegenwart die Andeutung eines Lächelns. »Das wird eine spannende Jagd. Ich mach dir ein Angebot, was den Spaß noch erhöht. Nachdem wir Ansgar beseitigt haben, helf ich dir bei Dave. Unter deiner Anleitung, nur so weit, wie du es wünschst. Da du sagtest, es ist was Persönliches. Da will ich nicht dazwischen stehen. Und wenn ich Ansgar getötet hab und meine neuen Zähne trage - sprichst du nie wieder schlecht über meinen Vater. Einverstanden?«


    Archibald von Dornburg
    »Das ist eine Abmachung ganz nach meinem Geschmack, Deal Robere. Dave müssen wir lebend einfangen, was ein klein wenig schwierig wird, da er ein Geistmagier ist. Aber ich habe ihn schon mal ein wenig nervös gemacht. Da habe ich mich in seinem Haus einquartiert und zwei seiner Mitbewohner ausgeknipst. Die eine habe ich halbiert und den anderen ausgetrunken. Er war fast liebevoll dabei, fast hätte ich so etwas wie Mitleid empfunden. Aber er hat viel zu gut geschmeckt, als dass ich ihn hätte laufen lassen können. Da siehst Du mal, wie ungesund ein gesunder Lebenswandeln sein kann. Hätte er beschissen geschmeckt, würde er heute noch leben«, lachte sich Archibald schlapp. »Du trägst die Zähne dann für Kazrar mit Robere«.


    Robere
    »Dann ist die Ehre meines Vaters wieder reingewaschen. Das ist mein Dank dafür, das er mich liebte und darum fortgab. Die Möglichkeit bedeutet mir viel. Lass mich nun mit ihm hier allein.« Robere wies mit dem Kopf in Richtung der Nierenschale. »Wenn ich wieder im Palast bin, wird es schwierig, mit weiteren Treffen. Lass mir sonst über Linhard eine Nachricht zukommen, wann und wo wir uns wiedersehen, um die Jagd zu planen. Ich bin Robere Moreau, zweiter Mann von Unitè B. So wird er mich finden.«


    Archibald von Dornburg
    »Ich wünsche Dir eine angenehme Nachtruhe - Robere Moreau, zweiter Mann von Unite´B... viel Spaß und guten Hunger. Pass auf Dich auf...«, sagte Archibald und knuffte Robere, ehe er aufstand und das Krankenzimmer von Robere verließ und sich selbst auf Richtung Heimat machte. Oder vielmehr auf in Richtung seines Zimmers in einer Taverne.

    "Not all those who wander are lost."
    J.R.R. Tolkien

  • Als Boldiszàr seinen Kameraden besuchte, sah dieser im Gesicht seltsam aus. Irgendwie guckte er komisch. Nachdenklich vielleicht. Boldiszar schob es auf die Ereignisse und auf Roberes gesundheitlichen Zustand und zog sich einen Stuhl ans Bett.
    »Na, alles klar?«
    »Geht schon. Was gibt`s Neues?«
    »Weiß nicht, ob du das noch mitbekommen hattest. Der Duc hat einen neuen Palaisin, einen von den Cantillions.«
    »Ja, Massimo den Läuterer. Das hab ich am Rande mitgekriegt. Wie geht`s dem alten Palaisin?«
    »Bellamy ist wieder fit, ich glaub, den haben sie mit Heilmagie behandelt. Er steht jetzt im Dienst von Prince Ciel.«
    »Echt? Na da hat er Schwein gehabt. Mit dem versteht er sich ja.«
    Boldiszàr betrachtete den Inhalt der Nierenschale auf dem Nachttisch. Da lag ein frisches, blutiges Filet. »Hättest ja mal Bescheid sagen können, dann hätte ich dir was zu Essen organisiert, wenn sie dich hier so schlecht füttern.«
    »Sonst gibt`s hier nur Grütze. Das da ist was Besonderes, das kann man nicht so einfach organisieren. Probier mal.«
    Boldiszàr winkte ab. »Nee, ich ess kein rohes Fleisch. Du solltest es auch nicht so essen, davon holst du dir Würmer und alles Mögliche.«
    »Das muss man roh und ungewürzt essen, es ist was Spezielles. Eine Delikatesse. Geschirr und Besteck liegt da drüben noch vom Mittagessen. Leg`s dir auf den Teller und schneid dir was ab.«
    »Was ist das überhaupt?«
    »Wenn ich es dir sage, bist du voreingenommen. Tu´s für mich und nasch einfach mal ein Stück. Ich will wissen, ob es dir genau so gut schmeckt wie mir.«
    »Na schön. Auf deine Verantwortung. Aber wehe ich krieg Würmer.«
    Boldiszàr spießte das Fleisch auf eine Gabel, legte es auf den schmutzigen Teller und schnitt sich einen Streifen ab. Er kaute es langsam, um den Geschmack der angeblichen Delikatesse auf sich wirken zu lassen. Robere ließ ihn dabei nicht aus den Augen. Fast war es Boldiszàr unheimlich, wie sein Kamerad ihn anstarrte. Er kannte diesen Blick an ihm - er lauerte.
    »Und?«, fragte Robere, als Boldiszàr schwieg.
    »Nicht schlecht. Bisschen zäh. Mit Zwiebeln scharf angebraten würde es besser schmecken. Verrätst du mir jetzt, was es ist?«
    Robere wirkte enttäuscht. »Da es eh nichts Besonderes für dich ist, erübrigt sich das. Hätte es dir geschmeckt, hätte ich es dir gesagt.«
    »Alles klar bei dir im Oberstübchen? Es ist nur ein Stück Fleisch! Was soll das Gewese? Früher hast du die Abfälle aus den Tonnen gefressen und nun machst du einen auf Gourmet? Robby, das kauf ich dir nicht ab.« Boldiszàr schnitt sich noch ein zweites Stück ab und kaute es noch konzentrierter als beim ersten Mal. »Keine Ahnung, was du daran so Besonders findest. Schlecht schmeckt es wie gesagt nicht. Aber ich sagte dir ja, dass ich kein rohes Fleisch mag. Vielleicht liegt es daran.«
    »Dann nimm es dir mit. Ich hatte zwei davon. Brat es dir so, wie du magst und dann sag mir nochmal, was du davon hältst. Noch was anderes. Wegen den Behandlungskosten ...«
    Boldiszàr winkte ab. »Lass stecken. Sie einfach zu, dass du wieder gesund wirst.«
    »Das ist aber `ne ganz schöne Summe. Ich will nicht, dass du mir so viel Geld schenkst.«
    »Ist nicht nur von mir. Die ganze Unitè B hat zusammengelegt, damit du zu Benito kannst. Der eine mehr, der andere weniger, je nachdem, wie viel er geben konnte. Wir wollen dich schließlich alle wieder heil zurückhaben.«
    Robere mahlte mit den Zähnen. »Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.«
    »Dass wir die Besten sind«, erwiderte Boldiszàr grinsend.
    »Das seid ihr. Ihr seid die Besten.«
    »Was glaubst du, wofür das B steht? Aber das nächste mal höre ich von dir: Wir sind die Besten. Du gehörst schließlich auch dazu. So will ich es das nächste mal hören.« Er klopfte ihm den Arm. »Ich muss jetzt wieder. Genieß deinen Urlaub und meld dich, wenn du noch was brauchst. Ich werd zusehen, dass jeden Tag einer bei dir vorbeischaut. Ob ich es selber bin, kann ich nicht sagen, hab ganz schön was um die Ohren durch den Wechsel. Ansonsten sehen wir uns wieder, sobald du hier rauskommst.«
    Er drückte zum Abschied Roberes Schulter, wickelte sich das Fleisch in Papier und verließ das Zimmer. Robere blickte ihm nachdenklich hinterher.

  • Er hatte sich noch einmal davon überzeugt, dass die Tür verriegelt war. Zwar war es nahezu ausgeschlossen, dass irgendwer Verdacht schöpfen würde, was die wahre Natur des Fleischstückes betraf, doch er wollte bei diesem ehrwürdigen Moment nicht unangenehm überrascht werden.
    Robere drehte das Fleisch in den Händen, während er auf dem Rücken in seinem Bett lag. An den Rändern war es inzwischen ausgeblichen, weil er zum Einschlafen daran gesaugt hatte und in der Mitte wurde es schon braun. Das noch enthaltene Restblut reagierte mit der Luft. Das sah nicht nur unappetitlich auch, sondern war auch nicht, was Patrice verdiente. Das Kerzenlicht konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass der finale Tag gekommen war. So lange wie möglich hatte Robere es sich aufgespart, doch nun wurde es Zeit, auch das letzte Stück zu einem Teil von sich zu machen. Er fühlte sich ergriffen, ohne die Emotion richtig deuten oder ihr einen Namen geben zu können. Er drehte sich auf die Seite und legte das Schulterstück zurück auf das fleckige Handtuch neben sich. Er hatte sich am Rand der Matratze positioniert, damit für Patrice genügend Platz war. Er streichelte das Fleisch unbeholfen mit den Fingerspitzen. Diese Hände waren es nicht gewohnt, zärtlich zu sein. Es waren die muskulösen, vernarbten und tätowierten Pranken eines Gardisten. Diese Hände wurden seit zwei Jahrzehnten dazu ausgebildet, Waffen zu führen und selbst Waffen zu sein. Sie dienten, seit er denken konnte, dazu, Schmerz zuzufügen und Leben effektiv zu zerstören. Das Gegenteil hatten sie nie gelernt.
    Seine streichelnde Hand stockte. Ziemlich schwul. Er sollte es lassen.
    Er rollte sich auf den Bauch, so dass seine Hände zu beiden Seiten des Fleisches zum liegen kamen und starrte darauf hinab, die dunklen Augen kalt und hart wie Basalt. Langsam leckte er über die glatten Fasern. Erst nur mit der Spitze, dann, mit wachsender Gier, mit der ganzen Zunge. Der tätowierte Skorpion auf seiner Hand spannte sich. Seine Erregung bohrte sich gegen die Matratze, Aufmerksamkeit fordernd, doch Robere hielt sich zurück. Dies war ihr gemeinsamer Abend. Er wollte ihn mit Patrice in Ruhe genießen. Drum saß er auch nicht mit ihm am Esstisch, sondern lag mit ihm im Bett.
    Sein Magen knurrte und sein Herz hämmerte. Sehnsüchtig liebkoste er das Fleisch mit Zunge, Zähnen und Lippen.
    Langsam biss er nun fester zu, seine Kiefermuskeln spannten sich und die ersten Fasern gaben nach. Der Geschmack breitete sich auf seiner Zunge aus, rutschte seine Kehle und den Bauch hinab, um sich in seinen Lenden zu verdichten. Eine Wellenbewegung ging durch seinen Körper. Der Schwarze Skorpion stöhnte mit so tiefer Stimme, dass sie kaum zu hören war. Er biss ein weiteres Mal zu.
    Am Ende war Patrice in jeder Faser vom Antlitz der Welt verschwunden und Robere lag schwer atmend auf seinem Kissen und genoss den Nachhall. Sein Hunger war gestillt, allumfänglich. Die Sattheit beschränkte sich nicht nur auf seinen vollen Magen, sondern es war, als ob auch sein Seelenhunger gestillt worden war. Robere war vollkommen ausgefüllt, eins mit sich und der Welt und eins mit Patrice. Er fühlte sich rundum gut.
    Patrice war nicht mehr zu sehen, aber er war nicht fort. Er war noch immer da, sein Fleisch und seine Seele in Robere konserviert für immer. Er war nun ein Teil von ihm, bis der Schwarze Skorpion dereinst selbst sterben würde. Dann würden sie gemeinsam in den ewigen Abgrund fallen.
    Robere beschloss, dass er sich zu gut fühlte, um seine Zeit mit untätigem Rumliegen zu vergeuden und nicht länger hier verweilen wollte. Er räumte sein Quartier auf. Das fleckige Tuch landete im Wäschekorb und würde mit der anderen Schmutzwäsche in die Wäscherei gebracht werden. Seine Ohren glühten. Noch immer fühlte er sich, als hätte er Schmetterlinge im Bauch, ein so ungewohntes wie unpassendes Gefühl für den Schwarzen Skorpion, aber das würde bald wieder vergehen.
    Er rasierte sich nach, korrigierte seinen Haarschnitt, wusch sich von Kopf bis Fuß an der Waschschüssel, putzte die Zähne, kontrollierte die Nägel an Händen und Füßen und kleidete sich an. Er war so ordentlich, wie er als Leibgardist auszusehen hatte. Niemand würde je von dem kurzen Schwächeanfall erfahren, der sich hier zugetragen hatte. Außer vielleicht Boldi, je nachdem, wie er auf seine eigene Mahlzeit reagierte.
    Robere verließ sein Zimmer und marschierte durch den Palast bis zum Quartier seiner Einheit. Es war früh am Morgen und die Nachtschicht von Unitè B gerade beendet. Die Diener schoben Wäschewagen durch die Flure oder das Frühstück für die Herrschaften. Unitè A hatte schon die Posten bezogen.
    Als Robere die schwere, eisenbeschlagene Holztür zum Gemach seiner Einheit öffnete, schlugen ihm die vertrauten Geräusche und Gerüche entgegen. Obwohl das Mannschaftsquartier Wände aus grauem Mauerwerk besaß, massive Holzbetten mit einheitlich weißem Bettzeug, die gemeinsam mit den schmucklosen Wandschränken nicht gerade für Heimeligkeit sorgten, war dies für Robere der gemütlichste Ort von ganz Souvagne. Dies hier war sein wirkliches zu Hause, nicht das gemietete Zimmer, das er bei Urlaub oder, wie jetzt, bei Krankheit im Gesindeflügel des Palastes bewohnte. Obwohl er oft mürrisch dreinblickte und eher wenig sprach, war Robere durchaus gesellig. Man merkte es daran, dass er oft die Gesellschaft seiner Kameraden suchte, auch wenn er seiner Freude über das Wiedersehen in der Regel keinen Ausdruck verlieh. Er schlief bestens, wenn um ihn herum Bettzeug raschelte, Bettgestelle knarrten, irgendwer im Schlaf vor sich hin murmelte oder lautstark schnarchte. Jene Dinge, die andere Leute an Gruppenschlafräumen störten, waren genau das, was Robere gefiel.
    Die Gardisten machten sie sich bettfertig. Einige waren schon umgezogen und lagen in den schmalen Etagenbetten herum, die sich an den Wänden entlang reihten, von wo aus sie sich miteinander unterhielten. Weitere Gardisten saßen am Tisch, tranken und spielten mit Würfeln. Die Letzten zogen sich gerade um.
    Als Robere durch die Tür trat, wurde er lautstark begrüßt. Er grüßte mit ernstem Nicken zurück, befreite sich von seiner zivilen Kleidung, zog sich die lange Unterwäsche an, in der die Gardisten schliefen und bezog sein Bett, dass sich gegenüber von dem des echten Patrice befand. Der schüttelte sein fluffiges, von zu Hause mitgebrachtes Kissen auf, das drei Mal so dick war wie das der anderen Gardisten und drehte ihm dabei den Hintern zu. Robere beobachtete ihn.
    In dem Augenblick kam Boldiszàr herein. Da er nach Seife roch und feuchtes Haar hatte, war er wohl im Bad gewesen. Er hockte sich zu Robere vor das Bett. »Na, das ging ja fix«, grüßte er und ging dann übergangslos zum formellen Teil des Gesprächs über. »Du bist bis morgen krankgeschrieben.«
    »Ich bin wieder fit«, erklärte Robere, nicht bereit, sein Bett freiwillig zu verlassen.
    »Wenn du uns zusammenklappst, ist auch keinem geholfen.«
    »Mir geht`s gut. Oder soll ich wirklich wieder gehen?«
    »Nein, bleib hier. Du wirst das schon richtig einschätzen. Aber sag das nächste Mal ein paar Stunden eher Bescheid, wenn es dir wieder besser geht. Um die Uhrzeit hab ich keinen Bock, den Dienstplan nochmal anzupassen.« Boldiszàr musterte Roberes Gesicht. »Du siehst immer noch komisch aus.«
    »Erholt nennt man das.«
    »Nah. Ich kenn dich. Irgendwas stimmt nicht mit dir. Ich würd sagen, du brauchst noch paar Tage Ruhe. Aber das musst du wissen.«
    Robere zuckte die Schultern. »Ich will nicht länger als nötig in meinem Zimmer rumliegen.«
    »Schon klar. Wir beide sind nicht gern allein. Bleib nur hier, Benito hat dir ja keine Quarantäne verordnet. Spielst du eine Runde mit oder liegst du weiter im Bett und schaust Patti den Arsch weg?« Boldi sagte das furztrocken.
    Robere hielt seinem Blick stand. Der beiläufige Kommentar war ein Hinweis, dass Boldiszàr bemerkt hatte, auf welche Weise Robere sich für Patrice interessierte. Eine Warnung, es nicht zu weit zu treiben.
    »Schon verstanden«, sagte Robere beschwichtigend und setzte sich auf. »Ich spiel mit.« Er folgte Boldiszàr zu den anderen an den Tisch, um noch eine Runde mit ihnen zu würfeln, während Patrice ihm verunsichert hinterher sah.

    "Not all those who wander are lost."
    J.R.R. Tolkien

  • Robere
    Schlecht gelaunt sog Robere am Rest seiner Rauchstange. Er warf den Stummel zu Boden und trat ihn aus. Archibald hatte ihn im Stich gelassen, nachdem er ihn mit Frischfleisch geködert und ihm Informationen über seinen Vater vorgegaukelt hatte. Wer wusste, ob die überhaupt stimmten. Robere ärgerte sich über sich selbst, dass er den Kerl so nah an sein Seelenleben herangelassen hatte. Archibald wusste viel zu viel von ihm und nun war er sonst wo, mitsamt seinem Wissen. Robere drehte sich eine weitere Rauchstange. Er war kein Trinker, aber gerade war ihm nach einer Flasche Hochprozentigem zumute.


    Arbogast
    Und just in dem Moment hielt ihm jemand einen Flachmann unter die Nase. »Du siehst aus, als könntest Du einen Schluck gebrauchen... Bruder«, sagte ein abgehalfteter Kerl der ungefähr in seinem Alter war. Er trug braune zerschlissene Klamotten, und wie man an seinen Händen erkennen konnte, schien er über und über mit Tätowierungen geschmückt zu sein. Sogar sein Gesicht war nicht verschont worden, sondern er trug eine Knastträne am Auge. Seine Erscheinung hatte etwas Lauerndes, wie die von Archibald, aber bei dem Mann mischte sich etwas Linkisches und Nervöses darunter, wie ein Wiesel oder Frettchen. Er beobachtete Robere genau und schenkte ihm ein Grinsen, ohne die Zähne zu entblößen. »Archibald schickt mich. Ich soll nach Dir sehen Larve«, verkündete er und warf Robere den Flachmann in den Schoß.


    Robere
    »So nennst du mich kein zweites Mal«, knurrte Robere. Er nahm den Flachmann von seinen Beinen, aber öffnete ihn nicht. Der Kerl sah nicht aus, als ob man ihm trauen sollte und für so etwas hatte Robere ein ganz gutes Gespür. »Wer bist du und woher kommst du«, wollte er wissen. »Du siehst aus wie ein Naridier.«


    Arbogast
    Der Kerl lachte leise und heiser. Selbst seine Lache klang, als hätte er es eilig. »Liegt wohl dran, dass ich ein Naridier bin. Mein Name ist Arbogast, ich bin der Sohn von Archibald. Und mein Vater sagte, ich solle nach Dir schauen. Du bist noch eine Larve, er arbeitet dran, dass Du Dich verpuppst. Aber Du hast erst das erste Mal gegessen, Du bist noch einen Ozean weit davon entfernt Dich zu verpuppen Robere, Sohn von Kazrar - einst Mündel der Bestie. So ist Euer Verhältnis und ich bin hier um die Vertretung für meinen Alten zu geben. Also was ist nun, willst Du Dir einen tüddeln oder nicht?«, fragte Arbo und deutete auf den Schnaps.


    Robere
    »Sollst du mich weiter ausbilden oder was?«, wollte Robere wissen. »Archibald sprach davon, dass er mich ausbilden will. Meinst du das mit verpuppen? Ich nehm nix zu trinken von irgendwelchen dahergelaufenen Naridiern. Am Ende hast du reingepisst. Wahrscheinlich hast du nicht mal eine Aufenthaltserlaubnis, aber mir ist das egal, das ist nicht meine Aufgabe.« Er warf Arbogast die Flasche zurück. Er hatte wirklich Appetit auf einen Schluck, aber der Kerl wirkte dermaßen wenig vertrauenerweckend, dass er lieber verzichtete.


    Arbogast
    Arbogast zuckte die Schultern und fing zeitgleich die Flasche auf, was für sein nervöses Wesen aber auch für seine Reflexe sprach. Er entkorkte die Flasche und nahm einen kräftigen Schluck. »Wenn mein Alter Dich tot sehen wollte, wärst Du tot. Ihr scheint hier nicht die Hellsten zu sein. Weißt Du was Giftet kostet? Dafür kann man sich echt andere Dinge kaufen. Archibald musste irgendwas wichtiges erkunden, drum ist er wer weiß wo. Wärst Du ihm nicht wichtig, hätte er mich nicht zu Dir geschickt oder den Zirkel informiert. Du wirst Dich zum Jäger verpuppen. Jemand der in der Lage ist, sich selbst sein Fressen ranzuschaffen. Zur Zeit wirst Du ernährt, wie ich gesagt bekam. Eine Aufenthaltserlaubnis habe ich, zweifelst Du etwa an mir? Man Du stellst Dich vielleicht an, wovor hast Du eigentlich so einen Schiss sag mal? Die Anreise war nicht gerade gemütlich. Also pass auf, wenn Du nicht angelernt werden willst von mir, ist mir das nur Recht. Ich gebe nicht gerne den Babysitter, ich werde die kommenden Tage Abends hier aufschlagen. Bist Du da, super. Wenn nicht, dann nicht. Ist schließlich nicht mein Problem, ob man Dich erwischt und aufknüpft. Du hast den Ruf gehört, folge ihm oder lass es Larve«, sagte Arbo leichthin und immitierte spöttisch eine Verbeugung aus Adelskreises und rülpste dabei wie ein Bauer.


    Robere
    »Ganz schön große Klappe. Offensichtlich bin ich hier. Ich bin Leibgardist, ich habe mehr als nur einen Ruf zu verlieren. Ich kann und will mir keine unnötigen Risiken leisten. Wie stellst du dir die Ausbildung vor?« Das unerhörte Rülpsen störte Robere nicht. Außerhalb ihrer Schichten benahmen sich die meisten Leibgardisten auch nicht gerade sonderlich vornehm.


    Arbogast
    »Ruf? Achso, ja gut Dein Ruf. Ich habe keinen Ruf zu verlieren, mich gibts gar nicht. Das macht die Sache einfacher«, erklärte Arbo und dachte angestrengt nach, ehe sich seine Miene aufhellte. »Wie hat Dich der Alte denn ausgebildet? Habt Ihr sowas wie einen Lehrplan? Dann mache ich dort weiter. Er hat mir für Dich keine Vorgaben gegeben, nur gesagt dass ich mich um Dich kümmern soll, Dich im Auge behalten soll da Du noch nicht reif wärst und ich Dich unter meine Fittiche nehmen soll für die Zeit seiner Abwesenheit. Wie lange das immer ist. Habt Ihr sowas wie einen Plan? Sonst überlege ich mir einen. Du solltest Urlaub nehmen, wir reisen nach Obenza«, sagte Arbo entschieden.


    Robere
    »Was soll ich in Obenza, diesem Dreckloch? Urlaub ginge klar, ich bin noch krankgeschrieben. Warum sonst sollte ich mich hier draußen langweilen? Seh ich aus, als würde ich das schöne Wetter genießen? Einen Lehrplan gibt`s nicht, ich hab keine Ahnung, was Archibald plante. Aber ich kann dir mein erstes Ziel sagen: Ansgar Durand de Chouinard. Mit seinem Fleisch werde ich mir die Zähne verdienen, die mein Vater nie tragen durfte.«


    Arbogast
    »Das klingt doch schon mal nach einem Plan... Zähne verdienen... Hör zu, das Drecksloch ist mein Zuhause und ein idealer Ort um das Jagen zu üben. Niemand der dort wohnt, schert sich um andere. Es ist ein gesetzloser Sumpf, ein Moloch in dem nur die Stärksten und Cleversten überleben. Also ein idealer Ort um zu lernen Ansgar zu erbeuten. Irgendwo muss man anfangen, also warum nicht dort, wo eine Leiche nicht auffällt?«, schlug Arbo vor.


    Robere
    Robere überlegte. Dann nickte er. »Besser, als hier zu üben. Was ich außerhalb der Grenzen treibe, interessiert hier niemanden. Ich will meine Arbeit nicht verlieren und ich hab schon einmal scheiße gebaut. Aber wie kommt man von hier aus da hin? Ist ja nicht gerade ein Katzensprung. Dass es dich nicht gibt, bedeutet wohl, du bist da irgendwo in Obenza auf der Straße geboren. War deine Mutter eine Hure?«


    Arbogast
    Arbogast drehte sich in Zeitlupe zu Robere um. »Nein, Deine etwa?«, zischte er giftig zurück. »Ich habe meine Mutter nie kennengelernt in Ordnung? Ich wuchs im Zirkel auf. Sie war eines von Archibalds Spielzeugen, sagte er. Wie wir dahin kommen? Na wir laufen ein Stück und nehmen dann einen Wagen. Oder was hast Du gedacht? Hast Du einen Gaul?«, fragte Arbo.


    Robere
    »Meine war das Spielzeug von Kazrar. Sagt Archibald. Mehr weiß ich nicht von ihr, aber ich weiß das Wichtigste: Sie hat mich in ein Scheiß Waisenhaus gegeben. Selbst wenn sie noch lebt, will ich nichts von ihr wissen. Mein Vater war anders. Er gab mich fort aus Liebe, damit mir nichts geschieht. Sie gab mich fort aus Hass oder Schwäche. Ein Pferd hab ich nicht, zu teuer, zu viel Arbeit. Wann willst du aufbrechen?«


    Arbogast
    »Mein Vater brachte mich aus dem gleichen Grund in den Zirkel. Dort zog mich eine Frau auf, wir nennen sie nur die Gräfin. Er selbst konnte mich nicht aufziehen, ist klar warum. Dein Vater konnte es auch nicht. Wir brechen jetzt auf. Ich habe auch kein Pferd, wo sollte ich es auch lassen, oder woher sollte ich es kaufen. Wir könnten uns welche leihen«, schlug Arbo eine Spur freundlicher vor.


    Robere
    »Ich muss vorher Bescheid sagen. Am besten Bellamy. Boldi würde es mir ausreden wollen«, grübelte Robere. »Ja, ich sag Bellamy Bescheid. Warte hier.«


    Bellamy Bourgeois
    Bellamy saß gerade draußen und ließ sich seine abendliche Rauchstange schmecken. Nun da er kein Palaisin mehr war, hatte er zwar mehr Freizeit, aber er hatte auch weit weniger Privilegien. Er war ein normaler Mann, der ein Schwert führte und er gebot nicht mehr über das Millitär des Duc. Im Grunde hatte er alles verloren, wofür er gearbeitet hatte und weshalb? Nur weil er einmal beide Augen zugedrückt hatte. Aber wo andere ein Auge zudrückten, machte der Duc scheinbar manchmal ein drittes Auge auf und starrte einem bis auf die Seele. Und wofür? Für Nathan, den kleinen Vollpfosten der Robere provoziert hatte. Gut, das war unerheblich, als erstes Schwert im Staat hätte er darüber stehen müssen. Auch Kinder provozierten und das nicht zu knapp und deshalb durfte man sie trotzdem nicht erschlagen. Selbst Ciel hatte ihn als Kind ständig provoziert. Seine Aufgabe wäre der Schutz der Schwachen gewesen, in dem Fall der Schutz von Nathan. Aber wer entschied sich gegen die Familie für einen Fremden? Wobei Robere nicht mal seine Familie, er hatte keine Familie. Er hatte niemanden, bis auf seinen neuen Herrn. Trotzdem vermisste er seine alte Garde, seine Leute, seinen Job, seine Macht. Und er hockte wie jeden Abend im Garten und dachte genau darüber nach, wie es dazu hatte kommen können. Domi hatte es nicht gesagt, aber es stand in seinem Gesicht geschrieben, der Fall des Bellamy B. wie konnte er nur soweit sinken? Wie konnte er sich nur dabei erwischen lassen? Weil Robere erwischt worden war. So einfach war das manchmal. Mitgefangen und mitgehangen. Bellamy ließ sich auf der Parkbank etwas herunterrutschen und dachte über den neuen Palaisin nach. Massimo war ein guter Schwertkämpfer, aber er war sturer als ein Stein. Er hatte fast die Sicherheit gekostet, da er von dem Krieg und dem Schiffsraub wusste, aber ihm wurde verziehen. Warum man ihm nicht verzieh wusste Bellamy nicht. Wobei, dass war eine glatte Lüge, er wusste es sehr wohl. Massimo bereute seinen Fehler und beging ihn versehentlich. Er bereute nichts und beging die Tat wissentlich. Er schnipste seine Rauchstange weg und biss in sein Brot.


    Robere
    Robere entdeckte Bellamy auf einer der Parkbänke, die im Palastgarten überall herumstanden. Er ging zu ihm und salutierte. Ihm lag die falsche Anrede auf der Zunge, fast hätte er Bellamy mit Palaisin angesprochen. »Monsieur Bourgeois, ich bitte um kurze Information, wie Sie fortan korrekt anzusprechen sind. Desweiteren möchte ich darüber informieren, dass ich für die Zeit meiner Krankschreibung eine Erholungsreise nach Obenza unternehmen werde.«


    Bellamy Bourgeois
    Bellamy schaute zu Robere auf und hielt beim Kauen inne. »Bellamy reicht völlig, ich bin weder Palaisin noch Dein Vorgesetzter, ich bin nicht einmal mehr Dein Kollege Robere. Ich diene nun Prince Ciel, wofür ich ihm dankbar bin. Ich weiß nicht, was sonst geworden wäre. Wieso erzählt Du mir, dass Du Urlaub nimmst? Wohin willst Du? Nach Obenza? Das liegt doch... irgendwo in der Fremde. Vielleicht keine schlechte Idee Robby. Erhole Dich gut und viel Spaß, Du verstehst schon...«, grinste Bellamy und aß weiter.


    Robere
    Robere stellte sich auf die Information hin normal hin. »Das fühlt sich komisch an. Du hättest Palaisin bleiben sollen«, murrte er. »Ich erzähl dir das, weil Boldi mich vermutlich aufhalten wöllte und ich will keine Diskussion mit ihm. Richte es ihm bitte aus, wo ich bin. Obenza liegt irgendwo in Naridien. Ein sündiges Dreckloch. Ich will mir das mal aus der Nähe anschauen.« Er grinste zurück.


    Bellamy Bourgeois
    »Ich richte es ihm aus, keine Sorge. Na dann knall eine für mich mit. Ich werde hierbleiben und meine zweite Chance nutzen. Etwas ähnliches dachte ich vorher auch, aber ich denke an der Seite von Prince Ciel könnte ich freier sein, als ich als Palaisin war. Möglicherweise, abwarten«, grinste Bellamy und knuffte Robere.


    Robere
    Robere freute sich über den Knuff und nahm ihn gleich zum Anlass, sich einen Moment neben Bellamy auf die Bank zu setzen. »Danke. Ich kann dir höchstens `nen Typen mit knallen. Ich mach`s mir da richtig fett gemütlich. In Obenza interessiert so was keine Sau, hab ich mir sagen lassen. Glückwunsch zum neuen Job. Ciel scheint bisschen lockerer drauf zu sein bei so was, meinst du?«


    Bellamy Bourgeois
    »Ich weiß es, wir hatten schon das Vergnügen uns zu verstehen. Mehr darf ich nicht sagen, aber ja er ist da etwas flexibler als der werte Herr Papa. Und ich vermute dieser war nur so wütend auf uns, da es Nathan betraf. Wobei nein war er nicht, er war wütend, weil es jemanden betraf der sich nicht wehren konnte. Von mir aus knall einen Kerl für mich mit. Das es dort niemanden interessiert, ist heftig. Naridien scheint völlig anders als Souvagne zu sein. Ob Du Dich dort zurecht findest, wird sich zeigen. Kehrst Du zurück?«, fragte Bellamy leise.


    Robere
    Robere nickte ernst. »Ich komme zurück, pünktlich am letzten Urlaubstag und stehe am ersten Arbeitstag wieder auf der Matte. Die Leibgarde ist mein zu Hause. Ich kann hier nicht weg. Es ist nur ein Urlaub. Ich hab eine Spur, was meinen Vater betrifft. Ich will mehr über ihn herausfinden und nebenbei bisschen Spaß haben. Wenn es da schön ist, wirst du davon erfahren. Vielleicht kannst du auch mal da vorbeischauen, wenn es sich lohnt. Dass Ciel das so locker sieht, hätte man früher wissen müssen und dass ausgerechnet der dumme Giftzwerg die Ausnahme bildet. Kann ja keiner ahnen! Diener gibt`s doch wie Sand am Meer.«


    Bellamy Bourgeois
    »Aber Leibdiener genießen einen Sonderstatus, allein wegen dem Vertrauen dass die Herren ihnen entgegenbringen. Nicht nur jene am Hofe, generell Robere, dass war das Problem. Für die meisten Adligen sind sie beste Freunde, Brüder, Vertraute, und ein bisschen Mama und Papa in einem. Volles Hätschelprogramm, die Schulter an der man sich anlehnen kann und die einem jeden Wunsch von den Augen abliest. Prince Gregoire hat einen neuen Leibdiener, sei also vorsichtig, nicht dass Du ihn Dir packst«, lachte Bellamy ehe er wehmütig schmunzelte. »War nur Spaß, sei vorsichtig in Naridien, man hört von dort nichts Gutes. Ja würde mich freuen, wenn wir uns wiedersehen. Ciel hat mir sogar vor der Bestrafung geholfen und mir ein Schmerzmittel gegeben. Aber wir wurden so plötzlich abgeholt, dass ich es nicht nehmen konnte«, stöhnte Bell.


    Robere
    Robere lachte. »Na dann zieh es dir doch jetzt rein und mach dir ein paar schöne Stunden! Du musst einen Stein bei dem im Brett haben, nutz das. Man, so viel Ärger ... woher soll man das als einfacher Gardist wissen, dass die Leibdiener so einen Sonderstatus haben. Die sollten ein Umhängeschild tragen. Danke für deine Sorge, ich pass auf mich auf. Aber mein Vater stammt wohl von dort ... ich werd sozusagen auf seinen Spuren wandeln. Der Sohn von seinem Ausbilder holt mich ab, er wartet schon. Ich werd mal mein Gepäck holen.« Robere stand auf, fummelte sein Pfeifenkraut hervor und drehte eine Rauchstange, die er Bellamy zum Abschied reichte. Vermutlich verstand er die Geste nicht so wie Robere, aber das machte nichts. Es genügte, wenn er sich darüber freute.


    Bellamy Bourgeois
    »Danke Robby, melde Dich wenn Du zurück bist. Falls ich vorher mit Ciel umgezogen bin, hinterlasse ich Dir bei Boldi eine Nachricht. Viel Glück was die Spur Deines Vaters angeht, meine Spuren sind kalt.... sehr kalt... Nutze es, man hat nur selten so eine Chance und vielleicht lernst Du dadurch auch etwas über Dich selbst. Das sagt man doch, wenn man seine Wurzeln kennt. Du hast Recht, ich werde mir das Zeug heute Abend geben. Geh, der Kerl wird sicher nicht ewig warten«, sagte Bellamy und zündete sich Roberes Rauchstange an und tippte sich grüßend gegen die Schläfe.


    Robere
    »Vielleicht findest du auch noch heraus, woher du stammst. Manchmal gibt es komische Zufälle.« Robere nickte zum Abschied und ging. Er ging zu seinem Privatquartier im Palast, zog sich reisefertig um und packte sich einen Rucksack. Er nahm eine Nebentreppe, damit er niemandem aus seiner Einheit über den Weg lief. Abschiede waren nicht sein Ding. Er suchte Arbogast im Palastgarten auf. »Bin so weit. Wir können los.«


    Arbo
    Arbogast musterte Robere, viel Gepäck hatte er nicht, aber wozu auch? Alles was er benötigte, würde er ihm in Obenza stellen. »Das ging schnell, leichtes Reisegepäck? Sehr gut. Wir beeilen uns, je früher wir in Obenza sind, je mehr hast Du davon. Was Dir fehlt, wirst Du von mir in Obenza bekommen. Auf gehts«, grinste Arbo und gab den Weg vor in ein neues Leben mit geschärften Zähnen.

    "Not all those who wander are lost."
    J.R.R. Tolkien