• Nathan
    Kazrar und Robere, der nun Tekuro hieß, waren schwer angeschlagen. Die Beißer kamen langsamer voran als sonst und benötigten viele Pausen auf ihrem Weg zur Gewitterfeste. Es zeigte sich, dass Tekuro sich mit seiner Einschätzung, dass sie in nur drei Stunden da seien, weil man die alte Festungsruine schon sehen konnte, außerordentlich verschätzt hatte. Das Gebiet sah nur auf den ersten Blick aus wie eine Wald- und Wiesenlandschaft - es war ein Auengebiet und stand mehrmals im Jahr zu großen Teilen unter Wasser. Genau jetzt, als der Herbstregen langsam einsetzte, begann es damit und sie mussten große Umwege gehen, weil der Weg nass und matschig war. So legten sie eine weitere große Rast in einer verlassenen Jägerhütte ein, wo Archibald sicher war vor dem Sonnenlicht. Während die Beißer ihre unappetitlichen Gespräche führten und Patrice völlig fehl am Platz wirkend dazwischen saß, meldete sich Nathan zu einem längeren Spaziergang ab. Er wurde sehr lang, denn seine Füße trugen ihn bis nach Beaufort. Je näher er seinem zu Hause kam, umso schneller ging er und als er nicht mehr konnte, ließ er sich von einem Fuhrwerk das letzte Stück mitnehmen. Als die Sonne gerade unterging, stand er vor dem Palast, heruntergekommen, unrasiert, mit schmutzigen, verschlissenen Kleidern und ungekämmtem Haar. Er starrte auf die große Treppe, die zum Eingang hinaufführte. Wenn er jetzt hineinging, konnte er vielleicht nicht mehr zurück. Unschlüssig tapste er umher, bis er sich zu seiner Lieblingsparkbank zurückzog. Sie zeigte in Richtung der untergehenden Sonne. Allein saß er da und beobachtete, wie der Himmel sich rot färbte und wusste nicht, was er nun machen sollte.


    Fabien Lacomb
    Fabien fühlte sich hundeelend. Eigentlich hätte er sich schon längst bei Prince Ciel entschuldigen sollen und das hatte er auch vor, aber ihm fehlte die Kraft dazu. Er kannte den Prince gut genug um zu wissen, dass dies nicht ohne verbalen Schlagabtausch vonstatten gegen würde. Nur schlug der Prince verbal zu und er hatte es über sich ergehen zu lassen. Im Moment konnte er das nicht und er konnte es sich nicht erlauben, sein Leben zu gefährden. Denn den Hass und den Ärger hatte er auch Dank Nathan auf sich gezogen. Alles was er jemals hatte, alles was verlässlich in seinem Leben war, war sein Herr Maximilien Rivenet de Souvagne - der Duc de Souvagne. Max war die einzige Konstante in seinem Leben. Sonst besaß er nichts. Gut Max besaß er auch nicht und dennoch auf gewisse weise schon. Wie sehr sehnte er sich danach, Max von seinem Problemen und Gefühlen, von seiner Sorge und seiner Wut Nathan betreffend zu erzählen. Am liebsten hätte er ihn dabei auf einen Stuhl gepflanzt, ihm einen Kaffee in die Hand gedrückt und sich alles von der Seele gesprochen, während er ihn kämmte. Das hatte den Vorteil, dass Max ihn dabei nicht ansah. Denn Fabien hatte das Gefühl, dass Max ihm manchmal bis auf die Seele schaute und genau wusste, was er sagte und tatsächlich dachte. Vielleicht war dem auch so. Und wenn er ganz ehrlich war, hoffte er dass Max ihn in den Arm nahm, ihn tröstend an sich drückte und er ihm so nah sein durfte wie in Ehveros. Dass er die Stelle von Nathan einnehmen würde. Aber das war nur Wunschdenken und selbst wenn Max dies tun würde, sie waren kein Paar. Jedenfalls nicht, dass was man üblicherweise als Paar bezeichnen würde. Sie waren vermutlich enger verbunden als manche Eheleute je sein konnten. Fabien liebte Maximilien und dieser wusste darum. Aber er liebte ebenso Nathan. Nathan Garcia der ihn in eine Lage gebracht hatte, die er nicht für möglich gehalten hatte. Sie hatten sich ein winziges, kleines eigenes Leben aufgebaut. Es hatte sich so gut angefühlt. So richtig. Er hatte Nathan seiner Mutter vorgestellt und Nat hatte sogar bei Max mit im Bett schlafen dürfen. Es war eine tolle Zeit gewesen und nun war schlagartig alles vorbei und Fabien wusste nicht warum. Ihm war nach heulen zu Mute. Aber er heulte nicht, denn die kommenden Tage würden für alle noch schwer genug werden. Er zündete sich eine Rauchstange an und drehte eine Runde durch den abendlichen Hofgarten um die Gedanken frei zu bekommen. Max hatte sich zurückgezogen und hatte ihm einige Stunden frei gegeben. Falls er nachher noch wach war, würde Fabien mit ihm reden. Und falls nicht, nun dann würde er sich neben ihn ins Bett legen und ihm leise trotzdem alles erzählen. Wenn Max wüsste, was er so alles wusste, dachte Fabs. Er hatte wieder und immer wieder die kleinen Holzfiguren betrachtet, die in ihrem Zimmer standen. Sogar sie hatte er gefragt, ob sie wussten, was mit Nathan los war, oder mit ihm? Was stimmte mit ihm nicht? Was stimmte mit Nathan nicht? Was stimmte überhaupt nicht? Aber sie gaben ihm keine Antwort, keiner von ihnen nicht mal das Honigbärchen, dass er für Nathan extra gekauft hatte und so sorgsam nach Souvagne transportiert hatte. Schlagartig war alles nichts mehr wert, jedenfalls in seinem kleinen Privatleben. Vielleicht sollte er es mit dem Rest bestatten, aber er brachte es nicht übers Herz das Zimmer auszuräumen. Zudem gehörten ihm die Figuren gar nicht. Fabs schlenderte Richtung Parkbank, auf der er gerne mit Nathan gesessen hatte. Freundlich grüßte er einige andere Diener, verneigte sich vor einigen Höflingen und dann hatte er endlich die Bank erreicht... samt Nathan! Fabien starrte seinen Freund an und zwar dermaßen hart, dass Nathan nicht wusste ob Fabs ihm um oder an den Hals fallen wollte.


    Nathan
    Nathan starrte erschrocken zurück. Nun wusste er noch weniger, was er tun sollte. Fabien, Fabs, sein Fabs. Der Mann, der ihn körperliche Liebe gelehrt hatte, von der er seither nicht genug bekommen konnte. »Fabs?«, fragte er zaghaft.


    Fabien Lacomb
    »Duuuu....«, knurrte Fabien so tief, dass Nathan die Vibration des Barriton noch auf der Bank in seinen Eingeweiden spürte. Fabien hatte den Kiefer so fest aufeinander gebissen, dass seine Halssehen wie Schnüre abstanden. Unbewusst hatte er die Fäuste geballt. Alles in allem war er eine ziemlich bedrohliche Erscheinung auch wenn ihm das selbst im Moment nicht bewusst war. Er setzte an, etwas zu sagen, schaute aber einen Moment kurz weg um sich zu fangen, ehe er Nathan wieder anstarrte, diesmal sogar noch wütender als zuvor. »Wo warst Du?«, donnerte Fabien Nathan an.


    Nathan
    Nathan kniff ganz fest die Augen zu und zitterte. »Ich ... war bei, bei, bei Archi«, stammelte er.


    Fabien Lacomb
    »Guck Dich mal an! Du siehst aus wie aus der Gosse gezogen! Wo hast Du gelebt?!? Und bei diesem Vampir, von wegen! Ich weiß wo Du warst! Ich weiß was Du treibst, jeder weiß das! Wieso Nathan, wieso hast Du Dich dieser Kreatur an den Hals geworfen? Hä? Und was ist mit uns? Mit unserem Leben? Mit Dir und mir? Mit unserer Beziehungen? Hatten wir je eine? Oder hatte Robere Recht hä? Du kleine Nutte?«, brüllte Fabien.


    Nathan
    Nathan presste ganz fest die Lippen aufeinander und die Augen noch fester zusammen. Er wartete darauf, dass er verprügelt werden würde, stattdessen legte sich eine bedrohliche Stille über ihn, als Fabien auf seine Antwort wartete. Vorsichtig machte Nathan ein Auge auf und als keine Faust darauf landete, auch das andere. Er hatte einen roten Kopf und schämte sich, wie verlottert er war. Bei den Beißern hatte er sich nicht geschämt, denn diese sahen momentan kaum besser aus als er, mit blutverkruster Kleidung, die sie in all der Zeit nirgends gewaschen hatten. »Ich ... war wirklich bei Archi«, sagte er leise. »Aber ich, ich ... bitte schrei nicht so böse, ich hab Angst!«


    Fabien Lacomb
    »Du hast Angst? DU? Vor was denn? Vor mir? Wieso? Du treibst Dich mit Mördern, Vampiren, Menschenfressern und was weiß ich noch alles rum und Du hast Angst vor mir? Also dass muss ich mir auf der Zunge zergehen lassen. Was ist an mir denn so beängstigend? Der Bart? Dein Archibald ist ein Monster! Ich habe Dich geliebt verstehst Du das?!? GELIEBT und Du trittst mich in den Arsch! Meldest Dich nicht mal, sagst mir nicht bescheid. Keinen Brief, keine Nachricht nichts! Gar nichts war ich Dir wert! Weder ich noch unsere Beziehung. Du hast meine Mutter kennengelernt, weil es mir wichtig war, weil ich es fest machen wollte. Du warst bei uns Zuhause. Also bei Max und mir. Du hast dazugehört und das wirfst Du weg für eine Horde Irrer? Was stimmt mit Dir nicht? Ich habe vielleicht nicht viel Geld oder sonst nichts zu bieten, aber ich dachte dass... also dass was wir haben würde Dir reichen... und ich dachte es wäre echt... Nichts war echt!«, knurrte Fabien.


    Nathan
    Eine Weile gab Nathan kein anderes Geräusch von sich, als ein Schniefen, während er versuchte, möglichst leise zu weinen. »Aber ich lieb dich doch«, sagte er ganz leise. »Darum bin ich ja hier. Ich ha... hab dich vermisst. Woher wusstest du, wo ich bin? Ich, also ich bin mit Archi unterwegs gewesen, weil du nie Zeit hast für mich, weil du so viel arbeiten musst. Und dann wolltest du lieber zu Max, was ja nicht schlimm ist, er ist dein Herr und er ist ganz lieb. Aber ich war so allein, Fabs ... obwohl ich dabei war ... macht das Sinn?« Er weinte.


    Fabien Lacomb
    »Nein das ergibt überhaupt keinen Sinn für mich! Du liebst mich und darum verlässt Du mich und rennst Archibald nach. Wo soll das Sinn ergeben? Und mein lieber Nathan ich glaube Du hast auch zu arbeiten. Es sei denn Du hast neben mir auch noch Dreux vergessen, was Du ja hast. Alles für Archibald, der Mann muss ein Zauberer im Bett sein oder eine neunschwänzige Katze, nur sitzen die wohl woanders. Ich hatte nie Zeit für Dich, witzig Nathan. Wirklich witzig! Ich habe gearbeitet und jede freie Minute mit Dir verbracht. Ich habe immer an Dich gedacht, mich um Dich gesorgt, mich um Dich gekümmert. Ich habe Dir sogar von Ehveros aus geschrieben, wo wir unterwegs waren. Ich habe Dir was mitgebracht, meinst Du das mache ich, weil Du mir gleichgültig bist? Und wenn Du alleine warst, wieso hast Du nichts gesagt, anstatt Dich diesem Untier an den Hals zu werfen?«, fragte Fabien etwas umgänglicher.


    Nathan
    »Ich weiß es nicht, Fabs«, sagte er ganz leise und rieb sich die Augen mit den Fäusten. »Ich hab dich so lieb ... bitte sei nicht so böse zu mir. Ich weiß, dass du sehr fleißig bist und ich war es auch immer. Immer fleißig und immer lieb zu anderen. Aber wie viel Zeit gehört wirklich uns? Wir müssen immer mit einem Ohr lauschen, dass es den Herren an nichts mangelt, sogar wenn wir schlafen. Und Dreaux ist ein lieber und guter Herr ... aber er ist nicht mein Herr. Mein Herr ist Ciel.« Er fing wieder an zu weinen.


    Fabien Lacomb
    Fabien setzte zu einer scharfen Erwiderung an, verkniff sie sich aber. Das Nathan auf einer Art Recht hatte, konnte er nicht abstreiten. Denn einst hatte es ihm sogar Max gesagt. »Es ist wahr, sogar mein Herr sagte es einst. Wir haben kein eigenes Leben, denn wir leben das Leben unserer Herrn mit. Wir tragen die stumme und stille Bürde. Aber ohne uns gäbe es die Herrschaften nicht, denn allein können sie das Amt oder die Position die sie darstellen nicht bekleiden. Weder ist das leicht für sie noch für uns. Oder meinst Du das Maximilien jeden Tag Lust auf sein Amt verspürt? Sicher nicht, es ist größtenteils Verantwortung und Pflicht. Lust wird daraus oder Freude, wenn er einer Aufgabe nachkommen kann, mit der er Gutes bewirkt, die andere beschützt oder fördert. Wie die Mauer. Aber das was ihm jetzt bevorsteht, zerrt auch an seinen Nerven und das möchte etwas heißen, wo er sonst stets die Ruhe selbst ist. Aber seine jetzigen Probleme sind persönlich und das ist das Schlimme. Wenn Dein Herr Ciel ist, hättest Du Dich auch bei Ciel abmelden können. Bei wem auch immer Nathan. Ich weiß es auch nicht Nathan, ich weiß gar nichts mehr was uns betrifft... was war ich für Dich?«, fragte Fabs leise.


    Nathan
    »War? Du bist mein Fabs«, schluchzte Nathan.


    Fabien Lacomb
    »Und was ist Fabs für Dich? Ein Lückenbüßer, falls Arch keine Zeit hat Nathan?«, fragte Fabien verletzt.


    Nathan
    Nathan senkte den Blick. »Ich ... bitte nicht schreien. Es stimmt, ich hab Archi lieb. Ich will dich nicht anschwindeln. Es war falsch, dass ich einfach weggelaufen bin. Ich weiß auch nicht, warum ... vielleicht, weil ich plötzlich den ganzen Tag Zeit hatte, für mich und Archi. Wir hatten den ganzen Tag Spaß, hatten viel gelacht und Robere hat dank Archi sogar seinen Papa kennengelernt. Jeder ist für den andern da, die Beißer sind wie eine Familie, also teilweise sind sie das auch, sie sind ja miteinander verwandt ... und ich war seit meiner Kindheit noch nie so lange am Stück so glücklich. Willst du denn niemals manchmal weglaufen und einfach mit Max in Ruhe in einer kleinen Hütte wohnen? Ohne all das hier?«


    Fabien Lacomb
    »Das ist der Punkt Nathan, es geht nicht darum was ich will, sondern was meine Bestimmung ist. Meine Bestimmung ist meinem Herrn zu dienen und ich liebe meinen Herrn. Was erwartest Du? Das ich mit Max Hand in Hand fliehe und dann in einer Hütte im Wald lebe? Selbst wenn das möglich wäre, selbst wenn wir dort leben und uns lieben würden, wovon sollten wird leben? Das ist ein schöner Traum Nathan. Oder willst Du in ein anderes Land fliehen? Das ginge, klar. Dann wären wir beide ganz normale Personen, die sogar verheiratet sein könnten. Die sich lieben könnten, die ein einfaches Leben, mit einem einfachen Job haben würden mit einfachen alltäglichen Problemen die nur uns betreffen und niemand anderes sonst. Wo man sich mehr oder minder gut jede Nacht ins Bett legen kann und morgen wäre ein neuer Tag. So wäre es. Aber das wird nicht so kommen. Also kann ich bestenfalls davon träumen. Aber wer wäre ich denn wäre ich frei? Wer Nathan? Möchtest Du ohne all das hier leben?«, fragte Fabien und er fühlte sich unbehaglich dabei in welche Richtung ihr Gespräch verlief. Er dachte so gut wie nie darüber nach, was wäre sobald er eine freie Person wäre. Für einige war dies erstrebenswert wie für Bellamy, der sich dies immer gewünscht hatte. Aber für Fabien war dies kein Wunsch, sondern ein Albtraum. Frei, zu niemanden dazugehörend, völlig auf sich alleingestellt, das hatte für ihn nichts verlockendes. Die Vorstellung war pure Bedrohung.


    Nathan
    »Meine Bestimmung war, Ciel zu dienen«, antwortete Nathan. »Aber er will mich nicht mehr.« Er musste wieder weinen. »Und deine Bestimmung ist Max. Das weiß ich. Ich bin dir nicht böse. Du willst mich nicht teilen, aber ich muss verstehen, dass Max vor mir da war. Das versteh ich aber ich bin trotzdem traurig. Du liebst mich, aber Max liebst du noch mehr. Das ist in Ordnung. Aber warum bist du jetzt so gemein zu mir?«


    Fabien Lacomb
    »Weil ich Angst um Dich hatte, weil ich Dich vermisst habe und weil Du mein Freund warst oder bist. Ich weiß es nicht. Wir waren zusammen Nathan oder sind wir es noch? Max hätte jeden haben können, er kann jeden in diesem Land zu seinem Leibdiener bestimmen, wenn er das möchte. Aber er wählte mich. Das muss doch einen Grund haben. Er ist keine leichte Person, auch wenn er freundlich ist. Er ist auf seine Art manchmal schwierig, aber wer von uns ist leicht zu verstehen? Du? Ich? Ciel hat Dich erst in meine Arme getrieben und dann hat er alles dran gesetzt uns zu trennen. Er hat mich wie Dreck behandelt. Mag sein, dass ich das im Vergleich zu ihm bin, aber muss er es mir deshalb unter die Nase reiben? Ich kenne meinen Stand. Er scheint seinen nicht zu kennen. So wie man den Geringsten behandelt, das sagt eine Menge über den Charakter aus. Und ich habe noch bei der Hinreise nach Ehveros Max gesagt, dass er von der Fähigkeit her der Beste wäre für den Thron. Selten habe ich mich so geirrt Nathan. Aber Max und Ciel haben nichts mit unserer Partnerschaft zu tun. Vielleicht doch, vielleicht sogar alles. Nathan ich weiß nicht, wie Du denkst. Was denkst Du Dir? Ich will nicht gemein zu Dir sein, ich bin einfach so unheimlich wütend, enttäuscht, traurig und... ach alles auf einmal eben«, stöhnte Fabien ergeben.


    Nathan
    Zaghaft streckte Nathan seine Hand aus und strich mit den Fingerspitzen über Fabiens Wange. »Ich bin zurückgekommen ... weil ich dir was sagen wollte.«


    Fabien Lacomb
    Fabien musterte Nathan. »In Ordnung und was möchtest Du mir sagen? Ich flehe Dich an, sag mir nicht, dass Du ein Vampir bist«, stöhnte Fabien.


    Nathan
    Nathan schüttelte leicht den Kopf. Er stand auf und umarmte Fabien. Er drückte sein Gesicht an Fabiens Hals und Fabien merkte die Feuchtigkeit. »Ich bin gekommen, um dir Lebewohl zu sagen. Ich liebe dich, Fabs und ich werde dich immer lieben. Ich gebe dich hiermit Max zurück, deinem wahren Mann.« Er trat einen Schritt zurück und blickte Fabien aus geröteten Augen an. Tränen rannen seine Wangen hinab. Er zog den kleinen Holzbären aus seiner Tasche, den kleinen Bären mit dem Honigtopf. Das Holz war abgegriffen und glänzte speckig, woran man sah, dass er ihn häufig in den Händen gehalten hatte. Nathan drückte ihn Fabien in die Hände und schloss schützend seine Finger darum. »Pass auf ihn auf. Vergiss mich nicht ganz, Fabs«, bat er.


    Fabien Lacomb
    Fabien wischte sich ebenfalls über die Augen und küsste Nathan auf die Stirn, als dieser seine Finger um den kleinen Bären schloss. »Das werde ich nicht. Aber warum? Warum gehst Du?«, fragte Fabien und musste selbst mit den Tränen kämpfen. »Ich verstehe es nicht«, flüstere er.


    Nathan
    »Ich habe dich angeschwindelt und war hinterhältig zu dir. Es tut mir von Herzen leid, das hast du nicht verdient und du sollst nicht länger auf meine Rückkehr warten. Denn wahrscheinlich komme ich nicht zurück. Schau, mein Leben war gut, bis wir aus dem Krieg zurückgekehrt sind. Khawa war in unserem Gefolge. Ich dachte erst, dass es Khawas Schuld sei, dass ich nicht mehr bei Ciel im Bett schlafen durfte, aber ich hab herausgefunden, dass es die Schuld von Alex war. Ich hab mich bemüht, trotzdem zu lächeln und Khawa hat sich Mühe gegeben, mich aufzumuntern, nachdem er sich eingelebt hatte. So war es erträglich, auch wenn ich Ciels Nähe sehr vermisst habe. Aber es war nicht mehr wie zuvor, Alex hat es vergiftet. Dann hast du mir gezeigt, wie man miteinander schläft und es war wunderschön. Ich hab mich in dich verliebt und du in mich. Ich dachte, nun wird alles gut und das Gift ist leichter zu ertragen, aber Ciel erfuhr davon und wollte mich nicht mehr. Dreaux erbarmte sich meiner und er war ein guter Herr, ich kann mich nicht beklagen. Aber er ist nicht Ciel, er ist der Archi-Duc. Er muss immer würdevoll und ernst sein und gab sich sehr professionell. Es ist keine Freundschaft, obwohl ich ihn mag. Wenn ich bei dir und Max schlief, war es immer, als ob ich nur der Gast sei. Ich war vielleicht sogar erwünscht, aber nicht notwendig. Ihr beide funktioniert auch ohne mich, so wie Dreaux. Mich braucht hier niemand wirklich, Fabs. Auch du nicht.« Er sagte dies ohne Vorwurf in der Stimme.


    Fabien Lacomb
    Fabien musterte Nathan stumm, lautlos rannen ihm die Tränen über die Wangen. Er nahm Nathan fest in die Arme, drückte ihn liebevoll an sich und küsste ihn so, wie er seinen Mann küsste. »Leider kann ich Dir nichts anderes sagen, als Du hast Recht. Sei vorsichtig da draußen Nathan Garcia... und pass auf Dich auf. Ich werde Deine Sachen einräumen und darauf aufpassen. Vielleicht sehen wir uns eines Tages wieder, wenn nicht hier, dann in einem anderen Leben. Ich wollte Dir nie etwas Böses und vielleicht habe ich Dich nie gebraucht Nathan, aber gewollt schon. Geh und lass Dich nicht erwischen, Du weißt was die Strafe wäre. Leb wohl«, sagte Fabien und gab Nathan frei.


    Nathan
    »Ich werde dich nie vergessen und dir einen Brief schreiben, wenn wir mal bei einer Stadt mit einem Postamt sind. Den kannst du nicht beantworten, weil unser Versteck geheim ist. Aber dann weißt du, dass es mir gut geht. Mit Archi bin ich zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder richtig glücklich.« Er trat von Fabien zurück und lächelte, während er weinte. »Wir hatten eine kurze Zeit zusammen, aber sie war trotz allem schön. Lebe wohl, Fabs.« Er ging ein paar Schritte rückwärts, immer noch lächelnd, während ihm die Tränen vom Kinn tropften, ehe er sich umdrehte und in Richtung Ausgang ging. Hinter ihm erstrahlte der Palast im Sonnenuntergang, vor ihm lag lang sein eigener Schatten.


    Fabien Lacomb
    Fabien schaute ihm nach, Nathan Schatten wurde länger und irgendwann war er ganz verschwunden. So wie er einst als Lichtstrahl in sein Leben gestolpert war, stolperte er nun in die Nacht hinaus. Fabien fröstelte, aber nicht allein wegen der aufziehenden Nacht, sondern aufgrund der Bildnisses wie Nathan verschwand. Das ewige Kind war erwachsen geworden und hatte die Nacht zu seinem Begleiter gewählt. Fabien drehte sich um und ging zurück nach Hause, zurück zu Maximilien und diesmal hoffte er, Max würde schon schlafen.