Fettfinger [Oneshot]

  • »He, Maurice«, sagte Remy, der auf dem Sofa lümmelte, während er eine Weintraube abpflückte. »Reich deinem Bruder doch mal die Brille. Du siehst doch, dass er sie schon wieder nicht findet.«


    Gaetano fühlte hilflos auf dem Schreibtisch herum, wo er kurz zuvor Remys Papierkram erledigt und dann die Brille abgesetzt hatte, um sich das Gesicht zu reiben. Sie lag nicht weit von ihm entfernt, aber er tastete zielsicher um sie herum. Maurice tat, wie geheißen, hob die Brille auf und wollte sie Gaetano reichen.


    »Nicht so«, rief Remy aufgebracht, was dazu führte, dass Maurice erschrocken mit der Hand zurückzuckte. »Du hast auf das Glas gefasst, jetzt ist da eine Schliere«, tadelte Remy.


    Maurice besah sich die Brillengläser. Von dem Schrei ging ihm die Pumpe. »Das kann man doch wieder abwischen«, murrte er.


    »Sieh hin! Da ist jetzt ein riesiger Fettfinger drauf«, ereiferte sich Remy. »Quer über die ganze Brille!«


    Maurice wendete die Brille so, dass sie sich im Sonnenlicht spiegelte. »Ach da. Den kleinen Fleck sieht man doch kaum.«


    »Ich will nicht, dass du mit deinen Popelfingern die ganze Brille verklebst! Tano bemerkt es nicht und rennt rum wie ein schleimiges Sumpfmonster.«


    »Also bei allem Respekt«, sagte Maurice empört. Dass Remy zum Übertreiben neigte, war ja nichts Neues, aber jetzt übertrieb er sogar damit, zu übertreiben.


    »Dich stört es vielleicht nicht, wenn jemand sich mit dem Finger im Hintern rumbohrt und dann alles an deinem Eigentum abschmiert«, fuhr Remy unerbittlich fort. »Und du dann rumläufst wie Graf Krustula, von oben bis unten eingesaut, tropfend und krümelnd, die Sicht verschleiert von einem Nebel aus Dreck ...«


    »Herr, das ist nur ein winziger Fingerabdruck«, stöhnte Maurice.


    »... aber Tano stört es! Nicht wahr?« Niemand antwortete. »Tano?«


    Gaetano hatte inzwischen auf der Suche nach seiner Sehhilfe versehentlich den Raum verlassen und geisterte blind auf dem Flur herum, wo er Entschuldigungen stammelnd ein Gemälde von der Wand riss. Der Mann auf dem Bild trug eine spiegelblank polierte Brille.