Hinrichtung für Hochverrat

  • Hinrichtung für Hochverrat


    Der Morgen graute und Nebelschwaden zogen über die Felder hinweg, während das Vieh mit unsichtbaren Beinen auf den Weiden stand und weiße Dampfwolken ausatmete. Kalt und klamm war dieser Morgen.


    Der Großherzog von Souvagne spürte an diesem Morgen eine ganz andere Kälte in seine Knochen kriechen. Fabien sein treuer Leibdiener rüstete an diesem Morgen den Duc de Souvagne in volle Kampfmontur. Lediglich den Helm ersparte sich Maximilien, denn es galt nicht nur Haltung und Würde, sondern auch Gesicht zu zeigen.


    Der Richtplatz war über Nacht von fleißigen Händen direkt vor der großen Prunktreppe des Palastes aufgebaut worden. Der Block ragte Unheil verheißend auf der Mitte empor. Mahnend und knochenweiß stand er dort im Morgennebel, als die ersten Sonnenstrahlen durch die Nebelschwaden brachen.


    Schon bald würde seine weiße, makellose Oberfläche mit Blut getränkt werden, dem Blute einer Hochverräterin. Und der Duc de Souvagne würde sie persönlich richten.



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    Der gesamte Hofstaat hatte sich rund um den Richtplatz versammelt, ebenso die Großherzogliche Familie. Der Duc stand gemeinsam mit seinen Frauen, Söhnen und Schwiegersöhnen auf der Empore der Treppe. An seiner Seite befanden sich ebenso die de Cheverettes, welche zur Zeit am Hofe zugegen waren.


    Eine Unite der Leibgarde führte die alte Duchesse in schweren Ketten auf den Richtplatz. Würdevoll und mit grimmigem Gesicht schritt sie dem Richtplatz entgegen. Der Wind frischte auf und wehte über die Zuschauer hinweg und zerrte an dem Henkerskleid der alten Frau.


    Genau vor dem Block blieb die Unite stehen und schaute zur Empore herauf. So kalt wie der Wind wehte, so eisig blickte der Duc auf die alte Frau herab.


    "Aufgrund von Hochverrates an der Krone durch die Ermordung von Duc Alain Etienne de Souvagne, sowie dessen erstgeborenem Sohn Bernard Pomeroy de Souvagne, sowie Verschwörung und Auslöschung des Ordens der Agenten der Autarkie verurteilen wir Euch Duchesse Francoise Esme de Souvagne, geborene Cheverette zum Tode.


    Euch persönlich werden von uns mit sofortiger Wirkung sämtliche Titel, Rechte, sowie Privilegien entzogen. Ihr seid mit sofortiger Wirkung aus unserer Familie verstoßen. Gleiches gilt für die Familie de Cheverette. Ihr seid mit sofortiger Wirkung ebenfalls aus dieser Familie verstoßen.


    Beide Familie - die de Souvagnes wie die de Cheverettes sagen sich vollumfänglich von Euch los.


    Unsere Trauer gilt allen Opfern Eures abscheulichen Verrates.
    Dem unter anderem ebenso die Agenten der Autarkie und deren Angehörige zum Opfer fielen. Der Orden der Agenten der Autarkie gilt mit sofortiger Wirkung postum als rehabilitiert.


    Den Kindern der Agenten der Autarkie wird nach Eurer Hinrichtung ihre vollständige Erinnerung zurückgegeben.
    Gleich welchen Standes sie sind, werden sie als Wiedergutmachung in die Freiheit und den Stand des Nennadels erhoben.


    Sterbt in dem Wissen, dass Euer Verrat von einem Mann und zwar unserem Sohn Ciel Felicien de Souvagne aufgedeckt wurde. Und zwar gemeinschaftlich mit drei Söhnen der Agenten der Autarkie. Sterbt mit dem Wissen, dass auf der anderen Seite jene auf Euch warten werden, die ebenfalls noch eine Rechnung mit Euch offen haben, allen voran Eure Helfershelfer", erklärte der Duc frostig.


    Der Großherzog schritt in voller Rüstung die Prunktreppe herab, dicht gefolgt von seinem Leibdiener Fabien Lacomb, der auf einem seidenen Kissen das Reichsschwert Souvagnes trug.


    Einer der Gardisten zwang die alte Duchesse auf die Knie, wickelte sich kurz ihre Haare um die Hand und schnitt diese ab, bevor er ihren Kopf auf den Richtblock drückte. Er verneigte sich vor seiner Majestät tief und ging einige Schritte rückwärts um dem Duc Platz zu machen.


    Maximilien blieb hinter seiner Mutter stehen und schaute auf diese herab.


    Er verspürte einen Anflug von Kummer, darüber wie das Schicksal seinen grausamen Lauf genommen hatte und weshalb zwei gute Männer hatten sterben müssen, ebenso ein ganzer Ordnen wie dessen Angehörige. Alles nur für die wahnwitzigen Ideen einer Frau, die einfach nur hätte sprechen müssen. Stattdessen wählte sie Mord.


    Es mag dauern wie es dauern mag, die Sonne bringt es an den Tag...


    So hieß ein altes Sprichwort und sein Sohn Ciel hatte den Verrat ans Tageslicht gezerrt. Maximilien spürte Wut in sich aufsteigen, eine gerechte Wut auf eine Frau die alles gehabt hatte und dennoch nicht genug bekam. Wie bescheiden und demütig war dagegen sein Sohn.


    Der Großherzog streckte die rechte Hand nach dem Reichsschwert aus. Fabien sein treuer Leibdiener reichte ihm das Kissen und die gepanzerte Hand von Max schloss sich um das Heft der Klinge.


    "Habe ich ein paar letzte Worte die ich an meinen Sohn richten darf?", fragte die alte Frau mit bebender Stimme, als sich das Licht der Sonne auf der rasiermesserscharfen Waffe brach.


    "Ihr habt weder Familie, noch Kinder", antwortete Maximilien.


    Sonnenlicht tauchte den Richtplatz unerwartet in goldenes Leuchten. Als das sich brechende Licht der Waffe beim Einschlag in das Fleisch aufloderte, gab es einen nass-dumpfen knirschenden Aufschlag. Einen Sekundenbruchteil später fiel der abgeschlagene Kopf der Hochverräterin zu Boden.


    Der Wind ließ Maximiliens Haare wehen, als er das blutige Reichsschwert mit unbewegter Miene als Zeichen der hoheitlichen Vollstreckung über den Kopf erhob. Als der Duc das Schwert zurück auf das Kissen legte gingen alle anwesenden Untertanen auf die Knie.


    Der Großherzog ließ seinen Blick über den Hofstaat schweifen, ehe er Fabien ein minimales Zeichen gab. Der Duc schritt die Prunktreppe wieder empor und begab sich in seinen Palast.


    Zurück blieben seine knieenden Untertanten und eine gerichtete Hochverräterin.