Wie das Söldnerlager niederbrannte [Oneshot]

  • Als Sodo aus seinem Rausch erwachte, roch die Luft anders, als sie es hätte tun sollen. Er hatte die üblichen Gerüche des Söldnerlagers erwartet, die Ausdünstungen von zu vielen Männern auf zu wenig Raum, den Mief der durchgelegenen und in unterschiedlichen Verwesungsstadien befindlichen Matratzen, Bohnerwachs, Stiefelfett, den vertrauten Kantinengeruch nach halb verbranntem Fleisch (»Das muss gut durch sein, sonst holen wir uns die Würmer!«). Stattdessen vernahm er das schmerzhafte Beißen von Rauch in seinen Nasenlöchern, die sogleich missbilligend zuckten. Der Halbork öffnete die Augen und hob den Kopf.


    Er lag auf dem Rücken und sah seinen Rumpf, der in einer penibel gepflegten Söldnerrüstung steckte und darunter seine Panzerstiefel, die zu seiner großen Erleichterung nicht vollgekotzt waren. Weniger erfreulich fand er den Umstand, dass er nicht innerhalb der Mannschaftsquartiere lag, wie es sein sollte, sondern draußen auf der Wiese, mit Blick auf das Söldnerlager, das lichterloh ihn Flammen stand.


    »Also jetzt übertreiben sie in der Kantine wirklich«, stellte er fest.


    »Furchtbar witzig«, entgegnete Cherax, der im Schneidersitz neben ihm saß und ein angebranntes Würstchen verspeiste.


    Um sie herum lag ein Teil ihrer Habseligkeiten verstreut, Rucksäcke, Waffen und Klamotten. Die übrige Söldnerkompanie veranstaltete viel Lärm und Hektik, zu viel für Sodos verkaterten Kopf. Mühsam setzte er sich auf, griff nach dem Würstchen in der Hand seines Kameraden, biss ein Stück ab und reichte es ihm zurück. Im nächsten Augenblick kotzte er sich die Stiefel voll. »Scheiße«, ächzte er und würgte das zerkaute Würstchen wieder zu Tage. »Ich hätte bei Limo bleiben sollen.«


    Die eine Hälfte der Männer versuchte, der Flammen Herr zu werden, die andere Hälfte fand den Anblick lustig. Nur Cherax mimte den Spielverderber, den es scheinbar immer irgendwo geben musste. »Das war`s dann«, konstatierte er. »Arbeit: futsch. Dach über dem Kopf: futsch. Bett und regelmäßige Mahlzeiten: ebenfalls futsch. Danke, Sodo. Du hast es wieder mal geschafft.«


    Sodo hörte auf, seine schmutzigen Stiefel zu betrachten. »Hä? Wieso denn ich?«


    Der Blick des Trolls wurde nicht glücklicher. »Wie besoffen muss man sein? Du hast in der Kantine den Ofen umgerissen! Während du den Koch mit einem Fleischklopfer grün und blau geschlagen hast! Wir anderen waren damit beschäftigt, zu verhindern, dass du ihn umbringst. Und dann fiel auch noch ein Sack Mehl um.« Sodo lachte laut über dieses profane Ende seines ruhmvollen Sündenregisters, aber Cherax bedachte ihn mit einem giftigen Blick. »Mehlstaubexplosion sagt dir nichts, oder?«


    »Nee«, entgegnete der Halbork, noch immer feixend. »Ist doch auch egal. Wir haben unseren letzten Sold erhalten, was will man mehr. Soll die Bude doch in Trümmern liegen. Die Leitung war eh scheiße. Von der Küche ganz zu schweigen.«


    Er stand etwas wacklig auf, klopfte seine Rückseite sauber und schlurfte mit den Stiefeln durch das feuchte Gras, um sie zu reinigen. Im Hintergrund brannte das Söldnerlager vor einem malerischen Sonnenuntergang nieder. Sodo drehte sich im Gehen eine Rauchstange und pustete seine persönliche Ergänzung der monumentalen Rauchsäule in den Himmel.


    »Tja, alter Troll. Sieht aus, als bräuchten wir und die andern Jungs einen neuen Auftraggeber.«