Ankunft in Alessa

  • << Was zuvor geschah


    Morasa

    wachte auf. Seine Schulter fühlte sich taub und steif an. Der Schmerz war nicht mehr scharf sondern dumpf. Cirze hatte seine Wunde gut versorgt. Mo wünschte ihm das beste, egal wo der Magier war. Er hoffte dass der Plan funktionieren würde. Mo fühlte sich noch ganz schlaff. Er wusste nicht, ob schon ein Tag um war, dass er den Aderlass vornehmen musste. Träge schaute er zu dem Hundegespannfahrer.

    „Wo sind wir? Sind wir gleich da?. Wie lange sind wir schon unterwegs? Ist schon ein Tag um?.“

    Der Waldalb legte sich wieder hin und tastete seine Schulter ab. Er hatte Hunger und Durst, das war ein gutes Zeichen. Das bedeutete das die Wunde heilte. Das hoffte Mo jedenfalls.

  • Der Hundeführer war gerade dabei, die Hunde auszuspannen und einzeln an ein eigens dafür an diesem Platze stehendes Eisengestell zu binden. Nur einen Schäferhund ließ er frei herumspazieren, da er wusste, dass dies ein Gestaltwandler war.


    "Ihr habt lange geschlafen", sprach der Mann zu seinem Fahrgast. "Ihr seid zwischendurch kurz aufgewacht, um zu essen oder zu trinken, aber seid jedes Mal rasch wieder eingeschlafen. Womöglich erinnert Ihr euch nicht einmal an die Reise, so wie ihr mich fragt. Aber das verwundert mich nicht, ihr hattet hohes Fieber. Wir waren fast zwei Wochen unterwegs und sind soeben in Alessa angekommen. Geht es euch wieder besser?"


    Der Schäferhundwandler lauschte den Worten des Mannes. Es war ein freundlicher Herr und er hatte seinem Fahrgast sogar kalte Wadenwickel gemacht, während dieser sich im Fieber wälzte und mit einem kalten Lappen Stirn und Hals abgewischt und auch die Wunde mit der Tinktur beträufelt, doch das verschwieg der Mann, vermutlich, weil er den Dank nicht haben wollte. Tsacko sprang neben den erwachten Fahrgast auf den Wagen. Seine feine Nase hatte ihm schon am ersten Tage verraten, dass dies ein Marderwandler war. Er hatte früher einen Marderwandler gekannt, zu seiner Zeit, als er noch bei den Waldalben gelebt hatte. Doch das war lange her und er wusste nicht, ob es der Selbe war. Wenn man häufig in Tiergestalt weilte, veränderte einen das, nicht nur innerlich, sondern auch äußerlich und manch einen erkannte man überhaupt nicht wieder.


    Doch das ließ sich ja herausfinden.


    Er verwandelte sich in eine Waldalben, rief: "Überraschung!" grinste breit mit seinen gelben Zähnen und zog sich seine verschlissenen Klamotten über, die er auf dem Wagen gebunkert hatte. Unter Wandlern war Nacktheit etwas völlig normales, doch sie befanden sich mitten in der Stadt. "Morvinroe", stellte er sich mit seinem Albennamen vor, während sein Kopf aus der Kopföffnung des Pullovers flutschte, um zu sehen, ob der andere und er sich kannten. "Du darfst Mo zu mir sagen."


    Auf dem Platz ging derweil ein beleibter Tiefling mit einem klapperdürren schwarzen Etwas auf dem Rücken von Wagen zu Wagen und versuchte vergebens, jemanden zu finden, der ihn unentgeldlich zu einem Heiler brachte.


    "Arme Sau", urteilte Tsacko. "Ich hab neulich auch versucht, für einen verletzten, äh, Kumpel einen kostenlosen Heiler aufzutreiben. Das kann der Tiefling vergessen. Das erste Mal in meinem Leben muss ich arbeiten und das auch noch für einen Wolfswandler. Der ist mir einiges schuldig."

  • Morasa

    beobachtete den Mann wie er die Hunde abspannte. Er ging gut mit den Tieren um, dass gefiel Mo. Als der Mann seine Fragen beantwortete, musste Morasa etwas nachdenken. Zwei Wochen, so lange war das schon her? Er hatte keinen Aderlass gemacht, er hoffte trotzdem war alle gut gegangen. Es musste so sein, er lebte noch und kein Geist war zu sehen.
    Der Waldalb konnte sich nicht erinnern wach gewesen zu sein. Bei Fieber war das normal. Das kannte er von früher, da hatte er im Fiebertraum auch vieles vergessen und sich ganz seltsame Dinge eingebildet. Morasa zuckte zusammen, als er verstand was der Mann gesagt hatte. Sie waren in Alessa angekommen.

    „Alessa? Ja es geht mir besser. Aber muss nach Kalthorst, nicht nach Alessa.“

    Morasa stöhnte leise auf und fragte sich wie er nach Kalthorst kommen sollte. Mo überlegte fieberhaft, ob er Dave erzählte hatte woher er stammte. Er wusste es nicht mehr. Aber falls er es ihm gesagt hatte, war es vielleicht ganz gut, dass er in Alessa gelandet war. Ein glücklicher Zufall.

    „Alessa ist nicht schlecht, es ist vielleicht zur Zeit besser als Kalthorst.“

    Während Mo nachdachte sprang der Schäferhund auf den Wagen. Er verwandelte sich in einen Waldalben. Mo freute sich riesig einen anderen Wandler zu sehen und er war dazu noch ein Waldalb.

    „Freut mich dich kennenzulernen Mo. Ein Waldalb und ein Wandlerbruder. Meine zweite Gestalt ist die eines Marder. Zu mir darfst du genauso Mo sagen. Moranor Ranihiel Sarinur, kurz Morasa und noch kürzer Mo. Wenn du magst, kannst du auch meinen zweiten Vornamen abkürzen auf Rani. Ich hab schon lange kein Kontakt mehr zu anderen Waldalben gehabt. Vor einige Zeit in eine Taverne habe ich zwei Waldalbinnen getroffen, aber sie waren schweigsam. Sie wollten unter sich bleiben. Das letzte Mal als ich bei uns im Dorf war ist genau 30 Jahre her. Was machst du so weit weg vom Wald und deiner Heimat?. Woher stammst du genau Mo? Meine Heimat war der Ryaden Wald vor lange Zeit, vor 30 Jahre wie gesagt.“

    Morasa schaute zu dem Tiefling den Mo erwähnte.

    „Mir hat ein Mann einfach so selbstlos geholfen. Kannst du mir hochhelfen Mo? Wenn er leichte Verletzungen hat, kann ich es nähen und etwas mit Heilpflanzen kenne ich mich aus. Die üblichen Pflanzen eben zum Blutstillen und Fiebersenken, wenn du auf der Jagd verletzt wirst. Crize hat nichts für seinen Dienst verlangt. Also werde ich das so weitergeben. Ich werde dem Tiefling genauso helfen wie Crize mir geholfen hat. Und wenn ich ihm nur die Pflanzen beschreiben kann. Vielleicht hilft das ja. Hilf mir bitte hoch, ich kann mich nicht abstützen.“

    Mo war glücklich und froh einen anderen Waldalb und sogar Wandlerbruder getroffen zu haben. Wenn Crize so selbstlos war, war die beste Achtung vor dem Freund, dass er das gleiche tat. Dass Mo ihn als Vorbild nahm.

  • "Noch ein Mo!", freute Tsacko sich. "Wenn das kein gutes Omen ist! Hallo Mo und willkommen im Süden! Abgesehen davon, dass die Front nur einen Tagesritt von uns entfernt liegt, ist es hier eigentlich ganz hübsch, hab mich schon umgeschaut."


    Er war fertig mit dem Ankleiden und warf sich noch seinen meterlangen Schal mit den vielen Reißverschlusstaschen um, in dem er seine wenigen Habseligkeiten transporierte.


    "Keine Ahnung, woher ich stamme ... wir haben immer nur 'der Wald' dazu gesagt. Irgendwo aus dem Osten jedenfalls. Mann, da bist du ja ein alter Knacker! Aus welchem Jungbrunnen trinkst du heimlich? Du hast dich gut gehalten! Ich bin 19 Jahre, aber habe viel Zeit als Hund verbracht. Wie du siehst, habe ich schon ein paar Schönheitsfalten. Die meisten halten mich für dreißig oder vierzig. Nett, oder? Wenigstens aus Höflichkeit könnten sie so tun, als würde ich noch wie zwanzig aussehen."


    Der andere Mo beobachtete besorgt den nach Hilfe suchenden Tiefling. Offenbar ging es auch dem Marderwandler noch immer schlecht, aber er hatte ja auch nichts gegessen während der letzten zwei Wochen, nur getrunken. Und anstatt sich erstmal um sich selber zu kümmern, bat er Tsacko, ihn zu stützen, damit er zu dem Tiefling konnte. Tsacko guckte ihn verständnislos an.


    "Arbeiten um Geld zu verdienen, ist schon scheiße genug. Aber arbeiten, ohne dafür bezahlt zu werden, ist ja mal völlig durchgeknallt! Aber wie du willst, ist ja deine Lebenszeit, die du verschwendest."


    So half er Mo aus dem Wagen. Mo war sehr schlank, fast schlacksig inzwischen durch das lange Fasten und trug seltsame bunte Kleidung, die Tsacko gefiel. So würde er auch rumlaufen! Er zog sich Mos Arm quer über die Schultern und hielt ihn fest, den andern Arm legte er ihm um den Rücken. Der Mann wollte zwar bloß, dass er ihm hochhalf, aber er war sicher schwach und sollte nicht auf die frisch verheilte Wunde stürzen, denn der ganze Platz war gepflastert und entsprechend hart würde der Aufprall werden. So brachte er ihn zu dem Tiefling, der gerade schon wieder weggeschickt wurde.

  • Morasa

    überlegte woher er den anderen Wandler kannte. Er kam ihm irgendwie bekannt vor. Moranor wollte ihn gerade danach fragen, da schwatzte Mori schon erneut los. Er war so nett und half ihm hoch. Und er half ihm sogar beim Laufen.

    „Langsam, nicht so schnell. Pass auf wir machen das so, du nennst dich Mori, ich bin Mora. Sind doch gute Abkürzungen oder? Mir gefallen sie. Jungbrunnen? Meine Haare waren mal weiss, jetzt sind sie grau. Also weiss von Natur aus, nicht so wie jetzt. Ansonsten iss einfach was dir schmeckt und hör nicht auf die Scheisse die andere dir erzählen. Ich esse Fleisch und es hat mir nie geschadet. Ich arbeite sonst als Jäger und Kopfgeldjäger, dass kann ich wohl einige Zeit vergessen Mori. Fischen könnte ich, dass müsste noch klappen.
    Der Tiefling sieht fertig aus. Der Düsterling hängt ganz schlaff auf seinen Rücken. Schau dir das Trauerspiel an. Ehrliche Arbeit dankt einen keiner. Aber Crize ging es nicht darum ob die Arbeit ehrlich ist, er hat es aus Freundschaft getan. Mein Freund Mauli ist dem Wagen gefolgt. Ich hoffe er erreicht uns bald. Ich vermisse ihn und ich hoffe es geht ihm gut.
    Ich sehe voll scheisse aus, guck dir dass mal an. Wie ein Klappergestell. Sag mal habe ich vorher schon genauso scheisse ausgesehen? Hoffentlich nicht. Kein Wunder dass Dave mich nicht wollte, wenn ich aussehe wie ein halbtotes Suppenhuhn. Wenn wir uns das nächste mal begegnen wird er mich erlegen wollen. Crize hat mich vor ihm beschützt. Er hilft mir immer noch, er ist ein guter Mann. Ich hoffe ich sehe ihn irgendwann wieder und kann mich bedanken. Irgendwie komme ich mir voll undankbar vor, dass ich ihm nichts geben konnte. Drum will ich dem Tiefling helfen. Das geht nicht um Taler, es geht um die Sache.“

    Als Moranor gemeinsam mit seinen Waldalbenbruder in der Nähe des Tieflings war, gab der Waldalb dem Tiefling ein Zeichen herzukommen.

    „Hi dicker Tiefling, du mit dem Verletzten Düsterling. Komm zu uns, wir wollen dir helfen. Was ist deinen Freund geschehen? Komm mal her.“

    Moranor winkte mit dem gesunden Arm, damit der Tiefling auf ihn aufmerksam wurde.

  • "Er wurde von einem Haufen Geröll begraben", erwiderte Firxas. "Ich glaube nicht, dass du ihm helfen kannst, es sei denn, du kannst Naturmagie?" Fragend blickte er zwischen den beiden Waldalben hin und her. Waldalben beherrschten oft Heilungszauber. Vielleicht konnten sie Terc retten!


    "Er hat Fieber, ist fast nur noch bewusstlos und wird immer dünner."


    Er zog Terc von seinem Rücken und zeigte ihn den beiden. Er hing über seinen Armen wie ein schwarzer Hautsack, der mit Knochen gefüllt war. Vollkommen schlaff und abgemagert zu einem Gerippe.


    "Ich habe kein Geld dabei, aber ich besitze welches! Ich verarsche euch nicht, ich habe einige tausend Handelstaler in Obenza, die könnt ihr alle haben. Ich kann euch auch einen Pfandbrief unterzeichnen oder es abarbeiten, aber der Mann hier stirbt, wenn er nicht bald Hilfe bekommt! Bitte habt ein Herz. Es ist ein Dämon, aber er ist wirklich ein lieber Kerl, er tut keiner Fliege was zuleide."

  • Morasa


    schaute sich den Düsterling an. Offene und sichtbare Wunden hatte er nicht. Das war ein schlechtes Zeichen. Morasa hielt sich an Morvinroe fest und stütze sich ab.


    "Wir sind Wandler, wir beherrschen keine Magie Tiefling. Bei offene Wunden wie Brüche oder Schnittwunden hätte ich deinen Freund helfen können. Bei solchen Wunden kenne ich mich ein bisschen mit Heilpflanzen aus und ich weiss, wie man Fleischwunden mit dünnen Fäden aus Därme näht.
    Aber er ist bestimmt innerlich verletzt durch die Steine. Seine Organe sind bestimmt verletzt oder zerstört. Blutet er aus dem Mund oder aus seinen Körperöffnungen?
    Dann können wir ihm nicht helfen. Wir können es ihm nur leichter machen. Gegen das Fieber könnte ich ihm einen Trank mischen. Das ist nicht viel und nicht der Trank von einem Heiler. Erwarte keine Wunder. Aber es hilft Fieber zu senken.
    Kann sein dass dein Freund es nicht packt. Dann hat er aber weniger Schmerzen. Ich war selber krank und bin immer noch verletzt. Soll ich dir die Pflanzen aufmalen oder hast du Zeit, dass wir sie suchen? Ich kann nicht schreiben, sonst hätte ich es dir aufgeschrieben.
    Ich will dein Geld nicht Tiefling. Mir hat ein Rakshaner und ein Tiefling selbstlos geholfen. Dass ist mein Dank an die beiden. Ich gebe die Hilfe weiter und zeige damit Respekt vor ihnen. Ist doch egal ob er ein Düsterling ist. Mir hat noch nie ein Düsterling was angetan. Mach Dir darum kein Kopf. Soll ich ihm einen Trank brauen? Dann musst du mir sagen wo hier Pflanzen wachsen, ich bin gerade angekommen. Aber ich helf dir Tiefling. Das ist Morvinroe und ich bin Morasa. Wer bist du?."


    Morasa befühlte seine eigene Wunde. Dank Crize hatte er keine reissenden Schmerzen mehr. Die Schmerzen waren erträglich, aber er konnte sich nicht gut bewegen. Und Mo war ziemlich wacklig auf den Beinen.

  • "Firxas", stellte er sich vor. "Oder Foxi, wenn du dir das nicht merken kannst." Dass er den Spitznamen blöd fand, so wie alle Spitznamen, tat jetzt nichts zur Sache, es gab Wichtigeres. Er konnte kaum glauben, dass ihm der Waldalb kostenfreie Hilfe anbot, einer, der selber aussah, als wäre er gerade aus dem tiefsten Hinterwald das erste Mal in die Stadt gekommen, genau wie sein Kumpel. Firxas nickte anerkennend, als Morasa ihm erzählte, warum er ihm Hilfe anbot, dass er damit ein Andenken weiterreichen wollte.


    "Der andere Tiefling und der Rakshaner müssen sehr weise und edelmütige Leute sein. Wenn wir Terc durchkriegen, dann haben sie damit nicht nur dich, sondern auch ihn gerettet. Nein, er blutet nirgends. Er hat aber vielleicht eine Infektion. Womöglich sind das schon lange nicht mehr die Verletzungen, die ihm zu schaffen machen. Er stammt von einem Unterweltrudel, er ist die Oberfläche nicht gewöhnt mit ihren Keimen. Es ihm leichter machen? Es geht nicht darum, es ihm leichter zu machen! Er hat sein halbes Leben noch vor sich und ich schleif ihn weiter, egal, ob er Schmerzen hat, er muss da eben durch! Irgendwann wird es ja auch wieder besser. Ich habe schon zu viele Leute verloren, um ihn einfach aufzugeben. Indem man es jemandem leichter macht, ihn erlöst, macht man es vor allem sich selber leichter."


    Der Söldnerkamerad mit der aufgeschlitzten Kehle kam ihm wieder in den Sinn. er roch wieder sein Blut und seinen ungewaschenen Körper. Firxas hatte ihn im Arm gehalten während er starb. Sein Hals war derart durchtrennt gewesen, dass er fast nur noch von der Wirbelsäule zusammengehalten wurde. Hätte er es ihm leichter machen sollen? Einen schnellen Stich ins Herz? Hätte er selber das gewollt, wäre er in einer ähnlichen Situation? Auf dem Schlachtfeld hatte er oft erlebt, dass verletzte Kameraden oder auch Feinde um den Tod baten, doch Firxas hatte ihnen nie den Gnadenstoß gewährt. Nicht aus Grausamkeit, sondern weil er es nicht wollte. War es richtig, einfach nur zu warten, bis es von allein vorbei war? War es jetzt richtig, was er tat? Firxas wusste es nicht. Wahrscheinlich war das eine so falsch wie das andere so wie alles in dieser verfluchten Welt.


    Man sah ihm nicht an, zu welchen Gräueln seine Gedanken abgedriftet waren. In seiner Gürteltasche trug er immer noch die Pfeife des namenlosen Söldners und dessen Kampfmesser in einer ledernen Scheide. Er hatte ihn nur eine Stunde lang gekannt und doch vermisste er ihn ohne Ende.


    "Ein Trank wäre gut. Pflanzen gibt es hier überall, wir sind noch relativ am Stadtrand. Ich versuche derweile mal, irgendeinen Magier zu erreichen und schick einen Hilferuf in den Nexus. Danke, Morasa."


    Firxas setzte sich an eine ruhige Stelle und begab sich in Trance. Es war ihm egal, ob er hier völlig schutzlos war. In seinen Armen hielt er noch immer das schwarze Bündel aus Knochen und Haut. Er hoffte, dass irgendwer, egal wer, seinen Hilferuf empfangen würde.

  • Morasa


    schaute sich den Düsterling genauer an, dabei hörte er zu was Firxas sagte.


    "Ich kann mir beides merken Firxas. Wenn es eine Infektion ist brauchen wir antibakterielle Pflanzen. Also ich würde zuerst sein Infekt und dann sein Fieber behandeln. Fieber hilft dem Körper beim Kampf gegen Krankheiten, weisst du? Wenn er also ein Infekt hat, sollten wir sein Fieber eine Zeit lang in seinen Körper lassen. Jedenfalls solang es nicht zu hoch steigt.
    Ich weiss es nicht Firxas, wenn er noch so jung ist stimmt es. Er hat noch sein Leben vor sich. Aber das wissen wir nicht. Vielleicht ist er so schwer krank, dass seine letzten Stunden die grausamsten seines Lebens werden. Dann ist die einzige Gnade die wir schenken können ein Pfeil ins Herz oder ein Messer über der Kehle. Ich sagte nicht, dass du ihn aufgeben sollst. Wir versuchen ihn zu helfen. Es ist dein Freund, es ist deine Wahl was passiert wenn er nicht heilbar ist. Ich weiss nicht ob man es sich selber leichter man, wenn man jemanden erlöst. Kommt drauf an wer es ist. Ein Freund schneidet niemand gerne die Kehle durch und seinen Mann sicher noch weniger.
    Ich schaue mich um was ich finde und versuch ihm so gut ich kann zu helfen. Vielleicht packt er es, wenn es nur ein Infekt ist. Mit kaputten Organen solltest du dir überlegen wie du wählst firxas. Aber wie man rausfindet ob seine Organe kaputt sind, weiss ich leider nicht. Gut versuch du einen Magier zu erreichen, ich schaue mich nach Pflanzen um. Bis gleich."


    Morasa schaute sich nach passenden Pflanzen um. Manchmal wuchsen sie direkt vor Ort ohne das die Menschen in der Umgebung wussten, was für nützliche Pflanzen in den Beeten wuchsen. Manche waren sogar so dämlich und rissen die vermeintlichen Wildblumen als Unkraut raus, weil sie sie nicht angepflanzt hatten. Menschen waren für die Natur blind, genau wie Lichtalben und Frostalben.
    Mo wollte nicht an Dave denken, aber er musste an ihn denken als der Tiefling einen Magier erwähnte. Der Waldalb wusste nicht was er denken sollte. Er vermisste den Magier und er fürchtete ihn. Morasa musste noch sein Aderlass machen. Aber er fühlte sich so schwach, dass er Angst hatte nicht mehr richtig auf die Beine zu kommen. Ein Tag wollte er lieber abwarten oder vielleicht sogar zwei. Es nützte ihm nichts, wenn er sich selber ausbluten liess, nur damit ihn Dave nicht erlegte.
    Morasa sammelte Spitzwegerich von den Wiesenstücken ein. Spitzwegerich konnte man überall finden. Auf Wiesen, an Ackern und Feldrändern, an den Wald angrenzenden Wegen und auf sehr kleinen Flächen in Ortschaften.
    Zerrieben aufgetragen war er kühlend und schmerzlindernd bei Wunden. Mo kannte die Pflanze auch als Hilfe entzündeter Haut, bei Insektenstichen, Brennnesselstichen, oder auch bei sonstigen Entzündungen oder kleinen offenen Wunden. Der Waldalb konnte die Blätter jetzt nicht trocknen und einen Tee davon aufgiessen, aber er konnte sie dem Düsterling einflössen.
    Morasa kehrte zu dem Düsterling zurück und hockte sich neben ihn. Der nahm einen Büschel von den Blättern in den Mund, zerkaute sie und stopfte sie dann den Düsterling in den Mund. Er steckte sie so weit in den Rachen, dass der Düsterling sie runterschlucken musste.


    "Ich hoffe das hilft dir."


    Mo strich den Düsterling über die Stirn. Er war heiss und sah mitgenommen und knochig aus.

  • Freiherr Ansgar von Hohenfelde


    Ansgar befand sich gerade in seinem Labor und arbeitete an einem seiner Projekte, als unvermittelt ein Hilferuf in den Nexus abgesetzt wurde. Der Nekromant stutzte für einen Moment.


    Ansgar schnippste fast beiläufig. Sein Leibdiener eilte zu ihm und säuberte ihm die Hände mit einem frische nassen Baumwolltuch, ehe er seinem Herrn ein sauberes Handtuch reichte.


    Einen Moment später, nachdem Firxas seinen Hilferuf in den Nexus hinaus gerufen hatte, spürte er die mentale Präsenz eines anderen Magiers. Die Person war machtvoll und sie verschwendete keinen Deut ihrer magischen Macht darauf, etwas davon zu verschleiern.


    Im Gegenteil, Firxas fühlte sich für einen Augenblick vollkommen nackt und entblößt. Der fremde Geist tastete kurz seine gedankliche Struktur ab, dabei fühlte der große Tiefling beinahe körperlich wie ihn etwas überall - innen wie außen berührte.


    Der fremde Geist schien zufrieden zu sein, mit dem was er erfahren hatte, denn der Tiefling spürte nun statt Misstrauen Wohlwollen.


    `Kollegiale Grüße, wo genau liegt Dein Problem? Ich befinde mich in Alessa, eventuell kann ich Dir helfen´, übermittelte Ansgar.

  • Geduldig wartete Firxas, bis der andere Magier fertig war, ihn zu überprüfen. Firxas war aus der Übung, aber offenbar konnte er wenigstens noch telepathische Botschaften übermitteln und empfangen.


    "Grüße zurück. Ich habe hier einen im Sterben liegenden Düsterling. Aber keinen Heiler, der bereit wäre, ohne sofortige Bezahlung eine Notbehandlung durchzuführen. Außer einem freundlichen Waldalben, der Kräuter organisieren wollte - und offenbar zurück ist, ich spüre ihn hier gleich bei mir. Ich habe einige tausend Handelstaler in Obenza, die könnte ich dir für deine Hilfe anbieten, aber ich habe leider nichts bei mir an Geld und nichts, was als Pfand taugen würde. Ich kann als Anzahlung auch arbeiten, ich kann außer Geistmagie noch Wassermagie. Ich bin Kampfmagier, habe als Türsteher, Rausschmeißer, im Personenschutz und als Söldner gearbeitet. Ich bin groß und kräftig, könnte sonst auch andere schwere Arbeiten erledigen."


    Besorgt beobachtete Firxas die kleinen flackernden Farben von Terc, die sehr schwach waren und aussahen wie eine Kerze im Wind, die jeden Moment auszugehen drohte. Doch Morasa schien irgendwas mit ihm zu tun, das ihm gut tat, die Farben leuchteten für einen Moment auf. Firxas tastete auch den hilfsbereiten Waldalben für einen Moment geistig ab. Wahrscheinlich würde der Mann sofort instinktiv Widerstand leisten. Firxas war kein guter Geistmagier und würde gegen eine Barriere aus Sturheit wenig ausrichten können, aber das wollte er auch gar nicht. Er wollte Morasa keine Angst machen und strich nur kurz über seine seelische Oberfläche. Details zum Innenleben des Waldalben würde er so nicht erhalten und das ging ihn auch nichts an. Doch für ein oberflächliches Gesamtbild reichte es. Morasa trug großen Schmerz in sich, nicht nur körperlich, sondern auch seelisch und aus diesem erwuchs viel Wut. Das kannte Firxas von irgendwem. Firxas sandte ihm kurz einige beruhigende Gefühle, da gerade viel in Morasa vorging, aber er sandte nur wenige. Stimmung erzeugen war der mächtigste Geistzauber, den er beherrschte, doch er verwendete ihn ungern, da er sich damit immer manipulativ fühlte. Er wollte niemanden manipulieren.


    Morasa fühlte sich auf dieser Ebene nicht unangenehm an, trotz seiner sicher ausgeprägten Ecken und Kanten, stellte er nebenbei fest. Der andere Waldalb hingegen, der da auch rumhing, war für ihn auf die Schnelle nur schwer einzuschätzen. Seine Farben und Strukturen hatten weitaus weniger Vertrautes an sich als die von Morasa, obwohl er beide gleich wenig kannte. Firxas ließ beide wieder in Ruhe und konzentrierte sich ganz auf den anderen Magier.

  • Morasa


    wartete geduldig neben Firxas. Kurz spürte Mo jemand in seinen Kopf. Wie damals als Dave ihn ausgehorcht hatte. Morasa befürchtete, dass Dave ihn gefunden hatte. Aber bevor er Panik bekommen konnte, wurden Mo beruhigende Gefühle geschickt. Das war nicht Dave. Der hätte ihm alles geschickt nur nichts nettes. Der Tiefling neben ihn musste es sein. Er hatte gerade gesagt, er wollte nach einen anderen Magier rufen.
    Morasa fühlte sich danach besser, nicht mehr so durcheinander. Der Waldalb wollte sich bedanken, aber er sagte nichts.
    Der Tiefling war konzentriert, also hielt er den Mund. Mo wollte ihn nicht stören. Er wusste nicht, was dann passieren würde. Durch schwatzen wollte er Firxas auf keinen Fall verletzten. Seinen Dank konnte er immer noch loswerden, sobald der Tiefling wieder richtig da war.
    Morasa schaute sich den Tiefling genau an. Er sah knuffig aus und irgendwie ein bisschen wie Crize. Seit er verletzt war, waren einige Leute gut zu ihm gewesen. Das war seltsam. Jetzt war sogar Firxas nett zu ihm gewesen. Mo freute sich darüber. Und Mo freute sich, dass er Crize, Aksoy, den Hundeführer, Mo und Firxas kennengelernt hatte. Manchmal war das Leben ganz schön verrückt.
    Er hoffte etwas von seinen Glück würde auf den Düsterling abfärben und ihn retten.

  • Freiherr Ansgar von Hohenfelde


    `Was die Bezahlung betrifft, so werden wir uns schon handelseinig werden.
    Je nachdem was Deinem Düsterling fehlt, wird die Behandlung mehr oder minder schwierig ausfallen.


    Und nach Behandlungsart und Dauer richtet sich der Preis der Behandlung. Du kannst Deine Schuld in Raten oder per Stundung abzahlen, mir persönlich ist das gleichgültig. Daran wird meine Hilfeleistung nicht scheitern.


    Bring den Waldalben mit. Eventuell kannst Du Deine Schulden auch abarbeiten, aber dass sollten wir klären, sobald Dein Düsterling behandelt wurde. Wir haben schließlich alle Zeit der Welt, Dein Düsterling hat sie nicht mehr.


    Seine Farben verblassen. Der Alb neben dem Düsterling, seine Farben sind ebenfalls alles andere als gesund. Er scheint verletzt zu sein. Allerdings nicht lebensbedrohlich. Rein informativ meinerseits, falls Du über seinen Gesundheitszustand nicht informiert bist.


    Warte einen Augenblick...´, antwortete Ansgar mental.


    Der Nekromant konzentrierte sich stärker auf den Nexus, ignorierte die Farben des Düsterlings und des Alben und konzentrierte sich allein auf die Farben des Tieflings. Ansgar nutzte sie wie ein Leuchtfeuer in der Nacht um mit ihrer Hilfe den Standort des Tieflings auszumachen.


    `Bin wieder da. Ich habe gesehen wo Du Dich befindest. Ich schicke Dir eine Kutsche vorbei, die Euch abholen wird.


    Schwarz, schwarze Pferde, geschlossen, mit Wappen auf der Seite, nicht zu übersehen. Steig ein. Zu Fuß wird es Dein Düsterling vielleicht nicht überleben.
    Bis gleich´,
    übermittelte Ansgar dem Tiefling.


    Er wandte sich umgehend an seinen Leibdiener und trug ihm auf, sofort eine Kutsche zur Stadtgrenze zu schicken. Vor dem Platz der Fuhrwerke saß ein Tiefling, gemeinsam mit einem Düsterling und einem Alben. Die Personen wären umgehend abzuholen, da der Düsterling sofortige, medizinische, vielleicht sogar magische Hilfe benötigen würde.


    Ferner sollte sein Diener darauf achten, dass der Tiefling von dem Düsterling und dem Waldalb begleitet werden würde. Sollte er sich wiedererwartend doch um die Zahlung drücken, würde Ansgar den Alben als Pfand solange behalten, bis der Tiefling seine Rechnung bezahlt oder wenigstens angezahlt hatte.


    Auch wenn der Nekromant im Nexus keine unlauteren Absichten des Tieflings gespürt hatte, war er doch lieber vorsichtig. Waren die Absichten des Tieflings vollkommen ehrlich, war diese Schutzmaßnahme unnötig und Ansgar würde den Alben nicht als Pfand zurückbehalten.


    Es dauerte ungefähr 20 Minuten, dann hielt eine nachtschwarze Kutsche mit zwei genauso schwarzen Pferden neben dem Tiefling. Der Kutscher musterte das Quartett mit ausdrucklosen, toten Augen.


    Ein wesentlich frischer und lebendiger wirkender Mann stieg aus der Kutsche und gesellte sich sofort zu dem Tiefling.


    "Haben Sie meinen Herrn um Hilfe gebeten? Oh ich sehe schon, der Düsterling sieht gar nicht gut aus. Gar nicht gut, herje!


    Mein Herr schickt mich, Sie samt Ihren Begleitern auf sein Anwesen zu bringen. Sein Leibarzt wird sich dort sofort des Düsterlings annehmen! Kommen Sie schnell, wir verladen ihn in die Kutsche.


    Sie ist gefedert, hier kann er ruhen bis wir auf dem Anwesen sind. Keine Erschütterung, das ist wichtig bei solchen Verletzungen. Hohe Herrschaften werden generell nicht gerne durchgeschüttelt, da kommt diese Kutsche gerade recht nicht wahr?", sagte der Leibdiener freundlich um den Tiefling etwas die Anspannung zu nehmen.


    "Steigen Sie bitte schnell ein", bat der Leibdiener.

  • Firxas lauschte den mentalen Worten des für ihn noch namenlosen Magiers. Nicht alle davon verstand er inhaltlich, der Mann redete in einer gehobenen Sprache, die er selbst nie gelernt hatte. Morasa würde ihm vermutlich ebensowenig erklären können, was der Magier mit einer Stundung meinte.


    Als er eine Kutsche mit Wappen versprach, wurde Firxas etwas mulmig. Es war für ihn wie ein Gefährt aus einer anderen Welt, einer Welt des Wohlstands, die ihm seit jeher verwehrt war. Er hatte aufgrund der Armut seiner Eltern nie eine Magierakademie besuchen können, so dass er selber nicht aus der Armut heraus kam - es gab nichts anderes, was er konnte außer etwas zaubern und kämpfen - und aß von seiner Kindheit an bis heute fast jeden Tag das Selbe. Er besaß nicht einmal passende Kleidung, unter seinem Oberteil schaute ein Stück seiner Wampe hervor und die Knie seiner Hose waren abgerieben. In Obenza gab es die abgesperrten oberen Bereiche mit den herrlichen Hängenden Gärten, die jemand wie er nur von Ferne sah, im Sumpf war es das Leben in geräumigen Holzpalästen gewesen, aus denen Abends das Licht schien, während er draußen in der klammen Kälte der Nacht Wache vor dem Eingang schob. Und nun sollte Firxas zu solchen Hohen Herren gebracht werden. Eine Mischung aus Skepsis und Unbehagen erfüllte ihn, als er aus der Trance zurückkehrte. Er würde an eine Welt klopfen, zu der er nicht gehörte und er konnte wahrscheinlich froh sein, wenn der Magier ihm nicht gleich wieder die Tür vor der Nase zuschlug, wenn er ihn in seinem heruntergekommenen Zustand sah.


    "Wir werden gleich abgeholt", erklärte er Morasa. "Eine schwarze Kutsche mit Wappen. Du bist auch verletzt, du sollst mitkommen und erhältst Hilfe. Ich kann den Kram für Terc abarbeiten, dann kannst du das sicher auch. Ich hab in Obenza eine Stange Geld, nach der Anzahlung kann ich das holen oder herschicken. Wenn es für dich zu teuer wird, kann ich dir was dazu geben."


    Es dauerte auch gar nicht lange, da kam die versprochene Kutsche über das Pfaster gerattert, gezogen von edlen Pferden. Der Kutscher war ein freundlicher und aufgeweckter Kerl, ganz im Gegensatz zu Firxas, der von den Anstrengungen und der ewigen Sorge innerlich fast gänzlich ausgebrannt war und den letzten Rest seiner Gefühlswelt regelmäßig im Schnaps ertränkte. Morasa war eine angenehme Gesellschaft, er redete wenig, aber was er redete, hatte Hand und Fuß. Dummschwätzer konnte Firxas nicht ausstehen und nach all den Jahren waren ihm auch Kneipengespräche zuwider geworden und er saß stets allein mit seinem Krug und schwieg. Sicher einer der Gründe, warum er noch immer allein war, abgesehen von Terc, der aber ebenfalls verschwinden würde, sobald er es wieder konnte, da machte Firxas sich keine falschen Hoffnungen.


    Firxas nickte dem gut gelaunten Kutscher zu und bettete Terc auf den für ihn vorbereiteten Platz. Er setzte sich daneben. Ihm fiel auf, dass er zum Himmel stank, weil er seit inzwischen drei Wochen nicht gebadet hatte und kaum saß er in der Kutsche, füllte sein Geruch die ganze Kabine aus. Für Terc hatte er gut gesorgt, für sich selber nicht. Er quetschte sich so gut es ging mit dem Düsterling zusammen, damit auch Morasa noch mit hineinpasste. Zum Glück war der nicht so voluminös wie er selbst.


    Der andere Waldalb blieb draußen und blickte unschlüssig zwischen dem Hundegespann und der Kutsche hin und her.Firxas fiel ein, dass er den Kerl kannte. Der kam dauernd zum Söldnerlager nach Essensresten betteln. Tsacko hieß der und war ein Gestaltwandler.


    Als die Fahrt losging, wurde Firxas von dem sanften Geschaukel beinahe in den Schlaf gewiegt. Aber er hielt sich wacker wach. Seine Augenringe reichten inzwischen vermutlich bis zu den Mundwinkeln.


    "Was ist mit dir passiert?", fragte er Morasa. Wenn sie plauderten war die Gefahr geringer, dass er einschlief. Außerdem war der Waldalb ihm sympathisch. Er war einer von ganz unten, so wie er selber. Und schien ebenso viel durchgemacht zu haben. Vielleicht war er ja auch Söldner. Firxas rechnete ihm hoch an, dass er Terc einfach so geholfen hatte und tatsächlich war der Düsterling nach der Behandlung aufgewacht und blickte mit glasigem Blick in die Runde. "Wird schon wieder, wir bringen dich zu einem Heiler", sagte Firxas ruhig, wohl wissend, dass Terc nicht ein einziges seiner Worte verstand. Aber er würde die Tonlage verstehen. "Er spricht nur Demonai", erklärte er Morasa.

  • Morasa

    wartete geduldig bis Firxas mit seinen Gedanken zurück gekehrt war. Der Tiefing sagte ihm, dass sie von einer Kutsche abgeholt werden und dass er ihn begleiten sollte. Die Fremden wollten Mo genauso helfen wie dem Düsterling. Die Schulden konnten sie abarbeiten. Morasa hatte überhaupt kein Geld mehr. Er hatte sein Dolch, sein Bogen, seine Kleidung und sein Geld verloren. Alles was er jetzt noch gehörte hatte ihm Crize geschenkt.

    „Ich besitze nichts Firxas. Sogar meine Kleidung war ein Geschenk. Die Hilfe abzuarbeiten klingt fair und zu zweit geht das schneller. Sie sollen deinen Düsterling helfen. Meine Verletzung wurde schon behandelt.“

    Morasa wollte von Firxas kein Geld annehmen. Der Tiefling war genauso arm wie er selber. Firxas hatte bestimmt 20 Taler. Die hielt Mo genauso wie Firxas für viel Geld. Für andere Leute waren 20 Taler ein Witz. Morasa wollte seine Rechnung nicht von Firxas bezahlen lassen, dass wäre unehrenhaft. Mo hatte seine Hilfe angeboten und er würde sein Wort halten. Wenn der fremde Magier Firxas Freund heilte, würde er helfen das Geld abzuarbeiten. Aber verlangen würde er keinen einzigen Taler von Firxas. Genauso selbstlos wie Crize wollte er zu ihm sein.

    Der Waldalb betrachtete die Kutsche als sie ankam. Sie sah teuer und edel aus. Die Pferde waren schöne Tiere und mussten ein Vermögen kosten. Mo konnte sich nicht mal einen Esel leisten. Aber das war jetzt unwichtig. Der Waldalb streichelte vorsichtig die Tiere. Dabei beobachtete er den Kutscher und den Diener. Sie waren ihm unheimlich. Der eine so still der andere so nervös.

    „Ich bin noch nie in einer Kutsche gefahren. Komm mit Mori.“

    Morasa sagte das ganz leise zu Mori.
    Der Waldalb stieg in die Kutsche zu Firxas und Terc. Es war eng und gemütlich. Firxas stank gewaltig, Mo musste darüber lächeln. Er stank bestimmt genauso. Wenn sie bei dem hilfsbereiten Magier ankamen und die Tür der Kutsche aufging, fiel der sicher vom Gestank tot um. Morasa drückte sich in eine Sitzecke und machte sich ganz klein. Er war fertig und hungrig. Aber in Firxas Nähe fühlte er sich sicher. Der Tiefling fragte, was ihm passiert war. Mo klemmte sich seine Haarsträhnen hinter die Ohren, die ihm ins Gesicht hingen.

    „Das ist eine lange Geschichte. Wenn ich dir zu viel schwatze, sag es einfach. Ich lebe eigentlich in Kalthorst. Nicht in der Stadt, in der Nähe im Wald. Da hab ich eine Waldhütte. Ich lebe da schon lange. Ich lebe vom Jagen, Fischen und Sammeln. Manchmal reisse ich einen Job um Geld zu verdienen, wenn ich was brauche dass ich nicht selber herstellen kann. Dann arbeite ich als Jäger und Kopfgeldjäger. Söldner hab ich auch schon versucht.
    Manchmal such ich mir einen Job, weil ich allein bin. Diesmal hab ich mir einen Job gesucht, weil ich Geld brauche. Und weil ich es nochmal versuchen wollte in eine Gruppe zu kommen. Eine Familie zu finden. Allein sein kann schön sein, ist es sogar. Aber nur für eine gewisse Zeit. Ich kann nicht mit und ohne Leute. Ich weiss nicht warum das so ist. Aber so war es schon immer.
    Ich war in einer Taverne und da hab ich zwei Leute kennengelernt die mir einen Job angeboten haben. Ein Mensch und ein Frostalb. Der Mensch war nett und ich hab ihn direkt gemocht. Ich habe den Job angenommen. Sie arbeiten in einer Gilde. Ich bin mit ihnen in ihr Gildenhaus geritten. Da angekommen wartete ich mit dem Frostalb im Wohnzimmer auf die anderen. Der Boss kam und stellte sich und seine Gilde vor. Die meisten waren freundlich. Das hat mich gefreut. Dort war ein Düsterling, der hat sich sehr gefreut, dass ein neuer in der Gilde ist. Mir wurde Blut abgenommen, als Faustpfand. Dort arbeitet ein Magier, er benutzt das Blut, dass du treu zur Gilde stehst. Bis dato war alles gut.
    Dann beleidigte mich ein Ork aus der Gilde. Und einen Moment später, beleidigte mich ein Tiefling. Er schwatzte ohne Ende Beleidigungen. Der fette weisse Ork hiess Seddik und der pinke Albenhasser von einem Tiefling hiess Urako. Sie haben mein Leben bei der Gilde beendet.
    Am schlimmsten war Urako der Tiefling. Er schwatzte nur Dreckszeug, aber ich lasse mir nicht drohen. Also hab ich ihm gesagt, dass es schade um ihn wäre. Denn sein Mann Gasmi, mag ihn ja. Das war der Düsterling. Meinst du der hörte auf zu schwatzen? Nein, es wurde noch schlimmer. Er behauptete, ich wollte ihn umbringen. Vorher noch nicht, danach schon.
    Ich hab dem Albenhasser gesagt, greif mich an und stirb. Da hat er vor der ganzen Gilde geheult ich wollte ihn töten. Selber schuld, er wollte es so. Er hat eine Flamme herbeigezaubert und nach mir geworfen. Ich hab ihm die Kekse an den Kopf geworfen die ich in der Hand hatte. Weil er soviel geschwatzt hat, habe ich mir Kekse genommen die der Frostalb mir hingestellt hatte.
    Dave wurde wütend und hat gesagt, wir sollen die Waffen wegstecken. Das habe ich getan.
    Aber Urako ist ausgerastet und hat dann Dave angeschrien und beleidigt. Seinen Mann den Frostalb direkt mit. Dave war der Mensch den ich gern gehabt hab.
    Urako die Schande seiner ganzen Gilde, ist dann geflohen und Dave ist hinterher. Die beiden haben sich heftig gestritten.
    Nach dem Streit hat sich Dave besoffen und wollte nach Hause. Ich hab ihn auf der Treppe gefunden und auf ihn aufgepasst. Das machen Kameraden so. Also hab ich ihn nach Hause gebracht. Dort hatten wir dann zusammen übernachtet.
    Am Morgen kam sein Mann und sein Neffe an und die waren richtig sauer auf uns. Varmikan nahm Dave mit. Und Wolfi nahm mich mit. Wolfi und ich gingen frühstücken.
    Dann gab es viel hin und her, zwischen Wolfi, Dave, Lyida und mir. Damit meine ich, wir haben geredet. Sie haben mir erklärt, dass ich mich entschuldigen soll. Dass wir Frieden halten sollen. Dann wollte ich mich entschuldigen, aber der widerwärtige Pinkling hat es abgelehnt. Er wollte ein Versöhnungsessen der Sack.
    Also wollte ich sogar das kochen. Das Fleisch wollte ich selber erjagen. Und ich wollte ihm Abführmittel in sein Essen rühren, damit er sich vor allen zuscheisst. Das wäre lustig geworden. Aber weil ich ein Idiot bin, habe ich das vorher gestanden und nicht gemacht. Ich wollte wirklich Frieden.
    Urako hat mir dann erklärt, dass man vor Wut sterben kann und dass ich immer wütend wäre. Er würde mir beibringen nicht immer wütend zu sein. Dafür wollte er bezahlt werden. Ich Idiot hab ihm das geglaubt. Wieso weiss ich nicht, ich hätte ihm nicht glauben dürfen, ich weiss doch das er mich hasst. Aber ich war so blöd. Da ich kein Geld hatte, habe ich ihm mein Dolch verpfändet.
    Später bin ich mit Dave in die Stadt geritten. Er wollte für seinen Mann einkaufen. Hochzeitszeug und sowas. Ich wollte von dort auf die Jagd gehen.
    Dave und ich haben uns gestritten, weil ich ihn in der Nacht gestreichelt hatte. Da wo wir zusammen übernachtet haben. Ich wollte ihn nicht verletzen oder so, ich wollte ihn nur im Arm haben. Gut ein etwas mehr wollte ich schon. Egal, er wollte mich nicht.
    Wir trennten uns und ich ging in den Wald um den Hirsch für das verfluchte Versöhnungsessen zu jagen. Ich hab eine gute Beute entdeckt, geschossen und verfehlt. Der Hirsch war nicht erlegt, er war nur verletzt und griff mich an.
    Ich wollte mich mit meinen Dolch verteidigen. Aber der war nicht da. Urako hatte ihn als Pfand. Er hätte mich beinahe getötet, obwohl er nicht da war. Ein Greif rettete mein Leben. Er erbeutete den Hirsch. Ich habe mit ihm geschwatzt. Dann habe ich ihn gebeten, mich nach Hause zu fliegen.
    Als wir bei der Gilde ankamen, dachten die ich wollte sie angreifen. Der Boss Aino meinte, ich hätte vorher bescheid sagen müssen. Die blöde Kuh, ich kann nicht schreiben. Was denkt die? Dann schwatzt die mit dem Greif, dass sie jeden Fremden vorher in Waffen gucken lässt, anstatt das einer aus der Familie verletzt wird.
    Ich hab sass auf dem Greif und hab in die Waffen geschaut. Was ich für die war, wusste ich dann. Ich habe meinen Bogen gezogen und gesagt, die sollen mich gehen lassen. Ich wollte kündigen. Aber wenn du bei denen kündigst töten sie dich. Sie schwatzte irgendwas, Jeelen schwatzte und dann schwatzte Dave. Ich sollte meinen Bogen weglegen. So blöde war ich dann doch nicht.
    Seddik der fette Ork hat mich dann mit seiner Armbrust niedergeschossen. Er wollte mich umbringen, aber er hat mich nur in der Schulter getroffen.
    Ich bin vom Greif gestürzt. Auf dem Boden hat mich Dave sofort bedroht. Sein Hund wollte mich zerfleischen. Aino sagte Jeelen sollte mich fesseln und abführen. Das war zuviel. Ich hab mich in einen Marder verwandelt und bin geflohen. Bis in den Wald von Shohiro.
    Dort hab ich mich in einer kleinen Höhle verkrochen. Mauli mein einziger Freund hat mich gesucht und mich gemeinsam mit zwei von seinen Kameraden gerettet. Crize und Aksoy. Crize hat meine Wunde versorgt und mir die Kleidung geschenkt. Er hat sogar die Fahrt bezahlt. So kam ich hierher. Ich besitze nur dass was ich trage. Und warum hab ich alles verloren? Weil ich eine Familie wollte und zwei Albenhasser mein Leben zerstören wollten. Das haben sie geschafft. Jetzt werde ich von der Gilde gejagt. Sie wollten mich töten.“

    Mo schaute Firxas an und deutete auf Terc.

    „Wie stehts mit dir? Woher kommst du und wie konnte dein Düsterling von den Steinen erschlagen werden? Arbeitet ihr im Bergbau? Oder in einer Erzmiene?
    Ich spreche kein Demonai, ich kann dir da nicht helfen Firxas. Tut mir leid. Sobald dein Freund geheilt wurde, werde ich nach Hause reisen. Wenn du magst, kannst du mich gerne mal besuchen kommen. Das würde mich freuen. Ich hab nicht oft Besuch. Ganz selten sogar. Ich besitz nicht viel, aber da hättest du ein Dach über den Kopf. Ist schön mit dir zu schwatzen.“

    Mo lächelte Firxas freundlich an. Morasa dachte an seine Hütte. Dort war er glücklich gewesen, obwohl er einsam war. Einsam war Mo immer, nur er dachte nicht ständig drüber nach. Jetzt dachte er daran, wo er Firxas mit seinen Freund im Arm sah. Morasa dachte an Moris Worte, dass er jung aussah. Jung war Morasa schon lange nicht mehr. Er konnte nicht sagen ob er in seinen Herbst oder Winter war. Wenn die Tage kürzer und die Nächte länger wurden, dann spürte er dass es bei ihm selber so war. Mo war nie krank, nur wenn er dumm war und sich verletzt hatte. Aber eine Verletzung mit Fieber und Wundheilschmerzen war etwas anderes als eine Krankheit.
    Jetzt fühlte er sich schwach und hilflos. Und Morasa fühlte sich einsam und fehl am Platz. Der Waldalb beschloss in seine Hütte zurückzukehren, sobald Firxas alles erledigt hatte. Sollten die Geister ihn dort finden, wäre er in seinen Revier. Es würde sich zeigen wer von ihnen in diesem Gelände besser war. Kampflos würde er nicht aufgeben. Mo hatte schon öfter beschlossen sich seinen Schicksal zu ergeben, aber stand es vor ihm, dann biss er es trotzdem weg. Egal was er vorher beschlossen hatte. Er war nicht nur ein Waldalb, er war ein Marder. Und Marder kämpften bis zum Schluss. Diesmal beschloss der Waldalb würde er niemanden bedrohen, er würde jeden Geist der sein Wald betrat angreifen. Sie waren gut und gefährlich und sie waren viele. Wenn er überleben wollte musste er kämpfen. Er brauchte einen neuen Dolch und dringend einen Bogen.
    Aber ans kämpfen wollte Mo gar nicht mehr denken, er einfach nur müde. Mo rollte sich zusammen und träumte vor sich hin. Er träumte von einen guten, warmen sonnigen Herbst. Ein Mausjahr in dem es viel Beute gab. Ein Herbst mit viel Wild und reichlich Eicheln und Esskastanien. Aus den Eicheln würde er Mehl machen. Die Esskastanien würde er kochen und süss einlegen. Dazu würde er Fisch und Fleisch essen. Gebraten, getrocknet oder eingelegt. Er träumte davon, dass Mauli bei ihm wohnte, dass er Besuch von Firxas, Crize und Aksoy bekam. Ardemia hatte es gut geplant, bevor es für lange Zeit kalt und dunkel wurde, gab es in der Natur noch einmal ein Fest reich an Farben und Essen. Der Herbst war seine liebste Zeit und es war die Vorstufe zum Winter.

  • Firxas war überrascht, dass Morasa ihm so bereitwillig alles erzählte. Er selber war zwar nicht sonderlich gesprächig, aber wenn es kein belangloses Geschwafel war, konnte er ein guter Zuhörer sein. Das, was Morasa berichtete, war alles andere als belanglos. Der Waldalb hatte schon einiges durchgemacht, kein Wunder, dass seine astralen Farben gelegentliche Eruptionen aufwiesen. Nach solchen Erlebnissen wurden wohl die meisten launisch. Firxas hörte zu und nickte oder brummelte gelegentlich zustimmend. So wie er selbst nahm auch Morasa nicht gern Hilfe von anderen an. Er wollte ihm daher in seine Entscheidung nicht reinreden. Der Arzt des anderen Magiers würde sich seine Verletzungen sicher trotzdem einmal ansehen und vielleicht war wirklich keine Behandlung mehr nötig, das würde sich zeigen.


    Morasa berichtete ausführlich seine bewegende Geschichte. Und als der Name Urako fiel, traf es Firxas wie ein Fausthieb. Auch die Beschreibungen des Verhaltens gaben Anlass zu der Vermutung, dass es genau jener Urako war, von dem er selber zwei Jahre lang geplagt worden war. Firxas trug noch immer das aus seinen weißen Haaren geflochtene Armband am Handgelenk, nur, dass es inzwischen braun war.


    "Den Urako kenne ich", warf er ein. "Von dem sollte man sich fernhalten, auch wenn er zwischendurch scheinbar ganz nett sein kann. Der wollte dir also zeigen, wie du deine Aggressionen in den Griff bekommst, ja? Dass ich nicht lache, das ist ja wohl ein schlechter Scherz. Der hat sie ja selber nicht mehr alle. Sei froh, dass du den los bist. Das Versöhnungsessen hätte er angenommen. Beim nächsten Streit hättest du dir wieder was einfallen lassen dürfen, um seine Durchlaucht zufriedenzustellen. Das ist ein Fass ohne Boden. Einen Monat später hasst er dich wieder für irgendeine Nichtigkeit und das Ganze beginnt von vorn. An diesem Spielchen hat er sehr viel Freude. Er dressiert einen gut. Er hat also wieder einen Deppen gefunden, der das mitmacht? Der arme Kerl tut mir jetzt schon leid."


    Als Morasa erzählte, dass er sich nach der Nähe eines Mannes gesehnt hatte, verspannte Firxas sich von Kopf bis Fuß. Er hoffte, dass man ihm seine aufkommende Nervosität nicht ansah und blickte in Richtung von Terc, damit Morasa es notfalls mit dessen Zustand in Verbindung bringen würde. Firxas hielt seine eigenen Neigungen nicht geheim, aber er posaunte sie auch nicht herum. Er fand, dass das niemanden etwas anging, so lange derjenige nicht in den Fokus seines Interesses rückte. Bevor er selber Initiative ergriff, wartete er stets, bis sein Gegenüber eindeutige Zeichen gab, dass er an Firxas interessiert war, was nur ausgesprochen selten vorkam. Dennoch wurde er trotz aller Zurückhaltung nervös, wenn er wusste, dass sein Gegenüber auf Männer stand. Ihm fehlte es sehr, jemanden an seiner Seite zu haben. Firxas saß vermutlich gerade so stocksteif da, als hätte er einen Besen im Arsch und gab sich Mühe, nicht sofort gedanklich irgendwelche Möglichkeiten durchzuspielen, was alles geschehen konnte. Dass der Waldalb auf Männer stand, hieß noch lange nicht, dass er auch an ihm Interesse haben würde und die meisten Völker blieben dahingehend ohnehin am liebsten unter sich. Doch als Morasa erzählte, wie einsam und verstoßen er sich fühlte, konnte Firxas nur mühsam den Impuls unterdrücken, ihn in den Arm zu nehmen. Hätte Morasa nicht zuvor seine Neigungen offenbart, hätte Firxas das vielleicht sogar getan, doch nun hatte er Sorge, ihn damit zu belästigen und ließ es bleiben.


    Nun bot Morasa ihm sogar an, ihn in seiner Waldhütte zu besuchen und lächelte dabei in einer Weise, die Firxas den Verstand verdrehte. Dabei wollte Morasa wahrscheinlich einfach nur nett sein.


    "Ich ... komme aus Caltharnae." Er hatte einen Moment Schwierigkeiten, diesen einfachen Satz vernünftig hinzubekommen. "Terc und ich waren auf einer Expedition unter Tage. Da kam es zu einem Steinschlag. Viele sind umgekommen. Wir haben überlebt. Ich hab eine Burg im Wald bei Vilik. Wissen diese Gildenheinis, wo deine Waldhütte ist? Du könntest dich ansonsten in meiner Burg verstecken. Sie ist groß genug, dass man sich aus dem Weg gehen kann und wir uns nicht gegenseitig auf den Keks gehen."


    Der andere Wandler rannte als Hund mit der Kutsche mit, Firxas hörte ihn draußen gelegentlich kläffen.

  • Morasa


    blieb die Spucke weg. Firxas hatte unter Urako auch schon leiden müssen.


    "Das passt zu ihm. Jede Kleinigkeit auszunutzen. Er hat mich abgezockt und verarscht. Er hat Mauli meinen Freund entführt und ihn so zusammengeschlagen, dass seine Augen zerstört waren und sein Gesicht war zertrümmert. Crize hat seinen Darm operiert und dadurch sein Gesicht gerettet. Ich weiss, das klingt verrückt, aber so war es. Crize ist nicht nur klug, er ist auch sehr mächtig."


    Der Waldalb setzte sich aufrecht hin.


    "Danke für dein Angebot, ich möchte es gerne annehmen. Wenn ich bei dir wohne, will ich dir nicht aus dem Weg gehen. Ich muss dir dann die Wahrheit sagen. Es ist eine Gilde von Assassinen. Also Meuchelmörder. Bezahlte Auftragskiller. Ich weiss es leider nicht mehr, ob ich Dave davon erzählt habe wo ich wohne. Ich war so durcheinander, dass hat mich verrückt gemacht. Meine Nerven waren fertig.
    Warum stockst du Firxas? Bis du schockiert oder interessiert? Ich dachte Terc wäre dein Mann. Ich dachte ihr seid ein Paar, du gehst so liebevoll mit ihm um. Seid ihr das nicht?."

  • Freiherr Ansgar von Hohenfelde


    Die Kutschfahrt dauerte noch eine Weile, als sie auf den steinernen Hof eines großen Anwesens rollte. Links und rechts flankierten große Bäume das Anwesen. Ein Gebäudekomplex umschloss den Innenhof und durch eine Art Pavillon der ein Tor darstellte konnte man in den hinteren Bereich des Anwesens gelangen.


    Die Kutsche überquerte den Hof, vorbei an Laternen die den Weg erhellten und passierte das Tor aufs Anwesen.


    Ein seltsames, blaues Licht herrschte im Pavillon, dann hatten sie ihn durchreist und ließen ihn hinter sich zurück. Einen anderen Zugang gab es nicht.


    Hielt man Ausschau nach dem Eingang des Hauses, stellte man fest, dass der ganze Komplex wie zwei „U“ geformt war. Eines war nach vorne hin offen, dass andere ab dem Pavillon nach hinten.


    Die Kutsche folgte dem gepflasterten Weg, vorbei rechter Hand an einen einem weiteren Gebäudekomplex und dann standen sie vor dem Herrenhaus.


    Eine große, steinerne Treppe führte hinauf zu dem Anwesen. Wie ein monumentales Bollwerk stand das Haus dort.
    Einladen, urig und dennoch wehrhaft.


    Der Rücken des Hauses schmiegte sich an eine Felswand. Ob diese Wand natürlicher Herkunft war, oder einen künstlichen Ursprung hatte, entzog sich Pavos Kenntnis.


    Die Kutsche hielt genau vor der Treppe. Dort wartete bereits der Hausherr, samt seinem Sohn und einer Schar Diener.


    Der Leibdiener sprang geflissentlich vom Kutschbock und öffnete die Tür. Für einen Moment stutzte der Mann, verlor aber kein Wort darüber, weshalb.


    "Steigen Sie bitte aus, Freiherr von Hohenfelde samt Sohn sind so freundlich sie persönlich in Empfang zu nehmen. Die Diener werden den Düsterling umgehend zum Leibarzt bringen. Folgen Sie mir bitte", sagte der Leibdiener.


    Der Mann wuselte sofort erneut los und ging zu seinem Herren.


    "Herr wie von Euch befohlen, habe ich Eure Gäste mitgebracht. Der Düsterling ist schwer verletzt. Eure Gäste sind ein Tiefling und ein Waldalb und vermutlich ein seltsamer Hund, der uns die ganze Zeit verfolgte", erklärte der Diener höflich.


    Ansgar nickte knapp.


    "Gib dem Leibarzt über ihre Ankunft bescheid Janko", befahl Ansgar seinem Diener.
    "Sehr wohl mein Herr", antwortete dieser und war mit den Worten auch schon im Haus verschwunden.


    Einen Augenblick später drehte sich Ansgar zu seinen Dienern um.


    "Muss man Euch alles haargenau befehlen? Was steht Ihr hier noch tatenlos rum? Holt den Verletzten aus der Kutsche und bringt ihn zum Arzt!", bellte Ansgar.


    Die Diener eilten zur Kutsche, schnappten sich den Düsterling und trugen ihn ohne jeden weiteren Kommentar sofort eilig davon.


    "Ein Tiefling und ein Waldalb?", fragte Linhard flüsternd neugierig.
    "Richtig, samt verletztem Düsterling und Hund", schmunzelte Ansgar.

  • Was Urako Morasas Freund in seiner Wut angetan hatte, schockierte Firxas nicht.


    "Der hat noch sehr viel Übleres auf dem Kerbholz. Der erfüllt das Klischee vom Henker aufs Beste. Weißt du, wie eine Schindung abläuft? Eine Strafe, die zum Glück selten verhängt wird. Aber wenn, dann war es für Urako ein Grund zu feiern, dann hat Urako sich dabei alle Mühe gegeben und er kennt Mittel und Wege, seine Opfer möglichst lange bei vollem Bewusstsein zu lassen. Es war für ihn interessant zu beobachten, wie der seiner Haut und seiner Würde beraubte Deliqent über den Boden kroch und das Spiel der bloßliegenden Muskeln und Sehnen zu sehen. So was verheimlicht der einem natürlich normalerweise, aber ich hatte das fragwürdige Vergnügen, sein Gehilfe zu sein. Zwischendurch hasst er sich selber dafür, dass er so ein Widerling ist, aber das macht es auch nicht besser, denn wenn es bei ihm wieder aushakt, dann ist alle Reue vergessen. Öffentliche Hinrichtungen mit viel Publikum hat er natürlich als Henker des Fürsten immer sauber und nach Vorschrift durchgeführt - damit ihm der aufgebrachte Mob nicht auf die Pelle rückt. Aber frag nicht, was beim peinlichen Verhör so alles ablief."


    Dass Urako nun offenbar Mitglied einer Meuchlergilde war, verwunderte Firxas daher nicht. Nun tötete und quälte er lediglich nicht mehr legal, aber wahrscheinlich dafür mit einem deutlich höhere Lohn und mehr persönlichem Freiraum. Er hätte ihm den Hals umdrehen sollen, als er die Gelegenheit hatte, er hätte der Welt damit einen Gefallen getan.


    Nur die Beschreibung Morasas von diesem mächtigen Magier namens Crize hörte sich sehr wirr an. Vielleicht war es noch eine Nachwirkung irgendwelcher Betäubungsmittel, die Morasa wegen seiner Verletzung genommen hatte.


    Morasa bemerkte sofort, dass Firxas einen Moment verunsichert war, nachdem der Waldalb davon erzählt hatte, dass er sich für Männer interessierte. Natürlich bemerkte er das, er war ein Jäger und auch als Söldner hatte er gedient. Sein Blick war darauf geschult, das Verhalten seines Gegenübers zu deuten und jede Schwäche, jeden Fehler sofort zu registrieren. Ihm konnte man, was so etwas anging, vermutlich nicht so einfach etwas vormachen. Als Morasa mutmaßte, Terc sei sein Mann und dann auch noch fragte, ob er interessiert sei, bekam Firxas heiße Ohren.


    "Ich habe keinen Mann. Er ist ein Kamerad und jemand, der Hilfe braucht."


    Die andere Frage ignorierte er, da er sie für einen Scherz hielt. Er überlegte stattdessen, ob er Terc zu intensiv betüdelte und ob er unbewusst seinen egoistischen Wunsch nach Nähe an dem wehrlosen Düsterling stillte. Aber nach kurzem Nachdenken fand er, dass er ihn nicht zu viel angefasst hatte und Düsterlinge hatten ohnehin ein anderes Distanzempfinden. Gut, es war vielleicht für manch einen befremdlich, dass Terc dabei keine Kleidung trug und Firxas musste sich eingestehen, dass ihm das gefallen hatte, als Terc noch in besserem Zustand gewesen war. Jetzt aber spielte es keine Rolle, er war einfach jemand, der Hilfe brauchte.


    Dass Morasa so unvermittelt das Angebot annahm, in seiner Burg zu wohnen, überraschte Firxas. Er hatte nicht mit einer Zusage gerechnet und schon gar nicht mit so einer schnellen. Aber es war ihm auch nicht unangenehm. Nein, eigentlich freute er sich sogar, nicht allein wohnen zu müssen.


    "Dann müssen wir einen Transport für deine ganzen Möbel organisieren. Vielleicht wird dir die Einrichtung der Burg aber auch gefallen, so, wie sie ist. Wir können sie uns ja erstmal anschauen, wenn wir das hier alles überstanden haben."


    Die Kutsche kam zum Stehen.


    Der Kutscher guckte schief, als Firxas und Morasa ausstiegen. Na ja, beide rochen ziemlich animalisch und von Firxas`Erscheinung waren ohnehin die meisten eingeschüchtert. Er war nicht nur massig, sondern auch riesengroß und seine Klauen an den Fingern waren so lang, als hätte er Bärenpranken. Hinzu kam, dass die meisten ihn auf den ersten Blick für einen dunkelhäutigen Menschen hielten und dann erschraken, wenn sie beim Sprechen seine spitzen Zähne sahen oder den kräftigen Schweif hinter seinen Beinen entdeckten.


    "Freiherr von Hohenfelde ... ein Adliger, ich hab`s gewusst." Er sagte das nicht abfällig, sondern als sachliche Feststellung. Sie sollten nun eigentlich zu diesem Herrn gebracht werden und Firxas machte auch Anstalten, der Aufforderung zu folgen. Doch ehe er sich versah, zogen die Diener des Freiherrn Terc aus der Kutsche und trugen ihn fort. Firxas ließ den Diener stehen und machte, dass er hinterher kam, er würde den hilflosen Düsterling nicht allein in die Hände von Fremden geben. Er packte Morasa an seiner Kleidung und zog ihn ein Stück mit. Besser, sie blieben vorerst zusammen, auf diesem riesen Anwesen konnte man sich leicht verirren.


    Nur der Hund blieb unter der Kutsche liegen und tat, als würde er nicht existieren, in der Hoffnung, dass man ihn einfach vergaß und er sich, wenn alle weg waren, ein wenig umsehen konnte.

  • Morasa

    war angewidert von Urako. Er kannte viele brutale Leute und manche Söldner waren vielleicht sogar schlimmer als der pinke Widerling. Aber sie waren nicht verlogen und zeigten mit den Fingern nicht auf andere.

    "Urako ist ein Wendehals und ein Lügner. Er hat vor allen gesagt, wenn die mich aufnehmen, nehmen die eine Natter auf. Was ist er denn? Ein Schandmaul. Manche Jäger und Söldner geniessen das Leid ihrer Opfer. Aber sie lügen nicht. Sie jagen weil sie die Jagd lieben. Der pinke Albenhasser tut so, als wäre er ein Heiliger, dabei ist er schlimmer als alle Personen und Widerlinge die ich kenne.
    Ich weiss nicht was ein peinliches Verhör ist. Aber mir ist nichts peinlich, fast nichts. Der hätte fragen können was er will, ich muss den Sack nicht antworten.
    Was eine Schindung ist weiss ich nicht, vielleicht sowas wie eine Schändung wo man das Opfer am Ende der Folter besteigt, als ultimative Qual? Bei ihm wäre es eine Qual. Er muss dabei nur seine Scheisse schwatzen, dann leidet man Höllenqualen.
    Beute bei lebendigen Leib zu häuten ist ein Frevel. Gute Beute muss man achten. Sie hat ehrbar um ihr Leben gekämpft. Zeigt seinen Charakter, wenn er wehrlose Beute so quält. Darum hat er so geheult und um die Hilfe von seiner Gilde gebettelt, weil ich ihn getötet hätte.
    Aber er wird seine Strafe noch bekommen. Ich hab einen Kumpel in Kalthorst. Ich kenne ihn noch nicht lange und viele fürchten sich vor ihm. Er ist gefährlich. Ich habe ihm nach den ersten Ärger mein Leid erzählt. Ich hatte sonst niemand. Jedenfalls hat er gesagt, wenn ich ihm helfe seinen Freund Forxi eine Freude zu machen damit man ihn nicht weiter in seinen Job mobbt, dann würde er sich um Urako kümmern.
    Glaub mir, wenn er mit Urako fertig ist, wird nicht mehr viel von seinen Schandmaul übrig sein. Er wird ihn für uns beide in die Knie zwingen Firxas. Zwar waren wir das nicht, aber so schlimm ist das nicht. Urako hat die Abreibung verdient. Wenn er sie überlebt, wird er sie niemals vergessen."

    Das Firxas seine Frage nach Interesse ignorierte, nahm Mo einfach hin. Es war ein höfliches Nein. Er drückte ihm keinen blöden Spruch wie es andere schon gemacht hatten.
    Und er erzählte ihm nichts, was ihn verletzte, wie Dave es getan hatte. Dave hätte genauso einfach Nein sagen sollten. Stattdessen hatte er ihm gesagt, dass er gerne mit ihm Sex hätte, aber es nicht tun würde, wegen Varmikan. Und um ihm noch eins reinzuwürgen, hatte er hinterher geschoben, dass er mit Mo sogar zusammengekommen wäre. Dass er sein Flirten erhört hätte, wäre er nur vor Varmikan in der Gilde gewesen. Wozu hatte er das gesagt? Vermutlich hatte Dave Spass daran Leute mit Worte zu verletzten. Sowas konnte Dave leicht behaupten, er hatte nichts zu verlieren. Und wenn Morasa um eine Chance kämpfte, dann schob Dave sein Nein immer schön auf Varmikan.
    Da war Firxas Reaktion die höflichste die er kannte.

    "Vergiss meine Frage, ich habe dich und Terc falsch eingeschätzt. War nicht böse gemeint."

    Mo beobachtete wohin sie fuhren. Es war ein grosses Grundstück. Wem immer es gehörte, er hatte Geld. Alles sah sauber und ordentlich aus und Mo kam sich sehr klein und armselig vor.

    "Mach dir keine Mühe wegen den Möbel. So viel sind das nicht. Ein Bett, ein Tisch, eine Bank, ein Stuhl, ein Nachtschrank, ein paar Truhen und Einlegefässer. Die können in meiner Hütte bleiben. Wenn wir mehr Möbel brauchen, kann ich die selber fertigen aus Holz. Dass kann ich. Das mache ich gerne für uns. Oder für dich, du kannst sie behalten, wenn ich wieder ausziehe. Sie sind nicht besonders schön, aber sie halten lange und sind praktisch. Sag mir was dir an Möbel fehlt und ich baue es dir."

    Die Kutsche hielt an und Diener kamen sofort angerannt um den Düsterling wegzuschleppen. Firxas packte Mo und zog ihn mit. Mo blieb fast das Herz stehen, als er ihre Gastgeber sah. Der Mann der neben den älteren Herrn in Robe stand, kannte Morasa.
    Der Mann sah aus wie Wolfi nur ordentlich gekämmt und vernünftig angezogen. Das war Wolfis Bruder. Er hatte das Fleisch für Mauli gebracht und dabei seinen Bruder angemeckert. Lin war sein Name, erinnerte sich Morasa. Der Waldalb packte Firxas am Arm und hielt ihn fest.

    "Firxas, der Mann dort ist der Bruder von Dave. Ich kenne den jungen Mann neben ihn. Er heisst Lin und ist der Bruder von Wolfi. Wolfi und Lin sind die Neffen von Dave. Dann muss der Magier der Bruder von Dave sein. Daves Bruder ist ein Nekromant. Er hat mir Menschenfleisch besorgt für meinen Gul Mauli. Lin hat es bei uns abgeliefert und Wolfi gegeben. Ich war dabei. Der wird mich erkennen. Scheisse, was mach ich jetzt?"


    Morasas Blick war voller Angst.