Patrice Vertcuis
Als Boldiszàr und Silvano den Bugraum verließen, bekam Patrice es erneut mit der Angst zu tun, insbesondere, weil Tekuro ihn schon mit seinem Blick aufspießte. Patrice verspürte wenig Bedarf, dass er dies noch mit anderen Dingen tun würde und so eilte er den beiden hinterher, bevor sie außer Sichtweite waren. In ihrer Gegenwart würde Tekuro sich zurückhalten und so war es auch. Alles, was Patrice noch hörte, war ein verhaltener Fluch. Er trampelte schnell die Holztreppe hinauf. Oben an Deck wusste er nicht, wohin er sich wenden sollte. Niemanden interessierte, was mit ihm geschah. In seiner Verzweiflung setzte er sich in die Nähe des ersten Offiziers, in der Hoffnung, dass dessen Autorität ebenso wie die von Silvano und Boldiszàr ihm Schutz böte. Müde und fix und fertig fuhr Patrice sich mit den Fingern durch das Haar, um es auf diese Weise zu kämmen.
Jaques Philipp de Dusoulier
Jaques schaute den arg mitgenommenen Patrice an und lehnte sich gegen die Steuerradreeling. »Ist alles in Ordnung mit Dir? Du siehst fertig aus. Du gehörst doch zu den Gästen, warum bist Du nicht vorne im Bug bei Deinen Leuten? Na los erzähl«, bat Jaques ruhig und hielt Patrice eine Dose vor die Nase. Er nahm sich selbst etwas von dem Priem, knubbelte das Stück Kautabak zusammen und stopfte es sich in die Wange. »So gesehen? Nimm, geht Dir dann was besser. Beruhigt die Nerven«, sagte er freundlich und nickte auffordernd.
Patrice Vertcuis
Patrice nahm sich etwas von dem Kautabak und probierte. Sein Mund wurde davon taub, aber das war ihm in seinem gegenwärtigen Zustand angenehm. »Danke dafür. Wir haben uns zerstritten. Ich will nur noch nach Hause. Kannst du mir sagen, wann wir den nächsten Hafen anlaufen?«
Jaques Philipp de Dusoulier
Jaques schloss die Dose und verstaute sie wieder. »Wir lägen immer noch im Hafen, wenn Massimo nicht befohlen hätte die Choucas zu versenken. Nur deshalb sind wir ausgelaufen. Klar dass Massimo diesen Lich jagen muss, dass ist uns genauso klar wie jedem anderen. Das war Teil der Botschaft und auch wir wollen nicht als nächste Hauptmahlzeit enden. Aber der Kerl war nicht an Bord und wäre er an Bord, ist das kein Grund unser Schiff zu versenken. Etwas mehr könnte man uns schon zutrauen. Das wäre so, als würde ich sagen, pass auf Patrice Du hast Silberfische in der Waschschüssel, wir sprengen Dein Haus. Das hier ist mehr als unser Haus, sie ist unsere Lady, unser Zuhause und teil der Mannschaft. Sie ist das Gegenstück zum Käptn. Die zwei sind eine Einheit, wir halten sie am Leben. Sicher der Palaisin führt die Befehle des Duc aus. Sicher der Duc will diesen Lich tot sehen, um uns alle zu schützen. Bis dato sind wir völlig bei unseren Leuten. Wir sind ebenso Souvagner und wir sind ebenso Gardisten und Soldaten. Aber der Duc hat nicht die Vernichtung der Choucas befohlen, sondern die Vernichtung des Lich! Das ist ein Unterschied. Und wenn der mächtigste Krieger im Land dazu nicht in der Lage ist ohne die Lebensgrundlage einiger Landsleute zu zerstören, tja vielleicht wäre es dann besser der Palaisin gibt seine Unfähigkeit zu und hängt das Amtsschwert an den Nagel. Ich hätte irgendwo sogar noch verstanden, den Befehl zu erteilen, wäre der Lich an Bord und hätte hier sein Unwesen getrieben. Aber aufgrund einer Vermutung? Patrice ich glaube ich sah eine dunkle Ratte in Deinem Stall. Damit das kein Pestvieh war habe ich vorsorglich Deinen Hof abgefackelt. So sah der Befehl aus. Effektiv wäre auch gewesen den Lich bei hoher See über Bord zu werfen. Zudem wusste Massimo nicht, wo er ist. Naja ich wiederhole mich. Aber das war der Grund unseres Auslaufens, wir haben unser Schiff geschützt. Sobald Vano es für sicher hält, wird er in den Hafen zurückkehren, denn er möchte noch mit dem Duc sprechen. Zudem muss er noch mit einem alten Kollegen sprechen. Seinem ehemaligen Käptn. Also ich denke in den nächsten Tagen hast Du wieder Land unter den Füßen. Warum habt Ihr Euch verstritten? Ich weiß es, aber ich möchte es von Dir hören. Sprich was dran ist«, sagte Jaques und rotzte ein Schwall Kautabaksaft über die Reeling.
Patrice Vertcuis
Patrice kaute auf dem Tabak herum, stakste zur Reling und spuckte ebenfalls braunen Speichel ins Meer. Dann kehrte er zu seinem Sitzplatz zurück und ließ sich erneut niedersinken. »Die nächsten Tage, das hört sich gut an! Sobald ich das Ufer sehe, springe ich notfalls hier runter und schwimme rüber. Oder ich frage Prince Ciel, ob er mich mit seinem Vogel übersetzt. Wir haben uns verstritten, weil Tekuro spinnt! Er redet seinem Vater und Archibald nach dem Mund, alles was die zwei machen, findet er toll und wenn das heißt, sich die Zähne ruinieren zu lassen, ein hässliches Tattoo zu tragen und sich einen Lustsklaven zu halten. Und genau dafür haben die mich auf dem Kieker. Massimo ist nicht unfähig, er ist nur sehr radikal. War Bellamy auch, ich glaube, der Duc wünscht sich genau diese Eigenschaft für seine Palaisins.«
Jaques Philipp de Dusoulier
Jaques hockte sich Patrice genau gegenüber und starrte ihm hart in die Augen. »Junge mal ehrlich, Du bist Gardist, wieso gibst Du den Bumslappen für diesen Spinner? Was ist mit Dir los? Stehst Du auf ihn? Was machst Du überhaupt bei denen in der Gruppe? Du bist doch nicht ohne Grund bei denen oder?«, flüsterte Jaques. Er dachte über die Worte von Patrice nach. »Nun so gesehen, sachlich neutral was ist ein Schiff gegen ein Land, gegen die gesamte Bevölkerung? Ja ich revidiere meine Worte. Nur sehen wir die Choucas nicht neutral, wir können sie nicht neutral sehen. Aber genau dass hätte auch der Lich zu spüren bekommen. Ja der Prince könnte Dich mit dem Vogel mitnehmen. Du bleibst am besten bei mir oder bei Vano. Die haben Dich angebumst und eingeritten oder?«, fragte Jaques.
Patrice Vertcuis
»Ja, das haben sie«, sprach Patrice düster. »Zu zweit, sein Vater hat mitgemacht. Ich hab ihm die Eier mit den Fingern gequetscht, aber das hat nicht gereicht, sie abzuschrecken, im Gegenteil, danach ging es erst richtig los. Ich bin den Beißern gefolgt, um Tekuro daran zu erinnern, was ihm die Leibgarde bedeutet. Er ist mein Ausbilder und bisher haben wir uns eigentlich gut verstanden, auch wenn er nicht immer einfach ist. Aber seit er in dieser Gruppe ist, hakt es bei ihm völlig aus. Und ich krieg alles ab. Sicher bin ich Gardist und eigentlich dachte ich, dass ich mich gut wehren kann, aber nicht, wenn ich eine Gruppe von Mördern gegen mich habe. Das ist für jeden einzelnen Mann zu viel!«
Jaques Philipp de Dusoulier
»Eine Gruppe Mörder ist erstmal ein Haufen Krimineller, wie Piraten auf der offenen See. Aber es sind ja nicht einfach nur Mörder, sondern scheinbar Ex-Gardisten und wer weiß, was Roberes Vater für einer ist, oder die anderen Begleiter. Die Frau sieht auch nicht gerade so aus, als wäre sie normal. Die scheint auch einen Hau weg zu haben. Normal wirkte nur der abgehalfterte Typ mit der Hasenscharte und der Milchbubi. Aber auch das kann täuschen, unser gefährlichster Mann sieht aus wie ein Penner in Pyjama. Das heißt, solange er sich nicht nachschminken muss«, grinste Jaques um Patrice etwas aufzumuntern. »Nun ich bin auch keine Flasche, ich habe im Moment 142 unter Befehl, also bleib hier, die werden Dir nichts tun. Es sei denn sie sind Lebensmüde«.
Patrice Vertcuis
»Vermutlich weiß inzwischen das gesamte Schiff Bescheid, dass ich hier der Bumslappen bin für Tekuro und seinen Vater und bisher hat es niemanden gekümmert. Ich vermute, dass man denen in die Hände gespielt hätte, wenn die gefragt hätten, wo ich mich verstecke. Ich wäre dir dankbar, wenn du daran was ändern würdest, aber ich sehe auch, dass nicht wirklich irgendwer ein Interesse daran hat, einem Bumslappen zu helfen. Du hast richtig geschätzt, Arbogast, der Mann mit der Hasenscharte ist ein anständiger Kerl. Sie zwingen ihn regelmäßig dazu, Menschenfleisch zu essen. Der Milchbubi ist Nathan. Ich weiß nicht, wie er es anstellt, aber jeder liebt ihn und er schafft es, dass er sich mächtige Fürsprecher an Land zieht. Ich bin manchmal nicht sicher, ob er wirklich so naiv ist, wie er tut.«
Jaques Philipp de Dusoulier
»Daran liegt das nicht, Du schätzt die Situation falsch ein Patrice. Ein Schiff ist wie eine Familie, so wie Eure Garde ebenfalls. Wer hängt sich in Deine Einheit rein? Niemand sonst gäbe es Ärger mit Boldi. Das heißt, Vano akzeptiert Roberes Mannschaft und dazu gehörst Du. Und Robere hat seine zu akzeptieren. Allerdings ist das unser Schiff, unser Haus. Ordnet Vano an, dass Du unter seinem Schutz stehst ab sofort und nicht mehr zu Robere gehörst, beschützen Dich 8 Offiziere, 1 Doc, 1 Koch, 142 Maaten und der Käptn. Dann wird Dich niemand mehr anfassen, sonst geht er über Bord, aber als Fischfutter. Ich beschützte Dich solange ich auf Schicht bin. Bei Ablöse müssen wir mit Vano sprechen. Du musst Dich von diesem Kerl lossagen. Guck Dich an Mann! Du bist jung, Du bist ein hübscher Kerl, willst Du für so einen bei Davy auf dem Grund landen?«, fragte Jaques ernst. »Warte«, sagte er leise und kramte in seiner Tasche. Er steckte Patrice etwas zu. Ein Messer, fast so hauchdünn wie ein Stilett, dass man problemlos im Ärmel verschwinden lassen konnte. »Scharf wie die Zunge einer Hure. Beim nächsten Versuch schneid ihm die Klöten ab und friss sie«, grinste Jaques.
Patrice Vertcuis
»Wer ist Davy?«, fragte Patrice, während er sich das Stilett besah. »Ich will ihm eigentlich nichts Böses, Jaques. Eigentlich mag ich ihn und dachte, vielleicht können wir so ein bisschen Spaß haben. Stattdessen will er mich besitzen wie ein Viech und abrichten!« Patrice wurde von einem Schauer durchgeschüttelt und alle Haare standen ihm zu Berge. »Er müsste weg von den Beißern, die tun ihm nicht gut, absolut nicht. Und der Junge, Sacha. Er sollte keinesfalls mit seinem Vater mitgehen, sondern hier auf der Choucas bleiben, sonst machen sie ihn zu einem von ihnen! Danke für deinen Schutz, Jaques. Ich wünschte, er wäre nicht nötig.«
Jaques Philipp de Dusoulier
Davy Jones Kiste oder Schrank ist eine Bezeichnung für den Grund des Meeres als letzte Ruhestätte ertrunkener Seeleute. Kurzum das Nasse Grab ist Davy Jones Kiste. Der Ausdruck wird als Ersatz für den Tod auf hoher See verwendet. Wenn Du jemanden zu Davy schickst, tötest Du ihn. Er ist so etwas wie der personifizierte Grauen der Meere, das Böse an sich. Hat beispielsweise bei einem Auftrag die Konkurrenz schneller das Ziel erreicht, so wird eine fremde Macht also ein Pakt mit Davy vermutet. Der Ausdruck und der Name sind uralt und kommt in fast jeder Seefahrernation vor. Woher er genau stammt, weiß keiner mehr so genau. Laut den frühesten Aufzeichnungen wird Davy wie folgt beschrieben. Davy Jones ist, der nach Ansicht der Seeleute, der Unhold, welcher über alle bösen Geister der Tiefe herrscht. In verschiedenen Gestalten sieht man ihn oft am Vorabend von Hurricanen, Schiffbrüchen und anderem Unheil, dem das Seefahrerleben ausgesetzt ist, oben in der Takelage sitzen und so den Elenden warnen, der Tod und Leid geweiht ist. Die gleiche Geschichte beschreibt Jones als ein Wesen mit großen Augen, drei Reihen von Zähnen, Hörnern, einem Schwanz sowie blauem Rauch, der aus seinen Nasenlöchern kommt. Er kam in einem Sturm, sagte er, und er ging in einem Sturm, er kam in der Nacht und er ging in der Nacht, niemand weiß, woher er kam, und niemand weiß, wohin er ging. Soviel ich weiß, stach er erneut mit seiner Kiste in See und mag wohl an Land gehen, um Leute auf der anderen Seite der Welt zu plagen, freilich wäre es jammerschade, fügte er hinzu, wenn er in Davy Jones’ Locker gelandet wäre. So heißt es. Du kannst ihn für eine Legende oder Seemannsgarn halten, wie den Klabauter, aber jeder Seemann nimmt ihn ernst. Das ist Davy Jones«, grinste Jaques.
Patrice Vertcuis
»Gute Geschichte. Dann hoffen wir, dass wir ihm nicht vor unserer Zeit begegnen. Du fühlst dich wohl hier an Bord, oder? Du wirkst eins mit dir und dem Schiff. Völlig ausgeglichen. Euer Heiler ... kann er Heilmagie? Oder kann sonst jemand hier auf dem Schiff Magie wirken?«
Jaques Philipp de Dusoulier
»Ja mein Zuhause, mein Schiff, mein Käptn, meine Crew und ein Weib an Bord, dass ist alles was mich zur Zeit ankotzt und dass Du mit Dir freiwillig den Boden aufwischen lässt. Man sollte vermeiden Davy zu früh zu treffen. Unser Käptn hat ihn schon dreimal gesehen, aber erinnert sich nur an zwei Vorfälle. Wir hatten schon einige Kämpfe, wo es knapp war. Vielleicht kämpfte er auch auf unserer Seite, denn wir waren genau wie er. Aber wir wollen ihn nicht anrufen, erst in der Schlacht. Ja wir haben einen Heiler an Bord Francois, er ist ein erstklassiger Heiler. Er beherrscht keine Magie, Du kannst ihm aber auch so vertrauen. Er ist ein wenig anders als andere Heiler, aber ausgezeichnet. Er hat schon so manchen von uns zusammengeflickt, sogar den Boss. Sollen wir hin?«, fragte Jaques.
Patrice Vertcuis
Patrice winkte ab. »Nein, das heilt von allein, so schlimm ist es nicht. Ich wollte es nur wissen, da manche Magier von mir verwirrt sind. Dann hätte ich was mit ihm klären müssen, um Missverständnisse zu vermeiden. Ich lasse den Boden nicht freiwillig mit mir wischen, das ist jetzt unfair. Warum willst du keine Frau an Bord haben?«
Jaques Philipp de Dusoulier
»Weil sie Unglück bringen. Oh falls Du meinst das wäre Aberglaube, dass ist es nicht. Sie bringen Unruhe, verwirren die Mannschaft, stellen dusslige Fragen, können nicht annähernd so arbeiten und man kann sie nicht arbeiten lassen - da sie die Männer verwirren. Sie verbrauchen meist eine enorme Menge an Frischwasser, wo sogar ein Gockel wie Conni 3 Woche mit auskäme. Alles in allem sind sie sehr unwirtschaftlich und kosten einen Nerven und sie gehören nicht auf ein Schiff. Ich hätte sie nicht an Bord genommen. Zudem sieht sie krank aus. So gelb wie ein Quitte«, flüsterte Jaques grinsend.
Patrice Vertcuis
»Also Nori sollte die Männer nicht verwirren. Erstens finden die meisten sie wohl nicht gerade hübsch und darauf legt sie es auch nicht an. Sie ist nicht eitel und macht einen körperlich guten Eindruck. Sie hat Ausdauer, Geschick und Kraft. Sie gehört aber vor allem zu Tekuro. Bisher war er wegen ihr nicht biestig, aber du kannst sicher sein, dass er nicht freundlich reagieren wird, wenn die Matrosen sich ihr auf eine Weise nähern, die ihm nicht genehm ist. Er bewacht alles, von dem er meint, es gehört ihm. Der ist im Dauergardistenmodus. Drum mach dir keine Sorgen, dass sie die Matrosen hier um ihren Finger wickelt. Die wollen sicher auch keinen Streit.«
Jaques Philipp de Dusoulier
»Nein das wollen sie nicht, aber Männer die lange keine Frauen sehen und auf Frauen stehen, neigen zum Gaffen. Auf Deck, geschenkt, wenn Du weiter arbeitest, oben in der Takelage? Nein das ist nicht möglich. Sie hat vorne im Bugraum zu bleiben. Egal wie hübsch oder hässlich sie ist, glaub mir, für so manchen spielt der Rand vom Loch keine Rolle, wenn er Druck hat. Und manche Zeit sind wir lange auf See. Wie lange man auf dem Großen Wasser wohl unterwegs wäre, möchte mich manchmal wissen. Gleichgültig, auch auf kleiner Fahrt kann man lange Unterwegs sein. Kleine Fahrt bezeichnet man eigentlich Flüsse, Seen und so weiter, aber ich finde der Azursee ist ein See und dennoch die See. Wir können ihn leider nicht verlassen. Stell Dir vor wir wären drei Monate draußen und fahren die gesamte Küste ab. In ausreichend Reichweite versteht sich und beobachten dort, die Bewegungen und das Treiben an Land. Aufklärung, dafür sind wir da. Meinst Du da interessiert es wen, der richtig Knast auf ein Weib hat, wie hübsch sie ist? Nein, aus dem Grunde haben Frauen nichts an Bord zu suchen. Es hat schon so manchen Streit um Frauen gegeben. Angeblich sogar Kriege. Wer weiß was dran ist«.
Patrice Vertcuis
»Ja gut, in der Situation war ich zum Glück noch nicht. Dann musst du ihr sagen, dass sie im Bugraum zu bleiben hat. Ich mach das nicht.« Patrice spuckte den fade gewordenen Klumpen Kautabak aus. »Wegen Sacha ... machst du dir da überhaupt keine Sorgen?«
Jaques Philipp de Dusoulier
»Das habe ich ihr gesagt und der Käptn ebenso. Nein, da mache ich mir keine Gedanken, denn Sacha ist einer von uns. Greift man einen von uns an, greifst Du die Choucas an, also uns alle. Und so handeln wir auch. Sprich wir würden den Ratten das Fell über die Ohren ziehen, denn Sacha ist einer von uns und das bleibt er auch, bis der Käptn was anderes gesagt hat. Man reißt keinen aus unserer Mitte. Auf zum Doc oder geht es?«, fragte Jaques besorgt.
Patrice Vertcuis
»Es geht, danke ... sie werden Sacha nichts tun in dem Sinne. Aber Tekuro will ihn mitnehmen und zu einem von ihnen machen. Es wäre schade um den Jungen. In dem Fall ist es wahrscheinlich sogar besser für ihn gewesen, dass er keinen Kontakt zu seinem Vater hatte.«
Jaques Philipp de Dusoulier
»Wenn sich der Mann vorher keinen Deut um seinen Sohn gekümmert hat, was schert ihn Sacha jetzt? Sacha ist als Waise aufgewachsen. Jeder kann ich vorstellen, wie schön das sein muss. Jeder Sohn mit Anstand liebt seine Eltern, liebt seine Mutter und seinen Vater. Man freut sich wenn man sie nach einer langen Reise wieder sieht. Mir geht es so. Man freut sich auf die Geschwister, auf den Kuchen, auf alles eigentlich. Und dieser Mann hat seinen Sohn nicht mit dem Arsch angeguckt und auf einmal entdeckt er seine Vatergefühle? Hier sind einige, die keine leichte Kindheit hatten. Einige verlorene Seelen, die nicht zu Davy hinabgespült wurden, sondern zu Vano und er nahm sie auf. Eine gute Mannschaft, gute Leute, treue Leute. So sagt er es und so unterschreibe ich es. Wo war er denn all die Jahre? Ein Waise hat nichts, aber dieser Mann muss ja bewusst den Jungen verlassen haben. Oder er war ein Streuner, hat seinen Samen frei in der Gegend verteilt und dass kam bei raus. So mancher hat wohl in jedem Hafen eine Pflaume«, murrte Jaques.
Patrice Vertcuis
»Er wusste nichts davon, dass er einen Sohn hat. Aber jetzt will er ihn auch nicht mehr frei geben. Ich denke nicht, dass Tekuro zur Leibgarde zurückkehren wird nach all dem, was in den letzten Wochen geschehen ist. Er wird bei den Beißern bleiben. Sie werden sich durch Asamura morden und fressen. Sacha gehört da nicht hin, aber ich bezweifle, dass sie ihm eine Wahl lassen. So wenig, wie sie mir eine Wahl gelassen haben.« Er guckte bekümmert. »Du kannst auf eine harmonische Familie blicken, wenn du an zu Hause denkst?«, erkundigte sich Patrice.
Jaques Philipp de Dusoulier
Jaques Blick wurde leicht versonnen und er nickte bei dem Gedanken an seine Leute. »Ja dass kann ich Patrice, wir sind eine große Familie. Und ich bin schon mehrfacher Onkel. Wenn wir alle zusammen sind, ist es in unserem Haus gewaltig laut und ebenso gemütlich. Meist auf Neujahr nehme ich Fran mit, wenn Conni oder Vano ihn nicht mitschleppen. Da er allein ist. Jene die hierbleiben feiern auf der Choucas. Es wird eh zweimal gefeiert, hier auf der Choucas und daheim bei Landgang. Aber nicht auf jeden wartet wer. Wie ist es mit Dir?«, fragte Jaques.
Patrice Vertcuis
Patrice schüttelte den Kopf. »Kein gutes Thema, zu viel Streit und nun bin ich allein. Ich habe nur die Leibgarde und bald hab ich gar nichts mehr außer Tekuro und seinen Vater. Ich bin ein wenig neidisch, was du erzählst. Ich wünschte, ich könnte auch auf solch ein zu Hause zurückblicken, aber wenn ich in Richtung Ufer schaue, ist da nichts weiter als meine Arbeit. Was ist mit Fran, warum ist er allein? Waise?«
Jaques Philipp de Dusoulier
Jaques hörte Patrice zu und man sah ihm an, wie er darüber dachte. Allein die Vorstellung so leben zu müssen, schnürte ihm die Kehle zu. »Bei uns in der Bude früher war es nie leise. Nie, zu keiner Zeit. Dafür waren wir viel zu viele. Aber egal wie man sich mal in den Haaren hatte, wir waren ein Knäul, meist waren es einfach passend. Wir haben zusammen gelebt, gelacht, malocht und zusammengehalten. Ich kann mir gar nicht vorstellen alleine zu leben. Vielleicht bin ich deshalb zur See, ich liebe das Meer und ich brauche Leute um mich herum. Stille ist mir unheimlich, aber nur menschliche Stille. Die Stille draußen auf See, ganz früh morgens ist keine. Du stehst an der Reeling, die Sonne geht auf, hier knarrt es, da hörst Du die Wellen gegen den Rumpf schlagen, einer schmatzt, der andere furzt, der nächste flucht leise, die Wachablöse kommt, tausend Geräusche und auch die vom Klabauter wenn man dran glaubt. Da in der Stille, die gar keine ist, ist die Welt absolut in Ordnung. Alle sind vereint. Das fehlt Dir oder? Mal überlegt zur See zu fahren?«, schlug Jaques vor.
Patrice Vertcuis
Patrice schüttelte den Kopf. »Es spielt keine Rolle, was ich mir wünsche. Ich kann es nicht. Meine Familie ist im Hintergrund trotzdem da und lenkt meine Schritte. Ich habe keine Wahl, Jaques. Ich lebe mein Leben so gut, wie ich es kann, bis es irgendwann vorbei ist. Auf dem Sterbebett kann ich dann auf eine lange, graue Straße zurückblicken.« ... und wenn ich nach vorn sehe, ist da nicht einmal der Abgrund, weil ich keine Seele habe, dachte Patrice. »Kann ich noch eine Portion Kautabak haben? Was ist mit dir, hast du nie gedacht, an Land zu gehen und sesshaft zu werden?«
Jaques Philipp de Dusoulier
Jaques drückte Patrice die Dose Kautabak in die Hand und umschloss kurz die Pranke von Patrice mit seinen eigenen rauen Seemannshänden. »Ich bin absolut sesshaft. Man ich bin seit über 10 Jahren auf der Choucas, wenn das nicht sesshaft ist«, lachte er mit brummigem Unterton. »Billige Ausrede Patrice, Du kannst sein wer und was Du möchtest. Alles was Du brauchst ist etwas Mumm in den Knochen und vorher vielleicht den ein oder anderen Rum. Ich habe noch nie eine starke Person mit einfacher Lebensgeschichte gehört, meinst Du, Du bist da anders? Oder Fran, oder Vano, oder Sacha? Die See spült die Ecken und Kanten des Lebens weg, aber sie waren da Patrice. Das sagte mir einmal Fran. Ja Fran war ein Waise wie Sacha. Behalte den Kautabak, ein Geschenk von mir. Ebenso mein Schutz. Erzähl mir von Deiner Familie. In unserer Hütte leben meine Großeltern, meine Eltern, meine 11 Brüder und meine zwei Schwestern und mittlerweile deren Nachwuchs. Es wurde schon so oft angebaut, dass das Haus total verwinkelt ist. Wie ein Flickenteppich und gerade das liebe ich. Beim nächsten Neujahr bist Du dabei«, sagte Jaques und knuffte ihn.
Patrice Vertcuis
Patrice erwiderte den Händedruck, dann merkte er, was er hier tat - dass er sich gerade anfreundete. Er zog die Hand rasch wieder weg. »Danke für die Einladung, den Tabak und alles ... aber ich kann nicht, Jaques. Ich kann es wirklich nicht. Ich habe einen Eid geleistet, der bis zu meinem Tode gilt. Bitte frag nicht weiter. Würde ich ihn brechen, würdet ihr einen Eidbrüchigen an Bord haben. Sehr vertrauenswürdig, nicht wahr? Und für euch gefährlich. Ich glaub auch nicht, dass mich irgendwer braucht. Von Tekuro abgesehen ... aber na ja.« Patrice bekam extreme Kopfschmerzen und krümmte sich.
Jaques Philipp de Dusoulier
Jaques packte Patrice und hielt ihn fest. »Eidbrüchig hin oder her, aber ich glaube es wäre für Dich besser, Du lässt einmal etwas von dem Dreck raus, der sich in Deinem Kopf angestaut hat. Ich höre zu und schweige. Oder Du sagst es dem Doc. Na los, komm mit«, sagte Jaques und warf sich Patrice über die Schulter. Er deutete einem Kollegen an, das Steuer zu bewachen, während er Patrice zu Fran schleppte. Er betrat die Heilerstube und setzte Patrice auf den Stuhl. »Er wurde als Bumslappen missbraucht, er steht unter meinem Schutz Fran und er hat einige Probleme. Welche kann ich Dir nicht sagen. Hilf ihm«, bat Jaques und drückte Patrice Schulter. »Falls was ist, ich bin vor der Tür, ruf wenn Du Hilfe brauchst bei was«, sagte Jaques und bezog draußen Stellung.
Patrice Vertcuis
Patrice starrte den Heiler von seinem Stuhl aus an. »Eigentlich bin ich so weit in Ordnung ... von Kopfschmerzen abgesehen.«
Francois Grimard
Fran schaute Patrice über den Rand seiner Brille hinweg an. »Kopfschmerzen im Rektum wären mir völlig neu. Schau mich genau an«, bat Fran und beugte sich weit zu Patrice hinab um ihm genau in die Augen zu schauen. Dabei war er dem jungen Gardisten so nah, dass Patrice sehen konnte das Fran grüne Augen hatte. Er untersuchte seinen Nacken, schaute ihm in die Augen und zog eine Spritze auf. »Erzähl mir was sich zugetragen hat, aus Deiner Sicht. Die andere kenne ich bereits aus der stillen Post. Bist Du schwer verletzt, eingerissen oder anderes? Mach Dich bitte frei«, sagte Fran fürsorglich.
Patrice Vertcuis
Patrice ließ sich widerwillig untersuchen. »Das ist mir jetzt etwas unangenehm ... ich bin nicht verletzt.« Er zog sich trotzdem aus, damit der Heiler ihn untersuchen konnte. Wenn er schon einmal hier war, bekam er vielleicht etwas gegen die Schmerzen. »Es gibt nicht viel dazu zu sagen, außer, dass man es mir ordentlich gegeben hat und meine Eier dabei gequetscht wurden. Das geht aber vorbei.«
Francois Grimard
Fran desinfizierte seine Hände und untersuchte Patrice so vorsichtig wie möglich. »Nicht verletzt sieht anders aus, wundgespielt um es sachte auszudrücken. Gegen die Prellung Deiner Hoden hilft nur Kühlen und mache das auch, sonst hast Du bald einen Sack wie ein Ballon zwischen den Beinen. Je schwerer er wird, je schmerzhafter wird es. Ich werde Dir eine Salbe auf Kokosfettbasis geben, dass Fett hat eine kühlende Wirkung. Dennoch musst Du sie richtig kühlen. Gehörst Du noch zu der Gruppe oder zu uns?«, fragte Fran und desinfizierte eine Stelle auf Patrice Po und verpasste ihm vorsichtig die Spritze.
Patrice Vertcuis
»Na ja, man sieht sich selber da hinten nicht. Es ist erträglich von den Schmerzen her, sagen wir es so. Ich gehöre zur Leibgarde ... also zu Boldiszàr. Mit den Beißern habe ich nichts zu schaffen! Ich war nur wegen Tekuro bei ihnen und jetzt wollen sie mich nicht mehr gehen lassen.« Er zuckte zusammen, als er die Spritze bekam. Er mochte keine Spritzen. »Was hast du mir da gegeben?«, wollte er wissen.
Francois Grimard
»Etwas gegen Schmerzen und Verspannungen. Damit Du Deine Kopfschmerzen los wirst und dass Du nachher trotz Deiner Wundheit Dich lösen kannst. Kurzum dass Du kacken kannst, sonst bekommst Du noch Verdauungsprobleme. Du gehörst zu Boldi? Damit gehörst Du zu Vano persönlich«, keuchte Fran.
Patrice Vertcuis
»Ach so, danke sehr. Ich werde mich an deinen Rat halten, sofern ich Ruhe zum Kühlen finde ... ich würde mich gern irgendwo von dem Ganzen ausruhen. Ich glaube nicht, dass Tekuro mir Ruhe gönnt. Kann Silvano nicht mal mit ihm reden, wenn du meinst, dass ich zu ihm gehöre?«
Francois Grimard
»Du musst Vano sagen, dass Du Teil von Boldis Truppe bist. Ergo Teil von Boldi und damit von ihm. Damit stehst Du unter seinem Schutz. Tekuro kann an Bord nicht Deine Aushändigung verlangen. Falls er sich offen gegen uns wendet, schwimmt er«, sagte Fran und schob sich mit der Hand die Brille wieder richtig auf die Nase. »Möchtest Du hier warten oder möchtest Du zu Vano? Mein Wort ist autark. Nun ich denke Du solltest hier warten und sprechen. Was genau ist los?«, fragte Fran und setzte sich Patrice gegenüber.
Patrice Vertcuis
Patrice schloss die Augen. Er öffnete sie wieder. »Irgendetwas ist schief gelaufen. Ich weiß aber nicht was«, meinte er. »Irgendwas läuft völlig aus dem Ruder! Robere war ... Tekuro war ... es fällt mir schwer, gedanklich alles zu ordnen. Ich kriege extreme Kopfschmerzen, wenn ich versuche, darüber nachzudenken. Und manchmal fühle ich mich, als wäre ich nicht ich selbst. Vano ... der Agentensohn. Eigentlich unnötig, das zu erwähnen. Ja, bitte hol Silvano her.«
Francois Grimard
»Was hat das mit Silvano als Agentensohn zu tun? Hier kau das langsam, erzähle ganz bewusst und langsam der Reihe nach, ich höre Dir zu. Und wenn ich kann, werde ich Dir helfen. Oder eine Möglichkeit finden wie ich Dir helfen kann«, sagte Fran und reichte Patrice ein Stück Rinde.
Patrice Vertcuis
»Nichts«, sagte Patrice und nahm die Rinde. »Es spielt überhaupt keine Rolle. Es ist mir nur aus irgendeinem Grund gerade eingefallen.« Er schob sich die Rinde zwischen die Zähne und probierte, darauf herumzukauen. Es war beruhigend, diesen Trick würde er sich merken. »Ich kann nicht der Reihe nach alles erzählen. Weil ich es nicht darf. Ich würde mir nur wünschen, dass ich wieder klar denken könnte! Es ist schlimmer geworden seit dem Tekuro das abgeschnittene Ohr aus der Rüstung gefallen ist und noch schlimmer seit der Scheiße, die sie unter Deck mit mir abgezogen haben.«
Francois Grimard
»Guck mich an, Du darfst und kannst mir alles erzählen, denn ich werde es niemals gegen Dich verwenden. Und ich werde nicht darüber sprechen. Wer oder was bist Du tatsächlich? Wieso ist Dir das gerade eingefallen? Bist Du einer von ihnen? Ein Agentensohn?«, fragte Fran und reichte Patrice ein Glas Wasser. »Trink das in kleinen Schlückchen«, bat er.
Patrice Vertcuis
Patrice nahm die Rinde aus dem Mund und trank das Wasser aus. »Es gibt unbrechbare Eide, die nur der Tod aufheben kann. Aber ich würde mir wünschen ... dass ich nicht so allein gelassen werde mit diesem ganzen Mist! Ein ganzes Schiff weiß, was man mit mir anstellt und sieht weg. Der Duc wollte schon vor Wochen Hilfe schicken, weil ich es nicht allein schaffe ... Tekuro ist durchgedreht, damit habe ich nicht gerechnet. Mein Fehler. Aber ist das ein Grund, mich so hängen zu lassen?«
Francois Grimard
»Die Hilfe ist hier und hättest Du gesprochen zu wem Du gehörst, wäre Dir das vermutlich nicht passiert. Robere hat Dich als einen von ihnen deklariert. Folglich hat Vano Dich so gewertet. Gut auch Boldi hätte klar sagen können, Patrice ist einer meiner Männer. Damit bist Du genau das - einer seiner Männer. Und Robere hat die Hände von Dir zu lassen. Unbrechbare Eide? Ja die gibt es, damit hast Du wohl Recht. Wahrheiten, Eide, Schwüre jenseits hinter all dem ganzen, was wir Wahrheit oder Realität nennen. Was ist wahr, was ist Lüge, was ist eine Maske, was ist Fakt? Kann das überhaupt jemand mit Bestimmtheit sagen oder haben wir nicht alle unsere eigene? Es gibt halt nur jene Wahrheiten die mehr gelten als andere, da die Denker mehr Macht haben, als andere. Sind es gute Menschen, ist es schön so, man braucht Beschützer und Visionäre. Aber denkt eine Person mit Macht nur an sich wird es gefährlich. Ich denke nicht dass der Duc Dich hat hängen lassen, aber ich kann Dir nicht helfen, wenn ich nicht weiß, nach wem ich suchen soll«, sagte Fran.
Patrice Vertcuis
Patrice hielt sich die Ohren zu, als der Heiler von Wahrheit und Lügen zu sprechen begann und krümmte sich. Seine Kopfschmerzen wurden unerträglich. Was auch immer Francoise ihm gespritzt hatte - gegen diese Art von Kopfschmerz half es nicht. Und dann wurde Patrice plötzlich ganz ruhig und sah ihn mit klarem Blick an. »Ich hätte selbst für mich sprechen können, nicht wahr? Hätte nur den Mund aufzumachen brauchen. Schließlich waren Boldiszàr und Silvano die ganze Zeit hier. Eigenes Verschulden, kein Grund zum Jammern. Es gibt niemandem, nach dem du Ausschau halten kannst. Manche Menschen sieht man nur, wenn sie gesehen werden wollen. Danke für die Behandlung. Ich möchte Silvano nun gern mitteilen, dass ich kein Beißer bin.«
Francois Grimard
»Ja das kenne ich, ich sehe zum Beispiel Dich einwandfrei aber Du bist nicht Patrice. Du bist, wer auch immer. Das Du keiner der Beißer bist ist mir klar. Hätte sich einer von denen auch nur annähernd solche Gedanken innerhalb von fünf Minuten gemacht? Du möchtest nicht gesehen werden und man sich Deine Kameraden nicht Du bist einer der Schatten des Duc, jene die nur dann eingesetzt werden, wenn man eine schnelle Lösung braucht. Welche Namen ihr tragt, weiß niemand, aber jeder kennt die Legende. Nun so hart würde ich nicht mit mir selbst ins Gericht gehen. Schuld bist Du nicht und wenn Dir jemand Gewalt antut und Dich niemand verteidigt, hast Du nicht nur Grund zum Jammern, sondern auch Grund Dich zu beklagen. Was wird geschehen, wenn Du zurück an Land kommst? Werden sie Dich jagen und töten?«, fragte Fran und schenkte Patrice Wasser nach.
Patrice Vertcuis
»Du siehst mich?«, fragte Pascal verwirrt und starrte den Heiler an. Es war Jahre her, dass jemand anderes als der Duc zuletzt mit ihm gesprochen hatte. Er zwinkerte mehrfach und sah sich um, als würde er die Heilstube zum ersten Mal sehen, auch wenn Patrice sie natürlich bereits kannte. Aber Patrice sah mit anderen Augen, auch wenn sie sich einen Körper teilten und auch ihr Gedächtnis sich teilweise überschnitt. »Mich jagen? Nein. Patrice werden sie jagen und sie werden ihn vermutlich auch bekommen. Das liegt in ihrer Natur und einer allein kann keinem Rudel Wölfe entkommen. Patricemüsste den Palast vor ihnen erreichen, dann hätten wir eine Chance, aber wie realistisch ist das?«
Francois Grimard
»Wie realistisch? Hm zu Fuß? Schlecht, auf einem dieser riesigen Vögel? Sehr gut. Sollte der Prince für seinen Leibdiener und seinen Leibwächter zurückkommen, bestens. Du bist bereits hier sicher. Solange sie hier sind und Du losziehst, bist Du sehr schnell im Palast. Würden wir in Cantillion erneut anlanden, ist das nicht so weit wie Du denkst. Du benötigst wenn ein gutes Pferd und Vorsprung. Wir könnten sie hier halten, aber wir können auch Dich beschützen. Du musst zum Duc in Ordnung. Was hat es mit diesem Lich auf sich? War er bei Euch in der Gruppe? Und ja ich sehe Dich, aber Du siehst mich nicht«, lachte der Doc.
Patrice Vertcuis
Pascal starrte den Heiler an. »Magst du Blumen?«, wollte er wissen. »Ich schon, besonders diese Wasserblumen. Mein Problem ist, das Patrice es darauf anlegen würde, ergriffen zu werden. Er ist ein liebeskranker Trottel und vermutlich auch sonst inzwischen nicht mehr ganz richtig in der Birne. Ich habe gelernt, ihn zu hassen.«
Francois Grimard
»Er wird Dich fressen, oder schlimmer noch Dich fressen lassen, wenn er die Oberhand bekommt, dass ist Dir bewusst? Er ist keine Tarnung mehr, oder als was immer Du ihn geschaffen hast. Er ist zu einem seelischen Parasiten herangereift und zwar kein Bandwurm, der von Deinen Ausscheidungen oder Ergüssen lebt, sondern er ist einer jener Sorte wie die Würgefeige. Er tötet seinen Wirt. Du musst ihn zurück schicken. Du musst ihn in die Form zwingen die er ist, eine Maske. Sonst bist Du am Ende seine leere Hülle. Wie heißt Du wirklich? Nenne mir Deinen Vornamen«, bat Fran.
Patrice Vertcuis
»Ich kann nicht. Ich sagte doch, dass mein Schwur mit dem Tod sein Ende findet. So oder so. Es sei denn, du magst Wasserblumen.« Pascal lächelte aber es war ein sehr schmerzliches Lächeln. Es tat so unwahrscheinlich gut, wieder einmal mit einem Menschen zu sprechen. »Bevor ich Patrice zurückschicke, benötige ich den entsprechenden Befehl. Er ist unerwartet stark ... oder ich bin zu schwach geworden in dieser Zeit. Es ist kein sehr einfacher Auftrag.«
Francois Grimard
»Wasserblumen? Seerosen? Wenn ich an Wasserblumen denke, dann denke ich an Seelilien. Und ich mag sie, denn sie sehen aus wie Blumen und sind in Wahrheit Tiere. So etwas wie Seesterne, wusstest Du das? Ein Vorname verrät keine Identität. Hast Du einen Zweitvornamen? Ich quetsche Dich nicht aus, um Dich zum Eidbruch zu bewegen. Ich will Dir über die Brücke helfen, Du sollst Deinen Namen bewusst nennen. Glaub mir das hilft, wenn Du Gaston heißt, davon gibt es so viele wie Sand am Meer oder? Suche ich einen Gaston, werde ich sehr lange suchen. Denk nach und versuch es«, bot Fran an.
Patrice Vertcuis
Er schob sich die Rinde in den Mund, um darauf herumzukauen. Den Hinweis hatte der Heiler nicht erfasst, weshalb er davon ausging, dass es kein Lotos war. Pascal war mit seinen Kräften noch nicht am Ende, doch er spürte, dass er Hilfe brauchte. Er fragte sich, ob bereits das nennen seines Namens einen Eidbruch darstellte ... wenn Francois bereits von allein herausgefunden hatte, dass Patrice nur ein Deckname war. An diesem Punkt musste Pascal nach Hause zurückkehren. Wenn die erste Maske fiel, war Rückzug angesagt und er musste sich eine neue anlegen. Damit, dass Francois ihn durchschaut hatte, war Patrice lediglich noch dazu da, Pascal heimzubringen. Es war vorbei. Pascal atmete durch. Und Patrice versetzte ihm einen Kopfschmerz, der ihm fast vom Stuhl schmiss. »Patrice!«, rief er. »Ich heiße Patrice, zum Henker! Wie kommst du auf den Unfug! Alles, was ich wollte, war was gegen die Kopfschmerzen und dass Tekuro nicht mehr so brutal zu mir ist. Deswegen wollte ich mit Silvano reden!«
Francois Grimard
Fran packte Patrice und drückte ihn fest in den Behandlungsstuhl. »Wer immer Du bist, Du gebietest nicht über diesen Körper Patrice. Du bist nichts als eine Ausgeburt die ein anderer erfand, damit er seine Arbeit verrichten kann. Du bist eine Maske, Du bist ein Niemand, Du bist dazu da um zu dienen, aber nicht Robere oder Tekuro wie sich dieser Bastard schimpft, sondern dem Mann den Du gefangen hältst«, erklärte Fran und schnallte Patrice in die Armfixatoren. »Beruhige Dich und trink das hier, danach löse ich Deine Fesseln. Du bist von Tekuro besessen, aber weder Tekuro noch Du gehört hierher«, sagte Fran und hielt ihm ein Glas an den Mund. »Trink«, befahl er.
Patrice Vertcuis
Patrice schüttelte den Kopf. »Das ist nicht wahr. Ich habe eine Geisteskrankheit oder bin von dem Typen in meinem Kopf besessen, nicht von Tekuro! Ich weiß nicht, wo diese Stimme herkommt. Ich habe keine Kontrolle darüber. Es fühlt sich an wie Schlafwandeln! Vielleicht Schizophrenie oder so was! Aber du brauchst mich nicht festzubinden. Ich bin nicht gefährlich, ich tu niemandem was. Kann nur sein ... wenn das rauskommt ... dass ich meinen Dienst nicht mehr verrichten darf. Es darf nie herauskommen!« Gierig trank er das kühle Wasser.
Francois Grimard
Fran streichelte ihm über den Kopf. »Nein, es ist niemand in Deinem Kopf. Du hast Dich nur fast depersonalisiert und Dich fast in Deiner Tarnung aufgegeben. Aufgelöst, einsgeworden mit der Lüge. Das geht sehr schnell wenn man nicht aufpasst. Ich verstehe das, Du musst das tun, damit sie Dich nicht töten. Warum oder weshalb Du Dich tarnst, weiß ich nicht. Aber ohne die Tarnung bist Du tot. Bei mir bist Du sicher, ich habe nicht vor, Dir Deinen einzigen Schutzschild vor den Haien da draußen wegzureißen. Ich habe vor Dir einen echten Schild zu geben, anstatt eine sinnlose Maske aus Puder die Deinen Geist vergiftet und Dir einflüstert Du wärst sie. Nenne mir Deinen Namen, komm nach oben. Versuch es wie ein Ertrinkender. Schließe die Augen, fühle nur wohin Du von alleine gezogen wirst. Dort ist oben, dort ist Licht, dort musst Du hin. Ich warte hier auf Dich. Fühle fest in Dich hinein, die anderen scheren uns nicht. Niemand wird Dir hier ein Leid zufügen«, sagte Fran sanft.
Patrice Vertcuis
»Er nennt sich Pascal ... gibt es ein Medikament dagegen? Ich will nicht verrückt sein. Andauernd spricht er in meinen Gedanken und vergiftet meine Träume. Ich darf nicht labil sein in meinem Beruf, irgendwie muss er verschwinden.« Hilfesuchend blickte Patrice Francois an.
Francois Grimard
»Er verschwindet nicht, Du verschwindest in ihm. Du bist ein winziger Teil von ihm. Lass los, geh in ihm auf. Solange Du Dich festklammerst und alleine sein möchtest, ohne in in der Gesamtheit Deiner Seele aufzugehen, wirst Du krank bleiben. Dein Beruf ist hier unwichtig, Du bist im Haus der Heilung. Hier gibt es keine Beruf, keine Eide, keine Verpflichtungen. Hier gibt es nur Hilfe, Heilung und Genesung. Und an mehr wirst Du jetzt nicht denken, das ist meine Aufgabe. Sprich mit mir Pascal, ich möchte ein paar Worte mit Dir wechseln«, bat Fran.
Patrice Vertcuis
Der Mensch auf dem Stuhl atmete schwer und kämpfte sehr mit ich. »Jetzt weißt du meinen Namen«, sprach Pascal erstickt. »Ich weiß nicht, was sie jetzt mit mir machen.«
Francois Grimard
»Gar nichts, denn wenn Du durch diese Tür gehst, hast Du die Maske wieder aufgesetzt und das Visier wieder unten. Aber Du musstest es einmal heben um durchatmen zu können. Du erstickst darunter Pascal. Möchtest Du mir irgendwas sagen, soll ich wem etwas von unbekannter Seite ausrichten? Möchtest Du etwas fragen?«, fragte Fran.
Patrice Vertcuis
Pascal beruhigte sich langsam. »Du hast Recht ... er bringt mich um. Er frisst mich auf. Nicht Tekuro. Sondern Patrice. Ich muss ihn schnellstmöglich ablegen. Aber dazu brauche ich den Befehl des Ducs und dann muss ich verschwinden. Du wirst mich nie wieder treffen, da auch Pascal danach nicht mehr ist. Ihn werde ich vermissen, als Einzigen. Ich würde dich gern fragen, wie dein Name lautet, aber du wirst ihn nicht preisgeben und darum frage ich dich nicht.«
Francois Grimard
Fran umarmte Pascal ganz fest und flüsterte ihm ins Ohr »Kabir«, ehe er ihn losließ. »Ich hoffe wir sehen uns wieder, falls nicht, hoffe ich dass ich Dir helfen konnte. Heilen heißt nicht immer jemanden ein Rezept schreiben, oder mit Eisenstangen in seinem Körper herumzuwühlen. Manchmal ist heißt Heilen Hinsehen und Hinhören. Ich weiß nicht warum auf dieser Welt kein Platz für Dich ist, aber wo immer es Dich hinverschlägt, ich hoffe unsere Wege kreuzen sich erneut. Ich werde Vano sagen, dass Du zurück zum Hof musst, eilig. Aber bis dato ruh Dich noch einen Moment aus. Ich verschaffe Dir den Vorsprung den Du benötigst, damit Du den Hof erreichst«, erklärte Fran.
Patrice Vertcuis
»Bitte binde mich los, Kabir«, bat Pascal. »Ich tu dir nichts, auch wenn ich ein paar Probleme habe. Ich bin nicht von der aggressiven Sorte. Du bist ein guter Heiler ... ich hoffe, deine Hilfe kommt noch rechtzeitig.«
Francois Grimard
»Danke, dass bedeutet mir viel. Ich bin Heiler geworden, weil ich selbst einem ausgeliefert war, der ein Monster in Robe war. Ich meine es im Gegensatz zu solchen Leuten ernst. Aber dass muss nicht Deine Sorge sein. Ich glaube Dir, aber nenn mich Fran«, bat er und band Patrice wieder los. »Warte hier, erhole Dich, schlafe im Behandlungstuhl eine Runde. Jaques hält draußen Wache und ich hier an Deiner Seite. Danach gehen wir zu Vano, ich bereite Deine Abreise vor und Du schaffst es zum Hof. Versprochen«, sagte Fran und strich ihm über die Wange.
Patrice Vertcuis
»Ich wollte den Namen nur ein einziges Mal verwenden, da ich weiß, wie gut es tut, seinen richtigen Namen zu hören. Oder den, der sich für einen selbst richtig anfühlt. Ob wir uns wiedersehen, muss ich leider verneinen. Pascal wird sterben und Tote sprechen nicht. Kann ich bitte woanders schlafen als in diesem Stuhl? Sitzen ist momentan nicht sehr angenehm. Tut mir leid wegen deines Ärgers mit dem Heiler. Aber du machst es besser.«
Francois Grimard
»Bleib einfach sitzen«, schmunzelte Fran und klappte den Stuhl um, so dass er zur Liegefläche wurde. »Nun mein Leid war der Preis dafür, dass ich es anderen erspare. So kann man es auch sehen. Schlaf gut Pascal. Du hast Recht den eigenen Namen nach einer Ewigkeit wieder zu hören, dass ist schon etwas Seltsames und Schönes«, erklärte Fran und deckte Patrice mit seinem Mantel zu und machte es sich auf seinem Stuhl selbst gemütlich.