Floh und ihr Ausflug ins Paradies

  • Ginimo bemerkte wie Floh seine Hand ergriff, während er sich durch die Menge einen Weg nach oben bahnte. Er hatte auf der ersten Etage ein Zimmer, wo er schon seit längerer Zeit lebte.


    2 Jahre...oder waren es 3 Jahre? Ginimo überlegte.
    Um sich dabei zu orientieren, versucht er sich zu erinnern, was in den letzten 2 Jahren passiert war. Erinnerungen schossen durch seinen Kopf: Wie er damals in der Bar angekommen war. Er hatte sein Studium aufgegeben, verlassen und verstoßen von der Familie. Eigentlich hatte er in der Taverne nur eine Nacht verbringen wollen und hatte von hier aus in die weite Welt ziehen wollen, um ein neues Leben anzufangen. Die Dinge hatten sich aber anders entwickelt, als er es geplant hatte. Er hatte nie gedacht mit seiner Musik Erfolg zu haben. Und alles fing hier in dieser Bar an. Auf dem alten, verranzten Klavier, was heute in seinem Zimmer stand.


    Unten gegenüber von den Thresen hatte man inzwischen eine kleine Bühne aufgebaut, worauf ein Flügel Platz fand, und sich 3-4 Musiker noch hinzugesellten konnten. Ginimo hatte sich einen Namen aufgebaut. Seine Band Ghuls n Goblins waren inzwischen eine lokale Größe in Vilik geworden. Der Name war berühmt


    "Pass auf!", jaspte der Goblin als Floh beinahe gegen einen Ork gestoßen wäre.
    "Da oben gehts rauf," sagte er.
    Aufgrund des Lärms vermied er es sich mit ihr zu unterhalten. Er hätte sie auch anschreien müssen, um ihr irgendwelche mitzuteilen und das war nun wirklich nicht seine Art. Um die Treppen hochzusteigen, ließ er Flohs Hand los. Die Treppen knarzten etwas, als der Kleine sein Gewicht auf die Stufen verlagerte. Er sah Flohs besorgenden Gesichtsausdruck und meinte mit einem charmanten Lächeln zu ihr:
    "Ich laufe hier seit 3 Jahren hoch und runter. Es ist noch nie was passiert!"


    Die Treppe wurde ausschließlich nur von Ginimo benutzt und war ein alter Botendurchgang, als die Taverne noch einem Gutsherren gehört hatte.
    Doch die Treppen waren schnell bestiegen. Ginimo war flink und beweglich. Auf der letzten Stufe nach oben, machte er einen Hopser, was in Angesicht seiner Größe ziemlich ulkig aussah und beinahe nach hinten losging. Puh nochmal Glück gehabt, dachte er sich.


    Er wartete hier bis Floh auch nach oben gelangte. Hier oben war es etwas ruhiger und so begann der sonst so lässig wirkende Ginimo an aufgeregt zu schwätzen:
    Alte Holzbalken, man kann dahinter sogar die alte Fassade da hinter erkennen“. Er ging etwas zur Seite und fasste an die Stelle.
    „Hier siehst du es? Da ist ein kleines Loch, wo man das alte Gemäuer sieht.“
    Er beobachete wie sie neugierig nach dem Gemäuer tastete und lächelte zufrieden.
    „So richtig weiß niemand, wie alt das Gebäude ist. Meister Purvix behauptet es sei mindestens 70 Jahre alt. Schon sein Vater und dessen Vater war Gast in dieser Taverne gewesen. Ich hörte von Jorvin Oswald, ein Zimmermann den ich mal traf. Er hatte sich auf meiner Nachfrage genau diese Stelle hier angeguckt. Er meinte, dass er diese Bauweise noch nirgendwo gesehen hatte bisher. Barkeeper Zott vermag dazu keine Auskunft zu geben, oder er will es nicht. Auf jeden Fall verhüllt er sich in geheimnisvolles Schweigen“, erzählte er.


    „Ein seltsames Mysterium, oder Floh?“, fragte er sie und ermunterte sie zum Reden. Sie war gerade besonders schweigsam und das gefiel dem Musiker nicht.
    „Alles okay, Floh? Willst du lieber runter? Das Lied musst du nicht hören, wenn du nicht magst,“ sagte er freundlich. Er blieb weiter an der Stelle stehen und wartete erwartungsvoll auf eine Antwort.

    "Es schwinden jedes Kummers Falten,
    solang des Liedes Zauber walten."

  • Floh meinte direkt wieder ihren gepeinigten Hintern zu spüren vom letzten Treppensturz, doch sie kam Ginimo hinterher, allerdings ohne seinen gefährlichen Hopser zu imitieren, der ihr ein amüsiertes Kichern entlockte.
    Auf seine Worte hin betrachtete sie neugierig die Wand und fuhr mit der Hand über die raue Struktur. Tatsächlich konnte sie das Loch erkennen und stecke promt ihren Finger rein, um das Gemäuer zu ertasten. Dies entlockte Ginimo ein Lächeln. Floh war überrascht, dass er sich für das Haus und seine Geschichte interessierte.
    Doch was hatte sie erwartet? Dass er sich nur für Musik begeistern konnte? Naja, eigentlich schon. Im Grunde hatte sie nie darüber nachgedacht, was hinter dem Künstler noch alles stecken mochte. Sie hatte bloss sein Bühnen-Ich angehimmelt.


    „Dieser Zott ist schon etwas unheimlich. Er muss von weither stammen. Und wie alt er wohl ist? Ich finde es ekelig, sich in Stoffstreifen einzuhüllen… Ob er sich zwischendurch auch mal wäscht?“, sie kicherte bei dem Gedanken an die Mumie im Schaumbad.
    „Alles okay, Floh? Willst du lieber runter? Das Lied musst du nicht hören, wenn du nicht magst“, meinte da ihr Begleiter plötzlich und blickte sie erwartungsvoll an. Offensichtlich war sie mit ihren Gedanken wieder abgeschweift und hatte dabei an ihrem Daumen rumgeknabbert. Schnell nahm sie die Hand runter und steckte sie peinlich berührt in die Taschen ihres Kleidchens.
    „Entschuldige, ich wieder. Klar möch…“, weiter kam sie nicht, denn die Tür zum Treppenhaus wurde aufgerissen und mit lautem Gepolter kam ein junger Almane kam hochgerannt.
    Beinahe hätte er die beiden Goblins übersehen, blieb dann jedoch abrupt stehen, als er Ginimo erkannte. Der Bursche trug eine verschmutzte Schürze und gehörte offensichtlich in die Küche.
    Er war ganz aufgeregt und plapperte auch gleich los: „In einer Stunde müssen alle aus dem Schluckspecht draussen sein, die nicht an einem weit entfernten Ort landen wollen. Die Rakshaner sind im Anmarsch und plündern bereits nahe gelegene Dörfer, die Bewohner von Trux packen bereits ihr Hab und Gut zusammen und fliehen vor der Bedrohung. Zott hat irgendwas von einem Regler gesagt und dass er den Schluckspecht nicht der Verwüstung preisgeben will. Ich soll alle Gäste davon unterrichten!“, mit diesen Worten stürmte er weiter, um an Türen zu klopfen und die Leute zu informieren.


    Floh starrte Ginimo bestürzt an.
    „Meine Familie!“, waren die ersten Worte, die sie hervorstotterte.
    „Ich muss ihnen helfen. Bestimmt packen sie auch die Sachen zusammen. Meine Mutter hat bereits davon gesprochen, doch Vater hat sie immer beruhigt und gemeint, der Krieg gehe an uns vorüber. Wenn die Hendrix-Familie von nebenan flieht, wird Mutter aber bestimmt nicht mehr bleiben wollen. Sie ist sehr besorgt immer!“
    Unruhig trat sie von einem Fuss auf den anderen und ihre Schlappohren wippten unglücklich mit. Die Musik war völlig vergessen, denn jetzt galt es, ihre Eltern zu unterstützen. Oder waren sie vielleicht bereits auf der Suche nach Floh und machten sich Sorgen?
    „Hast du auch eine Familie in der Stadt? Wir könnten zusammen nach Trux gehen, unseren Familien helfen und vielleicht können wir dann alle gemeinsam losreisen. Es ist bestimmt auch sicherer, als alleine kopflos zu fliehen“, meinte sie schliesslich zu Ginimo und blickte ihn ängstlich an. Nur ungern wollte sie den Goblin wieder aus den Augen verlieren, doch die Furcht vor den Rakshanern schlich sich bereits wie ein Gift in ihre Gedanken und drängte sie zum Aufbruch.