Unter Bäumen - Nichts bleibt verborgen

  • Ein spitzer Schrei riss die Aufmerksamkeit der beiden kämpfenden an sich. Alaryah hatte sich jedoch schneller wieder gefasst und schleuderte den Stein in Richtung Kopf ihres Angreifers. Ein schmatzendes Geräusch ertönte, als der Stein sein Ziel fand und der Kerl taumelte ein paar Schritte zurück. Alaryah kam wieder auf die Füße. Keine Zeit um lange nachzudenken. Die Albin machte einen Ausfallschritt nach vorne und tatsächlich bohrte sich die Klinge ihres Langdolches in den Bauch des Mannes, der sich immer noch die blutende Wunde am Kopf hielt. Er stöhnte vor Schmerz auf und kippte nach vorn hinüber. Alaryah stellte sich aufrecht hin, gerade noch rechtzeitig, sonst wäre der Mann einfach auf sie gefallen. Verächtlich schaute sie auf den Angreifer hinab und ihr wurde schlagartig unwohl, als sie weitere Tattowierungen an ihm erkennen konnte. Gerade, als Alaryah in die Richtung des Schreis losspurten wollte, griff der Angreifer erneut nach der Albin. "Du willst einfach nicht aufgeben, was?", fragte Alaryah und wich den groben Griffen des Kerls geschickt aus. Ihre Augen wurden größer, als er sich ebenfalls wieder aufrappelte. "Bleib doch einfach liegen!", rief Alaryah und warf den Dolch in seine Richtung. Die Klinge blieb in der Stirn des Mannes stecken und erneut schlug er dumpf auf dem Waldboden auf, zuckte mehrmals und blieb dann regungslos liegen. "Endlich.", hauchte Alaryah.
    Es dauerte nicht lange, da hatte die Albin ihre Ausrüstung wieder komplett beisammen und war auf der Suche nach Jaro. Bei ihrem ursprünglichen Lagerplatz war niemand mehr aufzufinden, doch Alaryah konnte hier und da deutliche Spuren erkennen. Da war wieder ein Schrei. Ohne weiter nachzudenken raste Alaryah in diese Richtung.


    Das Gebüsch raschelte nicht wirklich leise, als Alaryah hervortrat. "Jaro!", schoss es aus ihr heraus und sie ging festen Schrittes auf ihn zu. Nach einer festen Umarmung und sichtlicher Erleichterung fiel Alaryahs Blick auf die am Boden liegende Gestalt, sowie auf die sich windende und Lärm machende Kirona. "Was ist passiert? Bist du in Ordnung?", fragte Alaryah schließlich über den Lärm hinweg. Dann zog sie erneut einen ihrer Dolche und deutete damit auf die am Boden liegende Frau. "Ist sie tot, oder...?". Vorsichtig näherte sich Alaryah. "Ich wurde angegriffen, der Kerl hat mir die Luft weggedrückt, ich habe das Bewusstsein verloren.". Die Albin schwieg einen Moment, nachdem sie für Jaro in knappen Worten ihre letzten Erlebnisse zusammengefasst hatte. "Jaro, hat sie auch diese Tätowierungen? Der Kerl vorhin hatte nämlich auch welche...und glaub mir, der war stärker als eine normale Person sein sollte. Erst eine Klinge IM Kopf hat ihn letztendlich aus dem Weg geräumt...". Kirona schlug nun wild um sich. "Und was sollen wir jetzt tun?!". Alaryah wusste nun nicht so recht weiter, entschied sich dann jedoch zu Kirona zu eilen. "Wir müssen sie irgendwie beruhigen.". Alaryah begann Kirona irgendwie zu fixieren, was ihr mehr oder weniger gelang. "Alles ist gut, wir sind es, komm zu dir.", redete die Albin auf Kirona ein und versuchte dabei so ruhig wie möglich zu klingen. In den letzten Momenten ging scheinbar alles drunter und drüber und Alaryah fühlte sich etwas verloren in dieser Situation. <Das wird schon wieder...>, dachte die Albin und war froh, dass es Jaro den Umständen entsprechend gut zu gehen schien.

  • „Kirona, beruhige dich doch”, drängte Jaro mit Verzweiflung in der Stimme. „Sch, sch; der ganze Wald wird uns hören!“
    Vorsichtig versuchte er sie anzufassen und kassierte eine saftige Ohrfeige, als Kirona plötzlich herumfuhr. „Au!“, fluchte er und ging sicherheitshalber einen Schritt zurück. Sie schrie noch immer und drehte sich hektisch von Seite zu Seite, ehe sie auf die Knie ging und sich krümmte und wand. Was sollte er nur tun? Er musste sie irgendwie ruhigstellen. Langsam näherte er sich ihr, die Hände weit nach vorne getreckt, um nicht wieder im Gesicht getroffen zu werden, da trat plötzlich Alaryah aus dem Gebüsch.
    Zuerst machte sich Erstaunen, dann warme Erleichterung in Jaro breit und als Alaryah ihn in eine Umarmung zog, erwiderte er sie voller Hingabe.
    In der Hektik der letzten Augenblicke hatte er nicht mehr wirklich darüber nachgedacht, doch die Furcht, der Waldalbin hätte etwas zugestoßen sein können, hatte sich tief in seinem Innern eingenistet. Nun war sie hier, zwar ein wenig mitgenommen, doch nach außen hin ohne größere Verletzungen.
    „Ich habe einen schlimmen Fehler gemacht“, gestand Jaro und folgte Alaryahs Blick zur Albin am Boden. „Sie hat mich in den Wald gelockt und ich habe Kirona allein zurückgelassen und als ich wieder kam, war sie verschwunden; also bin ich nach und“-, Alaryah bedeutete Jaro mit einer freundlichen Geste, dass es schon in Ordnung sei. Sie hatte die Schuldgefühle in seiner Stimme bemerkt. „Ich habe gar nicht kontrolliert, ob sie noch lebt!“, stellte er überrascht fest, als Alaryah ihn fragte. Schnell prüfte die Waldalbin den Puls. Die Frau lebte noch. Alaryah hob das kurze Schwert auf, reichte es Jaro und suchte mit gekonnten Handgriffen nach weiteren Waffen. Nachdem sie ihr alles abgenommen hatte, band die Waldalbin der Feindin die Hände und knebelte sie. Was genau sie mit ihr anstellen sollten, wussten sie nicht, doch keiner wollte die Bewusstlose einfach abstechen, zumal sie sich durchaus als wertvolle Informationsquelle entpuppen könnte.
    Kirona hatte endlich aufgehört zu schreien und gab nun summende und knurrende Laute von sich. Gebannt hörte Jaro an, was Alaryah in der Zwischenzeit erlebt hatte. Oril sei Dank hatte sie diesen Kerl letztlich überwinden können. Er musste ein richtiges Monster gewesen sein und hatte – was noch beunruhigender war - ähnliche Tattoos gehabt wie Kirona. Vorsichtig schoben sie einen Ärmel der Bewusstlosen nach oben, denn Jaro hatte zuvor nur ihr Gesicht gesehen. Erleichtert blickten sie sich an; ihre Haut war makellos.


    Durch Alaryahs Bemühungen hatte Kirona aufgehört, wie wild um sich zu schlagen. Trotzdem waren weiterhin starke Spannungen und gelegentliche Zuckungen in ihrem Körper zu spüren und keiner traute sich, die Frau wieder loszulassen. Sie hatten Kirona hingelegt, Jaro hielt die Beine und Alaryah Kopf und Arme und sprach immer wieder beruhigend auf sie ein.
    Zuerst bemerkte Jaro es nicht, hielt es für die normale Wärme, die durch den Kontakt seiner Hände entstand. Irgendwann fühlte sich Kirona aber dermaßen heiß an, dass er genauer tastete und feststellte, dass die Wärme nicht gleichmäßig über das Bein verteilt war. Vorsichtig zog er die Hose ein wenig hoch und erschrak. Teile der Tattoos leuchteten dunkelrot auf, glühten regelrecht. Alaryah begann den Oberkörper abzusuchen und überall fanden sich Bereiche wie dieser. Sie nahmen feuchtes Moos vom Boden und kühlten die Stellen, die sie finden konnten. Beide wussten, dass das nicht des Rätsels Lösung war, sie nicht die ganze Nacht so würden dasitzen können, doch es gab ihnen immerhin für den Moment etwas Sinnvolles zu tun.
    „Das allein wird nicht reichen.“
    Eine trockene Stimme, brüchiger Erde gleich, ließ Alaryah und Jaro zusammenfahren. Direkt vor ihrer Nase erschien eine alte Frau aus dem Nichts. Sie war in einen moosgrünen Umhang gehüllt, unter dem sie noch etliche Lagen Kleidung zu tragen schien, denn der Arm, den sie ausstreckte, war dünn wie ein Zweig. Ihre Haut war braun und ähnelte der Borke eines Ahornbaumes, ihr Gesicht war zerfurcht von Falten und die Augen weise und warm. Sie trug einen Stab mit einer kleinen Laterne, in deren Innern mehrere Leuchtkäfer durcheinander flogen und einen grünlich gelben Lichtkegel bildeten. Im Haar waren mehrere Efeuranken befestigt.
    „Diese Frau ist innerlich zerrissen. Sie braucht Ruhe“, fuhr die Alte fort, während Jaro und Alaryah sie weiter sprachlos anstarrten. Langsam holte sie den Korb von ihrem Rücken herunter, kramte darin und offenbarte ein kleines Holzfläschchen, das sie entkorkte, während sie auf Alaryah zuging.
    „Ihr seid die Schamanin“, stelle die Waldalbin fest. Die Frau nickte nur und bat Alaryah Kirona gut festzuhalten. Dann flößte sie ihr etwas von der Flüssigkeit ein und Jaro merkte, wie sich die Gliedmaßen fast augenblicklich entspannten. „Staubwedel“, grinste die Schamanin, „einer meiner liebsten Freunde.“
    Sie ging an Jaro vorbei in Richtung der gefesselten Lichtalbin. Obwohl er wusste, wie unhöflich das war, konnte Jaro nicht den Blick von der Schamanin wenden. <Sie sieht aus wie ein Baum!>, dachte er und als er erkannte, dass der Efeu nicht etwa in das Haar eingearbeitet sondern ein Teil davon war, erstaunte ihn das nicht einmal. Wie alt sie wohl sein mochte?
    „Die könnt ihr so nicht lassen. Die wird nur Ärger machen, ganz bestimmt.“
    Sie stieß mit einem Fuß gegen die leblose Magierin und kniete mit knackenden Knien vor ihr nieder. Wie von Zauberhand zog sie einige Dinge aus den Tiefen ihrer Kleidung, schlug zwei davon aufeinander und brachte eine kleine Fackel zum Brennen. „Ich hoffe meine lieben Fungi-Lii werden es mir verzeihen“, murmelte sie vor sich hin und entzündete ein kleines Pflanzenbüschel. Mit einer Hand hielt sie sich den Umhang vors Gesicht, mit der anderen die rauchende Pflanze unter die Nase der Gefangenen und verharrte so lange in dieser Position, bis das Bündel vollständig verbrannt war. „Das sollte reichen“, nickte sie zufrieden und erhob sich. „Keine Sorge, sie wird noch selbstständig laufen können. Am besten, wir geben ihr später noch ein bisschen Messingkraut zu essen…
    Und nun zu euch, Kind des Waldes, Kind des Lichts, die ihr auf der Suche nach mir seid. Der Wald fürchtet sich und Furcht ziert euren Weg. Ich habe das Geschrei bis zu meinem Hain gehört.“
    , sie gestikulierte mit ihrer knorrigen Hand in Kironas Richtung. „Es ist nicht mehr weit.“ Sie wandte sich nun direkt an Alaryah.
    „Es gibt keinen Weg, den das Auge sieht, deinen Ohren musst du vertrauen, mein Kind. Wir treffen uns dort.“
    Dann verschwand sie so schnell und überraschend wie sie gekommen war.

    ~ Die größte Offenbarung ist die Stille ~


    Laotse

    [imgk]Bitte melde dich an, um diesen Link zu sehen.[/imgk]

  • Selbst für Alaryahs Verhältnisse war die Schamanin schneller wieder verschwunden als gedacht. Alaryah hatte in der Vergangenheit bereits Schamanen der Waldalben gesehen, doch diese war noch einmal anders und ihr eher unbekannt. Die Frau hatte eine Ruhe ausgestrahlt, jedoch auch Respekt und Würde.
    Viel Zeit blieb Alaryah nicht um über das erlebte weiter nachzudenken. Sie mussten weiter. <Es gibt keinen Weg, den das Auge sieht, deinen Ohren musst du vertrauen, mein Kind.>, wiederholte Alaryah die Worte in ihrem Kopf. "Dann auf.", meinte die Albin schließlich mit einer gewissen Anspannung. Sie hoffte, dass sie den Weg finden würden. "Was machen wir mit ihr?", fragte Jaro noch und deutete in Richtung der am Boden liegenden Feindin. "Wir lassen sie hier liegen.", entschied Alaryah und erntete daraufhin einen nervösen Blick von Jaro. "Wir können sie nicht mitnehmen, wir müssen doch schon auf Kirona aufpassen.". Jaro schien mit dieser Lösung nicht wirklich zufrieden. "Die Schamanin wird sich um sie kümmern.", meinte Alaryah dann, wie auch immer das am Ende aussehen mochte...
    Erst tappte die kleine Reisegruppe etwas planlos umher, doch schließlich gelang es der Albin auch innerlich zur Ruhe zu kommen. Sie sprach so gut wie gar nicht, hatte ihre Sinne geschärft und achtete auf jedes noch so kleine Detail in ihrer Umgebung. Dann plötzlich vernahm sie ein Geräusch in der Ferne, welches nicht zu denen des Waldes passte. Es war wie Harfenspiel, dabei jedoch kaum wahrnehmbar. Weiterhin schien es, als würde ein sanfter Wind die Töne in ihre Richtung tragen. Abrupt hielt Alaryah an, drehte den Kopf schräg nach links. "Da lang.", hauchte sie und ging direkt in besagte Richtung, angezogen wie eine Motte vom Licht. Der Weg, den Alaryah vorgab, war alles andere als gerade und angenehm. Sie führte Jaro und Kirona über Stock und Stein, durch das Unterholz und über eine kleine Lichtung, immer weiter unermüdlich voran. Das Harfespiel war für Alaryah nun deutlicher zu vernehmen, schien jedoch ab und an den Ursprungsort zu wechseln. Wie aus dem Nichts fühlte Alaryah urplötzlich eine Berührung am Kopf und fuhr vor Schreck zusammen. Kerzengerade stand sie nun regungslos da, die Augen, in denen schwach ein gelbes Licht leuchtete, weit aufgerissen. <Ihr seid auf dem richtigen Weg.>, sagte eine warme Stimme in ihrem Kopf. <Es ist nicht mehr weit.>. Alaryah konnte nicht antworten, so sehr sie es auch gewollt hatte. <Folgt den Klängen, Freunde des Waldes. Ihr werdet sicher ankommen.> Ein sanfter Wind wehte und das schwache Licht verschwand aus den Augen der Albin. Sekunden später war sie wieder voll und ganz da. "Wir...haben es fast geschafft.", flüsterte sie Jaro zu und konzentrierte sich wieder auf die Umgebung, da dieses Erlebnis Alaryah aus dem Konzept gerissen hatte. Tatsächlich sollte die Stimme Recht behalten. Nachdem Alaryah schließlich die letzten Meter wie in Trance schon fast durch den Wald geschwebt war, hatten sie ihr Ziel erreicht. Die kleine Albin keuchte schwach, als sie aufhörte ihre Kräfte zu wirken und musste sich sogar kurz an einem nahestehenden Baum festhalten. Zwar kam Jaro, offensichtlich besorgt, direkt zu ihr, doch lenkte die Albin seine Aufmerksamkeit nach vorne. "Sieh nur.", sagte sie leise und schon fest ein wenig ehrfürchtig.
    Das dichte Unterholz und die Bäume waren verschwunden, eine saftig grüne Lichtung breitete sich vor ihnen aus. Ein schmaler Weg aus glatten Steinplatten schlängelte sich über die Lichtung, welche von einem hölzernen Gatterzaun umgeben war. Auf jedem zweiten Zaunpfahl waren Laternen befestigt, wie auch die Schamanin sie an ihrem Stab getragen hatte. Direkt gegenüber von ihnen stand ein mächter, alter Baum mit weit ausgebreitetem Wurzelwerk, dazwischen war eine Art...kleine Tür eingearbeitet, scheinbar die Behausung der Schamanin. Am auffälligsten jedoch war der runde Brunnen in der Mitte der Lichtung. Er war aus verschieden großen, scheinbar perfekt zueinander passenden Steinen gebaut. Manche davon setzten bereits Moos an und hier und da lugten Pilze und Pflanzen zwischen den Ritzen hervor. Der Brunnen selbst war umringt von dünnen Birken, von deren Astwerk bunte Bänder, geschnitzte Symbole, Federn und wunderschöne Steine herunterbaumelten. "Komm.", brach Alaryah sanft die schon fast ein wenig unheimliche Stille. Leise klimperten Glöckchen und Windspiele, als die drei vorsichtig ihren Weg in Richtung Brunnen antraten, begleitet von einigen Glühwürmchen. <Was für ein Ort.>. Von dem Brunnen schien eine enorme Kraft auszugehen, ein wohliges Gefühl breitete sich in Alaryah aus. Schließlich kamen sie vor dem Brunnen zum Stehen. Das Wasser stand hoch, gut 20cm unter der Kante, jedoch schien es keinem einzigen Tropfen zu gelingen sich einen Weg durch die umringten Steine zu bahnen. Das Wasser war ruhig und schwach spiegelten sich Sternenhimmel und Mondlicht darin, das eigene Spiegelbild blieb jedoch beim Hineinsehen verborgen. Keiner der Reisenden wagte es den Brunnen oder gar das Wasser zu berühren. Alaryah ließ diesen Ort noch etwas auf sich wirken, wandte sich dann zu Jaro und Kirona um. "Wunderschön, nicht wahr?", fragte sie und lächelte. Die Anspannung der letzten Stunden schienen fast wie fortgeblasen und zufrieden setzte sich Alaryah ein paar Schritte von dem Brunnen entfernt in das weiche Gras. Dort nahm sie sich ein paar Minuten Zeit um die Schrammen und Blessuren des Kampfes loszuwerden.
    Bald darauf erschien die Schamanin. "Wie ich sehe seid ihr den richtigen Weg gegangen.", sagte sie und näherte sich den Gefährten. Alaryah erhob sich rasch und verbeugte sich knapp, dennoch respektvoll. "Habt vielen Dank für Eure Hilfe.", meinte Alaryah und fuhr fort: "Hier, an diesem wunderbaren Ort, wird Kirona bestimmt die Ruhe finden, die sie braucht.". "Nun, Kind, lang kann sie trotzdem nicht hier bleiben. Ebenso wenig wie sie...". Die Schamanin machte eine knappe Handbewegung und kurze Zeit später stolperte die Angreiferin aus dem Unterholz herbei. Sie sah immer noch mitgenommen aus, doch funkelte düster zu den umstehenden Personen als sie diese bemerkte. Alaryahs Blick wurde wieder ernster. "Wir hatten gehofft weitere Informationen aus ihr herauszubekommen. Daher haben...", begann sie zu erklären, verstummte jedoch als die Schamanin die Hand hob. "Dafür wird auch noch Zeit sein. Sorgt euch nicht, sie kann hier keinen Schaden anrichten. Sie ist auch für ihre Gefährten nicht sichtbar, falls es welche gibt, die nach ihr suchen. Zu dicht sind die Schleier und zu verworrend die Wege.". Die Schamanin zeigte mit ihren knorrigen Fingern auf die Frau. "Niemand wird sie finden.". Alaryah war sich sicher, dass die Schamanin Recht behalten würde. Vielleicht kam Jaro nicht ganz mit der Situation zurecht, daher stellte sich Alaryah wieder näher zu ihm. Sie hatte seinen Blick gesehen, als seine Angreiferin die Lichtung betreten hatte, ganz wohl schien ihm immer noch nicht zu sein. "Nundenn, ich werde sie nun sicher verwahren, keine Sorge, ihr wird kein Leid getan. Folgt mir.". Langsam schritt die Schamanin in Richtung Baum, die Angreiferin wehrte sich erst, doch folgte dann wie von unsichtbaren Bändern gezogen. Alaryah nickte Jaro zu und so folgten auch sie der Schamanin in das dicke Wurzelwerk.


    In der Baumbehausung war es erstaunlich still, fast sämtliche Geräusche schienen von dem Holz des Stammes verschluckt zu werden. Auch hier sorgten Laternen für schummeriges Licht, welches die Schatten bedrohlich über die Wände tanzen lies. Auch hier baumelten, wie an den Birken um den Brunnen, allerhand Talismane und Symboliken an Bändern von der Decke. Hier und da hingen leicht ausgefranzte Vorhänge vor Einbuchtungen in den hölzernen Wänden, welche scheinbar als Stauraum oder als Regal dienten. Überall standen unterschiedlich große Fläschchen und Phiolen herum, kleine Gefäße aus Ton, mit oder ohne Korken, sowie mehrere Schatullen mit seltsamen Schriftzeichen darauf. Alaryahs Augen wurden größer und größer. Es duftete nach Räucherwerk, nicht wirklich penetrant, doch trotzdem deutlich merkbar. Hier gab es eindeutig viel zu sehen und wahrscheinlich noch mehr zu entdecken wenn man herumstöbern würde. Am liebsten hätte die Albin sich alles genauer angesehen, doch würde man dafür bestimmt mehrere Tage brauchen, ganz abgesehen davon, dass es natürlich mehr als unhöflich wäre wie wild Fragen zu stellen oder gar alles anzufassen. Die Schamanin verschwand mit der Gefangenen und ließ die drei Gefährten mehrere Momente allein. "Hast du sowas schon mal gesehen?", fragte Alaryah immer noch etwas baff. "Hier muss doch irgendetwas bei sein, was Kirona helfen kann.", fügte sie mit einer Mischung aus Hoffnung und Verzweiflung hinzu.


    ***


    "Legt eure Ausrüstung ruhig dort vorn ab. Ihr braucht hier keinerlei Waffen.", unterbrach die Schamanin schließlich die gerade eingekehrte Stille, nachdem sie allein aus einem scheinbar vorhandenen Untergeschoss zurückgekehrt war. Es war, als hätte sie gewartet, bis die Gefährten ihr Gespräch beendet hatten. Geschickt schwang Alaryah den Köcher von ihrer Schulter und legte ihn, mitsamt dem Bogen und ihren Langdolchen, auf eine Art Kommode. Kirona hatte die Schamanin einen lauwarmen Tee aus den verschiedensten Zutaten eingeflößt, sodass diese nun friedlich auf einem Fell und in Decken eingepackt schlief. Schon bald saßen Jaro, die Schamanin und Alaryah gemeinsam an einem kleinen Tisch, ebenfalls dampfenden Tee trinkend und sie berichteten der Schamanin alles, was bisher passiert war. Diese schien während des Gesprächs gedanklich schon an mehreren Lösungsansätzen zu arbeiten, kam dabei anscheinend auch zu einem Ergebnis. "Seid meine Gäste, bleibt über Nacht hier und erholt euch. Ich arbeite derweil an einem Mittel, was eurer Gefährtin helfen könnte. Allerdings benötige ich dafür etwas Zeit, Ruhe und weitere Zutaten. Sucht mich bei Tagesanbruch bei dem Brunnen auf, sodass wir gemeinsam die Dunkelheit aus dem Herzen eurer Freundin vertreiben können.". Alaryah sah Jaro an, dann nickte sie. "Ich hoffe es...".

  • Jaro wusste nicht wie, doch Alaryah hatte es tatsächlich geschafft, sie zu dem geheimnisvollen Brunnen zu führen. Von dem Moment an, in dem sie die Lichtung betreten hatten, war der junge Alb wie verzaubert gewesen. Es war, als wären sie in eine andere Welt gelangt, eine mystische Welt voll natürlicher Schönheit, doch auch ein wenig unheimlich, mit einem eigenen Willen und eigenen Regeln. Sogar die Luft fühlte sich anders an, sie schien Substanz zu haben und strich über Jaro hinweg. Nach nur wenigen Augenblicken auf der Lichtung spürte er, wie er ruhiger wurde, sich ausgeruht und gesund fühlte. Einzig das mulmige Gefühl, dass die Angreiferin in ihm auslöste, war noch immer allgegenwärtig, obwohl sie gerade gar nicht in der Nähe war. Es war, als hätte sie einen Teil von sich in ihm zurück gelassen, als sie in seinen Geist gedrungen war und hin und wieder konnte Jaro es spüren. Wie ein Fremdkörper drängte es in ihm und fühlte sich unangenehm und falsch an. Während Alaryah sich zu Boden setzte, blickte Jaro weiter auf die spiegelglatte Oberfläche des Brunnenwassers. Wie tief der Schacht sein mochte? Er traute sich noch immer nicht, es zu berühren, rechnete fast damit, dass es ihn packte und die Tiefe zog, wenn er es versuchte.
    Das Ziehen in seinem Inneren wurde stärker und kurz darauf erschien die Schamanin mit der Lichtalbin im Schlepptau. Der Junge weitete die Augen, dann sah er schnell weg, aus Angst, sie könne seine Gedanken lesen oder ihn wieder manipulieren. Sein Wissen über Magie war zu rudimentär, als dass er hätte einschätzen können, wie schwer oder einfach die Frau dies bewerkstelligen konnte. Wenn die Schamanin der Meinung war, sie wären hier sicher, würde das mit Sicherheit stimmen, oder?


    Auch Jaro machte große Augen, als er das irgendwie geordnet wirkende Durcheinander im Innern des Baumes erblickte. Er schüttelte den Kopf.„Nein“, hauchte er. „Was ist all das?“ Beide ließen fasziniert den Blick schweifen.
    „Die Schamanin klang sehr zuversichtlich was Kirona angeht. Ich hoffe auch, dass es ihr bald wieder besser geht.“ Er dachte zurück an die Hitze, die von ihr ausgegangen war. Mit Sicherheit hatte sie große Qualen gelitten. Alaryah deutete auf ein Glas, aus dem violett eingefärbte Dämpfe strömten und auch ansonsten ließen sich die merkwürdigsten Dinge finden. Die Waldalbin zählte ein paar Heilkräuter und Essenzen auf, die ihr bekannt waren, doch sie hatte ebenfalls noch nie solch eine Ansammlung gesehen, nicht einmal bei großen Händlern in den Orten. Jaro erzählte von der alten Brerin in seiner Heimat Calorod und den Kräutern, die sie im Garten selbst züchtete. Natürlich konnte auch sie nicht annähernd mit der Schamanin mithalten. „Was wohl in all diesen Schatullen verborgen ist?“, fragte Jaro. „Wahrscheinlich mehr, als wir uns ausmalen können.“ Alaryah lächelte und da erschien die Schamanin, die es geschafft hatte Kirona zu betten. Der rauchige Duft in dem Baumhaus stieg Jaro schnell in den Kopf und er merkte, wie er schläfrig wurde. Zum Glück übernahm Alaryah den größten Teil der Erläuterungen und er ergänzte nur dann und wann eine Kleinigkeit, vor allem, von der Zeit, in der sie getrennt waren. Ganz deutlich spürte er den bohrenden Blick der Schamanin auf sich, als er von der Täuschung durch die Lichtalbin erzählte. Aus Scham und aus Angst erwähnte er nicht, dass sie komplett in seinen Geist eingedrungen war. Vornehmlich ging es ja auch um Kirona, dachte er.


    Die Nacht war ruhig. Erst dachte Jaro, dass er nicht würde schlafen können und wenn, ihn furchtbare Träume heimsuchen würden, doch entweder war es der Erschöpfung oder der Magie des Ortes geschuldet, dass er erholsam und ungestört ruhen konnte.
    Alaryah weckte ihn am Morgen und die Schamanin wartete bereits mit Kirona am Brunnen. Die tätowierte Frau war noch sehr blass, doch auch sie schien sich beruhigt zu haben. „Ich konnte alles auftreiben“, sagte die Schamanin und deutet auf den Brunnenrand. Ein kleiner Räucherkegel schickte Schwaden in die Luft, daneben befand sich eine Schale mit einer grünlichen Flüssigkeit und eine weitere mit einer knallroten Creme. „Vertraut sie euch?“ Jaro und Alaryah wechselten einen Blick. „Ich denke schon“, sagte die Albin dann. „Ich möchte, dass ihr ihre Hände nehmt und sie immerzu anblickt, während ich sie von den dunklen Kräften reinige. Gerne führt sie an euer Herz und legt Liebe und Geborgenheit in eure Augen und eure Berührung. Sie muss das Gefühl haben, dass sie auch ohne den bösen Geist in ihrem Innern sicher ist, sonst wird sie nicht los lassen.“ Beide nickten und die Schamanin legte Kironas Oberkörper frei. Jaro sah reflexartig weg, erinnerte sich dann aber an die Worte der alten Frau und blickte Kirona stattdessen ins Gesicht. Alaryah griff Krionas rechte Hand, Jaro nahm die linke. Die tätowierte Frau reagierte auf die Berührung und suchte mit ihren entrücktem Blick nach dem Ursprung des Kontakts. Die Schamanin begann zunächst damit, Kironas Körper mit Wasser aus dem Brunnen zu besprenkeln. Dabei murmelte sie Worte, die Jaro nicht verstand. Vorsichtig hob sie den Räucherkegel an und führte ihn in kreisenden Bewegungen um die Frau herum. Sie flößte ihr langsam die Flüssigkeit ein und prüfte, dass Kirona auch alles schluckte und nahm schließlich die Schale mit der roten Creme in die Hand. Kirona hatte noch keine Reaktion gezeigt, stand ruhig da, ihre Hand lag schwer in Jaros. Eine Zeit lang begutachtete die Schamanin Kironas Oberkörper, tastete hier und da und grunzte dann zufrieden. Mit den Fingern nahm sie die Creme auf und begann sie in rhythmischen Bewegungen um eines der Tattoos herum einzureiben. Sie verfiel in einen monotonen Singsang und Jaro merkte, wie Kironas Hand zupackte. Eilig legte er sie auf seine Brust, wo sein Herz kräftig klopfte. <Wir sind für dich da, Kirona. Hab keine Angst. Wir sind deine Freunde>, versuchte er ihr durch seine Gedanken zu schicken. Die Frau hatte zu wimmern begonnen, ihre Unterlippe zuckte auf und ab und ihre Augen flitzten schnell von Seite zu Seite. Plötzlich warf sie den Kopf in den Nacken und schrie. Vor Schreck hätte Jaro beinahe ihre Hand los gelassen. <Nein Kirona! Sieh uns an!>, flehte er still. Instinktiv nahm er die Hand an seine Wange und schmiegte sich daran, in der Hoffnung ihr so näher zu sein. Der Singsang der Schamanin schwoll an und ihre Bewegungen wurden schneller, Kironas Körper zuckte und Alaryah und Jaro hatten Mühe, sie festzuhalten. Gerade als Jaro meinte, er könne sie nicht länger halten, stoppte sie abrupt, ein Knall ertönte und die Schamanin wurde ein gutes Stück nach hinten geschleudert. Ein jeder atmete schwer. Jaro blickte zu der Stelle, an der die Creme eingearbeitet worden war. Das Tattoo war weg. Er suchte Kironas Blick und in ihren Augen war wieder Leben. „Hat es geklappt?“, fragte Alaryah und eilte zu der alten Frau, um ihr aufzuhelfen. „Ich konnte es bannen, doch es ist nicht gänzlich verschwunden“, stöhnte sie erschöpft. „Es ist stärker, als ich dachte und ich wurde gestört. Die andere hat meine Ablenkung genutzt. Sie hat sich gegen die Medikation gewehrt und versucht in meinen Geist einzudringen… Dann ist sie geflohen und mir ist das letzte Stück durch die Finger geglitten.“
    „Was?“, fragte Jaro. „Die Magierin ist weg?“
    „Ja“, sagte die Schamanin fest. „Meine Freunde haben es mir sofort berichtet.“
    Der Alb sah zu Alaryah und die Schamanin schien die allgemeine Verunsicherung zu bemerken. „Macht euch wegen der keine Sorgen. Ich werde mich um sie kümmern. Doch auch ihr müsst gehen. Je länger ihr hier weilt, desto schwächer wird die Tarnung dieses Ortes.“ Sie blickte ernst in die Runde. „Du mein Kind“, wandte sie sich an Alaryah. „Du hast gute Instinkte und ein gutes Herz. Du wirst wissen, was zu tun ist.“
    „Aber diese Frau, die Magierin, was, wenn sie euch etwas tut?“, sagte Jaro kleinlaut und die Schamanin blickte ihn warm an.
    „Sorgt euch nicht, ich bin keinesfalls alleine. All die Bäume, Pflanzen, Tiere sind meine Freunde und Verbündeten. Und nun, holt eure Sachen. Diese Frau“, sie deutete auf Kirona, „sollte stabil genug sein, dass ihr mit ihr reisen könnt.“
    Die Verabschiedung kam schneller, als Jaro geglaubt hatte. Sie bedankten sich bei der alten Frau und Jaro betete zu Oril, ihr möge nichts geschehen. Irgendwie fühlte er sich schuldig für die Gefahr durch die Lichtalbin. Ob er mit Alaryah darüber sprechen konnte?
    Eilig wurden neue Vorräte verstaut und ehe sie sich versahen, war die kleine Reisegruppe wieder im dichten Wald unterwegs. Sie wollten möglichst viel Abstand zum Hain der Schamanin gewinnen, um die Frau und ihre Reichtümer nicht weiter in Gefahr zu bringen und so gingen sie so lange sie ihre Füße trugen.


    Alaryah Schattenwind
    Es war bereits spät geworden als die kleine Reisegruppe das Nachtlager aufgeschlagen hatte. Ein Feuer war schnell entzündet, das Abendmahl verspeist. Ruhe kehrte ein. Alaryah hatte noch einen kurzen Wachgang unternommen, zum Glück blieb dieser ereignislos. Als die Albin wieder beim Lagerfeuer ankam hatte Kirona bereits schwer mit der Müdigkeit zu kämpfen. Lange würde es bestimmt nicht mehr dauern, bis sie einschlief. Alaryah nickte Jaro einmal zu, machte es sich dann auch an dem wärmenden Feuer bequem. "Was für ein Tag. Wobei, vielleicht sollte ich besser sagen: Was für eine Reise. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass sich die Ereignisse derart und in so kurzer Zeit schon fast überschlagen...". Sie legte noch einen Scheit nach. "Ich glaube, wir können auch diese Nacht wieder ruhig schlafen.". Kurz schaute sie zu Kirona, dann wieder zu Jaro.


    Jaro Ballivòr
    Seit dem Überfall war Jaro immer ein wenig mulmig zumute, wenn Alaryah ihre Steifzüge unternahm. <Mach dich nicht verrückt>, schalt er sich. <Sie ist eine Waldläuferin, das hier ist ihr Revier.> Trotzdem verspürte er Erleichterung, als sie zurück war. Er nickte. "Mir kommt es vor, als wären wir schon seit einer Ewigkeit unterwegs. Ob es nun etwas ruhiger wird?"
    "Ich bin froh, dass wir die Schamanin getroffen haben." Auch Jaro blickte kurz zu Kirona, die zwar noch immer erschöpft und durcheinander war, doch immerhin nicht mehr in ihrer Trance festhing. Immer wieder fielen ihr die Augen zu und Jaro wunderte sich, dass sie überhaupt noch mit dem Schlaf kämpfte. <Vielleicht hat sie Angst davor einzuschlafen und wieder die Kontrolle zu verlieren>, dachte er. "Wo werden wir morgen hingehen?"


    Alaryah Schattenwind
    Alaryah dachte einen Moment lang über die Frage nach, derweil knisterte das Feuer leise vor sich hin. "Nun.", begann sie und ging in Gedanken die umliegenden Wege und Ortschaften durch. "Wir sollten in Richtung Nordwesten weiterziehen. Wir folgen dann einem alten Wanderweg. Dieser führt uns direkt nach Blütengarten. Von dort aus ist es nicht mehr weit bis zu einer größeren Albenstadt.". Alaryah bemerkte, dass Kirona nun eingeschlafen war. Sie beugte sich trotzdem näher zu Jaro und sagte mit gedämpfter Stimme: "Wer weiß, was sich noch für Gestalten im Waldreich herumtreiben. Wir müssen an höherer Stelle Meldung machen.". <Hoffentlich kommen wir rechtzeitig und es sind genügend Boten vor Ort.>. Dann schaute Alaryah einen Moment lang in die Flammen. "Ich hoffe der Schamanin passiert nichts. Sie ist in ihrem Hain mit dem Brunnen zwar gut geschützt...doch wer weiss?"


    Jaro Ballivòr
    Jaros Augen weiteten sich. Eine richtige Stadt... schon der Stützpunkt hatte ihn tief beeindruckt, wie musste dann erst eine große Stadt sein? "Ich habe vor allem das Gefühl, sie werden von mal zu mal gefährlicher", gab Jaro zurück. "Die Kerle am Anfang waren ja fast nichts gegen die anderen beiden."
    Alaryahs Worte fachten erneut das mulmige Gefühl an, dass ihn seit der Flucht der Lichtalbin in Beschlag hatte. "Ich hoffe das auch", sagte er kleinlaut und leise. "Immerhin hat sie den Wald auf ihrer Seite." Sorgt euch nicht, ich bin keinesfalls alleine. All die Bäume, Pflanzen, Tiere sind meine Freunde und Verbündeten. Das hatte sie ihnen vor dem Aufbruch gesagt. Und trotzdem plagten Jaro Zweifel. "Ob es ein Fehler war, die Magierin mitzunehmen, sie nicht gleich an Ort und Stelle..." Er stockte. Schon das Wort auszusprechen, fiel ihm schwer. "umzubringen." brachte er schließlich hervor.


    Alaryah Schattenwind
    Einige Sekunden hielt die Stille. Alaryah schaute Jaro in dieser Zeit einfach nur an. Er fühlte sich nicht wohl bei der ganzen Sache. "Jaro.", sagte sie schließlich mit neutralem Tonfall und bekam seine Aufmerksamkeit. "Ich...". Sie legte den Kopf schief und in ihrem Blick war eine Spur Mitleid zu erkennen. "Sagen wir es mal so. Wir hätten sie auf jeden Fall nicht einfach dort liegen lassen dürfen, dessen bin ich mir sicher. Wer weiss, vielleicht hätten ihre Schergen sie aufgegriffen und dann hätten sie gemeinsam Jagd auf uns gemacht.". Bei dem Gedanken an ihren Gegner wurde nun auch Alaryah unwohl und ohne es zu merken wanderte ihre Hand an ihren Hals. "Diese Leute halten sich nicht zurück. Sie würden wohl eher immer wieder versuchen uns auszuschalten.". Dies mochte keine Aufbauende Antwort sein, jedoch hielt Alaryah die Jäger weiterhin für äußerst gefährlich und unberechenbar. "Wenn es drauf ankommt können wir uns wahrscheinlich keine Schwäche leisten.". Wieder vergingen quälende Sekunden, die nur von dem Schrei einer Eule begleitet wurden. "Jaro, wir haben keinen Fehler gemacht. Ich kann nicht genau sagen warum, aber ich finde es wäre...falsch gewesen sie abzustechen wie Vieh. Wir sind nicht so wie sie."


    Jaro Ballivòr
    Alaryahs Geste entging Jaro nicht. Obwohl sie ihm davon berichtet hatte, wusste Jaro nicht, was sie wirklich durchgemacht hatte, als sie getrennt gewesen waren. Er merkte auch, dass das ganze Thema auch ihr nahe ging. <Gerade ihr>, dachte er. Immerhin war es ihre Heimat. Die Bilder wie sie ihn aus den Fängen der vier Kerle gerettet hatte, schossen ihm durch den Geist, als Alaryah von den Schergen sprach. Nein, wenn es darauf ankam, würde sie nicht einen Moment zögern, doch er fühlte sich der Waldalbin umso mehr verbunden, dass sie die Frau ebenso nicht einfach hatte abstechen können. Und wer konnte schon wissen, ob es damit überhaupt geendet hätte? "Vielleicht hätten sie dann sogar den toten Körper gefunden und unsere Fährte aufnehmen können", sagte Jaro. "Schade, dass wir nie heraus gefunden haben, wohin Kirona gebracht werden sollte... Es kann nur ihretwegen sein, dass sie uns so beharrlich verfolgen." Er hielt kurz inne. "Meinst du die Albin ist uns auf den Fersen? Ich werde sie auf keinen Fall noch einmal in meinen Geist eindringen lassen. Sie ist eine böse Frau, ich habe es deutlich gespürt. Falls sie uns angreift, werde ich mich ihr entgegen stellen."


    Alaryah Schattenwind
    "Du wirst Recht haben.", meinte Alaryah und nickte sacht. "Ich vermute aber trotzdem, dass es besser ist Kirona bei uns zu haben. Wer weiss was passiert wäre, wenn sie ihr Ziel...welches es auch sein mochte...erreicht hätten? Aber es stimmt, ich würde auch nur zu gern wissen, was sie hier anstellen wollten.". Jaro sprach davon, sich der Angreiferin erneut entgegenzustellen falls es drauf ankäme. "Es...nunja, es könnte sein, dass wir noch die ein oder andere unschöne Begegnung erleben werden.". Alaryah stocherte mit einem Zweig in der Glut herum, dann schaute sie Jaro direkt und entschlossen in die Augen. "Ich werde bis zum Ende kämpfen.". Es war nicht genau zu erkennen, ob Alaryahs Augen kurz funkelten, oder ob sich nur der Schein des Feuers darin spiegelte. "Ich morde zwar nicht, doch werde weiterhin alles für unseren Schutz tun was nötig ist.". Das Gesicht der Albin, mittlerweile wieder mit einem frisch geschminkten Symbol unter ihrem rechten Auge, ließ keine Zweifel an ihrer Aussage zu. "Darf ich dich was fragen?". Alaryah versuchte sich die Worte in ihrem Kopf so gut wie möglich zurecht zu legen, doch entschied sich dann für die direkte Variante. "Glaubst du, du könntest die Angreiferin töten? Nicht von deinen Fähigkeiten her, sondern viel mehr...du weisst schon."


    Jaro Ballivòr
    "Ich werde dir beistehen." Jaro nickte mit Blick in die Flammen. "Wir sind hier gemeinsam hineingeraten, da werden wir auch gemeinsam einen Weg hinaus finden."
    Etwas schien die Albin zu beschäftigen. "Natürlich, frag nur", sagte er.
    Jaro dachte nach. Konnte er es? "Ich weiß es nicht...", antwortete er schließlich. "An dem Tag, an dem du mich befreit hast, habe ich das erste Mal ein Leben genommen und es ging so überraschend leicht, dass es mich erschreckt hat." Er zögerte noch einmal kurz. Das Gefühl, wie das Stilett durch die Kehle des Mannes geglitten war, war noch allgegenwärtig. "Aber manchmal... manchmal da spüre ich solche Wut in mir. In so einem Moment bin ich mir sicher, dass ich es könnte... doch ich fürchte mich davor, habe Angst, was es aus mir machen könnte." Jaro dachte an den Tag, an dem sein Vater ihm von seiner Besonderheit erzählt hatte und dass er selbst entscheiden konnte, wer er sein wollte. "Ich möchte kein kaltblütiger Killer sein", sagte er. "Ich glaube, es müsste einen triftigen Grund geben, dass ich es über mich bringe."
    Er sah Alaryah an. "Wie ist es bei dir? Geht es dir nahe, wenn du ein Leben genommen hast?"


    Alaryah Schattenwind
    Die kleine Albin lächelte bei Jaros Worten über seinen Beistand. Dieser kurze Anflug von Optimismus hellte die Stimmung für wenige Momente auf. Alaryah begegnete schließlich Jaros Blick, dann wich sie aus, starrte in die Ferne. Die Albin strich ihr langes Haar zurück und atmete kurz durch. "Es ist...nun es ist nicht so, dass ich es in irgendeiner Art und Weise gern tue. Es schien mir in den Situationen, in denen ich mich bisher befand, einfach nötig, als wäre es der letzte Ausweg.". Kurz glitt ihr Blick auf ihre Waffen, die die Albin neben sich abgelegt hatte. "Ich verteidige meine Heimat. Ich verteidige mich. Wir...also meine Familie hat diesen Weg gewählt. Wir sind Waldläufer, sichern die Grenzen und tun eben alles was getan werden muss dafür. Diese Bande, die auch ich bei unserer ersten Begegnung bekämpft habe...von denen war niemand auf eine friedliche Lösung aus.". Versuchte sie sich gerade in gewisser Weise zu rechtfertigen? "Wenn es zum Kampf kommt fühle ich mich, als wäre ich nicht ganz ich selbst.", fuhr sie leiser fort. "Manchmal reagiere ich einfach instinktiv, was auch schon ein Leben kosten kann.". Nun flog ihr Blick wieder zu Jaro. "Es ist trotzdem im Nachhinein nicht einfach. Ich muss gestehen...", sie rückte etwas verunsichert auf ihrem Platz umher, nahm dann eine andere Sitzposition ein. "Manchmal denke ich an die Toten. Ich frage mich dann, was alles hätte passieren können, was geworden wäre, wenn sie mir das Leben genommen hätten. Was gewesen wäre, wenn ich ihnen nicht begegnet wäre.". Kopfschüttelnd versuchte die Albin diese Gedanken wieder zu vertreiben. "Verzeih, Jaro...das klingt jetzt alles wahrscheinlich furchtbar. Ich komme mit dieser ganzen Sache jedoch zurecht...was auch mir seltsam vorkommt.". Dann dachte Alaryah an Jaros Worte. "Du bist kein kaltblütiger Killer und du wirst es nicht werden. Mach dir nicht solche Gedanken.". Sanft griff die kleine Albin nach Jaros Schulter. "Wie gesagt...wir sind nicht wie die."


    Jaro Ballivòr
    Kurz beschlich Jaro die Furcht, seine Frage ginge zu weit, wäre zu persönlich, doch Alaryah antwortete ihm weiter freundlich, schien fast ein wenig erleichtert, einmal darüber sprechen zu können. Er versuchte sich vorzustellen, wie es war, eine Funktion wie Alaryahs innezuhaben, ein Leben zum Schutz des eigenen Landes. Bislang hatte er so etwas immer mit glänzendem Heldentum in Verbindung gebracht. Nie war ihm in den Sinn gekommen, dass es auch belastend sein konnte. "Wahrscheinlich ist es gut, wenn du darüber nachdenkst", warf er ein. "So verhinderst du, dass du verhärtest. Und immerhin beschützt du auf diese Weise das Leben von Unschuldigen."
    Es tat gut, Alaryahs aufbauende Worte zu hören und ihre Hand an der Schulter zu spüren. "Und ich möchte auch nie so werden", ergänzte er. "Was treibt solche Leute nur dazu, so kaltblütig gegen alles vorzugehen, das sich ihnen in den Weg stellt?"

    Alaryah Schattenwind
    Sie stimmte Jaro zu. "In diesen Zeiten, wo dunkle Gestalten ihr Unwesen treiben, die vor nichts halt machen, müssen eben genau diese Schritte getan werden. Die, die sich nicht selbst schützen können sind dann auf den Schutz anderer angewiesen.". Alaryah machte eine Pause. "Ich würde mein Leben für diejenigen geben, die ich schütze. Jederzeit.". Diese doch recht düstere Aussage der Albin war wohl mehr als unumstritten. Natürlich war sie bereit alles zu tun. "Eine gute Frage, Jaro.", meinte Alaryah schließlich und nahm die Hand wieder zurück. "Ich habe mich das auch schon des öfteren gefragt. Ich habe darauf zwar keine wirkliche Antwort, aber immerhin mögliche Gründe. Ich glaube, dass sie oftmals einfache Werkzeuge sind. Werkzeuge von Personen, die mächtig sind. Sie stehen für die Überzeugung ein, die ihnen eingeflösst worden ist...oder sie haben einfach keine andere Wahl, weil sie sich nicht gegen eben diese Person selbst zur Wehr setzen können.". Alaryah dachte dabei an Herrscher, die ihr Volk unterdrücken oder mit Worten zu den unmöglichsten Taten leiten. "Sowohl Angst, als auch die Gier nach etwas könnte sie antreiben. Vielleicht hat auch jemand unseren Angreifern eine Belohnung versprochen? Wer weiss, aus was für einem Leben sie kamen?". Die Albin schaute zu der friedlich schlafenden Kirona. "Manche sind in solchen Momenten vielleicht auch einfach nur so etwas wie ein Opfer, jemand, der benutzt wird. Oder jemand, der einfach über die Klinge springen muss". Der Albin gefiel dieser Gedankengang nicht. Sie hatte zwar schon von Kriegen gehört und wie Soldaten voller Entschlossenheit in den Tod gingen, doch hatte sie das nie wirklich verstehen können. "Gibt es einen Unterschied?", fragte sie dann und wirkte erneut verunsichert. "Ich meine...unsere Jäger wollten uns wohl tot sehen und sind dabei bereit gewesen ihr Leben für wen oder was auch immer zu geben. Ich bekämpfe sie, bin ebenfalls bereit mich von dieser Welt zu verabschieden.". Alaryah erkannte plötzlich die ein oder andere Parallele zwischen sich selbst und ihren Angreifern. Zwar hatte sie Jaro noch vor wenigen Augenblicken gesagt, dass sie nicht so seien wie sie...doch war sich die Albin nicht mehr ganz so sicher, ob dies 100%ig zutreffen mochte.

    Jaro Ballivòr

    "Ob sie es vielleicht gar nicht merken, wenn sie benutzt werden?" Alaryahs Worte stimmten Jaro nachdenklich. Ihm wurde bewusst, wie wohl behütet er aufgewachsen war. Andere Lebensumstände schafften andere Prioritäten, da hatte die Albin natürlich Recht. Wenn man nichts mehr zu verlieren hatte, was war dann noch etwas wert? "Aber es ist doch etwas gänzlich anderes, weil du es aus einem beschützenden Gedanken heraus tust oder nicht?", versuchte Jaro Alaryah aufzumuntern. "Du hast dir diesen Konflikt nicht ausgesucht, aber er ist zu dir gekommen. Wahrscheinlich muss man seine Frucht vor dem Sterben komplett ausschalten, um überhaupt eine Chance zu haben", überlegte er. Wie stand es um ihn selbst? Würde er, wenn es darauf ankäme in ein offenes Messer rennen oder sich feige zurück ziehen, um sein eigenes Leben zu retten? "Ich denke, dass es auch eine gute Eigenschaft sein kann, wenn man sie mit Bedacht einsetzt", schloss er. "Du solltest dir immer vor Augen halten, was du mit deinem Einsatz beschützt, Alaryah. Dieser Wald und seine Bewohner sind es wert, dass jemand sie mit seinem Leben verteidigt." Er lächelte ihr zu.


    Alaryah Schattenwind
    "Wenn jemand nichts mehr zu verlieren hat, so ist diese Person äußerst gefährlich.", meinte Alaryah zustimmend. Erneut sprach die Albin Jaro Recht zu. Seine ausgesprochenen Gedanken bauten Alaryah wieder etwas auf und die Düsternis wich wieder aus ihrem Gesicht. Sie erwiderte das Lächeln. "Ich werde auch weiterhin den Wald und seine Bewohner schützen. Und ebenso all die Freunde, die sich in ihm bewegen.". Es war klar, dass Jaro gemeint war. Alaryah konnte nicht anders, als dies zu sagen. Es mochte vielleicht seltsam klingen, doch das war ihr gerade egal. Viel Zeit war vergangen, als sie das letzte mal so frei ihre Gedanken äußern konnte, anscheinend war sie zu oft allein auf Streife gewesen, hatte nicht wirklich die Möglichkeit gehabt mit jemandem zu reden. "Jaro, es tut gut nicht allein zu sein.", erklärte sie schließlich. Wahrscheinlich hatte der Hauptmann ihre Familie schon über ihre ausbleibende Heimkehr informieren lassen, schließlich waren sie in wichtiger Mission unterwegs. "Es mag seltsam sein, doch gerade in Momenten wie diesen merkt man, wie schnell man sich doch selbst verändert hat.". Wieder schaute die Albin in den Sternenhimmel. "Es ist gut, wenn man sich...sagen wir mal "wiederfindet".". Nach dem Ende dieses Satzes kam Alaryah sich etwas albern vor, doch steckte in ihrer Aussage dann doch ein Körnchen Wahrheit. "Ich hoffe, dass wir für Kirona etwas tun können.", setzte sie fort. "Sieh sie dir an. Sie hat sich das nicht ausgesucht. Wir müssen das einfach hinkriegen."


    Jaro Ballivòr
    "Und wir können uns glücklich schätzen eine Beschützerin wie dich auf der Welt zu haben", sagte Jaro und wurde ein wenig rot dabei. Noch immer, nach all den Jahren, war das Gefühl der Nähe komisch für ihn, obwohl er Alaryah gleichzeitig zustimmen musste: auch er war froh, nicht alleine zu sein. Frieden schien in Alaryahs Geist einzukehren und das war gut. Überhaupt schienen nun lange angestaute Gedanken und Gefühle aus ihnen beiden herausgebrochen zu sein. Mit dem Morgen würden sie befreit in den neuen Tag starten können und was auch noch kommen mochte, sie würden zusammenhalten und das war doch das Wichtigste, oder? Als Alaryah über sich selbst sinnierte, fragte sich auch Jaro wer er eigentlich war. Immerhin gehörte er keinem Volk so richtig an und hatte seine Heimat vor einigen Jahren verlassen müssen. <Doch genau da liegt die Chance>, dachte er. In Alaryah hatte er eine Freundin gefunden und ein bisschen fühlte sich das Waldreich wie ein zu Hause für ihn an. Er hatte es in der Hand, solche Dinge zu entscheiden - das war ein gutes Gefühl.
    Anders als Kirona. Die Waldalbin hatte Recht. Die Frau war benutzt und verletzt worden, hatte noch nie ein normales Leben führen können. "Oh ja, das hoffe ich auch", sagte Jaro. "Sie hätte es verdient zu erfahren was es heißt frei zu sein."


    Alaryah Schattenwind
    Es fühlte sich an, als sei eine Last von Alaryahs Schultern genommen worden. Dieses Gespräch hatte der kleinen Albin sichtlich gut getan. Was auch immer noch kommen mochte, sie würden es schon irgendwie gemeinsam durchstehen. Und des Weiteren würden sie bestimmt auch Kirona helfen können. Sowohl Jaro als auch Alaryah schien die Gesellschaft des jeweils anderen gut zu tun. "Wir werden sie retten...zumindest wenn man von einer Art Rettung in diesem Fall reden kann.", meinte Alaryah schließlich. Sie rückte kurz zu Kirona hinüber, zog ihre Decke zurecht, was die schlafende Frau mit einem unverständlichen Murmeln zur Kenntnis nahm. "Wir schaffen das.", sagte Alaryah dann und legte sich auf die Seite, warf nun auch ihre Wolldecke über sich. "Jaro, es war gut mit dir über all das zu reden.". Noch einmal legte Alaryah einen Scheit auf das Feuer, sodass es nicht zu schnell ausgehen würde. "Lass uns noch etwas schlafen, wir haben morgen einen weiten Weg vor uns.". Auch Jaro schien diesen Vorschlag zu begrüßen, der Mond stand bereits hoch am Himmel. "Hier sind wir sicher.". Alaryah gähnte nun das erste Mal an diesem Abend, packte sich dann in ihrer Decke ein. Auch Jaro machte sich bereit für seine Reise ins Land der Träume. "Danke noch mal.", hauchte die kleine Albin leise, bevor sie in einen tiefen und wohltuenden Schlaf fiel.

    ~ Die größte Offenbarung ist die Stille ~


    Laotse

    [imgk]Bitte melde dich an, um diesen Link zu sehen.[/imgk]

  • Die Reise ging weiter. Die kleine Gruppe folgte einem schmalen Waldweg, der sich durch das dichte Unterholz schlängelte, hier und da eine Biege machte, bergauf, bergab. Allgemein war die Stimmung erstaunlich gut und den Umständen entsprechend heiter. Jaro und Alaryah erfuhren das ein oder andere Detail über Kironas Vergangenheit, erzählten auch selbst etwas von sich. Es tat gut zu sehen, dass es Kirona besser zu gehen schien. Trotzdem blieb, wie Alaryah von sich behaupten konnte, eine Art innerliche Unruhe zurück. Die kleine Albin genoss zwar die lockeren Gespräche, doch befürchtete insgeheim immer wieder, dass Kirona einen Rückfall erleiden oder ihre Verfolger sie erneut angreifen könnten. Sie versuchte es sich nicht anmerken zu lassen.


    Schließlich erreichten sie ihren Wegpunkt. Ein kleiner Posten, nahe bei einem plätschernden Bach gelegen. Die Wächter beäugten vor allem Kirona misstrauisch, hatten ihre Waffen so gut wie durchgehend griffbereit. Alaryah legte den Arm um Kirona als sie merkte, dass die Frau es mit der Angst zu tun bekam. "Keine Sorge.", flüsterte sie. "Dir wird hier nichts geschehen. Wir bleiben hier nur für eine Nacht, morgen sind wir schon wieder weg.". Zwar schaffte es die Albin nicht die Angst der jungen Frau komplett abzunehmen, doch schien sie wenigstens eine beruhigende Wirkung zu haben. Auch Jaro half dabei, obwohl auch ihm nicht ganz so wohl bei der ganzen Sache schien. Dieser Posten war nicht wie der, den sie vorher besucht hatten. Hier waren die Wächter nicht so...neutral bis freundlich. Hier herrschte eiserne Disziplin, der ein oder andere Soldat trug Narben und andere Kampfspuren, sah alles andere als freundlich aus.


    Die Nacht verging schnell und die Gefährten zogen rasch in der Dunkelheit des sich anbahnenden Morgens weiter. Alaryah hatte noch irgendetwas mit dem Hauptmann des Postens ausgehandelt und besprochen...etwas abseits von Jaro und Kirona. Sie konnten nicht wirklich verstehen, was besprochen wurde, doch wurde ihnen für die Übernachtung nichts berechnet oder dergleichen. Was Alaryah auch immer besprochen haben mochte, man ließ die Reisegruppe auch ohne weiteres ziehen, kein Posten stellte sich ihnen absichtlich in den Weg und dies machte Kirona die Abreise deutlich einfacher.


    "Wir kommen bei Einbruch der Dämmerung in der nächsten größeren Stadt an. Sie trägt den Namen "Rankenfels".", erklärte Alaryah, nachdem sie eine gute Stunde unterwegs waren. Dann hielt Alaryah plötzlich inne. Beinahe wären Kirona und Jaro in die stehengebliebende Albin gelaufen. "Ich...". Sie sah sich nach ihren Gefährten um, prüfte dann eingehend ihre Umgebung. "Kommt mit. Ich möchte euch etwas zeigen.". Dann raste Alaryah in Richtung Unterholz. Jaro und Kirona hatten Mühe, der kleinen und sich flink fortbewegenden Albin zu folgen. Vor allem, als der Weg immer steiler nach oben führte. Alaryah nahm die Schritte mit einer erstaunlichen Leichtigkeit, doch musste sie bald immer mal wieder anhalten, da zuerst Kirona keuchte und auch Jaro nicht mehr ganz auf der Höhe war. Je weiter sie gingen, desto aufgeregter wurde Alaryah. "Los, kommt schon!", versuchte sie ihre Gefährten anzuspornen. Dann blieb sie irgendwann erneut stehen. Hinter Alaryah versperrte eine dichte Hecke den Weg. "Hier durch.", sagte die Albin knapp und zwängte sich durch das dichte Blattwerk...


    Als Jaro und Kirona sich ebenfalls durch die Hecke gedrückt hatten, offenbarte sich ihnen ein gar wundervoller Anblick. Die Sonne stieg langsam am Horizont empor, tauchte die Welt in ein güldenes Licht. Sie konnten über den sich weit ausbreitenden Wald hinwegsehen, standen anscheinend auf einem Hügel weit oberhalb aller Baumkronen. "Dort ist unser Ziel.", flüsterte Alaryah schon fast ehrfürchtig und deutete in Richtung eines aus dem Wald hervorragenden Berges. Der Berg selbst war ebenfalls vom Grün der Bäume bedeckt, doch waren durchaus schwache Rauchfahnen zu erkennen, welche auf Leben zu schließen schienen. Ein Schwarm Vögel erhob sich in der Ferne. Die Gefährten genossen diesen Ausblick und das wärmende Licht der Morgensonne. Es war, als sei gerade alles einfach nur friedlich. Jaro spürte eine Berührung. Sein Blick glitt nach links zu Alaryah. Sie stand einfach da, starrte lächelnd in die Ferne. Sie hatte seine Hand ergriffen. Kirona stand auf der anderen Seite neben Alaryah, auch ihre Hand hatte die Albin gegriffen. Es war, als würde ein Teil der Belastungen der letzten Tage von ihnen allen abfallen. "Wir sollten weiter.", unterbrach Alaryah schließlich leise die beruhigende Stille. Dann verschwand die Albin wieder hinter der Hecke.


    *


    Sie erreichten ihr Ziel früher als gedacht. Rankenfels. Für Alaryah war der Anblick des komplett in Efeu und anderer Schlingpflanzen eingedeckten Berges schon fast normal, doch bemerkte sie das Staunen ihrer Gefährten. Auch hier hatte sich die Natur einen Weg durch das Gestein gebahnt, Bäume ragten stolz zwischen den Felsen empor. Eine mächte Palisade umringte den Hügelkomplex, warmes Licht flackerte in den Baumkronen umher. Hier schienen wahrlich viele Alben zu leben. Sie passierten ein breites Tor, gesichert von mehreren Wächtern und weiteren Befestigungen. Alaryah sagte etwas auf einer Sprache, die ihre Gefährten nicht verstanden, doch durften sie ohne weiteres passieren. "Wir können hier bei den anderen Waldläufern unterkommen.", erklärte Alaryah und ging sicheren Schrittes voran. "Wir müssen Meldung machen. Hier können wir höhere Würdenträger antreffen die...nunja...". Die Albin sah erst Kirona, dann Jaro an. "Wir müssen berichten, was geschehen ist. Fürchtet Euch nicht. Vertraut mir.". Zaghaft nickte Kirona, auch Jaro schien die Wichtigkeit hinter dieser Aufgabe zu erkennen.


    Tatsächlich bekamen die Gefährten einen Termin für eine Anhörung. Auch wenn Alaryah noch so sehr auf die enorme Dringlichkeit hinwies, so würde niemand vor Einbruch der Nacht Zeit für sie finden. So mussten sie also warten...

  • Bei der Ankunft in der Stadt war Jaro guter Dinge. Nicht nur, dass dieser Ort eine absolute Augenweide war und alles übertraf, was er bisher im Waldreich gesehen hatte, und nicht nur, dass er sich danach sehnte, einmal ein wenig an einem Ort zu verweilen, es lag auch an dem Augenblick, den sie am Morgen gemeinsam erlebt hatten. Kurz waren sie losgelöst gewesen. Losgelöst von der Welt, von all dem Bösen, das sie hatten erleben müssen und der Gefahr, die sie immer noch wähnten. Es hatte nur sie gegeben, Jaro, Alaryah und auch Kirona. Der Anblick des morgendlichen Waldes war traumhaft gewesen, die Luft weich und die Stille so wohltuend, dass Jaro sich gewünscht hatte, sie könnten einfach in dem Moment verharren. Freunde… Jaro hatte nie viele Freunde gehabt, doch das, was ihn mit den beiden Frauen verband, musste so etwas ähnliches sein, oder?
    Von weitem hatte Rankenfels – wären die Rauchfahnen nicht gewesen – einfach nur ausgesehen wie ein stark bewachsener Hügel. Aus der Nähe entdeckte man überall Unterkünfte, Flaschenzüge, Brücken und Leitern, Wege und Straßen und überall wuselten Waldalben umher. Die Natur trotzte dem Felsen, überall wuchsen Bäume und Sträucher und die Alben wussten sie zu nutzen.
    Jaro musste sich eingestehen, dass er froh war, dass die Anhörung erst am Abend stattfinden würde. Er war nervös. Was, wenn wieder vermutet würde, er hätte die Gefahr angeschleppt? Wenn er sich plötzlich verteidigen müsste und ihm die Worte und die Argumente fehlten? Hier würde wahrscheinlich auch Alaryahs Wort nicht mehr ausreichend Gewicht haben, um ihn zu retten. Zudem konnten sie die Zeit davor nutzen, Rankenfels ein wenig zu erkunden. Alaryah führte sie zu den Unterkünften der Waldläufer. Sie wollten sich dort schon einmal anmelden, sodass sie einen Schlafplatz für die Nacht bekämen.
    Es waren nicht viele vor Ort. Immerhin waren sie in ihrem Beruf zumeist unterwegs. Diejenigen, die sie antrafen, waren allesamt schneidige Männer und Frauen und einige kannten Alaryah. Auch Jaro und Kirona begrüßten sie freundlich und zeigten ihnen, wo sie sich einrichten konnten. Jaro merkte, dass er Hunger hatte und so beschlossen sie, ein Restaurant zu suchen. Später würde immer noch Zeit sein, mit den Waldläufern zu sprechen, die ebenfalls sehr interessiert daran waren, was die Gruppe alles erlebt hatte.
    Alaryah führte sie weiter in das Zentrum der Stadt. Hätte die Albin das nicht erwähnt, hätte Jaro es niemals bemerkt. Rankenfels wirkte wie ein Labyrinth auf ihn. Nach und nach häuften sich kleine Geschäfte, Marktstände und auch Lokale. In einem solchen ließen sie sich nieder und Jaro und Kirona, der es heute besonders gut zu gehen schien, studierten neugierig die Karte. Dann und wann musste Alaryah etwas erklären und es dauerte eine ganze Weile, bis sie schließlich bestellten. Die Gerichte waren einfach köstlich…



    Nach dem Essen räumte ein alter Alb ihre Teller ab. „Ich hoffe es hat gemundet“, sagte er freundlich. „Tut mir leid, falls ihr lange warten musstet. Wir stecken schon mitten in den Vorbereitungen für das große Fest morgen Abend.“

    ~ Die größte Offenbarung ist die Stille ~


    Laotse

    [imgk]Bitte melde dich an, um diesen Link zu sehen.[/imgk]

  • Alaryah Schattenwind
    Alaryah lehnte sich zurück. Das Essen war vorzüglich gewesen. "Puuuh.". Der alte Mann kehrte zurück, nahm die Bestellung der kleinen Gruppe auf. Ein Absacker musste her. "Ich empfehle euch das hier.". Alaryah deutete auf ein Getränk, welches auf der Karte ausgeschrieben war. Die Gruppe war sich schnell einig und kurze Zeit später hatten sie alle einen recht verzierten Kelch mit dunkelroter Flüssigkeit darin. Es handelte sich um einen Fruchtwein. Alaryah nahm einen genüsslichen Schluck. "Mhhhh. Wie schmeckt es euch, seid ehrlich!", sagte sie, nachdem sie den Kelch wieder abgestellt hatte. Kirona nickte bestätigend. "Sehr lecker.", sagte sie und lächelte. Es war ein zufriedenens Lächeln, welches Jaro und Alaryah bisher quasi noch nie bei ihr gesehen hatten. Kurz trafen sich ihre Blicke. Anscheinend freuten sich beide, dass Kirona endlich mal wieder so etwas wie Freude oder eine Art Glücksgefühl empfand. "Nun.", meinte Alaryah schließlich und stellte den Kelch ab. "Wir haben noch etwas Zeit, bis wir bei der Anhörung erscheinen müssen. Sorgt euch nicht, das wird schon alles gut werden.". Sie drehte den Kelch in ihrer Hand. "Kirona, sie werden dir bestimmt auch die ein oder andere Frage stellen. Beantworte sie einfach so gut du kannst.". Kirona nickte, wirkte dabei alles andere als unsicher. "Sagt mal.", begann Kirona leise. "Kanntet ihr euch eigentlich schon vorher? Ich meine...bevor das alles passiert ist?". Alaryah schüttelte den Kopf. "Unser erstes Treffen war eher zufällig. Man kann eigentlich sagen, dass wir alle gemeinsam und quasi zeitgleich aufeinander getroffen sind, oder Jaro?"


    Jaro Ballivòr
    Neugierig inspizierte Jaro den Kelch und hielt seine Nase hinein. Vorsichtig nippte er und war erstaunt. Das Getränk schmeckte süß, doch nicht zu sehr und es hatte auch eine ganz eigene Note, die er nicht so recht zuordnen konnte. "Da ist Alkohol drin, oder?", fragte er und grinste. Noch nie zuvor hatte er welchen getrunken, doch er war schon immer neugierig darauf gewesen. "Es ist gut!" Er nahm noch einen Schluck, doch war darauf bedacht, nicht gleich alles auf einmal zu trinken. Auch Kirona mochte es und sie war weiterhin fröhlich und stabil. Ach, die Anhörung... Alaryah hatte seine Sorge wohl erkannt und es war gut zu wissen, dass die Waldalbin dabei sein würde. Es sei denn... hoffentlich wurden sie nicht getrennt befragt... Jaro beschlich das Gefühl, dass selbst Kirona weniger Furcht davor hatte als er und er riss sich zusammen.
    "Hm? Oh ja, das kann man sagen...", gab Jaro zurück und lächelte. "Ich stieß auf deine... sagen wir: Gruppe, Kirona und es kam mir merkwürdig vor, also habe ich beschlossen etwas zu unternehmen. Wie es kommen musste, geriet ich in die Patsche und es war ein Glück, dass Alaryah gerade in diesem Augenblick vorbei kam. Sie hat mir das Leben gerettet." Er lächelte sie an. All das schien schon so lange zurück zu liegen... Wie viele Tage war es her? Oder Wochen? Gar Monate? Jaro vermochte es kaum zu sagen. "Ich war ganz zufällig hier unterwegs, kam aus Almanien und wollte mich langsam auf den Rückweg nach zu Hause begeben. Doch dazu kam es nie." Er drehte den Kelch zwischen den Fingern und blickte die beiden Frauen an. "Wo liegt dein Heimatort, Alaryah? Ist das weit von hier?", fragte er dann.


    Alaryah Schattenwind
    Alaryah dachte an ihre Heimat. "Blätterhain. So ist der Name meines Herkunftsortes.", erklärte sie. "Es ist ein kleiner Ort, da ist nicht viel los. Hauptsächlich treiben sich eben dort Waldläufer wie ich herum. Es ist eine Gruppe aus großen Bäumen, wie ihr sie bei dem Posten gesehen habt.", Alaryah unterstrich ihre Erklärung mit entsprechenden Gesten. "Oftmals ist es dort einsam, man ist weit weg von den großen Albenkolonien. Doch auch diese Einsamkeit hat viel schönes. Einmal wollte ich mich gerade auf den Weg zu einem Rundgang machen, da fand ich mich plötzlich einem Schwarm Glühwürmchen wieder. Ihr könnt es euch nicht vorstellen, was das für ein Moment war...über mir der Sternenhimmel, und die kleinen, geflügelten Sterne um mich herum...". "Das hätte ich gern gesehen.", warf Kirona ein. Es freute Alaryah, dass die Frau nach und nach aufzutauen schien. "Es ist gut, dass es solche Momente im Leben gibt.", fügte Kirona hinzu. "Genau so gut ist es, dass es Leute gibt, die andere retten."., nahm sie Bezug auf Jaros Ausführungen. "Es ist gut, dass wir uns getroffen haben, würde ich mal sagen.", entgegnete Alaryah und sah in die Runde. "Vielleicht klingt es seltsam, aber wer weiss, was passiert wäre, wenn wir alle in die falschen Hände geraten wären?".


    Jaro Ballivòr
    Jaro nickte. An den Wachposten konnte er sich noch ganz genau erinnern. Es hatte ihm dort gut gefallen, aber er dachte auch an den Moment, als Kirona ihn für jemand anderen gehalten hatte und die ganze Situation kurz außer Rand und Band geraten war. Ein Glück war das vorbei. "Als wärst du hinauf geflogen in den Himmel zu all den Sternen", sagte Jaro. Er wusste, welche Schönheit Alaryah in der Einsamkeit der Natur sah. "Es klingt schön, dein Zuhause. Bei mir ist es sogar ähnlich", schüchtern pausierte er kurz, doch sprach dann weiter. "Mein Heimatort ist ebenfalls ganz klein, doch es gibt dort keine Bäume und auch keine Glühwürmchen... dafür habe ich die Berge und das Meer und ich habe dort viele Stunden alleine verbracht und einfach in die Ferne gesehen."
    Kirona sah ihn an, als versuche sie sich gerade genau das vorzustellen und lächelte, hob die Bedeutung solcher Augenblicke hervor.
    "Sie hätten mich vermutlich sofort getötet", sagte Jaro kleinlaut. "Oder verschleppt und an irgendwen verkauft, so wie..." er brach ab. "Kirona" hatte er sagen wollen, doch im letzten Moment hatte er sich gestoppt. Wer wusste, ob die Erinnerungen daran die Frau nicht wieder zurückwerfen würden? "... wie Sklaven auf einem Piratenschiff", sagte er stattdessen, um sich aus der Affäre zu ziehen. "Wie es aussieht war ich zuvor schon in den falschen Händen, oder?" Kirona schien seinen Beinahe-Ausrutscher nicht bemerkt zu haben oder ignorierte es. "Was ihr mir von diesen Männern erzählt habt... und auch zuvor. Ich habe das Gefühl, ich bin nun das erste Mal nicht unter Leuten, die mir schaden wollen." Sie lächelte und Jaro erwiderte es fasziniert. Scheinbar war sie gefasster, als er ihr zugetraut hatte. "Du hättest dich bestimmt befreien können", wandte er sich an Alaryah, um die Stimmung zu heben. "Du hättest deine Langdolche gezückt oder den Bogen und wärst ihnen entwischt!" Er grinste sie an.



    Alaryah Schattenwind
    Sie nickte. "Wahrscheinlich schon, ja.". Erneut schoss ein Mundwinkel in die Höhe. "Das Meer habe ich nie gesehen.", gab Alaryah schließlich zu und nippte an ihrem Getränk. "Ich stelle mir dieses...riesige Gewässer...einfach mächtig vor. Mächtig, gefährlich und wunderschön zugleich. Wer weiss, was dort noch in den Tiefen schlummert?". Die kleine Albin versuchte sich vorzustellen, wie es wohl sein mochte dort am Wasser zu stehen, das tosen der Wellen zu hören und die salzige Luft zu schmecken. Es gab noch viel, was sie von der Welt sehen müsste, das wurde ihr langsam klar. "Aber alles ist gut gegangen und wir werden die ganze Sache schon zu einem guten Ende bringen.", meinte Alaryah schließlich mit einer gesunden Portion Optimismus. "Keine Sorge, Kirona, hier will dir niemand etwas...außer dir helfen.". Dann plötzlich polterte laut ein Karren an den Gefährten vorbei. "Vorbereitungen für das Fest.", erklärte Alaryah. "Wir sollten uns das nicht entgehen lassen, ich würde euch gern als meine Gäste einladen. Nach all der Aufregung auf unserer bisherigen Reise haben wir uns dies doch mehr als verdient, oder?". Ein Funke der Begeisterung flammte in Alaryahs Augen auf. "Die Anhörung überstehen wir gemeinsam, danach wird das Fest um so schöner.". Für einen Moment lang wirkte die kleine Albin gar nicht mehr so, als hätte sie vor kurzem noch das Leben von irgendwelchen Angreifern genommen, vielmehr als könnte sie keiner Fliege etwas zuleide tun. "Glaubt mir, ihr werdet es genießen!". Der Karren war bereits ein gutes Stück weg, als Alaryah erneut in die Runde blickte. "Habt ihr auch irgendwelche Festivitäten? Irgendwelche Ereignisse, wo alle zusammenkommen?". Gespannt nahm die Albin auf ihrem Stuhl Haltung an.


    Jaro Ballivòr
    "Ich weiß", sagte Kirona leise und legte schüchtern ihre Hand auf Alaryahs, zuckte aber sogleich des Lärmes wegen zusammen. Auch Jaros Kopf fuhr herum und beinahe hätte er seinen Kelch umgestoßen, was schade gewesen wäre. Das Getränk war wirklich ausgezeichnet und wenn er sich getraut hätte zu frage, hätte er noch ein weiteres bestellt. Angesichts des bevorstehenden Anhörung war das aber wahrscheinlich sowieso keine gute Idee... nicht, dass er am Ende noch einen Schatten im Lichthof hatte, wie man in seiner Heimat zu sagen pflegte. Da wäre das Fest doch viel geeigneter und er nickte eifrig auf Alaryahs Einladung. Auch Kirona war neugierig. "Das klingt wundervoll", sagte sie. Aus Alaryah strahlte die Vorfreude nur so heraus und Jaro wünschte sich, sie hätten direkt zu diesem Fest gehen können. "Bei uns gibt es bei vollem Mond immer ein besonderes Nachtmahl zu Ehren von Oril. Manchmal tun sich dazu auch ganze Dörfer oder Stadtteile zusammen und es wird Musik gespielt und ein wenig getanzt. Ein großes Fest gibt es, wenn sich der Mond vor die Sonne schiebt, doch das habe ich noch nicht erlebt. Ansonsten werden bei uns nicht wirklich Feste gefeiert, nein..." Er blickte zu Kirona. "In meiner Heimat gibt es Feste aller Art. Das liegt daran, dass es so viele verschiedene Kulturen gibt, wisst ihr. Ich war allerdings noch nie auf einem Fest... zumindest kann ich mich nicht erinnern... ich bin sehr gespannt auf das eure." "Ja", fuhr Jaro fort. "Es scheint etwas Besonderes zu sein, oder? Der Mann hier in diesem Lokal schien auch ganz verzaubert, so wie du. Ist es ein großes Fest?"


    Alaryah Schattenwind
    "Es wird wundervoll!", sprudelte es aus Alaryah heraus. "Es gibt gutes Essen, Musik, alles das, was zum Feiern dazugehört. Der ganze Ort hier wird geschmückt, überall gibt es etwas zu sehen!". Alaryah wippte schon fast ungeduldig auf ihrem Platz umher. "Ich hoffe doch sehr, dass unser Fest mit euren Erfahrungen mithalten kann.". Sie lachte. "Geschichten werden erzählt, Stücke aufgeführt....ich hoffe doch, dass ihr etwas tanzen könnt?". Ohne auf eine Antwort zu warten winkte Alaryah ab, nahm noch einen kleinen Schluck. "Wie auch immer, ihr werdet es lieben.". Die Euphorie schien auf Kirona überzugehen. Zum ersten Mal seit ihrem ersten Treffen wirkte sie fröhlich, als wäre die doch recht düstere Bedrohung einen Moment lang von ihr abgefallen. Auch Jaro machte auf Alaryah einen mehr als interessierten Eindruck. "Damit eins mal klar ist.", begann Alaryah und hob den Finger. "Irgendwann komme ich Euch besuchen und sehe mir eure Feste an.", sie deutete abwechselnd auf Kirona und Jaro. Kirona lehnte sich schließlich etwas zu den beiden vor. "Aber bitte...passt auf mich auf. Ich hoffe einfach, dass ich nicht...naja...ihr wisst schon.". Alaryah schaute zu Jaro. "Keine Sorge, Kirona, mach dir da mal keine Gedanken. Wir werden die ganze Zeit bei dir sein, dafür sind wir schließlich da. Nicht als Wärter oder dergleichen, viel mehr als Gefährten.". Alaryah legte Kirona die Hand auf die Schulter und nickte Jaro freundlich zu. Für einen Moment war es, als würden sich die drei schon eine Ewigkeit kennen. "Es freut mich, dass ich bei euch gelandet bin.", murmelte Kirona leise vor sich hin. Jaro und Alaryah mochten sich täuschen, doch meinten sie in Kironas Augen einen gewissen Glanz erkennen zu können.


    Jaro Ballivòr
    Nicht eine Sekunde zweifelte Jaro, dass das Fest seine Erfahrungen weit übertreffen würde. Doch fast noch mehr gefiel ihm der Gedanke, dass Alaryah ihn wirklich eines Tages einmal bei sich zu Hause besuchen würde... er würde ihr das Meer zeigen und die Ziegen und Falathris große Gebäude. Was würde sie wohl davon halten? Wäre ihr alles zu kahl? Würde sie die Bauten faszinierend finden? Vielleicht könnte er sie dann zu einem Vollmondsnachtmahl mit zu dem Gelehrten in der Stadt nehmen, denn dort wären die Feierlichkeiten schon um Einiges aufregender, als zu Hause in ihrem kleinen Haus. Wobei seine Mutter wahrscheinlich überglücklich wäre, die Waldalbin zu beherbergen... ob sogar Kirona mitkommen könnte? In diesem Augenblick brachte sie ihn zurück aus seinen Träumereien. Ein wenig Sorge war wohl doch noch in ihr verhaftet, doch man konnte es schon als großen Fortschritt bezeichnen, dass sie ihre eigene Situation nun überhaupt wahrnahm. Der Besuch bei der weisen Schamanin hatte sich in jedem Fall gelohnt. "Und wir haben geholfen", schoss es ihm durch den Kopf und er war gar etwas stolz. Ob sich Kirona ihnen deshalb nun so verbunden fühlte? Jaro blickte zu Alaryah und nickte. Momentan war alles gut, auch wenn der Tag sich nun langsam dem Ende neigte und sie schließlich bei dem freundlichen Alb zahlten, um sich aufzumachen. Jaro ging imm Geiste durch, was sie alles hinter sich gebracht hatten. Es war eine Menge! Wie könnte da eine kleine Anhörung ein Problem sein?



    Es hatte gedauert, bis die Anhörung endlich begonnen hatte. Man ließ die drei Gefährten gefühlt unendlich lange warten, schob sie von einem Raum in den nächsten, ohne, dass etwas passierte. Bürokratie. Alaryah fühlte sich nicht wohl in den Warteräumen, lieber wäre sie draußen geblieben, an der frischen Luft und hätte dort gewartet. Auch Jaro und Kirona machte die Warterei deutlich zu schaffen. War dies Absicht? Wollte man sie in gewisser Weise weichkochen? Gerade, als Alaryahs Geduldsfaden fast komplett gerissen war, öffnete sich eine kleine Seitentür in dem Warteraum, in dem sich die Reisenden befanden. Ein Alb mit grau mehliertem Haar betrat kaum hörbar den Raum. "Ihr dürft nun eintreten.", verkündete er mit leicht kratziger Stimme und deutete relativ einladend auf die große Pforte am anderen Ende des Saals. Diese Pforte schwang langsam auf, sodass Jaro, Kirona und Alaryah eintreten konnten. Es wurde düster, als sich die Türen hinter den dreien wieder schlossen.





    "Nundenn, dann machen wir es so, wie uns gesagt wurde.". Alaryah war die erste Person, die nach der Anhörung ihre Worte wiederfand. "Wir haben fast einen ganzen Tag mit Warten verbracht.", merkte Kirona ernüchtert an und schien mehr als unzufrieden damit. "Ja, aber das ist nun vorbei.", redete Jaro ihr gut zu. "Richtig.", pflichtete ihm Alaryah bei. "Wir haben alles gesagt, was wir zu sagen hatten. Es war richtig so.". "Und warum müssen wir dann unbedingt in der Stadt bleiben?", fragte Kirona mit einer gewissen Portion Misstrauen. "Wir müssen wissen, wie es weitergehen soll.", erklärte Alaryah erneut. Sie hatte hier und da während der Anhörung übersetzen müssen. "Unsere Informationen werden nun wahrscheinlich ausgewertet, besprochen, durchdacht. Ich vermute, dass wir über das weitere Vorgehen noch informiert werden.". Kirona schien weiterhin nicht ganz so zufrieden mit der Situation. "Machen wir doch einfach das Beste draus.", schlug Jaro schließlich vor und versuchte somit die Lage etwas zu entspannen. Es gelang ihm. Unterstützung bekam er von einem kleinen Albenmädchen, die plötzlich vor ihnen stand. "Vergesst nicht, dass heut das Fest beginnt!", verkündete sie mit glockenklarer Stimme und reichte den dreien jeweils eine kleine Blume. Dann huschte sie auch schon wieder davon. "Lasst uns erst einen Moment ausruhen, dann machen wir uns einen schönen Abend. Den haben wir uns verdient, vor allem nach solch einem Tag voller Warterei und Aufregung.". Alaryahs Vorschlag fiel auf fruchtbaren Boden und schon bald waren die Gefährten in ihrer Unterkunft eingekehrt. Nur ein Waldläufer war zu diesem Zeitpunkt vor Ort, nickte ihnen zum Gruße zu und kümmerte sich dann weiter um seine Ausrüstung. Alaryah nahm einen Schluck Quellwasser aus einem bereitgestellten Krug, machte es sich dann auf ihrem Nachtlager bequem und döste etwas vor sich hin. Sie freute sich schon auf das Fest, für das die Vorbereitungen bereits in den letzten Zügen lagen.

  • Jaro Ballivòr
    Nachdem sie nach der langen Anhörung ein wenig geruht hatten, machten sie sich auf zu dem lang ersehnten Fest. Über den Nachmittag verteilt war der Geräuschpegel auf der Straße schon Stück für Stück angestiegen. Alaryah meinte, dass es tagsüber schon jede Menge Programm für die Albenkinder gab, von Lianenklettern über Gesichterschminken bis hin zum Bäumchenpflanzen. Gegen Abend machten sie sich dann langsam bereit. Alaryah und Kirona putzten sich ein wenig heraus und als Jaro etwas beschämt versuchte die Falten aus seinen hellen Kleidern zu streichen, brachte ihm einer der jüngeren Waldläufer kurzerhand etwas von seinen Sachen. Kurz darauf fand er sich in braunen Hosen und einem losen, grünen Hemd wieder. Gemeinsam gingen sie die Straße entlang und die Veränderungen waren nicht zu verkennen. Seit gestern war viel geschehen. Überall hingen Kerzengläser und bunte Bänder in den Bäumen und die Luft sang von den vielen Windspielen, die irgendwo versteckt waren. "Es ist wunderschön", hauchte Kirona, die mit geöffnetem Mund nach oben blickte. Auch Jaro folgte ihrem Blick. "Das ist es."
    Viele Alben waren unterwegs und wo man hinsah, gab es fröhliche Gesichter. Es gab einige Straßenstände, die wundervolle Düfte in die Luft entließen und Jaros Magen knurrte. "Ich würde gerne eine Kleinigkeit essen", sagte er und nachdem die beiden Frauen ihm lächelnd erklärt hatten, dass er sich doch einfach etwas holen solle, ging er zu einem der Stände, an dem es um Spieße gewickelte und gebratene Blätter gab, die Jaro nicht kannte, doch die einfach köstlich rochen. Er kramte die Münzen hervor, die er noch immer von den vier Kerlen übrig hatte, doch der Mann winkte ab. "Nicht doch, Junge. Zu Ehren unseres Festtages kommt alles aus unseren Stadtvorräten. Du musst heute nichts bezahlen."


    Alaryah Schattenwind
    Es freute Alaryah sehr, dass Jaro und Kirona die Atmosphäre sichtlich genossen. Nachdem Jaro mit seiner Mahlzeit zurückgekehrt war (und anfangs für einen kleinen Augenblick etwas irritiert gewirkt hatte, da er nichts dafür bezahlen musste) schlenderten die drei den Weg weiter entlang. Dieser Weg führte sie schließlich durch eine breite Gasse, in denen große und kleine Verkaufsstände aufgebaut worden waren. Die unterschiedlichsten Waren wurden hier nun zum Kauf angeboten, es wurde hier und da fleißig gehandelt und gefeilscht. "Ich hätte nicht erwartet, dass es hier so viel zu sehen gibt.", meinte Alaryah schließlich und schaute mit großen Augen hin und her, als wolle sie so viele Eindrücke wie möglich aufnehmen wie ein Schwamm das Wasser. "Seht doch, dort!", platzte es aus Alaryah heraus und schon wuselte sie in Richtung eines Standes. Dort hatte ein Silberschmied viele kleine Figuren mit enorm hohen Detailgrad angefertigt. Sie zeigten Alben in unterschiedlichen Posen, teilweise sogar auf Pferden, Fabelwesen und sogar ganze Dioramen! Alaryah dachte an ihr Pferd Sonnenstrahl...und fand tatsächlich eine kleine Figur, die ihrem treuen Gefährten ähnelte. Ein paar Münzen wechselten den Besitzer und Alaryah verstaute die Miniatur sicher in einer ihrer Taschen.
    Die Reise durch die Gasse ging weiter, es gab sogar tatsächlich auch einen Schießstand. Der Inhaber, ein Veteran der Waldläufer, erkannte Alaryah bereits von Weitem und rief:"Oh nein, Schattenwind, verzeiht, aber ich kann Euch hier unmöglich schießen lassen! Lasst die Preise für die anderen Gäste unseres Festes.". Einen Moment lang schien die Situation äußerst angespannt, dann mussten sowohl der Inhaber des Standes, als auch Alaryah herzhaft lachen. Die kleine Albin fiel dem Veteran sogar um den Hals. "Dich habe ich ja lange nicht mehr gesehen!", rief Alaryah fröhlich und wurde schließlich wieder auf dem Boden abgesetzt. "Jaro? Kirona? Darf ich vorstellen, das ist Teradaran, er ist ein Freund meiner Familie.". "Ein sehr guter sogar, möchte ich hinzufügen!", sagte der Mann und reichte Jaro und Kirona die Hand. "Da ich ja nicht darf...", begann Alaryah sarkastisch, "...wie sieht es aus, wollt ihr es versuchen?". Optimistisch griff Alaryah nach einem herumliegenden Bogen und hielt ihn ihren Gefährten hin.


    Jaro Ballivòr
    "Oh welch schöne Stoffe", rief Kirona aus und im nächsten Augenblick deutete sie schon wieder auf etwas anderes, sichtlich angesteckt von Alaryahs Freude. Ehrfürchtig betrachtete Jaro die Silberfiguren. Auch wenn er nun schon eine Weile von zu Hause fort war, hatte es noch immer dieselbe Wirkung auf ihn. Das Blut Orils... Silber hatte in seiner Heimat eine ganz besondere Bedeutung. Dort wäre Alaryahs Errungenschaft ein wahrer Schatz.
    "Sehr erfreut", sagte Kirona und lächelte den Mann an, der seinen Narben zum Trotz ein fröhliches und freundliches Gesicht hatte. "Ja, hallo", fügte Jaro an und griff seine Hand. Alaryah strahlte von Ohr zu Ohr, als sie den Bogen ergriff und Jaro musste zugeben, dass er es zu gerne probieren wollte. Langsam griff er nach dem Bogen. "Los, los, nur nicht schüchtern", schmunzelte Teradaran. "Hier hast du ein paar Pfeile. Viel Erfolg!" Jaro rief sich in Erinnerung, wie Alaryah die Waffen gehalten hatte und legte einen Pfeil an. Konzentriert zielte er auf eine der Zielscheiben, spannte den Bogen und... der Pfeil schwebte in einem kleinen Viertelkreis in Richtung Boden. Alle prusteten los und auch Jaro musste lachen, obwohl er spürte, dass er heiße Ohren bekam. "Probier es noch einmal", ermutigte ihn Kirona und auch Alaryah nickte eifrig, korrigierte ein wenig seine Armhaltung. Erneut spannte Jaro den Bogen und als er dieses Mal losließ, sauste der Pfeil gerade aus in sein Ziel. "Treffer!", rief er aus auch wenn er noch lange nicht die Mitte getroffen hatte. "Willst du auch?", fragte er Kirona, die den Kopf schüttelte. "Komm schon, probier es", beharrte er und schließlich griff Kirona nach der Waffe. Langsam hob sie beides an... und feuerte ihren Pfeil direkt ins Zentrum der Zielscheibe. Jaro starrte und auch Alaryah und Teradaran waren verblüfft. "Das... das war Glück?", sagte Kirona und lief rot an.


    Alaryah Schattenwind
    "Wirklich gut!", rief Alaryah und hüpfte sogar etwas auf und ab. Teradaran nickte anerkennend. "Nun, ihr habt euch wacker geschlagen. Schattenwind, ich würde dir sogar auch einen Versuch gestatten.". Alaryah lehnte dankend ab. "Lass nur, ich will dir ja nicht den Stand leer räumen.". Sie grinste. "Oh, bevor ihr geht...", sagte Teradaran als sich die Gefährten zum Gehen wandten und verschwand kurz im hinteren Bereich seines Standes. Er kehrte mit einem kleinen Bündel wieder zurück. "Ihr dürft eure Preise doch nicht hier liegenlassen!". Er händigte Kirona das Bündel aus, die es dankend annahm. Auch Jaro bekam eine Kleinigkeit, genauer gesagt war es eine Anstecknadel in Form eines Pfeils. Auch dieses Schmuckstück war enorm fein gearbeitet, dennoch stabil. "Ich denke, wir sehen uns noch einmal Teradaran.", meinte Alaryah schließlich und nach einer herzlichen Verabschiedung ging die Reise durch die Gasse weiter.
    An einer Kreuzung mussten sie anhalten. Hier war viel los. Mehrere Musiker standen auf einem Podest und spielten fröhliche Melodien, die die Menge in ihren Bann zog. "oh, kommt, wir müssen einfach etwas tanzen!", sprudelte es aus Alaryah nur so hinaus und schon war sie im Gewühl der Menge verschwunden. Kurz darauf löste sie sich wieder aus dem Pulk und rief "Jaro, Kirona, kommt!". Die beiden sahen sich etwas unsicher an. "Loooooos doch!". Alaryah griff plötzlich Jaros Hand und zog ihn in Richtung improvisierter Tanzfläche. Sie wirbelte ihn sogar einmal herum, lachte dabei hell und klar, wie es ihre Gefährten vorher noch nie gehört hatten. Elegant und unbeirrt schien sie schon fast über die Tanzfläche zu schweben, ihr Haar flog ihr nach wie der Schweif bei einem Kometen. Kirona stand weiterhin etwas abseits, beobachtete die Situation mit einer Mischung aus Amusement und Skepsis. "Warte kurz.", sagte Alaryah zu Jaro und zog nun auch Kirona in die Menge. "Ach, Alaryah, nein, lass das doch.", kicherte sie, doch dann hatte die Musik auch sie gepackt. Einen wirklichen Tanz konnte man das, was sie dort ablieferten nicht nennen, doch niemand störte sich daran. Viel mehr schien es so, als erlebe jeder in der näheren Umgebung der Musiker dieses kleine Konzert auf eine ganz eigene Art. Personen wurden zu Schemen, es war, als würde die Musik das Publikum wie auf Wolken tragen.
    Irgendwann wurde Alaryah von jemandem gepackt, doch schnell erkannte sie, dass Kirona ihren Arm um sie gelegt hatte. Auch Jaro hatte sie bereits fest im Griff. "Ich danke Euch.", hauchte sie leise, jedoch immer noch so, dass die beiden es verstehen konnte. "Das ist ein wunderbarer Abend.".


    Jaro Ballivòr
    Der kleine Pfeil lag auf Jaros offener Hand und er betrachtete ihn fasziniert. Noch verdiente er solch eine Auszeichnung nicht, dachter er, doch der Bogen hatte sich sehr gut in seiner Hand angefühlt und Jaro nahm sich fest vor zu üben. Bei der nächsten Gelegenheit, vielleicht gleich morgen, würde er Alaryah fragen, ob sie einen Übungsbogen für ihn auftreiben konnte. Sein Geld würde schon dafür reichen und dann würde er trainieren und vielleicht konnte ja noch ein guter Bogenschütze aus ihm werden. Er lächelte Teradaran freundlich zu und folgte Alaryah und Kirona ins Getümmel. Wundervolle Klänge lagen in der Luft und ehe Jaro sich versah, hatte Alaryah ihn in die Menge gezogen und er fand sich inmitten von Tanzenden wieder. Etwas unbeholfen bewegte sich Jaro im Takt, denn er hatte noch nie zuvor getanzt. Hin und wieder versuchte er Schritte von anderen nachzuahmen, doch es schien ohnehin egal zu sein, wie man sich bewegte. Niemand sah einen krumm an, jeder tat, wonach ihm war und wohin die Melodie ihn trug. Jaro blickte zu der Musikgruppe, die mit strahlenden Gesichtern ihre Instrumente bearbeiteten. Ein jeder hier schien absolut glücklich und selig zu sein, die Stimmung war elektrisierend. Als Kirona sie schließlich beide zu sich zog, konnte Jaro ihr nur Recht geben. Es war wundervoll. Er drückte ihre Schulter, um ihr etwas zurück zu geben und lächelte beide Frauen warm an. In diesem Moment ging plötzlich Gemurmel durch die Reihen und Applaus schwoll an. Jaro folgte den Blicken der anderen und sah, dass eine Frau die Bühne betreten hatte. Sie trug ein elegantes, strahlend grünes Kleid und hatte das Haar aufwendig hochgesteckt und mit Blüten verziert. Die Musiker stimmten ein neues Lied an und als die Frau zu singen begann, kroch Jaro eine Gänsehaut die Beine hoch. Noch nie zuvor hatte er so etwas Schönes gehört. Um ihn herum hatten alle wieder begonnen, sich im Takt zu bewegen, gegenseitig herum zu schwingen, doch er konnte den Blick nicht von der Albin wenden. Ihre Stimme war melodisch und warm und sie sang mit voller Hingabe ein Lied, das froh und traurig, leicht und schwer zugleich war und ihn tief berührte. Kirona packte ihn am Arm und riss ihn aus seiner Trance. Kurz blinzelte er, dann wurde er schon herum gewirbelt und fand Alaryahs Hand, sodass sie sich zu dritt im Kreis bewegten.


    Alaryah Schattenwind
    Tatsächlich musste Alaryah etwas durschschnaufen als eine kurze Pause eintrat. Ein neues Lied begann und plötzlich lief es der kleinen Albin eiskalt den Rücken hinunter. Sie hatte dieses Lied noch nie zuvor gehört, fühlte sich jedoch direkt davon gepackt, schon fast gebannt. Erst, als um sie herum wieder Bewegung ins Spiel kam löste sie sich von dem lockeren Band, welches das Lied um sie herum gewoben hatte. Jaro griff nach Alaryahs Hand und der Tanz wurde fortgesetzt.
    Das Lied schien sich eine gefühlte Ewigkeit und nur wenige Augenblicke zugleich hinzuziehen und Alaryah musste gedanklich zugeben, dass sie so etwas selbst noch nicht erlebt hatte. Es war einfach erstaunlich, was mit Musik alles möglich war.
    Alaryah konnte schließlich gar nicht genau sagen, wie lange sie auf der Tanzfläche zugebracht hatten. Einer der Musiker erhob sich schließlich von seinem Platz, stellte die große Harfe beiseite und sprach mit fester Stimme:"Wir danken Euch für euer Kommen und natürlich auch, dass ihr so lange bei uns geblieben seid, damit wir gemeinsam diesen wunderschönen Abend verbringen können!". Die Menge bestätigte den guten Mann mit Applaus und hier und da sogar per Jubelruf. "Wir werden nun eine Pause machen und falls ihr mögt, so werden wir dort drüben beim alten Falrodor später noch das ein oder andere Stück spielen!". Der Musiker zeigte in die entsprechende Richtung, dort hatte man eine Art riesigen Pavillon aufgebaut, darunter standen lange Bänke und Tische, an denen bereits einige Gäste Platz genommen hatten. Hier und da huschten Personen mit großen Tabletts zwischen den Sitzreihen umher und versorgten andere mit Getränken aus reich verziehrten Kelchen, Krügen und Karaffen. Einer der Personen mit Tablett schien die plötzliche Aufmerksamkeit der Menge auf der Tanzfläche zu bemerken und winkte fröhlich herüber.
    "Das war...ich weiss es gar nicht.", meinte Kirona, als sich die Tanzfläche langsam leerte. "Ich konnte kein Wort von der Sprache verstehen, aber da kam so viel Gefühl rüber.", setzte sie fort und war immer noch begeistert. Alaryah nickte zustimmend und lächelte. Dann wischte sich die Albin mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. "Aber ich muss zugeben, dass diese Pause gerade rechtzeitig kommt. Puh.". Sie schaute zu einem zufriedenen Jaro hinüber. "Na dann, ich würde sagen...wir haben noch einiges hier zu entdecken, richtig?". Alaryah wechselte ihre Position, sodass Jaro nun zwischen ihr und Kirona stand. "Wenn es nach mir geht, dann kannst du deine Begleitungen nun woanders hinführen.". Sie wechselte einen kurzen Blick mit Kirona und beide Hakten sich bei Jaro ein. "Nundenn, gehen wir!". Sie lachten.


    Jaro Ballivòr
    Auch Jaro musste lachen, bekam aber zeitgleich heiße Ohren. Er wusste nicht, ob er es sich einbildete oder nicht, doch er meinte den ein oder anderen anerkennenden Blick männlicher Alben auf sich ruhen zu sehen und einmal zwinkerte ihm sogar jemand zu und grinste. "Du führst immerhin gerade nicht nur eine, sondern gleich zwei hübsche Frauen herum", sagte er sich und noch mehr Blut stieg ihm ins Gesicht. "Meint ihr, wir können noch einmal so einen leckeren Fruchtwein oder eine andere Erfrischung bekommen?", fragte er. "Oh, ja, ich habe einen riesen Durst", pflichtete ihm Kirona bei. "Am liebsten zum Mitnehmen, ich möchte mich gern noch ein wenig umsehen, ehe wir uns dort drüben niederlassen." Alaryah nickte und wies in Richtung einer kleinen Hütte, an der es verschiedenste Getränke gab und man sogar zuvor probieren konnte. "Die Damen, der Herr", begrüßte ein junger Mann sie und dieses Mal war Jaro sicher, dass er gezwinkert hatte. "Was darf ich euch anbieten? Ich habe feinste Fruchtweine aus dem Süden, Malz- und Honigbier, Waldbeerengeist, Wurzelsud und verschiedene Liköre." Nach einander wies er auf einzelne Flaschen, mal dünn und groß, mal klein und gedrungen, mal aus Glas, mal aus Holz und mal aus Steingut. Kirona entschied sich schnell für ein Honigbier, denn sie wollte unbedingt ihren Durst stillen, doch Jaro und Alaryah testeten verschiedene Sachen. Verschmitzt grinste die Waldalbin ihn an, während sie einen kleinen Kelch mit Waldbeerengeist zum Wohl anhoben und als Jaro kostete und wild zu Husten begann, lachte sie glockenhell auf, als hätte sie gewusst, dass das passieren würde. Jaro hechelte nach Luft und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. "Okay, ich glaube das ist nichts für mich." Kirona und Alaryah kicherten. Letztlich entschied er sich für ein Glas Wurzelsud, ein dickflüssiges Getränk, dass würzig und süß zugleich schmeckte. Alaryah wählte einen Fruchtwein und mit den Bechern bewaffnet schlenderten sie weiter, auf eine Albentraube zu. Als sie nahe genug waren, erblickten sie einen alten Waldalben, der gerade verschiedene Gegenstände hinter den Ohren eines Freiwilligen hervorzauberte, sehr zum Amüsment der Schaulustigen. "Du solltest dich auch dort öfter waschen", gluckste er. "Sieh nur, was sich dort alles angesammelt hat!" Jaro, Alaryah und Kirona fielen in das Gelächter der anderen ein und der Zauberer verbeugte sich tief und schmiss dann wie aus dem Nichts zehn Bälle in die Luft, mit denen er zu jonglieren begann. "Wow", sagte Kirona und folgte den schnell zirkulierenden Kugeln.


    Alaryah Schattenwind
    Alaryah nahm einen weiteren Schluck aus ihrem Kelch. Der Wein war wirklich köstlich. Sie folgte mit ihrem Blick den Kugeln, die wie Kometen umherflogen. Der Zauberer warf sie auf verschiedene Weise umher, mal tanzten drei oben, der Rest zirkulierte umher und eine andere Kugel hüpfte auf und ab. Dann plötzlich ließ der Mann die Kugeln nach und nach in seinem Ärmel verschwinden. Sein Blick fiel auf die Gefährten und schnurstracks stapfte er in ihre Richtung. "Hedort!", kündigte er an und zeigte auf die drei. "Sagt, wärt ihr so freundlich und würdet eine Karte ziehen?". Wie aus dem Nichts hatte er ein Deck Spielkarten hervorgeholt und drehte es in einer Hand wild umher. Die drei sahen sich an, dann gab Jaro Alaryah einen kleinen Schubs, sodass sie einen kurzen Schritt nach vorn machte. "Sehr gut, da haben wir auch schon unsere Freiwillige! Bitte, zieht eine Karte!". Alaryah warf Jaro einen flüchtigen Blick zu und er grinste. "Nun gut.", brachte Alaryah hervor und zog mit leicht vor Aufregung zittriger Hand eine Karte aus dem Stapel. Sie stand im Mittelpunkt und wusste nicht so recht, ob ihr dies wirklich gut gefiel. "Nun seht sie euch an, prägt sie euch ein und steckt sie wieder zurück.". Alaryah tat, wie ihr gesagt wurde. Der Mann mischte den Stapel. "Ihr seid nicht alle von hier, richtig?", fragte er munter und sah Kirona und Jaro an. "Nein, eher auf der Durchreise.", erklärte Alaryah und ihr wurde etwas unwohl bei dieser Frage. "Oh, also kommt ihr von weiter weg? Gäste sollten immer ein Gastgeschenk mitbringen, findet ihr nicht?". Ein Raunen der Zustimmung ging durch die Menge um sie herum. Alaryah zog mit fragendem Blick eine Augenbraue hoch. Der Zauberer beachtete sie nicht mehr, wandte sich nun viel mehr Jaro zu. "Habt ihr vielleicht etwas mitgebracht?". Jaro schüttelte langsam und etwas verunsichert den Kopf. "Ich bin mir sicher, dass ihr es habt, seht in Eurer Gürteltasche nach.". Etwas verwundert öffnete Jaro die Tasche und fand eine Karte darin. "Ist das etwa...?", fragte der Zauberer Alaryah mit übertrieben erstaunter Laienschauspielkunst. Jaro hielt die Karte hoch, es war tatsächlich die, die Alaryah gezogen hatte. Applaus floss durch die Menge, Alaryah und Jaro waren etwas erstaunt. "Nun, nachdem dies geklärt ist...bitte, gebt mir die Karte wieder, die eure Freundin gezogen hat.". Zu Jaros Erstaunen ging diese Anweisung in Kironas Richtung. "Welche...". "Die Karte in Eurem Ärmel?", unterbrach sie der Zauberer. Tatsächlich zog auch Kirona plötzlich eine Karte hervor. "Danke, danke, danke!". Der Zauberer verbeugte sich vor der Menge und bedankte sich per Händedruck noch einmal bei seinen "spontan freiwillig gemeldeten" Assistenten Jaro, Kirona und Alaryah. "Immer wieder erstaunlich, was ihr so bei euch tragt.", grinste Alaryah und wie abgesprochen schüttelten die drei Gefährten mit einer Mischung aus Überraschung, Begeisterung und Anerkennung den Kopf. Sie legten zusammen und hinterließen daraufhin eine großzügige Spende in dem auf dem Boden liegenden Hut des Zauberers. "Jaro, war das vorhin die Rache für den Waldbeerengeist?", fragte Alaryah neckisch. "Mich einfach so in eine Zaubervorführung zu schieben...sowas aber auch.". Natürlich war sie ihm nicht böse. "Sagt, wie sind eure Getränke?".


    Jaro Ballivòr
    Schüchtern lächelte Jaro. "Ich dachte, du meisterst das bestimmt mit links", sagte er dann und grinste.
    "Dieses Bier schmeckt einfach wundervoll" Wie um ihre Worte zu unterstreichen, nahm Kirona einen großen Schluck. "Nur ich fürchte, mir wird schon ein wenig schwindelig." Sie zwinkerte. "Darf ich deines versuchen, Jaro?" "Na klar!", antwortete er und reichte ihr seinen Kelch. "Ich finde das auch richtig lecker." Kirona trank und verzog leicht das Gesicht. "Uh, das ist mir doch ein wenig zu speziell. Ich bleibe bei dem Bier." Jaro musste über Kironas Gesichtsausdruck lachen. "Danach möchte ich glaube ich auch noch so einen Fruchtwein trinken. Das hat mir gestern wirklich gut geschmeckt.", ergänzte er. Sie passierten weitere wundersame Stände und Hütten. Eine Zeit verweilten sie bei einem Händler mit edlen Stoffen und Alaryah erklärte, dass die Waldalben bekannt dafür waren und dies auch nahezu das einzige Handelsgut war, mit dem sie an die Außenwelt traten. Jaro ließ seine Finger über einen bunten Schal gleiten. Der Stoff war weich und anschmiegsam und aufwendig gemustert, mit verschiedenen Rot-, Orange und Brauntönen. "Ich glaube, so etwas würde meiner Mutter gefallen", sagte er. "Na dann nehm es doch mit!", schlug Kirona vor und blickte zu Alaryah hinüber, die bestärkend nickte. "Wie viel das wohl kostet?", murmelte Jaro, der zu schüchtern war, um die Händlerin direkt anzusprechen und da nahm sich Alaryah ein Herz und fragte für ihn. Jaros Beute reichte locker und die Dame versicherte ihm, dass nur die feinsten Stoffe und ausschließlich Naturfarben verwendet worden waren. "Ein besseres Souvenir aus dem Waldreich gibt es nicht", zwinkerte sie, da auch sie sofort erkannt hatte, dass er nicht von hier war, bei seinem fast weißblondem Schopf kein Wunder. "Bei mir zu Hause findet man kaum bunte Kleidung", erklärte Jaro im Nachgang den beiden Frauen. "Mutter hat sich schon oft beklagt, dass ein wenig Farbe nicht schaden würde und ich finde, das passt gut zu ihren Augen." Kirona und Alaryah lächelten ihn warm an. "Was haltet ihr davon, wenn wir etwas essen?", sagte Kirona dann. "Das Bier ist mir doch schon sehr zu Kopf gestiegen."

    Alaryah Schattenwind
    <Etwas essen.>, dachte Alaryah und begrüßte den Vorschlag sehr. Auf dem Weg zu einer Ansammlung weiterer Stände hakte sich Kirona wieder bei Jaro ein. "Du...ich glaube du musst mir jetzt mal etwas helfen.", murmelte sie und war anscheinend selbst etwas über das Bier verwundert, welches langsam aber sicher seine volle Wirkung entfaltete. "Zur Not tragen wir dich einfach.", meinte Alaryah amüsiert und wandte sich dann an Jaro. "Ich glaube, dass dein Mitbringsel wunderbar ankommen wird.". Jaro schien erfreut über Alaryahs weiteren Zuspruch, doch der kleinen Albin wurde etwas schwer ums Herz. Ihr wurde bewusst, dass sich diese Gruppe irgendwann wahrscheinlich wirklich auflösen würde...Eigentlich mochte sie noch gar nicht an diesen Moment denken, doch konnte sie gerade nicht anders. "Oh, das sieht gut aus!", riss Kirona Alaryah aus ihren Gedanken. Die junge Frau eilte, etwas nach links ausschlagend, auf einen Stand zu, welcher leichte Kost mit fein duftenden Gewürzen und Marinaden anbot. Ein schwaches Lächeln umspielte Alaryahs Lippen, als sie Kirona beobachtete, wie diese, weiterhin leicht angeschlagen, bestellte und sich augenscheinlich über die angebotenen Waren erkundigte. "Du wolltest doch auch etwas essen, oder?", fragte Jaro und Alaryah schob die düsteren Gedanken des Abschieds beiseite. "Jah, ja gern.", brachte sie hervor und sah sich um. "Ich denke, ich werde dort zuschlagen.".
    Kurze Zeit später kehrte die kleine Albin mit einer dampfenden Schüssel zurück, Jaro und Kirona warteten bereits auf sie. "Seht mal.", sagte Alaryah und hielt den beiden die Schüssel hin. Darin befanden sich diverse Sorten Gemüse, grob geschnittene Waldpilze verschiedener Art und kleine Speckwürfel. Das ganze war mit Kräutern garniert, die dem ganzen eine gewisse Würze gaben. "Dasch ischt einfach scho lecker.", verkündete Alaryah, als sie gerade auf einem großen Stück Pilz herumkaute. "Kirona, geht es dir besser? Was hast du dir geholt?", erkundigte sie sich schließlich. "Ich glaube sie nennen es...". Sie gab nach kurzer Überlegung auf. "Ich weiss es nicht mehr, aber es ist wirklich gut.". In Kironas Schale befand sich eine Art Auflauf aus Gemüse, in der anderen Hand hielt die Frau einen frischen Kanten Brot, welchen sie wieder und wieder in ihre Schale dippte.
    "Jaro, bist du etwa schon satt?", erkundigte sich Kirona schließlich und sah ihn an. "Du hattest zwar schon was, aber reichte das?", fragte sie.


    Fast zeitgleich als sie aufgegessen hatten, huschte ein Alb an ihnen vorbei und warf in Eile mehrere Worte um sich. Kirona und Jaro hatten es erst gar nicht wirklich mitbekommen, doch Alaryah klärte sie auf. "Sagen wir es so, er hat einen Programmpunkt angekündigt. Lasst euch überraschen.", erklärte die Albin knapp und zog ihre beiden Gefährten mit sich. Sie schien es urplötzlich mehr als eilig zu haben und duldete keinen Zwischenstop.
    Wenige Minuten später kam die kleine Gruppe an einem großen Teich an. Hier und da hatten sich bereits andere Personen und kleine Grüppchen niedergelassen und schauten in den Himmel der Nacht oder auf den Teich, in dem sich Mond- und Sternenlicht spiegelten. "Was machen wir hier?", fragte Kirona und wusste nicht so ganz, wo sie nun hinschauen sollte. Auch Jaro schien etwas verwundert. "Setzt euch.", meinte Alaryah knapp und ließ sich auf dem weichen Rasen nieder. So saß sie aufrecht da, die Sohlen aneinandergelegt und mit den Händen die Füße umfassend. "Looooos, macht es euch bequem. Gleich geht es los.", meinte sie mit Nachdruck und deutete auf den Platz neben sich. Jaro und Kirona setzten sich. "Jetzt warten wir.". Gerade, als Kirona etwas sagen wollte, verstummte die Menge um sie herum plötzlich wie auf Kommando. "Es beginnt.", hauchte Alaryah und ihre Augen weiteten sich vor Aufregung. Es zischte laut und es schien, als würden mehrere Sternschnuppen über den Nachthimmel rasen. Dann tanzten leuchtende Kugeln über die Wasseroberfläche des Teichs, bildeten verschiedene Formen und Zeichen, sammelten sich in der Mitte des Teichs und vereinten sich zu einem großen und funkelnden Ball. Der Ball stieg empor, drehte sich um die eigene Achse, schien zu platzen und es war, als würden sie sich nun alle mitten im Universum befinden. Sterne und Planeten flogen umher, Wesen aus Licht tanzten miteinander, verschwanden und erschienen an anderer Stelle wieder. Es schien, als würde sich sogar die Farbe des Wassers verändern. Mal leuchtete der Teich pulsierend und dunkelrot, dann beruhigend grün, dann wieder aufgebracht und tiefblau. Einmal erhob sich ein leuchtender Adler vor den drei Gefährten wie aus dem Nichts aus dem Waldboden. Majestätisch breitete das Wesen aus warmen Licht die Flügel aus und erhob sich langsam. Gebannt starrte Kirona den Adler an, hob langsam die Hand und wollte das Tier berühren. Kurz bevor es dazu kam zerfiel der Adler in viele kleine Sterne, die am Boden zu Schildkröten wurden. Diese krabbelten munter in den Teich und verschwanden dort, ohne auch nur das Wasser in geringster Art und Weise aufzuwühlen. "Ich hätte nicht gedacht, dass ich diese Vorführung mal sehen würde.", flüsterte Alaryah andächtig und schaute weiterhin gebannt in den Nachthimmel, über welchen nun mittlerweile mehrere flackernde Wildkatzen jagten. Langsam ließ sich die kleine Albin zur Seite fallen, legte ihren Kopf auf Jaros Schulter. Als dieser erstaunt zu ihr hinuntersah konnte er sehen, wie Alaryah Kironas Hand fest gegriffen hatte. <Soll dieser Abschied doch irgendwann kommen, das hier und heute kann uns einfach keiner mehr nehmen.>. Insgeheim war Alaryah froh, dass niemand ihre Gedanken hören konnte.


    Jaro Ballivòr
    Grinsend zog Jaro ein Kräuterbaguette hinter seinem Rücken hervor, dass er kurzerhand von einem Mann mit Bauchladen entgegen genommen hatte, während die beiden Frauen sich ihre Portionen geholt hatten. Sein Blätterspieß von vorhin war zwar lecker, doch nicht viel mehr als ein Appetitanreger gewesen.


    Was dann erfolgte, raubte Jaro vollkommen den Atem. Schon allein, als sie sich plötzlich an einem kleinen Teich wiederfanden, der so unerwartet vor ihnen aufgetaucht war und doch nirgends besser hingepasst hätte, ja einfach hierher gehören zu schien, erstaunte ihn und als dann das Lichterschauspiel einsetzte, konnte Jaro nicht anders gebannt zuzusehen und sich in eine andere Welt ziehen zu lassen. Die Waldalben wussten, wie man Fest feierte, so viel stand fest. "Wow", flüsterte er und wünschte, die Vorstellung möge niemals vorbei gehen. Er spürte Alaryahs Kopf an seiner Schulter und sah zu ihr hinab. War das Wehmut in ihrem Blick oder war die kleine Albin einfach nur selig? Er setzte ein Lächeln auf und blickte wieder nach oben in den Himmel, wo noch immer kleine Lichtkugeln tanzten. Eine angenehme Stille hatte den Ort ergriffen. Bis auf das Knistern des Lichtspiels und vereinzelte geflüsterte Worte war nichts zu hören und eine tiefe Ruhe breitete sich in Jaro aus, verstärkt durch das wohlige Gefühl, dass der Wurzelsud in seinem Bauch hinterlassen hatte. Als das letzte Licht in eleganten Spiralen verglomm, erhoben sich die ersten Zuschauer wieder, wahrscheinlich um zum nächsten Programmpunkt zu eilen, denn Jaro zweifelte nicht daran, dass irgendwo schon das nächste Wunder wartete. Trotzdem blieb er ruhig sitzen, wollte die Entspannung noch nicht durchbrechen, die sich über sie drei ergossen hatte. Sie hatten alle Zeit der Welt und die sollten sie auch auskosten.


    Alaryah Schattenwind
    Eine Zeit lang passierte gar nichts. Nach und nach verschwanden die anderen Zuschauer und es wurde noch ruhiger am Teich. Die drei saßen weiterhin dort, niemand rührte sich. Schließlich waren sie allein. Nur hier und da plätscherte das Wasser leise vor sich hin, womöglich eroberten Frösche das Ufer langsam zurück. Alaryah seufzte. "Beeindruckend.", murmelte sie leise und schaute mit großen Augen zu Jaro auf. "Diesen Abend werde ich glaube ich so schnell nicht vergessen, wenn überhaupt.", flüsterte sie. Es war, als wollte gerade niemand wirklich normal reden, möglicherweise aus Angst die beruhigende Stille zu stören. Langsam richtete sich Alaryah auf, weg von Jaro und hinüber zu Kirona. Diese saß immer noch da und verarbeitete das gerade gesehene. "Ich hoffe es hat euch genau so gefallen wir mir.". Kirona nickte andächtig, schaute dann zu Jaro und Alaryah hinüber. "Es freut mich sehr, dass ihr mir...naja...das alles hier ermöglicht habt.". Kirona deutete auf den Teich und in Richtung Festgelände, von dem ein leises und dumpfes Wirrwarr aus Stimmen und Musik zu hören war. Ohne Jaro und Alaryah wäre mit ihr sonstwas passiert, dies wurde Kirona auch in dieser Situation erneut mehr als deutlich. Flink und mit einer leichten Drehung stand Alaryah auf. "Kommt, lasst uns ein paar Schritte um den Teich gehen.", bot Alaryah an und hielt ihren beiden Gefährten die Hand hin, um ihnen beim Aufstehen zu helfen. Sie gingen schweigend ein paar Schritte, als ihnen schließlich ein junger Alb mit Handkarren entgegenrumpelte. Die Fracht auf dem Karren klimperte leise und das Geräusch verstummte, als er zum Stehen kam. "Darf ich Euch die hier mitgeben?", fragte der Alb leise und schob die dicke Wolldecke auf dem Karren zur Seite. Darunter standen fein aufgereiht mehrere Laternen aus Holz, welche mit Rohhaut bespannt waren. Ohne auf eine Antwort zu warten entzündete der Alb drei Laternen, welche nun auf kleiner Flamme sacht vor sich hin glimmten. Auch er verlangte keinerlei Bezahlung, sondern setzte einfach seinen Weg fort, nachdem er sich verabschiedet und noch ein schönes Fest gewünscht hatte.
    Schwach fiel der Lichtkegel vor den Reisenden durch die Dunkelheit, doch zeigte er ihnen den sicheren Weg um den Teich herum. Dann begannen die Frösche mit ihrem Lied. Die Drei kamen bald an einer alten Statue vorbei. Sie stand auf einem breiten Sockel, an dem bereits Efeu emporkletterte. Die Statue selbst stellte eine Frau da, die von einer Schriftrolle zu lesen schien und dabei auf die Mitte des Teichs zeigte. An dieser Stelle des Teichs bedeckten wunderschöne Seerosen die Wasseroberfläche und das Schilf wog sich langsam in dem lauwarmen Abendwind hin und her. "Wir können jederzeit wieder zurück.", meinte Alaryah, weiterhin mit leicht gedämpfter Stimme sprechend. Sie stellte ihre Laterne auf den Sockel der Statue. "Manchmal verliere ich mich einfach in der Natur.", gab sie zu und schaute etwas beschämt zu Boden. "Dennoch glaube ich, dass dieser kurze Spaziergang uns allen gut getan hat, oder?", fragte sie unsicher und sah zu Kirona und Jaro hinüber. Kirona nickte und leuchtete mit ihrer Laterne in Richtung Ufer. "Ich habe lange keine Seerosen mehr gesehen.", murmelte sie und lächelte. Es war, als würde sie sich an einen schönen Moment in ihrer Vergangenheit erinnern. Alaryah lächelte Jaro zu. Anscheinend war es eine gute Idee gewesen diesen kleinen Umweg einzuschlagen.


    Jaro Ballivòr
    "In Falathri, der nächstgrößeren Stadt, gibt es Seerosen in den künstlich angelegten Tümpeln größerer Parks", sagte Jaro leise, aus Furcht, seine Stimme könnte die Atmosphäre zerstören. "Aber in der freien Natur habe ich glaube ich auch noch nie welche gesehen." Er konnte Alaryah gut verstehen, auch er liebte die Natur und das warme Licht der kleinen Lampen gab dem friedlichen Ort noch einmal einen ganz neuen Zauber, den sie noch eine Weile genossen, ehe auch sie beschlossen, sich zurück in den Trubel zu stürzen. "Das war eine wunderbare Idee", sagte Jaro zu Alaryah auf dem Rückweg. Noch immer trugen sie die kleinen Laternen und Jaro stellte erstaunt fest, dass noch viel mehr davon verteilt worden waren. Überall auf dem großen Platz und den Gassen, wo das Fest noch in vollem Gange war, schwebten und tanzten Lichter und tauchten alles in einen grünlichen Schein. Der große Pavillon war mittlerweile schon gut gefüllt und die Gefährten suchten sich nun ebenfalls einen Tisch. Ein kräftiger Alb mit Tablett kam vorbei und sie konnten Bier oder Wein wählen. Als ein jeder einen Kelch Fruchtwein in der Hand hatte, stießen sie auf ihre Freundschaft an. Jaro hatte fast den Eindruck, Alaryahs Augen seien ein wenig feucht, doch vielleicht glitzerte auch nur die Beleuchtung des Pavillons darin. Die Musikgruppe hatte wieder zu spielen begonnen und nach ein paar Einstiegsliedern, ergriff einer von ihnen das Wort. "Meine Freunde! Nun ist es soweit! Lasst uns alle gemeinsam tanzen!" Ein Jubeln ging durch das Zelt und Jaro und Kirona sahen Alaryah fragend an, die breit grinste. Eine tiefe Trommel stampfte einen regelmäßigen Rhythmus und auf einmal stiegen alle Alben auf die Bänke, also taten sie es ihnen gleich. Zum zweiten Mal an diesem Abend bekam Jaro eine Gänsehaut, als alle Insassen im Pavillon im Takt der tiefen Trommel zu stampfen begannen. Nach und nach kamen die anderen Instrumente hinzu und es wurde zusätzlich geklatscht und an einer bestimmten Stelle der Musik riefen alle wie aus einem Mund "Hey, hey!" Jaro ließ sich anstecken und merkte, wie viel Spaß es ihm machte. Immer wenn die Abfolge einmal vorbei war, wurde eine Vierteldrehung gemacht und so tanzte das ganze Zelt im Gleichklang.


    Alaryah Schattenwind
    Es kostete Alaryah etwas Willenskraft ihre Gefühle zurückzuhalten. Sie merkte zwar, dass ihr Blickfeld etwas verschwommen wurde, doch hatte sie sich gerade noch so unter Kontrolle. Es war für sie schon fast wie ein Befreiungsschlag, als einer der Musiker zum Tanz aufrief. Sie sprang ebenfalls auf, schloss sich dem Takt an und freute sich über jedes weitere Instrument, welches sich hinzugesellte. Bald schon hatten die Musiker das ganze Zelt in ihren Bann gezogen und die Masse bewegte sich wie eine Person.
    Nach und nach spielten die Musiker Lieder, die bald jeder mitsingen und dazu tanzen konnte. Manchmal wechselten die Musiker ihren Platz, teilten sich unter den Zuhörern auf und setzten sich zwischen sie auf die Bänke. Einer von ihnen zwängte sich sogar zwischen Alaryah und Kirona, sang dabei von einer aufregenden Jagd und einem daraus hervortretenden Helden. Seine Finger flogen dabei schon fast über das Griffbrett seiner Laute. Alaryah lief kurzzeitig etwas rot an vor Scham, als sich der Alb zu ihr hinüberlehnte, auch Kirona grinste verlegen. Die sonst so professionelle, manchmal auch eiskalte Alaryah wirkte plötzlich wie ein kleines Mädchen, welches zum ersten Mal einem Prominenten begegnete, den sie schon ewig anhimmelte. Irgendwann bemerkte Alaryah, dass Jaro sie ansah. Sie zuckte mit den Schultern, fühlte sich ertappt und kratzte sich am Hinterkopf.
    Das Lied fand ein Ende, als der Held des Liedes ruhm- und siegreich in sein Heimatdorf zurückkehrte und der Musiker erhob sich von der Bank. "Ich danke Euch.", sagte er mit einer Verbeugung und deutete bei Alaryah einen Handkuss an. Anschließend suchte er sich einen neuen Platz und das nächste Lied begann.
    "Guckt mich nicht so aaaaan!", sagte Alaryah mit erhobener Stimme zu Kirona und Jaro und ballte die Fäuste protestierend auf dem Tisch. "Ich habe doch gar nichts gemacht! Der kam einfach so an, was hätte ich denn tun sollen?!". Alaryah versuchte einen finsteren Blick aufzusetzen, was ihr nicht so richtig gelingen wollte. Kirona lachte. "Jaro, sag doch was! Wobei nein, lass es vielleicht lieber.". Alaryah schaute weg, doch half es nichts. "Ich kann dich ihm auch vorstellen?", schlug Kirona plötzlich vor. "So weit kommt es noch!", platzte es aus Alaryah heraus. "Jaro, ich möchte, dass du Kirona aufhälst, sollte sie so etwas in der Art auch nur annähernd vorhaben!". Alaryah griff nach ihrem Kelch und nahm einen tiefen Schluck. "Ich und einer dieser Musiker...ihr seid mir welche...". Kirona grinste, Jaro hob unschuldig die Hände.


    Jaro Ballivòr
    Soweit Jaro das beurteilen konnte, war der Lautenspieler ein schneidiger Mann und da war es wahrscheinlich kein Wunder, dass sowohl Alaryah als auch Kirona von ihm angetan waren. Seine Augen leuchteten grün und funkelten verwegen, sein Kinn war scharf geschnitten und während er sang, war ein Mundwinkel jederzeit zu einem verschmitzten Lächeln erhoben.
    "Nun ja, du scheinst ihn zu mögen", sagte Jaro grinsend. "Komm schon, lasst uns nach vorne gehen." Kirona schien Feuer und Flamme. "Seht, sie machen Pause! Vielleicht können wir etwas mit ihnen trinken." Alaryahs Blick sprach Bände, doch Kirona und Jaro ließen nicht locker und zogen die Waldläuferin auf die Füße. Um die Bühne herum hatte sich schon eine Gruppe Alben, hauptsächlich Frauen, versammelt, die sich Autogramme holten und das Gespräch suchten. Trotzdem erspähte der Lautenspieler Alaryah und grinste. Er bahnte sich den Weg durch die Alben und reichte ihnen allen die Hand. "Gefällt euch das Programm?", fragte er und alle drei nickten mechanisch. "Ich bin Linor, mit wem habe ich die Ehre?" Kirona fand zuerst ihre Stimme wieder. "Freut uns sehr, Eure Bekannstschaft zu machen. Die Musik ist wunderschön. Ich bin Kirona, das ist Jaro und dies", sie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, "ist Alaryah." Linor deutete eine Verbeugung an. "Die Freude ist ganz meinerseits." Jaro sah, das Alaryah rot anlief und schmunzelte. Er ließ seinen Blick über die Menge schweifen, die sich um die restlichen Musiker versammelt hatte, doch von der Sängerin war nichts zu sehen. "Alaryah ist eine begnatete Waldläuferin", fuhr Kirona fort und erntete dafür einen vorwurfsvollen Blick. "Dann sollte ich mich besser hüten", feixte Linor.


    Alaryah Schattenwind
    "Auf jeden Fall!", meinte Alaryah nur und hob mahnend den Finger. Nur den Bruchteil einer Sekunde später kam sie sich unfassbar dumm vor, schon fast tölpelhaft. "Verzeiht.", schloss sie an und trat unsicher von einem Fuß auf den anderen. "Schon gut.", grinste Linor. "Ich bin schon das ein oder andere Mal Waldläufern begegnet, doch...". Er zog eine Augenbraue hoch. "Doch hätte ich nie gedacht, dass jemand wie ihr dieser Berufung nachgeht.". Alaryah starrte ihn einfach nur an. "Naja, von einer Person wie Euch hätte ich solch ein doch recht gefährliches Handwerk nicht erwartet?.". "Sie steckt wirklich voller Überraschungen, Linor.", warf Kirona ein und Alaryah wusste weder ein noch aus. "Das glaube ich gerne.", sagte Linor mit weicher Stimme. "Aber sagt, Alaryah, was führt eine so liebreizende Waldläuferin wie euch hier in die Stadt? Seid ihr nur wegen des Festes hier oder hat eure bezaubernde Anwesenheit einen anderen Grund?". Alaryah stemmte die Fäuste in die Hüften, versuchte so selbstsicher wie möglich zu wirken. "Ich bin auf einer Mission, momentan haben wir allerdings Freizeit.". Linors Augen verengten sich und er neigte den Kopf ein kleines Stück. "Was auch sonst? Immer pflichtbewusst und stets bereit.". Alaryah hatte tatsächlich keine Antwort darauf, wollte mehrmals einen Satz beginnen, doch gelang es ihr einfach nicht. Sie fühlte sich so, als würde ihr Gesicht wie ein Leuchtturm scheinen. "Jedenfalls.", hakte Kirona erneut ein, "wollte Alaryah Euch einmal kennenlernen. Gerade das Lied über den Helden hat ihr mehr als gefallen.". Linor löste seinen Blick nicht von der kleinen Albin. "So?", fragte er verwegen und lächelte. "Nunja, ein Lied über Helden für Helden, nicht wahr?". Alaryah brachte erneut kein Wort heraus. Sie war einfach heillos überfordert mit der Situation. "Aber ich möchte nicht zu sehr übertreiben.", meinte Linor galant. "Nicht, dass euer Freund hier noch eifersüchtig wird.". Er deutete mit einer knappen Handbewegung auf Jaro, der plötzlich jemanden in der Menge zu erkennen schien. "Er ist nicht mein Freund.", blubberte es aus der kleinen Albin heraus. "Naja doch schon, in gewisser Weise.", fügte sie an und hörte, wie Kirona hinter ihr ein Kichern unterdrückte. "Kirona!", fauchte sie schon fast, doch diese ließ sich nicht beirren. "Sagt, Linor, kann ich Euch etwas zu trinken anbieten? Ich würde uns noch eine Runde holen.", bot sie, natürlich völlig uneigennützig an. "Ich werde noch einen Kelch von dem köstlichen Fruchtwein nehmen.", kündigte Linor an und nickte Kirona dankend zu, diese verschwand daraufhin in dem Getümmel, zwinkerte Alaryah noch einmal verwegen zu. Alaryah sah ihr einen Moment lang nach und schaute dann zu Jaro hinüber. Er war nicht mehr da, wo er vorhin noch gestanden hatte. Alaryah sah gerade noch, wie auch er durch die Menge stapfte und langsam in Richtung einer edlen Albenfrau unterwegs war. Alaryah richtete den Blick wieder nach vorn. Linor setzte sich auf eine Bank, bot ihr mit einer einladenden Geste den Platz neben sich an. "Nundenn, warten wir auf unsere Getränke, Alaryah. Ich bin mir sicher, dass uns währenddessen nicht langweilig wird.". Alaryah setzte sich und hoffte, dass sich Kirona nicht zu viel Zeit lassen würde. Jaro schien ohnehin schon auf anderen Pfaden unterwegs zu sein...


    Jaro Ballivòr
    Auch Jaro hing Linor an den Lippen. Nicht, weil er ebenfalls von ihm verzaubert war, doch weil er fasziniert davon war, wie der Mann stets die richtigen Worte fand. Die ganze Situation und wahrscheinlich auch der Wein stimmten ihn euphorisch und sollte er die Sängerin jetzt erspähen, das nahm er sich fest vor, würde er direkt auf sie zugehen und ihr etwas zu Trinken anbieten. Da! Ein Mann trat einen Schritt zur Seite und gab den Blick auf sie frei, wie sie sich lächelnd mit ein paar Alben unterhielt. Er schluckte einmal, überlegte noch, ob er Kirona und Alaryah Bescheid geben wollte, doch entschied sich dagegen, da er fürchtete, den Mut zu verlieren, sollte er es laut aussprechen. Die Frau trug nun ein anderes, wenn auch nicht weniger elegantes Kleid. Die Personen neben ihm verschwammen mit dem Hintergrund, als er auf sie zuging. Was sollte er sagen, wenn er sie erreichte? Er blieb ein Stück entfernt stehen. Die Sängerin sprach gerade mit zwei Albinnen über das Fest, dann drehte sie während dem Sprechen unvermittelt den Kopf und sah Jaro direkt an. Sein Herz rutschte ihm in die Hose. Ihre Augen strahlten ebenso wie die Linors und hohe Wangenknochen gaben ihr ein adeliges Aussehen. Wie in Zeitlupe sah er, wie sie die Arme ihrer Zuhörerinnen berührte, etwas zu ihnen sagte und sich dann in seine Richtung bewegte. Hatte er so sehr gestarrt? "Hallo junger Mann. Willst du zu mir?" Ihre Stimme klang so wunderschön. "Du stammst nicht von hier", stellte sie fest. "Das finde ich interessant." Sie lächelte. "Na, hat es dir die Sprache verschlagen? Ich heiße Aowin. Verrätst du mir deinen Namen?"
    Nervös wrang Jaro seine Hände. "Ich bin Jaro. Ich habe dich vorhin singen gehört." Das lief nicht gut! Jaro wünschte sich, er wäre wie Linor. "Es war wundervoll", fügte er noch an. "Ich danke dir, Jaro", entgegnete sie und er hing an ihren Lippen, liebte es, wie sie seinen Namen aussprach. "Möchtest du etwas Trinken?", fragte er zögerlich und deutete unbeholfen in Richtung eines der Kellner. "Oh gern, doch bitte keinen Wein. Ich fürchte, ich kann sonst nicht mehr singen und wir haben doch noch Einiges an Programm übrig." Jaro nickte und eilte zu dem Mann, um zwei Kelche zu holen. Sie stießen an. "Also... woher stammst du, Jaro?" fragte Aowin und nippte von ihrem Saft. "Avinar ist meine Heimat." Er war froh, etwas zu berichten zu haben. "Oh, du bist ein Lichtalb!", rief Aowin aus. "Ich habe noch nie einen der euren getroffen." Sie musterte ihn ausführlich. "Ihr seid uns ähnlicher, als ich dachte, wenn man die Haarfarbe einmal außer Acht lässt. Und mit wem bist du hier, Jaro aus Avinar?"


    Alaryah Schattenwind
    "Nun, Alaryah, lasst mich euch das hier geben.". Linor kramte ein kleines Bild hervor, auf dem er selbst abgebildet war. Er verfasste eine kurze Widmung, steckte Alaryah dann das Pergament zu. Sie bedankte sich verlegen. "Ich würde sagen, wir warten auf die nächste Runde, die deine Freundin uns bringen wird und vertreiben uns dabei etwas die Zeit.". Alaryah saß da wie unter Strom, alles andere als entspannt. Dies blieb auch von Linor nicht unbemerkt. "Ist das so ein Waldläufer-Ding?", fragte er und lehnte sich vor, sodass er Alaryahs Blick kreuzte. "Was?", brachte sie nur knapp heraus und sah den Musiker fragend an. "Naja, diese...ich nenne es mal Wachsamkeit?". Alaryah wusste erst nicht, was er meinte, doch dann fiel ihr ihre eigene Körperspannung auf. "Nein.", gab sie schüchtern zurück. "Es ist nur...ich treffe eigentlich keine Musiker wie Euch.". Linors Blick ging ins Verwegene. "Keine Sorge.", erklärte er, "wir sind genau solche Alben wie Ihr auch.". Er legte den Arm um die kleine Albin und zog sie näher an sich heran. Alaryahs Herz raste und plötzlich bemerkte sie die Blicke ihrer unfreiwillig gewählten Konkurrentinnen um sich herum. Einige begannen sogar zu tuscheln, als sie die Szenerie beobachteten! Alaryah wollte etwas sagen, doch traute sie sich nicht. Sie hatte tatsächlich Angst davor wieder irgendwelche falschen Worte zu wählen oder nur Blödsinn zu plappern. Das passte so gar nicht zu ihr. <Reiß dich mal zusammen!>, fuhr sie sich selbst in Gedanken an. Ihr Blick wanderte zu Boden. Dort verharrte er. Plötzlich spürte die kleine Albin eine Berührung. Linor hatte seinen Zeigefinger unter ihr Kinn gelegt und zog ihren Kopf herum wie ein Angler einen Fisch aus dem Wasser gezogen hätte. Alaryah riss die Augen auf. "Woah, woaaah, wooooaaaahhh!", rief sie und sprang von der Bank auf, gerade noch, bevor es zu einem Kuss kommen konnte. Sie schüttelte den Arm von Linor ab und machte einen halben Schritt zurück. Die Albin versuchte einen Moment lang in Linors Gesicht zu lesen, doch konnte sie ihn gerade einfach nicht einschätzen. "So ja nun nicht!", brachte sie plump hervor. "Verzeiht, ich wollte nicht...". Alaryah hob die Hand, Linor verstummte, sah sie weiterhin mit einem für Alaryah seltsam aussehenden Blick an. "Dazu wird es nicht kommen.", sagte sie entschlossen und war nun wieder die Alaryah, die ihre Gefährten auch in brenzligen Situationen kannten. "Nun, ich dachte...". "Jah...nein...ich...". Alaryah suchte nach passenden Worten, fand sie jedoch nicht. "Bis bald.", sagte sie schließlich und rauschte davon. Unterwegs kam ihr Kirona entgegen, die für eine Bestellung von drei Getränken doch recht lang gebraucht hatte. "Wir gehen ein paar Meter.", sagte Alaryah knapp, griff nach Kironas Unterarm und zog sie davon. "Alaryah, warte, ich verschütte sonst was!", gab Kirona zurück und hatte Mühe den Inhalt der Kelche dort zu behalten, wo er hingehörte. "Wieso müssen wir nun los? Was ist mit Linor?!". "Komm einfach mit.", meinte Alaryah und ging festen Schrittes weiter. "Flieg nur, Vögelchen, flieg!". Alaryah hatte diese Worte von Linor noch eine ganze Zeit lang in den Ohren. Bald kam sie jedoch mit Kirona im Schlepptau etwas abseits der Menge zu stehen. "Was ist denn los?", fragte Kirona erneut. "Wo ist Jaro?".


    Jaro Ballivòr
    Jaro wollte in die Richtung deuten, aus der er gekommen war, doch konnte weder Alaryah noch Kirona entdecken. "Ich...", setzte er an. Aowin sah ihn noch immer neugierig an. "Ich weiß gerade noch wo sie sind, doch ich bin mit zwei Frauen hier, Alaryah und Kirona." Erst als die Albin hell auflachte, wurde Jaro bewusst, was er gerade gesagt hatte. "Nein, nein, n... nicht so, wie du denkst", stotterte er hektisch und spürte, wie ihm heiß wurde. "Wir sind Freunde... wir sind seit ein paar Wochen zusammen auf... Reisen." Aowin prustete los. "Schon gut, Jaro aus Avinar", schmunzelte sie. "Du bist süß, weißt du das?" Schüchtern lächelte Jaro, war sich aber nicht so sicher, ob das etwas war, das man gerne von einer Frau hörte. "Oi! Aowin!", rief auf einmal jemand aus der Richtung der Bühne. Die Sängerin sah fast ein wenig enttäuscht aus. "Oh, unsere Pause ist vorbei", sagte sie. "Ich muss... es war schön, dich kennengelernt zu haben. Ich hoffe, ich sehe dich noch im Publikum?" "Freut mich auch, dich kennengelernt zu haben, Aowin", sagte Jaro und deutete, wie er es bei Linor gesehen hatte, einen Handkuss an, was die Albin kichern ließ. "Du bist wirklich süß", flüsterte sie und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. Dann entfernte sie sich und ließ Jaro mit einem flauen Gefühl im Magen zurück. Eine Weile stand er noch so da, dann beschloss er Alaryah und Kirona zu suchen. Die Menge lichtete sich und die beiden Frauen erspähten Jaro bevor er es tat. "Tut mir leid, dass ich einfach gegangen bin", sagte er, doch niemand war ihm böse. Im Gegenteil, beide grinsten ihn seltsam an, sodass er sich irgendwie ertappt fühlte.


    Alaryah Schattenwind
    Alaryah schien es schon fast etwas zu eilig zu haben. Sie griff nach den Unterarmen von Jaro und Kirona und zog sie von dem Pavillon weg. Kirona, die noch immer die Getränke festhielt, versuchte nichts davon zu verschütten, was ihr auch mehr oder minder gelang. Schließlich kamen die drei etwas abseits des Geschehens zum Stehen. "Wollt ihr nun...?", begann Kirona und unterbrach sich, als Alaryah stumpf nach dem Krug griff und ihn fast in einem Zug leerte. Kurz darauf blickte die kleine Albin in die erstaunten Blicke von Kirona. "Was soll ich sagen?", begann sie, sich selbst dabei verteidigend. "Der Kerl hätte womöglich sonstwas mit mir angestellt?". Es schien, als sei Jaro nicht ganz bei der Sache, er blickte immer mal wieder in die Ferne davon. Kirona hingegen grinste. "Alaryah, überleg doch mal, was sich dir für Möglichkeiten eröffnet hätten?!", scherzte sie. Alaryah hingegen schien nicht ganz so zu Scherzen aufgelegt. "Nein, nein danke.". Kurz schwiegen die beiden Frauen sich an, dann fiel ihre Aufmerksamkeit auf Jaro, der immer noch seinen Blick schweifen lies. "Jaro, pass einfach auf, auf wen du dich einlässt.", murmelte Alaryah schließlich in ihren Becher hinein. Die Albin schien sich etwas zu schämen, doch war sie sich weiterhin sicher das Richtige getan zu haben. Sich mit einem Musiker einzulassen, soweit kommt es noch! Kurz ertappte sich Alaryah dabei, wie sie noch einmal in Richtung Linor schaute, der bereits mit einem anderen Albenweib anbandelte. Sollte er doch einfach irgendwen an dem Abend zu sich holen, Alaryah war darüber nicht wirklich traurig...auch wenn es sie schon etwas wurmte...
    "Jaro, wie ist es eigentlich bei dir gelaufen?", fragte Alaryah trocken und erhoffte sich so eine gewisse Art Ablenkung. Sie wollte einfach nicht mehr an diese für sie doch etwas peinliche Situation denken...


    Jaro Ballivòr
    "Hm?", Jaro drehte mühsam den Kopf. "Wer war das?", fügte Kirona an Alaryahs Frage an. "Ach das... diese Sängerin von vorhin." Heiß stieg ihm das Blut in den Kopf. "Wir haben uns ein wenig unterhalten." Kirona grinste breit. "So so... du also auch", fing sie an, noch immer so guter Dinge, wie den ganzen Abend schon, doch ein finsterer Blick von Alaryah ließ ihr Grinsen erstarren. Jaro verstand gar nichts. Er fühlte sich ein wenig berauscht, vielleicht vom Wein, und die Geräusche drangen nur gedämpft zu ihm durch. Vor seinem inneren Auge sah er noch immer Aowins hübsches Gesicht... aber irgendetwas war wohl passiert. Alaryah wirkte angespannt und fahrig und Kironas Versuche, an die lockere Stimmung von zuvor anzuknüpfen, scheiterten vergeblich. Offensichtlich stand ihm die Verwirrung ins Gesicht geschrieben. "Dieser Linor war ein wenig zu... offensiv", sagte Kirona leise mit einem Seitenblick zu der finster drein blickenden Alaryah. "Oh", mehr brachte Jaro nicht heraus und schaute die Waldalbin mit leichtem Schuldbewusstsein an, da er dem Kuppelversuch zugestimmt hatte. "Aowin war sehr nett", sagte er stattdessen, um die unangenehme Stille zu durchbrechen. "Ich fürchte eher, sie hat dir den Kopf verdreht", schmunzelte Kirona und knuffte Jaro in die Schulter. Vorwurfsvoll sah er sie an, doch ein kleines Lächeln umspielte unwillkürlich seine Mundwinkel. "Vielleicht können wir uns noch woanders umsehen?", schlug Kirona schließlich vor. "Oder wollt ihr zurück zur Unterkunft..." Die Frau wurde prompt unterbrochen, als ein junger Waldalb die überraschte Alaryah plötzlich von hinten hochhob und herum wirbelte. "Schattenwind!", säuselte er. "Lust auf ein Tänzchen?" Alaryahs Ausdruck sprach Bände. "Ralir!" Zwei weitere Alben schlüpften aus der Menge und Jaro erkannte einen der Waldläufer wieder. "Wir gehen!", sein Ton war bestimmt, doch er lachte. "Tut mir leid, Schattenwind. Der Tölpel hat wieder zu tief ins Glas geschaut." Relativ unsanft hatte dieser die Albin wieder abgesetzt und grinste schief. "Wir wollten gerade zurück gehen und vielleicht noch ein bisschen auf die Dachterasse gehen, um den Abend ausklingen zu lassen. Was ist, habt ihr Lust? Ihr seid natürlich willkommen", sagte er lächelnd an Jaro und Kirona gewandt. "Und den hier bringen wir vorher ins Bett."


    Alaryah Schattenwind
    Die vor Protest strampelnde Alaryah hatte ihren "Widersacher" recht schnell enttarnt. Ralir, der alte Tunichtgut! Er setzte Alaryah etwas unsanft wieder ab, was diese mit einem säuerlichen Grinsen kommentierte. Die Idee mit dem Verbleib auf der Dachterrasse klang für die Albin jedoch durchaus angenehm. Sie hatte ohnehin genug von Musikern und Feierei. "Gehen wir!", meinte sie aufmunternd und schritt voran. Ralir versuchte noch für einen kurzen Moment in Alaryahs Nähe zu bleiben, doch schüttelte sie den Alben recht schnell ab, ließ ihn gar nicht erst wieder zu nah an sich heran. Stattdessen bleib Alaryah in näherer Gesellschaft mit Kirona und einem Jaro, der erst ab einem gewissen Punkt wieder wirklich aufmerksam für neues zu sein schien.


    Es dauerte nicht lang, da kam die kleine Gruppe an der Unterkunft an. Gemeinsam schritten sie die hölzerne Treppe hinauf, teilweise etwas polternd, doch weiterhin gut gelaunt. In weiser Voraussicht hatten sie unterwegs das ein oder andere Getränk mitgenommen, sodass sie nicht ganz auf dem Trockenen sitzen würden. Ralir schob schließlich einen schweren, bordeauxroten Vorhang beiseite und offenbarte somit den Blick auf die breite Dachterasse. Dort waren mehrere Sitzgelegenheiten aufgestellt, auf denen alle Anwesenden gemütlich Platz nehmen konnten, hier und da brannten kleine Feuer in Schalen, die an Ketten befestigt von den umliegenden Ästen hingen. Alaryah atmete tief durch. Über ihnen machte sich der Sternenhimmel breit, einen Moment lang herrschte nur Stille. Es schien, als würden sich alle Anwesenden winzig klein vorkommen. Schließlich unterbrach Alaryah die schon fast andächtige Stille. "Ich möchte mich, auch im Namen meiner Gefährten, noch einmal bedanken, dass ihr uns hier aufnehmt.". Der Alb nickte. "Die Aussicht ist wirklich wunderbar.". Ja, Alaryah sollte Recht behalten. Von der Terasse aus hatte man einen guten Überblick über das weiterhin rauschende Fest, über all die Feuer, über all die Veranstaltungen. Auch wenn man kein klares Wort verstehen konnte und nur ein geschäftiges Treiben vernahm, so hatte man hier doch noch die Ruhe um sich in normalem Tonfall unterhalten zu können. "Schattenwind, reist ihr morgen weiter?", wollte einer der Waldläufe wissen. Alaryah hatte keine wirkliche Antwort, sah etwas hilfesuchend zu Kirona und Jaro hinüber...vielleicht mochte ihre Unsicherheit auch noch an der Begegnung mit Linor liegen...?


    Jaro Ballivòr
    Dankbar ließ Jaro sich auf ein großes Sitzkissen plumpsen. Jetzt da er saß, merkte er erst, wie schwer ihm die Beine schon waren. Bestätigend nickte Jaro, als Alaryah sich bedankte. Das war wirklich sehr freundlich von den Waldläufern, sie in ihrer wunderbaren Unterkunft aufzunehmen. Feuer knisterte und die Albenmasse unten beim Fest brummte stetig, sodass Jaro in der angenehmen Kühle der Nacht schnell schläfrig wurde. Doch er wollte noch nicht einnicken. Er wollte noch ein wenig von diesem schönen Abend genießen, den Ausblick, das strahlende Sternenfeld über ihm, von dem er viele der hellen Lichtpunkte sogar beim Namen nennen konnte. Langsam nippte er an seinem Getränk und tastete nach der kleinen Anstecknadel in seiner Tasche. Es schien ihm schon so lange her, dass er sie gewonnen hatte; lange bevor er Aowin kennen gelernt hatte. "Aber du kennst sie doch gar nicht", redete er sich im Stillen ein. Die Waldläufer waren allesamt fröhliche, aufgeweckte Burschen. Sie scherzten und tranken und einer von ihnen turnte sogar ein wenig herum, als könne er nicht still sitzen. Neidvoll betrachtete Jaro ihre sehnigen Arme.
    "Ich würde gerne noch etwas bleiben", sagte Kirona und Jaro konnte nicht umhin, sie für ihre Handlungsschnelligkeit zu bewundern. Man hatte ihnen gesagt, sie sollten noch ein wenig vor Ort bleiben, falls auf Basis der Anhörung noch Fragen bestünden, doch das auszuplaudern war vielleicht nicht die allerbeste Idee, auch wenn die Waldläufer Freunde oder zumindest Bekannte von Alaryah waren. Kirona hatte diese Situation in Windeseile gelöst. "Ihr könnt gern noch hier bleiben. Thaamir und Ena sind noch einige Wochen unterwegs und werden ihre Zimmer nicht brauchen." Er lächelte, während sein hyperaktiver Kollege nun von irgendwo ein paar Jonglierbälle hervorgezogen hatte und begann sie in verschiedenen Mustern durch die Luft fliegen zu lassen. "Du hättest auf dem Fest auftreten sollen", scherzte Ralir mit leichtem Spott in der Stimme. "Halt die Klappe", entgegnete er nur und warf mitten in einer Figur einen Ball auf seinen Freund. "Ihr seid sehr nett", sagte Jaro und schämte sich sogleich. Eigentlich hatte er das nicht laut aussprechen wollen. "Vielen Dank... Jaro?" Schnell nickte Jaro, um zu zeigen, dass er sich den Namen richtig gemerkt hatte. "Freunde von Schattenwind sind auch unsere Freunde." Er zwinkerte. "Aber sagt, wenn ihr noch bleibt, was plant ihr für die nächsten Tage? Und wo wollt ihr danach hin?"


    Alaryah Schattenwind
    Es dauerte eine Zeit lang, bis Alaryah schließlich antwortete. "Es ist so.", begann sie und versteckte ihre anfängliche Unsicherheit hinter kühler Professionalität. "Wir sind tatsächlich in so etwas wie einer Mission unterwegs. Wir warten auf weitere Anweisungen.". Es folgte nichts, außer ein stilles Nicken von Alaryahs Gegenüber. Der Alb schien allgemein zu verstehen. Für ein paar Augenblicke war die anfänglich gute Stimmung wie eingefroren, doch taute sie bald wieder auf, als ein lautes "Plöpp" ertönte. Kirona hatte eine weitere Flasche Fruchtwein geöffnet und schaute nun leicht schulterzuckend in die sie anblickende Runde. Die erst etwas bedrückte Stimmung löste sich auf und man gönnte sich noch den ein oder anderen Absacker.
    Alaryahs Blick blieb irgendwann abwechselnd auf Jaro und Kirona hängen. Nach allem, was die drei Gefährten erlebt hatten, war dieses Fest wirklich eine mehr als willkommene Abwechslung. Vor allem freute es Alaryah, dass Kirona mehr und mehr aufblühte. Womöglich waren sie doch im Stande ihr irgendwie zu helfen. Zwar wurde der kleine Albin auch bewusst, dass noch das ein oder andere Hindernis vor ihnen liegen mochte, doch wollte sie sich davon nicht den Kopf zermartern lassen. Schließlich war es immer noch ein Festtag!
    Nachdem Alaryah also ihre leich düsteren Gedanken zur Seite geschoben und mit all den Anwesenden angestoßen hatte konnte sie nun auch den Rest des Abends in vollen Zügen genießen. Jaro war in ein Gespräch vertieft, Kirona lachte, für einen Moment lang schien die Welt einfach in Ordnung...

    ~ Die größte Offenbarung ist die Stille ~


    Laotse

    [imgk]Bitte melde dich an, um diesen Link zu sehen.[/imgk]

  • Jaro Ballivòr
    Sie lächelte ihn an. Alles steckte in diesem Lächeln. Es war Sonne und Licht, Wärme und Leben, doch es war auch gefährlich und dunkel, geheimnisvoll und mysteriöse und Jaro konnte den Blick nicht lösen, obwohl hinzusehen ihm ebenfalls schwer fiel. Er fühlte sich bis auf das Mark durchschaut und doch aufgehoben und in Sicherheit. Er musste sich nur ganz hineinbegeben und nichts auf der Welt könnte ihn mehr erreichen, ihm schaden. Eine Melodie lag in der Luft, säuselte in zarten Tönen und seine Nackenhaare stellten sich auf, als Aowin sanft seinen Arm berührte. "Jaro aus Avinar", flüsterte sie und ihr Mund näherte sich dem seinen, endlos langsam und doch unweigerlich...


    Senkrecht saß Jaro im Bett. Er war schweißnass und atmete schwer, fuhr mit den Fingern über seinen Arm, wo er eben berührt worden war und versuchte seine Sinne beisammen zu kriegen. Vage nahm er Umrisse um sich herum wahr, spürte eine Decke auf seinen Beinen... Die Verwirrung löste sich langsam, floss wie Honig an ihm hinab und er verstand schließlich: er hatte geträumt. Trotzdem meinte er noch immer die Berührung zu spüren, ihren Atem und ihre Nähe. Mit beiden Händen fuhr er sich durch die Haare und ließ sich zurück auf das Kissen fallen. Aowin... ob er sie je wieder sehen würde? Er starrte eine Weile an die Decke, noch halb in seinem Traum verhaftet, doch schließlich schälte er sich aus den Laken und stand auf. An Schlaf war nicht mehr zu denken. Der Alb streckte sich. Draußen dämmerte es langsam. Wie viel Uhr es wohl sein mochte? Jaro warf sich sein Hemd über und ging aus seinem Zimmer, um sich Wasser zu holen. Der viele Wein vom Abend zuvor machte ihn durstig. Als er an Alaryahs Zimmer vorbei kam, hielt er inne... der Vorhang war nicht zugezogen. Zögerlich spähte Jaro hinein, voll Sorge, er könne ihre Privatsphäre stören. Das Bett war verwaist und Jaro trat ganz ein. Alaryah war nicht da. War sie auf Erkundungstour gegangen und wenn ja, wieso? Die Situation kam Jaro komisch vor und sein Herz klopfte schneller. Alaryahs Dolche sowie Pfeile und Bogen lagen ordentlich auf einer kleinen Holzkommode und ihr Umhang zusammengelegt daneben. Niemals würde sie ohne ihre Ausrüstung losziehen, dachte Jaro. Sein Herz klopfte nun laut in seinen Ohren. Das ungemachte Bett passte so gar nicht zu den akkurat drapierten Habseligkeiten der Waldalbin... "Als musste sie eilig aufbrechen", fuhr es ihm durch den Kopf. "Oder sie wurde..." Er wollte den Gedanken gar nicht zu Ende denken. Hätten die anderen Waldläufer das nicht bemerkt? Gut, sie hatten alle viel getrunken... Nervös ging Jaro auf und ab und wrang seine Hände. Was sollte er nur tun? Kirona.... er hastete aus Alaryahs Zimmer und flitzte hinüber zu Kironas Zimmer. Vorsichtig zog er den Vorhang ein wenig zur Seite. Die Frau schlief tief und fest. Jaro machte kehrt und hastete durch den Rest des Gebäudes. Alles schlief. Jaro stieg hinauf auf die Dachterrasse und suchte die Umgebung zu allen Seiten hin ab. Nichts. Kaum eine Albenseele war unterwegs und von Alaryah keine Spur.



    Alaryah Schattenwind
    Unsicher und nervös schaute sich die kleine Albin um. Irgendwann hatte man sie geweckt, recht unsanft möchte man meinen, ihr keine Zeit gelassen ihren Gefährten zu sagen, was genau los war. Was war eigentlich überhaupt genau los? Alaryah konnte es erst selbst nicht genau sagen. Die Wächter, die sie aus dem Bett geholt hatten, sprachen fast kein Wort, antworteten nicht auf ihre Fragen. Sie schritten schweigend und stoischen Schrittes voran, eskortierten sie in Richtung eines großen Gebäudes. Alaryah erinnerte sich. Sie war bereits dort gewesen, zusammen mit Jaro und Kirona. Dort hatten sie von ihren bisherigen Erlebnissen berichtet. Warum bestellte man sie wieder ein? Was war mit den anderen? Alaryahs Gedanken kreisten wild umher. Sie verschränkte ihre Arme, die kühle Morgenluft war wirklich frisch. Man hatte der Albin nicht einmal die Zeit gelassen ihren Umhang anzulegen! Erneut warf Alaryah einen Blick auf die um sie herum marschierenden Soldaten. Das waren keine einfachen Waldläufer oder Mitglieder der Stadtwache. Schwer gerüstete Krieger begleiteten die Albin! Sie kam sich vor wie eine Verbrecherin, die zu Gericht geführt wird. Langsam aber sicher näherten sie sich einem großen Tor, welches von zwei weiteren Soldaten geöffnet wurde. Dann wurde die Gruppe von der Dunkelheit im Inneren verschluckt...


    Man ließ sie warten. In einem kargen und ungemütlichen Raum. Allein. Alaryah fühlte sich alles andere als wohl. Was war genau los? Sie hatte doch nicht etwa etwas Schlimmes getan? Die Albin konnte sich zumindest an nichts dergleichen erinnern. <Ruhig, bleib ruhig.>, sagte sie in Gedanken zu sich selbst und versuchte ihre Atmung zu kontrollieren während sie auf dem kühlen Steinboden saß. Es gelang ihr und schon bald war von Alaryahs Anflug von Furcht nur noch ein überaus unwohles Gefühl in der Magengrube übrig.
    Leise, kaum hörbar, öffnete sich schließlich die mit Eisen beschlagene Tür. Zwei Alben betraten den Raum. Der eine, klein, hager und mit grau mehliertem, sich bereits lichtendem Haar, traug ein in Leder eingeschlagenes Buch unter dem Arm. Der andere, groß gewachsen und mit emotionslosem Gesichtsausdruck, stapfte schon fast mechanisch hinterher. Alaryahs Blick folgte den beiden Alben, niemand sagte etwas. Der kleine Alb setzte sich an den kleinen Tisch, der am oberen Ende des Raumes von zwei Schergen aufgebaut wurde, die daraufhin den Raum schnell und leise wieder verließen. Der kleine Alb legte das Buch mittig vor sich ab. Der andere postierte sich schräg dahinter, rückte dabei eine breite Umhängetasche zurecht. Alaryah stand einfach da. "Nun.", begann der am Tisch sitzende Alb und schaute Alaryah an ohne dabei den Kopf zu heben. Dieser Blick bereitete der kleinen Albin unbehagen und sie öffnete den Mund um etwas zu sagen. "Schhhht.", zischte der Alb mit der Umhängetasche und legte den Finger an die Lippen. Alaryah wich seinem Blick aus. "Alaryah Schattenwind. Schön, dass Ihr es so kurzfristig einrichten konntet.". Er öffnete das Buch, blätterte darin umher. Wieder wollte Alaryah etwas sagen, doch schwieg lieber ob des düsteren Blickes des anderen Albes. "Meine Name ist Foranir und ich habe da ein paar Fragen an Euch.". Alaryah zog unsicher eine Augenbraue nach oben. "Ich habe bereits alles gesagt, falls ihr Bezug auf mich und meine Gefährten nehmen wollt?". "Ganz so einfach ist das nicht, Schattenwind. Ich denke wir können diese Angelegenheit aber recht schnell lösen, schließlich werdet ihr mir meine Fragen ohne abzuschweifen und mit voller Wahrheit beantworten, richtig?". Alaryah schluckte einen Klos in ihrem Hals hinunter und nickte nur stumm...



    Jaro Ballivòr
    Er würde sie suchen! Auf dem Weg nach unten nahm Jaro zwei Treppenstufen auf einmal und war schon fast aus dem Haus, als Ralirs verschlafene Stimme ertönte. "He, Jaro, wo willst du so eilig hin?" Jaro blieb stehen und drehte sich um. "Alaryah ist verschwunden", sagte er kleinlaut. Die Frage "na und?" zeichnete sich auf dem Gesicht des Alben ab. "Ich denke nicht, dass sie einen Morgenspaziergang macht", fügte Jaro schnell an. "Ich fürchte, sie ist unfreiwillig gegangen." Das Fragezeichen verschwand nicht von Ralirs Gesicht. "Schattenwind? Die entführt keiner so schnell. Sei ganz unbesorgt. Lass uns erst einmal eine Tasse schwarzen Tee trinken. Es ist viel zu früh am Morgen." Wie um seine Worte zu unterstreichen gähnte der Alb herzhaft. "Ich kann nicht. Ich werde sie suchen gehen." "Wie du meinst, Jaro. Wenn du magst, bring was vom Bäcker mit. Die anderen würden sich freuen." Da war Jaro schon zur Tür hinaus. Er blickte sich um, nach rechts? Oder nach l... mit voller Wucht knallte Jaro gegen etwas Hartes, Unnachgiebiges und taumelte nach hinten. "Ballivòr?", grollte eine Stimme. Mit verzogenem Gesicht blickte Jaro auf und rieb sich den Kopf. Das würde eine satte Beule werden! Sein Hindernis war ein recht großer Waldalb und ein schwerer Harnisch war der Grund für Jaros Kopfschmerz. "Folgt mir, bitte." Ohne weitere Erklärungen drehte er ab und ging langsam los. Verdutzt blieb Jaro an Ort und Stelle stehen. "Folgen, Ballivòr!", rief es von vorne. "Oder muss ich Euch holen?" Wie ferngesteuert setzte Jaro einen Fuß vor den anderen. Dieser Mann wirkte nicht so, als dulde er Ungehorsam. Wer war er und was wollte er von ihm? Ein solcher Hüne war mit Sicherheit in der Lage, auch eine Alaryah mitzunehmen, wenn er es wollte, dachte Jaro mit Hinblick auf Ralirs Worte. Möglicherweise wurde er nun an den selben Ort gebracht wie seine Freundin. Offen blieb die Frage, warum man sie dann nicht zusammen geholt hatte. "Wohin bringt Ihr mich?", fragte Jaro mit all dem Mut, den er aufbringen konnte. "Werdet Ihr gleich sehen, Herr Lichtalb. Keine Fragen. Ich bevorzuge die Stille eines kühlen Morgens." "Wo ist Alaryah?" "Keine - Fragen." Kleinlaut ließ Jaro die Schultern hängen. Alles war so wunderbar gewesen und nun? Wo waren sie nun wieder hinein geraten?



    Alaryah Schattenwind
    "Also, Schattenwind...". Eine Zeit lang passierte gar nichts, außer, dass der Zeigefinger des Alben die in dem Buch geschriebenen Sätze entlangfuhr. Alaryah meinte sogar ein leises Kratzen auf dem Pergament wahrnehmen zu können. "Ihr wisst von der Gefahr, die von Eurer Begleiterin ausgeht.". Es klang schon fast wie ein Vorwurf. "Und dennoch bringt ihr sie direkt hier her?". Alaryah wollte sich die Worte in ihrem Kopf zurechtlegen, doch der Alb fuhr unbeirrt fort. "Wie ihr selbst schon berichtet habt ist sie anscheinend eine Waffe, steht möglicherweise weiterhin unter der Kontrolle einer anderen Fraktion oder Partei.". Erneut ließ der Alb Alaryah keine Möglichkeit zu antworten. "Ihr seid eine Waldläuferin, Wächterin des Waldlreiches und Hüterin der Haine. Hätte es Euch dann nicht in den Sinn kommen müssen, dass es überaus fahrlässig ist jemanden wie SIE hier herzubringen, direkt in eines der pulsierenden Herzen unseres Landes?". Der Alb sprach in normaler Tonlage, schrie sie nicht an, wirkte jedoch plötzlich auf gewisse Weise bedrohlich. Alaryahs Augen weiteten sich. "Ich...nunja, Kirona...sie hat keine wirkliche Bedrohung ausgestrahlt. Sie griff niemanden an und...". "Schattenwind.", unterbrach sie der Alb und schüttelte kaum merklich den Kopf. "Der Feind täuscht, lügt, betrügt.". Foranir sagte dies mit einer überaus erstaunlichen Leichtigkeit, die Alaryah nur noch weiter verunsicherte. Hatte sie tatsächlich so falsch gelegen? "Des Weiteren stellt sich die Frage, was ihr mit diesem Lichtalben zu schaffen habt. Auch ihn, eine weitere, fremde Person, bringt ihr her?". Alaryah hob entschuldigend die Arme. "Er hätte tot sein können!", platzte es aus ihr heraus. "Ich habe es als meine Pflicht angesehen ihn vor diesen Banditen zu retten!". "Und was, Schattenwind, was wäre, wenn all das ein Komplott ist? Wenn Kräfte von außen genau DAS inszeniert hätten? Ihr "rettet" eine scheinbar hilflose Person und eine weitere, deren Zustand "ungewiss" ist?". Alaryah zog die Augenbrauen zusammen. "Jaro gehört doch nicht zu irgendwelchen Feinden.", murmelte die Albin recht grimmig und war weiterhin davon überzeugt das Richtige getan zu haben. Foranir legte den Kopf schief. "Seid ihr so lang allein in der Wildnis gewesen, Schattenwind?". Alaryah wusste erst nichts mit dieser Frage anzufangen. "Erkennt ihr nicht, dass sich das alles hier um ein Spiel handeln könnte? Ich hätte Euch wahrlich mehr zugetraut.". Alaryahs Lippen bewegten sich, doch brachte sie kein Wort hervor. "Ihr meint tatsächlich, dass mich Jaro nur ausgenutzt hat? Dass er mit Kirona unter einer Decke steckt um uns zu schaden?!". Die Stimme der kleinen Albin überschlug sich fast. Sie war zwar weiterhin davon überzeugt, dass die Ereignisse der nahen Vergangenheit kein abgekatertes Spiel waren, doch langsam aber sicher drang Foranir in den Kopf der Albin ein und begann dort Unfrieden zu stiften.



    Jaro Ballivòr
    Den Rest des Weges brachten sie schweigend hinter sich. Rankenfels baute sich noch immer mit der selben Eleganz um Jaro herum auf, schlängelte sich um die Bäume und schmiegte sich in den Fels, doch die Schönheit drang nicht zu ihm durch. Ungewissheit fraß sich unerbittlich in seine Eingeweide und ihm wurde schmerzlich bewusst, dass er hier ein Fremder war. "Hier hinein", brummte sein Begleiter und Jaro hob das erste Mal den Kopf, um sich umzublicken. Er hatte alles erwartet, nur das nicht. Offenbar stand ihm die Überraschung ins Gesicht geschrieben. "Habt Ihr einen Palast mit rotem Teppich erwartet?", grollte der Krieger und hielt weiterhin die kleine Tür auf. Jaro schluckt und trat in die Dunkelheit des Baumes. Als der große Albe es ihm gleich tat, war der Raum fast vollständig ausgefüllt, zumal ein Großteil von den letzten Stufen einer engen Wendeltreppe eingenommen wurden. Meter um Meter kämpften sie sich hinauf und bald brannten nicht nur Jaros Lungen sondern auch seine Oberschenkel, da ihn der Waldalb in hohem Tempo vorantrieb. Schwindel setzte ein und Jaro meinte schon, er müsse bald hinunter stürzen, als sie endlich das Ende der Treppe erreichten. Erneut öffnete der Mann eine Türe und die grelle Morgensonne blendete Jaro. Schützend hob er eine Hand vor die Augen und stolperte hinaus auf eine unerwartet große Plattform weit über dem Boden. Ein unfassbarer Blick bot sich ihm. So weit das Auge reichte wogte das grüne Meer der unzähligen Baumwipfel, nur hie und da unterbrochen durch den ein oder anderen Hügel. Allerdings war Jaro nicht hier, um die Aussicht zu genießen. An der Brüstung standen ein Tisch und mehrer Stühle, von denen einer besetzt war. Die Person saß mit dem Rücken zu ihnen und blickte in die Ferne. "Bringt ihn her." Jaro spürte die Hand des Kriegers im Rücken, als dieser ihn vorwärts schob. Der Alb wandte sich um und Jaro fand sich dem schneidenden Blick zweiter hellgrüner Augen ausgesetzt, die von geschwungenen Augenbrauen umrahmt wurden, ebenso orange-rot wie das lange, glänzende Haar. "Willkommen, Jaro. Ich darf Jaro sagen?" Schüchtern nickte er und blickte dem Gegenüber auf die Nase, um den messerscharfen Augen auszuweichen. "Siehst du all dies?" Er vollführte eine halbkreisförmige Geste mit seiner langfingrigen Hand. Wieder nickte Jaro. "Und weißt du was das ist?" "Das.. das Waldreich", antwortet er leise. "Wie bitte? Ich habe dich nicht ganz verstanden." Jaro räusperte sich. "Das Waldreich", sagte er lauter. "Richtig. Das Waldreich." Er schlug die Beine übereinander und musterte Jaro mit erhobenem Kinn. "Und mehr... es ist Holz. Es ist Erde. Es ist Gestein. Es ist Magie. Es ist ... Gold" Jaro zwang sich, den Mann anzusehen. Eine leichte Röte war in dessen Wagen getreten, seine Augen glitzerten. "Wegen was davon bist du hier?"



    Alaryah Schattenwind
    Foranir ging weiter stumm die Aufzeichnungen in dem Buch durch. Von dem Alb, der sich hinter ihm postiert hatte, kam keinerlei Regung. "Jaro ist kein Feind, ebensowenig Kirona!", beteuerte Alaryah schließlich. "Kirona wird nur benutzt, sie kann nichts dafür, sie ist unschuldig!". Keine Reaktion von Foranir, die Augen des anderen Alben fixierten Alaryah kühl und abschätzend. Dann plötzlich seufzte Foranir. "Ihr seid bei einer Schamanin gewesen.", stellte er fest, sah nun wieder in Alaryahs Augen. Diese nickte nur. "Für wie wahrscheinlich haltet Ihr es, dass auch die Sinne dieser Schamanin getäuscht worden sind?", fragte er. Alaryah hatte darauf keine Antwort. Sie wusste einfach zu wenig von dem Handwerk der Schamanen, als dass sie eine qualifizierte Antwort hätte geben können. "Was konntet ihr über die Tätowierungen der Frau, die ihr Kirona nennt, falls dies überhaupt ihr richtiger Name ist, herausfinden, Schattenwind?". Auch hier brauchte Alaryah eine gewisse Zeit für eine Antwort. Sie beschrieb die Erlebnisse, dass die Tätowierungen leuchteten. "Hätte euch genau DAS nicht zu denken geben sollen?!". Das erste Mal in diesem Gespräch hob Foranir tatsächlich die Stimme. Alaryah zuckte zusammen. Wie konnte solch ein Alb nur dieses Gefühl des Unbehagens hervorrufen?! Alaryahs Gedanken rasten zu ihrer Familie. Seit Generationen waren sie Waldläufer gewesen, hatten die Grenzen des Reiches geschützt. Hatte sie gerade Schande über sie gebracht? Hatte sie tatsächlich so falsch gehandelt und damit sich selbst, ihre Familie, Freunde und alle anderen in Gefahr gebracht? Was wusste sie eigentlich wirklich über Kirona? Hatte sich die Albin tatsächlich zu sehr darauf verlassen, dass die Frau die Wahrheit gesagt hatte? "Schattenwind.", unterbrach Foranir erneut die unangenehme Stille. "Wir haben Aufzeichnungen und Berichte über Eure bisherige Reise erhalten.". Der Alb schnipste mit den Fingern, der andere Kerl kramte aus seiner Umhängetasche einen Stapel Pergament hervor und überreichte diesen. "Könnt ihr mir...dazu etwas sagen?", fragte Foranir schließlich und hielt Alaryah ein Blatt aus dem Stapel hin. Zuerst rührte sich die kleine Albin nicht, erst, nachdem der Begleiter von Foranir den Pergamentbogen übergeben wollte erlangte sie die Kontrolle über ihren Körper zurück. Mit zittriger Hand griff Alaryah nach dem ihr vorgehaltenem Blatt. Unsicher und mittlerweile leicht verängstigt begann sie zu lesen.



    Jaro Ballivòr
    "Ich... ich war auf dem Weg nach Hause. Ich bin wegen nichts hier." Der rothaarige Alb sah ihn weiter scheinbar grübelnd an. "Du bist schon ganz schön lange hier dafür, dass du nur auf der Durchreise bist, findest du nicht?" Eine Hauch Arroganz schwang in seiner Stimme mit. "Das habe ich den hohen Herren gestern schon berichtet." "Da war ich aber nicht dabei." Seine Armreifen klirrten, als der das Haar über die Schulter warf. "Ich kenne euch. Lichtalben... kaum zu glauben, dass wir einmal ein Volk waren. Materialistisch, kaltherzig und rücksichtslos. Wie lange arbeitest du schon für die Handelallianz?" Die Frage kam vollkommend überraschend für Jaro. "Was?" "Du hast mich schon verstanden." Jaros Blick zuckte zu dem Krieger, doch dieser hatte den Kopf abgewandt. "Ich weiß nicht einmal, was das ist", sagte er verzweifelt. "Es wurden Leichname gefunden, die zweifelsohne Naridier waren. Und zuvor warst du bei Ihnen. Mit dieser Frau." Hektisch schüttelte Jaro den Kopf. "Nein, also ja, ich habe sie beobachtet, denn sie behandelten Kirona schlecht und schändeten den Wald und ich wollte helfen." Mit einer ungeduldigen Geste unterbrach ihn sein Gegenüber. "Und so brachtest du unsere Waldläuferin auf deine Seite. Geschickt." Entsetzt weitete Jaro die Augen, als er erkannte, wohin das Gespräch führte. "Nein. Bitte. Fragt die... Männer und Frauen aus dem Rat, wir haben ihnen alles erklärt. Ich stamme aus Avinar, aus der Siedlung Calorod..." "Genug." Der Mann erhob sich. Auch er war überraschend groß, im Gegensatz zu dem Krieger aber außerordentlich dürr. "Ich weiß, dass du aus Avinar stammst. So etwas sehe ich sofort. Ich kenne dein Volk vermutlich besser, als du. Und doch beweist das nichts. Habgierige Leute greifen zu allerlei List, um zu bekommen, was sie wollen." "Wir haben doch nur versucht zu helfen." Eine der ohnehin schon stark geschwungenen Augenbrauen schob sich noch höher nach oben. "Indem ihr eine Mörderin beschützt?" "Sie wird benutzt, sie ist unschuldig. Bitte tut ihr nichts. Sie hat solche Fortschritte gemacht, seit wir bei der Schamanin waren und endlich geht es ihr gut." Der Alb ging an die Brüstung und lehnte sich darüber. "Zu gut", murmelte er kaum merklich und als er den Kopf wandte, schienen seine Augen noch stärker zu leuchten.



    Alaryah Schattenwind
    Alaryah las die Worte auf dem Pergament. Es schien, als würde jedes Wort in ihrem Kopf wiederhallen. Es handelte sich um einen Bericht, wo die drei Gefährten hergezogen sind. Jede Kreuzung, jede Biegung, alles war erstaunlich gut und im Detail aufgeführt. Man hatte sie also doch irgendwie beobachtet. Alaryah zweifelte nun noch mehr an ihren Fähigkeiten. Eigentlich hätte sie etwaige Verfolger, selbst wenn es Alben gewesen sind, bemerken müssen?! "Genau das ist unser Weg gewesen.", stammelte sie schließlich und war sich unsicher, was sie nun mit diesem Bericht anfangen sollte. Der Alb erhob sich von seinem Platz, lies das Buch einfach so geöffnet liegen und ging auf die kleine Albin zu. Sein Scherge rührte sich nicht. Langsam umkreiste Foranir Alaryah. "Vielleicht wäre es gut, wenn wir Euch einer Kontrolle unterziehen würden?", fragte er, wobei diese Frage eher rhetorisch zu sein schien. Was hätte Alaryah auch darauf sagen sollen? "Wir sollten Eure Gedanken, euren Verstand untersuchen lassen.", überlegte der Alb laut, während er weiter seine Kreise um Alaryah zog. "Wer weiss, was ihr, bewusst oder unbewusst, erlebt habt und nun vor uns verbergen wollt?". Alaryah bekam weiche Knie. "Ich habe doch schon alles gesagt, was ich weiss.", versuchte sie sich mit gedämpfter Stimme zu erklären. Sie senkte den Kopf, fühlte sich hilflos und allein. "Was habt ihr mit Jaro gemacht? Wo ist er? Was ist mit Kirona?". Keine Antwort. "Ihr solltet euch nicht darauf verlassen, dass es sich bei diesen Personen tatsächlich um eure Gefährten handelt.", entgegnete Foranir kühl. Alaryah gefiel nicht, wie er über Jaro und Kirona redete. Was wusste er schon?! Alaryah konnte jedoch nicht weiter darüber nachdenken, einen kurzen Augenblick später stand der Alb auch schon hinter ihr. Mit einem kurzen, dennoch recht heftigen Tritt in die Kniekehlen brachte der Alb Alaryah zu Boden. Unsanft prallten ihre Knie auf den kargen und mit glatten Steinen gepflasterten Untergrund. Alaryah keuchte, sie verlor natürlich den Halt und ihr Körper fiel nach vorn. Schmerz durchzuckte ihren Körper, als der Alb ihre Haare zu packen bekam. Mit einem Ruck riss er ihren Kopf nach hinten, hielt sie vom Fallen ab. "AAAaaaaahhhh!!!", keuchte die kleine Albin und griff reflexartig nach dem Unterarm von Foranir. Sein Scherge wollte gerade einen Schritt auf sie zumachen, doch er hielt inne, als Foranir die Hand hob. Dann zog er die Albin an den Haaren näher an sich heran. "Oh Schattenwind.", hauchte er ihr bedrohlich ins Ohr. "Ich hoffe für Euch, dass ihr die Wahrheit sagt. Versteht mich nicht falsch, ich mache das hier wirklich alles andere als gerne, jedoch ist es nunmal meine Pflicht.". "Falsches Bedauern ist das einzige, was ich in Eurer Stimme höre!", fauchte Alaryah, doch konnte sie den Griff nicht lösen. "Na, na. Wir sind doch nur gemeinsam auf der Suche nach der Wahrheit.", erklärte der Alb und machte eine Handbewegung in Richtung seines Begleiters, der daraufhin die Tür öffnete. Eine weitere Person betrat den Raum. Es handelte sich um eine junge Albin, genauer gesagt um ein Albenkind. Das kleine Mädchen näherte sich schnurstracks Alaryah, hatte dabei einen absolut leeren Blick. Alaryah wandte sich, blieb jedoch hilflos. Das Albenmädchen blieb schließlich vor Alaryah stehen, sah ihr tief in die Augen und packte plötzlich, mit wahnsinnigen Reflexen, Alaryahs Kopf. Den Bruchteil einer Sekunde später fühlte Alaryah nur noch Kälte von den Händen des Kindes ausgehend.Alarah warf den Kopf nach hinten, wollte schreien, doch kein Laut kam über ihre Lippen.



    Jaro Ballivòr
    Unter dem unheimlichen Starren der Augen sank Jaro noch mehr auf seinem Stuhl zusammen. Sein Blick ging zu Boden und da sah er es. Die Hose des Mannes war an einem Bein etwas hoch gerutscht, hing nach der sitzenden Haltung noch am Knie fest und so lag ein Stück Bein frei. Jaros Brust hob und senkte sich schneller und er konnte den Blick nicht abwenden. Filigrane, verzweigte Tätowierungen rankten aus dem Hosenbein hinaus bis zum dünnen Knöchel des Mannes. Es gab keinen Zweifel. Schnell hob er den Kopf, um keinen Verdacht zu erwecken. Ob Kirona etwas damit zu tun hatte? Nein... er konnte, er wollte das nicht glauben. "Wir können dich nicht ziehen lassen, Jaro", ergriff der Alb wieder das Wort. "Du hast eine Gefahr in unseren Wald gebracht. Wir werden nicht zulassen, dass du sie weiter verbreitest." Er ließ von der Brüstung ab. "Emur, bring ihn um." Entsetzen überflutete Jaro. Nein! Das war eine Falle! Er musste es dem Krieger namens Emur sagen, er musste... doch sein Mund schien ausgetrocknet und er brachte kein Wort heraus. Trotzdem geschah nichts... "Emur!", drängte der Alb. "Wir bestrafen nicht mit dem Tod." Seine Stimme war sachlich und ruhig und doch meinte Jaro einen leicht fragenden Ton darin zu hören. "Dies ist ein Notfall!" Er war kurz davor die Fassung zu verlieren. Verstärkt fiel Jaro nun auf, wie untypisch er sich für einen Waldalben verhielt. Er war ungeduldig und aufbrausend und kalt. "Unser ganzes Reich ist in Gefahr." Emur jedoch blieb standhaft. "Leute von Rang werden das Schicksal der Eindringlinge entscheiden. Deine Aufgabe ist nur, dem Lichtalben auf den Zahn zu fühlen." "Und er ist überführt!", schrie der Alb nun. "Wenn wir ihn laufen lassen, sind wir verloren!" Sein Gesicht war vor Wut verzerrt und Jaro sah voll Erleichterung, dass sich Misstrauen in Emurs Gesicht breitmachte. "Ihr habt überhaupt noch nichts herausgefunden", sagte er. "Wenn ihr fertig seid, werde ich ihn ins Hauptquartier bringen." "Das kann ich nicht zulassen." Eine tiefe Bedrohung lag in seiner Stimme. Er ging auf Jaro zu, der instinktiv zurück wich. Emur stand da wie hypnotisiert. Der rothaarige Alb beschleunigte seine Schritte und zog ein kleines Messer aus seinem Oberteil. Er würde ihn abstechen! Aus Entsetzen wurde Panik. "Emur!", schrie Jaro verzweifelt.


    Alaryah Schattenwind
    Stille umgab Alaryah. Da war nichts. Gar nichts. Dunkelheit. Nur sie selbst schien in dieser Dunkelheit ein Licht zu sein. "Ha..hallo?", fragte Alaryah unsicher, sah sich dabei um, doch weder antwortete jemand, noch konnte sie etwas erkennen. Dann plötzlich raste etwas auf sie zu. Es war wie das Zucken eines Blitzes und da war sie wieder...diese Kälte. Mit lautem Getöse schossen Bilder an dem inneren Auge der kleinen Albin vorbei, welche keuchend nach Luft schnappte. Sie sah Jaro, wie er sich gegen die Schergen, die Kirona gefangen hielten zur Wehr setzte. Nur wenige Augenblicke später erschien der Hauptmann, tauchte plötzlich wie aus dem Nichts auf, salutierte während eine Hand ruhig auf dem Knauf seines Schwertes lag. Sie sah die Schamanin in ihrem Hain, von sanft leuchtenden Laternen umringt, sah, wie sie sich zu ihr umdrehte und lächelte. Dann zerfiel alles wie Glas, welches klanglos splitterte. Während eines Wimpernschlages flackerte kurz ein Gesicht vor Alaryah auf. Sie war sich sicher, dieses Gesicht schon einmal gesehen zu haben. Es kam nicht wieder. Alaryah kniff ihre Augen zusammen, konzentrierte sich. Wen hatte sie gerade gesehen? Was war passiert? Sie hatte ein Fest besucht. Sie war nicht allein gewesen, nein, da war noch jemand. Eine Person aus Licht und eine weitere, um die eine düstere Aura zu wabern schien. Etwas zerrte an der kleine Albin. Sie ließ sich nicht beirren, versuchte ihre Gedanken zu fokussierern. Da war dieses Albenkind gewesen. Es war, als würde sie jemand festhalten während sie in die entgegengesetzte Richtung rennen wollte. Dann kam der Befreiungsschlag. Wie von gesprengten Ketten gelöst spurtete Alaryah hinfort, weg von dem, was sie halten wollte. Kurz erschein das Albenkind, schien etwas festzuhalten und dann den Griff zu lösen. Dann rauschte es, die kleine Albin fiel wie vom Blitz getroffen zu Boden, hielt sich wimmernd die Ohren zu...


    Langsam öffnete Alaryah die Augen. Sie war nicht mehr in dem Raum, in dem sie zuvor verhört worden war. Ihr Blick wurde klarer. Sie war...draußen? Die Sonne war bereits aufgegangen und tauchte die Umgebung in ein warmes und wohltuendes Licht. "Oh, ihr seid wach.", sagte jemand neben ihr. Noch etwas benommen drehte Alaryah ihren Kopf zur Seite. Sie fühlte sich, als wären mehrere Handelskarren über sie drübergefahren. "Wach...ja...", war das einzige, was sie hervorbrachte. "Ihr habt die Befragung gut überstanden.", sagte die Stimme und fügte ein "Und den...nunja, Eingriff in Eure Gedanken ebenfalls. Nicht viele Personen überstehen das unbeschadet.". Alaryah richtete sich auf, kam irgendwie auf die Beine. Vor ihr stand ein junger Alb mit kurzem, blonden Haar. "Ich habe Euch dort ein paar Kleinigkeiten bereitgestellt.", erklärte er und deutete auf einen kleinen Tisch, auf dem mehrere gefüllte Teller und Krüge standen. "Ich kann Euch beruhigen. Euch wird nichts mehr passieren. Ihr seid von den hohen Herren nachträglich kontrolliert und für ehrlich beurteilt worden, wenn ich es mal ganz simpel ausdrücken darf. Alles was Ihr sagtet entsprach der Wahrheit und ihr habt nur nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt, habt dabei richtig gelegen. Man wollte eucht, eure Loyalität testen.". Alaryah brauchte einen Moment um das gesagte zu verstehen. "Mich testen?". "Ja.", sagte der junge Mann und nickte "Das Band zwischen Euch und euren Gefährten ist stark. Nicht nur in dieser Welt.". Er kam näher. "Ihr könnt der Frau helfen.", hauchte der Alb kaum hörbar. Kurz sah er sich um, fügte dann flüsternd "Ihr müsst bald aufbrechen. Seid unbesorgt, ihr habt hier keine Feinde mehr." hinzu. Alaryah fasste sich an die Stirn. Sie wollte noch etwas fragen, doch da war der Alb bereits verschwunden. Noch etwas zittrig versuchte Alaryah sich zu orientieren, da öffnete sich plötzlich eine Tür nicht weit von ihr entfernt.

    Jaro Ballivòr
    Jaro konnte im Nachgang unmöglich sagen, was er gedacht hatte, als der Tod auf ihn zustürmte und mit seinen knochigen Finger nach seinen Kleidern tastete, sie sogar schon berührte und doch nicht zu fassen bekam. Ebenso wenig erinnerte er sich an die zeitliche Abfolge oder ob es schnell oder langsam passiert war. Instinktiv hatte er die Arme gehoben, um seinen Kopf zu schützen, war weiter zurück gestolpert und hatte immer und immer wieder nach dem großen Alben gerufen, in der Hoffnung der Mann möge ihm zu Hilfe eilen. Dann war er gestürzt und hatte versucht sich innerlich gegen den Messerhieb zu stählen, den er jeden Moment erwartete. Doch nichts geschah. Er wagte über seinen vor das Gesicht erhobenen Arm zu spähen und sah gerade noch, wie Emur den Widersacher mit beiden Händen gepackt hatte und dieser sich wand und schrie und kaum zu bändigen war. Emur hatte größte Mühe dem Messer, den Fingern der zweiten Hand und den Zähnen des Alben auszuweichen. Stöhnend und keuchend versuchte er ihn zu halten und drohte, ihn zu verlieren. Dann warf er ihn von der Plattform. Jaro starrte, während ein spitzer Schrei langsam leiser wurde. Schwer atmend drehte sich Emur zu ihm um. "Er hätte uns beide umgebracht", sagte er, als müsse er sich vor Jaro rechtfertigen. "Tut mir leid. Wir wussten nicht... seit Jahren schon arbeitet er für uns und nie hat einer gemerkt..." "Schon gut", wimmelte Jaro ab, der nicht einmal dran gedacht hatte, Emur irgendeine Schuld zu geben. "Danke...", fügte er noch an.


    Sie stiegen den Baum hinab und Emur verschloss die Türe. "Darf ich gehen?", fragte Jaro. Noch immer wusste er nicht wo Alaryah war und auch nicht, ob mit Kirona alles gut war. Ihn drängte, weg zu kommen. "Das geht nicht. Ich muss Euch zum Hauptgebäude bringen und Bericht erstatten." Jaro wollte widersprechen, doch Emurs Blick ließ ihn innehalten. Unruhig ging Jaro neben dem gerüsteten Alben her und war sich der Blicke bewusst, die sie auf sich zogen. Die Wege waren mittlerweile dicht bevölkert und man sah wohl nicht häufig einen derart gepanzerten Krieger. Jaro ließ den Kopf hängen, um jeglichen Blickkontakt zu vermeiden. Deshalb sah er es auch nicht gleich. Erst als Emur ihn anstieß und "Seht, dort", brummte, bemerkte er sie. Alaryah hatte ihn auch erkannt und egal, ob Emur ihn nun niederstrecken würde oder nicht, rannte Jaro los. Er war so erleichtert und durchgeschüttelt von den neusten Ereignissen, dass er nur noch eines wollte. Emur ließ ihn ziehen und Alaryah eilte ihrerseits auf ihn zu. Sie erreichten einander auf halbem Wege und schlossen sich fest in die Arme.



    Alaryah Schattenwind
    Da war Jaro! Alaryah war sich sicher, dass es sich nicht um ein erneutes Trugbild handeln konnte. Die Umarmung war herzlich, schien beiden irgendwie gut zu tun. Noch bevor Jaro etwas sagen konnte ergriff Alaryah das Wort. "Schön dich zu sehen.". Es klang irgendwie komisch als Alaryah das sagte. Es hätte fröhlich klingen sollen, doch war dort weder Freude, noch Erleichterung in Alaryahs Stimme. Sie löste sich schon fast ruppig von Jaro, der die kleine Albin leicht irritiert ansah. Alaryahs Blick ging an Jaro vorbei, da näherte sich in der Ferne bereits ein gerüsteter Krieger! Dann plötzlich brachen alle Dämme über Alaryah zusammen. Erst jetzt wurde ihr so langsam klar, was gerade alles passiert war. Ihr Blick wurde verschwommen als sie sich heftig um Jaros Hals warf. "Es war furchtbar.", wimmerte die sonst so starke Albin in Jaros Oberarm. "Man hat mich in der Frühe geholt, dann war jemand in meinem Kopf!". Sie schaute Jaro nun direkt an, dicke Tränen kullerten über ihre Wangen. "Er hat gesagt ihr seid böse und ich hätte versagt, mich völlig falsch verhalten.", schluchzte die kleine Albin und fuhr mit zittriger Stimme fort: "Am Ende ist das alles nur eine Art Test gewesen, eine ganz gemeine Sache! Wie können Alben nur so etwas tun?!". Alaryah suchte verzweifelt nach Antworten, fand jedoch keine. Erneut vergrub sie ihr Gesicht in Jaros Oberteil. "Ich möchte nie, nie wieder so eine Befragung mitmachen.", brummelte sie. Es dauerte eine Zeit lang, bis sich Alaryah wieder beruhigt hatte. Vielleicht würde es noch etwas dauern, bis die kleine Albin das Gewühle in ihrem Kopf verabeitet hatte, doch bestand kein Zweifel daran, dass sie es schaffen würde. Mit einer gehörigen Portion Misstrauen funkelte Alaryah nun Emur an, der direkt zwei Schritte zurückwich. "Wir müssen so bald wie möglich weiterziehen.", flüsterte Alaryah Jaro schließlich in Ohr, während sie damit kämpfte nicht wieder in Tränen auszubrechen. "Es ist nicht wegen mir, es ist wegen Kirona. Wir können ihr helfen.". Die Albin wischte sich mit dem linken Ärmel etwas unbeholfen das Gesicht trocken. "Können wir heute noch abreisen?", fragte sie Jaro, während Emur wieder näher kam. "Was ist mit Kirona?"

  • Jaro hielt Alaryah fest, während alles aus ihr herausströmte. Er wusste auch gar nicht, was er sonst hätte tun sollen und war sogar ein wenig erleichtert, dass sie nach dem apathischen Start des Wiedersehens ihm nun ihre Gefühle offenbarte und Linderung bei ihm suchte. Erneut war sie hart auf die Probe gestellt worden und hatte offensichtlich wieder zu ihm und Kirona gehalten. Kaum wagte der Junge sich auszumalen, was die Worte „dann war jemand in meinem Kopf“ bedeuteten…


    „I-ich weiß es nicht“, sagte Jaro schwach und drehte sich ebenfalls zu Emur herum. „Auch bei mir ist heute Morgen etwas geschehen… und Kirona… die lag zumindest noch im Bett, als ich fort bin.“ Fragend blickte Alaryah Jaro an und er öffnete den Mund, um schnell zu schildern, was passiert war, doch Emur kam ihm zuvor. „Ballivòr muss einen Mord bezeugen. Vorher wird er nirgends hingehen“, knurrte der Krieger. „Los jetzt.“ Er schob Jaro auf das Gebäude zu und der Alb warf einen gequälten Blick in Alaryahs Richtung. „Ich erzähle es dir nachher!“, rief er. „Sieh nach Kirona, Alaryah. Ich komme so schnell ich kann.“ „Wir werden sehen“, donnerte Emur und schleifte Jaro endgültig weiter.
    Schon auf dem Gang begegneten sie einem teilweise ergrauten Alben. „Ah, Emur, schon zurück?“ Sein Blick fiel auf Jaro und prüfte ihn. „Weshalb bringst du den Jungen? Wie fiel Thormins Einschätzung aus?“ „Thormin war wohl nicht der, für den wir ihn hielten.“ Emurs Ton war weiter nüchtern und klang fast ein wenig gelangweilt. Der andere Mann hingegen zog angestrengt die Brauen zusammen. „Was?“, und als Emur zu einer Antwort ansetzte, fügte er schnell an: „wir brauchen nicht auf dem Gang zu reden.“ Bevor er auf dem Absatz kehrt machte, blieb sein Blick noch einmal an Jaro haften und wanderte dann fragend zu Emur. „Der Junge soll mitkommen. Ich brauche ihn als Zeugen.“ „Als Zeugen!“, wiederholte der andere in einem ironischen Tonfall, so als überrasche ihn all das überhaupt nicht. Und so kam es, dass Jaro sich ehe er sich versah, wieder am selben Ort befand wie tags zuvor, auch wenn es ihm vorkam, als wäre es schon Wochen her. Sachlich und schnell erklärte Emur was geschehen war. Dass er Jaro wie befohlen auf den Späherbaum gebracht hatte, dass Thormin die Befragung gestartet und dann recht schnell den Tod des Jungen gefordert und schließlich selbst auf ihn losgegangen war. Der ältere Alb hörte sich alles mit starrer doch sorgenvoller Miene an. „Du hast ihn vom Späherbaum geworfen?“, sagte er als Emur geendet hatte und der große Mann nickte. „Hättest du ihm nicht einfach eine Klinge ins Herz jagen können? Oder ihm den Hals umdrehen? Irgendetwas, das nicht die ganze Stadt mitbekommt??“ Die letzten Worte waren zusehends lauter geworden und er schlug eine Faust auf den Tisch. „Hast du jemanden hingeschickt?“ „Mein Herr Foranir, ich kam auf dem schnellsten Wege hierher!“, verteidigte sich Emur. Der Alb namens Foranir schloss für einen Moment die Augen und atmete tief durch. Dann nahm er ein kleines Glöckchen vom Tisch und ließ es zwei Mal leise läuten. Jaro bezweifelte, dass irgendwer den zarten Ton hören konnte, doch binnen Sekunden erschien ein anderer Alb und nahm Foranirs Befehle entgegen, die Leiche zu suchen und schnellstmöglich hierher zu bringen. „Hoffen wir, dass sich die schaulustige Meute noch in Grenzen hält“, knurrte er schließlich zu Emur. „Und nun zu Thormin. Ich kenne ihn seit einiger Zeit und mir ist nichts an ihm aufgefallen, wenn man seine arrogante Art einmal außen vor lässt. Vor ein paar Stunden hätte ich noch meinen wollen, dass er vielleicht gute Gründe hätte, den Jungen anzugreifen… doch nun…“ Eine kurze Pause folgte, in der Foranir einfach nur ins Leere starrte. „Doch nun kenne ich die Geschichte der Waldläuferin genau und nichts deutet mehr darauf hin, dass dieser Lichtalb und die merkwürdige Frau Teile eines Komplotts sind…“ Emur nutzte die erneute Atempause. „Er hielt sich nicht an den Kodex. Eine Todesstrafe? Noch dazu ohne Prozess? Und hätte ich nicht gehandelt, hätte er erst den Jungen und dann eventuell sogar mich niedergestreckt. Er war nicht zu bändigen… wie ein wildes Tier… Der Junge kann es bestätigen. Ballivòr, ist doch so?“, wandte sich Emur an Jaro und auch Foranirs Blick haftete ihm an. Leise räusperte er sich. „Ja… er fiel mich an und… da ist noch mehr.“ Jaro schluckte. „Wo ist noch mehr?“, hakte Foranir sofort nach. „Kurz bevor er auf mich losging, war sein Bein ein wenig entblößt und ich sah Tätowierungen. Solche, wie auch Kirona trägt. Sie hat uns erzählt“, der ältere Alb unterbrach ihn mit einer Geste der Hand. „Ich weiß: es sind Symbole deren Ausbildung.“ Dann rieb er sich die Hände über das Gesicht. „Kannst du das bezeugen, Emur?“ Der große Mann schüttelte den Kopf. „Ich habe nichts dergleichen bemerkt. Doch ich habe auch nicht darauf geachtet.“ Foranir seufzte. „Wenn die Leiche da ist, werden wir es wissen.“ Nun war es an Emur sich zu räuspern. „Herr Foranir… wegen meinem Mord…“ Müde blickte der Alb auf. „Dein? Ach, ja… ja. Ich glaube dir, Emur. Du bist ein treuer und wahrhaftiger Mann. Es sei denn, du hast auch irgendwelche Tätowierungen, die du mir zeigen solltest? Trotzdem kann ich noch immer nicht gutheißen, wie du es getan hast. Lass uns warten, bis die Leiche da ist. Dann schreibe ich einen Bericht, der dich entlastet.“ Wieder kehrte angestrengte Stille ein. Die Grübelei des alten Alben war fast greifbar. „Wie lange ist Thormin schon bei uns? Jahre…“ Tiefe Sorgenfalten gruben sich in seine Stirn. „Ich fürchte, wir haben es hier mit etwas wirklich Großem zu tun und nicht ihr habt es auf unsere Türschwelle geführt, ihr habt es nur entblößt.“ Seine intelligenten Augen ruhten auf Jaro, dem plötzlich etwas einfiel. „Mein Herr?“, stammelte er. „Dieser Thormin schien verärgert darüber, dass es Kirona besser geht. Ganz, als sorge ihn das, oder mache ihm sogar Angst. Vielleicht kann sie helfen.“ Foranir nickte mehrmals. „Das ist…“, weiterhin nickte er und kniff immer wieder die Augen zusammen, ließ aber niemanden an seinen Gedanken teilhaben. „Ja“, schloss er schließlich, „es bestätigt mich nur noch mehr in meiner Entscheidung: Ihr müsst Rankenfels verlassen. Möglicherweise seid ihr unsere einzige Chance.“

    ~ Die größte Offenbarung ist die Stille ~


    Laotse

    [imgk]Bitte melde dich an, um diesen Link zu sehen.[/imgk]

  • Man hatte Alaryah einfach so stehen gelassen. Einen Moment lang schaute die Albin auf die Tür, die sich hinter Jaro und dem Soldaten geschlossen hatte. Dann schließlich sammelte sie sich. Ihr Blick flog zu dem von dem jungen Alben bereitgestellten Tisch und sie eilte hinüber. Dort angekommen trank Alaryah gierig aus einem Krug mit kühlem Wasser, was schließlich einige Lebensgeister in ihr wieder erweckte. Mit ein paar Äpfeln, einem Kanten Brot und zwei Karotten im Gepäck raste Alaryah nun zurück in Richtung ihrer Behausung. Kirona. Sie hoffte, dass sie die Frau unversehrt vorfinden würde...


    Als Alaryah hastig die Behausung der Waldläufer betrat fand sie Kirona vor, die zusammen mit ein paar Alben gerade beim Frühstück war. "Schattenwind!", rief einer der Waldläufer und machte eine einladende Geste. "Wo seid ihr gewesen? Setzt Euch doch, wir speisen gerade.". Alaryah überging die Einladung mit erhobener Hand und stampfte schon fast auf Kirona zu. "Kirona, wir reisen ab. Pack deine Sachen.". Kirona sah die Albin mit großen Augen an. "Alaryah, was...". "Ich erzähle dir alles unterwegs.", gab diese nur kühl zurück. "Pack auch Jaros Habe ein.". "Schattenwind, was ist passiert? Was ist der Grund für eure plötzliche Abreise?", fragte einer der Waldläufer, der aufgestanden war und sich nun Alaryah näherte. Gerade, als er ihre Schulter berühren wollte, wirbelte die Albin herum. "Wir. Reisen. Ab.", zischte sie. "Verzeiht.", fügte sie an und schüttelte den Kopf. "Wir haben noch einiges zu erledigen.". Der Waldläufer wich etwas zurück, nickte dann jedoch. "Ich denke ich spreche im Namen von uns allen, wenn ich sage, dass ich Euch und Euren Gefährten alles Gute für...die Mission...wünsche.". Alaryah nahm dies stumm zur Kenntnis.
    Gemeinsam mit Kirona und dem Gepäck der Gruppe verließ die Albin wenig später die Unterkunft. Natürlich hatten sie sich für ihre Bleibe bedankt, doch verlief der Abschied wenig herzlich. Die Waldläufer schienen zu verstehen, dass irgendwas vorgefallen war und hatten Alaryah in Ruhe gelassen. "Alaryah, warte doch mal!", sagte Kirona mit erhobener Stimme und versuchte mit der Albin Schritt zu halten. "Was ist passiert? Wo seid ihr gewesen?". Alaryah antwortete erst nicht, gab dann doch ein "Gleich..." über die Schulter zurück. Zu allem Überfluss kreuzte Linor ihren Weg. "Oh, da seid ihr ja wieder. Ich...". "Nicht jetzt.", entgegnete Alaryah knapp und rauschte an dem Alben vorbei. Kirona folgte, zuckte nur kurz mit den Schultern und auch Linor blieb leicht verwirrt zurück.


    Vor den Toren der Stadt kam Alaryah endlich zum Stehen. Sie legte ihr Gepäck ab und setzte sich auf einen großen Stein am Wegesrand. Kirona, leicht außer Atem, tat es ihr gleich. "Was ist denn nun eigentlich vorgefallen?!", fragte die Frau und wollte endlich Antworten haben. Alaryah schaute zurück, sah die Wachen vor dem Tor. "Warte einen Moment.". Sie ging zu den Wächtern herüber, sprach mit ihnen und schließlich marschierte einer von ihnen davon. Alaryah kehrte zu Kirona zurück. Bevor diese erneut etwas fragen konnte ergriff Alaryah das Wort. "Jaro und ich wurden abgeholt und...befragt.". "Ist...ist es wegen mir?", fragte Kirona unsicher und fühlte sich sichtlich unwohl. Die Albin nickte, fügte dann jedoch an:"Aber nicht nur das. Es ging um all das, was wir bisher erlebt haben. Zumindest war es bei mir so.". Alaryah brachte Kirona auf den aktuellen Stand der Ereignisse. Die Frau hatte scheinbar ein schlechtes Gewissen, schließlich hatte sie nie gewollt, dass Jaro und Alaryah wegen ihr etwas zustößt. "Und nun müssen wir hier warten. Ich habe einen der Wächter geschickt, sodass er Jaro sagen kann, dass wir hier auf ihn warten.". Unangenehmes Schweigen erfüllte die Situation. "Jaro kommt doch zu uns, oder?", fragte Kirona schon fast unsicher. Alaryah dachte kurz über die Frage nach, doch war sich dann sicher. "Ja. Er wird herkommen.". Die nächste Zeit verging quälend langsam. Immer wieder schaute Alaryah in Richtung Tor in der Hoffnung, dass schon bald der Lichtalb hindurchlaufen würde. In Gedanken legte sich Alaryah schon die nächsten Punkte ihrer Reise zurecht. "Wir werden nach Westen ziehen.", erklärte Alaryah Kirona irgendwann. Gerade, als Alaryah in ihre Umhängetasche griff um einen Apfel hervorzuholen, fiel ihr eine kleine Pergamentrolle auf, die sie zuvor gar nicht bemerkt hatte. Das Pergament war mit einem roten Band umwickelt, welches die Albin schnell entknotet hatte. Sie las die geschriebenen Worte, knüllte das Pergament zusammen und schaute zu Kirona hinüber. "Norden.", sagte sie knapp. "Unser Weg wird uns nach Norden führen.". Kirona wollte nachfragen, doch Alaryahs entschlossener Blick schien keine Rückfragen zuzulassen.

  • Jaro Ballivòr
    Jaro konnte dem ergrauenden Alben nicht ganz folgen, doch er traute sich nicht nachzufragen, denn sein Gegenüber schien tief in Gedanken versunken. Irgendwann riss er sich los und schaute Jaro so plötzlich an, dass der Junge zusammenzuckte. "Seid wachsam, behaltet die Frau im Auge und legt weiter größten Wert auf ihre Genesung. Und nun geht. Ich habe zu tun." Jaro spürte Emurs Hand an der Schulter, doch Foranirs Stimme ertönte erneut. "Du nicht, Emur. Du bleibst, bis die Leiche hier eintrifft. Es ist dringend und darf nicht weiter aufgeschoben werden. Filmir wird unseren Freund hinaus geleiten." Wie aus dem Nichts erschien ein kurzhaariger Alb mit einem freundlichen Lächeln und verbeugte sich wortlos. Jaro wusste nicht recht, was er sagen sollte, also verabschiedete er sich nur knapp und bedankte sich. Sein Kopf schwirrte schon wieder und er zweifelte, dass er alle Erlebnisse so schnell würde verarbeiten können. "Folg mir, Jaro", sagte Filmir mit weicher Stimme und Jaro hatte den Eindruck, die Worte entstünden direkt in seinem Kopf. "Ich war sehr gespannt, dich zu sehen. Du hast Spuren hinterlassen." Verwirrt sah Jaro zum dem neben ihm schreitenden Alben hinüber. "Bei der Frau. Und auch bei unserer Waldläuferin. Beide brauchen dich, wie du sie brauchst, denk immer daran." Das gleißende Sonnenlicht ließ Jaro die Augen zusammenkneifen und obwohl die Worte des anderen ihm sehr rätselhaft erschienen, fragte er nicht nach. Irgendwie wusste er, dass er keine zufriedenstellende Antwort erhalten würde. "Ich habe Grund zu der Annahme, dass deine Gefährten dort", er zeigte eine Straße entlang, "vor Rankenfels Toren auf dich warten." Er zwinkerte. "Äh, danke", sagte Jaro nur und folgte dem Fingerzeig. "Einfach nur gerade a-", er stockte. Von Filmir war nichts mehr zu sehen. Kurzerhand zuckte Jaro mit den Schultern und ging die Straße entlang. Was blieb ihm sonst schon übrig? Wenn er Alaryah und Kirona dort nicht finden würde, könnte er immernoch in die Unterkunft zurück kehren.


    Alaryah Schattenwind
    Schweigend hockten Alaryah und Kirona vor den Toren herum. Alaryah konnte im Augenwinkel deutlich sehen, dass Kirona immer wieder den Entschluss fasste etwas zu sagen, doch schien sie diese Entscheidung dann doch wieder zu verwerfen. Irgendwann kam Bewegung in die Wächter vor dem Tor. Einer der Soldaten trat auf die wartenden Frauen zu und hatte...Jaro im Schlepptau!
    "Endlich.", flüsterte Alaryah, erhob sich von ihrem Sitzplatz und kurze Zeit später waren die drei Gefährten endlich wieder vereint. Gemeinsam brachten sie sich nun auf den aktuellen Stand der Dinge, es gab viel zu erzählen und das Gepäck musste verteilt werden. Gerade, als sie die Stadt fast hinter sich gelassen hatten, sprang plötzlich einer der Waldläufer auf den schmalen Waldweg. Elegant landete der Alb vor ihnen und grüßte freundlich. Er war wie aus dem Nichts gekommen. "Wir haben hier noch eine Kleinigkeit für euch.", sagte er knapp, nachdem er die Aufmerksamkeit der Gefährten recht schnell erhascht hatte. Schweigend legte der Alb mehrere Bündel auf den Weg, nickte den dreien noch einmal zu und zog eine Augenbraue hoch. "Viel Glück auf Euren Reisen, möget ihr stets sicheren Fußes gehen.". Er salutierte nach Waldläuferart, Alaryah reagierte entsprechend. Dann verschwand der Waldläufer wieder im dichten Unterholz. "Was hat er uns dagelassen?", fragte Kirona und traute sich nicht wirklich näher an die Bündel heran. Alaryah hob schließlich eins der Bündel auf und öffnete es. "Proviant!", sagte sie und zeigte den Inhalt ihren Gefährten. "Sie haben tatsächlich für jeden von uns ein Bündel geschnürrt!". Alaryah lächelte. Der Zusammenhalt der Waldläufer war einfach wunderbar. Sie hatten sich sogar die Mühe gemacht und für jeden ein individuelles Bündel zusammengestellt. Die kleine Albin gab die beschrifteten Beutel an ihre Gefährten weiter und war sich sicher, dass sie den Waldläufern auf jeden Fall ihre Dankbarkeit für diese Geste zeigen würde!
    So zog die kleine Reisegruppe durch den friedlichen, dichten Wald. Mal wanderten sie über weiches Moos, welches ihre Schritte fast verschluckte, dann wieder über steinernde Trampelpfade. Einmal polterte sogar ein Rudel Rehe an ihnen vorbei! Jaro und Kirona schienen die Eindrücke des Waldes in sich aufzusaugen, Alaryah hingegen war erstaunlich schweigsam. Auf Fragen antwortete sie irgendwann nur noch knapp, an Gesprächen beteiligte sie sich bald gar nicht mehr. Langsam verschwand die Sonne am Horizont und im Wald wurde es düster. "Wir sollten rasten. Unser nächstes Ziel ist nicht mehr allzuweit, doch sollten wir nicht versuchen uns einen Weg hier durchzuschlagen, bei diesen Lichtverhältnissen.". Endlich kamen ein paar mehr Worte aus der kleinen Albin heraus. Alaryah wäre sicherlich mit einer gewissen Leichtigkeit weiter vorangekommen, doch nahm sie lieber Rücksicht auf Kirona und Jaro. "Ich denke dort vorn ist ein guter Platz.". Sie deutete auf eine große Weide, unter welcher man hervorragend ein Lager aufschlagen konnte. Kurze Zeit später fanden sich die drei an einer kleinen Kochstelle wieder und bereiteten das Abendessen vor. Alaryah ertappte sich immer wieder, wie sie in die sanft flackernden Flammen starrte...


    Jaro Ballivòr
    Obwohl Jaro noch immer in höchstem Maße verwirrt war, hob das Zusammentreffen mit Alaryah und Kirona seine Laune ebenso, wie die unerwartete großzügige Gabe der Waldläufer und die Stille des Waldes. So sehr es Jaro in der Stadt gefallen hatte, so froh war er nun über den Frieden, den die Bäume ausstrahlten, nachdem sich die Ereignisse einmal wieder überschlagen hatten. Er wusste nun im Detail Bescheid, was Alaryah zugestoßen war und er bemerkte durchaus, dass es sie noch sehr mitnahm. Tief in seinem Innern fühlte Jaro, dass er irgendetwas tun sollte, doch er traute sich nicht und wusste auch nicht so recht was. Auch Kirona schien Alaryahs Stimmung zu bemerken, doch sie hatte wohl für sich beschlossen, die Waldalbin am besten ein wenig in Ruhe zu lassen und sprach stattdessen viel mit Jaro über den Wald und besondere Pflanzen und Tiere auf ihrem Weg. Zudem interessierte sie sich sehr für Thormin. "Du bist sicher, dass die Tätowierungen meinen glichen?", fragte sie einmal leise und Jaro nickte zur Antwort. "Ja, sie waren auch so geschwungen und so dicht wie bei dir. Ob sie genau gleich waren, kann ich aber nicht sagen." Kirona schüttelte den Kopf. "Nein. Niemals gleicht eine der anderen." Sie wollte auch wissen, wie der Mann ausgesehen hatte, doch nichts, was Jaro ihr schilderte, gab ihr genug Anhaltspunkte. "Der Einfluss muss stark in ihm gewesen sein und ihm zu schaffen gemacht haben", sagte Kirona dann nach einer kurzen Sprechpause. "Sonst wäre er nicht so schnell aus der Haut gefahren. Du hast Glück, dass der Soldat bei dir war, Jaro. Nichts außer der Tod hätte den Mann noch gebändigt." Jaro schluckte und blickte zu Alaryah. Er hatte wieder so viel Glück gehabt, dass die Situation sich im Nachhinein gar nicht mehr so gefährlich anfühlte und er sicher war, Alaryah hatte viel Schlimmeres durchgemacht.
    Endlich ertönte ihre Stimme einmal wieder, auch wenn ihre Worte nur organisatorischer Natur waren. Jaro lächelte sie aufmunternd an und Kirona teilte ihre Zustimmung ebenfalls freudig mit. In der Tat war der Ort wieder wundervoll. Die tief hängenden Äste der Weide wirkten wie eine Umarmung und automatisch fühlte Jaro sich geschützt. Sie nahmen etwas der Verpflegungspakete und aßen eine Weile schweigend. Hie und da spähte Jaro zu Alaryah, die mit ihren Gedanken weit entfernt war und schließlich fasste er sich ein Herz und ging zu ihr hinüber. Erst blieb er etwas betröppelt neben ihr stehen, dann setzte er sich endlich und legte einen Arm um die überraschend schlanken Schultern der Albin, wie seine Mutter es immer bei ihm getan hatte, um ihn zu trösten. "Alaryah", setzte er an. "Es tut mir leid, was du durchmachen musstest. Wenn ich, - wir - irgendentwas tun können, um zu helfen..." Hilfesuchend blickte er zu Kirona, die in ihren Bemühungen Tee zu kochen innegehalten hatte und hinüber sah. "Ja, unbedingt Alaryah... du hast so viel für uns getan, da möchte auch ich gerne etwas zurück geben, wenn ich kann..." Jaro spürte, wie Alaryah tief einatmete und seufzte.


    Alaryah Schattenwind
    Alaryah wurde durch Jaros Berührung aus ihren Gedanken gerissen. Erst wollte sie seinen Arm abstreifen, entschied sich dann letztendlich doch dagegen. Stattdessen ließ die kleine Albin dumpf ihren Kopf auf Jaros Schulter fallen. Sie schloss die Augen, bleib einen Moment lang einfach nur so sitzen. Schließlich atmete sie tief durch. "Wie schon gesagt.", begann sie leise, fast schon flüsternd. "Die ganze Sache mit diesem...Verhör...", nur schwer schienen ihr diese Worte über die Lippen zu kommen. "Das hat mich einfach mitgenommen. Da war einfach jemand in meinem Kopf, glaubt mir, das ist wirklich kein schönes Gefühl.". Kurz drifteten Alaryahs Gedanken wieder zurück zu dem Moment, diesem einen Moment, der ihr so überaus fremd gewesen war. "Ich habe so etwas noch nie erlebt und möchte es auch nie wieder erleben.". Sie schlug die Augen wieder auf. "Verzeiht, ich wollte euch keine Sorgen bereiten oder dergleichen.". Ihre Worte machten den Anschein, als wolle Alaryah am liebsten aufstehen und verschwinden, doch blieb sie einfach dort, wo sie gerade war. "Ich glaube fast, dass ihr nicht wirklich etwas tun könnt.", sprach Alaryah weiter und eine Prise der Verbitterung klebte an diesen Worten. Alaryah wusste, dass Jaro und Kirona wirklich gerne helfen wollten, doch was hätten sie tun können? Dieser Moment, diese Wehrlosigkeit, dieses schutzlos ausgeliefert sein...es war einfach ein Gefühl, welches die Albin noch nie zuvor gehabt hatte. Sie versuchte es Jaro und Kirona zu erklären, doch auch wenn sie durchaus Verständnis zeigten konnten sie einfach nicht das fühlen, was Alaryah gefühlt hatte. Irgendwann entschied sich Alaryah, dass es so einfach nicht weitergehen konnte. Sie lachte viel zu gern, alsdass sie sich von den Schatten der letzten Tage beeinflussen lassen wollte, zu groß war ihre Lebensfreude, die nach und nach zurückkehrte. Außerdem hatten sie eine Mission zu erfüllen! Woran mochte all diese plötzliche positive Energie liegen? War es die Gesellschaft von Jaro, der sich einfach um sie kümmern wollte? War es Kirona, zu der sich Alaryah irgendwie verbunden fühlte? Sie konnte es einfach nicht definieren. Langsam wurden die Gesichtszüge der Albin wieder weicher, entspannter. "Das schlimmste ist glaube ich erst mal überstanden. Gebt mir einfach noch ein paar Momente, das wird schon wieder.", sagte sie schließlich etwas optimistischer. Im schein des Feuers wirkte die gesamte Szenerie bald fast wie gemalt. "Kirona, sag, hast du noch einen Becher übrig?", unterbrach Alaryah die sich herabsenkende Stille und hielt der Frau ihren Tonkrug hin. Der Tee, so schätzte Alaryah, müsste bald fertig sein und irgendwie glaubte sie, dass so ein Becher bestimmt gut tun würde.
    Alaryah machte sich bald noch einmal auf um das umliegende Gelände abzugehen. Kirona und Jaro hatten ihr zwar angeboten diese Aufgabe zu übernehmen, sodass sie sich ausruhen könnte, doch mochten die Augen der Albin und eine gewisse Ortskenntnis den kleinen, aber feinen Unterschied ausmachen. Alaryah kehrte bald von ihrem glücklicherweise ereignislosen Wachgang zurück und hockte sich wieder ans Feuer. Jaro war zwar gerade im Gespräch mit Kirona, doch hielt dies Alaryah nicht davon ab seinen Arm zu greifen und ihn wieder um sich zu legen. Bald schon flackerten die Augen der Albin vor Müdigkeit und sie war einfach froh nach all diesen Erlebnissen nicht allein zu sein. Gähnend rollte sie sich wie eine Katze ein und verfiel in einen tiefen, erholsamen Schlaf.


    Jaro Ballivòr
    Die Worte fielen Alaryah nicht leicht oder viel mehr, das Erlebte in Worte zu fassen. Und wie Jaro schon befürchtet hatte, gab es nichts, dass sie tun konnten, um ihr zu helfen. Zumindest nichts Sichtbares. "Vielleicht hilft ihr einfach unsere Nähe", hoffte Jaro im Stillen. Er dachte an die Worte Filmirs und blieb einfach sitzen und ließ die Waldalbin sprechen. Irgendwann meldete sich aber Kirona zu Wort. "Es ist leider so. Den Kampf gegen das Gefühl des Eindringens muss man selber führen und gewinnen. Da können wir nicht viel machen." Beinahe hätte Jaro vergessen, dass Kirona selbst lange unter fremder Kontrolle gestanden hatte. "Aber es ist wichtig, dass du weißt, dass wir da sind." Sie lächelte sanft. Alaryah schien auch selbst ein bisschen ruhiger zu werden. Jaro kannte niemanden, der so taff war. Er musste einfach hoffen, dass sie mit den schrecklichen Bildern zurecht kam. Ihre kleinen Routinen würden ihr dabei mit Sicherheit helfen, deshalb willigten Jaro und Kirona schnell ein, als Alaryah wie üblich die Nachtpatrouille antreten wollte. Unterdessen sprach er mit Kirona über das Bogenschießen. Er hatte den kleinen Anhänger gezückt und ließ ihn zwischen den Fingern rotieren, während er die Frau nach verschiedenen Bögen fragte und wie lange sie gebraucht hatte, das Schießen zu lernen. Noch immer konnte Kirona nicht alle seine Fragen beantworten, doch Jaro hatte das Gefühl, dass ihr immer mehr Erinnerungen zuströmten. Alaryah hatte seinen Arm ergriffen und er lächelte zu ihr hinab. Es war schön, das Gefühl zu haben, eine Hilfe zu sein und als Alaryah bald einschlief, schloss er, dass sie ihre Gedanken zumindest ein wenig beruhigen hatte können. Noch eine Weile unterhielt er sich leise mit Kirona, dann kroch auch ihm die Müdigkeit eines langen Tages in die Glieder. Mehrfach fielen ihm die Augen zu, bis Kirona lachend vorschlug, sie sollten wohl auch ein wenig schlafen.

    ~ Die größte Offenbarung ist die Stille ~


    Laotse

    [imgk]Bitte melde dich an, um diesen Link zu sehen.[/imgk]

  • Am nächsten Morgen passierte Alaryah etwas, was ihr seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr passiert war. Sie hatte verschlafen! Als die Albin die Augen öffnete, sich von ihrer Schlafstätte aufrichtete und herzhaft gähnte stellte sie fest, dass Jaro und Kirona bereits auf den Beinen waren. Noch während sie sich streckte hielt sie erstaunt inne und warf einen Blick gen Himmel. "Ja.", bestätigte Kirona, die gerade dabei war ihr Gepäck zu schultern, "Wir haben dich schlafen lassen.". "Du hast geschlafen wie ein Stein.", bestätigte Jaro von weiter hinten. Alaryah war die ganze Sache etwas unangenehm und schon fast unbeholfen krabbelte sie unter ihrer Decke hervor. Jaro und Kirona hatten bereits sämtliches Gepäck abreisefertig gemacht und alles schien nur auf die Albin zu warten. "Das...also...ich wollte nicht...", stammelte Alaryah etwas verlegen, doch wurde sie von Kirona unterbrochen. "Alles in Ordnung. Dir scheint der Schlaf gut getan zu haben. Du siehst direkt frischer aus!". Alaryah nickte nur stumm und bekam schließlich einen Kanten Brot in die Hand gedrückt. Kurze Zeit später konnte die Reise dann weitergehen.
    "Wir sollten unser erstes Ziel bald erreichen.", meinte Alaryah schließlich und schwirrte wie eine Biene um Jaro und Kirona herum. Sie verschwand erst hier im Unterholz, tauchte dann dort aus einem Gebüsch wieder auf. Im Wald wirkte sie fast wie ein Fisch im Wasser. Alaryahs neu gewonnene Lebensfreude hatte etwas erfreuliches und schon bald machte sich gute Laune unter den Reisenden breit.
    Allerdings sollte diese gute Laune nicht lange anhalten. Während Jaro und Kirona munter plauderten blieb Alaryah plötzlich abrupt stehen. Da lag ein sonderbarer Geruch in der Luft. Was mochte es nur sein? Alaryah versuchte sich zu konzentrieren, doch wollte es ihr aufgrund von Jaros und Kironas Gespräch nicht so ganz gelingen. "Alaryah, was ist los? Alles in Ordnung?", fragte Kirona als sie Alaryahs so dastehen sah zwischen zwei Sätzen. "Riecht ihr das nicht?", fragte die Albin leise über die Schulter zum Rest ihrer Reisegruppe. Die beiden schüttelten erst den Kopf, doch dann machte Kirona einen Schritt vor Alaryah. "Doch...warte...irgendwie riecht es...verbrannt?". Fragend schaute sie zu den Alben, auch Jaro schien nun etwas bemerkt zu haben. "Das ist kein kleines Lagerfeuer, da bin ich mir sicher. Große Feuer im Wald sind nie gut! Wir müssen nachsehen, schnell!". Alaryah ging voran, beschleunigte schließlich nach und nach ihre Schritte, immer weiter in die Richtung, in der sie das Feuer vermutete. <Bitte lass es kein Waldbrand sein.>, dachte sie nur.


    Alaryah drückte einen großen Zweig beiseite und kam als erstes am Ort des Geschehens an. Was sich ihr zeigte lies die Albin erstarren. Mitten auf dem Weg lag ein umgestürzter Karren auf der Seite, Glut leuchtete schwach an einigen Stellen und feine Rauchfäden stiegen zum Himmel hinauf. Der Fahrer des Karrens war ähnlich zugerichtet, das Feuer hatte einen Teil von ihm verschlungen. "Was...". Als Alaryah nach links schaute musste sie sich erst einmal an einem nahestehenden Baum abstützen. Ihre Knie wurden weich, sie kniete ab. Dort lagen ungefähr zwanzig Leichen von Albensoldaten. Sie schienen in einen Kampf verwickelt gewesen zu sein, doch lag kein einziger Feind zwischen den Toten. Alaryahs Blick wanderte umher. Sie sah den Offizier, mit einem Speer an einen umgestürzten Baumstamm geheftet. Sie sah Leichen mit aufgebrochenen Rüstungen und zerfetztem Fleisch, dort drüben lag ein einzelner Kopf, der Helm wenige Meter entfernt. Was für eine Macht hatte die Soldaten so zugerichtet? Zerschmetterte Körper, geborstene Schilde und gesprungene Klingen. Blut, welches den Boden dunkelrot verfärbt hatte. Diese tödlichen Verletzungen und all der Schaden konnten einfach nicht alle von normalen Waffen stammen...
    "Alaryah, hast du schon etwas gef...". Kirona beendete ihren Satz schlagartig, als sie auch aus dem Unterholz hervortrat. Alaryah vernahm Kironas Stimme dumpf in ihrem Kopf, Jaro war scheinbar ebenfalls angekommen, doch seine Worte drangen nicht zu ihr durch. Aus der Ferne starrte die kleine Albin nur in die toten, leeren Augen des Offiziers, tastete dabei nach hinten, wo sie ihre Gefährten vermutete.

  • Jaro Ballivòr
    "Was bei Oril..." Mehr brachte Jaro nicht heraus. Er erstarrte regelrecht. Irgendwie hatte er sich mittlerweile schon daran gewöhnt, dass unbeschwerte und freudige Momente recht flüchtig waren und hinter jeder Wegbiegung die nächste unschöne Überraschung lauerte, doch was er hier sah, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Etwas Vergleichbares hatte er noch nicht gesehen. Es war schlicht grausam. Schockierend. Brutal. Der Anblick raubte Jaro den Atem. Er wollte wegsehen, doch er konnte nicht. Eine unsichtbare Macht zwang seinen Blick auf das entsetzliche Bild, das sich schon jetzt, nach nur wenigen Sekunden, auf ewig in sein Gedächtnis gebrannt hatte. Der bissige Rauch war beinahe eine Wohltat, denn zumindest überdeckte er den Geruch des Todes, etwas, dass Jaros Magen vermutlich nicht verkraftet hätte. Mechanisch nahm er Alaryahs Hand, die unstet nach hinten tastete, als brauche sie Bestätigung, dass sie wach war und nicht in einem grausamen Albtraum gefangen.
    Eine gefühlte Ewigkeit standen sie so da, dann war es Kirona, die die Sprache wieder fand. "Wir... wir sollten nachsehen, ob noch jemand lebt." Jaro schluckte bitter. Das konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen. "Und nach Indizien... für die Angreifer. Wer weiß, ob sie nicht noch in der Nähe sind. Wir müssen wissen, womit wir es zu tun haben." Ihre Blicke trafen sich und Jaro staunte über ihre Gefasstheit. Alaryah stand weiter da wie vom Donner gerührt, doch wer konnte es ihr verdenken. Für sie musste es noch tausendfach schlimmer sein, denn vielleicht hatte sie sogar den ein oder anderen gekannt. "Also gut", willigte Jaro ein und ging los, obwohl alles in ihm dem Gedanken widerstrebte. Jedes Geräusch, dass seine eigenen Füße verursachten ließ ihn zusammenfahren, kalter Schweiß lief ihm den Rücken hinab und sämtliche Flüssigkeit war aus seinem Mund und Rachen gewichen, sodass er kaum schlucken könnte. Kirona suchte den Boden ab und kniete neben dem ersten Gefallenen nieder. Unschlüssig nach was er Ausschau halten sollte, hielt Jaro auf den Karren zu. Er wusste nicht, welche Waffe oder welches Tier welche Wunde hinterlassen konnte, doch vielleicht konnte er herausfinden, was die Truppe transportiert hatte.


    Alaryah Schattenwind
    Langsam schritt Alaryah zwischen den gefallenen Soldaten umher. Immer wieder landete ihr Blick jedoch bei dem Offizier. Irgendwas hatte dort eine gewisse Anziehungskraft auf die kleine Albin, doch konnte sie sich selbst nicht wirklich beantworten was genau es war. Bei jedem Leichnam, den sie umdrehte hoffte sie, dass sie kein bekanntes Gesicht sehen würde. Teilweise konnte Alaryah jedoch nicht einmal das sicher für sich bestätigen. Zu entstellt waren die Leichen einfach zurückgelassen worden. Irgendwann gab sie es auf und erhob sich. Wie angetrunken trat sie auf der Stelle umher, hielt gerade so das Gleichgewicht. Sie sah Kirona, wie diese nach Hinweisen suchte, dann Jaro, wie er den Karren inspizierte. Was mochte Jaro wohl gerade denken? Alaryah war sich sicher, dass ihn dieses Erlebnis nicht unberührt lassen würde. Doch war gerade einfach nicht der richtige Zeitpunkt für solche Gedanken. Leicht stolpernd ging Alaryah zu dem toten Offizier herüber und kam kurz vor dem toten Alben zum stehen. Ihr Blick wurde verschwommen, als langsam aber sicher Tränen in ihre Augen schossen. Alaryah kniete sich hin, sah erneut in die leeren Augen des Alben. Die Zeit schien still zu stehen. "Wer hat euch das angetan?", flüsterte Alaryah und biss sich auf die Unterlippe. An dem Abzeichen auf der Schulter des Alben konnte sie erkennen, dass es nicht einfach rekrutierte Bürger waren. Hier hatten erfahrene Soldaten ihr Leben lassen müssen. Alaryah biss die Zähne zusammen und erhob sich. "Grraaaaahhh!", schrie sie, packte den Schaft des Speeres und riss diesen mit aller Kraft aus der Brust des Offiziers. Der Leichnam kippte zur Seite weg als Alaryah den Speer zu Boden fallen ließ. Ein kurzes Gebet murmelnd schloss Alaryah die Augen des Offiziers, wischte sich dann die Tränen weg während ihr Blick die anderen Leichen traf. Erst als Alaryah ihren Blick abwandte fiel ihr auf, dass der Speer, der den Alben an den Baum geheftet hatte, ein Albenspeer war. Plötzlich überkamen die Albin die verrücktesten Gedanken. Sie überlegte, ob die Alben sich plötzlich gegenseitig bekämpft haben könnten? Nein, das war völlig absurd. Aber warum lagen keine Feinde dort auf dem Boden? Waren die Soldaten schon tot und hatte man die Leichen im Nachhinein so zugerichtet? Nein, dafür waren die Wunden zu eindeutig. Alaryah wusste nicht weiter, ließ ratlos die Schultern hängen. "Kirona...", sagte sie leise und suchte die junge Frau. Sie stand dort drüben, direkt neben einem toten Bogenschützen, welcher zusammengekrümmt in einer Mischung aus seinem eigenen Blut, Gedärmen und Rüstungsteilen lag. "Kirona.". Sie reagierte nicht. Alaryah ging auf die Frau zu, fasste ihr sanft an die Schulter. Kirona wirbelte herum, schlug Alaryahs Arm zur Seite. "Kirona!? Was hast...". Erschrocken trat Alaryah mehrere Schritte zurück, stolperte dabei fast über die Leiche eines Schwertkämpfers. "Jaro....JARO!!!", schrie die Albin, während sie in Kironas leere, weiße Augen blickte.


    Jaro Ballivòr
    Hier gab es nichts. Das wusste Jaro schon seit einigen Augenblicken, doch er scheute sich davor, die Toten zu untersuchen, wie Alaryah und Kirona es taten. Deshalb prüfte er nun zum dritten Mal die Überreste des Karrens, versuchte zu erraten, was sein Inhalt wohl vor dem Feuer einmal gewesen sein war. Verpflegung? Stoffe? Es war unerheblich. Er seufzte schwer und wandte sich von dem kokelnden Holzgefährt ab, um woanders weiter zu machen und zuckte zusammen. Alaryah schrie seinen Namen und es klang höchst alarmiert. Jaro fuhr herum. Waren die Angreifer zurück? War Alaryah etwas zugestoßen? Hatte sie einen Fund gemacht? Fragend sah er zu ihr hinüber. Sie stand schräg hinter Kirona und rief nach ihm, während ihre Augen auf die Frau gerichtet waren, panisch geweitet. "Ist alles in Ordnung?", rief er und ging vorsichtig zwischen ein paar Toten hindurch auf seine Freundinnen zu. "Alaryah so sag doch", er brach ab, als Kironas Profil in sein Blickfeld kam. "Nein!", stieß er hervor. "Wie ist das? Was ist?", mehr als Gestammel wollten seine Lippen nicht preisgeben und auch Alaryah war der erneute Schock tief in die Glieder gefahren. Vorsichtig streckte Jaro eine Hand nach Kirona aus. "K-Kirona?", fragte er schüchtern. Er berührte sie und fuhr zusammen. Exakt in dem Moment, in dem seine Finger in Kontakt mit dem Stoff ihres Hemds kamen, schnellte der Kopf der Frau herum und ihre leeren Augen fixierte ihn. "Es ist alles gut", sagte er, mehr zu sich als zu ihr und ging einen weitere halben Schritt auf sie zu, legte vorsichtig die ganze Handfläche auf ihre Schulter. Was dann passierte konnte Jaro im Nachgang nicht mehr sagen. Alles, was er wusste war, dass er rüttlings in das klebrige Gras geschleudert wurde.


    Alaryah Schattenwind
    Alaryah war sich sicher, dass Jaro eben noch bei ihnen gestanden hatte. Er hatte Kirona berührt, dann ging alles selbst für die Albin zu schnell. Kirona hatte ihn von sich fortgestoßen. Dumpf prallte Jaro etwas weiter hinten auf dem Boden auf. "Kirona!", rief Alaryah und hob die Arme. "Kirona! Was ist los?!". Es schien, als keime plötzlich Panik in der Albin auf. Kirona hingegen reagierte nicht auf die Rufe, beachtete auch Jaro nicht mehr. Sie drehte sich von den beiden weg und es schien, als wolle sie sich von dem Ort der vielen Toten entfernen. Ihren Stab fest in der Hand marschierte Kirona los, keine Miene verziehend. "Kirona, warte doch!". Alaryahs Blick flog zwischen dem am Boden liegenden Jaro und der loslaufenden Kirona hilflos hin und her. "Nein! Das darf nicht...". Was sollte sie tun? "Jaro, was sollen wir tun?!". Ohne auf eine Antwort zu warten ging Alaryah Kirona hinterher."Nein, so warte doch!", brachte Alaryah schon fast verzweifelt hervor und packte Kironas Oberarm. Mit rasendschneller Bewegung packte Kirona Alaryah mit überaus festem Griff und schleuderte sie an sich vorbei in die gegenüberliegende Richtung. Ein erschrockenes Fiepen entfuhr der Albin, als sie plötzlich den Boden unter ihren Füßen verlor und unsanft etwas weiter entfernt auf dem Weg aufschlug. Sie kullerte noch ein paar Schritte, kam dann in der Nähe einer weiteren Leiche zu liegen. Sämtliche Luft entwich Alaryahs Lungen und es dauerte ein paar Augenblicke, bis sie sich wieder aufrichten konnte. "Jaro, wir müssen doch irgendwas tun?!", presste sie dumpf hervor, während sie wieder zu Atem kam. Sinnlos. Auch Jaro schien keinen guten Einfall zu haben. Beide redeten auf Kirona ein, die einfach weiter in eine Richtung stapfte. Keiner der beiden wagte es nun noch in die Nähe der jungen Frau zu kommen. "Woher hat sie plötzlich diese Kraft?", fragte Alaryah verloren. "Jaro, sollen wir ihr folgen? Was, wenn sie uns plötzlich umbringen will? Verdammt, wir müssen doch irgendwas tun können?!". Alaryahs Gedanken überschlugen sich. Sie dachte an die Verfolger, die es einst auf sie abgesehen hatten und an die damit verbundenen Kämpfe. Eine Sache schien jedoch anders zu sein. Kironas Tätowierungen leuchteten nicht, wie sie es damals taten. Doch was mochte das schon heißen?


    Jaro Ballivòr
    Zunächst war Jaro perplex, brauchte gar einen Moment, bis er sich orientiert hatte, dann traf ihn das blanke Entsetzen. Er hatte zur Seite getastet und plötzlich hatte das Gras aufgehört und... sein Atem ging schnell, beinahe hyperventilierte er, er wollte schreien, doch kein Ton kam aus seiner Kehle. Er hatte direkt in die aufgerissene Brust eines Kriegers gegriffen... Ungeschickt und ewig langsam rappelte er sich hoch und stolperte rittlings von dem Mann weg, stieß dabei aber gegen die nächste Leiche und wäre fast wieder gefallen, tat einen großen Ausfallschritt zur Seite auf etwas Festes und sprang sogleich wieder hoch, als er sah, dass es ein Arm war. Es schüttelte ihn, er hatte das Gefühl überall voller Blut zu sein und nirgends mehr hintreten zu können, ihm schwindelte. Erst Alaryahs Worte rissen ihn aus seiner Panik und als er endlich den Blick von den Alben am Boden lösen konnte, sah er die kleine Frau gerade noch in hohem Bogen durch die Luft fliegen, während Kirona einfach los marschierte. Jaro eilte in ihre Richtung und Alaryah stieß zu ihm, doch was sie auch taten, es half nichts. Kirona ging immer weiter. "Ich fürchte uns bleibt nichts, als ihr zu folgen", sagte Jaro außer Atem. "Wir müssen. Sie braucht uns." Vorsichtig gingen sie der Frau hinterher und nach ein paar Augenblicken vernahm Jaro seltsames Gemurmel. Auch Alaryah hörte es und sie wagten sich näher heran, um die Worte verstehen zu können. "Erde. Wasser. Holz. Feuer. Asche. Erde. Wasser. Holz. Feuer. Asche..." In monotonem Singsang wiederholte Kirona die Worte immer und immer wieder. Sie ging festen Schrittes und schnell. Zweige peitschten ihr Gesicht und Gestrüpp zerriss ihr die Hose, doch all das schien sie überhaupt nicht zu interessieren. "Kirona", flüsterte Jaro, so dass nur Alaryah es hören konnte und drückte ihre geteilte Sorge um die Frau damit aus.
    Dann blieb Kirona so urplötzlich stehen, dass sie beinahe in sie hinein gerannt wären. Die Frau war verstummt und schnupperte nun wie ein Tier, das eine Witterung aufgenommen hatte. Jaro konnte nichts erkennen. Sie waren umringt von Grün. Die Bäume waren hier dicht bewachsen, es gab allerlei Kletter- und Schlingpflanzen. Dumpf klopfte Kironas Stock auf den Boden. Dodock, Dodock, Dododock. Dann noch einmal. Sie ging zwei Schritte nach vorne, drehte im rechten Winkel ab, ging drei Schritte und wiederholte das Klopfen. Jaro sah zu Alaryah, doch die Albin sah so verwirrt drein, wie er sich fühlte. Nach zwei weiteren Richtung kam Kirona schließlich zum Stehen, ungefähr in der Mitte ihrer Schrittfolge, und kniete ab. Sie strich mit einer Hand über den Boden, fegte ein paar Blätter zur Seite und hob schließlich eine kräftige Liane an. Auf allen vieren folgte sie der Pflanze, bis sie an eine besonders dichte Baumreihe kam. Langsam erhob sie sich, ließ den Stab fallen und begann mit beiden Händen die grünen Pflanzen hinunter zu reißen. Jaro und Alaryah japsten nach Luft. Dies war mitnichten eine Baumreihe. Hinter dem dichten Bewuchs kam eine steinerne Wand zum Vorschein über und über verziert mit sonderbaren Zeichen.


    Alaryah Schattenwind
    Alaryahs Herz schien wie dumpfer Trommelschlag in ihrem Kopf zu poltern. Während Kirona die steinernde Wand freilegte fiel der Albin erst auf, mit welch einer Kraft sie die Griffe ihrer Langdolche gepackt hatte. Die Fingerknöchel der Albin färbten sich bereits weiß, langsam und sich dabei selbst überwindend ließ sie ihre Waffen los. Kirona hatte bald die gesamte Wand freigelegt und fuhr nun mit den Händen die Schriftzeichen entlang. Alaryah konnte nicht sagen, was dort geschrieben stand und begegnete Jaros fragendem Blick nur mit einem hilflosen Kopfschütteln. Kirona murmelte weiterhin Worte vor sich hin, irgendwann hielt sie plötzlich inne. "Erde.". Sie wischte über ein Schriftzeichen. "Wasser.". Dann stieß sie einen stillen Schrei aus. Schon fast unnatürlich riss die Frau den Kopf nach hinten, den Mund weit aufgerissen. Jaro und Alaryah schreckten zusammen, machten sogar einen Satz zurück. Die Frau wankte hin und her, berührte mehrere Schriftzeichen und dann begann ein tiefes Rumoren. Die Erde bebte sanft und die massive Steinplatte vor Kirona senkte sich hinab, offenbarte einen tiefen, dunklen Schacht. Ohne auch nur auf eine Reaktion ihrer Gefährten zu warten griff Kirona ihren Stab und wurde nur wenige Augenblicke später von der Dunkelheit verschluckt. "Wir...wir müssen hinterher.", stellte Alaryah trocken fest. Sämtliche Emotionen waren aus ihrem Gesicht verschwunden, doch musste sie schlucken bevor sie den ersten Schritt in Richtung Schacht machte. "Bleib bei mir.", hauchte sie Jaro zu und versuchte dabei so selbstsicher wie nur eben möglich zu wirken. "Wir dürfen uns nicht verlieren, Jaro.".


    Das leise Klacken des Stabes zeigte Kironas Weg auf. Erst schien sie den Stab wie eine Art Blindenstock zu nutzen, doch viel mehr tastete sie nach etwas. "Holz. Feuer", brummte die Frau plötzlich in der tiefen Dunkelheit und Alaryah fuhr zusammen, als Jaro ihren Oberarm griff. Dann rief Kirona ein Wort, welches Alaryah nicht verstand und schlagartig schoss ein Lichtblitz durch den engen Schacht, in dem die Gefährten gerade mal aufrecht stehen konnten. Nach und nach entfachten sich Fackeln in gusseisernen Fackelhaltern, welche in den massiven Stein eingearbeitet waren. Es waren keine normalen Fackeln, so viel war klar. Kühles, blaues Licht flackerte nun umher und ließ die Schatten der Reisenden gespenstisch umhertanzen. Es schien, als würden sie immer wieder nach den Lebenden greifen. Alaryah sah sich noch einmal um, doch konnte sie den Eingang und das Licht des Tages schon nicht mehr hinter sich sehen. Es wurde kühler. Kirona ging weiterhin festen Schrittes voran, als würde sie den Weg genau kennen. Dabei murmelte sie erneut "Erde. Wasser. Holz. Feuer. Asche.". Sie passierten mehrere Abzweigungen und Räume. Hier und da standen Schwerter und Speere, umhüllt von dicken Spinnenweben, jedoch fein aufgereiht in massiven Waffenständern. Einige Wände waren vor langer Zeit mit Bannern geschmückt, jedoch war davon nichts weiter als traurige Fetzen übrig. Ein moderiger Geruch stieg Jaro und Alaryah in die Nase und irgendwie hatte Alaryah das Gefühl hinter jeder Ecke und Biegung auf einen Feind zu stoßen. So leise sie konnte zog sie einen ihrer Langdolche. Hatte Kirona gerade den Kopf wenige Zentimeter in die Richtung der Albin gedreht? Alaryah schob den Gedanken beiseite. Schließlich betraten sie einen großen Raum. Der Boden war mit großen Steinplatten gefliest, Holzreste lagen herum. "Dies sieht aus wie ein...", Alaryah dachte laut nach. "Hier haben Soldaten trainiert. Wir müssen in einer Art...Kaserne oder Befestigung sein?". Sie hätte sich gern noch etwas umgesehen um ihre Vermutungen zu bestätigen, doch zog Jaro die Albin weiter. Kirona hatte ihren Weg fortgesetzt.


    Jaro Ballivòr
    Es war wie ein Geisterschloss. Das einzige, was fehlte, war das Rasseln von Ketten, das Heulen verlorener Seelen und Rüstungen, die sich bewegten, dachte Jaro bitter und versuchte so ein wenig seine Angst im Zaum zu halten. Er war sehr froh, dass Alaryah bei ihm war und er ließ sie nicht einen Schritt weichen. Alaryahs Vermutung, dass dies eine Festung gewesen sein könnte, erschien Jaro von Minute zu Minute wahrscheinlicher. Nie hätte er geglaubt, dass sich eine derart riesige Anlage unter dem Waldboden befinden konnte. Wie alt sie sein mochte? Ihm fielen wiederkehrende Strukturen an den Wänden auf. Sie erinnerten ihn an... Fenster! Doch das konnte nicht sein, oder? Konnte eine massive Festung komplett vom Erdboden verschluckt werden? Jaro schluckte. Sie konnte. Wenn ihn die Reise etwas gelehrt hatte, dann, dass alles möglich war. Kirona ging stur geradeaus, durch große und kleine Gewölbe, gerade und verwinkelte Gänge und noch immer schien der Komplex kein Ende zu nehmen. Weitere Gänge zweigten zu allen Seiten ab und aus manchen wehte kalter, feuchter Wind, der furchtbar nach Verwesung roch. Jaros Unbehagen wuchs. Immer häufiger drehte er sich um, aus Furcht sie würden verfolgt. In seinem Nacken kribbelte es und seine Hände waren schwitzig. Beinahe hätte er geschrien, als ein Schwarm Fledermäuse aus einer dunklen Nische stob und mehrfach versuchte er hektisch Spinnweben aus seinem Gesicht zu wischen. Dann hörte er die Stimmen. Zuerst hielt er es für das Jaulen des Windes, der ab und an zwischen zwei Gängen entstand, doch es war etwas anderes. Jaro prüfte einige Minuten lang, ob er es sich nur einbildete, doch es gab keine Zweifel. "Hörst du das?", flüsterte er Alaryah zu, doch die Albin schüttelte misstrauisch den Kopf. Ihr Gehör war feiner als seines und das konnte nur eines bedeuten: die Stimmen waren in seinem Kopf. Ihr Jammern wurde lauter. Wer auch immer nach ihm rief, er hatte große Qual. Erinnerungen blitzten vor Jaros Geist auf, die nicht seine eigenen waren. Er sah Männer und Frauen - Alben, doch sie waren anders. Sie waren vielfältig. Es gab große und kleine, helle und dunnkle und auch solche, die beiderlei Merkmale trugen. Es waren fröhliche Momente. Man tanzte, man lachte, man sang... Die Bilder verzerrten sich. Wütende Gesichter nahmen ihren Platz ein. Es gab Streit. Es gab Tote. In einer dunklen Festung wurden Pläne geschmiedet, es gab Experimente, es gab Kämpfe... wieder verwischten die Bilder. Zurück blieben die Stimmen. Sie wimmerten lauter als zuvor und Jaro presste sich verzweifelt die Hände auf die Ohren.


    Alaryah Schattenwind
    Erst merkte die Albin nicht wirklich, dass Jaro nach und nach den Anschluss verlor. Irgendwann jedoch hörte Alaryah hinter sich ein leises Stöhnen. Im schwachen Licht der unnatürlichen Fackeln sah sie Jaro, wie er auf dem Boden kniete, die Hände fest auf die Ohren gepresst. "Jaro...", flüsterte sie, wagte es nicht laut zu sprechen. "Jarooo", zischte sie dann etwas lauter und sah wieder in Richtung Kirona, die die beiden nicht weiter beachtete. "Komm schon, steh auf, wir müssen weiter!", flehte sie schon fast und zog Jaro wieder auf die Beine. Es dauerte, bis der Alb wieder etwas Halt hatte. Er hielt sich weiterhin die Ohren zu, schüttelte den Kopf und hatte die Augen fest zusammengekniffen. "Verdammt noch mal, Jaro, was ist los?!". Alaryah hatte Kirona schon fast aus den Augen verloren, nur das Klacken ihres Stabes lies noch die Richtung erahnen, in die sie gegangen war. "Wir müssen weiter. Bitte.". So gut sie konnte zog Alaryah Jaro nun mit sich mit. Er schien gerade mit etwas zu kämpfen und Alaryah hoffte, dass nicht auch Jaro bald unter dem Einfluss von einer anderen Macht stand. Zumindest konnte der Alb sich fortbewegen, auch wenn es viel mehr eine Art Stolpern war. "Jaro bitte...bitte sprich mit mir.". Wieder und wieder redete Alaryah ihrem Gefährten gut zu, fühlte auch, ob seine Stirn heiß wurde oder wie sehr sein Puls raste. Einen Moment lang dachte sie sogar darüber nach mit Jaro im Schlepptau einfach umzukehren. Nein. Das war keine Option.
    Wenig später trieb Kirona die Gruppe tiefer in die Gemäuer hinab. Sie mussten sich keine Gedanken um verschlossene Türen machen denn das, was an Türen übrig war, hing entweder lose in den Angeln oder lag verstreut auf dem Boden herum. Schließlich wurden die Wege enger und die Fackeln weniger. Große Räume wichen kleinen Verschlägen, hier und da warfen Gitterstäbe bizarre Muster auf den kalten Steinboden. Da blieb Kirona plötzlich stehen.
    Alaryah nutzte die Gunst der Stunde, setzte Jaro an eine nahegelegene Säule. Er hatte sich mittlerweile beruhigt, schien jedoch mitgenommen und leicht angeschlagen. "Trink erst mal etwas.", schlug Alaryah vor und nahm ihre Feldflasche von ihrem Gürtel, hielt sie Jaro hin. Dabei beobachtete sie Kirona. Diese schien auf etwas zu warten...oder dachte sie nach? Hatten sie sich verlaufen? Kirona schaute langsam nach oben, legte dann den Kopf schief. Alaryah folgte dem Blick. Da plötzlich sprang etwas aus der Dunkelheit von der Decke herab auf sie zu. Alaryah riss ihren Langdolch hoch, ließ sich instinktiv nach hinten fallen und rollte sich zur Seite ab. Während sie aufstand zog sie ihre zweite Waffe. "Was war das?!", fragte sie und warf ihren Kopf hin und her. Abwartend drehte die Albin die Klingen in ihren Händen, jederzeit mit einem Angriff rechnend. Etwas rumorte schräg hinter ihr, sie fuhr herum. Es war, als würde gerade ein Schatten hinter einer weiteren Säule verschwinden. "Zeigt Euch!", rief Alaryah und versuchte ihren Blick in der Düsternis zu fixieren. Ein leises Zischen ertönte nun von der anderen Seite des Raumes. Alaryah drehte sich auf dem Absatz herum und teilte die Luft vor sich mit ihren Klingen. Nichts. Und doch...hatte sie da gerade ein Gesicht hinter einer Zellenwand verschwinden sehen? "Versteckt Euch nicht! Kommt heraus!". Ein kurzer Blick über die Schulter bestätigte Alaryah, dass Kirona weiterhin da stand. Diese schaute nun jedoch nicht mehr nach oben, sondern ebenfalls über die Schulter hinweg an Alaryah vorbei. Als die Albin wieder nach vorn schaute schrie sie auf und schlug schon fast panisch um sich. Nur wenige Zentimeter vo ihr war das Gesicht einer Albenfrau aufgetaucht, die Haare zerzaust und mit tiefschwarzen Rändern unter den Augen. Sogleich war es auch wieder verschwunden. Alaryah versuchte sich zu beruhigen. Als sie eine Berührung spührte raste ihre Klinge herum und blieb kurz vor Jaros Hals stehen. Die nächsten Sekunden vergingen quälend langsam. Dann zitterte Alaryahs Waffenhand, die Jaro bedrohte und schließlich liß die Albin den Arm sinken. <Wir sind nicht allein.>. Alaryah wagte es nicht, diesen Gedanken auszusprechen. Sie steckte eine Waffe weg und griff Jaros Hand, drückte sie fest und nickte nur. Eigentlich hatte Alaryah etwas sagen wollen, was Mut machen sollte, doch wollten ihr keine Worte über die Lippen kommen. Dann plötzlich hörten die beiden es wieder...das Klack Klack Klack von Kironas Stab. Sie schien sich nun für einen Weg entschieden zu haben. "Wir müssen wachsam sein.", hörte Alaryah sich selbst sagen und wusste selbst nicht so recht, wie genau sie dies anstellen sollten.


    Jaro Ballivòr
    Er war einer von ihnen. Blass sah Jaro seine eigene dürre Hand inmitten von unzähligen anderen mit gespreizten Fingern nach oben gestreckt, einem weißen Licht entgegen, das Erlösung versprach. Hier unten gab es nur Dunkelheit. Dunkelheit, Kälte und Mord. Der Hunger machte einen nach dem anderen verrückt, bis sie schließlich... Nein. Er wollte nicht daran denken. Er streckte seine Hand noch höher nach oben. Es war seine letzte Hoffnung. Erschöpfung drohte ihn zu übermannen. Bald würde er nachgeben und einfach einschlafen. Die Engel riefen ihn schon. Ganz deutlich hörte er ihre schönen Stimmen, wie sie seinen Namen riefen, ihn anflehten mit ihnen zu kommen. Bedeutete das, dass er starb? Er wollte noch nicht sterben, noch nicht. Die Engel riefen weiter, lauter. Die Engel... hatten Alaryahs Stimme. Wie Nebel in der wärmer werdenden Sonne lösten sich die Trugbilder auf und Jaro sah seine Füße sich unter ihm bewegen, erkannte, dass jemand an seinem Arm zog, zu ihm sprach. Alaryah... was war das für ein schauriger Traum gewesen? Seine Knie waren weich, er fühlte sich ausgelaugt und schwach, doch immerhin hatte die Waldalbin ihn befreit. Dankbar nahm er das Wasser entgegen und trank gierig, spürte wie es ihm kalt die Kehle hinab rann. Er ließ den Kopf hängen. Was war hier passiert? Was war mit den armen Seelen geschehen, die eingesperrt in der Dunkelheit gezwungen waren, das Fleisch ihrer eigenen Kameraden zu verspeisen oder zu sterben... Jaro schluckte. Eine Klinge hatte kurz vor seiner Schlagader gestoppt und er sah nach oben. Alaryah? Was zum? Voller Furcht sah er seine Freundin an, die in einen inneren Kampf verstrickt zu sein schien und er wagte erst wieder zu atmen, als die Klinge sich entfernte. "Dies ist ein verfluchter Ort", sagte Jaro zu Alaryah. "Ich glaube, hier sind viele Alben ums Leben gekommen." Furcht, dass die Stimmen zurückkämen, steckte ihm tief in den Gliedern, doch er versuchte stark zu sein. Er musste einfach. Stoisch konzentrierte er sich auf das Pochen von Kironas Stock, um sich selbst abzulenken. Ihm entging nicht, dass Alaryahs Blick wachsam die Umgebung prüfte. Hatte sie in dem Raum zuvor etwas gesehen? Kirona verschwand um eine Biegung und schnell huschten die beiden hinterher und sogen hörbar Luft ein. Vor ihnen tat sich ein kreisrunder Raum auf, in dessen Mitte eine Art Sockel aus dem Fels gehauen war. Die Wände waren über und über mit Zeichen versehen und hie und da gab es finstere Nischen, kleine Vorsprünge und steinerne Skulpturen. Jaros Blick wurde aber von etwas anderem gebannt. Über dem schlanken Sockel in der Mitte schwebte ein roter Stein, etwa faustgroß, schätzte Jaro, der alles herum in rotes Licht tauchte. "Feuer", sagte Kirona. "Feuer und Asche."

    ~ Die größte Offenbarung ist die Stille ~


    Laotse

    [imgk]Bitte melde dich an, um diesen Link zu sehen.[/imgk]

  • Alaryah Schattenwind
    Auch Alaryah hatte den Stein bemerkt. Erst hatte sie sich weiterhin mit einer guten Portion Nervosität immer wieder umgesehen, fürchtete weitere Begegnungen hinter jeder Ecke und wagte manchmal kaum auch nur zu blinzeln, doch dann war die Albin wie gebannt. Sie stand einfach nur da, fixierte den roten Stein. Er schwebte sanft auf und ab, Wellen von warmen Licht schienen sich in pulsierendem Rhytmus von ihm zu entfernen. Alaryah machte schließlich einen Schritt auf den Stein zu, starrte ihn mit großen Augen an. Kirona stand etwas weiter links, musterte nun mit leicht schief gelegtem Kopf die nähere Umgebung, weiterhin Worte murmelnd. Jaro sagte noch etwas, doch waren es nur dumpfe Laute in Alaryahs Ohren. Dieser Stein. Dieses Gefühl, wenn man sich ihm näherte. Alaryah ging weiter. Es war, als hätte jemand ein Seil um sie gewickelt und zog sie nun langsam zu sich. Die Albin stolperte über einen am Boden liegenden Stein, fing sich jedoch und ging weiter. Nicht einen Moment war ihr Blick von dem Stein gelöst. Sie näherte sich, streckte schließlich den Arm aus. Dann zuckte die Hand der Albin und schlagartig umfassten ihre Finger den Stein. Das pulsierende Licht um den Stein erlosch. Dunkelheit griff nun um sich. Urplötzlich flackerte der Stein jedoch wie ein hell prasselndes Feuer, nein, eher wie ein Waldbrand! Alaryah stand weiterhin vor dem Sockel, die Hand fest um den Stein geschlossen. Sie riss den Kopf zurück, ihre Augen wie in Panik weit aufgerissen und leer und leblos grau.


    Es war, als würde ein ganzer Kosmos in Sekunden an der Albin vorbeirauschen. Dann wurde alles von Feuer verschlungen. Schlachtreihen brandeten in einem Meer aus blutigen Wellen aneinander, Städte zerfielen zu Asche, Ruinen krönten Hügel oder lagen wie das Gerippe eines Monsters im Sand. Hitze brannte in Alaryahs rechter Hand, wanderte ihren Arm entlang bis zur Schulter. Sie schrie. Sie schrie so laut sie konnte, wenn nicht sogar noch lauter. Dann gab es einen Knall, lauter als jede Explosion hämmerte er auf die Albin ein.


    Als nächstes sah Alaryah den Stein vor sich, ebenso den Sockel. Beides wurde kleiner...und dann schlug sie auf dem Boden auf. Zuckend lag sie dort und es schien, als würden dünne, kaum sichtbare Rauchschwaden von der Albin aus aufsteigen. Der Stein hatte Alaryah von sich gestoßen. Kirona schien all das mitbekommen zu haben, sah mit düsterem Trance-Blick auf die am Boden liegende Albin.


    Jaro Ballivòr
    "Sieh nicht hin!", sagte Jaro zu Alaryah, so laut er sich traute, aus Furcht eine neue Teufelei in den tiefen dieses Ortes aufzuschrecken. Die Warnung kam zu spät. In dem Moment, in dem Jaro den Sog des Artefakts verspürt hatte, hatte er mühsam selbst den Blick abgewandt, denn er fühlte sich an die grausigen Visionen von zuvor erinnert, doch voll Entsetzen sah er, dass Alaryah weiterhin in Richtung des Sockels starrte und sogar begann sich darauf zu zu bewegen. "Alaryah, nicht!", rief er und wollte ihr nach, doch jeder Schritt bereitete ihm große Mühe, als stecke er bis zu den Knien in zähem Morast. Das Atmen fiel ihm schwer und alles verlangsamte sich auf eine unangenehme, bedrückende Art und Weise. Dann wurde es schlagartig dunkel und Jaro erkannte verzweifelt, dass Alaryah den Stein an sich genommen hatte. "Nein", hauchte er und kämpfte gegen die Starre, die durch die Düsternis nur noch verstärkt wurde. So schnell wie es verschwunden war, kam das Licht schließlich zurück, heller als zuvor und auf seltsame Weise angriffslustig. Hilfesuchend blickte Jaro zu Kirona, doch die Frau musterte weiter scheinbar unbeteiligt die Umgebung. Dann schrie Alaryah. Es war ein markerschütternder Schrei und Jaro riss automatisch beide Hände hoch, um sich die Ohren zuzuhalten. Er musste ihr helfen, doch seine Beine wollten sich nicht rühren und so sah er voll Panik, wie seine Freundin zu Boden fiel. Endlich gehorchte ihm sein Körper wieder und er eilte auf die Albin zu, sah dünne Rauchfäden von ihr aufsteigen. Kirona starrte Alaryah nun ebenfalls kalt an, fast ein wenig feindselig. "Nein! Alaryah!" Jaro war den Tränen nah, warf sich neben der kleinen Frau auf die Knie und nahm ihren Kopf in seine Hände. "Bitte, bleib bei mir", flehte er und sah erneut zu Kirona. "Kirona!", Verzweiflung ließ seine Stimme zittern. "Bitte komm zu dir! Ich brauche deine Hilfe." Angestrengt lauschte er nach Alaryahs Atem. Oril sei Dank. Sie lebte noch. "Alaryah", flüsterte er erneut und strich ihr über die Wange. Was sollte er nur tun? Im Augenwinkel sah er eine Bewegung. Kirona ging nun ihrerseits auf den Sockel zu. "Kirona, nicht!", brachte Jaro hervor, doch scheinbar wollte hier niemand auf ihn hören. Die Finger der Frau schlossen sich um das merkwürdige Artefakt und Jaro spannte alles an, um sich auf ein erneutes Inferno gefasst zu machen. Nichts geschah. Kirona studierte den Stein in aller Ruhe, gab ihn von einer Hand in die andere und der rote Schimmer waberte fast schon sanft um sie herum.


    Alaryah Schattenwind
    Flimmernd erhellte sich Alaryahs Blickfeld. "Was...was ist passiert?", hauchte sie und musste sich erst einmal orientieren. "Jaro.". Er half ihr auf, dann erinnerte sich die Albin an die vergangenen Momente. Sie war gerade dabei Jaro von den Visionen, Erinnerungen und Bildern in ihrem Kopf zu erzählen, da bemerkte auch Alaryah, dass Kirona nun den Stein in den Händen hielt. Sie schien keinerlei Probleme zu haben, konnte die Kraft darin anscheinend kontrollieren? Alaryah fühlte sich, als hätte man sie verprügelt. Mehrfach. Aber sie mussten weiter! Zumindest schien Kirona der Meinung zu sein, denn sie setzte sich wieder in Bewegung. "Jaro, ich habe kein gutes Gefühl.", flüsterte Alaryah schließlich, während sie weiter ihren Weg durch die Dunkelheit bestritten. "Es wäre keine Zeit gewesen um Hilfe zu holen. Wir hatten keine andere Wahl, wir hätten Kirona doch nicht einfach so allein hier runtergehen lassen können?". Jeder von Alaryahs Gedankengängen endete damit, dass sie durch diesen Ort hier zogen. "Wer weiss, was wir hier noch finden?". Die Albin wollte das ohnehin schon bedrückende Gefühl nicht noch weiter verstärken, daher beschloss sie erst einmal etwas zu schweigen. Es war bestimmt sowieso besser wachsam zu sein! Und doch war es der Albin nicht immer möglich sich zu konzentrieren. Immer wieder griffen Gedankenfetzen von Zerstörung, Leid und dem Tod nach ihr. Es fühlte sich an, als würde man auf einer schmalen Mauer balancieren und wieder und wieder versuchte der Wind einen hinunterzuwehen. Hinunter in die Finsternis. Dort gab es nichts, außer... Alaryah schüttelte den Kopf, schob auch diese Gedanken beiseite. Beinahe wäre es wieder passiert.
    Sie folgten Kirona, die wie eine Laterne mit dumpfen und schummerigen Lichtschein voranging.
    Die Gruppe durchquerte eine große Halle, die allem Anschein nach eine Werkstatt gewesen war. Riesige Schmiedeöfen reihten sich aneinander, hier und da lagen Überreste alter Werkbänke. Staubschichten und dicke Spinnennetze hatten sich über dem Werkzeug breitgemacht, welches überall verstreut war. Hier hielt Kirona nicht an, sondern bog hinter der Halle um die Ecke in ein Treppenhaus. Alaryah wäre lieber dem großen, breiten Gang geradeaus gefolgt, auch Jaro schien nicht sonderlich begeistert tiefer in den Untergrund zu steigen. Die schmale Wendeltreppe war direkt in den Stein gehauen worden und endete in einem Lagerraum. In diesem Kellerraum konnten die drei Gefährten gerade so nebeneinander stehen, überall stapelten sich alte Kisten und verstaubte Truhen. Kirona blieb schließlich stehen und deutete auf einen der Stapel. "Meinst du, wir sollen die Kisten öffnen?", fragte Alaryah Jaro so leise sie konnte und sah unsicher hinter sich. Da war nur die steinernde Treppe. "Puh...".


    Jaro Ballivòr
    Jaro war hin und hergerissen, worauf er sich konzentrieren sollte. Ein riesen Stein fiel ihm vom Herzen, als Alaryah zu sich kam und was sie berichtete, war ebenso ungeheuerlich wie faszinierend. Was hatten sie hier nur für einen Ort gefunden? Erneut kochte das Gefühl in ihm hoch, dass dies der Schauplatz etwas Großen und Grausamen gewesen war, dessen Geist noch immer durch die steinernen Hallen strömte. Gleichzeitig drängte seine Aufmerksamkeit aber auch zu Kirona und dem rätselhaften Stein. "Geht es dir gut?", brachte er schließlich hervor, doch auch Alaryahs Blick heftete sich nun an Kirona, die sich wieder in Bewegung gesetzt hatte. Es blieb ihnen nichts, als ihr zu folgen und Jaro konnte Alaryah nur zustimmen. Sie hatten keine Wahl gehabt. "Zum Glück bist du bei mir", gestand er seine Furcht und drückte ihre Hand. Obwohl Alaryahs Gegenwart ihm etwas Sicherheit gab, spürte er, dass auch ihr nicht wohl war. Kein Wunder, nach dem, was sie gerade erlebt hatte. "Gemeinsam schaffen wir das", fügte er an, um zu zeigen, dass er auch für sie da war.
    Jeder neue Raum offenbarte, dass diese Festung einmal ein wahres Bollwerk gewesen sein musste. Nie zuvor hatte Jaro Derartiges gesehen, in keiner Stadt, die er je besucht hatte. So überraschte es ihn kaum, als sie eine Treppe erreichten, die noch weiter hinab führte, wenngleich er ebenso wie Alaryah ihr lieber nicht in die Tiefe gefolgt wäre.
    Unnatürlich laut klangen Alaryahs Worte in dem engen Raum und er zuckte unsicher mit den Schultern. Kironas Fingerzeig wurde vehementer und so griff Jaro zögerlich nach der ersten Kiste und fummelte an deren Riegel herum. Staub rieselte und die Scharniere quietschten, doch der Deckel ließ sich erstaunlich leicht anheben. Der Inhalt war unspektakulär und Jaro hatte ganz umsonst den Atem angehalten und den Kopf möglichst weit nach hinten gestreckt. Mehrere Pergamentrollen teilten sich den Raum mit alten Kerzen, einigen flachen Schalen und löchrigem Stoff. Vorsichtig griff Jaro hinein. Das Papier knisterte und die Linien darauf waren mit dicker schwarzer Tinte gezogen. Es waren keine Buchstaben, viel mehr Symbole und Schriftzeichen, wie Jaro sie nicht kannte und auch Alaryah nicht, die nur mit den Schultern zuckte. Kirona stieß mit dem Fuß gegen eine andere Kiste und wies mit der Hand weiter in Richtung des Stapels. "Was meint sie nur?", flüsterte Jaro. Gemeinsam mit Alaryah zog er die geöffnete Box zur Seite, sodass sie näher an die Wand gelangten. Mit Blick zu Kirona griffen sie an mehrere Kisten, öffneten die ein oder andere, doch nichts davon schien sie zufrieden zu stellen. Das Licht des Steins veränderte sich mit ihrem Fortschreiten. Der Farbton wurde dunkler und die Wellen, in denen es in die Düsternis strömte, gleichmäßger. Kirona trat vor, während Alaryah und Jaro weitere Kisten hin und her hievten und ein lautes Klick-Geräusch ließ sie innehalten. Der Stein fügte sich nahtlos in eine Öffnung in der Wand, die zuvor nicht da gewesen war. Das Licht färbte sich weiß und ausgehend von dort wanderten Linien zu allen Seiten, bis sich die Konturen einer Tür abzeichneten. Immer greller fraß es sich in den Stein und voller böser Vorahnung sah Jaro zu Alaryah, als ein Knarzen ertönte. Die Tür öffnete sich schwerfällig wie von Geisterhand und ein merkwürdiger Geruch drang ihnen entgegen.


    Alaryah Schattenwind
    Einen Moment lang standen die drei einfach so da. Alaryah ertappte sich, wie sie die Zähne fest aufeinandergebissen und die Augen zugekniffen hatte, den Kopf leicht abgewandt. Kirona ging schließlich, wie auch die letzten Male, voran und schon hatte die Dunkelheit sie verschluckt. Alaryah blieb mit Jaro zurück. "Wie war das mit dieser Tür nur möglich?", staunte Alaryah schließlich. Erst fragte sich die Albin noch, woher Kirona nur von der Existenz dieser Tür wusste, doch dann seufzte sie nur. Es gab so vieles, was noch ungeklärt war, da würde die ein oder andere Frage auch keinen Unterschied mehr machen. Dann nickte Alaryah Jaro so gut sie konnte aufmunternd zu. Sie war froh, dass sie nicht mit Kirona allein war...auch wenn sie etwas Angst um Jaros Wohl hatte. Aber sie würden das alles schon überstehen. Hoffentlich. Die Albin nahm schließlich ihren Mut zusammen, folgte Kirona und zog Jaro sanft hinter sich her.
    "Riechst du das auch?", fragte Alaryah, nachdem sie zu Kirona aufgeschlossen hatten. Der schmale Gang schlängelte sich tiefer ins Erdreich, in unregelmäßigen Abständen waren Gitter im Boden und am unteren Ende der Wände eingelassen. Hier schien es auch eine Art Abflusssystem zu geben, wieder und wieder stießen die Reisenden auf Ablaufrinnen und erkannten hier und da Zisternen und Schächte. Je weiter sie gingen, desto stärker wurde der Geruch. Dann blieb Kirona an einer Kreuzung stehen, schaute nach links, dann nach rechts. Wieder nach links. Dann bog sie nach rechts um, Alaryah und Jaro folgten. Alaryah war sich nicht sicher, doch meinte sie diesen Geruch schon einmal wahrgenommen zu haben...sie konnte sich aber auch irren. "Wieder so ein Moment wir wir besser auf unsere Schritte achten sollten.", murmelte die Albin, als sich zu den Ablaufrinnen und Gittern auch noch Fackelhalter gesellten. Keine drei Schritte weiter knackte es plötzlich unter Alaryahs Fuß. Abrupt blieb sie stehen, stieß Jaro von sich und ging in die Knie. Alaryah rechnete mit einem Angriff, einer Falle oder einer ihr noch nicht bekannten, unangenehmen Überraschung. Sie wollte Jaro nicht mit in eine Fallgrube reißen oder ihn sonstwie mit in ihr Unglück ziehen. Doch nichts passierte, alles blieb ruhig. "Verzeih, Jaro. Ich wollte nicht, dass wir beide hier...naja...du weisst schon. Ich habe mit einer Falle gerechnet.". Gerade, als sich die Albin wieder aufrichten wollte, fiel ihr Blick zu Boden. Der Stein in Kironas Hand leuchtete gerade noch hell genug in der Ferne, dass Alaryah das breite Grinsen des Schädels neben ihrem anderen Fuß erkennen konnte. Erschrocken fuhr die Albin zusammen, stolperte weg von dem Skelett in Richtung Jaro. Sie konnten gerade noch erkennen, dass die Person vor ihrem Ableben wohl versucht haben musste durch das Gitter zu gelangen, doch hatte jemand diesem Vorhaben scheinbar mit einem stumpfen Gegenstand ein Ende bereitet. Dies ließ zumindest das Loch in der linken Schädelseite vermuten. Als Kirona sich weiter entfernte verschwanden auch die alten Knochen wieder in der Dunkelheit. "Los....los weg hier.", sagte Alaryah mit zittriger Stimme und tastete nach Jaro. Gemeinsam eilten sie, jedoch weiterhin vorsichtig, hinter Kirona her und hatten diese bald wieder eingeholt. "Das ist kein Abwassersystem.", mutmaßte Alaryah schließlich. Sie mochte sich gar nicht ausmalen, worauf sie hier gestoßen waren...


    Jaro Ballivòr
    Es war schwer zu sagen, was unheimlicher war, Licht oder Finsternis. Einerseits war Jaro froh gewesen, als das grausame Bild der Gebeine im Zwielicht verschwand und er die eingefrorene Qual nicht länger sehen musste, andererseits machte sich Erleichterung in ihm breit, als sie sich Kirona näherten und mit ihr der Helligkeit. Vermutlich war es besser zu sehen, was einen von allen Seiten anstarrte und erwartete. Eine Gänsehaut lief Jaro bei der Vorstellung, plötzlich einen Griff an der Schulter zu spüren, den Rücken hinunter. Hinzu gesellte ich Übelkeit, als Alaryah aussprach, was auch Jaro widerwillig schon befürchtet hatte. "Ein Gefängnis... ein Grab", flüsterte er und mit brutaler Gewalt kamen die Bilder zurück, wie er selbst Teil des Leids gewesen war und seine Hand nur eine von vielen, die sich flehend und mit letzter Kraft noch oben reckte. "Was treibt Kirona an diesen Ort?", murmelte er, denn der Klang der eigenen Stimme half ihm, die Visionen zu verdrängen. "Meinst du, dies könnte der Ort sein, an den sie ursprünglich hat gelangen sollen? Als sie noch... unter Kontrolle stand?" Ängstlich blickte er zu Alaryah.


    Alaryah Schattenwind
    Über die Fragen musste Alaryah etwas nachdenken. Eigentlich wollte sie es gar nicht, doch ging es nicht anders. "Möglich.", gab sie schließlich zu und es klang, als wünschte die Albin es wäre alles irgendwie anders. "Vielleicht haben die toten Soldaten etwas in Kirona ausgelöst? Vielleicht war sie in diesem Moment irgendwie...schwach?". Noch während Alaryah sprach ärgerte sie sich. Hätte sie doch einfach den Mund gehalten! Jetzt rechnete sie jeden Moment damit, dass sich Kirona zu ihnen umdrehte und sie angriff. "Wer auch immer hinter diesem Angriff steckt muss allerdings nicht unbedingt mit Kirona oder ihrem Zustand zu tun haben.", rätselte die Albin weiter. Sie gab einfach ein paar Gedanken preis, wollte von einer möglichen Übernahme von Kirona Abstand nehmen. Doch war das wirklich so ratsam? Alaryah mochte sich gar nicht vorstellen dass sie, neben all den möglichen Gefahren um sie herum, direkt mit einer weiteren Gefahrenquelle unterwegs waren. "Wir sollten eine Sache nicht vergessen.". So sorgfältig wie es eben in dieser Situation ging versuchte sich Alaryah ihre Worte zurechtzulegen. "Wir müssen hier auch irgendwie wieder raus. Ob mit oder ohne Kirona.". Vielleicht würden sie auch hier unten sterben? Alaryah sprach diesen Gedanken nicht aus. "Erinnerst du dich an den Teich bei dem Fest? Mit den Seerosen?". Alaryah sprach leise, versuchte gelassen zu wirken und wollte die düsteren Schatten, die in den Köpfen umherspukten, vertreiben. Sie wusste, dass sie Jaro seine Angst nicht wirklich nehmen konnte...denn auch sie selbst hatte nicht gerade wenig...


    Jaro Ballivòr
    Eifrig nickte Jaro. "Ja! Zuletzt war sie immerhin glücklich und losgelöst, das hat ihre innere Abwehr vielleicht gestärkt und nun...", er schluckte. "Vielleicht hat sie Ähnliches schon erlebt." Jaro entging nicht, dass Alaryah misstrauische Blicke zu der vor ihnen schreitenden Frau warf. Irgendwie wollte der Gedanke, sie könnte gefährlich sein, nicht in seinen Kopf hinein, doch die Waldalbin hatte natürlich Recht. Kannten sie diese Kirona denn wirklich? Erneut schluckte Jaro. Die Vorstellung, Kirona hier zurück zu lassen schmeckte bitter, doch was, wenn sie letztlich keine Wahl hatten? Jaro war froh, als Alaryah das Gespräch in eine angenehmere Richtung lenkte. "Ja", flüsterte er und merkte, wie fern ihm dieser Augenblick schon vorkam. "Das war sehr schön..." Ein schwaches Lächeln kämpfte sich auf sein Gesicht und er sah Alaryah an, merkte dabei nicht, dass Kirona stehen geblieben war und wäre beinahe in sie hinein geknallt. Woher das Gefühl kam, war unmöglich zu sagen, doch Jaro wusste plötzlich, dass sie ihr Ziel nun erreicht hatten. Steinerne Wasserspeier mit toten Augen flankierten den Eingang in einen auf den ersten Blick recht unscheinbaren Raum, an dem der gespenstische Gang endete. Über der Pforte war eine Inschrift eingeritzt, erstaunlicherweise in normaler Sprache:
    Weisheit und Wissenschaft sind gottgegeben. Wer sie weise und gewissenhaft nutzt, wird Göttliches erschaffen.
    Die Worte schienen nicht an diesen Ort voll Tod und Grauen zu passen und Jaros Inneres zog sich zusammen, als Kirona den Raum betrat. Es gab nichts, was er weniger wollte, doch er spürte, wie seine Füße der Frau ins Ungewisse folgten, Alaryah an seiner Seite.


    Alaryah Schattenwind
    Sie betraten die Räumlichkeiten und sahen sich vorsichtig um. Überall standen Phiolen und Glasbehälter in allen möglichen Größen und Formen auf schweren Tischen, die an der Wand aufgereiht waren. Jeder Schritt hallte leise von einem glatten und fein gemauerten Steinboden wieder und die Lichtreflexionen von Kironas Stein warfen grausig aussehende Schatten umher. In der Mitte des Raumes stand ein massiver Steinblock, an dessen Ecken schwere Ketten genietet worden waren. Alaryah musste schlucken und trat unsicher ein paar Schritte zurück. Es klirrte hell, als sie beim Tasten nach der Wand ein Gefäß umstieß und dieses zu Boden fiel. Die Albin zuckte zusammen, Kirona schien unbeeindruckt, doch Jaros Blick war zu Alaryah geschossen. Diese hob die Hände und wollte gerade etwas sagen, als ein kleiner Lichtball aus den Scherben emporstieg. Er blieb auf Alaryahs Kopfhöhe stehen, tanzte dann mehrmals um die kleine Albin herum und surrte dabei leise. Dann flog das kleine Licht, nicht größer als ein Apfel, in Zickzacklinien von Alaryah weg und hüpfte dann etwas weiter hinten im Raum auf und ab. Vorsichtig folgte Alaryah der Erscheinung, die nun in kreisenden Bewegungen hinter einem Lesepult zu landen schien. Als Alaryah sich dem Pult näherte fuhr erneut der Schreck durch ihren Körper. Da lag jemand! Schnell zeigte sich, dass sie auf eine weitere Leiche gestoßen waren...doch war diese noch nicht ganz skelettiert. Schritte näherten sich und plötzlich stand Kirona neben Alaryah, würdigte die Albin jedoch keines Blickes. Die Lichterscheinung war verschwunden und Kirona kniete sich neben den leblosen Körper. Sie schien genau dort irgendetwas zu suchen. Alaryah drehte sich zu Jaro um...


    Jaro Ballivòr
    Sein Herz setzte einen Moment aus, als das Glas zerbarst und er blickte so schnell zu Alaryah hinüber, dass er sich schmerzhaft den Nacken verriss. Reflexartig fuhr seine Hand zu der Stelle, blieb aber auf halbem Weg stehen, während seine Augen wie hypnotisiert dem Licht folgten.
    Auch Kirona reagierte darauf, allerdings seltsam unaufgeregt, ganz so, als hätte sie genau danach gesucht. Erst als Alaryah in ansah und ihr Blick erneut von Entsetzen erfüllt war, ging auch Jaro zu den Frauen hinüber und musste augenblicklich würgen. Diese Leiche sah noch recht frisch aus und wirkte auf Jaro deshalb viel abstoßender als die Skelette zuvor. Dass Kirona an und in dem Körper herum suchte, trug nicht zu Milderung der Übelkeit bei. Weil er nicht wusste, was er sonst tun sollte, nahm Jaro den Körper genauer in Augenschein, soweit es das Licht von Kironas Stein erlaubte. Er erstarrte und griff Alaryahs Arm, nickte mit dem Kopf in Richtung des linken Armes. Wo eine normale Hand hätte sein sollen, endete das Glied in einer riesigen grünlichen Klaue mit messerscharfen Krallen. Nun fiel ihm auch auf, dass das Gesicht keineswegs normale Züge hatte. Augen und Mund waren geschlossen und Jaro mochte sich kaum ausmalen, was sich dort verbarg.


    Alaryah Schattenwind
    Der Albin wurde übel, als Kirona, scheinbar ohne Probleme, zu Werke ging. Schmatzende Geräusche und ekelerregende Flüssigkeiten brachten Alaryah dazu sich wegzudrehen, doch wies Jaro sie auf auf den Arm der Leiche hin. Diese riesige Klaue... Kirona tastete gerade das Gesicht der Person, besser gesagt der Kreatur, ab und starrte dabei einfach ins Leere. Jedoch saß jeder Handgriff, als hätte sie nie etwas anderes gemacht. Zwei Reißzähne kamen zum Vorschein, als Kirona in den Mund der Kreatur griff. Der Kiefer ließ sich weiter öffnen als es einem Menschen oder Alben auch nur entfernt möglich gewesen wäre. "Glaubst...glaubst du, dass das...", begann Alaryah und konnte ihren Blick nicht abwenden. "Naja, dass dieses Wesen die Soldaten getötet hat?". In Alaryahs Kopf flogen Bilder umher, wie sich dieses Wesen eine blutige Schneise durch die Reihen der Soldaten pflügte. "Aber wir hätten Spuren finden müssen.", widersprach sie sich direkt. "Und warum ist dieses Wesen nun tot?". Alaryah schaute nun hilfesuchend zu Jaro in der Hoffnung, dass er Antworten geben konnte, die sie beruhigen möchten.

  • Jaro Ballivòr
    Das Bild, das sich ihnen darbot war entsetzlich. Jede neue Stelle, die ihm schwachen Lichtschein erhellt wurde, zeigte, wie absonderlich diese Kreatur war. Etwas Derartiges hatte Jaro noch nie gesehen. Nichts schien wirklich zusammen zu passen. Hier fand das Wort "entstellt" wirklich Bedeutung und man konnte meinen, die einzelnen Körperteile versuchten sich gegenseitig abzustoßen und als bereite die Verbindung dem Wesen furchtbare Schmerzen, selbst im Tode. Als Kirona mit gespenstischer Routine den Kiefer weit aufriss, breitete sich ein Schwall übel riechenden Gestanks um sie herum aus. Mit der Hand vor Mund und Nase erwiderte Jaro Alaryahs Blick verzweifelt. Er hatte nicht den blassesten Schimmer was er sagen sollte. Alaryahs Geistesblitz hatte auch ihn ins Grübeln gebracht. Die Verletzungen, die sie an den armen Seelen auf dem Waldboden entdeckt hatten, hatten sie vor ein Rätsel gestellt. Nichts konnte so etwas anrichten... es sei denn, es verfügte über scharfe Krallen und kräftige Reißzähne... Der Gedanke trieb Jaro eine Gänsehaut den Rücken hinunter. "Ich weiß es nicht", sagte er niedergeschlagen zu Alaryah und weil ihm nichts Besseres einfiel, ließ er den Blick durch den schummrig erhellten Raum schweifen. Da fiel ihm plötzlich etwas auf. "Alaryah, flüsterte er. "Dieser Raum... ist anders." Jetzt, da er aktiv nach Anzeichen suchte, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. "Alles ist noch intakt. Die Staubschicht ist wesentlich dünner als in den Räumen zuvor, es gibt kaum Spinnweben..." Furchtsam sah er zurück zu seiner Freundin. "Das heißt dort oben ist seit Jahren niemand zugange gewesen, doch hier", seine Stimme verkam nach und nach zu einem Flüstern. "Dieser Raum wurde bis vor kurzem noch genutzt." Fast automatisch sah er wieder zu der grausigen Kreatur und erschrak fürchterlich, als er Kironas milchigen Blick auf sich ruhen fand.


    Alaryah Schattenwind
    "Anders?", fragte die Albin und sah sich ebenfalls um, nachdem sie den Blick von Kirona und ihrem Tun abwenden konnte. Jaro wies auf Details hin, die auch ihr bisher nicht aufgefallen waren. "Das bedeutet...", Alaryah drehte sich langsam zum Eingang um, erwartete schon fast, dass dort jemand stand und sie angreifen würde. Nichts. Niemand.
    Schließlich hatte sich Alaryah wieder zusammengenommen. Hier gab es Informationen zu suchen! Also suchte sie. Zuerst ging die Albin zu einem kleinen Schrank hinüber, kramte vorsichtig darin herum, fand jedoch nichts außer vertrockneten Zutaten. Dann erst fiel ihr der Stapel Pergament auf, dessen eine Hälfte säuberlich zusammengelegt auf einem Wandregal lag. Die andere Hälfte lag etwas verstreut darunter auf dem kalten Steinboden. Alaryah kniete sich hin, sammelte die einzelnen Zettel zusammen und versuchte eine Art Ordnung hineinzubringen. Die Notizen darauf waren in der Sprache der Alben geschrieben, es handelte sich um eine Art Tagebuch. Sie überflog Zeile um Zeile, merkte dann jedoch schnell, dass das Schriftbild sich veränderte. Nach und nach wurden die Buchstaben und Worte verwackelter, krakeliger und verschmierter. Auch der Wortlaut änderte sich. Hatte der Verfasser zuerst wortgewandt und eloquent geschrieben, so wurden die Sätze mit der Zeit rauer und grober. Teilweise waren Worte irgendwann gar nicht mehr zu lesen. "Heute waren die Anfälle wieder etwas schlimmer.", las Alaryah leise vor. "Ich vermute, dass die Dosis noch nicht ganz korrekt gewesen ist. Anmerkung: Sternensand möglicherweise durch Waldblatt ersetzen, Wirkung könnte enorm gesteigert werden.". Sie verstand nicht ganz, blätterte erst einmal weiter. So brummelte Alaryah Wörter vor sich hin, bis sie irgendwann aufstand. "Schwarze Wut greift...greift...", Alaryah versuchte die weiteren Worte zu entziffern. "Irgendwas mit Seele...", mutmaßte sie. Dieses Blatt Pergament war verknickt, eine Ecke fehlte komplett, jemand hatte sie abgerissen...und dabei Tropfen dunklen Blutes auf den Seiten hinterlassen? Alaryah kam die ganze Sache komisch vor, also wollte sie Jaro nach seiner Meinung fragen. Die Albin griff sich ein paar Seiten und drehte sich zu ihrem Gefährten um...


    Jaro Ballivòr
    Es dauerte einen Augenblick, bis Jaro schaffte, sich von Kironas starrendem Blick loszueisen. Als er schließlich einen Schritt zur Seite machte, folgte sie ihm nicht etwa mit den Augen, sondern wandte sich wieder der Leiche auf dem Boden zu, als wäre nichts geschehen. Alaryah hatte unterdessen begonnen, den Raum genau in Augenschein zu nehmen und da beschloss Jaro es ihr gleich zu tun. Er begann auf der anderen Seite und kniff angestrengt die Augen zusammen, um erkennen zu können, was in all den Gläsern und Phiolen lauerte, ohne zu nahe heran gehen zu müssen. Auf den ersten Blick war alles unspektakulär, Flüssigkeiten in verschiedenen Farben, Pulver, Kräuter und andere längst getrocknete und abgestorbene Pflanzen. Es gab keine schwimmenden Augen, Gehirne oder abgetrennte Hände, all das, was Jaro sich an einem Ort wie diesem gut vorstellen hätte können. Alaryahs Stimme schwang leise zu ihm hinüber und er drehte sich um. Er konnte kaum verstehen was sie sagte, sie schien eher mit sich selbst zu sprechen, doch trotzdem beendete Jaro seine Suche und sah sie still an. Eindeutig hörte er das Rascheln von Papier. Hatte sie Aufzeichnungen gefunden? Gerade, als er zu ihr hinüber gehen wollte, tat sie es und beantwortete seine stumme Frage. "Sieh dir das einmal an, Jaro", sagte sie und er ließ angestrengt seinen Blick über die unsteten Zeilen schweifen. Noch immer fiel ihm das Lesen nicht leicht, doch Einiges konnte er entziffern. "Das klingt wie ein Rezept", sagte er leise und fühlte sich an die alte Brerin zu Hause erinnert. "Oder der Versuch, ein Rezept zu erstellen... zu verbessern..." Alaryah nickte. "Dort drüben habe ich allerlei mögliche Zutaten für Rezepturen gefunden. Pulver, Flüssigkeiten. Da muss doch ein Zusammenhang bestehen." Sie sahen sich an und Jaro erkannte in Alaryahs Augen, dass sie das gleich dachte: sie hatten hier eine Art Versuchslabor gefunden. Nur für was? Alaryah wies nun mit dem Finger auf eine Seite, auf der der Text fast gänzlich unleserlich war. Jemand hatte voll Hast geschrieben oder unter furchtbaren Schmerzen. Jaro schluckte. Dann drehten sie fast zeitgleich die Köpfe in Richtung der leblosen Kreatur.


    Alaryah Schattenwind
    Kirona hatte ihre doch recht grausige Arbeit fortgesetzt. Die Geräusche aus dem hinteren Bereich des Raumes waren nun tief schmatzend. Erst wagte sich keiner der beiden näher heran, doch dann fasste sich Alaryah schließlich ein Herz. "Warte hier.", flüsterte sie Jaro zu und ging mit zittrigen Knien in Richtung Kirona. Schon aus der Entfernung konnte Alaryah die Schatten erkennen, die von der Frau ausgingen. Es schien, als würde sie in der Erde scharren...doch war es nicht der Boden, in dem die Frau herumwühlte. Alaryah würgte, hielt sich die Hand vor den Mund und hatte die Augen vor Schreck weit aufgerissen. Kirona schaute von den Resten der Kreatur auf. Sie schien wieder enorme Kräfte gehabt zu haben, denn anders konnte sich Alaryah den Zustand der Leiche nicht erklären. Kirona hockte nun einfach so da, die Hände in den Schoß gelegt und starrte geradeaus. Alaryah hörte leise Schritte hinter sich. "Jaro, bleib da.", zischte die Albin und hielt warnend eine Hand nach hinten. Unsicher trat Alaryah nun auch ein paar Schritte zurück, als sich Kirona langsam erhob. Ihre Kleidung, sowie ihre Hände und Unterarme waren über und über mit Blut und anderen Flüssigkeiten beschmiert, selbst Kironas Haare hatten etwas abbgekommen. Im düsteren Lichtschein drehte Kirona nun den Kopf in Richtung Jaro und Alaryah. Die Albin zog erneut einen Dolch, rechnete mit dem Schlimmsten. "Was auch passiert, wir laufen weiter, verstanden?". Alaryah meinte ihr Herz in ihrem Kopf schlagen zu hören. Was mochte nur in Kirona gerade jetzt vorgehen? Die Frau hob langsam ihre linke Hand, hielt darin eine kleine Kugel. Dicke Flüssigkeit triefte in langen Fäden davon hinab und Kirona begann die Kugel mit ihren Fingern zu bearbeiten. Von weitem konnten Jaro und Alaryah erkennen, dass es sich um ein zusammengeknülltes Stück Pergament handelte. "Es ist gefunden.", raunte Kirona mit ungewöhnlich tiefer Stimme. Dann zuckte der Kopf der Frau mehrmals unkontrolliert nach rechts. Als sie sich wieder ihren Gefährten zuwandte war der düstere und milchige Schleier aus ihrem Blick verschwunden. "Ich bin mir nicht ganz sicher aber...hier ist noch jemand...", flüsterte Kirona, stützte sich plötzlich geschwächt auf ihren Stab und streckte ihren Gefährten mit zitterndem Arm das Stück Pergament entgegen.


    Jaro Ballivòr
    Wenn Jaro zuvor gedacht hatte, ihm sei übel, wurde er nun eines Besseren belehrt. Jetzt war ihm übel. Reflexartig nahm er die Hand vor den Mund, als er aufstieß. Der Anblick Kironas, triefend vor Blut und anderem, dessen Herkunft Jaro gar nicht wissen wollte, war zu viel für ihn. Einzig die Furcht hielt ihn auf den Beinen. Sie mussten hier weg, er durfte hier nicht zusammenbrechen und zur Last für Alaryah werden. Kironas plötzlich aufhallende Stimme ließ ihn zusammenfahren. Jede Faser seines Körpers war aufs Äußerste angespannt, jedes Geräusch, jede Bewegung, jeder Windhauch fühlte sich an wie tausendfach verstärkt, all seine Sinne waren in Alarmbereitschaft. Angestrengt versuchte Jaro noch aus den Worten schlau zu werden, da folgten schon die nächsten, dieses Mal im Klang der Stimme, die sie die letzten glücklichen Stunden in Rankenfels begleitet hatte. Kirona kam zu sich. Doch ihre Botschaft bot wenig Potential für Freude. Jaro fuhr herum. Der niedrige Eingang war noch immer leer, nicht viel mehr als ein schwarzes Viereck, das sich noch dunkler von einem ohnehin schon finsteren Hintergrund abhob. Sich dort im Schatten zu verstecken würde ein leichtes sein. "Wo?", flüsterte er ängstlich, mehr zu sich, als als wirkliche Frage. Kaum wagte er sich wieder zurückzudrehen, aus Angst, exakt in diesem Moment würde ihn die unsichtbare Gefahr von hinten anfallen, doch schmerzerfülltes Stöhnen von Kirona zwang ihn langsam herum. Alaryah hatte mittlerweile mit angewidertem Gesichtsausdruck das Pergament entgegen genommen und es vorsichtig auf dem Steinsockel gelegt, um es zu entfalten. Ihr Blick schwirrte durch den Raum, wahrscheinlich auf der Suche nach etwas, um das gröbste Übel abzuwischen. "Keine Zeit... müssen weg", stöhnte Kirona und schnell griff Jaro nach einem leeren Glas in einem nahen Regal. "Wir können es hier hinein tun", schlug er vor und Alaryah nickte eilig. Dann griffen sie beide die verschmierte Kirona um sie zu stützen. Fragen mussten warten. Sie gingen in Richtung Tür und alles kam Jaro so furchtbar langsam vor. Dann hörten sie es und Staub rieselte von der Decke. Über ihnen war jemand.


    Alaryah Schattenwind
    "Kein Wort.", presste Alaryah zwischen ihren Zähnen hervor. So schnell wie möglich und so vorsichtig wie nötig bewegten sich die drei Reisenden voran. Bald hatten sie es zu dem Teil der unterirdischen Anlage geschafft, ander sie die Geheimtür hinter den Kisten gefunden hatten. Gerade, als sie die Treppen emporsteigen wollten, hielt Alaryah Jaro und Kirona zurück. Kirona stöhnte vor Erschöpfung und Jaro wollte gerade etwas fragen, als Alaryah nur den Finger an die Lippen legte. Sie horchten, standen starr in der Dunkelheit, wagten kaum zu atmen. Da in der Ferne war nun das, was sie schon die ganze Zeit erwartet hatten. Jemand näherte sich ihnen. Jetzt gab es keine Zweifel mehr. Wo sollten sie hin? Das Labor war eine Sackgasse, die Treppe hinauf, direkt in die Arme des Neuankömmlings war ebenfalls keine Option. Alaryah nickte mit dem Kopf in Richtung der Kisten, die sie vorher beiseite gestellt hatten. Vorsichtig luden Jaro und Alaryah die besudelte Kirona ab, kauerten sich anschließend ebenfalls hinter die herumstehenden Kisten. Alaryahs Herz hämmerte wie ein Dampfhammer in ihrer Brust. Sie konnte unmöglich sagen, wie es ihren Gefährten ging, zu sehr war sie mit sich selbst beschäftigt. Die Schritte kamen näher. Schwere Stiefel schlurften kratzend über den Steinboden, blieben dann vor der noch geöffneten Geheimtür stehen. Alaryah biss sich auf die Unterlippe und kniff ihre Augen fest zu. Ihr ganzer Körper war angespannt, die Muskeln verkrampften sich schon fast. Was, wenn ihr Verfolger sie hier finden würde? Wer mochte es sein? Gab es vielleicht noch mehr Kreaturen wie die, die dort unten lag? Stand eine vielleicht gerade genau hinter ihnen und schaute zu ihrem Versteck hinüber? Von der Person ging ein schon fast rasselnder Atem aus. Es schien, als würde sie die Geheimtür untersuchen. Solange die Aufmerksamkeit nicht auf den Gefährten lag mochte vielleicht alles noch einmal gut gehen. Dann endlich setzte sich der Neuankömmling wieder in Bewegung, murmelte dabei etwas mit tiefer, schon fast grollender Stimme. Alaryah wagte nicht, sich zu bewegen geschweige denn die Augen zu öffnen. Die Schritte entfernten sich, wurden leiser und verstummten dann fast komplett. Die kleine Albin schlug die Augen auf, atmete keuchend durch. Am liebsten hätte sie sich übergeben, doch wehrte sich jede Faser ihres Körpers. Weiter. Sie mussten weiter. Ein neuer Schwung Energie durchfuhr die Albin. Jetzt war die Gelegenheit! Sie zog Jaro zu sich hoch und gemeinsam halfen sie Kirona. Gerade als sie die ersten Treppenstufen erklommen hatten riss sich Kirona los. "Der Stein...", flüsterte sie und stolperte in Richtung Geheimtür zurück. "Kirona nein! Komm schon!". Panik kroch in Alaryah hoch, auch Jaro stand der Schweiß auf der Stirn. Kirona schaffte es irgendwie sich des Steins zu Bemächtigen und Jaro und Alaryah kamen der Frau entgegen, halfen ihr die Stufen hinauf. Dann rumpelte es laut hinter ihnen. "Die Tür schließt sich wieder.", vermutete Jaro, doch bekam er keine Antwort. Mit der eingehakten Kirona gingen die Gefährten so schnell sie konnten voran. Irgendwie schafften sie es genau den Weg zu nehmen, den sie gekommen waren. Alaryahs Blick verengte sich zu einem schmalen Tunnel, der sich immer weiter zuzuziehen schien. Sie keuchte, ihre Lungen brannten wie heiße Kohlen. Die Belastung war einfach zu groß. Sie wollte anhalten, nur ganz kurz, durchatmen, nur für einen Moment Pause machen. "Unmöglich.", knurrte Alaryah zu sich selbst und biss sich erneut auf die Lippen, dieses Mal wollte sie einfach nur Schmerz empfinden. Irgendwie musste sie sich daran erinnern, dass sie noch am Leben war, dass sie ihre Freunde irgendwie aus diesem Keller bringen musste. Sie durfte nicht schwach machen. Ein metallischer Geschmack breitete sich in dem Mund der Albin aus, als Blut aus ihrer Unterlippe hervorquoll. "Weiter...wir dürfen nicht stehenbleiben.", hörte sich die Albin rufen. Es klang in ihrem Kopf überaus verzweifelt. Nein. Sie musste stark bleiben. Stark bleiben für ihre Gefährten! Dann endlich, da vorn! Ein schwacher Lichtschein war am Ende eines Ganges zu erkennen! Draußen! Da ging es nach draußen! "Da lang!", rief nun auch Jaro und sie schlugen die entsprechende Richtung ein. Die Luft wurde mit jedem Schritt nach oben besser. Das Brennen in den Beinen aufgrund der Steigung merkten die drei schon länger nicht mehr, zu groß war der Wille zu entkommen, zu groß die Furcht vor dem, was sie womöglich gerade verfolgte. Endlich spuckte die unterirdische Festungsanlage die Reisenden aus und sie taumelten über die Schwelle ins Freie...


    Jaro Ballivòr
    Aus der Düsternis der Festung hatte das Licht wie am hellsten Tage gewirkt, doch als sie endlich aus dem Schlund entkamen, mussten sie feststellen, dass es bereits dämmerte. Die milde Waldluft war eine Wohltat, der Duft von Laub und jungem Holz, das Sirren von Insekten und die ersten Rufe der Vögel der Nacht. Trotzdem wagten sie nicht stehen zu bleiben, sondern hetzten weiter. Unter ihnen knackten Zweige und nicht wenige Male stolperten sie und hatten Mühe, die vollkommen erschöpfte Kirona auf den Beinen zu halten. Jaro rannte blindwütig immer weiter, angetrieben vom Trommelschlag des eigenen Herzens. Der Schreck darüber, fast entdeckt worden zu sein, ohne Möglichkeit zu fliehen, steckte ihm noch so tief in den Gliedern, dass er sich nicht traute auch nur an eine Pause zu denken und Alaryah schien es ähnlich zu gehen. Er hoffte, dass sie bewusst eine Richtung gewählt hatte, doch sicher war er sich nicht. Blut rauschte in seinen Ohren und die schrecklichen Bilder der leblosen Kreatur, die Geräusche von Schritten im Dunkel und der fürchterliche Gestank nahmen seinen Geist in Besitz. Ob er sie je wieder los werden konnte? Auf einmal japste er nach Luft und erst nach einigen schwerfälligen Atemzügen bemerkte er, dass er weinte. Die Anspannung ließ nach und mit ihrem Schwinden brachen die Emotionen aus ihn heraus. Kraft und Wille verließen ihn. Wie lange waren sie schon gerannt? Eine Ewigkeit. Es war fast dunkel und er hatte jegliches Zeit- und Raumgefühl verloren. "Alaryah... ich", presste er hervor, dann wurden seine Schritte langsamer und er sank auf die Knie, stütze sich mit den Händen auf dem unsteten Waldboden auf und rang nach Atem. "Ich kann nicht mehr." Seine Stimme war dünn und schwach und er fühlte sich so furchtbar ausgeliefert.


    Alaryah Schattenwind
    Jaros Schritte verlangsamten sich. Irgendwann stützte Alaryah Kirona alleine und die Albin sah sich nach Jaro um. "Ich kann nicht mehr.". Er war am Ende. <Verdammt.>, dachte Alaryah noch und war hin und hergerissen. Sie selbst war unmöglich in der Lage Kirona und Jaro gleichzeitig zu halten. Es schien, als würden sie nun doch hier verweilen müssen, tatsächlich konnte sie auch keine zehn Meter mehr laufen. Mitten in der Wildnis, in der Finsternis des Waldes kam die kleine Gruppe nach gefühlt endloser Flucht zum Stehen. Das Rauschen der Blätter und die Tierlaute brausten wie ein Bach um Alaryah herum und dann wurde ihr schwindelig. "Kirona, ruh dich etwas aus.", hauchte Alaryah noch, bevor sie wie ein gefällter Baum umkippte. Die Albin sah, wie sich der weiche Waldboden rasend schnell näherte, dann presste der Aufprall sämtliche noch verbliebende Luft aus ihren Lungen. Ein paar Sekunden blieb sie einfach dort liegen, fühlte sich, als wären ihre Arme und Beine schwer wie riesige Felsbrocken. Kirona hatte sich auf den Rücken gelegt, versuchte ihre Atmung in den Griff zu bekommen und Jaro vergoss nicht weit bittere Tränen. Hatten sie es geschafft? Waren sie entkommen? Schwerfällig kroch Alaryah zu Jaro herüber, griff zitternd nach seiner Hand. Er reagierte kaum. "Jaro es ist gut.", flüsterte sie und schaffte es schließlich irgendwie sich aufzusetzen. Dann zog sie den wimmernden Jaro zu sich und hielt ihn fest im Arm. Nun brachen bei ihm alle Dämme. Alaryah versuchte den jungen Alben zu beruhigen, doch das Schluchzen wurde lauter. Er begrub sein Gesicht nun tief in ihrer Schulter und schon bald spürte Alaryah, wie sich die Tränen ihren Weg durch ihre Kleidung suchten. "Sei unbesorgt.", brachte Alaryah endlich hervor und streckte ein Bein aus um besser sitzen zu können. Ihr Knie knackte leise. "Wir sind fort von diesem grausigen Ort, Jaro.". Behutsam strich sie dem Alben durchs Haar, redete ihm so gut zu wie sie nur konnte. Immer wieder schaute Alaryah auch zu Kirona. Diese schien völlig am Ende ihrer Kräfte, jedoch regulierte sich langsam aber sicher ihre Atmung. Alaryah wippte nun sanft hin und her, als wolle sie ein Kleinkind in den Schlaf wiegen. Ihr fiel gerade nichts besseres ein und hoffte, dass Jaro sich beruhigen würde. Leise summte sie ein Lied vor sich hin, kämpfte dabei selbst mit den Tränen. Irgendwann schob die Albin sanft Jaros Kopf von ihrer Schulter weg und sah ihm tief in die Augen. "Du warst sehr tapfer, Jaro.", flüsterte sie und wischte ihm mit den Daumen die Tränen aus dem Gesicht.


    Jaro Ballivòr
    Er ließ alles geschehen. Unfähig sich zu rühren oder die Flut der Tränen zu stoppen, sank Jaro in Alaryahs Arme und zog sich einen Moment zurück aus der Welt. Alle Vorsätze stark zu sein waren hinfällig. Doch für Scham oder Ärger darüber war kein Platz. Nicht jetzt. Dankend nahm er die Nähe der Waldalbin an. Er konnte sich nicht erinnern, jemals so viel geweint zu haben. Schließlich ließ es nach und als ihre Blicke sich trafen, versuchte Jaro all seine Dankbarkeit hinein zu packen. "Wir haben es geschafft", flüsterte er, ganz so, als käme ihm diese Erkenntnis erst jetzt. Kirona hatte die Augen geschlossen. Auch ihr Atem ging ruhiger. "Ist bei dir alles ok?", fragte Jaro Alaryah schüchtern. Müdigkeit machte sich bleiern in seinen Gliedern breit, doch er fürchtete sich zu davor zu schlafen. Zögerlich blickte er sich um. Das fahle Mondlicht erhellte die Luft gerade soweit, dass einige Baumstämme schemenhaft hervor traten. Ansonsten war nichts zu erkennen. "Ist es hier sicher? Können wir ein wenig ruhen?" Er wusste, dass die alle dringend Erholung brauchten.

    ~ Die größte Offenbarung ist die Stille ~


    Laotse

    [imgk]Bitte melde dich an, um diesen Link zu sehen.[/imgk]

  • Alaryah Schattenwind
    "Sei unbesorgt. Wir bleiben erst einmal hier und ruhen uns aus. Versuch etwas zu schlafen.". Alaryah war sich nicht sicher, ob ihnen hier tatsächlich nichts geschehen konnte. Doch hatten sie eine andere Wahl? Was hätte sie sonst sagen sollen? Die Albin hoffte, dass ihnen niemand gefolgt war und nur auf einen schwachen, unachtsamen Moment lauerte...
    Leise vor Erschöpfung stöhnend drehte sich Kirona auf die Seite. Sie hatte ihre Hände unter ihren Kopf gelegt und war als erstes eingeschlafen. Irgendwann hatte es dann auch die beiden Alben gepackt und die Müdigkeit siegte über die Furcht und die gerade überstandenen Erlebnisse.
    Wieder und wieder wurde Alaryah wach, ihr Schlaf war unruhig und somit nicht wirklich erholsam. Einmal musste sie etwas schlechtes geträumt haben, denn sie war von kaltem Schweiß überströmt. Sie mahnte sich zur Ruhe, sprach sich selbst Mut zu als sie zu ihren sich nicht rührenden Gefährten sah. Dann plötzlich raschelte es recht laut in der Ferne und Alaryah fuhr zusammen, gerade dann, als sie fast wieder eingeschlafen war. "Jaro. Kirona.", zischte sie und stubste die beiden nacheinander an. Keine Regung. "Wacht auf, da ist etwas...", sagte sie nun etwas lauter. Wieder nichts. Dann war da eine Stimme. Es schien, als würde sie jemanden rufen? Dann Schritte, auf der anderen Seite ihres improvisierten Nachtlagers! Alaryah versuchte aufzustehen, doch machten ihr Kreislauf und strapazierte Muskeln einen Strich durch die Rechnung. So humpelte die Albin eher taumelnd herum, schaffte es gerade so einen Dolch hochzuhalten. Der andere entglitt ihren Fingern und fiel dumpf auf den weichen Waldboden. "Verdammt.", fluchte die Albin nun und mühte sich ab eine Verteidigungsstellung einzunehmen. Gerade wollte sie erneut nach ihren Gefährten rufen, als das Unterholz vor ihr laut knackend zur Seite geschoben wurde. Ein kleines Albenmädchen trat hervor. "Ich bin hie...", rief sie und unterbrach sich, als sie die zittrige Alaryah plötzlich vor sich stehen sah. Die Augen des Mädchens wurden größer und sie stieß einen spitzen, erschrockenen Schrei aus. Auch Alaryah bekam einen Schreck und trat ein paar Schritte von dem Mädchen weg. "Tinriel! Da bist du ja!", ertönte laut eine Männerstimme von der anderen Seite und Alaryah wirbelte herum, stolperte dabei über Jaros Bein. "Papa!", rief das Mädchen und spurtete an Alaryah vorbei, versteckte sich hinter dem Mann der mit einem Stapel Holz auf dem Arm die kleine Reisegruppe musterte. "Verzeiht, Wer...seid ihr?", fragte er und strich seiner kleinen Tochter über den Kopf. Alaryah kam erneut auf die Beine, kämpfte dabei gegen den Schmerz eines üblen Wadenkrampfes an. Mittlerweile waren auch Jaro und Kirona aufgewacht.


    Jaro Ballivòr
    Wirre Träume suchten Jaro heim. Er rannte und rannte und obwohl sich die Umgebung ständig veränderte, schien er nicht voran zu kommen. Schwer wie Blei zog es ihn nach unten und bald würden sie ihn einholen. Er hörte ihre Stimmen, ihre Schritte auf dem Boden, jemand schrie... die Geräusche folgten seinem Bewusstsein in den Wachzustand, während ein Teil von ihm sich noch an den Traum klammerte. Widerwillig stemmte er die Lider nach oben und blinzelte ein paar Mal, bis er scharf sehen konnte. Ruckartig setzte er sich auf und rutschte ein Stück zurück. Hilfesuchend sah er zu Alaryah, dann zu Kirona, bis sein Verstand sich endlich ganz geklärt hatte. Das ist ein Kind, sagte er sich und der Mann trägt Holz und keine Waffen... Das sind keine Angreifer, alles ist gut. Ein unangenehmes Schweigen war ausgebrochen und Jaro bemerkte das leichte Stirnrunzeln des Vaters. Der Alb begann misstrauisch zu werden. "Ich bin Jaro", hörte er sich sagen. "Das ist Kirona und das ist Alaryah." Aus dem Augenwinkel sah er, wie das Zittern der Waldalbin langsam nachließ. Trotzdem hatte er das Gefühl, dass sie dankbar war, dass er das Wort für sie ergriffen hatte. "Wir haben uns verirrt und hier eine Rast eingelegt, da wir vor Erschöpfung beinahe zusammen gebrochen sind." Instinktiv war ihm diese Halblüge in den Sinn gekommen. Wenigstens erklärte sie ihren miserablen Zustand einigermaßen. Wenn auch nicht das Blut auf Kironas Kleidern... erst als des Mannes Blick an ihr haften blieb, fiel Jaro wieder ein, wie die Frau auf einen Fremden wirken musste. Doch der Alb war höflich genug, nicht danach zu fragen. "Ich bin Morond." Noch immer klammerte sich die kleine an sein Bein. "Ihr seid unweit eines breiten Pfades, der nach Rankenfels führt. Wir kommen von dort. Schon gut, Tinriel, ich glaube nicht, dass diese Leute gefährlich sind", flüsterte er dem Mädchen zu, die ihn mit großen Augen ansah. "So etwas sieht Papa sehr schnell." Jaro glaubte ihm aufs Wort. Morond wirkte freundlich und offen, aber er strahlte auch einer Sicherheit und Stärke aus, die nur jemand inne hat, der Erfahrung hat und sich zu verteidigen weiß. "Warum schließt ihr euch uns nicht an? Wir sammeln gerade Holz zum Kochen und Sinyah macht immer viel zu viel." Er lächelte und griff die Holzscheite neu. "Und nach einer kleinen Stärkung könnt ihr dann berichten, wieso ihr wirklich hier seid." Wieder blieb sein Blick an Kirona hängen.


    Alaryah Schattenwind
    Die Gemüter hatten sich zum Glück schnell wieder beruhigt und als die Sonne langsam am Himmel emporstieg fanden sich die drei Gefährten mitten im Lager der kleinen Albenfamilie wieder. Auf dem Weg dorthin hatten sie kaum geredet, nur hier und da ein paar Worte gewechselt. Die Familie hatten# einen stabilen Karren bei sich, unweit entfernt war das Pferd angebunden. Kirona konnte sich in einem schmalen Bachlauf zumindest etwas waschen, doch würde sie wohl ein dampfendes Bad brauchen um wieder komplett sauber zu sein. Morond hatte ihnen seine Frau Sinyah vorgestellt, bei ihr war der ältere Sohn Foranor. Während Sinyah die Gefährten freundlich begrüßt und sie nach dem Kochen mit einer Mahlzeit versorgt hatte, war Foranor den Neuankömmlingen gegenüber weniger aufgeschlossen. Er saß nicht mit dem Rest der Familie um die kleine Kochstelle herum, hockte auf dem Bock des Karrens und starrte Alaryah wieder und wieder über den Rand seiner Schale hinweg an. Sie bemerkte seine recht düsteren und abschätzenden Blicke, wollte sich aber nichts anmerken lassen. "Habt vielen Dank für das Essen.", sagte Alaryah schließlich, um sich selbst etwas abzulenken. "Ihr sagtet, dass ihr aus Rankenfels gekommen seid?", fragte Alaryah und sah zuerst Morond, dann seine Frau an. "Ja.", bestätigte er und deutete auf seinen Karren. "Wir haben dort ein paar Güter tauschen können und sind nun auf der Reise zurück in unseren Hain. Man kann sagen, dass wir eine kleine, aber dennoch erfolgreiche Händlerfamilie sind.". Er grinste, während Sinyah lächelnd die Augen verdrehte und abwinkte. "Wir haben ganz tolle Sachen bekommen! Die musst du dir ansehen!", platzte es aus Tinriel heraus, die daraufhin aufsprang und zu Alaryah herübereilte. "Looooos. Komm schon!". Sie zog am Ärmel der Albin und wippte aufgeregt hin und her. "Tinriel!", mahnte Morond, doch Alaryah lenkte schnell ein. "Schon gut, schon gut. Ich sehe mir deine Schätze gern an.". Langsam erhob sich Alaryah und stellte ihre Schale auf den Boden. Anschließend folgte sie der kichernden Tinriel, die bereits zum Heck des Karrens hüpfte.


    Jaro Ballivòr
    Nach all der Zeit, die Jaro nun schon im Waldreich verbracht hatte, versetzte ihn die Freundlichkeit der Alben aufs Neue in Staunen. Ohne weitere Fragen wurden sie zum Essen eingeladen und Moronds Frau hatte eine derart warme und großherzige Aura, dass Jaro sich augenblicklich besser fühlte. Das Mahl glich einem Festessen für seinen entkräfteten Körper und er zwang sich, nicht zu gierig zuzulangen, zum einen aus Höflichkeit, zum anderen, um nicht zu schnell wieder vor einem leeren Teller zu sitzen. Während ihn schließlich wohlige Ermattung ereilte, taute die kleine Tinriel so richtig auf. Besonders Alaryah hatte es ihr angetan und Jaro konnte nicht anders als zu lächeln über die aufgeregte Freude des kleinen Mädchens. Während die beiden zum Karren eilten, wandte sich Sinya an Jaro. "Du bist ein Lichtalb, nicht wahr? Oder gar ein Frostalb? Nein... da wäre es dir hier vermutlich zu warm..." Sie kicherte verlegen und sprach direkt weiter, sodass Jaro gar nicht dazu kam zu antworten. "Ich habe schon immer zu Morond gesagt, eines Tages müssen wir auch mal andere Alben besuchen. Immerhin sind wir doch alle fast die selben, oder? Du bist ja auch hier bei uns, das ist doch einfach wunderbar."
    "Liebling", mahnte Morond. "Quassel den armen Jungen doch nicht so zu, er hat ja kaum Zeit Luft zu holen." Gespielt mitleidig sah er Jaro an und zwinkerte. "Frauen..."
    "Schon gut", sagte Jaro und tatsächlich war es angenehm einer unbeschwerten Stimme zu lauschen nach allem, was sie zuletzt erlebt hatten. "Ich bin aus Avinar und ich habe auch Alaryah und Kirona schon angeboten, mich einmal zu besuchen. Es ist ganz anders als hier, aber doch auch sehr schön." Sinyahs aufmerksame Augen fixierten ihn eindringlich. "Oh, erzähl uns davon! Unbedingt. Und du auch, Kirona, von wo stammst du?" Jaro und Kirona blickten sich an, um zu entscheiden, wer zuerst sprechen sollte, doch plötzlich unterbrach Tinriels helle Stimme das noch nicht gestartete Gespräch. Sie klang nun nicht länger freudig, sondern ärgerlich und blitzschnell fuhren die Köpfe der beiden Eltern herum.


    Alaryah Schattenwind
    Tinriel zog die schwere Plane etwas zur Seite und schlüpfte in das Innere des Karrens. Alaryah wartete davor, während Tinriel munter weiterplappernd herumpolterte. Gerade, als Alaryah ebenfalls die Plane etwas zur Seite schieben wollte um nach der kleinen zu sehen stellte sich ihr plötzlich Foranor in den Weg. Er verschränkte die Arme vor der Brust und sah auf die kleine Albin hinab. Foranor war zwar jünger als Alaryah, dennoch fast einen Kopf größer. "Was habt ihr wirklich getrieben?", fragte er erstaunlich kalt. Alaryah zog eine Augenbraue hoch und begegnete den Blicken des Alben nun mit fester Entschlossenheit. "Ihr habt euch also verirrt, ja?". Morond hatte dieses Detail bei der Vorstellung erwähnt, so nickte Alaryah nur. "Ich glaube euch kein Wort.". "Nun, dann ist das wohl einfach so?". Alaryah, die gerade noch gut gelaunt und dankbar ob der Ablenkung durch Tinriel war, hatte nun einfach keine Lust sich mit diesem Jüngling auseinanderzusetzen. Tinriel steckte den Kopf unter der Plane hervor und kletterte anschließend mit mehreren kleinen Gegenständen wieder von dem Karren herunter. "Hier, sieh doch nur!". Voller Stolz reckte sie Alaryah eine Puppe entgegen. "Die habe ich gestern von Mama bekommen. Oder war es vorgestern?". "Ihr seid doch ein Waldläufer. Einfache Wanderer haben nicht solch eine Ausrüstung wie ihr. Waldläufer verirren sich niemals.". Alaryah sah zwischen Tinriel und ihrem Bruder hin und her. "Ich bin hier niemandem Rechenschaft schuldig?". Alaryah schüttelte den Kopf und kniete sich zu Tinriel hinunter. "Sie ist wirklich wunderschön. Fast so eine Prinzessin wie du, hm?", sagte Alaryah zu Tinriel, die ihr die Puppe in die Hand gedrückt hatte und nun verlegen kicherte. Alaryah hatte sich vorgenommen Foranor nicht weiter zu beachten. "Ihr zieht mit Fremden durch das Waldreich. Eine Frau voller Blut ist bei Euch? Wer sind die in Wirklichkeit?". Alaryah bemühte sich nicht weiter auf den Alben zu hören, zog immer wieder Tinriels Aufmerksamkeit auf sich und lenkte sie von ihrem Bruder ab. "Ich würde aber sagen, dass du gut auf die kleine Prinzessin aufpassen musst, oder? Ich meine sieh nur, sie ist ja noch kleiner als du und braucht vielleicht Hilfe in der Welt von uns großen, was meinst du?". Tinriel nickte eifrig. "Jaaah!", bestätigte sie, nahm die Puppe wieder an sich und drückte sie fest. "Wir können ja beide auf sie aufpassen!", schlug sie Alaryah daraufhin vor, diese lächelte nur und stubste Tinriel leicht in den Bauch. Gerade, als sie noch etwas sagen wollte, schoss ein Satz von Foranor durch ihren Kopf. Hatte er da gerade wirklich "Beschützen? Wahrscheinlich konntet ihr nicht einmal eure Sippe beschützen und wurdet deshalb verstoßen und zieht jetzt mit seltsamen Gestalten umher." gesagt? Alaryah sprang auf, Tinriel wich erschrocken zurück. Die kleine Albin drehte sich zu Foranor um, ging auf ihn zu. Er versuchte selbstsicher zu wirken und wollte Stärke ausstrahlen, doch es gelang ihm eher mittelprächtig. "Wagt es nicht solche Worte erneut auszusprechen.", zischte Alaryah zwischen ihren Zähnen hindurch und funkelte den Alben von unten her an. Sie hätte ihm am liebsten eine Lektion erteilt, doch war da immer noch Tinriel. Diese jedoch drängte sich zwischen die beiden und stellte sich vor Alaryah. "Sei nicht immer so gemein!", schrie die kleine nun und verzog grimmig den Mund. "Alaryah hat dir gar nichts getan! Immer bist du nur frech!". Wütend pustete sich Tinriel eine Haarsträhne aus dem Gesicht, während sie ihre kleinen Hände zu Fäusten geballt hatte. "Tinriel, lass uns zurück zu den anderen gehen.", meinte Alaryah beruhigend und schob die kleine von ihrem Bruder weg. "Aber er hat doch angefangen!", protestierte sie noch, folgte dann aber brav. "Das nächste Mal kommst du mir nicht einfach so davon.", flüsterte Alaryah Foranor noch einmal zu, den sie dann beim Karren stehenließen.


    Jaro Ballivòr
    "Tinriel! Foranir!", rief Morond bestimmt. "Was soll das? Verhält man sich so vor Gästen?"
    "Er war gemein zu Alaryah!", beharrte Tinriel trotzig. Foranir folgte den beiden zur Essstelle und Jaro nahm ihn überhaupt das erste Mal wahr.
    "Ich finde es eben nicht gut, wenn wir merkwürdige Fremde mit offenen Armen in unserer Mitte willkommen heißen. Eine bewaffnet, eine voll Blut und ein arroganter Weißling..."
    "Foranir!" Morond hob den Zeigefinger. "Noch ein Wort und du kannst den restlichen Weg zu Fuß gehen! Wo sind deine Manieren?"
    "Jeder weiß doch, dass sie sich für etwas Besseres halten", sein zorniger Blick blieb an Jaro hängen, der automatisch die Schultern anspannte. "Und die da erdrosselt uns wahrscheinlich im Schlaf." Kirona schluckte betreten. "Und du", erneut wandte er sich an Alaryah, doch was auch immer er sagen wollte, kam nicht über seine Lippen. Morond war aufgestanden und hatte ihm eine schallende Ohrfreige verpasst. "Junge, reiß dich am Riemen, ehe ich mich vergesse. Kein Wunder, dass Lasyr meinte, du bist nicht bereit für die Waldläuferausbildung."
    "Aber Vater, interessiert es dich denn gar nicht, wer sie sind und was sie hier machen?" Röte stieg ihm ins Gesicht. Seines Vaters Worte waren ihm offenbar peinlich.
    "Natürlich tut es das, doch das werden sie uns schon sagen, wenn sie der Meinung sind, dass wir es wissen sollten."
    "Und uns zuvor nicht umgebracht haben."
    "Wieso musst du deiner Schwester unnötig Angst machen? Glaub mir, ich erkenne einen kaltblütigen Mörder, wenn ich ihn vor mir habe und diese drei sind keine." Jaro entging nicht, dass seinen Worten zum Trotz sein Blick wieder kurz zu Kirona blitzte.
    "Und was, wenn du dich täuscht?"
    "Ich täusche mich nie. Und jetzt entschuldige dich!" Er ließ seinen Sohn los und sah ihn erwartungsvoll an, doch Foranir spuckte nur auf den Boden, machte auf dem Absatz kehrt und rannte in den Wald.
    "Ach... was machen wir nur mit ihm?", seufzte Sinyah. "Es tut mir furchtbar leid, ihr Lieben."
    "Er ist in einem schwierigen Alter. Noch dazu die Absage für die Ausbildung... es ist sein Traum, wisst ihr. Ein Waldläufer zu werden." Mit einem schwachen Lächeln sah er Alaryah an.


    Alaryah Schattenwind
    Alaryah mischte sich nicht weiter in das Gespräch ein. Die Standpauke hatte gesessen. Tinriel verstand nicht ganz, was geredet wurde und verfolgte eingeschüchtert die Szenerie. Kurz erhaschte Alaryah die Aufmerksamkeit der kleinen und zeigte, kaum für die anderen sichtbar, auf die Puppe in Tinriels Arm. Diese erinnerte sich an das Versprechen aufzupassen, drückte die Puppe wieder fest an sich und tätschelte ihren Kopf.
    Als Alaryah mitbekam, dass Foranir Waldläufer werden wollte, wurde sie hellhörig.
    "Schon gut, Sinyah, wirklich. Es ist ja nichts passiert.". <Was auch sein Glück war.>, dachte Alaryah den Satz in Gedanken weiter. "Verzeiht, ihr hättet das nicht sehen sollen.", meinte nun auch Morond und schüttelte ratlos den Kopf. "Ich denke die Situation ist nun erst einmal geklärt, oder?". Alaryah sah sich nach ihren Gefährten um, die scheinbar allgemeine Zustimmung bekundeten. "Wollen wir uns nicht weiter damit befassen und diesen Streit einfach vergessen.", stimmte Kirona schließlich zu. Sie schien durch die Worte doch etwas verletzt, verbarg es aber erstaunlich gut. "Wir sollten euch auch nicht zu lang zur Last fallen.", meinte Alaryah schließlich. "Wir müssen bald weiterziehen, es geht Richtung Norden.". Morond nickte verständnisvoll. "Keine Sorge, ihr seid keine Last für uns.", widersprach Sinyah. "Ich denke es ist leichter, wenn ihr ein Stück weit mit uns reist.", stellte Morond fest. "Natürlich könnt ihr euch durch das Unterholz schlagen, doch mit dem Karren sind wir schneller. Die Straßen hier sind gut und obwohl es ein kleiner Umweg ist solltet ihr schneller auf dem Pfad nach Norden ankommen. Ihr wollt doch bestimmt die alte Reiseroute nehmen, vorbei an den Güldenen Lichtungen? Dann weiter über die Kieferbrücke?". Jaro und Kirona hatten keine Antwort auf diese Fragen, doch Alaryah nickte. "Genau das ist unser Weg. Aber Morond, ich würde gern noch ein paar Worte mit meinen Gefährten wechseln.". Der Alb nickte. "Nehmt euch alle Zeit die ihr braucht, wir reisen nicht so schnell ab.". Während er mit Hilfe seiner Frau begann das Lager abzubrechen nahm Alaryah Jaro und Kirona ein paar Schritte mit sich. Tinriel wollte folgen, doch Moronds "Tinriel?!" ließ sie etwas abseits anhalten.
    "Wie geht es euch, habt ihr euch etwas erholen können?", fragte Alaryah in die Runde als sie allein waren. Vorher hatte sie sich nicht wirklich nach dem Wohlergehen ihrer Gefährten erkundigt, das musste schleunigst nachgeholt werden. "Ich wollte das Angebot nicht einfach annehmen ohne mit euch gesprochen zu haben. Wir sollten vielleicht eine Tagesreise bei ihnen bleiben, doch dann auf eigene Faust weiterziehen.". Alaryah machte eine kurze Pause. "Falls uns weiterhin Gefahr droht dürfen wir sie da nicht mit hineinziehen.", erklärte sie. Das wünschte sich wohl niemand. "Also, wie seht ihr das? Ich glaube eine Reise per Karren tut uns ganz gut und Morond hat Recht. Wir kommen so wirklich schneller voran..."


    Jaro Ballivòr
    Jaro und Kirona nickten. Das Mahl hatte ihre Lebensgeister erweckt. Außerdem fühlte sich Jaro merkwürdig wohl in Gegenwart der Familie, von dem trotzigen Sohn vielleicht einmal abgesehen. Als Alaryah vorschlug, einen Tag zu bleiben, war er deshalb auch schon versucht, um eine längere Dauer zu bitten, doch die Waldalbin kam ihm zuvor und natürlich hatte sie Recht. Sie durften der kleinen Familie keine Feinde auf den Hals hetzen. "Ja, das ist gut", sagte Jaro leise. "Noch ist unsere Spur vielleicht verwischt und ein weiterer Tag Erholung kann nicht schaden." Kirona nickte. "Sollten wir Morond beichten, dass wir verfolgt werden?", fragte Jaro, doch sie entschieden, dass das im Augenblick nur unnötige Unruhe hinein bringen würde. "Manchmal reist man sicherer, wenn man nicht weiß, das man in Gefahr schwebt", murmelte Kirona und Jaro sah sie erstaunt an. Nachdem sie so lange in Trance gewesen war, kam es ihm merkwürdig vor, sie wieder normal sprechen zu hören. Bislang hatte sie noch kein Wort über die Zeit verloren, die sie nicht Herrin über sich selbst gewesen war und Jaro traute sich auch nicht zu fragen. Ob sie sich erinnerte?
    Im Hintergrund sah Jaro Tinriel ungeduldig von einem Fuß auf den anderen wippen, im Versuch den Hals so hoch zu recken, wie es nur ging. Morond beobachtete seine Tochter streng, aber mit Liebe im Blick.
    "Ich glaube, da hat jemand einen Narren an dir gefressen, Alaryah", sagte Kirona schmunzelnd und als die Waldlabin sich umdrehte, kicherte das kleine Kind verschüchtert und hob die Puppe vor ihr Gesicht.


    Alaryah Schattenwind
    Es war also beschlossene Sache. Sie würden ein kurzes Stück weg mit der Familie gemeinsam reisen. Kirona wies Alaryah auf Klein-Tinriel hin, die immer noch dort vorn wartete. "Los, lasst uns beim Abbau des Lagers helfen.", schlug Alaryah vor und machte sich mit ihren Gefährten auf den Weg zurück zum Lagerplatz, natürlich mit Tinriel im Schlepptau. Die Details waren schnell geklärt und sowohl Morond, als auch Sinyah freuten sich über den Entschluss der kleinen Reisegruppe, Tiniriels Reaktion war natürlich überaus vorhersehbar.
    Gemeinsam hatten sie bald alles Gepäck verstaut und waren bereit zur Weiterreise. "Morond, wollt ihr nicht noch auf euren Sohn warten?", fragte Kirona während Jaro und Alaryah auf dem Karren Platz nahmen. "Ach, er wird uns schon finden.", winkte der Alb ab und nahm die Zügel in die Hand. "Wahrscheinlich beobachtet er uns gerade aus irgendeinem Gebüsch heraus oder so.". Der Alb schnalzte mit der Zunge und der Karren setzte sich polternd in Bewegung.
    Die Fahrt tat den Gefährten gut. Es war die richtige Entscheidung gewesen das Angebot anzunehmen, denn so konnten sie ihre müden Knochen noch etwas weiter schonen. Die allgemeine Stimmung während der Reise war gut, doch gefiel es Alaryah nicht wirklich Foranir zurückgelassen zu haben. Die kleine Albin konnte sich jedoch nicht wirklich lange auf diesen Gedanken konzentrieren, viel zu oft musste sie sich mit Tinriel beschäftigen. Diese fing nun langsam auch an Jaro und Kirona mit in ihre kleine Welt einzubeziehen. Während Morond den Karren weiter die Straße entlang lenkte schaute er immer wieder auf die Ladefläche, lächelte dann Sinyah an. Alaryah war sich sicher, dass auch die beiden die Gesellschaft der Gefährten genossen...und sie erfreuten sich daran, dass ihre Tochter so viel Spaß mit ihnen hatte.
    Bald wurde es Nachmittag und ein Rastplatz war recht schnell gefunden. Der Karren wurde neben einer großen, majestätischen Weide abgestellt und bald schon knisterte erneut ein kleines Kochfeuer unter einem Kessel, in den Sinyah die ersten Zutaten für eine Mahlzeit warf. "Habe ich es nicht geasgt?!", fragte Morond laut und stand auf. "Da bist du ja wieder!". Die Gruppe sah in die Richtung, in die der Alb gesprochen hatte. Tatsächlich trat Foranier aus dem Unterholz hervor. "Ich wusste doch, dass du uns findest.", fügte Morond hinzu. Foranir nickte nur.

  • Jaro Ballivòr
    Ohne ein Wort zu sagen, ließ sich Foranir in ihrem lockeren Kreis neben seiner Mutter nieder. Sinyah strich ihm kurz durch das Haar und er ließ es geschehen. Mit Sicherheit gab es solche Situationen öfter, dachte Jaro, ein bockiger heranwachsender und geduldige Eltern, die ihm den nötigen Freiraum ließen, Dampf abzulassen und selber zu entscheiden, wann die Zeit für eine Wiedervereinigung gekommen war. Ganz so, wie es bei ihm gewesen war, wenn auch ohne heftige Streits wie diesen. "Junger Mann", fuhr Morond fort, "ich glaube, du wolltest dich noch bei unseren Gästen entschuldigen." Foranir blickte nach unten auf seine Hände. "Schuldigung", murmelte er halbherzig und rupfte einzelne Grashalme aus der Erde. "Das geht aber besser, mein Freund", beharrte Morond, doch ein Lächeln nahm die Schärfe aus seinen Worten. "Es tut mir leid." Noch immer sah Foranir nicht auf, doch seine Worte waren lauter. Obwohl Jaro zweifelte, dass er es auch so meinte und sicher war, dass Morond dies ebenfalls wusste, gab sich der Alb damit zufrieden. Die Stimmung war trotz allem weiter angespannt, was vor allem daran lag, dass Tinriel ihren Bruder finster anstarrte. Sie saß im Schneidersitz vor Alaryah, mit der sie zuvor gespielt hatte und war sofort zu Eis erstarrt, als Foranir das Geschehen betreten hatte. Eine Weile wagte niemand etwas zu sagen und alle schauten Sinyah leicht abwesend beim Kochen zu, jeder offenbar in seine eigenen Gedanken vertieft. "So", setzte Morond schließlich an, "morgen verlasst ihr uns dann also. Habt ihr im Norden schon ein schönes Ziel vor Augen, wenn ich Fragen darf?"


    Alaryah Schattenwind
    Alaryah hatte die halbherzige Entschuldigung mit einem knappen Nicken entgegen genommen. Sie hatte mit Tinriel noch etwas gespielt, doch dieser Moment hatte einen Dämpfer bekommen. Die kleine Albin schaute Foranir grimmig an und krabbelte schließlich ein Stück weg, ließ Alaryah einfach sitzen. Die anschließende, bedrückende Stille gefiel Alaryah überhaupt nicht. Sie rang eine Zeit lang mit sich, war nicht sicher, ob sie etwas sagen sollte. Was hätte sie auch zur allgemeinen Aufheiterung beitragen können? Langsam drifteten ihre Gedanken wieder zurück zu den unterirdischen Hallen...Da unterbrach Morond plötzlich das Schweigen und Alaryah war darüber äußerst dankbar.
    "Ein Ziel? Oh, ja, natürlich.", begann Alaryah und beschrieb kurz ihre weiteren Wegpunkte. "Zumindest ist das die grobe Route.". Die Albin machte eine kurze Pause. "Natürlich kann sich unser Weg noch ändern.", fügte sie an. Sinyah hatte noch ein paar Zutaten von dem Karren geholt, kam nun aber wieder zur Gruppe zurück. Alaryah warf Tinriel einen aufmunternden Blick zu, doch diese schien weiterhin grummelig zu sein. "Werdet ihr auf euren Reisen länger bei den Waldläuferposten bleiben?", fragte Morond schließlich weiter. "Bei den Posten?", gab Alaryah zurück und sammelte ihre Gedanken wieder. Tatsächlich hatte sie, wahrscheinlich eher unbewusst, zwei oder drei Posten auf ihrer weiteren Reise erwähnt und hervorgehoben. "Nun, je nachdem zu welcher Tageszeit wir dort ankommen wird unser Aufenthalt sich möglicherweise über die Nacht ziehen. In der Dunkelheit kommt man nicht immer schnell voran und eine Rast tut immer wieder gut.". Morond nickte. "Vor allem hinter den sicheren Grenzen der Waldläufer, nicht wahr? Sagt, wie schafft ihr es eigentlich nicht in der Dunkelheit von ihnen niedergestreckt zu werden?". Ohne den Kopf zu bewegen schaute Alaryah nun Morond direkt an. Sie zog eine Augenbraue hoch, war etwas verwundert über diese Frage. "Morond...", meldete sich Sinyah zu Wort und legte mit einem sanften Lächeln den Kopf schief, deutete dabei kaum merkbar auf Tinriel. "Das ist doch kein Gesprächsthema für ein Essen.". Alaryah zuckte etwas zusammen, als Kirona sie mit einer Schale anstubste. Dankend nahm die Albin die Schale mit dem dampfenden Eintopf entgegen und probierte. Irgendwie fühlte sie sich, als hätte sie zu viel geplappert, aber wahrscheinlich kamen diese Gedanken nur von der Zeit unter der Erde. Sie war sich sicher, dass ihnen allen eine ruhige Auszeit nicht schaden würde...


    Jaro Ballivòr
    Jaro teilte Moronds Interesse an den Wachposten. Es kam ihm vor wie eine Ewigkeit, dass sie an dem letzten Stützpunkt gewesen waren und doch erinnerte er sich noch genau an die schwebenden Holzhütten und das magische Spiel der Lichter bei Nacht. Auch Kirona schien sich daran zu erinnern, jedoch weniger positiv, denn sie zuckte ein wenig zusammen. Jaro hielt in Gedanken inne. Konnte sie sich wirklich erinnern, war es eine instinktive Reaktion oder bildete er sich alles nur ein? Er verwarf den Gedanken und sah wieder zu Alaryah. Die Freude darüber, vielleicht noch einmal einen solchen Posten aufzusuchen, überwog. Möglicherweise konnte ihm dann auch jemand zeigen, wie man richtig mit Pfeil und Bogen umging... diesen Wunsch hatte er trotz der aufwühlenden Erlebnisse nicht vergessen. Sinyah hatte das Gespräch mittlerweile unterbrochen und begonnen, dampfende Schüsseln zu verteilen. Es duftete wunderbar. Umso verwunderlicher erschien es Jaro, dass die Albin selber nichts aß. Sie hatte ihre eigene Schüssel zwar ebenfalls gefüllt, doch diese stand nun unberührt neben ihr auf dem Boden. Zögerlich nahm Jaro ein, zwei Löffel. Er blickte sich um. Morond und Foranir aßen mit gesundem Appetit. Es war wohl in Ordnung trotzdem zu beginnen. Ebenso wie Alaryah, sah er trotzdem hin und wieder zu der schmollenden Tinriel, doch er sagte nichts, wollte sich nicht in die Familienangelegenheiten einmischen. In diesem Moment erhob sich Sinyah ruckartig, sodass sie alle ein wenig zusammen zuckten. "Tinriel Baby, jetzt ist es aber Zeit! Auch du musst etwas essen." Jaro bemerkte einen schärferen Ton in der Stimme. Offenbar hatte das Mädchen eine Schwelle des Gehorsams überschritten. "Nein!", brüllte die Kleine laut und nun erschrak Jaro endgültig. "Will nicht!" Wenn sie zuvor schon zornig war, schäumte sie nun vor Wut. "Madame, keine Widerrede." Sinyah überbrückte die kurze Distanz und hob das widerspenstige Mädchen hoch. "Wenn du hier nicht essen willst, gehen wir zum Karren!" Tinriel tobte noch immer, doch Sinyah schien einen eisernen Griff zu haben. Leicht beschämt sah Jaro weg. Das war nun schon der zweite Streit, den sie bezeugten und der sie nichts anging. Schließlich wurde das Geschrei leiser. "Entschuldigt die Frauen", sagte Morond. "So sind sie manchmal, nicht Foranir?" Der Junge hatte nur Augen für seine Schüssel. "Sooo", fuhr Morond unbeirrt fort. "Nun aber zurück. Die Waldläufer... sie interessieren mich schon so lange und vor allem seit", er blickte kurz zu seinem Sohn und flüsterte dann: "seit Foranir sich um eine Ausbildung bemüht. Wie macht ihr das auf der Wache? Ich meine, nachts ist doch alles finster! Wie soll man da Freund von Feind unterscheiden?" Er lachte auf.


    Alaryah Schattenwind
    Einen Moment lang starrte Alaryah Sinyah hinterher. Tinriel strampelte und zeterte mit leicht rotem Kopf, doch konnte sie sich natürlich nicht dem festen und sicheren Griff ihrer Mutter entziehen. Die Proteste wurden leiser.
    Alaryah war etwas erstaunt, dass Morond so schnell wieder auf das eigentliche Gespräch zurückkam. "Naja, wie ihr sicherlich schon gehört habt, so haben wir allesamt enorm gute Augen, besser gesagt äußerst geschärfte Sinne.", erklärte Alaryah weiter. "Das liegt alles nur an eurem Training?", fragte Morond und lehnte sich interessiert nach vorn. "Wie sieht denn solch ein Training aus?". Noch bevor Alaryah etwas sagen konnte blickte Morond zu seinem Sohn hinüber. "Was glaubst du, Foranir, das kann doch nicht einfach nur Training sein?". Foranir unterbrach sein Mahl, hob langsam den Kopf von seiner Schüssel empor und schaute Alaryah direkt in die Augen. Ganz sachte schüttelte er den Kopf. "Nein.", murmelte er. "Nicht einfach nur Training.". Alaryah löste ihren Blick von Foranir, der irgendwann endlich wieder den Kopf senkte und sein Mahl fortsetzte. "Was...ehm...was denkt ihr denn, was wir sonst noch tun?", fragte Alaryah schließlich und sah sich hilfesuchend nach ihren Gefährten um. Sie mochte diese Aufmerksamkeit, die gerade auf ihr zu ruhen schien, ebensowenig wie die vorangegangene Stille. Unsicher rutschte die Albin auf ihrem Platz hin und her. "Jedenfalls kann ich euch nicht alle Einzelheiten über die Trainingseinheiten sagen.", fuhr Alaryah schließlich fort. "Das würde einfach zu lange dauern.", erklärte sie und dachte kurz nach. "Es ist ein langer Weg, bis man mit der Ausbildung fertig ist. Ein Punkt ist eben, dass man sich in der Finsternis auf alle seine Sinne verlässt und...". Morond seufzte. "Ich verstehe schon.", unterbrach er Alaryah. "Ihr könnt es nicht sagen, verzeiht.". "Morond, so versteht doch, ich..." Alaryah verstummte, als der Alb einfach nur die Hand hob. "Schon gut.". "Nein, Vater. Lasst sie weitersprechen.", mischte sich nun plötzlich Foranir ein. Langsam verlor Alaryah den Anschluss. "Ich ehm...". Sie wusste nicht so recht weiter. "Bitte, fahrt doch fort.", sagte Foranir mit schon fast blumiger Stimme. Alaryahs Kiefermuskeln begannen sich zu spannen, sie biss die Zähne aufeinander. Wollte der junge Alb sie verhöhnen? "Lasst...lasst uns doch über etwas anderes reden.", hörte Alaryah sich selbst sagen und hoffte, dass ihre Worte Anklang fanden.


    Jaro Ballivòr
    Kirona und Jaro wechselten einen Blick, während Alaryah regelrecht ins Verhör genommen wurde. Bislang hatte sich Jaro nichts dabei gedacht, immerhin fand er das Thema ebenso interessant wie Morond und sein Sohn, doch etwas in Kironas Augen stimmte ihn nachdenklich. Die Situation war merkwürdig und nun suchte auch Alaryah Blickkontakt. Jaro schluckte. Er wusste nicht, was er beitragen sollte. Morond beendete seine Fragerei und glich wieder dem höflichen Alben, der er zuvor gewesen war, doch nun löste Foranir ihn ab. Kirona rettete sie alle aus der misslichen Lage, denn urplötzlich ergriff sie das Wort. Nicht zum ersten Mal staunte Jaro darüber. "Wie lange möchstest du denn schon Waldläufer werden?" Sie lächelte dem Jungen aufmunternd zu, doch als dessen Blick herumfuhr, sah Jaro kurz Wut darin. Sie verschwand ebenso schnell wie sie gekommen war und wurde durch das Lächeln ersetzt, das, wenn Jaro ehrlich war, noch viel weniger zu ihm passte. "Seit ich gehört habe, dass es Eindringlinge im Waldreich gibt." Er sprach weiter sanft, doch sein Blick lag starr auf Kirona. "Foranir", meldete sich nun wieder Morond zu Wort und vollführte eine beschwichtigende Geste mit der Hand. "Nein, ich meine keine Besucher wie euch. Ich meine Räuber und Bösewichte, die dem Wald schaden und unsere Schätze rauben wollen. Habt ihr nichts davon gehört?" Er sah von Kirona zu Alaryah und auch zu Jaro. Was sollte er antworten? Der Junge erschien ihm merkwürdig. Gestern Abend war er noch furchtbar feindselig gewesen und nun hatte die Begeisterung für dieses Thema ihn in seiner Gewalt und warf ihn zwischen den Emotionen hin und her. "Doch, schon", sagte Jaro schließlich, denn er wollte auch etwas beitragen und nicht die gesamte Last auf Alaryahs Schultern abladen. "In Rankenfels sprachen manche davon, dass hie und da Bäume gefällt und das Erdreich umgegraben worden ist." Eine schwache Lüge und er wusste es... aber wie viel durfte er diesen Leuten anvertrauen? Zu viel Wissen konnte die junge Familie unnötig in Gefahr bringen. "Bitte sagt es mir. Es ist so aufregend." Foranir hatte die Lüge natürlich sofort entlarvt, doch wie er darauf reagierte, ließ Jaro misstrauisch die Augen zusammen kneifen. "Ich meine, immerhin wart ihr doch nicht umsonst, in einem derart miserablen Zustand, als wir euch gestern fanden, oder?" Morond grinste breit. "Flieht ihr vor etwas? Oder jagt ihr es? Möglicherweise können wir helfen!" Foranirs Augen weiteten sich. "Oh ja! Wir können helfen!" Von hinten drang plötzlich Sinyahs Stimme heran, so sanft, wie vor ihrer Zurechtweisung der kleinen Tinriel. "Das können wir wirklich. Wir haben einen schnellen Karren, kennen diesen Teil des Waldes. Vielleicht haben wir gar etwas gesehen, das euch hilft?" Kirona, Alaryah und Jaro sahen von einem zum andern, suchten dann wieder gegenseitig die Blicke, höchst verwirrt.


    Alaryah Schattenwind
    Dieses hin und her der Emotionen brachte Alaryah etwas durcheinander. Sie hatte schon befürchtet, dass ihre vergangene Reise irgendwann zum Thema werden könnte. Die plötzlichen Hilfsangebote der Familie stimmten Alaryah misstrauisch. "Ihr habt Recht.", begann die Albin und behielt sicherheitshalber alle Familienmitglieder im Blick. "Wir sind nicht zufällig so erschöpft und aufgerieben gewesen.". Wieder hafteten die Blicke auf ihr. "Ich bin auf einem Botengang.", begann Alaryah und versuchte dabei so selbstsicher zu sein wie es gerade nur ging. Wirklich gelogen hatte sie noch nicht einmal. "Wir haben uns eher zufällig getroffen, Jaro und ich.", sprach Alaryah weiter und sah dabei nicht einmal zu ihren Gefährten herüber. "Kirona hat sich auf ihrer Durchreise verirrt. Bevor wir uns trafen...", Alaryah deutete in die Runde, "...habe auch ich uns auf eine falsche Fährte geführt. Zu lang war die Reise durch das Unterholz, zu knapp der Proviant und die eingeplante Zeit.". Alaryah fühlte, wie sie sich gerade um Kopf und Kragen reden mochte. "Wir sind euch dankbar für all die Hilfe, die ihr uns bisher habt zukommen lassen. Gerne nehmen wir auch das Angebot an, dass ihr uns auf der Weiterreise ein Stück mitnehmt. Ich muss Richtung Norden, werde Jaro dort in die Obhut der Waldläufer geben. Kirona geleite ich, nach der Überbringung meiner Botschaft, wieder hinaus aus dem Waldreich.". Schweigen. "Natürlich werde ich ein gutes Wort für Euch...naja, euren Sohn einlegen.". Alaryah hoffte, dass ihr recht spontan aufgebautes Konstrukt aus Geschichte und gestreckter Wirklichkeit gut genug war. Scheinbar reichte es um weiteren Fragen zu entgehen. "Nundenn!", sagte Morond schließlich mit fester Stimme, klopfte sich auf die Oberschenkel und stand auf. "Dann sollten wir keine Zeit mehr vergeuden!". Bewegung kam in die Familie. "So lasst uns weiterziehen. Wir werden eins eurer Ziele auf jeden Fall vor Einbruch der Nacht erreichen.". Sinyah nickte eifrig. "Ja, werden wir. Foranir, spann schon mal den Karren an!". Ohne auch nur ein Wort zu erwidern stand der junge Alb auf und eilte in Richtung Karren. "Was ist hier plötzlich los?", fragte Alaryah, als man sie mit ihren Gefährten allein gelassen hatte. "Findet ihr das Verhalten von ihnen nicht auch etwas...nunja, sonderbar?". Alaryah beobachtete das Geschehen für ein paar sekunden. "Ich hoffe, dass die Geschichte sie zumindest etwas überzeugen konnte..."


    Jaro Ballivòr
    "Ja", flüsterte Kirona. "Sie sind so... eifrig. Überdreht. Findest du nicht auch, Jaro?" Er nickte. "Das stimmt und auch etwas hektisch. Ich habe schon überlegt, ob sie versuchen, ihr Gestreite zu überspielen, ihr wisst schon, als wäre es ihnen peinlich?" Kurz wägten Alaryah und Kirona seine Worte ab. "Hm", machte Alaryah und Kirona flüsterte: "Mir kommt es eher vor, als wären sie berauscht." Im Hintergrund werkelte die Familie am Karren herum und auch Tinriel hatte ihren Ärger vergessen und spielte friedlich mit der Puppe. "Aber wir hätten doch gemerkt, wenn sie etwas genommen hätten." Jaro blickte zu dem Kessel. "Oder wir würden es ebenfalls spüren." Kirona zuckte mit den Schultern. Wenn sie noch weitere Gedanken dazu hatte, ließ sie sie nicht teilhaben. Kurz darauf näherte sich Tinriel. "Ihr bleibt noch?" Ihre Worte waren freudig, doch sie lächelte nicht und Jaro fiel auf, dass sie ihre Puppe am Kopf festhielt. Er wusste nicht warum, doch irgendwie erschien ihm das merkwürdig. "Das ist super! Ich möchte Alaryah doch noch mein anderes Kleid zeigen!" Die Waldalbin lächelte, doch Jaro sah, dass es hinter ihrer Stirn arbeitete. "Gerne, meine Kleine", sagte sie leise. Morond und Foranir brachten derweil ein paar Ketten, bauten den Kessel ab und trugen ihn mit deren Hilfe zum Wagen. "Gleich sind wir so weit!", rief Morond zu ihnen hinüber. "Wenn ihr möchtet, steigt gerne schon auf!" "Wir können auch noch bei etwas helfen!", schlug Jaro vor, doch der Alb schüttelte nur den Kopf. "Wir wollen doch unseren Teil beitragen, dass eure Reise den gewünschten Ausgang nimmt. Das gehört dazu." Und so saßen die drei etwas betreten da, bis endlich alles verstaut und verschnürt war und sie allesamt die dunkler werdende Straße entlang ratterten. Morond saß mit Foranir vorne und wieß ihn offenbar an, wie der Karren zu steuern sei und wie er sich in der Nacht orientieren konnte. Tinriel lag schon recht schläfrig in eine Decke eingehüllt bei ihnen, den Kopf auf Alaryahs Schoß gebettet. Von Zeit zu Zeit vielen ihr die Augen zu, doch sie kämpfte beharrlich gegen den Schlaf, wie aus Furcht sie könnte etwas verpassen. Noch war es mild und sie hatten die Planen geöffnet, um die laue Abendluft zu genießen. Deshalb sah Jaro ihn mit seinen scharfen Augen schon von weitem. Er stupste Kirona an, die ihm an nähesten saß. Alaryah hatte ihn ebenfalls bereits erspäht. Jemand kam ihnen entgegen. Sie tauschten fragende Blicke. Falls Sinyah dies merkte, so war sie höflich genug nichts zu sagen. Stück für Stück näherten sie sich einander und schließlich erkannte ihn Jaro. Linor. Nervös blickte er zu Alaryah. Das letzte Aufeinandertreffen der beiden war heikel ausgegangen, doch falls die Waldalbin dies noch beschäftigte, ließ sie sich nichts anmerken. Der Sänger war stehen geblieben. Als sie ihn passierten, breitete sich das strahlende und einnehmende Lächeln auf seinem Gesicht aus, mit dem er all die Frauen im Publikum schon verzaubert hatte. Er sagte nichts, doch er vollführte die Verbeugung eines Gentlemans und zwinkerte Alaryah zu. Quälend langsam stotterte der Wagen an ihm vorbei und er folgte ihnen mit den Augen, noch immer grinsend. Erst, als er sogar für Jaros Augen fast zu fern war, um Genaueres zu erkennen, setzte er seinen Weg fort.

    ~ Die größte Offenbarung ist die Stille ~


    Laotse

    [imgk]Bitte melde dich an, um diesen Link zu sehen.[/imgk]

  • Irgendwann merkte Alaryah schon gar nicht mehr, dass sie sanft Tinriels Kopf streichelte. Das Albenkind döste dabei immer wieder weg, zuckte dann jedoch ständig mit einem schwachen Aufflackern von letzter Energie zusammen. Allerdings konnte Tinriel schließlich nicht mehr gegen die Müdigkeit ankämpfen und letztendlich fielen ihr die Äuglein zu. Alaryahs Blick wanderte nun recht ziellos umher, ihr kam das Verhalten der Familie weiterhin seltsam vor. Sie sagte aber nichts weiter dazu...vorerst. Vielleicht würde sich ja sogar alles von selbst klären oder sie reagierten alle nur etwas zu empfindlich?
    Dann erblickte die Albin eine Gestalt, auch Jaro und Kirona hatten sie bemerkt. Instinktiv hatte Alaryah das Bedürfnis sich zu verteidigen, doch behielt sie die Kontrolle über ihren Körper und blieb einfach sitzen. Es war auch nur eine Person, was könnte von dieser schon für eine Bedrohung ausgehen? Und doch...was, wenn es einer der Schergen war? Einer, der ebenso wie Kirona und die anderen Angreifer tätowiert waren? Was, wenn es die Magierin war? Alaryah biss die Zähne aufeinander. Niemand schien die ihnen entgegenkommende Person als Gefahr anzusehen, also zwang sich die Albin nun auch zur Ruhe. <Du drehst noch durch.>, sagte Alaryah zu sich selbst. <Das müssen die Nachwirkungen dieser Ruine sein...>.
    Alaryah hätte nicht genau beschreiben können, was sie in dem Moment fühlte, als sie den Alben erkannte. Linor machte Platz, hatte wieder sein Lächeln aufgesetzt und schwieg. <Das kann doch nicht wahr sein!?>, hörte sich Alaryah in Gedanken schreien. <Was macht ausgerechnet ER hier? Von allen Wanderern, die wir unterwegs treffen können, warum ausgerechnet IHN?!>. Alaryah atmete tief durch, versuchte jeglichen Blickkontakt zu meiden. Es gelang ihr nicht. Irgendwann trafen sich die Blicke der beiden und Linor zwinkerte Alaryah zu. <Was soll denn das jetzt?!>. Alaryahs Herz raste, als sie den Blick abwandte. Sie schaute sich unsicher zu Jaro und Kirona um, die jedoch weiterhin Linor im Auge behielten. Es kam Alaryah schon fast so vor, als müssten alle ihren Herzschlag hören! Was war nur los? Warum löste dieser Kerl nur wieder solche Gefühle in ihr aus? Es war eine Mischung aus Wut, Schwärmerei, Gleichgültigkeit und noch viel mehr. Die kleine Albin war mit der Situation überfordert und hoffte, dass das niemand merken würde. Dieses Zwinkern. Dieser Blick. Der Sänger hatte irgendwie etwas Düsteres und Mysteriöses an sich gehabt. Alaryah war sich sicher, dass sie mit jemandem über diesen für sie übernatürlichen Wust an Gefühlen reden musste.
    Endlich hatten sie Linor hinter sich gelassen. Er machte keinerlei Anstalten ihnen zu folgen, stattdessen setzte er wohl seinen Weg fort. Alaryah merkte, wie die Anspannung langsam aber sicher aus ihrem Körper wich. Noch während sich Alaryah auf etwaige Fragen ihrer Gefährten einzustellen versuchte fiel ihr plötzlich eine Ungereimtheit auf...Sie waren vor Linor aus Rankenfels aufgebrochen. Wie war es nun möglich, dass er ihnen entgegenkam? Selbst wenn er etwas in Rankenfels vergessen hatte, so hätte er die Reisegruppe überholen müssen? Oder kannte der Musiker etwa andere Wege? Alaryah schloss die Augen, als immer mehr Fragen in ihrem Kopf auf sie einprasselten. Sie versuchte Ordnung in dieses Gedankenchaos zu bringen. Dann spürte die Albin plötzlich ein leichtes Zwicken am Oberschenkel. Sie schlug die Augen wieder auf und sah, dass Tinriel aufgewacht war. "Geht es dir gut?", fragte Tinriel mit für sie recht nüchterner Stimme, legte den Kopf schief und starrte Alaryah mit großen Augen an. "Ja...ja ich war nur...abgelenkt. Alles gut.", würgte Alaryah das Gespräch mit der kleinen ab. "Gut.", gab diese jedoch unbeeindruckt zurück. "Weisst du, ich möchte nicht, dass du dir Sorgen machst oder so.", redete Tinriel unbeirrt weiter. Noch bevor Alaryah etwas antworten konnte hatte sich das Albenkind schon wieder umgedreht und die Augen geschlossen...

  • Jaro Ballivòr
    Sie brauchten sich nicht anzusehen, um zu wissen, dass der jeweils andere ebenfalls aufhorchte. Die Worte kamen aus Tinriels Mund, doch sie klangen wie die, eines Erwachsenen. Zögerlich blickte Jaro zu Sinyah, doch die Mutter der Kleinen hatte von irgendwo Stickzeug herausgefischt und arbeitete in aller Seelenruhe daran. Allmählich kam Jaro sich vor wie in einem Traum. Die Sprunghaftigkeit der Familie, die stumme Begegnung mit Linor... Oder konnte es wirklich sein, dass sie durch die schrecklichen Erlebnisse in der versunkenen Festung übersensibel waren? Jaro überlegte, was er sagen konnte, um die angespannte Stille zu durchbrechen, doch er wollte Tinriel nicht wieder wecken und eigentlich wusste er auch gar nicht, welches Thema er beginnen sollte. So war eine Zeit lang das Rattern der hölzernen Räder auf dem Waldweg, das Scheppern und Klirren der Wagenladung und die gepämpften Stimmen von Foranir und Morond das einzige, das sich von der abendlichen Idylle des Waldes abhob, in der Grillen ihr Lied sangen und der laue Wind in den Blättern raschelte. Ein paar Wortfetzen der beiden Alben drang bis zur Ladefläche vor. Sie sprachen erneut von den Waldläufern, von Kampftechniken und Täuschungsmanövern, aber auch von Magie. Foranir schien der Auffassung zu sein, dass die anderen Anwärter ihm gegenüber Vorteile besessen hatten, da sie über besondere Fähigkeiten verfügt hätten. Jaro sah zu Alaryah und es erstaunte ihn nicht, dass sie ebenfalls angestrengt lauschte. Morond beschwichtigte seinen Sohn derweil. "Was soll das denn für eine Art von Magie sein, mein Sohn? Meinst du, sie haben eine Art Zaubertrank getrunken, der sie besonders stark macht?" Er lachte überraschend laut auf und Tinriel regte sich auf Alaryahs Schoß, worauf Sinyah aufblickte und mit der Zunge schnalzte. "Entschuldigung", flüsterte Morond schuldbewusst. "Aber ich muss unserem Jungen solche Märchen aus dem Kopf treiben, oder nicht? Jeder weiß doch, dass es so etwas nicht gibt, irgendwelche Wundermittel, durch die man zum Unbesiegbaren wird... alles Fleiß und Disziplin sage ich!" Jaro schluckte. Drehte er nun vollkommen durch oder dachten sie alle gerade an das kleine Schriftstück, das sie aus der Ruine geborgen hatten? "Was ist? Hat es euch die Sprache verschlagen? Ihr seid ja kreidebleich!", rief Morond mit gleichbleibender Fröhligkeit aus und beantwortete Jaro damit die stumme Frage.


    Alaryah Schattenwind
    Es hatte etwas gedauert, bis sich Alaryah wieder aufmerksam am Geschehen beiteiligen konnte. Viel zu sehr nagten diese elendigen Gedanken an diesen Musiker an ihr. Und all diese Unstimmigkeiten. Wieder und wieder zwang sie sich zur Ruhe, war dabei am Ende sogar recht erfolgreich. Foranir und sein Vater sprachen weiter über die Ausbildung und die Kampftechniken der Waldläufer und auch wenn das ein oder andere einfach nicht stimmte mischte sich Alaryah nicht in das Gespräch ein. Erst, als es plötzlich um Magie und Wundermittel ging steigerte sich Alaryahs Aufmerksamkeit. Anfangs musste sich die Albin noch etwas konzentrieren um die genauen Worte aus dem Gespräch mitzubekommen, doch dann ging es. Wundermittel. <Wie kommen die jetzt gerade auf so etwas?>. Alaryah schaute hoch. Kirona starrte auf den Boden des Karrens, kaute dabei kaum merklich auf ihrer Unterlippe herum. Jaro schien nervös, was von Morond nicht unbemerkt blieb. Er sprach ihn zu allem Überfluss auch noch darauf an!? Jaro wurde blass. <Was soll ich tun?>, fragte Alaryah Jaro gedanklich und zuckte sachte mit den Schultern. "Nun, ich denke...", begann Alaryah mit gedämpfter Stimme und beendete ihren Satz abrupt, als sie eine Berührung auf ihrer Schulter spürte. Sinyah schaute ihr fest in die Augen, als Alaryah den Kopf drehte. Beinahe hätte sie sich sogar erschrocken! "Lasst euren Freund doch selbst ein paar Worte sprechen. Ihn scheint etwas zu...belasten.". Alaryah zog eine Augenbraue nach oben. "Ich wollte nur...". "Liebes, gebt ihm doch etwas Freiraum.". Verwirrung zog sich durch Alaryahs Blick. <Was zum...?>. Wollte Sinyah sie etwa veralbern? Alaryah hatte doch nicht sämtliche Gespräche an sich gerissen? Oder war sie etwa so unfreundlich gewesen? Sie konnte es sich beim besten Willen nicht vorstellen. Auch Kirona hatte nun den Kopf gehoben und schaute Sinyah verständnislos an. "Gut dann...". Alaryah beendete ihren Satz dieses Mal selbst, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete die Albin weiterhin Moronds Frau, die nun langsam in Jaros Richtung schaute. "Falls Euch nicht wohl ist, so können wir bestimmt auch eine kurze Pause einlegen?". Alaryah deutete mit einer knappen Kopfbewegung ein "Nein" in Jaros Richtung an, sagte aber nichts. Erst jetzt fiel ihr auf, dass Foranir sich ebenfalls zu Jaro gedreht hatte und ihn mit leicht verengten Augen ansah. Tinriel schlief derweil. Wobei...konnte man sich da mittlerweile wirklich sicher sein? Alaryah schloss die Augen und atmete nun flacher. Sie spürte, wie sich ihre Sinne ein weiteres Mal schärften...irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht...


    Jaro Ballivòr
    Wohl war Jaro in der Tat nicht, doch das lag keinesfalls an der Fahrt. Im Gegensatz: das Vorankommen war das einzige, das ihn daran erinnerte, dass er nicht schon wieder in einem Albtraum gefangen war. Der Drang in Sinyahs Stimme irritierte ihn. Noch nie war voll der Worte gewesen und da half es auch nicht, wenn ihn mehrere Augenpaare anstarrten. "Ich", krächzte er und räusperte sich. "Es geht mir gut. Ich bin immer recht bleich." Er versuchte zu Grinsen, doch befürchtete es glich eher einer Grimasse. Offenbar kam der Scherz auch nicht an, denn Sinyah und Foranir starrten ihn weiter regungslos an. "Und ich denke Morond hat Recht", fügte er daraufhin lauter an. "Hartes Training und viel Übung sind entscheidend." "Ich glaube du lügst", sagte Foranir kalt. War er nun wieder ganz der alte, voller Gift und aus auf Stunk? Hilfesuchend wollte Jaro zu Alaryah blicken. Es war fast schon zum Automatismus geworden, doch Sinyahs Hand schoss blitzschnell an seine Wange und hinderte seinen Kopf an der Drehung. "Na, na...", sagte sie, "du musst dich nicht fürchten. Foranir meint es nicht böse, er ist nur etwas... direkt. Gibt es nichts, dass du erstaunlich fandest, als du unter den Waldläufern weiltest? So etwas hast du doch bestimmt auch noch nie zuvor gesehen, nicht wahr, mein Lieber?" Sie lächelte ihn an, doch Jaro vermisste die Wärme, die zuvor von ihr ausgegangen war. "Es ist nur... Es ist sein großer Traum. Jedes kleine Detail könnte ihm helfen oder zumindest seine Fantasie anregen. Du würdest uns einen großen Gefallen tun." Was erwarteten sie, dass er als Fremder wusste, was ihnen als Einheimischen nicht bekannt war? Lebten die Waldläufer wirklich so isoliert? "Ich habe noch nie eine vergleichbare Symbiose zwischen Alb und Natur gesehen", griff er das erstbeste heraus, das ihm einfiel. "Die Umgebung ist ihr Verbündeter, deshalb haben sie überall Augen und Ohren und sind nie allein." Gerne hätte er Alaryahs Gesichtsausdruck gesehen, um zu prüfen, ob er zu viel verriet. "Oh ja, das kann ich nur bestätigen", warf da plötzlich Kirona ein. "Nicht du! Er!", zischte Foranir. Jaro wurde zusehends mulmiger zumute. "Es muss doch etwas geben, dass sie von uns unterscheidet!" Der junge Alb war aufgestanden und ging auf Jaro zu, die Fäuste geballt. "Jetzt ist gut, Sohn." Moronds tiefe Stimme entschärfte die Situation. "Er hat uns doch schon gesagt, was ihm aufgefallen ist. Alles Weitere ist vermutlich Betriebsgeheimnis." Er drehte sich kurz um und sah zwinkernd Alaryah an.


    Alaryah Schattenwind
    "Ich wüsste nicht, warum etwaiges Wissen der Waldläufer einfach ausgeplaudert werden sollte.", hörte Alaryah ihre eigene Stimme in ihrem Kopf. Langsam kehrte die Farbe wieder in ihre Augen zurück, als sich die sanften Schleier der Magie wieder von ihr entfernten. "Lasst den armen Jaro in Frieden.", fügte sie an und begegnete Moronds Zwinkern nur mit kühlem Blick. "Aber, aber.", sagte dieser dann und von Foranir war nur ein leises "Tz, tz,tz..." zu hören. Alaryah ging nicht weiter darauf ein. "Seit unserer Weiterreise habt ihr euch verändert, was ist in euch gefahren?", fragte Alaryah und verzog skeptisch den Mund. "Haben wir etwas getan, was euch irgendwie verletzt oder beleidigt hat?", verlangte die Albin anschließend zu wissen. Keine Antwort. Foranir und Sinyah wechselten einen kurzen Blick miteinander, dann schauten sie beide wieder zu Alaryah. Sie zuckten mit ihren Köpfen und Blicken umher, fast schon wie Raubtiere, die eine Witterung aufzunehmen versuchten. "Was ist los?!", verlangte Alaryah nun erneut und mit etwas mehr Nachdruck zu wissen. "Jaro, Kirona, nehmt eure Sachen. Morond. Halte den Karren an. Wir reisen von nun an allein weiter.". Morond schien unbeeindruckt von Alaryahs kurzer Ansprache und so holperte der Karren weiter seiner Wege. "Dann springt doch ab.", zischte Foranir zwischen den Zähnen hindurch und ein schon fast aggressives Grinsen umspielte seine Lippen. "Tu besser nichts Unüberlegtes.", mahnte Alaryah und hob den Finger. Sie war von sich selbst überrascht und auch von dem Schwall an Gefühlen, die für sie immer noch ungewohnt waren. Wut und Zorn mischten sich mit Unsicherheit, Unbehagen und Wehrlosigkeit. Alaryah konnte jedoch gerade nicht anders. Die anderen mochten vielleicht etwas eingeschüchtert sein, doch jemand musste doch einfach mal ein Machtwort sprechen?
    "Verzeiht.", hauchte Sinyah plötzlich und senkte den Blick. Foranir drehte sich wieder nach vorn um und starrte stumpf den Weg entlang. "Ich möchte mich im Namen von uns allen entschuldigen. Wir müssen einen furchtbaren Eindruck hinterlassen.". Es war mehr als deutlich zu erkennen, dass Alaryah die Zähne fest aufeinandergebissen hatte. Ihre Hände hatte sie, bewusst oder unbewusst, zu Fäusten geballt und der Blick sprach Bände. Da half es auch nicht, dass Sinyah plötzlich eine Träne über die Wange kullerte. Die Albenfrau wandte dann den Blick ab, schüttelte nur den Kopf als Morond erneut Luft holte. Er blieb stumm.
    "Das war nicht nett von dir.", hörte Alaryah plötzlich Tinriels Stimme. "Oh...". Alaryah schaute zu dem Albenkind hinab und musste schlucken, als sie in die weit aufgerissenen Augen von Tinriel blickte. "Du hast meine Mama zum Weinen gebracht.", stellte Tinriel fest und es schien, als würde es eine halbe Ewigkeit dauern bis sie wieder blinzelte. "Ich...nein...weisst du Tinriel...", stammelte Alaryah, doch Tinriel unterbrach die Albin. "Du darfst nicht so gemein zu ihr sein. Wir wollen euch nichts tun, wir wollten nur helfen.". Für einen kurzen Augenblick wich die Dunkelheit aus Tinriels Blick. "Helft uns.", fiepte die Kleine, doch dann schaute sie wieder finster drein. "Ihr müsst einfach bleiben, geht nicht.", sprach sie weiter, wieder in dem nüchternen Tonfall wie zuvor. Dieser kurze Aussetzer, dieser eine Moment, bestätigte nur erneut Alaryahs Gedanken, dass hier etwas faul war. Kirona fühlte sich sichtlich unwohl, umklammerte ihren Stab fester. Alaryah versuchte Ruhe auszustrahlen, vielleicht half es auch Jaro sich besser zu fühlen. "Seid wachsam.", formten Alaryahs Lippen und sie hoffte, dass es unbemerkt geblieben war.