Komm, süsser Tod

  • Der kalte Stein des Waschraumes kühlte Dimicus Körper auf eine unangenehme Art und Weise herunter. Dennoch verharrte er an Ort und Stelle. Seinen Hinterkopf hatte er gegen die Wand gelehnt, während er sich im Schneidersitz auf den Boden gesetzt hatte. Viele Gedanken durchströmten seinen Kopf, die Meisten davon richteten sich gegen ihn selbst. Wie hatte er das auch nur zu verantworten?


    Genau erklären konnte er es nicht. Diese Traumwelt schien surreal und völlig belanglos. Vielleicht ist er deshalb unvorsichtig geworden? Sonst war er immer planend und wägte jeder seiner Handlungen genaustens ab. Doch dieses Mal, in diesem Traum, hatte er einfach drauf losgeplappert und sich nicht um die Folgen geschert. Letztendlich hatte er nicht erwartet, dass dieses Spektakel, diese entfernte Welt eine Bedeutung für seine reale Existenz haben würde. Dieser Traum, er konnte es sich nicht erklären.


    Dann auch noch Emilia. Dimicus zog sie mit in Dinge hinein, in denen ihre unschuldigen Samtpfoten nichts zu suchen hatten. Im Gegenteil. Um das Versprechen ihr gegenüber zu halten, hätte er es niemals so weit kommen lassen dürfen. Doch nun war es zu spät und der Schaden angerichtet. Wie sollte er ein Genie sein, wenn er nicht einmal im Stande war, sich solcher Situationen bewusst und Herr zu werden? Vielleicht war die Kunst das Einzige was er beherrschte und jemanden zu lieben war für ihn gar nicht vorgesehen – auch wenn es in seiner Natur zu existieren schien.


    Verzweifelt suchte Dimicus im nächsten Moment einen Grund, weiter zu machen. Emilia bei sich zu behalten war anscheinend die Methode, mit der er ihr mehr Schaden zufügte als alles Andere. Gab es überhaupt einen Grund? Alle Dinge sprachen dagegen. Sie hatte etwas Besseres verdient – jemand Besseren.


    Plötzlich wurde Dimicus aber aus seinen Gedanken gerissen, als er zwei kleine Pfoten auf seinem Bein spürte. Er blickte hinab und direkt in die smaragdgrünen Augen einer wohlbekannten Tigerkatzen. Beinahe augenblicklich stahl sich ein Lächeln auf seine Lippen, als Emilia ihn beschnupperte und dabei ihre Schnurrhaare an seinem Kinn tanzen ließ. Das kitzelte! Freche Katze!


    In diesem Augenblick wurde die Frage nach dem Grund beantwortet. Es musste keine Fertigkeit oder Können dahinter stehen, um jemanden in seiner Nähe zu halten. Denn diese Nähe war das Einzige, was sich über alles erheben und zeigen konnte, dass es wirklich wert war zu kämpfen.


    Behutsam nahm Dimicus seine Hände beiseite, als sich Gestaltwandlerin auf seinen Schoß begab und eine angenehme zum Liegen suchte. Sie drehte sich und legte sich schließlich nieder, wobei sanfte Vibrationen durch ihren Körper fuhren. Sie schnurrte! Sanft nahm Dimicus seine Hände zurück und legte sie auf den warmen Körper der Katze. Wohltuend streichelte er über ihr Fell und kraulte sie am Kopf, damit sie auch etwas von der Medizin bekommen konnte, welche sie Dimicus gerade zu verabreichen schien.


    „Egal in welcher Gestalt, du bist immer wunderschön kleine Katze“, flüsterte er, auch wenn er wusste, dass sie ihn nicht hören konnte. „Ich sollte dich niemals mehr zu malen versuchen, dich könnte ich unter keinen Umständen auf eine Leinwand bannen. Dies entzieht sich mir in jeder Hinsicht.“


    Einige Minuten vergingen, in denen Dimicus die Tigerkatze verwöhnte und selbst in diesem Moment schwelgte. Er sollte keinen Gram hegen, sondern sich auf die Herausforderungen konzentrieren, die jetzt vor ihnen lagen. Das war das Einzige, was wirklich richtig war.


    Allmählich wurde der Boden dich zu kalt für Dimicus, der zu frieren begann. Mit einem Zucken ruckelte er die dösende Emilia wach und als sie nach oben schaute, entgegnete er ihr mit einem Lächeln. „Wir sollten schlafen. Richtig schlafen“, erklärte er und umschloss die Katze mit beiden Armen behutsam. Darauf erhob er sich mit ihr auf den Armen und trug sie mit sich zurück ins Zimmer. Zwei Männer kamen ihnen entgegen, schauten komisch, ließen sie aber vorbeiziehen.


    Im Zimmer angekommen, schloss Dimicus die Tür hinter ihnen und setzte Emilia auf dem Bett ab. Dann überkam es ihn einfach und ohne groß zu überlegen, gab er der Katze einen zärtlichen Kuss auf den Kopf. Mit einem Lächeln streichelte er ihr noch einmal zwischen den Ohren entlang, räumte den Plunder vom Bett und stieg dann selbst hinein. Kaum war sein Unterkörper unter der Decke verschwunden, forderte der Tag und alle vorangegangenen Ereignissen ihren Tribut. Der Schlaf überkam Dimicus und beförderte ihn in die Weiten seines Unterbewusstseins.

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  • Bis zu diesem Moment hatte Emilia ihre eigene Erschöpfung völlig vergessen. Doch nun, da sie endlich zur Ruhe kommen konnte, machten die Strapazen sich bemerkbar. Obwohl sie nach dem wohltuenden Bad wieder sauber war und das Abendessen ihren Hunger gestillt hatte, war sie doch die gesamte Zeit unter Anspannung gestanden. Zuerst hatte sie verarbeiten müssen, dass Dimicus gestorben und wieder auferstanden war, dass sie ihrem zu Hause und ihrer nächsten Familie den Rücken gekehrt hatte. Dann die Erkenntnis, dass sie zu einem eigenen Volk gehörte und noch andere Gestaltwandler im Verborgenen lebten. Und schliesslich die Begegnung mit Rakshor, dem Gott des Krieges. Sein Fluch, der die Beziehung zwischen Dimicus und ihr zu einer Herausforderung machte und den es zu bekämpfen galt. Sie fühlte sich wie gerädert und umso angenehmer waren die Streicheleinheiten, welche die Sorgen von ihr abzustreifen schienen und stattdessen einer entspannenden Müdigkeit Platz machten.
    So war sie eingedöst, und als Dimicus sie vorsichtig hochhob und mit ihr auf dem Arm ins Zimmer zurückkehrte, gab sie bloss ein langgezogenes Gähnen von sich.


    Der Abend war schon lange in die Nacht übergegangen, als der junge Mann die Katze auf dem Bett absetzte. Sie wollte sich gerade einmal richtig durchstrecken, doch bevor sie dazu kam, wurde Emilia von einem liebevollen Kuss auf ihr Haupt überrascht. Obwohl völlig unerwartet, war es doch ein angenehmes Gefühl. Von höflichen Handküssen einmal abgesehen, war sie noch von keinem anderen Mann als von ihrem Vater auf die Stirn geküsst worden. Trotzdem war sie froh um ihr Fell, denn sonst hätte ihr Gegenüber unweigerlich die Röte in ihren Wangen bemerkt.
    Kurz darauf hatte er sich ohne ein weiteres Wort unter die Bettdecke begeben. Auch ihn schienen die Anstrengungen der letzten Tage zu übermannen und innert kurzer Zeit war er eingeschlafen. Emilia erkannte dies an seinen ruhigen Atemzügen, welche seinen Brustkorb regelmässig hoben und senkten. So kringelte sie sich schliesslich ebenfalls an Ort und Stelle ein. Erholsam und ruhig war ihr Schlaf hingegen keinesfalls…


    Unruhig zuckte der kleine Katzenkörper, als ihr Rakshors Fratze erschien.
    „Möget ihr spüren, wie es sich anfühlt, den Krieg selbst im Herzen toben zu haben», durchdrangen die Worte ihren Traum und sie erschauerte.
    Im nächsten Moment befand sie sich mitten im Wald. Obwohl nur Bäume sie umgaben, wusste die Löwin instinktiv, dass sie nicht allein war. Sein Geruch war unverkennbar und entfachte ein Gefühl in ihr, welches sie so intensiv noch nie erlebt hatte. Hunger. Ein Hunger, der ihr jeden weiteren Gedanken raubte und ihre Sinne zu Höchstleistungen anspornte. Die Jagd konnte beginnen.
    Als Emilia erwachte, hatte sie die Krallen in die Bettdecke geschlagen und ihr Puls raste. Die ganze Nacht über hatte sie Dimicus durch den Wald verfolgt. Aber jedes Mal, wenn sie ihn beinahe erreicht hatte, war er ihr doch noch entkommen.


    Erschrocken registrierte sie den innerlichen Frust, der nur langsam abklingen wollte.
    Schliesslich sprang sie vom Bett und begann sich zu verwandeln.
    Ihr Körper schmerzte, als wäre sie gerade lange Zeit gerannt.
    In menschlicher Gestalt fühlte sie sich sogleich wieder etwas besser. Ihre Kleidung war trocken und so zog sie sich an. Sie genoss das angenehme Gefühl der weichen Hose an ihren Beinen, ein Geschenk von Dimicus. Mit einem Lächeln erinnerte sie sich an den Einkaufsbummel, den er damals hatte über sich ergehen lassen müssen.
    Dabei fiel ihr Blick auf die Kommode, wo die Überreste des gestrigen Vorfalls lagen. Ihre Finger glitten über das Glas, das so unschuldig schön aussah. Schliesslich griff sie sich eines der Stücke und steckte es in eine ihrer Taschen. Wer konnte schon wissen, ob sie es irgendwann gebrauchen könnte?
    Dann zog sie ihre ledernen Stiefel an und verliess das Zimmer, um den Waschraum aufzusuchen.

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  • Noch bevor die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, kullerte eine Spinne durch den Spalt. Ihre giftgrünen Augen blickten sich neugierig um und suchten einen geeigneten Platz, um auf mögliche Beute zu lauern. Dann wuselte sie jedoch plötzlich abrupt unter das nahe Bett, gerade noch rechtzeitig, bevor die Türe schwungvoll geöffnet wurde und eine gebückte Gestalt im Türrahmen erschien.
    «Hach, hier ist es ja noch Nacht in diesm muffign Loch, was sich Schlafkammer nennt! Und da soll jemand sich erholn können? Das ist doch nicht passabl! Aber auf mich hört hier ja keiner. Lausig, lausig!», krächzte die Stimme und durchdrang die angenehme Stille.
    «Aber gut, man muss wohl nehmn, was man bekommt. Immerhin werd ich gut bezahlt…», brummte sie, zuckelte dann durchs Zimmer, ruckte Gegenstände zurecht und räumte herumliegende Kleidungsstücke auf den Stuhl.
    Ihren Patienten hatte sie noch keines Blickes gewürdigt, denn erst einmal wollte sie die Räumlichkeiten ihren Bedürfnissen anpassen.
    «Aaah, du hast dich schon häuslich hier eingerichtet, mein kleines Zwieblspinnchen», gurrte sie der neugierigen Spinne unterm Bett zu.
    «Ich werd noch einige von deinen Artgenossn hier einschleusen. Eure Ausdünstungen sind gut gegn jedes Wehwehchn und im Suppentopf macht ihr euch auch ganz grossartig!»
    Erst dann widmete sie sich Dimicus, der inzwischen ziemlich wach aussah.
    «Ich werd dich gleich Mal untersuchn. Zieh dich am bestn aus, damit ich auch nix überseh. Nur keine Scheu, ich hab schon viele Mannsbilder aus der Nähe gesehn», befahl sie ihm mit einem schiefen Grinsen.
    «Nur damit dus weisst, ich bin auf Anordnung von deinem Freund hier. Er bezahlt mich dafür, dass du rasch gesund wirst und dich erholst. Und jetzt husch husch, ich hab net den ganzn Tag Zeit!»

  • Tatsächlich war der Schlaf Dimicus' traumlos und weder hässliche Fratzen noch Flüche durchtrennten die Ruhe seines Schlafes. Jedoch machte sich ein seltsames Gefühl in ihm breit, doch es war nicht negativ. Im Gegenteil. Er spürte die Wärme und Aura eines geliebten Wesens nahe bei sich, was wohl jede Möglichkeit für einen Albtraum durchkreuzte. Für Dimicus war es eine Nacht seit langem, die er wieder in einem richtigen Bett verbringen durfte. Die Pritschen im Gefängnis waren wahrlich keine angenehme Angelegenheit gewesen. Vermutlich tat dies sein Übriges.


    Seine Ruhe wurde jedoch jäh gestört, als ein lauter Knall das kleine Zimmer durchzuckte und Dimicus aus dem Schlaf riss. Instinktiv griff er zu einem Dolch in seiner Nähe, doch die krächzende Stimme die mit einem ekelerregenden Zwiebelgeruch in den Raum schwappte, ließ Dimicus die Waffe schnell wieder senken. Mit Mühe rieb er sich den Schlaf aus den Augen und blickte der eintretenden Frau entgegen.


    Sie wirkte wie eine seltsame Mischung aus einem Tiefling – von welchen Dimicus nur gelesen hatte – und einem Menschen. Ein faszinierender und zugleich ungewohnter Anblick in den hauptsächlich von Menschen besuchten Straßen Drakensteins. Doch sie machte gar keinen Hehl daraus, sondern marschierte einfach kreuz und quer durch das kleine Zimmer. Dabei warf sie mit Worten um sich und gab Befehle. Umso länger sie sich im Raum aufhielt, desto kräftiger wurde der Gestank nach Zwiebeln. Dimicus' Augen tränten bereits etwas, als ob er gerade eine Zwiebel schälen würde.


    Dimicus wusste gar nicht, wie ihm geschah, als sie sich vor dem Bett aufbaute und das Ablegen seiner Kleider forderte. Er hasste es, wenn er geweckt wurde. Und sich sogleich mit einem völlig fremden Charakter auseinandersetzen zu müssen. Shazeem meinte es aber vermutlich gut, weswegen Dimicus doch nicht aufmuckte und die Frau vor die Tür setzte.


    Also begann er sich bis auf die Unterhose zu entkleiden und der Frau schließlich lustlos entgegenzublicken. Dabei fiel ihm auf, dass im Raum eine Person fehlte – oder eine Katze. Je nachdem in welcher Gestalt Emilia gerade unterwegs war. Nur noch die restliche Wärme ihres kleinen Katzenkörpers auf dem Bettlaken war zu spüren. Lang war sie also noch nicht weg.


    Mit einer gewissen inneren Ungeduld setzte sich Dimicus auf die Bettkante. „Na gut, dann fangt an“, erwiderte er der Frau, welche aus nächster Nähe nur noch mehr nach Zwiebeln roch.

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  • „Was glotzt du denn so? Bist wohl noch net weit gekommn in deinem Lebn, wenn du noch nie ne alte Hex gesehn hast“, pflaumte sie ihn an, als sie seinen musternden Blick bemerkte.
    „Ich hab schon viel gesehn. Mich wirft so schnell nix mehr aus der Bahn. Hab in jungn Jahrn viele Länder bereist mit meinem Mausezähnchn. Und sogar bei ner Expedition war ich dabei! Doch die ist fehlgeschlagn. Bei den ganzn Waschlappn auch kein Wunder. Ne alte Frau wie mich habn sie einfach verletzt zurückgelassn“, ihre Augen funkelten zornig bei dem Gedanken an die Stunden alleine in dem düsteren Stollen.
    „Zum Glück wurd mir dann doch noch Hilfe zuteil. Von nem unterirdischen Bewohner. N feiner Kerl, wenn auch etwas kurlig. Und wie froh war ich erst, als ich sogar mein Mausezähnchn wieder gefundn hab, nachdem ich ausm Stollen raus war!“, beim Gedanken an ihre geliebte Hyäne zuckten ihre Mundwinkel zu einem liebevollen Lächeln.


    „So, genug geredet!“, sie trat an ihren Patienten heran und betrachtete ihn erst einmal von oben bis unten.
    „Da ist ja nicht grad viel Fleisch auf den Knochn. Solltest dir n andren Beruf suchn. So wirst du kein Weib findn. Aber hab von Shazem gehört, es gäbe da schon eine. Sie hät dich im Nullkomanix um den Finger gewickelt! Aber warts ab, sobalds um Familienplanung geht, wird sie sich n andren suchn. Wie sollst du denn die hungrign Mäuler der Bälger stopfn, wenn du nicht mal dich selber richtig durchfüttern kannst?!“
    Schliesslich verlangte sie von ihm die Zunge herauszustrecken, die Arme zu heben, klopfte ihm mit ihrem Stock auf die Knie und wollte sehen, ob er einen Purzelbaum vollführen konnte.
    Letzteres verweigerte Dimicus, was Schrulla mit einem Grinsen quittierte: „Schade, das hät ich gern gesehn!“


    Dann kam sie wieder näher gehumpelt und betrachtete mit ernster Miene seinen Hals und Nacken.
    „Du hast Glück gehabt Jungchn. Das hät auch schlimm für dich ausgehn können.“
    Ihre dünnen Finger berührten seinen Nacken und sie drückte an einigen Stellen ohne Rücksicht herum, was ihren Patienten zusammenzucken liess.
    „Gut, gut. Ich geb dir ne Salbe, die du drauf schmiern musst. Ausserdem bekommste n Trank, den du täglich zu dir nimmst! Er soll dich bissl aufpäppeln. Sind gedünstete Zwiebln drin. Gut gegn Krankheitn. Und spendn Energie. Du bist geschwächt, drum wird’s dir gut tun!“
    „Achja, jetzt hab ich so viel geredet. Kannst du noch was brauchn Kleiner? Vielleicht n Liebestrank für dein Mädl? Es wird sie länger an dich bindn. Ausserdem verkauf ich auch Amulette und andre Artefakte. Ich kann fast jedn Zauber dranbindn, wenn du mir nur n mächtiges Artefakt bringst.“

  • Diese alte Frau, oder eher alte Hexe wie sie sich selbst nannte, nahm sich so einige Dinge heraus, die Dimicus ganz und gar nicht gefielen. Noch nicht einmal ihren Namen hatte sie verraten, geschweige denn von ihrer richtigen Berufsbezeichnung. In den Augen Dimicus' war 'Hexe' wohl nicht wirklich die Bezeichnung eines Berufes. Darunter stellte er sich eher jemanden vor, der in einem Sumpf hockte und aus Kröten irgendwelche Gebräue anrührte. Obendrein noch die lokale Bevölkerung verfluchte und kleine Kinder verspeiste.


    Allein schon bei ihren Kommentaren bezüglich seiner Körperfülle wurde es Dimicus äußerst unheimlich. Also besser nicht erwähnen, was er gerade über sie dachte. Das würde ihm höchstwahrscheinliche eine schmerzhafte Behandlung ersparen oder zumindest verhindern, in einem Suppentopf zu landen. Wer wusste schon, was die alte Frau so trieb, wenn sie unbeobachtet war? In Büchern jedenfalls, las Dimicus selten etwas Gutes über Hexen.


    So ertrug er auch ihre Behandlung, wenn auch missmutig und mit einem verärgerten Knurren. Er kam jeden ihrer Aufforderungen nach. Verrenkte und streckte sich, ließ sich berühren und obendrein genaustens untersuchen. Die gesamte Zeit hoffte er, Emilia würde nicht zurückkehren und das Elend sehen. Nicht das sie noch das Falsche von ihm dachte.


    Am Ende der allgemeinen Untersuchung sollte er auch noch einen Purzelbaum machen! Vehement schüttelte Dimicus darauf mit seinem Kopf und gab der Hexe gar nicht erst die Möglichkeit, sich irgendwie an diese Art von fehlender Akrobatik zu ergötzen. Lieber nicht. Stattdessen fuhr sie zu seinem Glück mit der normalen Behandlung fort.


    Schmerzhaft drückte sie auf seinen frischen Würgemalen und Abschürfungen herum, als ob sie irgendwelche Pickel zum Ausdrücken währen. Dabei zuckte Dimicus mehrere Male erschrocken zusammen und funkelte die Hexe böse an. Es war schon schwer genug gewesen, sich an die Übungen zu halten um seinen Hals während der Hinrichtung zu retten. Denn er wusste selbst, dass dank der speziellen Halsfessel zwar seine Überlebenschancen stark verbessert wurden, aber sie dennoch zu seinem Tod hätte führen können. Das einiges dabei hätte schief gehen können, wusste er selbst.


    „Vielen Dank“, antwortete er schließlich auf die Behandlung und nahm Trank samt Salbe entgegen.Von Letzterer, welche verdächtig nach Zwiebeln roch, nahm er bereits eine Portion und verteilte sie sanft auf seinen Verletzungen am Hals. Selbst das schmerzte fürchterlich. Dann noch einen großen Schluck des Trankes hinterher, wobei er aufgrund des unbeschreiblichen Geschmacks fast sofort würgen musste. Dabei versuchte er jedoch die gesamte Zeit der Hexe zuzuhören.


    Ihre letzten Worten erregten sofort die Aufmerksamkeit Dimicus', denn sie stellten eine unglaubliche Möglichkeit dar. Er selbst wusste nicht, wie Artefakte funktionierte oder wie man an welche kam, allerdings stand vor ihm wohl eine Person die ihm dies sagen konnte. Ganz im Gegensatz zu den Büchern die er gefunden hatte, wäre sie vielleicht die entscheidende Chance! Für einen Moment dachte er nach, wonach er fragen könnte. Doch die Antwort dieser Frage lag schnell auf der Hand.


    „Tatsächlich gibt es da etwas, wobei Ihr mir helfen könntet. Wenn es in Eurer Macht steht, versteht sich“, begann er und wägte seine Worte genau ab. „Um genau zu sein, sind es zwei Dinge. Die erste Sache wäre die Frage danach, ob Ihr wisst, wie man einen göttlichen Fluch brechen oder aufheben kann? Meine Gefährtin ist unglücklicherweise von einem Fluch Rakshors betroffen. Gibt es eine Gegenfluch oder eine Möglichkeit diesen zu brechen? Oder kennt Ihr jemanden, der dies vielleicht wissen könnte?“


    „Dann gäbe es da noch etwas Anderes. Meine Gefährtin ist, wie Ihr vielleicht wisst, taub. Ich persönlich vermute, dass es an Ihrer zweiten Tiergestalt liegt, da sie seit Ihrer Entdeckung wohl ihr Gehör verloren hat. Ist es Euch möglich, etwas anzufertigen, womit sie ihr Gehör wiedererlangt? Sie wünscht sich nichts sehnlicher, als wieder hören und sprechen zu können. Doch auf natürliche Art und Weise ist mir nichts bekannt, dies zu ändern. Habt Ihr eine Möglichkeit? Vielleicht ein Artefakt? Wenn ja, sind mir die Kosten in Form von Geld oder Material egal, Hauptsache ihr werden diese Dinge wieder ermöglicht. Wenn ich ihr etwas dergleichen geben könnte – es würde sie glücklich machen. Da bin ich mir sehr sicher. Es sollte eine Überraschung werden.“

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  • Die Zwiebelhex hatte ihre Döschen wieder in ihren unzähligen Taschen verstaut und wollte sich gerade von ihrem Patienten abwenden, als dieser doch noch ein Anliegen vorbrachte. Also doch ein Liebestrank! Oder vielleicht ein Mittel für die Potenz?
    Als er ihr jedoch sein Begehren offenbarte, leuchteten ihre grünen Augen vor Interesse auf.
    „Ein Fluch Rakshors sagste? Erzähl mir alles davon! Bist du ihm begegnet? Hat er zu dir gesprochn? Und was fürn Fluch ist dies?“
    Gespannt hörte sie sich seine Worte an.
    „Nicht so zögerlich, ich kann net helfen, wenn ich nix drüber weiss!“
    Schliesslich hatte sie genug erfahren. Was für ein Mordskerl dieser Rakshor doch war! Ein solcher Streich konnte nur ihm einfallen!
    Schrulla war begeistert von seinem Einfall und konnte sich ein schadenfreudiges Grinsen nicht verkneifen.
    Zu allem Überfluss erklärte sie dann dem armen Dimicus auch noch, dass sie nicht ohne Weiteres in der Lage war, diesen Fluch zu brechen. Dass sie auch nicht vorhatte, einen Fluch ihrer Gottheit aufzuheben, rieb sie dem aufgebrachten Mann indessen nicht unter die Nase. Doch vielleicht konnte er es auch ahnen, denn er blickte sie ziemlich misstrauisch an.


    „Ein Magier 5. Grades wär dazu vielleicht in der Lage“, mutmasste sie schliesslich, „doch auch dies ist nicht gesagt. Aber mein Wissen dazu ist begrenzt. Ich hab mich nie an Büchern ergötzt. Mein Wissen und Können hab ich durch langjährige Erfahrungen erworbn. Ich bin mir aber auch net sicher, ob ein göttlicher Fluch ohne göttliches Wohlwolln aufgehobn werdn kann. Das müsst ihr wohl selbst rausfindn.“
    Das zweite Anliegen entsprach hingegen schon eher ihrem Fertigkeitsstand.
    „Da kann ich womöglich aushelfen“, erklärte sie Dimicus schliesslich.
    „Ich muss die junge Frau jedoch im Vorneherein untersuchn, um zu sehn, ob es wirklich nur an ihrer Tiergestalt liegt, oder ob es körperlicher Natur ist. Wird die Taubheit durch Magie, und dazu gehörn Gestaltwandlungen, ausgelöst, kann ich mit nem Artefakt gegenwirkn. Ansonsten net. Und ich brauch von jeder ihrer Gestaltn n Büschel Haar! Sonst kann ich den Zauber net auf das Artefakt bannen. Was mich zum Artefakt bringt. Ich benötige dafür einen mächtign Gegenstand. Also bitte komm mir net mit nem Suppenlöffl an, ausser er hat für deine Traute ne wirklich wichtige Bedeutung…“


    „Was die Bezahlung angeht. Ich verlang die Überbleibsel Rakshors für mich behaltn zu können. Ich werd sie mit Vorliebe untersuchn. Vielleicht kann ich euch dann ja auch mit eurem Fluch helfn, wer weiss. Und ich verlange, dass ich die Dienste des Rosendämons in Anspruch nehmn kann, sollte es einmal nötig sein.“
    Schliesslich hatte sie ihren Kram zusammengepackt.
    „Eine Überraschung, ja? Nun gut, ich wird schon n Grund für ne Untersuchung des Mädels findn. Kümmere du dich um die Haarbüschl!“
    „In ner Woche bin ich zurück, um nach dir zu sehn. Vergiss net, die Salbe einzuschmiern! Oh und bevor ichs vergess“, von ihrer Halskette klaubte sie eine Zwiebel weg, und platzierte sie auf dem Boden. Einen Moment lag sie ruhig da, doch schon kurz darauf bekam das Wesen Beine und verzog sich unter den Tisch.
    „Wie gesagt, die Ausdünstungn werdn dir gut tun, Jüngling!“, im nächsten Moment humpelte sie auch schon davon und die Tür schlug mit einem lauten Knall ins Schloss.

  • Aufmerksam hörte Dimicus den Worten der alten Hexe zu. Allerdings wurde er herb enttäuscht, als sie davon berichtete, nicht zu wissen wie man einen Fluch umkehrte. Wobei Dimicus durchaus bemerkte, dass etwas nicht stimme und sie vor ihm verbarg. Doch so wie er sie einschätzte, brachte Bohren und Betteln bei ihr nichts, weswegen er dieses Thema auch fallen ließ. Dafür wurde er mit erfreulicher Kunde überrascht, was seine zweite Bitte anbelangte. Also gab es zumindest einen Hoffnungsschimmer für Emilia, welcher ihr einen Großteil der Lebensfreude wiedergeben könnte.


    Zwar zuerst zögerlich stimmte er den Bedingungen der Hexe zu, doch eine andere Wahl hatte er nicht. Zudem war es für das Wohl Emilias und sie würde sicherlich verstehen, wenn er ihr im Nachhinein alles berichtete. Um die Untersuchung kümmerte sich die Hexe, alles Andere musste Dimicus selbst erledigen. Das sollte kein Problem darstellen, Vermögen besaß er noch ausreichend. Zudem die Überbleibsel Rakshors, um die die Hexe bat. Damit formte sich bereits ein Plan in seinem Kopf, welcher hoffentlich nach allem erfolgreich sein würde.


    „Einverstanden“, erklärte er also gegenüber der Hexe. „Lasst mich alle Materialien besorgen, wenn Ihr in einer Woche da seid, solltet Ihr alles von mir bekommen können. Währenddessen nehmt Euch Emilia ruhig genauer vor. Sie wird wohl nichts dagegen haben. Vielleicht hilft es, wenn Ihr ihr sagt, dass ich die Untersuchung erbeten habe, um ihre Gesundheit zu überprüfen. Dann wird sie sicherlich auf Euch hören.“


    Mit diesen abschließenden Worten verließ die Hexe den Raum und ließ Dimicus allein zurück. Er selbst stand auf und kleidete sich in voller Montur. Dabei schritt er letzten Endes zu der Kommode, auf der das Glas Rakshors lag. Da fehlte doch ein großes Stück! Sofort kam ihm Emilia in den Kopf, welche zuvor schon nach dem Glas gegriffen und es neugierig umfasst hatte. Das Stück musste wieder zurück in seinen Besitz und an die Hexe gelangen. Damit würde sie sich zufrieden geben. Doch bevor er sich darum kümmerte, Emilia das Stück abzuluchsen, schnappte er sich einer der kleineren Splitter und ließ ihn in seine Tasche verschwinden.


    Danach ging er zum Bett und untersuchte die Stelle, an der Emilia als Katze gelegen hatte. Die Katzenhaare zu finden, war also kein Problem. Sorgsam klaubte er sie auf und ging sicher, dass kein anderes Haar dazwischen gelangte – was im Übrigen eine Präzisionsarbeit war. Diese verstaute er sicher in einer seiner Taschen, die er zuvor leer räumte. Dann begann der schwierige Teil seines Auftrages.


    Zuerst brachte Dimicus den Splitter zu einem Goldschmied der Stadt. Dieser begutachtete das Stück und zog einer seiner Augenbrauen nach oben, als Dimicus sein Anliegen vortrug. Es sollte in einem silbernen Armband eingearbeitet werden, welches sich um den Oberarm Emilias schmiegen sollte. Zudem sollten eingravierte Worte das Band zieren. „Die Katze die mit der Rose spielte“, erbat Dimicus, worauf die Augenbraue des Goldschmiedes gen Decke ging. Doch nachdem er die durchaus großzügige Bezahlung für das Stück sah, verstummte seinen Zweifel und er nahm den Auftrag an. Als er nach einem Namen fragte, legte Dimicus ein paar zusätzliche Münzen drauf, um seine Neugierde zu stillen.


    Der Schmied versprach von einer Fertigstellung innerhalb der nächsten Tage, weswegen Dimicus zu seiner nächsten und durchaus schwierigeren Aufgabe kam. Die Löwenhaare. Drei Tage brütete er an der Idee, wie er sie der Löwin abnehmen konnte, ohne selbst dabei gefressen werden oder einen fragwürdigen Blick zu bekommen. Mit dieser Frage richtete er sich an Shazeem, der zwar etwas perplex schaute und nachfragte, wie er denn auf diese hirnrissige Idee käme, aber Dimicus dann doch sein Werk verrichten ließ. Er kam sogar mit der rettenden Idee. Ein geplanter und gespielter Überfall, bei dem er Männer nutzte, die durchaus entbehrlich waren. Dafür schuldete Dimicus Shazeem aber eine Runde, was ihm ganz recht kam. Also wurden die Details geklärt und eine Abmachung getroffen, am nächsten Tag sollte es losgehen. Vorher besorgte Dimicus noch einige neue Kleidungsstücke für Emilia, die leichter waren und ruhig zerschlissen werden konnten.


    Am darauffolgenden Tage lud er sie ein, mal wieder etwas außerhalb der Stadt zu unternehmen. In den Wald zu gehen und die frische Natur zu genießen. Von Emilia wurde das offensichtlich mit großer Begeisterung aufgenommen, schließlich war es schon lang her, dass sie in die Wälder kommen konnte und versprach hoch und heilig, dieses Mal besser auf sich aufzupassen. Mit einem Grinsen streichelte er ihr über das Haupt und gab ihr die Kleidung die er ihr zuvor besorgt hatte. Die könne ruhig schmutzig werden und wäre für sie angenehmer zum tragen, erklärte er. Sie zuerst misstrauisch, schlug dann aber ein und zog sich um.


    Sie machten sich dann auf den Weg durch die Stadt und wie Emilia es gewohnt war, mehr durch Gassen und abgelegene Teile der Stadt Drakenstein. Was sie nicht wissen konnte war, dass Dimicus sie direkt in eine Gasse führte, in dem Shazeems Männer bereits warteten. Kaum waren sie in der Mitte der Gasse angekommen, traten sie sowohl vor als auch hinter ihnen aus den Schatten. Verkleidet als schmutzige Banditen und mit dreckigem Grinsen im Gesicht, schnitten sie ihnen den Weg ab. Sie rissen dreckige Witze, erklärten sie wollten ihren Besitzt und Emilia als Objekt ihrer Lust haben.


    Dimicus wandte sich an Emilia und blickte sie an. Stumm bewegte er seine Lippen, erklärte dass es zu viele waren und sie nicht entkommen könnten. Auch wenn es ihm leid täte, dass er ihre Löwengestalt bräuchte, um aus dieser Situation heraus zu können. Diese war völlig verunsichert, gab darauf aber nach und verwandelte sich vor den Augen der vermeintlichen Banditen in eine Löwin. Perfekt für Dimicus. Die Männer wichen zurück, als die Löwin zu knurren begann. Auch Dimicus hatte Respekt davor, und machte anfangs ein paar Schritte zurück. Doch das war seine Gelegenheit. Mit einem festen und doch zugleich zärtlichen Griff strich er ihr durch das Fell auf dem Rücken, worauf er ein ganzes Büschel an Löwenhaar in der Hand hielt. Dieses ließ er gleich in einer seiner Taschen verschwinden. Dabei sprach er zu den Männern, das es offensichtlich eine schlechte Idee wäre, sie anzugreifen. Emilia schritt währenddessen langsam auf sie zu. Sie ließen es sich nicht zwei Mal sagen und flohen auf der Stelle.


    Darauf hatte Dimicus Mühen, Emilia zu besänftigen und erst recht den Respekt vor dem Hunger, welcher sich in ihren Augen spiegelte. Offensichtlich bekam sie bereits die ersten Gedanken und nur mit besänftigenden Worten, zudem Abstand zu Emilia halfen, sie wieder auf klare Gedanken zu bringen. Die Situation hätte ihm das Leben kosten können, doch war sie notwendig. Die Fetzen der Kleidung Emilias lagen auf dem Boden und so blieb ihr nichts Anderes übrig, als sich in eine Katze zu verwandeln und zu ihrem Zuhause zurückzukehren. Offensichtlich betrübt folgte Emilia Dimicus zurück, wobei sie selbst bei der Ankunft keine Worte übrig hatte. Statt mit ihm zu sprechen, begann sie wieder einmal als Katze durch die Gänge des Untergrundgasthauses zu streifen.


    Innerlich tat es Dimicus leid, doch manchmal musste man Opfer bringen, um Großes zu erreichen. Und wenn er Emilia erst das Artefakt geben würde, verstand sie es sicherlich. Ab da waren es zwei Tage warten und weitere Vorkehrungen treffen. In der Zwischenzeit besorgte er das Armband vom Schmied, welches tatsächlich ein wahrlich schönes Stück geworden war. Dankend hatte sich Dimicus verabschiedet und kaum in der gemeinsamen Unterkunft angekommen, legte er alle für die Hexe benötigten Sachen zusammen in einen Beutel.


    Ab diesem Zeitpunkt hieß es warten. Kurz bevor die Hexe zwei Tage später erschien, stahl Dimicus den großen Glassplitter aus Emilias Kleidung, als sie als Katze herumschlich. Damit waren die geforderten Materialien beisammen und für die Hexe bereit. Als diese dann auch kam, überreichte er ihr die Gegenstände. Sie nickte zufrieden und wies darauf hin, mit ihrer freundlichen Art und Weise, dass die Fertigstellung bis zu einer Woche dauern könnte. Zum Abschluss ihres Besuchs untersuchte sie ihn erneut und verließ schließlich wieder das Zimmer.


    Darauf begann für die Verhältnisse Dimicus' eine ruhige Woche. Während er wartete und sich noch von den Nachwehen seiner eigentlichen Hinrichtung erholte, versuchte er mit wenig Erfolg Bücher und Informationen über die Flüche der Götter aufzutreiben. In einer Stadt wie Drakenstein wurde sich mit solchen Dingen offensichtlich kaum befasst und selbst die Bibliothek der hiesigen Akademie bot kaum das Material was er brauchte. Zu seinem Bedauern. Also musste er mögliche Quellen finden, in denen er die nötigen Informationen zusammentragen konnte.


    In der Zwischenzeit ging Dimicus mit Emilia aus. Der versprochene Waldspaziergang musste noch wiederholt werden, wenn auch mit Misstrauen und Angst seitens Emilia. Doch kaum waren sie dieses Mal aus der Stadt heraus, genoss sie scheinbar die Landluft und tollte wie gewohnt über die Felder und durch den Wald. Glücklicherweise kam es zu keinen Vorfällen und sie konnten alles in Ruhe ihre Zweisamkeit genießen. Auf dem Rückweg musste er zudem mal wieder einer ihrer begehrten Süßigkeiten kaufen, weil sie einfach zu einem Stand gelaufen war und sich ein Stück der dargebotenen Naschereien in den Mund gesteckt hatte. Mit den größten Augen die er je zu Gesicht bekommen hatte, schaffte es Emilia ihn zu überzeugen und er kaufte ihr eine Tüte von dem Süßkram.


    Auf diesem Wege verging die Woche schnell und Dimicus fand zu seiner alten Stärke zurück. Die Zeit mit Emilia war schön und sie tat auch viel dafür, dass er sich regenerieren konnte. Mit einiger Zeit, was auch anfangs etwas befremdlich wirkte, schlief sie in ihrer menschlichen Gestalt neben ihm. Ein seltsames und doch wohliges Gefühl. Sie schien ihn immer mehr zu vertrauen und seine Nähe zu genießen. Ein wahrlich unbekanntes Gefühl für ihn, allerdings auch Etwas, was ihm Wärme lehrte und sie immer mehr in seine Seele führte.


    Vor einem Tag hatte die Hexe Dimicus das Artefakt mit einem zufriedenen Lächeln vorbeigebracht und zugesichert, dass alles funktionieren würde wie geplant. Emilia müsse es nur einmal anlegen und schon würde sich der Effekt zeigen. Sie müsse es dann nicht dauerhaft tragen, sondern es reiche dann auch, wenn sie es in ihrer Nähe behält. Mit Freude die Dimicus nicht verbergen konnte, hatte er sich bei ihr bedankt und verabschiedet.


    Nun saß er nachdenklich und mit einem gewissen Gefühl der Vorfreude an einem Tisch des Gasthauses. Ihm Gegenüber saß Shazeem, der genüsslich sein Bier trank, welches er von Dimicus ausgegeben bekommen hatte. „Und du bist dir sicher, dieses magische Zeugs funktioniert? Nicht dass sie sich dann, sobald sie es anlegt, in ein rasendes Monster verwandelt und jeden hier drin umbringt“, merkte Shazeem an, welcher Dimicus mit einem unsicheren Blick betraute.


    Dimicus hingegen nahm es gelassen und vertraute der Hexe, die Shazeem schließlich auch angeheuert hatte. „Du hast sie dafür bezahlt, dass sie herkommt und mich behandelt. Letztendlich hast du ihr das Vertrauen gegeben keinen Schaden anzurichten. Was soll ich sagen? Sie ist ihrer Arbeit zur Gänze nachgekommen.“


    „Ja, natürlich. Sie sollte dich heilen und wieder auf die Beine bringen. Es war aber nie die Rede davon, für dich ein Artefakt anzufertigen! Wir werden sehen. Wenn es Tote gibt, geht das auf deine Kappe. Ich hoffe für dich, dass diese Hexe keinen Mist gebaut hat, Kleiner.“ Der Tamjid prostete Dimicus zu und trank einen großen Schluck seines Bieres.


    Natürlich war es für Dimicus auch nicht einfach, dieser Hexe zu vertrauen, doch es war einen Versuch wert. Seinen Recherchen nac, sollte das Artefakt, sofern richtig hergestellt, keinerlei Nebenwirkungen besitzen. Für ihn war es wichtig, dass einer der größten Wünsche Emilias in Erfüllung ging.


    Allerdings hieß es warten, bis Emilia wieder zurückkehrte. Dimicus hatte ihr etwas zu ihren Verdiensten als Kellnerin dazugegeben. Sie wollte damit in die Stadt etwas einkaufen gehen, hatte aber verschwiegen was genau sie besorgen wollte. Geduld war nun angebracht, auch wenn es Dimicus gar nicht früh genug ausprobieren konnte, ob das Artefakt seine Wirkung entfalten würde.

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  • Dimicus war jedoch nicht der Einzige, welcher Schrullas Dienste in Anspruch nahm.
    Als Emilia von der alten Zwiebelhex untersucht wurde, bot ihr das Weiblein ebenfalls ihre Fähigkeiten an.
    Ihr könnt jeden Gegenstand mit einem Zauber versehen?, schrieb die junge Frau fasziniert auf nen Notizzettel und hielt ihn Schrulla unter die Nase.
    „Nana, net bei jedm Schmand lohnt sich das, und auch net jeder Zauber will dran haftn.“
    Als ihr die junge Frau jedoch einen Vorschlag unterbreitete, willigte die Hex ein. Die nächste Zeit sollte Emilia ohne ihr Halsband auskommen müssen, das sie einst von Dimicus geschenkt bekommen hatte.


    Die nächsten zwei Wochen gestalteten sich auch für die junge Frau nicht ganz ohne. Nachdem der erste Albtraum sie ereilt hatte, folgten weitere völlig unwillkürlich. Manchmal gewährten sie ihr einige ruhige Nächte, um sie dann wieder mit rasendem Puls und dem seltsam unbefriedigten Gefühl von Hunger aus dem Schlaf zu reissen. Emilia fing aus diesem Grunde Schrulla ab, als Dimicus nicht zugegen war, und erbat sich von ihr ein beruhigendes Mittel. Die Hex warnte sie davor, es nicht allzu oft und allzu lange zu benutzen, denn womöglich würde es dann Nebenwirkungen offenbaren.
    Emilia hielt sich genau so lange an diese Warnung, bis Dimicus sie mit seiner List dazu brachte, mit ihrer Löwengestalt willentlich Menschen zu bedrohen. Von diesem Augenblick an nahmen die Albträume wieder zu und die junge Frau begann wiederum mit dem Gedanken zu spielen, Drakenstein und Dimicus zu verlassen.
    Sie zog sich oft zurück und streunte in Begleitung des Katers durch den Untergrund oder durch die düsteren Strassen der Stadt.


    Erst als Dimicus sie schliesslich mit viel Überredungskunst dazu brachte, mit ihm gemeinsam doch noch den Waldspaziergang zu unternehmen, erhellte sich ihr Gemüt etwas. Die süssen Leckereien taten ihren Teil dazu bei. Ihre Sorgen verdrängte sie in den Hintergrund und genoss die Nähe ihres Freundes und das rege Treiben in der Gaststube, wo sie zwischendurch immer gerne aushalf.


    So kam es also, dass die Zeit verging und Emilia sich wieder mit Schrulla treffen sollte. Sie schuldete der Hex noch einige Münzen – dafür nutzte sie ihren Verdienst und den kleinen Zustupf von Dimicus. Er hätte bestimmt nix dagegen, wenn er wüsste, dass es etwas mit seinem Geschenk an sie zu tun hatte.
    „Hast mein Geld?“, raunzte die Zwiebelhex. Während Dimicus mit Shazem im Gasthaus verweilte, hatte Emilia sich mit dem Weiblein in einem der unterirdischen Gänge verabredet.
    Ohne ihre Worte zu vernehmen, wusste sie anhand der ausgestreckten Hand mit den knochigen Fingern dennoch, was die Alte wollte.
    Emilia überreichte ihr den Beutel mit den Münzen und blickte Schrulla dann auffordernd an.
    „Mögest du deine Freud damit habn. Es wird sich deiner Gestalt magisch anpassn bei der Wandlung“, krächzte die Zwiebelhex und überreichte ihr schliesslich das Halsband. Sofort untersuchte die Eigentümerin es neugierig, doch konnte daran keine sichtbaren Veränderungen erkennen.
    „Du wirst nix finden. Doch glaub mir, es klappt. Ich flunker vielleicht bei meinen Tränkn gelegentlich, aber meine Artefakte haltn, was sie versprechn und noch vieles mehr!“
    Die Gestaltwandlerin hingegen hatte nur Augen für das weiche Lederband mit dem bernsteinfarbenen Amulett, worauf eine schwarze Katze abgebildet war. Liebevoll legte sie es sich um den Hals und nickte Schrulla dann freundlich zu.
    Die Hex hingegen beobachtete schelmisch, wie die junge Frau von Dannen schritt. Noch bevor sie um die nächste Kurve bog, hatte sich Kater Gregorius zu ihr gesellt, um mit hoch erhobenem Schweif neben ihr herzutrippeln. Schrulla grinste. Der Bernstein würde ihrem Verehrer noch so manche Scherereien bereiten.


    Emilia war gut gelaunt, als sie schliesslich die Taverne erreichte. Mit einem Blick erkannte sie Shazem und Dimicus an einem der Tische und ging mit einem Lächeln zu ihnen hinüber, um sich auch gleich auf einen Stuhl fallen zu lassen.
    Sofort begrüssten die beiden Männer sie freundlich. Shazem nickte ihr zu, während Dimicus ihr galant einen Handkuss geben wollte. Niemand bemerkte indessen den Kater, der um Emilia herumscharwenzelte und die beiden Männer misstrauisch beäugte.
    Als nun Dimicus sich dazu erdreistete, Emilia auf charmante Art und Weise zu begrüssen, gab Gregorius ein warnendes Fauchen von sich und stürzte sich im nächsten Moment mit ausgefahrenen Krallen auf den jungen Mann.
    Er würde seinem Konkurrenten schon zeigen, wem hier die Gunst des Weibchens zustand!

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  • Shazeem und Dimicus unterhielten sich noch eine Weile über ein paar Pläne und wie es von nun an weitergehen sollte. Dimicus war totgeglaubt, jedoch würde ein Auftauchen seines Gesichtes in der Öffentlichkeit für Unruhe, Angst und wenn nicht sogar sofort einen Angriff nach sich ziehen. Sie besprachen, dass er sich nun bedeckt halten und wenn möglich nur nachts auf die Straßen gehen sollte. Überhaupt durh die Straßen zu wandern, war ein zu großes Risiko. Wenn er nicht geschnappt oder gar getötet werden wollte, musste er von nun an noch vorsichtiger sein. Dieser Zustand kam ihm aber auch gelegen, denn so suchte man nicht nach ihm. Aus langer Sicht gesehen, würden die Menschen sein Gesicht vergessen und er sich ohne Angst bewegen können.


    Im nächsten Moment betrat Emilia den Raum, dich gefolgt von dem schwarzen Kater des Wirtes. Er hing auf ungewöhnliche Art und Weise sehr an ihren Fersen und umkreiste ihre Beine, als ob er sie beschützen wollte. Seltsam. Zu keiner Minute ließ er ab, als Emilia sich nun auch zu Shazeem und Dimicus an den Tisch setzte. Als Dimicus seine Gefährtin mit einem liebevollen Lächeln bedachte und er zu einem ihr gebührenden Handkuss ansetzte, ging der Katzer plötzlich auf ihn los! Ein lautes Fauchen ertönte und schon punktierten scharfe Krallen sein Bein. Vor Schmerz stöhnte Dimicus auf, Shazeem begann zu lachen. Umliegende Köpfe drehten sich zu dem Spektakel, zu gleichen Teilen verwundert und belustigt. Um sich dieser Attacke zu erwehren, blieb Dimicus nichts Anderes übrig, als den Kater an seinen Flanken zu packen und von sich zu ziehen. Gregorius schlug mit seinen Pfoten nach ihn aus, fauchte und knurrte wie es sein kleiner Körper nur zuließ.


    Dimicu versuchte seinen Kopf von den Krallen fernzuhalten und den Kater nicht entwischen zu lassen. Was von außen vielleicht einfach aussah, bildete für ihn eine wahre Herausforderung. Jemand umzubringen war dagegen ein Klacks. Mit großer Mühe und Not bugsierte er den Kater zum Wirt, der ihn fragend anschaute. "Was ist denn in den gefahren?", fragte er selbst verwundert und nahm Dimicus den Kater ab. Allerdings hörte Gregorius nicht auf, sondern versuchte weiter auf Dimicus loszugehen. "Entschuldige, ich weiß echt nicht was in ihn gefahren ist", erklärte der Wirt und brachte den Kater weg. Womöglich in sein Zimmer oder zumindest weit weg. Mit einem Nicken bedankte sich Dimicus und kehrte zurück zum Tisch, an dem Shazeem Emilia wohl gerade mit seinen Worten beglückte.


    " ... legt sich ganz schön ins Zeug für dich. Hat er dir schon Avancen gemacht?", hakte er bei ihr nach und grinste verschmitzt. Was Shazeem wohl lustig fand und stets aufbohrte, war für Dimicus nicht mehr als eine unangenehme Fragerei. Gerade als sich Dimicus wieder an den Tisch setzte und Shazeem mit einem bösen Blick anfunkelte, hob dieser unschuldig die Hände. "Ist ja gut, ist ja gut. War nur 'ne Frage. Mein Gott bist du verklemmt. Ich lass euch beiden Täubchen ja schon allein", erklärte er beschwichtigend und erhob sich von seinem Platz. "Zu viel Zeit solltest du dir aber nicht lassen, scheinst ja Konkurrenz zu haben." Mit diesen äußerst schlagfertigen Worten verabschiedete er sich mit einem Salut und zog sich in Richtung der Quartiere zurück.


    Als der Tamjid endlich weg war und sie ihre Ruhe hatten, fiel der Blick Dimicus auf den silbernen Armreif, der auf dem Tisch lag. "Mir ist klar, dass du das eigentlich nicht so magst, aber ich habe etwas Besonderes für dich." Damit deutete Dimicus auf den Armreif und die dort eingravierten Worte. Die Katze die mit der Rose spielte. "Hoffentlich gefällt dir das Stück optisch, denn es ist einzigartig, auf eine Weise, die du noch nicht erkennen kannst", sprach er langsam, damit Emilia seine Lippen lesen konnte. Sein Herz schlug schnell in der Hoffnung, es würde funktionieren und Emilia wäre nie wieder auf dieses Talent angewiesen. Mit einem zögerlichen Nicken griff er ihre Hand und lächelte sie dabei an. Ein schüchterner Bube mit fünfzehn Jahren hätte es nicht besser gekonnt.


    Darauf griff er mit der Anderen den Armreif und begann, diesen Emilia anzulegen. Er war für den Oberarm gedacht und zu seinem Glück hatte er sich auch nicht in den Maßen verschätzt. Kaum saß der Reif an der gewünschten Stelle, umschloss Dimicus die Hand Emilias und blickte ihr neugierig entgegen. Er versuchte jeden einzelnen Zug und jede Regung zu erfahren, welche vom Erfolg oder Misserfolg des Artefakts sprechen sollte.

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  • Völlig perplex beobachtete Emilia, wie der schwarze Kater Gregorius auf ihren Gefährten losging und dabei keine Hemmungen zeigte, seine Krallen einzusetzen. Doch obwohl die Strassenkatze eindeutig nicht das erste Mal einen Kampf ausfocht, schaffte Dimicus es irgendwie, das Untier am Kragen zu greifen und an den Wirt zu übergeben. Die Gestaltwandlerin runzelte verwirrt die Stirn. Gregorius Gebaren erinnerte sie an Revierkämpfe – und offensichtlich erschien dabei der Zweibeiner sein Rivale zu sein.


    Währenddessen beobachtete Shazeem die junge Frau, bis sie seinen Blick zu spüren schien.
    Emilia überliess Dimicus und Gregorius sich selbst und wandte ihre Aufmerksamkeit ihrem Gegenüber zu. Sogleich begann dieser zu sprechen. Inzwischen hatte sie wahrlich Übung darin, ihre Mitmenschen zu verstehen, da sie gerne auch die Gäste bediente. Da der Tamjid jedoch flüsterte, waren seine Lippenbewegungen undeutlicher als gewöhnlich, weswegen sich Emilia etwas vorbeugen musste.
    „Ich weiss, du hast deine Familie hinter dir gelassen. Doch ich habe gehört, dass es gesundheitlich schlecht um deinen Onkel steht und Wilfried darauf hofft, bald seinen Platz einnehmen zu können. Die rechtmässige Baronin von Kreuzenstein bist jedoch du, Emilia. Ich frage mich, ob du dein Erbe wirklich weiterhin von dir weisen willst. Du weisst, dass du hier immer willkommen bist. Doch der Adelstitel sowie die damit verbundenen Möglichkeiten und Annehmlichkeiten könnten nicht nur dir zum Vorteil gereichen. Und du kennst ja Dimicus. Ohne zu fragen würde er dir deinen Cousin vom Hals schaffen, vermutlich gar mit Freuden. Er legt sich ganz schön ins Zeug für dich. Hat er dir schon Avancen gemacht?“, hakte er mit einem verschmitzten Grinsen nach, nun wieder im Normaltonfall. Da der Neuzugang nur einen Teil des Gesprächs vernommen hatte, funkelte er Shazeem böse an, bis dieser sich schliesslich erhob. Nicht ohne einen spöttischen Kommentar von sich zu geben, verabschiedete er sich und verschwand in Richtung Theke.


    Emilia dachte über Shazeems Worte nach und darüber, welcher versteckte Sinn wohl dahinterstecken mochte. War dies gerade eine eindeutige Aufforderung an sie gewesen, endlich wieder heim zu kehren und ihre vorgesehene Rolle einzunehmen? Wollte Shazeem die Vorteile der Stellung ihrer Familie in der Gesellschaft für seine Zwecke nutzen? Sollte sie damit ihre Schulden begleichen? Oder meinte er es nur gut mit ihr? Und was sollte der Kommentar bezüglich Dimicus?


    Erst als Dimicus wieder neben ihr sass und auf den Gegenstand wies, bemerkte die nachdenkliche Gestaltwandlerin den silbernen Armreif auf dem Tisch. Überrascht blickte sie zu ihrem Freund, der auch sogleich zu ihr sprach.
    "Mir ist klar, dass du das eigentlich nicht so magst, aber ich habe etwas Besonderes für dich. Hoffentlich gefällt dir das Stück optisch, denn es ist einzigartig, auf eine Weise, die du noch nicht erkennen kannst."
    Aha, deswegen hatte Shazeem wohl die Avancen angesprochen. Er musste von Dimicus’ Geschenk gewusst haben. Obwohl Emilia tatsächlich einen Moment lang das schlechte Gewissen plagte, dass er schon wieder Geld für sie ausgegeben hatte, freute sie sich gleichzeitig auch über die Aufmerksamkeit. Vor allem, da ihr der Armreif wunderbar zusagte!
    Als sie die eingravierten Worte las, verzogen sich ihre Lippen zu einem ehrlichen Lächeln. Einen kurzen Augenblick bedauerte sie, dass sie nun noch einmal mit der Hexe Kontakt aufnehmen müsste, denn auch dieses Geschenk würde sie immer bei sich tragen wollen. Dann dachte sie wieder an die Worte Shazeems zurück.
    Ob das Schmuckstück noch eine tiefere Bedeutung hätte? Ob Dimicus auch wollen würde, dass sie ihr Erbe einforderte?
    Dann spürte sie plötzlich seine Hand an der ihren und sein Lächeln erwärmte ihr Herz.
    Plötzlich streifte Dimicus ihr den silbernen Armreif über, der sich im Übrigen wie angegossen an ihre Haut schmiegte, und schob ihn an seinen vorhergesehenen Platz an ihrem Oberarm. Anstatt sie loszulassen, hielt er jedoch ihre Hand und blickte sie aus seinen blauen Augen eindringlich an.
    Irgendwie verhält er sich seltsam, dachte Emilia bei sich und wollte ihm gerade sanft ihre Hand wieder entziehen.


    Im nächsten Moment sass sie jedoch kerzengerade auf ihrem Stuhl. War das ein Geräusch?!
    Ein leises Säuseln nur, wie der Wind in den Ästen der Bäume, ein Flüstern wie von leisen Kinderstimmen, dann ein Summen wie von einem Bienenschwarm, der anschwoll, immer lauter wurde!
    Emilias Augen waren geweitet vor Überraschung. Wie ein verschrecktes Reh blickte sie sich um, ihre Augen huschten hier hin und dort hin. Immer lauter wurde es um sie herum. Die Stimmen schienen sich zu überschlagen, Stühle wurden mit lautem Kratzen über den Boden geschoben, Bierkrüge mit lautem Poltern auf den Tischen abgestellt. Grölendes Lachen erklang in ihren Ohren wie das Donnern eines Sturmes. Zu viel! Zu laut!
    Emilia schloss ängstlich die Augen und presste verzweifelt die Hände auf die empfindlichen Hörorgane.
    Einen Moment verharrte sie, in sich zusammengesunken und voller Anspannung. Ihr Atem ging stossweise und es dauerte etwas, bis sie sich langsam beruhigte. Geschützt durch ihre Hände, vernahm sie die Geräusche nun dumpfer, und nicht mehr so laut und bedrohlich.
    Vorsichtig öffnete sie nun auch die Augen wieder und blickte direkt in Dimicus besorgte Miene. Er hatte sich zu ihr hinübergebeugt und schien nah dran zu sein, den Silberreifen von ihrem Arm reissen zu wollen.
    Erst jetzt begriff Emilia so richtig, was gerade mit ihr geschah.
    Sie konnte hören! Sie war nicht länger taub!
    Eine überwältigende Freude breitete sich in der jungen Frau aus und ihre Augen schienen plötzlich zu leuchten. Ein Lachen kam ihr über die Lippen und der Mund blieb ihr offen stehen, als sie den Klang ihrer eigenen Stimme hörte. Ihre eigene Stimme!
    Obwohl ihr alles viel zu laut war, nahm sie probeweise wieder die Hände von den Ohren.
    «Dimicus», flüsterte sie seinen Namen.
    Als sie ihre eigenen Worte hörte, sprang sie im nächsten Moment auf die Beine, wobei der Stuhl rückwärts zu Boden fiel, so eilig hatte es die Gestaltwandlerin.
    Bevor der junge Mann sichs versah, stand Emilia direkt vor ihm und küsste ihn hemmungslos auf die Lippen, kurz darauf rang er in ihrer euphorischen Umarmung nach Luft.
    «Danke, danke danke», flüsterte sie immer wieder mit etwas heiserer Stimme an seinem Ohr.

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  • Zunächst war die Reaktion Emilias das genaue Gegenteil von dem, womit Dimicus gerechnet hatte. Sie schien in Panik zu verfallen, die neuen Eindrücke waren wohl zu viel und zu plötzlich auf einmal! Sie wirkte plötzlich wie ein verstörtes Kind, welches die Umwelt ausblenden und einfach nur nichts mehr hören wollte. In dem Moment bekam Dimicus Angst! Hatte er doch einen Fehler begangen?


    Mit besorgter Miene beugte er sich zu Emilia herüber, in ihrer Mimik lag der Ausdruck purer Überraschung. In welcher Hinsicht jedoch, war sogar Dimicus zum Deuten verwehrt. Seine Hände legten sich auf den Armreif, es sollte wohl besser sein, wenn sie ihn erst einmal nicht trug. Sie sollte auf keinen Fall einen bleibenden Schaden erfahren!


    Plötzlich öffnete Emilia wieder ihre Augen und in ihnen war weder Entsetzen noch Angst zu sehen. Nur Neugierde und Überraschung. Dimicus hielt in seiner Bewegung inne, war jedoch bereit den Armreif doch noch schnell zu entfernen, wenn es die Situation erforderte. Emilia zeigte aber nicht mehr die Scheu und Angst von zuvor. Sie hatte sich beruhigt. Dem Negativ folgte nun das Positiv, als ihre Augen zu leuchten begann und sie verstand, was vor sich ging. Beruhigt atmete Dimicus aus und nahm seine Hände von ihrem Arm.


    Das Lachen welches aus dem Halse Emilias drang, klang vielleicht etwas schief, doch ehrlich und voller Freude. Dimicus hätte es nie gedacht, doch eine Wärme umfasste seinen Körper und ein angenehmes Kribbeln durchzog seinen Bauch. So fühlte es sich also an. Einem geliebten Menschen den größten Wunsch wahr zu machen, welchen er sich nur erträumen konnte. Lieben. Was war das schon für ein Wort für das Gefühl welches er gerade empfand.


    Aufgrund der Unbeschreiblichkeit seines Gefühles, erwiderte er den Kuss Emilias. Ganz zu schweigen davon, dass es ihr erster Kuss war, welchen sie wie zwei Liebende austrugen. Der Überraschung zum Trotz genoss Dimicus dieses plötzliche Gefühl. Auch als sie ihn mit der Kraft ihrer inneren Löwin beinahe zerdrückte, hielt er inne und umfasste ihren Körper. Die feste Umarmung erwiderte er und genoss die heiseren, aber deutlichen Worte einer neuen, aber dennoch vertrauten Stimme.


    „Ich habe zu danken, meine Löwin. Du hast keinerlei Ahnung, was du in mir auszulösen vermagst“, erklärte Dimicus sanft und behutsam. Seine Stimme versuchte Ruhe auszudrücken, doch er selbst merkte, dass sie ein wenig zitterte und die Freude über dieses Ereignis kaum selbst unterdrücken konnte. Emilia dieses Geschenk zu machen, war das kostbarste was den Beiden hätte passieren können. Noch ließ sich nicht abschätzen, welche Auswirkung das auf ihre gemeinsame Zukunft haben würde, doch für den Moment war das ein unwichtiger Fakt.


    Schließlich lösten sie sich aus ihrer Umarmung, einige der Gäste schauten schon skeptisch und auch der Wirt blickte verdutzt zum ungleichen Paar. „Nun kannst du alles hören und jedes Geräusch nachholen. Angefangen mit meiner Stimme und dieser Umgebung. Doch du wirst staunen, wie vielfältig die Welt mit Tönen sein kann. Dazu musst du nur den Armreif tragen oder in deiner Nähe behalten. Mehr braucht es nicht.“


    Ein warmes Lächeln spiegelte sich auf Dimicus Lippen, als er sich vor Emilia verbeugte und ihr darauf in die Augen schaute. „Nun meine Löwin, was ist dein Wunsch? Was sind deine Worte? Wohin willst du zuerst gehen?“, fragte Dimicus. Emilia sollte die Möglichkeit haben, auszutesten wie die Welt mit einem intakten Gehör war.

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