Ciel Felicien de Souvagne
Ciel Er klopfte bei Verrill an die Tür und hoffte, dass Linhard dort ebenfalls zu finden war.
Gregoire Verrill de Souvagne
Es dauerte einen Moment, bis Verrill die Tür öffnete und Ciel zur Begrüßung herzlich anlächelte. »Komm rein«, sagte er gut gelaunt.
Ciel Felicien de Souvagne
»Hallo Brüderchen und Schwesterchen«, sagte Ciel ganz leise und lächelte. Dann trat er in das Zimmer und fragte in normaler Lautstärke: »Ist dein Verlobter anwesend? Ich muss mit ihm sprechen.«
Gregoire Verrill de Souvagne
»Ist er und er weiß darüber genauso bescheid wie Du«, flüsterte Greg zurück, packte Ciel bei der Hand und führte ihn in die eigene Schreibstube, wo Linhard saß und zig Schriftstücke um sich aufgetürmt hatte und etwas schrieb. »Du hast Besuch Lin«, verkündete Greg.
Linhard von Hohenfelde
Linhard musterte Ciel. »Eure Hoheit Prince Ciel de Souvagne«, sagte er höflich, stand kurz auf und deutete eine Verbeugung an, ehe er sich wieder setzte und sein Buch zuklappte.
Ciel Felicien de Souvagne
Etwas nervös folgte Ciel ihm. Er hoffte, Linhard würde nicht ungehalten reagieren, wenn er sah, dass sie miteinander Händchen hielten, besonders, seit Ciel ihm bei ihrem letzten Zusammentreffen beiläufig aufs Brot geschmiert hatte, dass er Verrill eigentlich selbst hatte heiraten wollen, um ihm zu zeigen, wie eng ihr geschwisterliches Band wirklich war.
Linhard von Hohenfelde
Linhard schaute die beiden aufmerksam an, sagte aber dazu keinen Ton. Jetzt darüber ein Wort zu verlieren würde nur unnötig Streit provozieren. Das würde er nach der Hochzeit mit seinem Mann klären. »Ihr wolltet zu mir?«, hakte Lin nach.
Ciel Felicien de Souvagne
»Ciel, wenn wir unter uns sind und geduzt hast du mich das letzte Mal auch schon unaufgefordert. Meinetwegen können wir auch dabei bleiben und warten nicht bis nach der Hochzeit damit, wo ich es dir eigentlich anbieten wollte. Ich bin gekommen, um mit dir über deinen Vater zu sprechen.« Er setzte sich gemütlich auf das Sofa und angelte einen rosa Keks.
Linhard von Hohenfelde
»Dann bleiben wir beim Du. Gut, was möchtest Du bezüglich meines Vater wissen oder besprechen?«, fragte Linhard neugierig.
Ciel Felicien de Souvagne
»Du hättest dich wenigstens pro forma entschuldigen können. Aber gut, ich nehme zur Kenntnis, dass du dies nicht tun möchtest. Zuerst möchte ich dir mitteilen, dass ich mit deinen Verwandten gesprochen habe. Dabei konnten wir einige Einigungen erzielen. Zum einen wird Davard uns bei der Ausbildung von Geistmagiern behilflich sein, sofern dies seine sonstigen Verpflichtungen zulassen. Wolfram wird bei Alexandre de la Grange in die Lehre gehen, der hier am Hofe die Verantwortung über die Magier innehat.« Ciel überlegte, wie weit die beiden über Alexandres wahre Aufgaben wohl im Bilde waren. »Des weiteren habe ich nach reiflicher Überlegung beschlossen, beim Duc ein gutes Wort für die Wiedererweckung von Brandur einzulegen.«
Linhard von Hohenfelde
Linhard schaute ziemlich baff, er hatte mit allem gerechnet, aber damit nicht. »Wofür sollte ich mich entschuldigen? Für das Ihrzen? Ich wollte lediglich die Form wahren um Dir nicht erneut irgendwie auf den Schlips zu treten. Wenn genau das Stein des Anstoßes war, entschuldige bitte. Wie komme ich zu der Ehre, dass Du dem Duc noch einmal meine Bitte vortragen möchtest? Es freut mich zu hören dass Dave unterrichten möchte. Das wird Euch und ihm nützen, beide Seiten haben etwas davon. Für Wolfram freut es mich ebenso, wie für Alex. Ich denke die beiden werden gut miteiander auskommen. Ich kenne niemanen, der nicht mit Wolfram auskommt. Die beiden haben Dich dazu veranlasst, erneut über meinen Vater nachzudenken? Was haben sie denn gesagt?«.
Ciel Felicien de Souvagne
»Du solltest dich natürlich nicht für das Ihrzen, sondern das zuvorige Duzen entschuldigen«, blaffte Ciel. »Aber darum bin ich nicht hier. Brandur selbst hat dazu beigetragen, noch einmal gründlich über alles nachzudenken, indem er durch den gesamten Palast geschwebt ist, überall aufgetaucht ist, wo er nicht auftauchen sollte und uns somit eindrücklich eine Sicherheitslücke im Palast vor Augen geführt hat. Trotz dessen hat er jedoch die Form weitestgehend gewahrt und keinen Schaden angerichtet, obwohl er es gekonnt hätte. Es war wohl seine Art eines Bewerbungsschreibens. Ich werde ihn dem Duc als Hofnekromant empfehlen. Das Ganze ist jedoch an eine Bedingung geknüpft - daran, dass es Davard von Hohenfelde gelingt, mir Derya Littneaux herzubringen, tot oder lebendig. Es ist, wenn man so will, ein Tausch.«
Linhard von Hohenfelde
»Ich habe es falsch verstanden, dann entschuldige ich mich für mein Duzen. Du kannst Davard Zuhause lassen, ich kann Derya besorgen. Falls ich versage schicke Dave. Er wird sie finden und töten. Aber ich habe eine einfachere Methode, ich kann sie herbeordern lassen. Derya im Tausch für meinen Vater Ciel. Nun Ihr solltet nicht alle Nekromanten verbannen. Wenigstens sollten eine verbleiben, denn was kann Euch vor einem feindlichen Nekromanten schützen? Nur ein freundlich gesinnter. Und mein Vater wäre Euch mehr als nur freundlich gesinnt, wenn Ihr ihm dieses Geschenk erweist«.
Gregoire Verrill de Souvagne
Greg gesellte sich zu Linhard und legte ihm einen Arm um die Schulter. »Du hast ihn dabei erneut geduzt«, schmunzelte er leise.
Ciel Felicien de Souvagne
»Richtig, darum wünsche ich ihn mir für den Hof als einer der wenigen, denen es gestattet sein wird, Nekromantie noch in der Praxis anzuwenden. Davard hat den Auftrag bereits erhalten und angenommen und ob er sie mir tot oder lebendig, im Ganzen oder in Würfeln bringt, spielt keine Rolle. Du kannst ihm jedoch gern deine Hilfe dabei anbieten.«
Linhard von Hohenfelde
»Das werde ich tun. Mein Vater war immer ein Mann der Ehre, gleichgültig was geschah, wenn er sein Wort gegeben hatte stand er auch dazu. Was ist, wenn der Duc trotz der Auslieferung von Derya die Wiederbelebung ablehnt?«
Ciel Felicien de Souvagne
»Dann kann ich nichts weiter für dich tun. Aber er wird sich vor der Entscheidung meine Meinung anhören und darüber nachdenken. Und ich werde ihm begründen, warum ich die Wiedererweckung von Brandur für sinnvoll erachte.«
Linhard von Hohenfelde
»Das ist besser als nichts. Andernfalls hätte ich es einfach hinnehmen müssen, wie jeder normale Mensch auch. Das Du nicht ohne Gegenleistung für mich sprichst ist verständlich und dass Du Dich von Brandur selbst überzeugt hast ebenso. Ich hätte Dir viel erzählen können. Jeder der eine Person verloren hat und vermisst, erzählt nur das Beste über sie. Verständich, sonst hätte er sie nicht gerne zurück. Noch zwei Tage Ciel, dann ist es soweit«.
Ciel Felicien de Souvagne
»Ja ... und ich muss vorher sehr dringend mit Olivie sprechen. Noch was. Du wirst deinen Vater bis zur Hochzeit nicht wieder sehen. Ich habe ihn versiegeln lassen bis zur entgültigen Entscheidung über sein Schicksal. Doch für jenen Tag wird ihm gestattet sein, noch einmal über Asamura zu wandeln.«
Linhard von Hohenfelde
Lin starrte Ciel misstrauisch an. »Versiegeln lassen? Was heißt das? Was hast Du mit ihm gemacht?«, fragte Linhard nervös.
Ciel Felicien de Souvagne
»Ich habe ihn in einen Gegenstand bannen lassen und verwahre diesen an einem sicheren Ort. Grund ist, dass Brandur im Rahmen seiner Bewerbung Dinge in Erfahrung gebracht hat, die er nie hätte erfahren dürfen.«
Linhard von Hohenfelde
»Und Du wirst ihn ein Leben lang so aufheben, wenn der Duc gegen ihn spricht? Oder wirst Du ihn dann als Geist entlassen, so dass er zurück in den Nexus kehrt?«.
Ciel Felicien de Souvagne
»Das werde ich dann entscheiden, wenn es so weit ist.«
Linhard von Hohenfelde
Linhard blinzelte in Zeitlupe. »In Ordnung... dann hoffe ich, dass der Duc der Wiederbelebung zustimmt. Für Brandur«, sagte er bedächtig.
Ciel Felicien de Souvagne
Ciel legte den Keks unangeknabbert auf den Tisch, verschränkte die Finger und musterte Linhard. »Schön, dass wir uns so reibungslos einig geworden sind.«
Linhard von Hohenfelde
»Einig? Ja wir sind uns einig. Du bekommst Derya und ich bekomme... nichts«, murrte Lin.
Ciel Felicien de Souvagne
»Nichts? Mein Wort, es zu versuchen, ist also nichts? Über das Schicksal Brandurs zu entscheiden ist allein der Duc befugt.«
Gregoire Verrill de Souvagne
Greg streichelte Lin den Nacken. »Du bekommst eine zweite Chance für Brandur. Niemand sonst auf der Welt bekommt das. Stirbt jemand ist er tot. Und genau darin liegt der Schrecken für die meisten Menschen. Es ist etwas, dass unumstößlich ist. Eines der wenigen Dinge, die unumkehrbar sind Lin. Eigentlich ist dies in Stein gemeißelt. Gleichgültig was Du tust, was Du liest, wohin Du gehst, welchen Zauber Du wirkst oder wirken lässt - der Tod ist unbezwingbar. Er ist vielleicht sogar noch etwas mächtiger als das Leben. Das Leben kann Dir niemand aufzwingen, den Tod leider schon. Also mein Bruder bietet Dir mehr, als Dir überhaupt jemals ein Mensch bieten wird - nenne das nicht nichts«, sagte Verrill.
Ciel Felicien de Souvagne
»Nichts«, grummelte Ciel fassungslos und schüttelte leicht den Kopf, ohne Linhard anzusehen.
Linhard von Hohenfelde
»Das habe ich nicht auf Dein Wort bezogen, sondern darauf welche Sicherheit ich habe. Aber Fakt ist, ohne Dein Wort habe ich gar nichts. Nicht mal den Hauch einer Chance ihn wiederzusehen als Lebenden. Es tut mir leid«.
Ciel Felicien de Souvagne
»Ich wollte dir eigentlich eine Freude machen. Aber darin scheine ich nicht sehr gut zu sein. Das ist mein dritter Versuch heute und jedes Mal geht es in die Hose. Am besten, ich lasse das und überlasse die Korrektur von Gefühlswelten Verrill«, murrte er.
Gregoire Verrill de Souvagne
»Na Ciel, so ist es doch nicht. Er freut sich schon über die Möglichkeit, er hat nur Angst dass Dreux ablehnt und er seinen Vater für immer verliert. Und Dir sage ich Lin, die Angst ist völlig unbegründet. Du hast Deinen Vater schon für immer verloren. Er ist tot. Ciel reicht Dir gerade die Hand und versucht genau das ungeschehen zu machen. Du siehst das von der falschen Seite. Nicht er ist es, der Brandur in den Tod schicken wird. Er ist es, der darum bitten wird, dass er zurück geholt wird. Das ist hier das Thema. Ihr beide seid nur etwas igelig aufeinander. Redet offen ohne Eure Hintergedanken. Was stört Euch genau? Packt es doch einfach auf den Tisch«, bat Greg.
Linhard von Hohenfelde
Linhard rieb sich den Nacken und schaute Ciel offen an. »Er hat Recht. Frieden? Mich stört, dass Du meinen Vater in diesem Ding wegsperrst. Aber ich verstehe warum«, gab Lin zu.
Ciel Felicien de Souvagne
»Und mich stört deine arrogante Art! Und ja, ich bin auch eifersüchtig. Wir haben das letzte Mal schon Frieden beschlossen, aber ich glaube, das wird einfach nichts mit uns. Nicht einmal, wenn ich dir ein derart wertvolles Geschenk biete! Hast du eigentlich eine Ahnung, WIE wertvoll es ist? Wie viel hast du über diese Kunst von Dingen in Erfahrung bringen können, die dich nichts angehen? Was alles hat Verrill dir offenbart?«
Linhard von Hohenfelde
»Ich bin nicht arrogant. Das letzte was ich wäre ist dass. Ich bin nur zurückhaltend. Was ich in Erfahrung bringen konnte, ist nicht viel. Verrill hat mir darüber nichts weiter gesagt. Nur das wo Du anwesend warst und mich danach nach meiner Loyalität gefragt. Er fragte wem sie gilt, Euch oder dem Maulwurf. Es gibt keinen Maulwurf in Eurem Orden. Das wissen habe ich von meinem Vater. Das sagte ich Verrill. Er sagte mir nichts. Und woher mein Vater dieses Wissen hat, weiß ich nicht. Auch das gestand ich Verrill. Weshalb bist Du auf mich eifersüchtig? Es gibt nichts, was ich hätte worauf Du eifersüchtig sein müsstest. Weder mein Leben, noch mein Besitz, noch meine nicht existierenden Freunde sind ein Grund für Eifersucht. Allerdings besitze ich ein Drachenhuhn - darauf könntest Du eifersüchtig sein. Das hat nicht jeder, nicht mal jemand am Hof. Sonst habe ich nichts, was Du Dir nicht innerhalb von 5 Minuten selbst kaufen könntest. Du hast Freunde - ich nicht. Du hast eine intakte Familie - ich nicht. Du hast unermesslichen Reichtum - ich nicht. Du hast gewaltige Macht - ich nicht. Worauf bist Du eifersüchtig?«
Ciel Felicien de Souvagne
»Auf Verrill«, sagte Ciel knapp. »Das wird nicht mein Handeln bestimmen. Du darfst dennoch von diesem Empfinden wissen. Verrill hatte mich nach dem Maulwurfsgespräch aufgesucht und etwas gesehen.« Ciels Blick wanderte zu Verrill. »Kurz nachdem ich Ferraus Wunden verband. Hast du ihm dies mitgeteilt?«
Gregoire Verrill de Souvagne
Verrill überlegte fieberhaft was er gesehen hatte und verfluchte sein überstrapaziertes Gedächtnis. Manches vergaß er so schnell wieder, nur weil er seinen Geist ständig mit neuem Wissen vollstopfte. Das musste er sich abgewöhnen. Er beugte sich zu Ciel und flüsterte ihm ins Ohr. »Sag es mir selbst bitte, ich weiß es nicht mehr. Es tut mir leid Ciel«, flüsterte Verril kaum hörbar. Er legte ihm eine Hand auf die Schulter und drückte sie liebevoll.
Ciel Felicien de Souvagne
Ciel legte ebenfalls eine Hand auf Verrills Schulter und zwar auf der von Linhard abgewandten Seite. Dort zog er mit dem Fingernagel fest mehrere deutliche gerade Linien. »Weiß er, was ich bin«, fragte er so leise, wie es ihm nur möglich war.
Linhard von Hohenfelde
»Dann machen wir es folgendermaßen, damit es für jeden von uns erträglich ist. Ihr beide verbringt den heutigen und morgigen Tag gemeinsam. So wie Ihr es für richtig haltet, so wie Ihr es Euch wünscht. Ich werde am 01.05. erscheinen. Bist Du da Verrill und gesellst Dich zu mir, heiraten wir. Andernfalls reicht mir die Antwort für klare Verhältnisse. Wie Ihr beiden dann zueinander steht, oder ob Du Ciel Olivie und ihn heiraten möchtest ist Euch überlassen«, sagte Lin und zog seinen Verlobungsring ab. Er legte ihn auf den Tisch und tippte drauf.
Gregoire Verrill de Souvagne
»Ja das weiß er, da er es vermutet hat. Er weiß es durch Dich selbst mit Gewissheit, da Du ihn so in die Ecke gedrängt hast. Und er fängt sich gleich eine von mir«, knurrte Verrill und musterte Linhard stinksauer. »Geht es Dir gut oder war was im Kaffee?«, schnauzte Greg.
Linhard von Hohenfelde
»In meinem Kaffee war nichts, nicht mal Zucker oder Milch. Aber ich bin nicht gerne der Notnagel. Klärt das untereinander. Einen Tag wirst Du ohne mich auskommen Verrill... oder Dein ganzes Leben. Die Wahl liegt bei Euch, nicht bei mir. Ich habe zugesagt, dazu stehe ich. Ich bin am 01.05. hier«, sagte Lin schlicht.
Ciel Felicien de Souvagne
Ciel starrte auf den Ring. Dann auf Linhard. Er versuchte, den Vor-Ehe-Krach zu ignorieren und sich auf das zu konzentrieren, was seiner Meinung nach momentan wichtiger war. »Du weißt also, dass ich selbst einer von jenen bin, welche womöglich deinen Vater zurückholen könnten. Weißt du, welchen Preis ich dafür zahlen würde, dass dein Vater wieder über Asamura wandelt?«
Linhard von Hohenfelde
»Nein das weiß ich nicht. Ich habe keine Ahnung von Magie, ich kenne nur das was ich als Purie so nebenbei aufgeschnappt habe. Dabei handelte es sich allerdings um Nekromantie und was dabei so rum kommt«, antwortete Lin umgänglich.
Ciel Felicien de Souvagne
»Der Preis für das Leben deines Vaters ist der Tod meines besten Freundes.«
Linhard von Hohenfelde
»Dann ist es ein Tausch? Was wenn ich eine Person besorge, die man entsorgen kann? Sprich deren Leben verwirkt ist?«, hakte Lin nach.
Ciel Felicien de Souvagne
»Nein, Linhard. So funktioniert das nicht. Es müssen bestimmte Personen sein. Ich werde für dich zum Duc gehen und darum bitten, meinen besten Freund zu opfern, damit du deinen Vater wieder zurückbekommst. Und nun sag mir noch einmal ins Gesicht, dass du es bist, der nichts davon hat.«
Linhard von Hohenfelde
»Das habe ich nicht gewusst und ich verlange es auch nicht. Vergessen wir die Sache in Ordnung?«, bat er leise.
Ciel Felicien de Souvagne
»Ich soll immer alles vergeben und vergessen. Wie wäre es, wenn ihr beide vorher nachdenkt, bevor ihr mit Dolchen nach Herzen stoßt. Es gibt Wunden, die heilen nicht mehr. Und Dinge, die kein noch so geduldiger Mensch verzeihen kann.« Ciel erhob sich. »Ich habe dir mitgeteilt, was ich mitteilen wollte. Ich stehe zu meinem Wort.«
Linhard von Hohenfelde
»Hör zu, ich kann nichts berücksichtigen dass ich nicht weiß. Nun weiß ich es, und ziehe daraus meine Konsequenzen. Ich weiß was es bedeutet einen Freund zu haben. Behalte ihn, es gibt nicht viele davon. Wie Dein Bruder schon sagte, mein Vater ist tot und er wäre tot geblieben gäbe es Euch nicht. Du musst mir gar nichts vergeben, vergessen musst Du ebenfalls nichts. Du musst nicht einmal mit mir auskommen. Ich bin hier der »Eindringling«, ich gehöre nicht zu Euch. Und ich muss auch nicht in diese Familie einheiraten. Bleibt unter Euch, wie Euch das lieber ist. Ich dränge mich nirgendwo hinein oder wem auf. Das andere Thema ist, als Marquis bin ich Dein Untergebener und dem werde ich ach Folge leisten. Von mir droht Dir keine Gefahr. Du darfst Deinen Bruder und Deinen Freund behalten. Ich verzichte, für Dich und Deinen Freund. Zudem werde ich Dir Derya liefern. Das ist meine Aufgabe, da Du es befohlen hast. Ich hatte nicht vor Dich zu verletzten, dass versichere ich Dir. Können wir uns wenigstens darauf einigen?«, hakte Lin nach.
Gregoire Verrill de Souvagne
Gregoire verschränkte die Arme vor der Brust und musterte Linhard mit nicht zu deutendem Blick.
Ciel Felicien de Souvagne
»Du hast mich nicht verstanden. Weder in deiner noch in meiner Hand liegt es, darüber zu entscheiden, wer lebt und wer tot bleiben wird. Dies entscheidet der Duc und niemand sonst. Warum willst du plötzlich auf deinen Vater verzichten, nachdem du so endlos lange und quälend intensiv darauf gedrängt hast, wir mögen ihn doch für dich zurückholen? Und warum willst du auf einmal Verrill nicht mehr heiraten? Ich stehe weder zwischen euch noch werde ich irgendetwas veruchen, wa eure Ehe gefährden wird. Aber Gefühle zu haben wird ja wohl noch erlaubt sein. Oder ist es das nicht? Habe ich wirklich nur noch der Kopf zu sein und immer eine wohlüberlegte Entscheidung zu fällen? Ich verrate dir was, Linhard. Von mir wird bald keine ›Gefahr‹ mehr ausgehen.«
Linhard von Hohenfelde
»Ich verzichte, weil ich weiß wie es ist, wenn man allein und ohne Freunde ist. Ich kann nicht erwarten dass ein anderer stirbt um den jemand genauso trauert wie ich um meinen Vater. Ich habe dermaßen drauf gedrängt, da ich dachte es kostet nichts außer Magie. Klingt wie eine billige Ausrede, aber es waren die Gedanken von einem der Null Ahnung von Magie hat. Ich schreibe Dir gar nichts vor. Du kannst fühlen was Du willst, keiner hat Dich dafür zu verurteilen. Und ich werde es garantiert nicht tun, da ich mir das auch nicht vorschreiben ließ. Einer der Gründe warum ich hier bin. Also in Souvagne, nicht in dem Raum hier. Warum? Weil zu einer Ehe mehr gehört als der Ehepartner. Ich hatte für meinen Geschmack im Leben genug Kleinkrieg und Familienzwist. Darauf habe ich keine Lust mehr, ich bin es leid und müde. Du has gar nichts zu sein, außer das was Du sein willst, Du bist ein freier Mensch mit gewaltigen Möglichkeiten. Das ist nicht von mir abhängig. Ich lebe hier im Grunde nur einen Augenblick, ich bin ein Neuankömmling. Was soll Dein letzter Satz bedeuten? Willst Du Dir etwas antun? Mit sowas spaßt man nicht.«
Ciel Felicien de Souvagne
»Ich, ich, ich. Das ist alles, was ich von dir höre. ICH hatte Familienzwist, ICH hatte Kleinkriege, ICH will mir nichts mehr vorschreiben lassen, ICH bin müde. Wenn ich ›ich‹ sage, meine ich nicht Ciel - ich meine den dritten Prince de Souvagne. Ich weiß, welche Verantwortung ich habe und werde tun, was ich tun muss. Und das ist das, was Souvagne dient. Meine Gefühle spielen dabei keine Rolle, Linhard. Ich weiß, was ich bin und wozu ich erzogen wurde - und wofür. Ich werde dem Duc den genannten Vorschlag unterbreiten, Brandur zurückzuholen - nicht für dich, nicht für mich, sondern für uns alle. Und ich werde noch etwas anderes tun, worauf mich Verrill vorhin während unseres Gesprächs gebracht hat. Doch du bist nicht die geeignete Person, um darüber zu sprechen. Du würdest es nicht verstehen.«
Gregoire Verrill de Souvagne
Greg musterte die beiden Streithähne und rieb sich die Stirn. »Kommst Du nachher noch einmal kurz zurück?«, fragte er leise.
Linhard von Hohenfelde
»Nein. Wir haben eine Auszeit, klärt was ihr zu klären habt. Wir sehen uns am 01.05.«, sagte Linhard. Er schnappte sich seine Jacke und verließ das Quartier.
Ciel Felicien de Souvagne
Ciel sagte nichts mehr und schaute zur Seite.
Gregoire Verrill de Souvagne
Verrill schaute Lin nach und wartete ab bis er gegangen war. »Das ist verdammt bescheiden gelaufen«, stöhnte er hilflos.
Ciel Felicien de Souvagne
»Ich sag`s ja. Ich bin nicht gut darin, Leuten eine Freude zu machen. Ich werde das künftig lassen.« Er nahm den Ring aufund reichte ihn Verrill. »Hier. Pass auf, dass er nicht wegkommt.«
Gregoire Verrill de Souvagne
»Doch, wenn Du meinen... wenn Du Lin nicht dabei angehen würdest und er Dich nicht. Warum giftet Ihr Euch immer an? Revierabstecken ist doch wohl nicht nötig«, sagte Greg und steckte sich den Verlobungsring solange selbst auf den Finger, damit er nicht verloren gehen konnte. »Er möchte Dir gar nichts böses, er weiß nur nicht wie er mit Dir umgehen soll Ciel«, sagte Greg und drückte seinen Bruder an sich. »Also was hast Du für einen Unsinn vor?«, fragte er leise.
Ciel Felicien de Souvagne
»Warum weiß er das nicht? Was macht es ihm so schwer?«
Gregoire Verrill de Souvagne
»Er war immer allein, er hat nie richtig gelernt mit anderen umzugehen. Das steht ihn im Weg. Geht man einen Schritt auf ihn zu klappt das hervorragend, aber ansonsten stolpert er dabei über seine eigenen Füße und bleibt lieber auf Abstand. Er hat Dich nicht belogen, er ist nicht arrogant. Er kommt manchmal nur so rüber, weil er dann wortkarg wird. Und Du hast ihn schon zweimal verbal an die Wand genagelt, das hat er sich gemerkt«, schmunzelte Verrill.
Ciel Felicien de Souvagne
»Noch mehr kann man ihm nicht entgegenkommen. Ich werfe das Handtuch.« Ciel musste an Alexandre denken, der für die Wiedererweckung von Linhards Vater bluten und es mit großer Wahrscheinlichkeit nicht überleben würde. Nicht bei dem Zustand, in dem er sich befand. Ciel starrte an die Decke.
Gregoire Verrill de Souvagne
»Nicht in Zugeständnissen Ciel, in der Art wie ihr miteinander umgeht. Das Du eifersüchtig bist ist ein großes Kompliment, dass bin ich bezogen auf Oli auch. Dennoch gönne ich Dir mit Ihr Dein Glück. Kannst Du nicht versuchen mit ihm auszukommen oder sogar Dich mit Lin anzufreunden? Könnt Ihr nicht an einem Strang ziehen?«, fragte Greg.
Ciel Felicien de Souvagne
»Ich habe es versucht. Das wird nichts, Verrill.«
Gregoire Verrill de Souvagne
»In Ordnung, mehr als Euch beide bitten kann auch ich nicht. Wenn Ihr nicht wollt. Gut zu einem anderen Thema, was genau hast Du vor?«, hakte er nach.
Ciel Felicien de Souvagne
Ciel betrachtete Verrills Gesicht. Er war sich nicht sicher, ob er seinen Plan offenbaren oder ihn einfach durchführen sollte. Doch wenn es jemanden gab, mit dem er darüber sprechen konnte, war es Verrill. Er setzte sich auf, nahm sich Zettel und Füllfederhalter und notierte etwas. »Fällt dir was auf?« Er reichte ihm den Zettel. Darauf stand: Schwester - Zwitter - Bruder - Bruder.
Gregoire Verrill de Souvagne
»Ehrliche Antwort? Weibliche Hälfte - Verbindungsglied - Männliche Hälfte, einer zuviel. Das ist Dein Gedanke. Aber er stimmt nicht. Sollte eine Frau von unserem Vater noch ein Kind bekommen stimmt dieser Gedanke nicht mehr Ciel«, warnte Verrill.
Ciel Felicien de Souvagne
»Sie wird kein Kind bekommen. Wir bleiben zu viert. Und Nein, dass einer zu viel ist, war nicht mein Gedanke.« Er tippte sich nachdenklich mit dem Füller an die Lippen. »Das Problem war bisher, dass ich falsch herangegangen bin. Ich bin immer von einer Triade ausgegangen, welche die Geschicke Souvagnes lenkt, das Land liebt und schützt - aber das sind wir nicht. Auch Vater hat das falsch verstanden. Unsere Generation, die gemeinsam über Souvagne herrscht, ist nicht zu dritt. Wir sind vier, auch wenn Olivie keine Befehlsgewalt hat! Und doch gehört sie dazu. Ich habe Olivie außen vor gelassen in meinen Betrachtungen und dich falsch eingeschätzt. Vier sind wir - auf dem Weg zur Göttlichkeit. Doch einer ist hier falsch.« Er tippte auf das Blatt.
Gregoire Verrill de Souvagne
»Und wer soll das sein, Du? Du bist hier genauso richtig wie wir anderen. Oder was meinst Du damit? Olivie gehört zu uns, das ist richtig. Aber sie hat keine Befehlsgewalt. Wenn wird sie zukünftig durch Dich sprechen Ciel, aber allein so wie es Ricarda von Ehveros tun wird, wird sie nicht sprechen. Auch nicht im kleineren Rahmen, indem sie eine Marquise oder ähnlich wird. Sie wird keine Befehlsgewalt erhalten. Weder von Dreux von Vater, jedenfalls war dies nie vorgesehen. Also erläutere mir Deinen Plan«, bat Verrill.
Ciel Felicien de Souvagne
Ciel würde sich am liebsten die Haare raufen. Warum kam Verrill nicht von selbst darauf? Es war doch so offensichtlich! »Warte«, sagte er, ging für einige Minuten fort und kehrte dann mit einer Zeichenmappe zurück. Er schlug sie auf und blätterte darin herum. Das meiste waren irgendwelche Schemata, mit Pfeilen verbundene Gedankenblasen oder Tabellen. Wirkliche Zeichnungen gab es nur wenige. Eine davon nahm er heraus und zeigte sie Verrill. Sie war nicht sonderlich gut, doch man erkannte, dass Ciel eine schlafende Person abgezeichnet hatte. Der Blickwinkel war so gewählt, dass Ciel beim Zeichnen zwischen den Beinen des Schlafenden gesessen haben musste. Der Statur nach war das ein Mann. Sein Gesicht hatte er leer gelassen. Dafür hatte der den Schambereich sehr gründlich abgezeichnet - dort war nichts als eine lange, wellige Narbe. Dort, wo der Penis hätte sein müssen, war nur ein kleiner Zipfel. »Ist er nicht wunderschön?«, flüsterte Ciel.
Gregoire Verrill de Souvagne
Greg nahm das Bild zur Hand, starrte entgeistert darauf. »Das werde ich nicht zulassen. Willst Du Dich Genital-Verstümmeln? Bist Du von Ainuwar verlassen? Du bist ein gesunder Mann, warum beim Abgrund, willst Du Dir das antun? Wer...«, zischte Greg und hielt plötzlich inne. Erneut starrte er auf das Bild, auf die Position, auf die Art wie der einstige Mann vor ihm lag. Mit einem Finger strich er über die Zeichnung und schloss halb die Augen, unsichtbare Muster schien er auf das Blatt zu malen, als er in sich gekehrt nachdachte. »Er ist es... Dein Freund. Sage mir was Du mir mit dieser Zeichnung sagen möchtest Bruder, eher lasse ich Dich nicht gehen«, bat Verrill.
Ciel Felicien de Souvagne
»Ja. Er ist mein Freund. Meine Muse. Und das ist es, was vieren uns fehlt, damit wir ein perfektes Quadrat bilden können: Jemand, der geschlechtslos ist. Momentan sind zwei von uns auf einer Ecke und die vierte Ecke ist leer. Einer von den Doppelten muss den Platz wechseln. Es kann niemand anderes gemeint sein als ich, der ohnehin nie viel Interesse in dieser Richtung hatte. Ich habe mich einmal von dem dummen Ding zwischen meinen Beinen in die Irre leiten lassen. Das passiert mir kein zweites Mal, Verrill.«
Gregoire Verrill de Souvagne
»Ich habe das begriffen Ciel - Mann, Frau, Beides und Nichts. Dazu musst Du Deinen Schwanz aber nicht verlieren, denn scheinbar bist Du schon ein Neutrum. Du würdest Dich grundlos selbst körperlich verletzten. So wie wenn ich mich aufgrund meiner Natur verletzen wollte. Sag mir offen und ehrlich warum Du dies tun möchtest. Aus Angst vor Deinen eigenen Gelüsten? Aus Folgschaft zu diesem Mann? Weil Du wirklich an ein höheres Quartett glaubst? Weshalb? Bevor Du überhaupt so einen Schritt in Erwägung ziehst, solltest Du darüber nachdenken, dass vielleicht auch rein die Geisteshaltung ein Quartett ausmacht. Es könnte schließlich auch Dreux als das Neutrum gemeint sein. Er findet zum Beispiel keine Partnerin oder hatte er je wen? Wer sagt Dir das Du das bist? Du, der angeblich kein Interesse hat, hat doch mehr Sex als er«, gab Verrill zu bedenken.
Ciel Felicien de Souvagne
»Ich habe keinen Sex, Verrill. Nie gehabt. Und das im Schrank ... Ferrau hat sich mir ziemlich aufgedrängt, weil ich Schmerzen hatte und er mir mit der Hand helfen wollte. Das ging nicht von mir aus. Und es war ein Fehler. Ich habe dafür bezahlt. Es gibt so viele Gründe, die dafür sprechen, diesen Schritt zu gehen. Das Quartett. Um reiner Geist zu werden. Und um ihm«, er zeigte auf das Bild, »zu beweisen, dass er so viel mehr für mich ist, als er glaubt zu sein. Er glaubt, er sei ein Teil meiner Kuriositätensammlung. Das stimmt. Doch warum ist er das? Weil ich ihn so, wie er ist, für absolut gottgleich und anbetungswürdig halte. Es gibt niemanden, zu dem ich mehr aufsehe als zu ihm. Du hast keine Vorstellung davon, wie stark ihn das Fehlen gemacht hat, wie unsagbar weitsichtig und fähig. Vollkommene Loslösung des Geistes von irdischen Bedürfnissen.«
Gregoire Verrill de Souvagne
Verrill musterte erneut das Bild. »Wenn ihn das Gottgleich macht, was bin dann ich? Doppelt gestraft? Nun ich kann Dich scheinbar nicht von Deinem Vorhaben abbringen, aber dann solltest Du offen mit Olivie reden und diesen... diesen... Schritt von einem Medicus durchführen lassen. Jemanden der sich darauf versteht Kastraten zu schaffen, denn diese Männer wissen wie man jemandem den Penis und den Hoden nimmt ohne das Du verblutest oder an einem Wundinfekt stirbst. Deine Gestalt wird sich wandeln, aber das wird Dich nicht stören, da Du auf Gestalt keinen Wert legst. Ich wünsche in meiner bescheidenen Weitsicht, Vater wäre hier. Um Dir diesen Wahnsinn auszureden einen gesunden Körper dermaßen zu entstellen und ich wünschte Vater wäre hier um uns allen beizustehen. Wenn dies tatsächlich Dein Wunsch ist, sage die Hochzeit mit Olivie ab. Dreux hat es für uns beide gut gemeint, aber wir beide - Du das Neutrum - das Nichts und ich das Beides, wir werden keine Ehe eingehen. Wir sollten es auch nicht. Scheinbar steckt dahinter ein anderer Wille. Möge die Blutlinie durch Dreux gewahrt werden und möge er gute Frauen finden, die ihm die Söhne schenken werden die unser Land benötigt«, antwortete Verrill traurig.
Ciel Felicien de Souvagne
»Und warum sollte ich die Hochzeit darum absagen?«, fragte Ciel erbost. »Ich hatte vor, die Hochzeitsnacht mit Olivie zu verbringen und ihr ein Kind zu schenken. Ich wollte diesen Schritt erst danach gehen und nein, das kann kein Medicus tun - ich werde das selbst und mit meinem Blut dafür sorgen, dass er da nicht gehen muss! Ich habe noch nicht die Macht, Tote zurückzuholen - aber ich werde ihn bei diesem Ritual unterstützen. Das sind also mehrere Fliegen mit einer Klappe. Und du - dieser Linhard hat dich überhaupt nicht verdient. Aber das musst du wissen, mir wäre er viel zu arrogant und launisch. Nach dem Ritual jedenfalls braucht er keine Angst mehr haben, dass ich dir zu nahe kommen könnte.«
Gregoire Verrill de Souvagne
»Das wird er ebensowenig wie Du, sei unbesorgt. Warum bist Du nun wütend auf mich? Ich habe Dich nur auf etwas hingewiesen. Hast Du Linhard nicht vorgehalten, er wäre egoistisch? Er würde nur ich, ich, ich sagen? Ciel, was tust Du gerade? Du versteckst Deinen Wunsch auf Penis-Verlust hinter einer Maskerade. Höre mir auf, ich sehe dahinter. Du möchtest keinen Sex, Du fürchtest ihn. Dass ist das was Du stets sagst. Fakt ist aber, Du fürchtest ihn nicht, Du hättest ihn gerne und zwar mit mir. Leugnen zweckslos. Warum Du Sex derart ablehnst siehst Du auf der Zeichnung. Seine Stärke und Erhabenheit zieht Dich magisch an. Er hat Dich mit seinen Lehren beeindruckt und Dich zu etwas anderem geformt. Sei meintewegen so stark. Dann gehört zu dieser Stärke aber auch zu Dir selbst zu stehen mit allem was dazugehört. So wie er zu sich steht, mit seinem grausamen Verlust. Du wirst nicht so stark wie er, wenn Du ihn kopierst. Und höre auf, Deinen Wunsch damit zu rechtfertigen es für das Land, für Deinen Meister und für uns alle zu tun. Fakt ist -wenn man es auf alles runterreduziert. Du hast Angst. Fakt ist, Du suchst Dir Ausreden um nicht den Akt vollziehen zu müssen. Und Fakt ist auch, Du möchtest ihm damit imponieren, mit ihm gleich ziehen. Ciel Du bist CIEL und nicht Alexandre. Gleichgültig was Du Dir abschneidest. Wäre es Ainuwars Wille, dann hätte er Dir Deinen Penis genommen und nicht ihm. Und wäre es Ainuwars Wille, dann würdest Du nichts für mich empfinden. Siehst Du das nicht? Bevor Du also so handelst, wirst Du vorher bitte genau überlegen was Du dort tust und warum. Mir gegenüber musst Du kein Gesicht wahren. Du kannst Rotz und Wasser heulen und das peinlichste offenbare. Ich bin zu Dir ebenso ehrlich. Und bitte, ich flehe Dich an, tue es nicht selbst. Ich möchte Dich nicht verlieren Ciel. Nicht so, nicht auf diese grauenvolle Weise. Bitte versprich mir das«, flehlte Verrill seinen Bruder an.
Ciel Felicien de Souvagne
Ciel sah Verrill lange an. »Ja, es ist Alexandre.« Er schwieg eine Weile, dann sagte er: »Behalte es bitte für dich, wie er ist. Es geht niemanden etwas an. Bitte erweise ihm diesen Respekt und verschweige es auch und gerade vor Linhard. Wenn man das weiß, sieht man Alex unweigerlich mit anderen Augen. Das ist nicht in seinem Interesse, er möchte nicht als Neutrum wahrgenommen werden, sondern als Alexandre, der Großes vollbrachte. Und das hat er, Verrill. Das hat er.« Ciel knaubelte an dem Ende des Stifts. Dann nahm er den Stift wieder aus dem Mund. »Ich werde noch einmal über alles, was du gesagt hast, nachdenken, in Ordnung? Und ich werde nichts überstürzen. Keine Affekthandlungen mehr, nie wieder. So ein Ritual muss von langer Hand vorbereitet werden.« Er drehte sich zu Verrill und umarmte ihn fest. »Ich kann Alexandre nicht sterben lassen, das musst du verstehen. Ja, das ist Ciel der das sagt. Aber alles andere, ich ... muss nachdenken. Muss mit Ferrau reden.« Er blickte wieder auf. »Ach ja. Fast hätte ich es vergessen. Zerbino schweigt. Er sieht sich nach wie vor seinem Schwur verpflichtet.«
Gregoire Verrill de Souvagne
»Einmaliges Angebot, möchtest Du es mit mir tun? Es betrifft nur uns beide. Ich werde schweigen. Mir steht es nicht zu darüber zu sprechen. Er hat das gleiche Recht wie ich, sich nur jenen zu offenbaren, denen er sich offenbaren möchte. Ich denke der Liebesroman hat nur zwei Seiten Ciel, ich werde Linhard gar nichts sagen. Es freut mich dass Du darüber nachdenkst und ich hoffe Du nimmst mir meinen Ton nicht übel. Denn einzig und allein die Angst und Sorge treibt mich um. Es freut mich, dass Du genau überlegen wirst. Und ich wünsche ebenso nicht, dass Alex stirbt. Ich bin vielleicht forsch und unfair zu ihm gewesen, aber nicht da ich ihn nicht mag. Sondern ich war es, weil ich Dich liebe. Ich wollte das er dauf Deine Hochzeit kommt damit Du glücklich wirst. Thema Hochzeit, auch Olivie solltest Du bedenken. Sie hätte dann einen Eunuchen als Mann. Ist sie damit einverstanden? Denke darüber nach, was es auch für sie bedeutet und für Dich im weiteren Leben. Du wirst nicht immer 25 sein Ciel. Bitte überlege es Dir sehr gut. Ich habe große Angst um Dich«, gestand Verrill. »Das Zerbino schweigt, freut mich. Er hat doch Ehre«.
Ciel Felicien de Souvagne
»Ich wollte mit Olivie reden, aber ich habe keine Zeit, ständig kommt etwas dazwischen, Linhard, die Magierakademie, Zerbino, es ist zum Mäuse melken. Und alles ist so wichtig, dass ich es nicht aufschieben kann.« Er bewegte sich unruhig. »Ja, ich möchte gern mit dir schlafen. Wenigstens ein einziges Mal, bevor ich diesen Schritt gehe. Ich liebe dich, Verrill.«
Gregoire Verrill de Souvagne
»Ich Dich ebenso. Wann möchtest Du es und wie? Nun mit Olivie kannst Du nachher reden in Ruhe. Und um die Akademie kümmerst Du Dich nach Deiner Hochzeit. Zerbino ist doch geklärt Ciel oder?«, sagte Greg und streichelte ihm den Nacken. Linhard... ich weiß nicht ob er zurückkommt, ich glaube nicht. Ich hoffe es, aber ich denke ich mache mir da etwas vor. Ja wir haben komplizierte Leben«, sagte Greg und umarmte Ciel.
Ciel Felicien de Souvagne
»Ich werde ihn für dich zurückholen, Verrill. Ich verspreche es dir. Wann - bald. Wie - nicht so wild wie du es mit Linhard getrieben hast. Langsam. Ich kenne das alles nicht. Und vorsichtig.«
Gregoire Verrill de Souvagne
»Das würdest Du? Das freut mich sehr. Wie damit meinte ich als Mann oder als Frau. Langsam und vorsichtig klingt sehr gut. Du musst keine Angst haben, es gibt nichts zu fürchten. Es wird schön werden, innig, liebevoll, zärtlich«, flüsterte Verrill Ciel ins Ohr.
Ciel Felicien de Souvagne
»Nun, du bist beides. Und ich möchte beide Aspekte körperlich lieben, die dich zu einem Ganzen machen, wenn ich darf. Gern würde ich dich zuerst als Frau lieben, so wie ich mir das gewünscht hatte, und dann als Mann.«
Gregoire Verrill de Souvagne
»Dann werden wir uns auf diese Art lieben. Du darfst, Du musst nur vorsichtig sein. Aber das wirst Du selbst spüren, Du warst auch so behutsam zu mir, das warst Du immer. Du wirst mich halten und mir Geborgenheit durch Deine Arme schenken und ich gebe sie Dir zurück durch meinen Schoß. Du wirst mehr als ein Ganzes sein. Du wirst der Erste sein«.
Ciel Felicien de Souvagne
Ciel blinzelte. Er war sehr nervös, als Verrill so von ihnen beiden sprach. »Aber was ist mit Linhard?«, fragte er vorsichtig. »Sollte er es nicht sein?«
Gregoire Verrill de Souvagne
»Der erste der mich als Frau liebt. Ich habe als Mann schon oft gebend und nehmend geliebt. Als Frau noch nie, da es mit besonderer Vorsicht zu praktizieren ist. Generell der Akt bei mir, aber dort habe ich noch niemanden empfangen Ciel. Ich liebe Euch beide von Herzen, Ihr beide seid dort willkommen. Ob er noch möchte weiß ich nicht. Ich hoffe wie gesagt, dass er nur wütend war und doch noch heiraten möchte. Wir passen gut zusammen, ich vermute es war etwas viel für ihn. Für Dich ebenso, für Euch beide. Die Angst, die Unsicherheit, Ihr wollt beide das Gleiche und faucht Euch an. Das hatte er schon einmal. Zieht doch am gleichen Strang. So starb Brandur verstehst Du? Aber das können wir später klären, vielleicht Du mit ihm, wenn Du ihn zurückholst. Was mich freuen würde. Aber ich gewähre es Dir, ich überreiche Dir dieses Geschenk«.
Ciel Felicien de Souvagne
»Danke, Verrill«, sagte Ciel und küsste sie auf den Mund. In diesem Moment nahm er vor allem den weiblichen Teil von Verrill war - und nie hatte sie süßer geduftet als zu diesem Augenblick. Er löste ihre Lippen wieder voneinander. »Ich bringe dir deinen Mann zurück. Gib mir das Buch mit - mit einer Widmung von dir. Und ich werde auch eine dazu schreiben. Niemand wird sterben.« Er musste wieder an Alexandre denken. »Niemand.« Er erhob sich.
Gregoire Verrill de Souvagne
Verrill kramte das Buch aus dem Nachtschrank. Dachte einen Moment lang nach und schrieb eine Widmung hinein. »Von mir an Dich, ich denk an Dich, ich liebe Dich - in Liebe ich«, schrieb sie und reichte Ciel das Buch. MIt den Fingern fuhr sie ihm durch die Haare und küsste ihn auf die Halsbeuge. Seltsamerweise rochen Ciel und Lin immer dann am besten, wenn sie sich geärgert oder verausgabt hatten. »Hier, schreib etwas dazu«, schmunzelte sie liebevoll.
Ciel Felicien de Souvagne
»Warte.« Ciel setzte sich an den Tisch und zeichnete etwas in seiner ungelenken, steifen Art. Zwei Widder, die ihre Köpfe aneinanderschlugen und eine Ziege, die das ganze meckernd kommentierte. Darüber stand: ›Die zwei Sturhammel und die Meckerziege.‹ Unten in der Ecke der Seite schrieb er: ›Ende des Kapitels‹. Er betrachtete die Zeichnung zweifelnd. »Ich hätte es lassen sollen. Es ist grauenhaft, wenn ich mich an Humor versuche.«
Gregoire Verrill de Souvagne
Verrill schaute ihm lachend über die Schulter. »Wir sind doch recht gut getroffen«, lachte sie und küsste ihn auf den Kopf. »Das Kapitel sollte wirklich mit diesem einen Bild beendet sein. Das wäre schön. Darauf sollten glückliche folgen zu viert«, sagte sie liebevoll und drückte ihn.
Ciel Felicien de Souvagne
Er drückte sie zurück und küsste sie. Dann schlug er das Buch zu, räumte sorgsam seine Zeichnungen wieder in die Mappe und klemmte sich alles unter den Arm. »Ich muss los. Es steht noch eine weitere Versöhnung aus als die mit deinem Zukünftigen. Wahrlich stressige Zeiten.« Er verabschiedete sich mit einem freundlichen Blinzeln und kehrte zunächst in sein Quartier zurück, um die Mappe aufzuräumen.
Gregoire Verrill de Souvagne
"Nur zu und gutes Gelingen", gab sie ihm mit auf den Weg. Verrill hoffte, dass sich Ciel und Lin versöhnen würden, nichts wäre schönen als wenn die beiden miteinander auskämen. Sie wollte keinen von beiden verlieren, denn beide waren mehr als Bruder oder Ehemann.