Teebeutel - Kap. III - Die höllische Insel - TEIL II

  • Der Adrenalinschub, der Arafis ungeahnte Kräfte verlieh, flaute langsam ab. Ihre Beine wurden ihr schwer und ihr Atem ging keuchend. Der Kampf mit der Muttersau hatte sie geschwächt und ihr Körper schmerzte überall.


    Sie musste furchtbar aussehen. Ihr Fell schien in alle Richtungen abzustehen, und Blätter hatten sich darin verfangen, während sie durch den Wald gerannt war. Sie blutete aus einigen kleineren Wunden. Doch das schlimmste war der Schmerz in ihrer Seite, dort, wo sie die Wildsau getroffen hatte. Jeder Atemzug schien ihren Brustkorb zerreissen zu wollen.
    Trotzdem gestattete sie es sich nicht, stehen zu bleiben. Sie musste weiter, es ging um Leben und Tod.


    Als sie dann plötzlich durch das Unterholz brach und unter ihren Pfoten den weichen Sand spürte, hätte sie sich am liebsten auf den Boden geworfen und die Augen geschlossen. Stattdessen lief sie tapfer weiter, dahin, wo sie nun Geräusche zu vernehmen schien.
    Sie taumelte als sie plötzlich Gestalten in einiger Entfernung erkannte. Hatte sie bereits Halluzinationen?
    Aber nein, als ihr unsteter Blick weiter wanderte, erkannte sie eine der grossen Nussschalen auf der Wasseroberfläche sanft auf und ab schaukeln. „Ich muss weiter.“
    Sie konzentrierte sich darauf, sich weiter durch den weichen Sand zu ziehen. Er gab unter ihren Pfoten nach und immer wieder stolperte sie beinahe.
    Dann sah sie plötzlich, wie das Schiff die Segel setzte. „Nein, ihr könnt mich doch nicht einfach hier zurücklassen!“
    Dann geschah etwas Seltsames… ein Gerüst wurde heruntergelassen und eine Gestalt eilte zum Strand zurück. Er fuchtelte wild mit den Armen. Verwirrt folgte Arafis ihm mit ihren Augen. Konnte das sein??
    Sie glaubte zwei weitere Männer in der Ferne zu erkennen. Der Gang des einen bestätigte sie in ihrer Annahme, dass es sich dabei um Urako handeln musste. Schnell reimte sich die Wölfin den Rest zusammen. Selan war nun bei den beiden angekommen und ohne viel Aufhebens schnappte er sich Firxas, um ihn auf das Schiff zu bringen.
    Arafis keuchte auf… Sie wollte nicht hier zurückbleiben. Doch ihr Körper wollte nicht mehr.
    die Welt vor ihren Augen schien zu verschwimmen. Ihr Atem ging rasselnd, etwas schien nicht zu stimmen.
    Plötzlich stiess sie einen Schmerzensschrei aus, der in der Bucht widerhallte und presste ihre Hand seitlich auf ihren Brustkorb. Der Schmerz durchflutete ihren Körper und sie realisierte im ersten Augenblick nicht, dass sie sich völlig unbewusst in ihre humanoide Form rückverwandelt hatte. Auf allen Vieren kniete sie im Sand.
    Trotz ihrer Schwäche erschrak sie, als sie an sich hinabblickte. Ihre Fingernägel erinnerten eher an Krallen und auf ihrem Handrücken beginnend, zog sich ein Verlauf flauschigen Felles hinauf, über ihre Schultern weiter ihre Wirbelsäule hinab und endete kurz über ihrem Po. Auch auf ihrer Nase wuchs ein feines Fell hinauf, über ihre Stirn und mündete in ihren Haaransatz. Ihre übrige Körperbehaarung war dichter geworden.
    Ihre Haare waren zerzaust und Blätter hatten sich darin verfangen. Blutverkrustete Wunden und blaugrüne Flecken verunzierten ihren sehr muskulösen und sehnigen Körper.


    Sie stöhnte mehr vor Schreck als vor Verwunderung auf. Sie wusste, dass nach viel Zeit in der tierischen Form Merkmale übernommen wurden.
    Auch ihre Augen ähnelten mehr der einer Wölfin und ihre Ohren hatten eine spitze und etwas behaarte Form angenommen, was sie jedoch nicht wahrnehmen konnte.
    Plötzlich meinte sie Rufe zu hören und hob ihren Blick. Auf dem Schiff schien sie jemand bemerkt zu haben und machte Anstalten, die anderen auf sie aufmerksam zu machen.
    „Ich kann so nicht…“, mit letzter Anstrengung bündelte sie ihre Energie und rückverwandelte sich, um den Blicken der Besatzung zu entgehen und sich wieder in ihrer angestammten Persönlichkeit Töli zu verstecken. Erschöpft fiel sie in den weichen Sand zurück und verlor zum zweiten Mal an diesem unglückseeligen Tag das Bewusstsein.

  • Selan! Bei allen Galgenschlingen, die Urako je gedreht hatte, der teetrinkende Nekromant stand leibhaftig an Deck des Schiffes, leibhaftig und sorgte eigenhändig dafür, dass es noch einmal vor Anker ging. "Urako, hier bin ich, schnell mein Held, komm! Wir fahren gleich los und danke für deinen Mut und Einsatz, ich weiß es zu schätzen, was du für uns getahn hast, ich verdoppele deinen Lehrlingslohn! Komm schon!", rief er Urako schon aus der Ferne zu. "Komm ich helf dir, tragen wir deinen verletzten Freund eiligst aufs Schiff, da schaue ich mir seine Wunden an. Los mach schon und interessant, du nutzt eine Sandkruste, um seine Wunden zu schützen. Wie hast du dies nur geschafft, ein Zauber oder etwas anderes? Du steckst voller Überraschungen und nun komm, ab aufs Schiff."


    Er half Urako, den schwer verletzten Firxas an Bord zu bringen. Dem Henkerlein hingegen war nicht nach einem fröhlichen Plausch zumute und so schwieg er nur mit verbissenem Mund. Er war körperlich und seelisch erschöpft. Am liebsten hätte er sich mit einer Flasche Rum in irgendeine Kajüte zurückgezogen und sein Elend ertränkt. Aber Firxas brauchte ihn. Ein Gefühl, das Urako Angst machte. Es fesselte ihn. Er sollte das Ganze jetzt beenden und einfach davon fliegen. Er begann ihn mehr zu mögen, als gut für ihn war. Schluss damit. Immerhin war Firxas bei Selan in guten Händen.


    Urako bekam Kopfschmerzen. Er trat an die Reling, um sich fallen zu lassen und die Flügel auszubreiten. Nichts wie weg hier! Das alles ging ihn nichts an, das hier war nicht sein Leben, so wie es sein sollte! Er entfaltete die Schwingen zur Hälfte.


    Am Ufer kam gerade Töli aus dem Wald. Auf halbem Wege zum Wasser brach sie zusammen. Für einen Moment schloss Urako die Augen. Sollte er die Hündin mitnehmen, wenn er floh? Aber wie? Sie war schwer. Er öffnete die Augen wieder, doch irgendwie schien er gedanklich noch sonswo zu sein. Töli hatt sich scheinbar tatsächlich in eine Frau (in eine nackte Frau!) verwandelt. Das kam davon, wenn man zwei Jahre lang nur Männer um sich hatte! Urako zwinkerte ein paar mal und rieb sich die Augen – doch Töli hatte noch immer menschliche Konturen, wenn auch arg zerfleddert und entsetzlich haarig. Sie war in eine Frau verwandelt, worden eindeutig. Waren das seine Wunschfantasien, die diesen Zauber bewirkt hatten? Oder Selan, der einen Keil zwischen ihn und Firxas treiben wollte? Hatte dieser mysteriöse Totenkopfgeier damit zu tun?


    „Ähm, Selan … ?“, sagte Urako gedehnt und zeigte auf Töli. Doch in diesem Moment verwandelte sie sich gerade wieder zurück. Hä? Urako schüttelte verdutzt den Kopf. Die Logik, wieso dieser hundertprozentig an ihn adressierte Zauber jetzt so schnell wieder rückgängig gemacht wurde, erschloss sich ihm nicht. Wie auch immer. Dass Töli soeben eine unbekleidete Frau gewesen war, änderte natürlich alles. Urako sprang von Bord und flog zu ihr, wuchtete sich die Hündin auf die Schultern und kletterte mit ihr die Reling hinauf.

    „Wir hätten fast das Wichtigste vergessen.“
    Zärtlich klopfte er die struppige Seite von Töli, die schlaff über seiner Schulter baumelte. Die Worte hatte Firxas genau gehört, aber er war zu schwach, um sich darüber zu beklagen. Urako fand, dass Firxas es verdient hatte, nachdem er ihm in letzter Zeit so viel Ärger bereitet hatte.

  • Und so setzten sie die Segel und machten sich auf, eine neue Heimat zu finden. Bald war die Insel nur noch ein grüner Streifen am Horizont, bis nur noch der höchste Punkt des Vulkans über das Meer schaute. Als sie ganz verschwunden war, wandte Urako sich ab von der Reling und setzte sich auf das Deck, mit dem Rücken an den roh behauenen Mastbaum gelehnt. Müde rieb er sich das Gesicht. Firxas hatte man unter Deck verfrachtet, wo er nun, von Selan umsorgt, schlief. Töli schlief ebenfalls eingerollt in einer Nische zwischen lauter festgezurrten Kisten, nachdem sie, erschöpft und wacklig auf den Beinen, trotzdem noch das ganze Schiff untersucht und beschnuppert hatte. Das Schiff knarzte bei jeder Welle, bei jedem Wind, der in das Segel griff. Unentwegt gab es Geräusche von sich, als würden die Bäume, aus denen es gefertigt war, um Gnade winseln, weil sie aufs offene Meer hinaus steuerten. Und auch Urako war nicht wohl dabei. Über dem Meer gab es keine Aufwinde, das Fliegen war fernab der Küste darum sehr anstrengend. Wenn sie untergingen, würde er nach einigen Stunden des Umherflatterns ersaufen. Doch er war zu müde, um sich darüber ernsthafte Sorgen zu machen. Er umschloss seine Beine mit den Armen, legte die Stirn auf die Knie, schlug die Flügel über sich zusammen wie eine schlafende Fledermaus und döste weg.


    Die Reise verlief nicht so ereignislos, wie es sich die Besatzung erhofft hätte. Zwar waren die Goblins erfahrene Seemänner, doch mit solch einem roh zusammengezimmerten Schiff gerieten auch sie an ihre Grenzen. Als sie die Rabeninseln erreichten, mussten sie immer wieder größeren Schiffen ausweichen, die Urako als Kundschafter im Flug entdeckte. Die Goblins meinten, dies seien die Norkara, ein plünderndes Seeräubervolk. Urako waren sie auf Anhieb sympathisch, aber begegnen wollte er ihnen nicht auf offener See. Vielleicht mal in einer Hafenspelunke.


    Um diese Zeit herum geschah etwas für Firxas sehr schlimmes: Seine verletzten Flügel zeigten Stellen, die einfach abstarben, schwarz und stinkend. Es war Urako, der als Scharfrichter die besten anatomischen Kenntnisse an Bord hatte, der sie ihm schließlich amputierte. Hinterher war Firxas kaum noch ansprechbar, obwohl die Wunden nun besser heilten und sein Fieber sank. Er wollte niemanden mehr sehen und so ließ Urako ihn in Ruhe. Er vertrieb sich die Zeit, mit Töli zu spielen und indem er versuchte, sie dazu zu überreden, sich in eine Frau zu verwandeln, weshalb die Mannschaft ihn bald für verrückt erklärte.


    Nach einigen Wochen ließen sie die Rabeninseln hinter sich und umsegelten Ghena. Es war ein gewaltiger Umweg, weil die Goblins wohl mit den Leuten, die den direkten Weg durch den Golf von Obenza kontrollierten, gerade im Krieg lagen. Urako war es egal. Er war froh, sein altes, wenig ruhmreiches Leben hinter sich lassen zu können und einen Neuanfang zu wagen. Ghena, wo das Volk der Goblins wohnte, gefiel ihm. Das Land war warm, aber nicht heiß und hatte verlockend grüne Küsten. Gern wäre er hier dauerhaft an Land gegangen, doch sie beschränkten sich auf kurze Aufenthalte, um ihre Vorräte aufzufrischen, ehe sie weiter nach Norden segelten und den Subkontinent schließlich umrundeten.


    „Dies ist ein denkwürdiger Augenblick“, verkündete der kleine Kapitän schließlich, an Selan und Urako gewandt, die sich in der Gegend nicht auskannten. „Dort hinten, diese beiden Landmassen am Horizont – das sind die beiden Kontinente Ghena und Asamura, die sich fast küssen. Aber nur fast und das solltet ihr euch merken! Ghena im Süden ist gut, Asamura im Norden ist der Feind, denn dort haust die Handelsallianz. Eine Krake, welche die gesamte Weltwirtschaft kontrollieren will, ein Geschwür, das unsere guten alten Kulturen frisst. Aber nicht mit uns Goblins! Seht: Da zur Rechten liegt unsere Hauptstadt Riano. Ihr könnt sie von hier aus nicht sehen, aber glaubt mir, sie ist da. Vor uns genau befindet sich die Inselstadt Valik, unser immer wachsames Auge. Kein Schiff der Krakendiener kommt an ihr vorbei und hinaus in die Sturmsee, ohne dass wir es bemerken. Vor allem kein Handelsschiff! Und zur Linken, dort auf Asamura, liegt unsere Festung Rantamar. Ja, richtig, es ist eine Goblinfestung! Da staunt ihr, was? Eine Goblinfestung auf Asamura! Die Krake soll den Speck nicht allein haben. Asamura ist zu fruchtbar, zu reich an Bodenschätzen, um es der Handelsallianz kampflos zu überlassen. Und diese Festung ist unser Ziel.“


    Der Navigator korrigierte den Kurs etwas und bald befanden sie sich zwischen der Inselgruppe von Valik und Asamura. Es dauerte nur noch wenige Tage, bis sie an Land gingen. „Unser Schiff ist hochseetauglich, aber leider zu tiefbauchig für die Flüsse. Den letzten Abschnitt unserer Reise müssen wir zu Fuß zurücklegen, denn Rantamar liegt ein Stück weit im Landesinneren“, erklärte der Kapitän. Und so brachten die Goblins das Boot bei einer kleinen Werft unter, deren Inhaber das schiefe Machwerk kopfschüttelnd für einen Spottpreis als Kuriosität kaufte. Den Erlös teilten die Goblins unter sich auf, ihre Passagiere Selan und Urako bekamen nichts. Dann banden sie sich die Kisten mit den wichtigsten Utensilien auf den Rücken, so dass es aussah als würden sie kastenförmige Rucksäcke tragen und wanderten nach Rantamar. Firxas musste als einziger nichts tragen, wobei Urako fand, dass er sich seine Kiste wenigstens auf den Bauch binden oder unter den Arm klemmen könnte, aber er war der einzige mit dieser Meinung und nach einem kurzen Streit, in dessen Verlauf der Kapitän ihn als herzloses Arschloch titulierte und drohte, ihn zurückzulassen, war die Sache erledigt. Allein in diesem fremden Land umherirren wollte er natürlich nicht. Als Denkzettel musste Urako nun zwei Kisten schleppen. Nach einigen Tagen des Marschierens erhob sich zu den frühen Morgenstunden die Festung vor ihnen aus dem Nebel.

  • Wie ein Wirbelwind sprang Arafis vor Enthusiasmus den ganzen Weg über um die Gruppe rum, lief mal vor, mal zurück und gab fröhlich kläffende Rufe von sich.
    Man hätte sie direkt für einen Welpen halten können, so verzückt und neugierig wirkte sie. Überglücklich galoppierte sie jedem Eichhörnchen hinterher und scheuchte die Krähen auf, welche am Boden nach Würmern scharrten.
    Endlich wieder festen Boden unter den Pfoten!
    Arafis liess sich sogar dazu herab, mit Urako Seilziehen zu spielen, wobei einer seiner alten Kleidungsfetzen herhalten musste. Sie war so grosszügig, ihn auch zwischendurch gewinnen zu lassen – andernfalls hätte seine Begeisterung vermutlich nicht lange angehalten.


    Erst nach einigen Tagen Marsch beruhigte sie sich wieder so weit, dass sie neben Urako herzotteln konnte, ohne wie eine Verrückte umherzuwuseln.
    Bei Selan holte sie sich gelegentlich würzige Leckerchen ab, die stark an seine Teemischungen erinnerten. Öfters kam es vor, dass er vom Weg abwich und in den Sträuchern abtauchte, um seine lange Nase in verschiedensten Kräuterbüscheln zu vergraben, obwohl Arafis fand, dass die Geruchnoten nicht sehr interessant zu lesen waren.
    Sogar mit Firxas hatte sie sich inzwischen abgefunden, obwohl sein Gejammer sie nervte. Sie konnte schliesslich auch nicht fliegen und veranstaltete deswegen auch kein solches Mordio. Andererseits wäre sie auch nicht glücklich, wenn sie ihre Gestaltwandlerfähigkeit verloren hätte, deshalb betrachtete sie ihn häufig mit mitleidigem Blick.
    Bloss die Goblins wollten nicht so ganz mit ihrer Anwesenheit zufrieden sein. Immer wieder hörte sie Geflüster über den „Werwolf“, wie sie von den Grünlingen genannt wurde. Obgleich Urako sie noch immer als seinen Köter oder die Töle bezeichnete, kannten die Goblins offensichtlich den Unterschied zwischen einem Hund und einem Wolf.
    So beobachteten sie Arafis oftmals misstrauisch, wenn sie einen erjagten Wildhasen genüsslich verschlang. Sie konnte die Angst riechen, doch sie hatte genügend Raum, sich von den kleinen Wichten fernzuhalten und ihre Aufmerksamkeit auf spannendere Dinge zu lenken.
    Seltsamerweise verspürte die Wölfin nicht den Drang, die Reisetruppe zu verlassen. Ihre innere Natur hatte Urako, Selan und für ein kleines Mü sogar Firxas zu ihrem Rudel erkoren.


    Bald jedoch würde eine neue Herausforderung auf die Waldalbe zukommen… Erst gerade dem schaukligen Wellengang entkommen, müssten sie bald in windige Höhen abheben.
    Arafis erkannte den Heissluftballon nicht als solchen, als sie davor standen. Wie auch?
    Hatte sie doch noch nie von einem solchen Gefährt gehört, das sich durch heisse Luft in den Himmel bewegen liess.
    Ein spitz zugeschnitzter Holzwall umzäunte einen flachen, sandigen Platz, in dessen Mitte bunte Leuchten den Landeplatz markierten. Geschäftiges Gewusel herrschte hier, und eine lange Schlange von unterschiedlichen Reisenden wartete auf etwas, was Arafis nicht zu erkennen vermochte. Jedoch fiel ihr auf, dass die Augen immer wieder den Himmel absuchten.
    Ob sie Ausschau nach Greifvögeln hielten?
    So klein waren die Goblins doch nun auch wieder nicht, als dass sie in das Beuteschema dieser geschickten Jäger passten.


    Als sich plötzlich ein dunkler Schatten vor die Sonne schob, blickte auch Arafis erstaunt nach oben. Ein riesiges DING kam langsam auf sie zu. Erschrocken jaulte sie auf und versteckte sich vorsichtshalber hinter Urako. Ihre Nase zuckte unruhig, als sie versuchte zu erkennen, welches Raubtier sich ihnen da näherte.
    Dann ging plötzlich alles sehr schnell. Der Ballon, so nannten die Grünlinge das Gefährt, landete einige Meter entfernt von ihnen, Staub wirbelte auf und umhüllte alle in einer braunen Wolke.


    Arafis staunte Bauklötze, als die Winzlinge eine selbstgezimmerte Treppe heranzogen und über den Rand des Korbes neue Grünlinge herausgekraxelt kamen. Immer mehr und mehr und mehr…
    Als auch der letzte draussen war, drehte sich die Szene um und nun krabbelten die wartenden Reisenden in den überdimensionalen Korb hinein.
    Entsetzt bemerkte die Wölfin, dass sie langsam aufrückten, und dem Objekt bereits viel zu nahe gekommen waren. Doch dann gab ein Goblin einen harschen Befehl, der Fluss stoppte und die Treppe wurde zurückgezogen. Eine Flamme zischte auf, und Arafis zuckte wie von einem Schlag getroffen zusammen. Da würde sie nie und nimmer einsteigen!


    Sie schien jedoch die Einzige zu sein, welche solche Bedenken hatte. Ungeduldig trippelten die anderen herum und erwarteten die Rückkehr des Ballons.
    Firxas blickte griesgrämig drein. Er war ausser ihr und den Goblins der Einzige, welcher den Ballon in Anspruch nehmen musste. Die anderen Tieflinge hatten das Glück, selbst fliegen zu können. Ihm schien das genauso wenig zu behagen wie ihr selbst und zum ersten Mal fühlte Arafis sich in einem Punkt mit ihm einig.


    Als das Ding sich näherte, bibberte Arafis am ganzen Körper. Ihre Pfoten schienen wie verwurzelt und sie tat keinen Schritt vorwärts.
    Ich werde sterben! Ich bin nicht für den Himmel geschaffen!
    Als Urako sie ungeduldig vorwärtsschob, versuchte sie ihm zu entwischen. Auch in die Goblins kam eine plötzliche Unruhe als sie bemerkten, dass die Wölfin mit ihnen in den Korb steigen sollte.
    Arafis begann nach Urako zu schnappen, sich zu winden und knurren, doch es half nichts. Bloss die Grünlinge wurden durch den Anblick so abgeschreckt, dass schlussendlich Firxas und die Bestie sich den Korb alleine mit dem abgebrühten Ballonführer teilen mussten.


    Kaum hob der Korb ab, wurde Arafis zum reinsten Nervenbündel. Sie hatte ihren Schweif eingezogen und kauerte klitzeklein in einer Ecke zwischen den Kisten, eng an Firxas gepresst, der in diesem Moment der einzige Anker war, an den sie sich klammern konnte. Bei jedem Feuerstoss, der durch die Hitze den Ballon in die Höhe schob, zuckte sie zusammen und wimmerte leise. Firxas schien sich besser zu halten, obwohl auch er etwas grün um die Nase war.


    Nach einer gefühlten Ewigkeit bemerkte Arafis, dass sich Stimmen und andere Geräusche näherten. Und es schien ihr, als würde der Ballon nicht weiter in den Himmel steigen. Doch erst als sie spürte, wie er ruckelnd aufsetzte, hörte, wie die Treppe herangeschoben wurde und die Goblins umherwuseln sah, durchfloss sie die Erleichterung.
    Sie flog beinahe aus dem Ballon, sobald der Weg frei war, blieb jedoch gleich wie angewurzelt stehen.
    Überall Grünlinge, überall Felsen. Und Mauern türmten sich in der Nähe, alles wirkte eng. Wo waren die Weiten der Grünflächen und Wälder abgeblieben?
    Panisch drehte sich Arafis um die eigene Achse, und schnappte gestresst nach ihrem Schweif. Sie fühlte sich auf dem Landeplatz der Festung Rantamar bereits jetzt äusserst fehl am Platz!


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    Hier spielt der vierte Teil der Reise:
    Link
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