Zum Henker und zum Heiler

  • Der Heiler brachte den ehemaligen Henker in seine Heimat - die Handelsallianz. Nur hier konnte Pavo ungestört seiner Arbeit nachgehen.


    Eigentlich ging er jederzeit offen wie auch heimlich zugleich seiner Arbeit nach. Denn selbst wenn er einfache Krankheiten gegen bare Münze heilte, konnte er daraus immer noch neue Einsichten gewinnen.


    Letztendlich war das große Endziel des alten Goblins schließlich nichts anderes als eine ultimative Heilung. Er wollte den Tod besiegen.


    Den Feind jeden Arztes und Heilers. Auch wenn er Ainuwar verehrte, sah er den Tod als stärksten und härtesten Gegner des Lebens an sich. Und Ainuwar hatte mit der kurzen Lebensspanne der Goblins sie besonders herausgefordert. Wenn sich kein Heiler dieser Sache annahm, würde sich daran niemals etwas ändern.


    Wieso sollte man einfach sein Schicksal ertragen? Selbst als Priester des Ainuwar konnte Pavo nicht einfach diesen Umstand hinnehmen. Natürlich konnte man den Umstand von Werden, Leben und Vergehen begründen.


    Wissenschaftlich wie auch Philosophisch. Dennoch, nützte alles Wissen nichts, wenn einem die Zeit davon lief. Wenn man seine Freunde ansah und wusste, sie waren teilweise gleichaltrig oder sogar älter, aber sie würden einen mindestens mit einer doppelten Zahl an Jahre überleben.


    Ainuwar war ein Gott. Wenn Gott die Goblins mit einer kurzen Lebensspanne erschaffen hatte, ihnen aber zeitgleich den schärfsten Verstand von allen Völkern schenkte und dass Wissen um die Heilkunst, dann musste man an dem Umstand etwas ändern können.


    Gut im schlimmsten Fall konnte man dies sogar auf magische Weise, durch Nekromantie. Aber das war kein Leben sondern ein Un-leben als Untoter.


    Pavo hing einen langen Moment seinen Gedanken nach und musterte dann seinen verbrannten Begleiter.


    Den Tiefling hatte es ganz schön hart erwischt. Ein brennendes Luftschiff war auf ihn gestürzt, oder zumindest Teile davon und nun sah der arme Kerl aus wie ein geplatztes Brühwürstchen. Die Verbrennungen waren schlimm, aber nichts was nicht wieder in den Griff zu bekommen wäre, urteilte der geschulte Blick des alten Heilers.


    Er hatte mit dem Burschen einen Pakt geschlossen, Heilung gegen Abarbeitung der Schulden. Nun Pavo hoffte, dass Urako genauso unempfindlich war wie er selbst. Überhaupt, generell, körperlich wie geistig gesehen.


    Er konnte keinen Gehilfen brauchen, der beim kleinsten Schmerzenssschrei eines Patienten zusammenzuckte oder schlimmer noch in sein Labor kotzte, nur weil er eine Person eine Gliedmaße amputieren musste. Darüber musste Urako stehen.


    Nun es würde schon werden, dachte Pavo vergnügt während Urako brav hinter ihm her trottete.


    Ob der Tiefling immer noch unter Drogen stand, oder einfach nur seinem Versprechen nachkam wusste Pavo nicht. Solange er gehorsam folgte, hinterfragte der alte Goblin den Umstand nicht.


    Ihre Reise hatte einige Zeit in Anspruch genommen, aber endlich waren sie wieder auf dem Gebiet der Handelsallianz.


    Ein bunter Mischmasch an Völkern und Mischlingen bevölkerte die Straßen. An dem Tiefling störte sich ebenfalls niemand. Ob freier Mann oder Eigentum von Pavo, den Leuten war es gleich. Der ehemalige Priester freute sich zurück in seiner Stadt zu sein und führte Urako durch die Straßen der Stadt.


    Sie liefen durch breite Straßen, vorbei an Verkaufsständen, dann durch schmale Gassen. Pavo führte Urako immer weiter, bis sie etwas außerhalb vor einem alten Fachwerkhaus standen.


    Das Haus machte einen gemütlichen und einladenden Eindruck. Das spitz-zulaufende Dach, die Bleiglasfenster, die dicken dunklen Balken die sich kontrastreich von hellen Putz der Fassade abhoben. Auf der linken Seite ragte ein steinerner Kamin empor aus dem sich Rauschwaden in den Himmel kringelten. Das Haus war eingefasst von einem Garten wie von einer steinernen Mauer.


    Pavo ging die Stufen zur Tür hinauf und hämmerte dagegen. Ein lautes, tiefes Bellen erscholl. Dann dauerte es noch eine Weile und ihnen wurde von einem Düsterling die Tür geöffnet.


    "Pavo!", freute sich der Düsterling und drückte den alten Goblin.


    Dann wandte sich der Blick des Burschen Urako zu. Er musterte den Tiefling von oben bis unten, von links nach rechts und schien sich jede Schuppe von ihm einprägen zu wollen.


    "Wer ist das? Der sieht ja schlimm aus. Vielleicht sollte ich mir mal seine Wunden genau angucken?", schlug Gasmi vor und schnüffelte nach Urako.


    "Das ist mein neuer Assistent Urako. Ich werde seine Verletzungen heilen. Da der Gute leider kein Geld zur Bezahlung hat, haben wir uns darauf geeinigt, dass er seine Schulden abarbeiten wird. Pass bitte auf, das er nicht versehentlich in den dritten Keller stolpert. Er ist nicht ganz auf der Höhe", sagte der alte Mann liebenswürdig.


    "Na klar! Das wäre es noch, erst verbrannt und dann zu Tode gestürzt. Kommt rein!", grinste Gasmi breit und gab die Tür frei.


    "Danke. Folge mir Urako", sagte der alte Heiler und gab den Weg vor in seine Heilstätte.


    Gasmi schloss hinter Urako die Tür und verriegelte sie. Dann folgte er Pavo wie auch Urako auf dem Fuße.

  • Urako trottete halb im Trance dem Greis hinterher. Die Schmerzen spürte er momentan nicht, aber auch seine übrigen Sinnesleistungen waren stark eingeschränkt. Wie es aussah, befanden sie sich in einer Stadt. Aber was für eine? Die Leute glotzten auf seine Wunden, ließen ihn aber ansonsten in Ruhe. Urako spuckte ihnen vor die Füße, auch wenn er kaum Speichel hatte. Er war froh, als sie das Haus erreichten, das dem Heiler gehörte. Als hinter der Tür ein Bellen erklang, ballte Urako die Fäuste und stellte sich so hin, dass er dem vermeintlichen Köter ordentlich in die Visage treten konnte, kaum, dass er herauskam - doch stattdessen kam ein kleiner schwarzer Kerl hervorgewuselt. Er knuddelte den Opa, woraufhin Urako die verschmorte Stirn runzelte. Aber seine Nase witterte. Er konnte momentan nicht gut riechen, aber dennoch stieg der unverkennbare Geruch eines Dämons in seine Nase.


    "Eh, Kollege", grölte Urako mit schwerer Zunge und klang entsetzlich unfreundlich bei diesem Gruß. Er drängelte sich an dem Zwergendämon und dem Opa vorbei und begann, in dem Haus herumzustiefeln, bis er ein Bett fand, in das er sich kurzerhand hineinlegte, um sich verarzten und bedauern zu lassen. Es war ihm herzlich egal, dass das Kissen bereits nach irgendwem anderen roch. Jetzt war er hier und er war krank!

  • Gasmi hockte sich umgehend zu Urako aufs Bett als dieser lag.


    "Es hat etwas länger gedauert die Tür aufzumachen. Ich musste noch Daves Kamel einfangen und zurück in seine Schreibstube bringen. Wird der Tiefling ein neuer Mitbewohner von uns? Schließt sich Urako unserer Hausgemeinschaft an? Falls ja könnte ich seine Ausbildung übernehmen. Mache ich gerne.


    Ich werde bei dem Tiefling bleiben, nicht dass Seddik wütend wird sobald er nach Hause kommt. Das ist der Heilung nicht förderlich, wenn ein Ork auf ihn einprügelt", lachte Gasmi.


    "Vielleicht solltest Du seine Medizin holen Pavo, damit Du ihn versorgen kannst. Ich meine guck Dir den Tiefling nur an. Er sieht aus wie ein Grillteller. Oder eher wie ein Flammkuchen. Ich glaube doch eher wie ein Flammkuchen mit viel gebratenem Speck.


    Jedenfalls werde ich die Stellung halten, solange Du unten in Deinem Labor bist und holst was Du benötigst.


    Ehrlich unter uns beiden, wenn die Patienten sterben, weil es das "Schicksal" verlangt - dann ist das so. Aber wenn Du Brandopfer durch die ganze Stadt jagst, hilft denen das nicht Pavo. Ich will Dich nicht kritisieren, Du hast uns allen schon oft genug das Leben gerettet.


    Aber Du hättest ihn ruhig einreiben können. Wenn seine verbrannte Haut trocken wird, wird sie überall einreißen. Er wird sich schälen wie eine vertrocknete Dattel. Dagegen müssen wir was tun", erklärte der Düsterling und fühlte Urakos Stirn.


    Danach befühlte er von dem Tiefling ausgiebig die Haare und roch daran, befühlte die Hörner und die Ohren, während ihm Pavo dabei nur amüsiert zuschaute.


    "Ich bin gleich zurück", verabschiedete sich Pavo und verschwand aus dem Zimmer.


    Gasmi schaute dem alten Goblin noch einen Moment nach, ehe er seine volle Aufmerksamkeit auf den Tiefling richtete.


    "So dann wollen wir mal. Du bist ganz schön verbrutzelt und verkokelt. Was ist mit Dir passiert?
    Bist Du in einen Kamin oder in eine offene Feuerstelle gestürzt?


    Du scheinst ziemlich besoffen zu sein oder hast Du etwa Drogen genommen?
    Du lallst und redest mit schwerer Zunge. Mach sowas nicht hörst Du? Das Zeug bringt die Leute um. Der Alk und die Drogen. Egal wie Du Dich am Anfang fühlst und was Dir die Verkäufer versprechen. Ich habe gesehen, was dieser Dreck anrichten kann. Du siehst ja wie Du aussiehst. Gut eigentlich siehst Du nichts, ist auch besser so - glaub mir.


    Pavo hat nicht gesagt, ob Du ein Teil des Rudels wirst. Aber falls doch, werde ich Deine Ausbildung übernehmen. Dann wird Dir sowas nicht mehr passieren. Ich werde Dir beibringen auf Dich selbst aufzupassen. Ich hatte schon mal einen Schüler weißt Du?", erklärte Gasmi Urako freundlich und strich ihm mit den Krallen behutsam die Haare aus dem Gesicht.


    "Bei Dir weiß man gar nicht wo man zuerst anfangen soll. Ich vermute Dein Gesicht ist Dir am wichtigsten. Drum werde ich es zuerst versorgen", sagte Gasmi freundlich und strich dem Tiefling beruhigend über den Schädel.


    Der Düsterling sagte einen Moment lang nichts, denn er war damit beschäftigt ausreichend Spucke im Mund zu sammeln um seinen "Schützling" verarzten zu können. Als Gas der Auffassung war, Urako verarzten zu können, leckte er ihm die Wunden mit nasser Zunge sauber, damit sie gut verheilten.


    Nachdem er Urako behandelt hatte, schaute er sich die anderen Verbrennungen an und testete mit den Krallen, wie weit die Wunden bereits verschorft waren. Gasmi tastete hier ab und drückte dort, kratze hier und puhlte dort und schien den Tiefling aufs genaueste zu untersuchen.


    Nur Urakos Schwanzquaste schaute der Düsterling lediglich mit den Augen an, ohne die Krallen zur Hilfe zu nehmen. Den Schweif zu berühren käme einer Aufforderung nach Vereinigung gleich, drum ließ Gasmi die Finger davon. Für so eine Aufforderung kannte er Urako nicht gut genug und der Tiefling war mehr Brikett als Mann.


    "Sogar Deine Schwanzquaste ist in Flammen aufgegangen", flüsterte Gasmi ungläubig und kratzte sich am Kopf.


    "Das wird schon wieder Urako", sagte Gas aufmunternd und setzte sich wieder neben ihn.

  • Urako lag schweigend da und lauschte dem Redeschwall des kleinen Mannes.


    ... musste noch Daves Kamel einfangen und zurück in seine Schreibstube bringen ... ein Flammkuchen mit viel gebratenem Speck ... vertrocknete Dattel ...


    Er stand wirklich unter Drogen, er verstand nur Grütze. Grütze ... Urako feixte und ein schmerzhafter Stich durch seine Wangen strafte ihn sogleich dafür. "Auuuuu", jammerte er. Der Dämon fragte, was ihm am wichtigsten sei und mutmaßte, es sei sein Gesicht. "Die Flügel", protestierte er und hob schwach die Schwingen mit den verschmorten Membranen. "Meine Visage nützt mir auch nichts, wenn ich nicht mehr fliegen kann!"


    Daraufhin begann der kleine Dämon ihn abzuschlabbern. Ich muss tot sein, dachte Urako. Oder das Zeug vom Opa war wirklich heftig. Muss ihn fragen, ob ich noch mehr kriege, das ist ja das reinste Paradies! Ohne auch nur die winzigste Gegenwehr zu zeigen, selbst wenn es manchmal trotz der Dorgen zwackte, ließ er die Behandlung über sich ergehen und bemühte sich, nicht über beide Ohren zu grinsen.


    "Und du willst mich also zum Schüler nehmen?", fragte er, während das Kerlchen gerade seinen Ellebogen verarztete. "Du?" Er verkniff sich den Hinweis, wie mickerlich er ihn trotz seiner eigenen nicht gerade überragenden Körpergröße fand und das er den Kerl herzlich auslachen würde, wenn er mit dem Rohrstock drohen wöllte, so wie sein erster Meister, der Urako für jeden Fehler brutal gezüchtigt hatte. "Was kannst du denn überhaupt, das du mir beibringen willst? Was ist dein Handwerk? Und wie heißt du eigentlich?"
    Bello, dachte Urako sich gedanklich und musste über seinen eigenen Witz grinsen, was ihm das Gefühl bescherte, sein Gesicht würde mitten entzwei reißen. Er bäumte sich ächzend auf. Dort, wo es noch ging, brach ihm kalter Schweiß aus.


    "Dein Alterchen könnte ruhig noch eine weitere Portion von dem Pieksding da rausrücken", japste er und blickte zur Tür, wo sich aber noch niemand zeigte.


    "Sogar Deine Schwanzquaste ist in Flammen aufgegangen", stellte das Kerlchen bedauernd fest.
    "Schlimm, oder?", bestätigte Urako, erfreut über die Anteilnahme. "In Rantamar hab ich ein Luftschiff abgeschossen und hab was von den Flammen abbekommen. Schau!" Die Spitze fuhr in Richtung des schwarzen Gesichts. "Da hatte ich bloß ein kleines Büschel Fell dran am Ende - und das scheiß Ding muss mir natürlich auch noch abfackeln! Schau dir das an, sieht aus wie bei `ner Ratte." Er wedelte schwach mit dem kahlen rosa Schwanz. Dann klatschte er dem Kerlchen das hässliche Ding auf den Schoß, denn ganz offensichtlich hatte er dieses Körperteil noch nicht verarztet.


    Die Wirkung der Droge ließ langsam immer weiter nach und die Schmerzen wurden stärker. Auch das Bewusstsein, dass er für immer entstellt sein würde, dass er Töli und seinen zweiten Lehrmeister, den gütigen Selan, verloren hatte, drängte stärker in sein Bewusstsein und begann ihn zu quälen. Verzweiflung huschte über sein Gesicht. "Wo bleibt der alte Sack bloß", knurrte er leise. "Ich verrecke hier und der geht spazieren!"

  • Dem Düsterling kam es so vor, als würde der Tiefling bei jeder seiner Bewegung wie altes Pergament rascheln.


    Bis er erkannte, dass er verschmorten Flügel bewegte. Wobei Flügel, es waren noch von Lappen. Hautlappen die arg in Mitleidenschaft gezogen worden waren. Urako erklärte ihm, dass seine Flügel ihm wichtiger waren als das Gesicht.


    „Fakt Flügel sind wichtiger zum Fliegen als ein schönes Gesicht, jedenfalls wenn Du den Luftflug meinst und nicht den anderen“, lachte Gasmi.


    Er freute sich darüber, dass der Tiefling seine Bemühungen zu schätzen wusste und im Gegensatz zum restlichen Rudel nicht ständig herumzappelte und sich mit Händen und Füßen wehrte, nur weil man ihm helfen wollte.


    Oh ja, dieser Urako war ein äußerst dankbarer Patient. Wo Pavo blieb, war Gasmi im Moment völlig gleichgültig. Vermutlich rührte er eine Paste an um dem Tiefling zu helfen.


    Dabei wusste jeder, jedenfalls jeder Düsterling, dass Spucke das beste Heilmittel war, um Wunden zu versorgen. Selbst die Tiere in der Wildnis leckten ihre Wunden, weil sie seit Äonen von Jahren wussten, dass so die Heilung viel schneller einsetzte.


    Eigentlich sollte Pavo das als Heiler wissen, dachte Gasmi kurz nach und schlussfolgerte, dass Pavo andere Leute vermutlich nicht gerne ableckte.


    Es musste an seinem Glauben liegen. Der Glaube verbot viele Dinge, die ganz natürlich und vernünftig waren. Denn ansonsten, so war sich Gasmi sicher, hätte Pavo Urako doch schon vorher ordentlich abgeleckt und nicht den ganzen Heimweg leiden lassen!


    Zumindest hätte er ihn etwas einspeicheln können, es war schließlich kein Priesterkollege mit von der Partie. Pavo war manchmal wirklich kauzig, fand Gas.


    Gasmi wurde von Urako aus seinen Gedanken gerissen, als dieser fragte was der Düsterling denn können würde und was er ihm beizubringen hatte. Gasmi schmunzelte innerlich.


    Ja das war der Vorteil von Düsterlingen und Goblins. Je kleiner man war, je mehr wurde man unterschätzt. Man wurde nicht wahrgenommen. Man war unsichtbar für die anderen, fast so wie eine Topfpflanze die im Zimmer stand. Das war auch ein Lebewesen, aber niemand schenkte ihr groß Beachtung. So war es bei ihm und seinen noch kleineren Kollegen auch.


    Man sah sie nicht kommen, und wenn man sie sah, sah man danach nichts mehr. Schwärze, dass Nichts – was gab es passenderes für einen Düsterling, als andere Leute in die Dunkelheit zu stoßen?


    Darüber durfte er allerdings nicht sprechen, denn weder Aino noch Dave hatten ihm die Erlaubnis erteilt und Urako war kein Rudelmitglied. Er konnte ihm nur ausweichend antworten. Wobei er konnte ihm von seinem Tarnjob erzählen.


    Kurier. Kuriere überbrachten Nachrichten und das tat er im Grunde ja sonst auch. Er teilte gewissen Personen mit, dass sie sehr unbeliebt waren und einer dafür bezahlt hatte, dass sie anständigen Leuten nicht mehr die Luft wegatmeten.


    „Mein Beruf ist Kurier und ich kann Dir vieles beibringen. Muss ja nicht nur beruflich sein“, lachte Gasmi und tätschelte Urako aufmunternd.


    Das der Tiefling über seinen verletzten Schweif so traurig war, konnte Gasmi nachvollziehen. Ein schöner Schweif war wichtig. Zwar hatte der Schweif von dem Tiefling eigentlich nur optischen Nutzen und war nicht so ein wundervolles Allzweckwerkzeug wie sein Greifschwanz, aber trotzdem oder gerade deshalb verstand Gasmi das volle Ausmaß der Katastrophe für Urako.


    „In Rantamar habe ich ein Luftschiff abgeschossen und hab was von den Flammen abbekommen. Schau!“, sagte der Tiefling und deutete dann auf sein Gesicht.


    „Natürlich hast Du das. Schrecklich, sei froh dass Dir dabei nicht mehr passiert ist. Deinen Schweif bekommen wir wieder hin. Vielleicht können wir einige Haare von Daves Kamel als Ersatz für Deine eigenen Haare anbringen“, antwortete Gasmi freundlich.


    `Ein Luftschiff aufs Gesicht bekommen! Dann wär Dein Antlitz nur noch eine breiartige Masse. Vermutlich der Rest auch. Garantiert.


    Dann hättest Du die Optik von Erdbeermouse und nicht mehr von einer knusprigen Dattel mein Freund. Meine Fresse, was zur Hölle hast Du eingeworfen??? Ein Luftschiff abgeschossen und abbekommen!


    Hätte ja nie geglaubt dass mal zu denken, aber Du bist schlimmer als Jozo. Man was vermisse ich Jo – meinen Butterkeks.


    Stimmt, Du bist ein bisschen wie Jozo. Und Du hast auch eine tolle, außergewöhnliche Farbe. Aber auf Dich werde ich besser aufpassen und Dich werde ich retten.


    Retten! Meine Spucke reicht doch niemals für die Flügel! Das ist hier aber auch ein Saftladen wenn man mal Hilfe braucht! Wir brauchen mehr Düsterlinge in unserer Gruppe, wenn schon keiner sonst bereit ist Spucke zu spenden!´, dachte Gasmi grimmig.


    Der Düsterling musterte Urako aus schmalen Augen, als er mit seinem Schweif vor dessen Gesicht rumwedelte.


    Als er ihm das Ding in den Schoß klatschte grinste Gasmi von einem Ohr zum anderen und hoffte Pavo wäre wirklich spazieren gegangen.


    Eingeschlafen hätte ihm auch gefallen. Oder in Rente gegangen. Genau Rente wäre gut, dass würde ihnen ein bisschen mehr Zeit verschaffen, dachte Gas vergnügt.


    „Gasmi. Gasmi von den Geistern“, gurrte der Düsterling liebenswürdig und grabschte den Schweif von Urako. Er zwirbelte ihn zwischen den Krallen und schaute Urako an.


    „Pavo kommt gleich wieder. Keine Angst, Du hast doch mich - ich bin für Dich da“, sagte Gas und streichelte Urako beruhigend.

  • "Kurier, pft", machte Urako verächtlich, während er sich von Gasmi betüdeln ließ. "Was willst du mir da beibringen? `nen blöden Brief irgendwo abliefern kriege ich gerade so noch hin oder `ne dämliche Botschaft stammeln - und wenn meine Flügel wieder fit sind, geht das sogar ziemlich fix. Aber meinetwegen. Warum auch nicht? So lange die Bezahlung stimmt ..." Er stemmte sich kurz auf die Unterarme und legte sich etwas bequemer hin. Eine Arbeit in Aussicht zu haben, die ausnahmsweise einmal nicht auf dem Exekutieren unliebsamer Mitbürger basierte, das gefiel ihm. Pavo hatte zwar zunächst etwas davon gebrabbelt gehabt, dass Urako ihn bei seinen dubiosen Experimenten unterstützen sollte, aber wenn er sich die Sache so überlegte, erschien ihm eine Zusammenarbeit mit Gasmi eindeutig erstrebenswerter. Dessen Finger huschten flink über seine Verletzungen und betasteten sie, fast als wäre er ein Blinder, dabei schien er gut sehen zu können. Der Tastsinn war vielleicht bei diesen schwarzen Kerlchen wichtiger als der Sehsinn. Urako schloss die Augen und räkelte sich, doch fuhr sogleich zischend zusammen, weil schon wieder irgendwo seine Haut einriss. "Verdammte Kacke", fauchte er in Richtung der Tür und betastete die schlimme Stelle. "Wo bleibt dieser faule Tattergreis?! Mann sollte ..." In diesem Moment begann Gasmi, Urakos Schweif zu zwirbeln. Der Tiefling schloss den Mund, verleierte genüsslich die Augen und floss entspannt breit. "Was bist du eigentlich für ein Geschöpf, hm?", schnurrte Urako, der sich plötzlich für die Belange seines Gastgebers zu interessieren begann, der ihm vorher herzlich egal gewesen war. "Du riechst nach den Pforten der Unterwelt. Tiefling - oder noch was anderes? Und ist es bei euch üblich, Gäste nur in Unterhose zu empfangen - oder hast du dich extra für mich in Schale geworfen?" Er grinste etwas und offenbarte sein zahnloses Zahnfleisch. Immerhin konnte er schon wieder anzügliche Kommentare machen. Vielleicht ging es doch noch nicht zu Ende mit ihm.

  • "Eins nach dem anderen. Kurier wirst Du nur, wenn Du in die Familie aufgenommen wirst. Von daher es ist gar nicht so leicht wie es klingt, Botschaften zuzustellen. Nicht dass ob, sondern das wie zählt. Aber das ist im Moment völlig unwichtig.


    Vorher... gehörst Du Pavo... jedenfalls als Arbeitskraft.
    Auch wenn Du vermutlich die attraktivste "Brieftaube" wärst die wir je im Dienst hatten", gurrte Gasmi.


    "Was ich bin? Ich bin Düsterling, drum rieche ich nach Unterwelt. Einst Gasmi von den Nebelkatzen. Jetzt Gasmi von den Geistern - aber das spielt im Moment auch keine Rolle.


    Genauso wenig wo sich Pavo rumtreibt. Oder vermisst Du ihn so sehr? Glaube kaum, dass er versteht was es mit Deinem Schweif auf sich hat oder welche Nöte Du gerade durchleidest", erklärte Gas flüsternd, während der Urakos Schweif zärtlich streichelte.


    Mit der freien Hand fuhr er über die Konturen von Urakos Gesicht, zeichnete den Verlauf der Nase des Tieflings nach.


    "Wer hat es gewagt Deine Nase zu brechen? Nun hätt ich Dich heut erwartet... hätte ich vielleicht keinen Kuchen gemacht, aber den Lendenschurz weggelassen - so als Ehrengast", flüsterte Gasmi kichernd Urako ins Ohr.

  • Pavo hatte die Brandsalbe angerührt und machte sich wieder auf den Weg nach oben. Er wusste schließlich, dass Gasmi gerne die Patienten auf seine Art verarztete. Der alte Goblin betrat das "Krankenzimmer" und starrte Gasmi und Urako an.


    Das Gas den Patienten auf die Art verarzten wollte, damit hatte Pavo nun nicht gerechnet.


    "Vielleicht solltet Ihr damit warten, bis ich fertig bin und er etwas weniger verbrannt ist. Einen Gefallen tust Du ihm damit nicht", sagte Pavo ernst. Er zerrte den Düsterling kurzerhand von Urako weg und fing an seinen Patienten mit der Brandsalbe einzureiben.


    "Das Du ihn vollgesabbert hast, habe ich mir irgendwie denken können. Das andere heb Dir für später auf", sagte Pavo und arbeitete weiter, damit Urako nicht zu lange leiden musste. Der alte Goblin schüttelte gedanklich nur den Kopf. Scheinbar konnte es Gasmi nicht bunt und exotisch genug sein. Zuerst ein wahnsinniger, sonnengelber Psychopath, nun ein rosa-bonbon-farbener Tiefling.


    Pavo schmierte Urako von oben bis unten ein und murmelte sich etwas in den Bart.
    Gasmi nahm sich ebenfalls aus dem Salbentopf und schmierte Urako mit ein.


    "Ich helfe Dir, dann musst Du nicht so viel schmieren", grinste der Düsterling.
    "Ist klar, nur zu", gab Pavo zurück.


    Ein grosser Hund steckte seinen Kopf ins Krankenzimmer und witterte nach Urako. Einen Augenblick später wurde das riesige Tier sanft weggezogen und ein Mann in Robe stand in der Tür. Schweigend musterte er Pavo und Gasmi bei ihrer Arbeit.


    "Wir haben einen neuen Gast. Er hat schwerste Verbrennungen erlitten, als ein Luftschiff brennend vom Himmel stürzte.


    Überall Flammen, Panik brach aus und der Tiefling stand mittendrin und hat alles abbekommen. Bäume gingen in Feuersäulen auf, der Straßendreck schwelte, die Luft koche - es war ein Inferno.


    In seinem Leid hatte er sich auf dem Boden gewälzt, mitleiderregend geschrien, wer kann es ihm verdenken. Ein grauenerregender Laut. Dann stürzte er sich mit letzter Kraft in einen nahegelegenen Brunnen um das Schlimmste zu verhindern. Das hat ihm vermutlich das Leben gerettet, sonst wäre er bei lebendigem Leib verbrannt oder seine Lungen wären irreparabel beschädigt worden und kollabiert. Zusammengefallen wie nasse Säcke, das ist schon vorgekommen.


    Drum bot ich ihm meine Hilfe an. Leider hat er kein Geld, so einigten wir uns darauf, dass er seine Schulden abarbeitet. Sollte er tauglich sein, könnte wir uns seine Aufnahme in die Familie überlegen. Er kann fliegen, das wäre doch nützlich.


    Nur vorher muss ich testen, ob er überhaupt Blut sehen kann. Der Beruf eines Heilers kann sehr blutig werden", erklärte Pavo Dave.


    "Ein Tiefling", sagte der Mann in Robe nur. Seiner Stimme war keine Wertung zu entnehmen.
    "Wie ich bereits sagte, richtig ein Tiefling", stimmte Pavo zu.
    "Du weißt wie Tieflinge sind?", fragte der Mann.
    "Wie sind sie denn?", fragte Pavo und musterte Dave.
    "So wie Goblins", gab Dave schmunzelnd zurück.


    "Ich schlag Dich später. Wolltest Du was bestimmtes? Hast Du Dich bei Deiner gefährlichen Arbeit verletzt? Vielleicht am Papier geschnitten, dann ziehe ich Deine Not-Behandlung vor", murrte Pavo.


    "Autsch ", gab Dave süffisant zurück.


    "Was war hier los während meiner Abwesenheit?", grinste Pavo.
    "Nichts. War super", grinste Dave.


    "Ich liebe die Unterhaltungen mit Dir. Du bist immer so ausführlich. Keine neuen Aufträge? Botengänge? Oder was mit den Bilanzen?", fragte Pavo und rieb Urako vorsichtig weiter mit der Salbe ein.


    "Reib eine Runde schneller. Wenn Du unten ankommst, ist der oben schon trocken", warf Dave ein, was Gasmi loswiehern ließ vor Lachen.


    "Ich bin alt!", beschwerte sich Pavo, musste dann aber selber lachen.


    "Sed ist unterwegs - Botengang. Aino ist außer Haus, Familienbesuch. Lydia hat mich gebeten ihren Eltern eine Botschaft zu schicken - erledigt. Bilanzen für diesen Monat - super. Die Nachbestellung für Deine fehlenden Utensilien - erledigt.


    Alles läuft rund. Schön dass Du wieder da bist Pavo. Komm nachher mal auf einen Tee vorbei, dann erzähl wie es wirklich abgelaufen ist", sagte Dave freundlich und ließ die drei wieder alleine.


    "So war es doch!", rief Pavo dem Naridier hinterher.
    "Uns scheint niemand zu glauben!", sagte der alte Goblin zu dem Tiefling.


    Pavo schmierte Urakos Flügel großzügig ein und betrachtete dann sein Werk zufrieden. Er zog eine große Spritze auf und verpasste sie Urako ins Hinterteil. Gasmi schaute genau hin, damit nichts schief lief.


    "Gegen die Schmerzen. Ruh Dich aus und erhole Dich gut. Ich schaue später nochmal nach Dir. Gasmi bringt Dir etwas Tee, für später", sagte Pavo freundlich.


    Der alte Heiler packte seine Sachen zusammen und ließ den Tiefling mit dem Düsterling allein. Pavo wusste Gas würde gut auf den Patienten aufpassen.

  • "In die Familie aufgenommen werden? Was für eine Familie? Eigentlich wollte ich hier arbeiten. Malochen. Kohle scheffeln. Hast du irgendeine Schwester mit hundert Bälgern, der der Kerl durchgebrannt ist und ich soll die jetzt durchfüttern? Das kannst du aber mal schön vergessen. Familie braucht keine Sau. Und eine, die ich nicht selber in die Welt gesetzt habe, noch weniger."


    Gasmi zeigte sich von Urakos derber Art reichlich unbeeindruckt und fuhr fort, ihn zu verarzten. Das letzte Mal hatte der Henker sich unter den Fittichen von Selan so gut aufgehoben gefühlt, aber der hatte leider nur ein väterliches Interesse an ihm geäußert. Gasmi hingegen schien durchaus auch andere Interessen zu hegen und Urako war der Letzte, solche Anwandlungen abzuweisen, so lange auch nur ein Mindestmaß an Sympathie herrschte. Und Gasmi war ihm sogar ziemlich sympathisch. "Ein Düsterling", murmelte Urako. "Nie gehört." Und nie gehabt. Fehlt mir noch in der Sammlung.


    Das Kerlchen widmete sich zärtlich seinem Gesicht, während es sich erkundigte, wer ihm die Nase gebrochen hatte. Wenn das nicht so verdammt weh tun würde, wäre das sicher angenehm.
    "Die war mehrmals gebrochen", antwortete Urako. "Keine große Sache, so was passiert. Die fehlenden Beißer sind ätzender. Aber ich habs ihm besser gegeben als er mir, darauf kannst du Gift nehmen!" Er grinste und sein Grinsen wurde noch breiter, als Gasmi auf seinen anzüglichen Kommentar einging und dabei zärtlich seinen Schweif massierte. Die Wirkung konnte nur jemand kennen, der selber über solch ein Körperteil verfügte. Urako lief ein wohliger Schauer über den Rücken und die verbliebenen Stoppeln in seinem Nacken stellten sich auf. Ein Argument mehr, sich bevorzugt mit seinesgleichen abzugeben. Gedanklich verfluchte Urako seinen miesen Zustand. Er stand zwar unter Drogen, doch er spürte, dass sein Körper nicht so reagierte, wie er es in solch einer Situation von ihm erwartete. Aber ein wenig kuscheln war ja auch nicht verkehrt, selbst wenn es kaum noch irgendwelche Regionen an ihm gab, die dazu geeignet erschienen. Einer seiner Flügel war zumindest teilweise noch intakt und so legte Urako die Schwinge um Gasmis Rücken, um ihn ein wenig mehr in seine Richtung zu drücken.


    Just in diesem Moment platzte der alte Sack ins Zimmer. Natürlich, was auch sonst.


    Urako schnaufte genervt. Andererseits hatte Pavo Recht mit seiner nun folgenden Moralpredigt. Die Drogen täuschten über vieles hinweg, ohne ihren Einfluss würde Urako nun heulend und zitternd unter einem Bett liegen und vor Schmerzen und Todesangst wimmern.


    Die zwei schmierten ihn gemeinsam mit der lindernden Salbe ein, die der Alte inzwischen angerührt hatte. Gar nicht mal so schlecht, die knorrigen, harten Hände. Urako versuchte, sich einen Dreier vorzustellen. Die zwei waren kleiner als er, aber nicht viel, er war ja selber nicht gerade ein Hüne, das ließ ihnen viele Möglichkeiten offen. Man könnte einiges ausprobieren und interessante Utensilien gab es hier auch genug. Aber ob bei Pavo überhaupt noch was lief? Er schien wirklich alt zu sein. Andererseits sah er ja ganz rüstig aus ...


    Ein Hundekopf, gefolgt von einem Menschen, schob sich zur Tür hinein und unterbrach seine Gedanken. Der Kerl saftete sie mit Generve voll.
    "Siehst du nicht, dass du störst?", grollte Urako. Doch der Blödmann redete unbeirrt weiter. "Wichser", flüsterte Urako, als der Kerl nicht ging. Was hatte er von einem Menschen auch erwartet.


    Als der Saftsack endlich wieder weg war, schnaufte Urako erleichtert und genoss den Rest der Prozedur. Zu guter Letzt zog Pavo ihm den angeschmorten Lendenschurz ein Stück herunter und verpasste ihm einen erneuten Pikser in den Hintern. Urako hatte keine Lust einzuschlafen, jetzt nicht! Ihm gefiel die Situation ausgesprochen gut. Außerdem kannte er die ganzen Leute hier nicht, es schien ein regelrechtes Wespennest zu sein, das sich in dem unscheinbaren Häuslein verbarg, nicht nur aus Gasmi und Pavo bestehend, sondern noch aus dubiosen anderen Gestalten, denen Urako nicht über den Weg traute, wie dem scheußlichen Menschentyp mit seinem Köter. Der Hund selber war am Ende ein verfluchter Gestaltwandler, wie die verräterische Töli. Die zwei gehörten aus dem Haus gejagt und mit ihnen der ganze Rest, der sich in diesen vier Wänden noch verborgen hielt!


    Einen Moment gelang es Urako, trotz der Droge die Augen offenzuhalten, indem er die Brauen hochzog, dann war sein Widerstand dahin. Er glitt, in einer ziemlichen Verrenkung daliegend und mit halb heruntergezogenem Lendenschurz, hinüber ins Land der Träume. Der Flügel rutschte an Gasmis Rücken herab und blieb schlaff liegen.

  • Der Düsterling musterte Urako schmunzelnd.


    `In einer Tour nur am Schnattern oder am Motzen, man was hab ich das vermisst. Motz Du nur Urako. Ist Dein gutes Recht, wo Du aussiehst wie ein Stück Brennkohle. Irgendwann geht Dir eh dafür die Laune und die Luft aus und Du begreifst, dass Du Deinen Atem viel angenehmer vergeuden kannst. Bisschen scheinst Du es ja schon kapiert zu haben´, dachte Gasmi gut gelaunt und warf einen Blick auf den Schweif des Tieflings.


    „Von so einer Art Familie spreche ich auch nicht. Meine ursprüngliches Rudel, also meine Familie ist tot. Was soll ich da groß zu sagen? Tragisch, traurig, aber nicht zu ändern. Verwandte kann man sich nicht aussuchen Urako. Unsere Form von Familie schon. Davon später, wenns soweit ist.


    Du hast noch nie von Düsterlingen gehört? Wir sind die besten Heiler auf Asamura. Gibt nur keiner zu.


    Du hast bestimmt schon mal einen von uns gesehen, dass fällt Dir wieder ein wenn sich der Nebel in Deinem Kopf lichtet. Ich erinnere mich an Tieflinge aus den Sümpfen. Viele Formen und Farben. Deine Farbe ist hübsch, hat Dir das mal wer gesagt? Ich mag hübsche Farben.


    So ist es Recht. Wenn man einmal geschlagen wird, muss man mindestens zweimal zurückbeißen. Gut sage ich besser schlagen oder würgen. Wie ist das mit Deinen Zähnen passiert?“, fragte Gasmi und untersuchte kurzerhand von Urako den Mund. Er zog ihm vorsichtig die Lippen auseinander und schaute sich die Kauleiste von dem Tiefling an.


    „Tja weg ist weg, Zähne wachsen nicht nach. Aber die Zahnlücke kannst Du auch ganz praktisch nutzen“, grinste der Düsterling breit, strich mit dem Daumen über die Zahnlücke des Tieflings und zwinkerte Urako zu.
    „Siehst Du, Du kannst doch noch einiges lernen – nicht jeder Mangel ist ein Nachteil“, kicherte Gas.


    Gasmi gefiel das Urako ihn ebenfalls mochte. Er war nicht nur ein dankbarer Patient, er war auch knuffig.


    Kaum dass mal ein klein wenig Zuneigung von dem Tiefling ausging und dieser ihm die Schwinge um den Rücken legte, donnerte Pavo herein.


    Natürlich passte der Goblin wie immer den ungünstigsten Zeitpunkt ab. Scheinbar hatten Priester eine natürliche oder sogar göttliche Begabung jedes leibliche Vergnügen im Keim zu ersticken!


    Notfalls, wenn ihre Anwesenheit nicht ausreichte, durch Gewaltanwendung. Pavo zog ihn einfach von Urako weg! Und dann fing er an den Tiefling einzuschmieren, als hätte er es auf einmal eilig. Vorher hatte er sich ganz schön viel Zeit gelassen, dachte Gasmi grimmig. Na gut, vielleicht hatte er auch die Salbe angerührt.


    Gasmi half kurz entschlossen einfach mit Urako einzureiben. Warum sollte er auf seinen Spaß verzichten offiziell Urako befummeln zu dürfen, nur weil Pavo jetzt hier war?


    Kaum bei der Arbeit kam Dave mit seinem Höllenhund Fedor vorbei. Gas nannte den Hund nur Daves Kamel, wegen seiner Größe. Pavo könnte vermutlich auf Fedor in die Schlacht reiten, dachte Gasmi belustigt.


    Der Magier schaute was sie mit dem Patienten so trieben. Dass er Pavo dabei wie üblich auf die Schüppe nahm, gefiel Gasmi. Ein bisschen Rache hatte er sich verdient.


    Als der Tiefling fertig mit Salbe eingerieben war, verpasste ihm Pavo noch eine Spritze, erklärte Gasmi zu Urakos Pfleger und verließ das Zimmer.


    Urako schaffte es noch einen Moment wach zu bleiben, ehe er in sich zusammensank wie ein Pudding in der Kurve.


    Behutsam zog Gasmi den Tiefling hoch aufs Bett, schob ihn ganz an die Wand heran und legte ihn vernünftig hin, so dass er nicht mit Verspannungen aufwachen würde. Was nützte die beste Behandlung, wenn sie eine weitere nach sich zog?


    Als Urako gerade und entspannt auf dem Bett lag, linste Gasmi ihm einmal unter den abgefackelten Lendenschurz. Bis jetzt hatte er nur ein Stück vom strammen Schinken des Tieflings zu sehen bekommen. Was er sah gefiel ihm.


    Gasmi verließ kurz das Zimmer, holte ein neues Leinen-Bettlaken und deckte Urako damit vorsichtig zu. So lag er schön warm zugedeckt im Bett und das Leinenlaken würde seine Wunden nicht reizen oder festkleben.


    Gas quetschte sich vorsichtig neben Urako und schlang seinen Greifschwanz um den Schweif von dem Tiefling. Der Düsterling rollte sich zusammen und hielt dösend Wache.

  • Er fuhr mit einem Grunzen aus dem Schlaf. Der kleine Mann, der neben ihm lag, hatte sich blöd bewegt und ihn an einer besonders schmerzenden Stelle erwischt. Urakos Herz raste und ihm war übel. Außerdem musste er aufs Klo. Das hielt ihn aber nicht davon ab, vorher noch gründlich die Gestalt zu mustern, die sich neben ihn in die Lücke zwischen seinem Körper und der Wand gequetscht hatte. Ihre Schweife hatten sich fest miteinander verwickelt.


    Nachdenklich betrachtete er Gasmi, der friedlich dalag. So ein sympathisches, hübsches Kerlchen. Wie gern hätte er probiert, wie die glatte, anthrazitfarbene Haut sich mit den Lippen anfühlte. Je mehr er darüber nachdachte, umso mehr nahm ihn dieser Wunsch ein. Gleichzeitig senkten diese Gedanken seine Laune noch weiter. Sicher liefen dem Düsterling die Weiber in Scharen hinterher und die Männer wahrscheinlich auch. Einmal mehr verfluchte Urako seinen eigenen Zustand und seine widerlichen Wunden. Wahrscheinlich sah er extrem ekelerregend aus mit all den Löchern und Blasen und stank abstoßend. Ein tiefes Schamgefühl breitete sich in ihm aus. Er betrachtete seine verkohlten Hände, die verbrannten Arme, die Reste seiner fleischfarbenen, undämonischen Haut mit den hellen Härchen. Zähne hatte er auch keine mehr, dafür umso mehr Pickel. In einen Spiegel zu sehen, wagte er nicht.


    Ohne ein Wort zu sagen entwickelte er ihre Schweife und stellte sich auf. Er war ziemlich wacklig auf den Beinen. Einen Nachttopf oder Eimer konnte er nirgends entdecken. Also suchte er den Ausgang und pinkelte draußen hinter das Haus. Dabei stellte er sich auf die Zehenspitzen und lehnte sich mit der verbrannten Stirn an die harte Hauswand, damit es schön wehtat und ihn von seinen lästigen Gedanken ablenkte. Die vorbeiziehenden Passanten und Nachbarn störten ihn dabei nicht im Geringsten. Er wischte sich nach vollbrachtem Werk die Hände am Lendenschurzrest ab und ging wieder hinein. Im Stillen hoffte er, dass Gasmi noch immer da war.


    Er suchte erneut das Zimmer auf, in welchem sie geschlafen hatten und besah sich die Gerätschaften und Apparaturen, die vermutlich Pavo gehörten. Seine Hände glitten gedankenverloren über etwas, das ihn an die Gerätschaften aus seiner Folterkammer erinnerte.


    "Eine Klamotte könnte ich gebrauchen", verkündete er zusammenhangslos. "Und ein Frühstück. Ein Bier wäre auch nicht schlecht."

  • Gasmi drehte sich zu Urako um, aber der Tiefling war weg!
    Erschrocken setzte sich der Düsterling auf, schaute sich um und schaute auch unters Bett, bis ihm einfiel, dass Urako im Gegensatz zu seinem Ex dafür eindeutig zu groß war.


    Gas peitschte nervös mit dem Schweif und grübelte wo Urako nur hingegangen sein könnte, als der Tiefling wieder im Zimmer erschien. Erleichtert schnaufte der Düsterling durch.


    "Wo warst Du denn? Du hast mir einen ganz schönen Schrecken eingejagt! Du kannst doch nicht einfach weglaufen. Ich meine, klar darfst Du - aber Du sollst es nicht", erklärte Gasmi.


    Sicherheitshalber schaute er sich den Tiefling genau an. Es ging ihm zum Glück nicht schlechter. Urako redete von Frühstück und Bier. Gas nickte verstehend.


    "Frühstück? Bringe ich Dir, kein Problem. Du musst an Deine Wunden denken, Du sollst doch im Bett liegen bleiben. Hast Du Pavo denn nicht zugehört? Komm zurück ins Bett, na los", sagte er freundlich zu Urako, schnappte ihn sich kurzerhand und verfrachtete ihn wieder ins Bett.


    "Wenn Du mal Wasser wegbringen musst, sagst Du mir Bescheid, ich hole Dir eine Flasche, dann kannst Du im Bett liegen bleiben. Der Vorteil bei einem Mann - Du musst nicht aufstehen", grinste Gasmi breit und verließ kurz dass Zimmer.


    Er kam mit einem Teller voller Wurst, Käse einen einem dicken Stück Brot zurück. Dazu reichte er Urako eine riesige Tasse Tee.


    "Wenn einer reinkommt, mach ein Gesicht als wär´s Tee. Ist aber Bier, nur sollte Pavo davon nichts mitbekommen. Lass es Dir schmecken", sagte der Düsterling und reichte alles dem Tiefling rüber und hockte sich dann neben Urako um ihm beim Essen zuzuschauen.


    Der Düsterling fühlte die Stirn des Tieflings. Bis auf die Verbrennungen, schien er soweit in Ordnung zu sein. Gasmi schaute sich Urako genauer an. Er hatte ihn zwar schon kurz inspiziert, aber jetzt wo er so nah neben ihm saß, konnte er ihn sich in Ruhe ganz genau anschauen.


    Urako war nicht richtig rosa, eher lachsfarben mit weißen Krallen und Haaren. Die Farbkombination gefiel Gasmi gut. Auch die spitzen Ohren gefielen Gas und vor allem, dass der Tiefling über einen Schweif verfügte.


    Der Düsterling war sicher, dass Urako wieder vollständig gesund werden würde. Egal was der Bursche selber sagte oder befürchtete, er kannte Pavo und seine zur Not zwielichtigen Mittel. Pavo hatte bis jetzt noch jeden von ihnen durchgebracht, dass musste Gas dem alten Goblin lassen. Auch wenn er gerne seine Rudelmitglieder ärgerte, Gas mochte sie alle.


    Der Düsterling hoffte, dass Urako in die Familie finden und bleiben würde.


    Er strich ihm die Haare aus dem Gesicht damit er davon nichts auf seine Brote bekam. Gas musterte ihn noch einen Moment stillschweigend, ehe er es sich wieder neben ihm gemütlich machte und ihm dabei den Schädel kraulte.


    Er erinnerte sich an die Zeit, als er so mit Jozo zusammengehockt hatte.


    "Weißt Du Urako, früher hatte ich auch mal jemanden wie Dich. Er war auch gerne am Meckern und hat sich schnell aufgeregt. Aber sowas stört mich nicht und manchmal muss man seinen Frust raus lassen. Für das Rudel habe ich ihn damals eingefangen. Er war schnell, aber nicht schnell genug.


    Als ich ihn das erste Mal gesehen habe, so richtig gesehen habe - da war es passiert. Man weiß es sofort, weißt Du? Ich hab ihn geliebt.


    Er war sonnengelb. Wobei er nicht wirklich nur sonnengelb war. Er hatte die Farbe von einer Netzmelone. Sonnengelb mit grünem Muster. Butterkeks, so hab ich ihn genannt, wenn wir unter uns waren. Er hatte richtig dunkelbraune Augen, Hammer sage ich Dir. Ich vermisse manchmal, dass ich aufwache und er starrt mich an.


    Er war ein klasse Typ, egal was die anderen über ihn sagen. Er hatte seine Probleme, aber das was Pavo über ihn erzählt, dass stimmt einfach nicht. Das ist nicht wahr.


    17 Jahre war er mein Mann, da werde ich wohl wissen wie er wirklich gewesen ist. Seit dem hatte ich niemanden mehr. Wenn sie heute ab und an im Rudel über ihn reden und denken ich höre es nicht, dann sprechen sie von ihm, als wäre er eine Bestie gewesen.


    Jeder kann zur Bestie werden, aber er hatte auch viele gute Seiten und er hatte auch seine private Seite. Weißt Du wie oft wir einfach nur rumgealbert und geblödelt haben? Manchmal haben wir nur Quatsch erzählt und uns kringelig gelacht.


    Manchmal lagen wir den ganzen Tag nur im Bett rum. Mit ihm konnte ich da alles bereden oder ausprobieren.


    Er war viel kleiner als ich, aber das spielte keine Rolle für uns beide. Wenn er von einem Auftrag kam, hat er mir immer irgendwas mitgebracht. Meist was leckeres. Das macht doch niemand, der angeblich keine Gefühle hat oder? Um jemanden was Schönes mitzubringen muss man an ihn denken.


    Weißt Du, Pavo kann da ja viel behaupten und er ist sonst ein schlauer Kopf, aber was weiß ein Priester schon von Gefühlen wie Liebe? Davon haben sie doch gar keine Ahnung. Vielleicht war er auch einfach nur eifersüchtig. Der Neid der Besitzlosen. Aber niemand zwingt Pavo allein zu versauern. Ich gebe ihm oft Ratschläge, aber er befolgt keinen, da braucht er sich nicht wundern!


    Andere konnten mit meinem Butterkeks schon mal aneinander geraten, da konnte er wirklich giftig werden. So klein wie er war, so bärbeißig wurde er dann. Wie ein Frettchen. Wuselig, klein, wild und bissig. Zu mir war er immer lieb.


    Obwohl er schon über zwei Jahre fort ist, weiß ich noch alles von ihm. Wie er gelacht hat. Sein Lachen klang wie statisches Rauschen. Habe niemanden vorher oder danach je wieder so Lachen gehört. Er hat unbewusst immer Grimassen gezogen, wenn er sich nicht konzentriert hat. Meist wenn ihm langweilig wurde. Er hatte die Aufmerksamkeitsspanne von einer Stubenfliege - wirklich.


    Er hatte einen Sprachfehler, aber ich fands süß, wenn er irgendwelche Worte verwechselt hat. So war er eben.


    Er hatte immer Schmerzen.


    Ständig hat er was gegen Schmerzen geschluckt. Ich glaube er hatte keine körperlichen Schmerzen, sondern seelische. Hab es versucht ihm zu erklären, hab versucht ihm zu helfen. Man muss doch kein Dreckzeug schlucken, wenn man es nicht braucht! Er hat Musik geliebt, die hat ihm oft bei Schmerzen geholfen.


    Und manchmal... das wissen die anderen nicht... aber ich sage es Dir - manchmal hockte er nachts im Bett und seine Augen waren schwarz, so groß waren seine Pupillen. Dann hockte er da, die Arme um sich geschlungen und wiegte sich hin und her. Er sprach irgendwas. Als ich es das erste Mal hörte, dachte ich er redet in der alten Sprache! Aber das tat er nicht. Das hat mich total nervös gemacht.

    Dachte mir so, frische Luft hilft ihm bestimmt. Also hab ich ihn aus dem Bett gezogen, untergehakt und bin mitten in der Nacht mit ihm raus gegangen. Dort hab ich ihm gut zugeredet und ihn gestreichelt.


    Nach einem Moment wurde er dann... wach. Seine Ohren zuckten, er witterte - was irgendwie animalisch bei ihm war, obwohl ich auch nach Leute wittere, und dann war er weg!


    So schnell konnte ich nicht gucken.
    Ich hab mir solche Sorgen um ihn gemacht.


    Die ganze Nacht hab ich vor der Tür auf ihn gewartet und gehofft er kommt zurück. Und wenn er zurück käme, dass er rechtzeitig zurück kommen würde, bevor die anderen merkten, dass er weg war.


    Er war pünktlich zurück. Aber wie er aussah, von oben bis unten eingesaut. Blut und Gewebefetzen hingen an ihm und ich konnte mir keinen Reim drauf machen, was er angestellt haben musste um so auszusehen!


    Sein Gesicht eine grinsende Maske reiner Ekstase, purer Rausch.
    Er war so glücklich, so als wäre er von einer Last befreit.


    Rings um seine Lippen klebten ganze Brocken von... von Fleisch. Ich hab versucht sie vorsichtig abzupellen, ihn irgendwie sauber zu bekommen.


    Im Morgengrauen hab ich ihn dann kurzerhand in den Badezuber gestopft und abgeschrubbt. Ich musste den Kerl dreimal waschen! Dreimal! Wasser schleppen, weggießen, neues holen. Mein Lebtag habe ich nicht so viel geackert, wie an dem Morgen. Aber ich habs für ihn gerne getan und hätte es jederzeit wieder getan. Nach dem Bad, hab ich ihn ins Bett gestopft.


    Eine ganze Weile danach war er wie ausgewechselt. Nicht mehr so unruhig und wuselig. Da wusste ich schon, dass er Hilfe braucht, aber nicht so wie Pavo sagte. Er brauchte einfach was um seine Nerven zu beruhigen. Manchmal habe ich ihm heimlich Baldrian in seinen Tee geschüttet.


    Woran ich mich gerne erinnere ist seine Stimme und sein Geruch. Und wie er sich anfühlte. Und er hat geschnarcht! Das mochte ich. Ach was rede ich, ich liebte alles an ihm. Ich hätte besser auf ihn aufpassen müssen, dann wäre er heute noch da.


    Wie Deine Lache wohl ist Urako? Wenn es Dir besser geht, hoffe ich Du lachst mal.
    Vielleicht darf ich ja mal an Dir schnuppern, wenn Du wieder gesund bist und nach Dir riechst.


    Ich mag Dich und wenn Du uns eine Chance gibst, magst Du mich vielleicht auch irgendwann ein bisschen. Aber jetzt musst Du essen und gesund werden", flüsterte Gasmi Urako gut gelaunt zu.

  • Pavo gesellte sich am Morgen zu Dave ins Zimmer. Der Magier saß auf dem Bett und neben ihm lag wie üblich sein Hund Fedor. Vor dem Bett hockte Seddik auf einem Haufen aus Kissen und Decken, so dass der Ork fast auf selber Höhe wie Dave war, obwohl er im Grunde auf dem Boden saß. Beide hatten es sich mit Bier und Knabberzeug gemütlich gemacht.


    "Du bist wieder Zuhause. Dein Quartier wurde zweckentfremdet, aber vermutlich weißt Du dass schon, sonst hättest Du nicht bei Dave Unterschlupf gesucht", sagte Pavo und setzte sich zu Dave mit aufs Bett.


    Der Goblin schaute kurz Fedor an und kraulte dem Hund dann den großen Kopf.


    "Musst er eigentlich immer mit ins Bett? Ich hätte mehr Platz, wenn das Schlappohr unten auf dem Boden wäre", sagte Pavo.
    "Komisch das selbe sagt Fedor auch jeden Morgen", gab Dave zurück, was Seddik polternd loslachen ließ.


    "Dass sich Gasmi einen Tiefling angelacht hat, habe ich schon von Dave erfahren. Er ist wohl schwer verletzt und Gasmi kümmert sich um ihn. Warum der Kerl ausgerechnet in meinem Quartier liegen muss, weiß ich nicht. Aber so schlimm ist das nicht. Denn denkt doch mal nach, wenn der Bursche so schneller wieder gesund wird, pennt Gasmi zukünftig auf dem seinen Buckel nicht mehr auf meinem", warf Sed ein und trank von seinem Bier.


    "Erstaunlich gut kombiniert. Mögliche wäre auch, beide pennen auf Deinem Rücken", grinste Pavo.
    "Hör auf, ich bekomme Albträume", stöhnte Seddik.
    "Erzähl uns davon", grinste Dave breit.
    "Besser nicht, es war schändlich, ich fühlte mich so benutzt", gab Seddik zurück.
    "Wus?", fragte Pavo.


    "Er meint ich hätte ins Blaue geschossen und ins Schwarze getroffen. Ich wollte Dich nur ärgern Sed", lachte Dave.
    "Mache ich auch ständig, Orks ärgern die um die 3 Meter hoch sind und 3 mal so breit wie ich. Wahrscheinlich trittst Du auch beim Brötchen holen morgens den Bütteln ins Gemächt", stänkerte Pavo.
    "Weshalb meinst Du hält er sich den Höllenhund?", fragte Seddik grinsend.


    "Ansonsten berufst Du Dich einfach auf Deinen Namen, nur jeden Morgen wäre schon was auffällig. Denn wen glaubt man wohl eher einen wohlerzogenen Freiherrn oder so einem verlogenen, stinkenden Büttel? Das ist Pöbel mit Schild und Waffe, sonst nichts", grinste Dave.
    "Du bist der Letzte der so ist, Du Lügner. Na toll, ich heiß Pavo - lachen die sich kringelig. Funktioniert dass echt?", fragte der Goblin grübelnd.


    "Ja natürlich funktioniert dass, wenn ich mich auf meine Familie und meinen Stand berufe. Zudem hab ich immer Sed dabei und Fedor, da stellt keiner eine Frage zweimal", grinste Dave.
    "Fedor hat auch einen adligen Namen", warf Sed hilfreich ein.
    "Genau", lachte Dave.


    "Jetzt kommt es wie heißt er?", fragte Pavo gibbelnd.
    "Das ist sein Zwingername. Er ist nicht wirklich adelig. Würde ich ihn heiraten hätte ich davon nichts", grinste Dave.
    "Logisch - aber bei Euch wäre es Liebe", prustete der Goblin.
    "Aber absolut rein platonisch, sag das bitte dazu", grinste Dave.
    "Platt was?", fragte Seddik und kratzte sich am Kopf.
    "Reine, geistige Liebe Sed. Ohne jeden Körperkontakt. So wie Du zu Gas oder zu mir und Pavo", erklärte Dave freundlich.


    "Wo wir beim Thema sind, habt Ihr beiden nie drüber nachgedacht? Ich meine bei Menschen und Goblins ist das was komplizierter als bei uns. Bei uns muss man sich nur als Mann beweisen, dann darf man die Höhlen aufsuchen. Aber ihr, habt es da schon schwerer", grinste Seddik.


    "Oh Sed, das kennen wir hier auch. Da kann Mensch oder Goblin auch einfach eine Höhle aufsuchen er muss nur Taler mitnehmen. Aber das ist nicht dass, was jeder möchte. Den Scherz von gerade mal beiseitegeschoben, ich suche keine Frau von Stand, davon habe ich nichts. Diese Frau könnte ich innerhalb einer Woche ehelichen, wenn ich meinen Bruder darum bitte. Ich suche eine Frau vom selben Schlag. Jemand mit gleichen oder ähnlichen Fähigkeiten. Keine Person ohne die Gabe, kann die Gabe verstehen", erklärte Dave und trank ebenfalls einen Schluck von seinem Bier.


    "Du meinst eine Magierin. Das ist nur verständlich, jeder sucht etwas Vertrautes. Ich hatte nie das Bedürfnis nach einer Partnerin. Meine Liebe ist die Wissenschaft. War sie schon immer.


    Wo wir von Vertrauten sprechen, ich glaube Gasmi hat Urako direkt als Vertrauten gesehen und ins Herz geschlossen. Was immer er in dem Tiefling sieht, ich gönne es ihm. Ich hoffe allerdings für Gas, dass Urako ein anderes Kaliber ist als Jo", sagte Pavo.


    "Nun Du hast ihn doch vor Gasmi kennengelernt. Welchen Eindruck hat er auf Dich gemacht?", fragte Dave.
    "Gas hat einen anständigen Kerl verdient, das steht fest", sagte Seddik ernst.


    "Eigentlich einen ganz netten Eindruck. Etwas pampig und stur, geschenkt. Wer wäre nicht pampig, wenn ihm so ein Unglück widerfahren wäre. Und Dave, was ich erzählt habe war Fakt! Es ist wirklich passiert, ich hab da nichts erfunden. Er wurde von einem brennenden Luftschiff getroffen. Es war ein Inferno und Urako war mitten drin.


    Ich kam direkt gut mit dem Tiefling aus. Ansonsten hätte ich ihm nicht angeboten bei mir zu arbeiten und ich hätte ihn auch nicht mit nach Hause gebracht.


    Nun so wie die beiden vorhin miteinander umgingen, wo ich nur mal kurz draußen war um die Paste anzurühren, sage ich es ist eindeutig Zuneigung vorhanden. Drum bin ich auch direkt gegangen und dachte lass Gasmi seinen Spaß. Und ich muss meinen Patienten auch nicht beim Schlafen zuschauen", grinste Pavo.


    "Wohl wahr. Also sind wir Urako wohlgesonnen Leute?", fragte Seddik.
    "Eindeutig dafür, sind wir", stimmte Dave zu.
    "Ich bin auch dafür", sagte Pavo gut gelaunt.
    "Du musst auch dafür sein, Du hast ihn angeschleppt Runzel", lachte Seddik.
    "Ja so ist es, Ihr könnt mir später danken", gab Pavo zurück und trank einen Schluck von Seddiks Bier.

  • "Ich soll in eine Flasche pissen?", rief Urako und lachte. Es klang wie ein heiseres Bellen und ging übergangslos in ein Husten über. Als er sich wieder gefangen hatte, sprach er weiter. "Ist das hier so üblich, ja? In meiner Heimat gab es dafür den Sumpf und an anderen Orten Klos oder Donnerbalken oder eben das gute alte Gebüsch. Na ja, andere Länder, andere Sitten. Wie heißt das Kaff hier überhaupt? Wo bin ich hier?"


    Urako lauschte auf Gasmis Antwort, während er speiste. Als er die vermeintliche Teetasse zur Hand nahm, weiteten sich zeitgleich seine Augen und seine Nüstern. Gasmi schnellte auf seiner Beliebtheitsskala um mehrere Stufen nach oben. Andächtig führte er das Bier an die Lippen und spürte den Schaum, dann das vertraute Sprudeln im Mund. Selan hatte ihm verboten, jemals wieder Alkohol zu trinken, aber wen juckte das schon? Selan war meilenweit fort!


    Während Urako dinnierte, lauschte er auf Gasmi und genoss dessen kleine Zärtlichkeiten. Es überraschte ihn wenig, als der Düsterling erzählte, dass er zuvor mit einem Mann zusammengewesen war, seine Signale waren ja eindeutig. Gasmi sprach sehr liebevoll von seinem Verflossenen, zu liebevoll für Urakos Geschmack und er fühlte ein vertrautes Stechen in der Brust. Die ersten Vorboten der Eifersucht. Er hasste dieses Gefühl, aber momentan war es schwach und abgesehen von dem Stechen und einer leichten Übelkeit gut beiseitezuschieben. Urako ergänzte die Liste seiner Feinde um Ex vom Gasmi und prägte sich dessen Beschreibung genau ein.


    "Jetzt ist es weg, das Gebäck", kommentierte er, um sich Genugtuung zu verschaffen. "Weg und fort und kommt nicht mehr wieder. Sei froh, dass du den los bist. Der ist ein Spinner, nach allem, was du erzählst, du hast was Besseres verdient. Ich hatte zuvor auch einen Mann. Zwei Jahre allerdings nur. Groß und fett, aber immerhin ein Tiefling." Er erwähnte den Umstand scheinbar beiläufig, um Gasmi aufzuzeigen, dass er es keineswegs nötig hatte, irgendwem hinterherzulaufen. Doch am Ende überraschte ihn der Düsterling mit einem sehr eindeutigen Angebot, anstatt auf das kleine sich von Urakos Seite anbahnende Machtgerangel einzugehen, wer es nun weniger nötig hatte. Urako war von den Socken oder wäre es gewesen, wenn er welche getragen hätte statt seiner verschmorten Fußlappen.


    "Ich mag Dich und wenn Du uns eine Chance gibst, magst Du mich vielleicht auch irgendwann ein bisschen."


    Jetzt war er aus dem Konzept. Verwirrt kratzte er sich seinen Hinterkopf, von wo sogleich ein paar der letzten Haarbüschel herunterrieselten. "Eh, du bist ziemlich fix bei der Sache. Du kennst mich doch überhaupt nicht. Ich könnte ein Wegelagerer sein, der nur darauf wartet, zutrauliche Kerlchen wie dich auszurauben und dabei noch ein wenig Spaß zu haben oder sogar ein Mörder." Er stellte das Bier ab und legte die angebissene Schnitte zurück, um Gasmi mit ernstem Blick seine Hände zu zeigen. Sie sahen scheußlich aus, aber das spielte jetzt keine Rolle. "An diesen Händen könnte Blut kleben. Sehr viel Blut. Du weißt nicht, wer ich bin. Es ist viel Gesindel unterwegs heutzutage. Deine Zutraulichkeit könnte dein Ende sein. Es wäre schade um dich."


    Er mussterte Gasmi noch etwas genauer als zuvor und wog in sekundenschnelle alle Vor- und Nachteile des Persönchens ab. Der einzige Nachteil schien momentan zu sein, dass er viel zu zutraulich war und am Ende bei der erstbesten Gelegenheit fremdkuscheln könnte oder Schlimmeres. Das allerdings war ein ziemlich großer Makel und nichts, was Urako bereit wäre zu dulden. Aber momentan kein Grund, die Gelegenheit von vornherein auszuschlagen, vielleicht war es ja gar nicht so schlimm oder ließ sich austreiben. Man könnte die Möglichkeit einer Partnerschaft zumindest ins Auge fassen und näher überprüfen. "Du hast da `ne Verspannung", diagnostizierte Urako, während er Gasmi musterte. "Sieht mir nach `ner Blockade in der Nackenwirbelsäule aus. Soll ich dich mal fix einrenken, bevor wieder irgendein Spacken kommt?"


    Er lauschte auf die Schritte im Flur. Die Besatzung des Hauses schien schon munter zu sein und ihren Aufgaben nachzugehen. Hoffentlich nicht noch mehr Menschen.

  • Der Düsterling grinste Urako breit an.


    „Du sollst nur in eine Falsche pissen, wenn Du pinkeln musst und nicht aufstehen kannst, oder willst aufgrund Deiner Schmerzen. Ansonsten ist es Dir natürlich auch erlaubt auf Toilette zu gehen. Dachte einfach an die Bequemlichkeit. Sobald Du musst, werde ich Dich zur Toilette führen. Oder zum Bad, wenn Du mal baden willst. Und darfst“, sagte Gasmi gut gelaunt.


    „Wo Du bist? Du weißt nicht mal wohin Dich Pavo geschleppt hat? Du bist in Shohiro Urako. Eine Stadt der Handelsallianz. Die Stadt der Handelsallianz, ihre Hauptstadt“, erklärte der Düsterling.


    Als Urako von Jozo sprach, musterte Gasmi den Tiefling.


    „Er kommt nicht wieder zurück - niemals, damit hast Du Recht.
    Er war ein Goblin. Dein Mann war ein Tiefling?


    Goblin, Tiefling, was spielt die Rasse schon für eine Rolle. Mir ist das gleich. Man muss zusammen mehr sein, als man allein jemals sein könnte. Eine Einheit werden – Eins-Sein. Ich verdiene was Besseres als ihn? Tja, Danke“, antwortete Gasmi und schmunzelte verlegen.


    „Ich bin schnell bei der Sache? Soll ich Dich mal aufklären Urako?
    Weißt Du wieviel Zeit Du hast? Normalerweise sagt man uns Dämonen nach, wesentlich länger zu leben als die üblichen Sterblichen.


    Gemessen am Menschen werden wir Hunderte Jahre alt. Wäre schön. Es kann aber auch morgen schon vorbei sein, Du weißt nicht was das Schicksal für Dich bereit hält oder?


    Wenn mir dasselbe Schicksal also jemanden vorbei schickt, wo ich direkt spüre, dass ich ihn mag und ich sehe das er mir gefällt – worauf soll ich warten?


    Auf die menschlichen 5 Anstandsminuten?
    Lächerlich, findest Du nicht auch? Wir sind keine Menschen.


    Darauf was einige für schicklich halten oder nicht?
    Genauso blöde, denn das ist von Rasse zu Rasse verschieden.


    Ich weiß, dass es morgen vorbei sein kann. Ich habe erlebt, dass von einer Minute auf die andere mein Leben völlig aus der Bahn geworfen wurde, weil ich innerhalb eines Atemzuges jeden verloren hatte, der mir was bedeutete.
    Jeden – mein ganzes Rudel.


    Also warum oder worauf soll ich warten?
    Wofür soll ich um den heißen Brei herumreden?
    Dafür gibt es keinen Grund Urako.

    Ich bin weder ein Zwerg, der stur erstmal abwartet was der oder die Angebetete macht, noch bin ich ein Mensch der irgendwelche seltsamen Riten und Höflichkeitsformeln einhalten muss.


    Ich bin halt wie ich bin.


    Ich sage Dir was passiert wenn ich warten würde – ich verschwende unsere Zeit!


    Wieso sollte ich nur einen einzigen Tag darauf verzichten Dir näher zu kommen, oder Dein Partner zu sein, wenn das nicht sein muss?


    Ehrlich sein, direkt sein. Das hat noch keinem geschadet.


    Wenn Du willst, beschnuppern wir uns.
    Wenn nicht, verdammt schade, aber ich akzeptiere es.
    Allerdings nicht kampflos, dass dürfte Dir wohl klar sein“, kicherte Gasmi.


    Der Düsterling schwieg eine Weile, nahm kurz die Teetasse des Tieflings und gönnte sich auch einen Schluck Bier, dann reichte er sie Urako zurück.


    „So mal vertraulich unter uns beiden. Meinst Du tatsächlich es stört mich ob mein Partner Blut an den Händen hat, wenn es mich nicht störte, das mein Ex welches an den Lefzen hatte?


    Zur Not bekomme ich Dich wieder sauber… versprochen. Pavo hat so eine Waschpaste damit bekommt man alles sauber. Bestimmt bekommt man damit auch Blutflecken weg“, flüsterte Gas und lehnte sich behutsam an Urako an.


    Gasmi musterte Urako ganz genau, taxierte ihn förmlich.


    „Deine Sorge um meine Sicherheit ist süß“, grinste er breit, „wenn an Deinen Händen Blut kleben sollte, kannst Du mich ja beschützen“.


    „Meine Zutraulichkeit gilt meinem Rudel und ausgewählten Personen, nicht jedem Urako… sowas musst Du doch wissen, als Tiefling. Wir sollten Dich nachher in meinem Quartier unterbringen. Das wäre besser“, erklärte Gasmi mit einem Zwinkern.


    „Du meinst ich sehe verspannt aus und Du willst mir helfen? Nur zu“, freute sich Gasmi.

  • Urako lauschte Gasmis Ausführungen - und war erstaunt darüber. "In gewisser Weise hast du schon Recht", murmelte er und legte den verbrannten Arm um den kleinen Mann, der sich an ihn lehnte. Warum auch nicht, was hatte er zu verlieren? "Einverstanden. Lass es uns versuchen. Notfalls kann ich mich immer noch mit nem kräftigen Arschtritt verabschieden. Oder du ziehst mir ein Nudelholz über den Schädel." Er grinste kaum sichtbar sein zahnarmes Grinsen. "Ach ja, dein verspanntes Genick", fiel ihm wieder ein. "Stell dich mal hier vor mir gerade hin." Als Gasmi der Aufforderung Folge geleistet hatte, tastete Urako mit den Daumen zu beiden Seiten seiner Nackenwirbelsäule entlang. "Hier." Er bohrte. Die Stelle würde unter dem Druck vermutlich ziemlich weh tun, wenn er sich das so befühlte. Als hätte Gasmi da Kieselsteine unter der Haut. Er stellte sich seitlich von Gami und hielt seine ausgestreckte Hand im rechten Winkel zu dessen Ohr. "Dreh mal den Kopf zu mir. Ganz locker bleiben." Kaum, dass Gasmi in seine Richtung blickte, riss Urako mit der anderen Hand dessen Kopf herum bis zu ersten Hand. Es krachte, als hätte er einen morschen Ast über dem Knie zerbrochen. "Das war`s schon", grinste er und hoffte, dass nicht genau jetzt irgendeiner hinter ihm gestanden hatte, der glaubte, er hätte Gasmi das Genick gebrochen. "Schatz", fügte er mit einem breiten Grinsen hinzu. "Auuuuuuuuuuuuuuu!" Fluchend fasste er sich an die eingerissenen Mundwinkel.

  • Gasmi hörte Urako aufmerksam zu und grinste den Tiefling dann breit an.


    „Schön, dass freut mich aus tiefstem Herzen. Versuchen wir es. Du wirst keinen Grund haben, Dich mit einem Arschtritt zu verabschieden. Und falls Du weglaufen willst, sag vorher Bescheid, dann komme ich mit. Wer weiß, was Dir sonst noch unterwegs passiert.


    Ich besitze kein Nudelholz. Wenn ich Dich bestrafe, müsste ich den Greifschwanz benutzten, wobei ich Dich damit auch belohnen kann“, sagte Gasmi glücklich und streichele vorsichtig Urakos verbrannten Arm.


    Gasmi ließ sich gerne an sein verspanntes Genick erinnern. Da Urako ein williger Patient gewesen war, war es nur Recht und fair, wenn er auch still hielt. Als der Tiefling in seiner Halsmuskulatur rumbohrte musste Gas die Lippen zusammenpressen, aber er vertraute Urako.


    Wenn der Tiefling ihn umbringen wollte, hätte er bereits eine Gelegenheit gehabt. Er hätte ihn im Schlaf erwischen können.


    Vertrauen gegen Vertrauen, denn sie waren Partner. Trotz der Schmerzen musste Gasmi grinsen.


    Urako renkte ihn ein und Gasmi fragte sich nach dem Krachen, ob er noch vollständig war, oder ob er in der Mitte zerbrochen war. Probeweise bewegte er sich ganz vorsichtig, nicht dass sein Kopf von den Schultern plumpste.


    „Alles noch dran“, stellte er erstaunt fest.
    Und sogar besser als vorher!


    „Das hat vielleicht geknirscht, ich dachte ich bin durchgebrochen. Du hast kräftige Hände, dass mag ich. Was hast Du vorher gearbeitet? Ich meine bevor Dich Pavo abgeschleppt hat? Warst Du Knochenbrecher, also ein Heiler der die Leute einrenkt? Nicht grinsen Puschel, denk an Deine Haut“, sagte Gas, untersuchte sofort die Mundwinkel von Urako und tupfte sie dann vorsichtig ab bevor er ihm sanft einen Kuss gab.


    Der Düsterling packte Urakos Sachen zusammen, wickelte seinen Greifschwanz um den Schweif seines Lieblings und gab den Weg vor.


    „Umzug. Wir ziehen in mein Quartier. Erwarte nichts großartiges, ich hab kein Händchen für Deko oder sowas. Kannst Du dekorieren? Es ist aber alles da was man braucht. Ein Bett, ein Tisch, Stühle, Regale, aber dass siehst Du ja gleich selbst. Wenn etwas fehlt, musst Du es mir nur sagen, ich versuche es dann aufzutreiben.


    Ansonsten rede ich mit Dave, das ist der Mensch der vorhin kurz reingeschaut hat. Er ist der Kassenwart unserer Wohngemeinschaft. Alles was man gerne haben möchte und sich selbst nicht drum kümmern kann oder mag, besorgt Dir Dave.
    Also nur Gegenstände und so versteht sich“, fügte Gasmi schnell an.


    Das Wort besorgen gefiel ihm gar nicht und sein letzter Satz klang wie der einer eifersüchtigen Hausfrau, stellte Gasmi belustigt fest. Dass ging ja schon gut los. Zwei Sekunden zusammen und er fing schon an Urako zu beglucken.


    Gas erreichte sein Quartier, schob die Tür mit dem Fuß auf und nickte in den Raum hinein, als Einladung.


    „Fühl Dich wie Zuhause, denn es ist jetzt auch Deins. Es sei denn Du möchtest auch ein eigenes Quartier haben. Das wäre dann bei Pavo. Aber das möchtest Du nicht nein?“, beantwortete Gas die Frage sicherheitshalber lieber vorneweg.


    Er stellte die Sachen von Urako vor seine Truhe und hockte sich aufs Bett.


    „Komm her zu mir“, sagte er freundlich und zog den Tiefling neben sich.


    „So jetzt musst Du mir einen Moment gut zuhören, Du sollst Dir unser Rudel merken. Pass gut auf Puschel. Unsere Rudelführerin heißt Aino, sie ist eine ganz liebe Frau und sie ist ein Mensch. Bitte sei respektvoll zu ihr, sie hatte es nicht leicht.


    Der zweite im Rang im Rudel – dass ist Dave. Er ist Ainos rechte Hand und verwaltet hier die Finanzen. Ab und an hat er auch andere Kunden. Störe Dich da nicht weiter dran. Dave ist ein Magier, also ärgere ihn nicht. Später wenn ihr Euch was besser kennt, oder Du in die Familie aufgenommen bist – dann schon. Dann wird er Dich auch oft genug ärgern“, lachte Gasmi.


    „Gleich auf ist eigentlich Pavo. Den hast Du schon kennengelernt. Er arbeitet hier als Heiler und manchmal auch an anderen Dinge. Woran kann ich Dir nicht erklären, ich verstehe nicht was er da so treibt und zusammenkocht. Ich glaube er erfindet Salben. Aber das vermute ich nur. Wer weiß was er da wirklich kocht.


    Dann haben wir hier noch Lydia. Sie ist eine Zwergin und arbeitet in ihrer Schmiede. Die Schmiede grenzt direkt an unser Haus an. Lydia klingt manchmal ein bisschen barsch und frech – so ist sie auch. Sie hat ein dreistes Mundwerk, mit ihr kannst Du ruhig scherzen. Sie nimmt das nicht krumm. Nur darfst Du ihre Ehre nicht beleidigen. Dann kann sie wirklich grantig werden. Aber sonst ist sie richtig locker und geschmeidig drauf.


    Ihr Partner lebt nicht hier. Der ist unterwegs auf Jück. Keine Ahnung wo. Für uns gehört er noch zum Rudel. Er ist ein Goblin, heißt Jeelen und ist für jeden Scheiß zu haben. Mit dem hast Du sicher Deinen Spaß. Also Klamauk und Bier, mehr nicht.


    Zu guter Letzt gehört noch Seddik zu uns. Das ist der große Ork, dessen Zimmer Du in Beschlag genommen hast. Er ist groß, breit, stark, direkt und sehr bequem um nachts auf seinem Rücken zu schlafen. Er ist ein bisschen was eigen – man kann erst auf ihm ruhen, wenn er schon eingeschlafen ist. Sonst motzt er nur rum. Vor allem, wenn man zu zweit auf ihm schlafen will. Seine Zappelei machts dann auch nicht leichter. Drum wenn wir mal die Nacht mal schön gewärmt auf Sed verbringen wollen, warten wir einfach bis er pennt. Da merkt der eh nichts. Der schläft fest wie ein Stein.


    Das ist alles was Du wissen musst. Pavo wird Dir sicher noch erklären, was Du später in seinem Labor machen sollst. Vermutlich die Sachen anreichen, damit er nicht so viel Laufen muss. Genaues kann ich Dir nicht sagen.


    Hast Du noch Fragen Puschel?“, hakte Gasmi nach und streichelte Urako liebevoll.

  • Pavo lauschte auf die Geräusche von draußen und grinste dann Seddik und Dave an.


    "Was hörst Du?", fragte der Ork.
    "Gasmi ist seinem Patienten umgezogen. Vermutlich in sein Quartier. Da werde ich nachher mal genau gucken was die beiden Schlingel da so treiben", sagte der Goblin gut gelaunt.


    "Nein wirst Du nicht", sagte Dave ruhig.
    "Werde ich nicht?", fragte Pavo erstaunt.
    "Nein. Lass den beiden Ihre Privatsphäre Pavo", gab Dave zurück.
    "Werde ich nicht sagt er", echote der Goblin.
    "Dann wirst Du auch nicht", bestätigte Seddik grinsend.


    „Gut - Themenwechsel. Ist es eigentlich wie beten Davy?“, fragte Pavo nach einer Weile.
    „Wie bitte?“, hakte Dave leise nach.

    „Wenn wir früher für jemanden gebetet hatten, konnte sich Ainuwar gnädig zeigen. Aber eine magische Macht steckte nicht dahinter. Jedenfalls spürte man keine Macht. Keine direkte, sofortige Auswirkung. Ainuwar könnte sogar Gestalt annehmen, wenn Du zu ihm betest - Dich erhören, wenn Du so möchtest. Natürlich nicht nur wenn Du zu ihm betest, das könnte er auch so. Ich vermute ob er das tut, ist davon abhängig wie fest Dein Glaube ist. Ist das bei Magie auch so? Muss man an die Magie auch glauben?“, wollte der alte Goblin wissen.

    „Nein. Zur Magie brauchst Du die natürliche Verbindung zum Äther, ohne Verbindung kannst Du noch so fest an die Magie glauben – Du wirst nichts bewirken.
    Ohne diese natürliche Verbindung, kann eine Person kein Magier werden, denn von sich aus ist eine Verbindungsherstellung zum Äther nicht möglich. Die Verbindung kann unterschiedlich stark sein. Umso stärker sie ist, umso höher ist auch das Talent für Magie.


    Glaube und Willenskraft sind zwei völlig unterschiedliche Dinge.


    Glaube ist für das Wirken von Magie unbedeutend. Es sei denn Du hast Selbstzweifel, Du musst schon in Deine eigenen Fähigkeiten vertrauen, sprich an Dich selbst Glauben. Aber einen Gott an Deiner Seite benötigst Du nicht.


    Deine Willenskraft ist entscheidend ob Du einen Zauber wirken kannst. Dein Wille, Dein Geist ist Dein Instrument. Schwacher Wille, schwache Leistung. Ich kann mich zum Beispiel dermaßen auf etwas Magisches oder den Nexus konzentrieren, dass alles andere völlig bedeutungslos wird. In dem Moment fokussierst Du nur Dein Ziel, der Rest ist ausgeblendet. In solchen Momenten kann Dein felsenfester Wille zum Nachteil werden. Du hast noch einen Körper, der Dich an die Welt bindet – und dass soll auch so bleiben. Drum sollte man versuchen stets einen Anker in der Realität zu belassen.

    Die einen sind zu fest verankert und können kaum in den Nexus kommen.
    Ich komme problemlos hinein, ohne jede Anstrengung, aber schwer wieder hinaus. Manchmal fühle ich mich dort zu wohl. Dort bist Du ein reines Geist-Wesen, es ist ein wundervoller, erhabener, ja perfekter Zustand.


    Es ist… unbeschreiblich. Ich kann es Dir nicht wirklich erklären, Du hast kein Verständnis dafür mein Bester. Das ist nicht böse oder abwertend gemeint. Aber Du könntest auch keinem Fisch erklären, wie wundervoll Fliegen ist. Es ist eine andere Welt. Die Gabe ist mächtig in unserer Familie. Bei einigen so mächtig, dass manche sich selbst vergessen, sobald sie im Nexus sind. Sie vergessen ihre physische Form“, antwortete Dave.


    „Das ist Dir auch schon passiert Dave“, sagte Pavo sanft.
    „Ich weiß“, pflichtete der Magier ihm bei.


    "Wenn Du magst, kann ich Dich einmal mitnehmen. Zu Demonstrationszwecken verbinden sich auch Magier um etwas mental zu erläutern. Ich lese Dich dann nicht aus, sondern ich verbinde uns und betrete den Nexus. Dann siehst Du was ich sehe, spürst was ich spüre“, schlug Dave gut gelaunt vor.

    „So viel redest Du sonst in einem Monat nicht und ich rede verdammt gerne mit Dir, dass weißt Du. Gut testen wir es aus“, freute sich Pavo.


    „Nun das wäre so, als wenn ich Dich etwas über Medizin frage – da antwortest Du auch anders Pavo. Es ist halt unsere Leidenschaft, unser Lebensinhalt. Bei anderen Dingen fällt mir nicht sonderlich viel zum Thema ein. Bei Magie wüsste ich nicht wo ich aufhören sollte zu fragen, zu forschen oder zu erzählen“, grinste Dave.

    „Hast völlig Recht. Wie ist es im Nexus so? Sieht man da andere Leute?“, fragte der alte Goblin.
    „Man sieht Leute nicht in Form von Personen. Jedenfalls ich nicht. Ich würde Dich dort nicht in Deiner jetzigen Form sehen, sondern als Licht. Also ich sehe Dein Psi, Dein Atman, Deine Seele.


    Die ist auch nur dort, nicht Dein Körper wie gesagt. Jedenfalls nehme ich Personen im Nexus auf diese Weise wahr. Personen die ich kenne, kann ich anhand ihrer Seelenfarben unterscheiden. Ob Du Dich Pavo nennst, oder Baron Blub von Bla – ich würde Dich unter Tausenden wiedererkennen ohne Probleme. Deine Farben lügen nicht. Du bist Du“, grinste Dave.

    „Können sich Seelen im Nexus vereinigen?“, forschte Pavo nach.
    „Wozu willst Du das wissen? Du vereinigst Dich ja auch nicht hier im Diesseits“, lachte Dave leise.
    „Du etwa? Einfach aus Neugier möchte ich es wissen“, sagte Pavo.

    „Hab Dich nur aufgezogen. Sich im Nexus zu vereinigen ist eine Art Umarmung, es umschlingen sich zwei Seelen, das ist eine extrem intensive Erfahrung. Das solltest Du aber nur tun, mit Personen die Du magst und denen Du vertraust. In der Form gibt es keine Lüge, alles ist offenbart. Für mich etwas wundervolles, für manch anderen wohl der blanke Horror“, erklärte Dave.

    „Hast Du darum keine Frau?“, fragte Pavo.
    „Unter anderem. Ein anderer Grund ist, dass es den meisten unheimlich ist mit Magiern zu verkehren. Wenn sie sich schon fürchten mit Dir in einem Raum zu sein, werden sie garantiert nicht intim mit Dir werden wollen. Dann kann es auch Deine Partnerin verstören, wenn Du in Trance bist. Du bist zwar da, aber auf andere Art auch nicht. Du sitzt einfach nur stundenlang reglos da und man sieht in Deinen Augen, dass Du nicht Zuhause bist. Das können viele auch nicht ertragen. Vermutlich halten sie uns für geisteskrank oder meinen wir sind von finsteren Mächten besessen“, antwortete Dave ehrlich.


    "Hat so eine Verbindung Nachwirkungen?", fragte Pavo neugierig.
    "Nein, wenn Du Dich nicht wehrst“, antwortete Dave und musterte ihn eindringlich.


    Der alte Goblin musterte ihn genauso. Der Blick von Dave hatte etwas Stechendes, etwas Scharfes was durch die extrem helle Augenfarbe noch unterstrichen wurde.


    „Das ist wirklich Fakt?“, fragte Pavo und nahm einen Schluck Bier.
    „Genau“, bestätigte Dave und nahm grinsend ebenfalls einen Schluck Bier, dabei musterte er Pavo freundlich.


    „Kannst Du Deine Macht offenbaren ohne mir zu schaden? Und würdest Du sie mir offenbaren?“, fragte Pavo.
    „Habe ich Dir gerade doch schon gesagt, ich verhalte mich absolut friedfertig und dämpfe es soweit runter wie ich kann, damit Du mal die Farben von einem von uns sehen kannst. Vielleicht verstehst Du es dann etwas besser. Bereit?“, fragte Dave.


    „In Ordnung, bereit“, stimmte Pavo zu und hielt sich an Dave fest. Einfach um schlimmstenfalls einen fühlbaren Halt zu haben. Dave packte ebenfalls zu um Pavo Halt zu geben.


    „Schau mich genau an. Starr mir in die Augen, dann ist es leichter für uns beide. Nur zu. Und nicht wehren“, forderte Dave Pavo auf.
    „Mach ich“, bestätigte Pavo und schaute Dave unverwandt in die Augen.


    Dave konzentrierte sich kurz und es sah aus als färbten sich seine Augen ein, als ob dunkele Wolken über den Himmel zogen und es schlagartig Nacht wurde. Aber im Grunde wurde es nicht Nacht, sondern in tiefer Ferne glomm irgendetwas auf.


    Eine Helligkeit, ein Licht, dass zwar auf den ersten Blick rein-weiß wirkte aber ein Wirbel und Kaleidoskop aus tausenden und abertausenden Farben waren die so hell strahlten, dass sie nur weiß wirkten.


    Pavo starrte sein Gegenüber gebannt in die Augen, und es war als blicke er für einen Augenblick in den Kosmos. Dieser Augenblick hielt wirklich nur für einen kurzen Moment an.


    Die Intensität steigerte sich weiter. Er sah in diesem Universum keine Person, sondern die Seele des Wesens das vor ihm saß.


    Pavo schaute genauer hin, versuchte sich zu konzentrieren und packte dabei Dave im Nacken. Dave erwiderte die Geste, lehnte seine Stirn gegen die von Pavo und starrte ihm direkt unverwandt in die Augen.


    Schlagartig erlosch alles um Pavo herum.


    Keine Wahrnehmung, kein Geräusch, kein Geruch, keine Sicht. Nur Schwärze. Er selbst stand in der alles verschlingenden Schwärze, oder war er erblindet, wie manche vor mentalen Verbindungen dieser Größenordnung warnten?


    Für eine Sekunde überkam den Goblin Panik, als er befürchtete ausgelöscht worden zu sein.


    Ein winziger Punkt erschien. Die Farben, da waren sie wieder. Sie waren klein, bunt, wirbelten wie ein Strudel umher und sahen fast aus wie eine Galaxie. Sie hatten die Größe einer Murmel. Sie schwebten näher. Eine unausgesprochene Aufforderung näher zu kommen und sie zu berühren. Pavo traute sich zuerst nicht, berührte sie aber dann doch mit den Fingern die er nicht sah.


    Schlagartig explodierten die Wahrnehmungen in seinem Schädel.


    Er spürte Zuneigung und Vertrauen. Er spürte Schutz jenseits aller Vorstellungskraft den dieses Wesen in dieser Welt gewährte.


    `Hallo mein Bester´, grüßte Dave und Pavo spürte absolutes Wohlwollen von seinem Gegenüber.


    Die Gefühle waren rein positiv, aber sie waren von solcher Intensität, dass Pavo befürchtete wahnsinnig zu werden. Kein normal Sterblicher konnte diese Farben betrachten, das wusste er.


    `Ich hab mich für Dich extra klein gemacht. Ich schirme Dich jetzt ab und zeig mich einmal ganz. Keine Panik, ich würde Dir niemals etwas tun. Du hast mir einst etwas geschenkt, das für mich unermesslichen Wert hat.


    Aber ich denke das weißt Du. Ich werde Dir jetzt auch etwas schenken. Ich hoffe es ist ein klein wenig Dankeschön für Dich´, sagte Dave.


    Wobei Pavo die Worte weder hörte noch mental in seinem Kopf zu empfangen schien, er fühlte sie einfach.


    Die kleine Murmel mit den bunten Farben explodierte schlagartig zu einer Sonne und weiter fast zu einer Supernova die sämtliche Schwärze und Nacht binnen eines Sekundenbruchteils verbrannte.


    Es gab keine Schwärze mehr, es gab auch keine Farben mehr. Alles war reines, gleißendes Weiß. Er wusste dass die Farben noch da waren, aber sie strahlten so hell und intensiv, dass er instinktiv die Augen zusammenkniff obwohl er sie über sein Auge gar nicht sah.


    Gedanken wie gleißende Lichttentakel umschlossen ihn in einer freundschaftlichen Umarmung. Sie drangen in seine Gedanken ein und füllten seinen Geist mit grenzenloser Leuchtkraft.


    Er war körperlos. Pavo fühlte seinen Körper nicht mehr, aber es kümmerte ihn nicht. Das Gleißen umfing ihn, hielt ihn fest.


    Was er selbst war konnte er in diesem Zustand nicht feststellen. Das Gleißen strich über ihn, umfloss sein ureigenes Selbst. Und Pavo war mitten drin, schwebte darin, badete förmlich darin, während es seinen Geist durchdrang.


    Es war eine wundervolle Erfahrung. Pavo war erfüllt von absoluter Glückseligkeit und Geborgenheit. Es war pure Ekstase von diesem Licht gehalten zu werden. Reine Euphorie und wundervolles Entzücken. Es wandelte sich etwas ab, verblasste an Helligkeit und wurde zu einem goldenen, wärmenden Ton.


    Zuhause – war das einzige passende Wort, das Pavo dazu einfiel.


    Nicht das wörtliche Zuhause, sondern die wärmenden Gefühle die er damit verband. Das Licht reagierte darauf und umschloss ihn fester.


    Goldener Stoff umschlang ihn, für dessen Nexusische ja sphärische Feinheit jedes Wort zu grob gewesen wäre. Er versuchte mit nicht vorhandenen Fingern durch dieses goldene, scheinbar greifbare Licht zu fahren, ehe er einfach sich selbst daran schmiegte und darüber strich.
    Für einen winzigen Moment sah er hauchfein, matte Fäden aufleuchten in diesem goldenen Mahlstrom, ehe sie darin verschwanden und ein Schauer des Wohlbefindens ging durch das Gleißen.


    Pavo genoss den Genuss des Lichts, so verrückt es war, spürte er sofort was dieses Licht empfand. Er schmiegte sich fester in das Gleißen ein, bis er völlig darin zu verschwinden drohte. Pavo nahm nichts mehr anderes wahr, nur noch Helligkeit, diese unerklärliche, hauchfeine stoffliche Essenz und absolutes Wohlbefinden.


    Schon verblasste es, wurde schwächer. Er spürte fast als körperlichen Schmerz wie es sich von ihm löste und ihn freigab.


    `Nein´, schoss es durch seine widerkehrenden Gedanken. Was hatte er falsch gemacht? Warum verstieß es ihn? Warum durfte er nicht bleiben?
    Gerade als er etwas sagen wollte spürte er wie er fast mit einem Ruck wieder im hier und jetzt war.


    Pavo brauchte ein paar Sekunden, ehe er wieder seinen Körper richtig spürte. Ehe er das Bett unter seinem Hintern wieder richtig wahrnahm, wie auch die Umgebung und Dave.


    Pavo blinzelte irritiert, während ihn Dave breit angrinste.


    „Alles klar?“, fragte Dave.


    „Ja. Ja alles klar. Herbe. Also wow. Das war einfach nur… wow.
    Aber Hallo, was Du da gerade getan hast… was wir getan haben… ist mit nichts körperlichem zu vergleichen.


    Die Erfahrung war wunderschön und Deine Farben sind der Hammer Davy. Ich weiß nicht was ich sagen soll“, sagte Pavo ehrfürchtig und strich sich mit einer Hand übers Gesicht.


    „Was haben wir gemacht?“, fragte Pavo durch den Wind.
    "Nichts. Ich hab mich Dir in meiner Astralform gezeigt und Dich danach einfach mal gedrückt", antwortete der Magier.


    "Gedrückt?", fragte der alte Goblin baff.
    "Genau. Fühlt sich gut da drüben an, nicht wahr?", grinste Dave ihn an.
    "Kann man wohl sagen", murmelte Pavo.


    "Und? Ist es wie beten?", fragte Dave.
    "Wenn beten so wäre, ich wäre nur noch am beten", antwortete Pavo, was die beiden loswiehern ließ vor Lachen.

  • "Klar kann ich dekorieren", posaunte Urako und zeigte nacheinander an verschiedene Stellen im Raum. "Da vors Fenster gehört ein Windspiel aus Knochen hin, das schön klimpert, wenn man lüftet. Das Geklimper vertreibt Geister, es muss aber mindestens sieben Knochen dran haben, am besten von verschiedenen Personen, damit es wirkt. Dort an der Wand würde sich eine bemalte Haut nicht schlecht machen, irgendeine Jagdszene oder so. Der Fußboden ist auch noch zu kahl, hier könnten wir billige Felle auslegen, die der Kürschner nicht gebrauchen kann und bei denen es scheißegal ist, ob man mit Dreckbotten drüberlatscht. Aber ohne Kopf, da fliegt man bloß dauernd drüber. Und in dem Regal da fehlen eindeutig ein paar Schrumpfköpfe. Ich hatte früher eine ganze Sammlung. Unten am Fenster würde sich ein Kasten mit Schilf nicht schlecht machen, das raschelt schön und man fühlt sich an die Heimat erinnert. Getrocknete und angemalte Frösche sehe ich hier auch nirgends. Alles noch etwas kahl und unwohnlich, wir müssen unbedingt umräumen. Und wenn ich mich recht entsinne, hatte ich eine fette Axt dabei, sofern Pavo die mir nicht geklaut hat. Die muss auch noch irgendwo an die Wand, vielleicht übers Bett."


    Während er geredet hatte, war Urako die ganze Zeit durch das Zimmer geschlendert und hatte seine Vorstellungen durch Gesten untermauert.


    "Und nee! Ich will kein eigenes Quartier! Wir sind doch jetzt ein Paar oder etwa nicht? Dazu gehört auch ein gemeinsames Bett. Meinetwegen auch in Form des fetten Orks, den du erwähntest. Der wird sich freuen, hr hr hr!" Er grinste, legte den Arm um seinen Gefährten, zog ihn fest an sich heran und knutschte ihn oben auf den Kopf. Er freute sich schon darauf, wenn er wieder fit war und sie ihre Partnerschaft gebührend besiegeln konnten!


    Er lauschte Gasmis Erklärungen, wer alles zu dem Haushalt dazugehörte. Urako verpasste jedem bei der Erwähnung einen gedanklichen Stempel. Im Endeffekt fand er, so wie immer, alle Fleischhäute blöd und alles, was grün oder sonswie anders als ein Pfirsich gefärbt war, nicht. Aber das behielt er für sich. Er wollte es sich ja nicht von vornherein mit seinen rassistischen Ambitionen bei allen hier verderben.


    "Wo ich vorher gearbeitet habe", antwortete er sinnierend auf Gasmis Frage, "Na ja, ich habe mir nebenbei was als eine Abart von Heiler dazuverdient, auch wenn ich diese Berufsbezeichnung nicht tragen durfte. Es gibt Dinge, die ich besser kann als jeder Quacksalber. Ich habe recht gute Kenntnisse in Anatomie, wie es im Inneren eines Körpers aussieht und so. Wie der Körper funktioniert. Wo der Fehler liegt, wenn ein Körperteil nicht mehr tut, was es soll, wenn irgendwas hakt oder den Dienst einstellt. Bei einem Schnupfen rennen sie alle zum Medicus, aber bei einem gebrochenen Bein kommen sie zu mir, diese verdammten Heuchler. Da lassen sie sich plötzlich bereitwillig befummeln, sonst gehen sie einen riesen Bogen um mich und tun so, als würden sie mich nicht kennen!" Urako rotzte verächtlich auf den Fußboden, merkte aber sogleich, dass das in Gasmis und seinem Zimmer unangebracht war und verschmierte den Schleimbatzen gleich wieder mit dem Fuß. "Ach was soll`s, früher oder später kriegst du es eh raus. Ich bin Scharfrichter. Hab mehr als zweitausend Hinrichtungen durchgeführt." Er bedachte Gasmi mit einem Blick, um kein noch so kleines Zucken in dessen Gesicht zu verpassen.

  • Gasmi folgte Urako bei seiner Wanderung durch das Quartier.


    "Ein Windspiel aus Knochen, sieben Stück benötigst Du. Sieben Knochen von sieben Personen werde ich besorgen, kein Problem. Es vertreibt Geister? Hoffentlich nur schlechte, gute Geister kann man immer gebrauchen", antwortete der Düsterling auf den ersten Hinweis.


    "An die Wand eine Haut. Eine Jagdszene? Wenn Dir das gefällt, soll es dahin. Vielleicht könnten wir eine Haut auch selber mit Farben bemalen. Kannst Du malen?", fragte Gasmi gut gelaunt und schaute dann auf den erwähnten Fußboden.


    Urako hatte Recht. Der Fußboden war kahl, nur der pure Steinboden. Einen Teppich oder so etwas hatte er sich nie angeschafft. Aber ein Fell würde gut zu dem anderen Rest passen, den der Tiefling erwähnt hatte. Felle auf dem Boden, dass gefiel Gasmi ausgesprochen gut. Und es klang urgemütlich. So konnte man sich sogar auf den Boden setzen und dort entspannen, anstatt nur auf dem Bett.


    "Schrumpfköpfe und Frösche. Bei Fröschen werden wir bestimmt Hunger bekommen, wenn wir die sie ständig im Zimmer sehen. Ich hätte nicht erwartet, dass Du so gut dekorieren kannst Puschel, das ist echt klasse", freute sich Gasmi.


    Als Urako erklärte dass sie Partner sind und er kein eigenes Quartier wollte, konnte sich Gasmi ein breites Grinsen nicht verkneifen, dass noch breiter wurde als ihn sein Schatz auf den Kopf knutschte.


    Der Düsterling gab ein Gurren des Wohlbefindens von sich und schmiegte sich an den Tiefling.


    "Ich werde das alles besorgen und natürlich nach Deiner Axt fragen Puschel!
    Auf dem Ork pennen wir nur wenn uns kalt wird. Aber wir haben ja uns, nicht wahr? Warum sollte uns kalt werden? Bewegung erzeugt Wärme", kicherte Gasmi.


    "Knochenbrecher - sage ich doch. Leute die sich damit auskennen, wo was sitzt, oder im Körper sitzen sollte", sagte der Düsterling und streichelte Urako durch die Haare.


    "Ach was soll`s, früher oder später kriegst du es eh raus. Ich bin Scharfrichter. Hab mehr als zweitausend Hinrichtungen durchgeführt." - sagte Urako.


    Dabei schaute ihn der Tiefling intensiv an. Gasmi trat ganz nah vor Urako, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn leidenschaftlich.


    "Ich wusste es Puschel", flüsterte Gasmi völlig aus dem Häuschen, schlang seine Arme um Urakos Hals und küsste ihn erneut lange, fest und leidenschaftlich mit Zunge.


    "Ich spürte vom ersten Moment, dass Du was ganz besonders bist. Zweitausend Opfer hast Du mit Deinen eigenen Händen getötet. Meine Güte. Ein Scharfrichter! Was eine scharfe Sache.


    Scheiße dass Du so verbrannt bist, wir können das jetzt nicht feiern. Egal! Das holen wir nach! Sobald Du wieder fit bist, feiern wird das. Darf ich etwas von Dir persönlich nehmen? Ein paar Haare oder so?


    Dann kann ich Dir sagen, was los ist und Du wärst sofort in die Familie aufgenommen. Bitte ja? Sag ja, komm schon, Du musst keine Angst haben! Ich schwöre es Dir Puschel! Man was wünschte ich, ich dürfte Dir antworten", grinste Gas so breit, dass man all seine messerscharfen Zähne sah.


    "Du musst etwas für mich entsorgen Urako. Machst Du das für mich? Ich kann ihn nicht wegbringen, weil er ihn damals mitgebracht hat. Aber Du bist jetzt meine andere Hälfte. Drum bitte ich Dich darum", sagte Gasmi, schnappte sich die Hand von Urako und führte ihn zu einer kleinen Kiste. In der Kiste ruhte ein runder, Hand großer Stein auf Sand.


    "Eines Morgens kam Jozo nach Hause und hatte den Stein dabei. Er hatte ihn gefunden, als er die Gegend erkundet hat. Er nannte ihn einen Zen-Stein.


    Dann hat er ihn in die Frühstückskiste gelegt und vorher Sand hinein gestreut.
    Ich schaute mir den Stein an, der in der flachen Kiste auf Sand ruhte. In den Sand hatte Jozo Muster gezogen.


    Er sieht wirklich hübsch aus, aber was er bedeutete habe ich nicht verstanden. Jo sagte diese Steine bringen Glück, Ruhe, Gelassenheit und Harmonie. Glück, Ruhe, Gelassenheit hätte er wirklich gebrauchen können, der Stein hat nicht funktioniert. Er mochte ihn, warum weiß ich nicht.


    Er mochte solche Dinge, tote Dinge, steinerne Dinge.
    Jo sagte unser Stein und der Klang gefiel mir. Aber jetzt will ich ihn nicht mehr hier haben. Damit hat er mir Botschaften geschickt die ich deuten musste. Meist lag der Stein dort wie jetzt. In der Mitte der Kiste und Kreise waren in den Sand drum herum gezogen. Ich vermute alles ist rund, heißt das. Alles ist gut.


    Von Jozo fehlte hier mittlerweile jede Spur und die wenigen Habseligkeiten die er hatte, sind weg. Eines hat er allerdings zurückgelassen. Den Zen-Stein. Er ruht hier immer noch in seiner Sandkiste", sagte Gas und trat nah an die Kiste heran. Er starrte auf den Stein hinab.


    "Er hat ihn öfter um dekoriert. Da er ihn so mochte, konnte ich ihn nicht entsorgen. Er hat ihn gehütet wie eine Reliquie - völlig unverständlich.


    Sowas wie unser Beziehungsbarometer, hab ich in dem Stein vermutet.
    Waren wir als Paar gut drauf, wurde der Stein gehätschelt und gehütet wie ein Baby. War einer wütend auf den anderen, gab es eine Botschaft über den Stein", erklärte Gas.


    "In der Nacht als er ging, waren keine Muster im Sand, sondern der Stein lag auf einem Handabdruck von Jo. Den konnte ich nicht ertragen und hab ihn durch Muster ersetzt. Aber den Stein konnte ich nicht wegbringen", erklärte Gasmi und schaute dann bittend zu Urako auf.


    "Schaffst Du diesen Stein bitte für uns weg Puschel?", flüsterte Gas liebevoll.