Seelenspiegel
Während Meqdarhan seine Jagd vorbereitete und Vittorio ihm ganz uneigennützig Gesellschaft dabei leistete, hatten Davard und Vanja sich in eines der vielen ungenutzten Zimmer des Dreiseitenhofs zurückgezogen. Vanja zog die Laken herunter, welche die Möbel vor Staub schützen sollten, wobei er darauf acht gab, diesen nun nicht zu verteilen. Er warf die Laken kurzerhand aus dem Fenster. Später konnte er sie reinigen und wieder an Ort und Stelle hängen, ohne sie durch das ganze Haus geschleppt zu haben. Der Fußboden hingegen war sauber, Meqdarhan hatte vor kurzem offenbar alle drei Gebäude einer Grundreinigung unterzogen. Er gab sich alle Mühe, sich für die kostenlose Wohnung bei seinem Gastgeber zu revanchieren.
Vanja strich mit der Hand über die geblümte Tagesdecke, das Laken hatte sie gut geschützt. Er sah keinerlei Staub oder Ungeziefer, sie roch nur etwas muffig. Er zog die Schuhe aus und hüpfte aus dem Stand mit beiden Füßen auf das Bett, das unter dem Sprung nicht einmal knarrte. Das war massives Holz, die Matratze bestand aus dicht gestopftem Tierhaar in einer art viereckigem Sack eingenäht. Ein regelrechtes Luxusbett. Vanja gönnte sich einige wippende Sprünge, dann riss er in der Luft die Beine vor und landete ungebremst auf dem Hintern. Er lächelte Davard aufmunternd zu.
"Verzeih die kleine Albernheit, aber ich habe jahrzehnte auf einer Holzpritsche nur mit einer Decke als Polster geschlafen. Diese Matratze, diese Bettgröße! Setz dich zu mir, Davard. Nutzen wir die Zeit. Deine Gedanken sind düster und schwer. Erinnerst du dich an meine Auffassung, dass Worte Gewicht haben? Erleichtere deine Bürde, lass mich ein wenig von deiner Last tragen und teile mir mit, was dich umtreibt, seit Vendelin dich verletzte. Ich bin bereit, für was auch immer nun folgen wird."