Kapitel 38 - Gebrochene Stille

  • Kapitel 38 - Gebrochene Stille



    Dave ließ sich von Kariakin rutschen und ging ins Haus. Bei ihrem letzten Besuch war es nicht abgeschlossen gewesen und heute war es ebenso nicht der Fall. Er spürte nach Vendelin, aber da war nichts. Dave schüttelte den Kopf und suchte in dem Haus nach Vendelin. Sein Schwager in Spee war nicht Zuhause. Er lauschte in die Stille, aber es war niemand zugegen. Der Magier verließ Vittorios Haus und kehrte zu Kariakin und Vanja zurück.


    "Vendelin ist nicht mehr hier, er muss schon zum Duc aufgebrochen sein. Wir fliegen direkt zum Palast. Kariakin fliege zum Palast, wir müssen Vendelin und den Duc dort vor Ort treffen", sagte Dave und schwang sich wieder auf den Rücken des großen Greifen.


    Kariakin schraubte sich wieder in die Lüfte und flog zum Palazzo Ducale. Vor den Toren landete er, so dass die Wachen nicht in Panik gerieten. Dave ließ sich vom Rücken des großen Tieres gleiten und zog Vanja mit sich. Vor den Wachen des Palazzo blieb er stehen.


    "Guten Tag, wir möchten bei unserem Duc, seine Majestät Maximilien Rivenet de Souvagne vorstellig werden. Uns ist bekannt, dass unser Duc zur Zeit im Palazzo Ducale des Duca di Ledvico zugegen ist. Dies ist Freiherr Vanja von Wigberg, ich bin Marquis Davard von Hohenfelde", erklärte Dave höflich und zeigte seine Amtskette vor, die ihn als Ordensoberhaupt Souvagnes auswies.


    Die Wachen berieten sich kurz und beorderten einen weiteren Kollegen herbei. Der Mann nahm sich der beiden an und führte sie umgehend in den Palast. Die Wache führte sie zügigen Schrittes in Richtung der Gemächer des Duca und seinen Staatsgästen. Vor den Pretorianos blieb die Wache stehen und erklärte, wer die beiden Gäste in seinem Gefolge waren und was sie wünschten. Er verabschiedete sich mit knappen Nicken, denn nun nahmen sich die Pretorianos ihrer Sache an. Einer der beiden Pretorianos führte die Gäste zu ihrem Staatsgast, dem Duc de Souvagne.


    Er klopfte, verneigte sich gebührlich und verkündete die beiden.

    "Eure Majestät, hier sind zwei Gäste die Euch sprechen möchten. Marquis Davard von Hohenfelde in Begleitung von Freiherr Vanja von Wigberg", erklärte der Mann.


    Maximilien schaute auf und deutete Vendelin und Jules an, sitzen zu bleiben. Der Pretoriano verneigte sich und schloss die Tür hinter den Gästen.


    "Beide dürfen eintreten, habt Dank", sagte Maximilien, während Fabien die beiden in Empfang nahm.

    "Danke Eure Majestät. Mein Verlobter Vanja hatte ja bereits bei Euch vorgesprochen, bezogen auf Vendelin und mich. Wir haben uns versöhnt und Frieden geschlossen, so wie Ihr es uns aufgetragen habt. Das Problem des Marquis Veyd von Eibenberg steht noch im Raum. Mir ist bewusst, dass Ihr mir keinen Auftrag erteilt habt, den Mann zu beseitigen. Die Beseitigung erfolgter aus privaten Gründen", erklärte Dave.


    "Private Gründe Marquis? Wir haben Eurem Verlobten mitgeteilt worum es hier geht, schlichtweg um Euren Kopf. Haltet uns nicht für unwissend, uns ist geläufig mit wem wir es Eure Person betreffend zu tun haben. Im Guten Marquis, wie auch im Schlechten. Allerdings müsst Ihr offen sprechen, wenn wir Euch beistehen sollen. Das was uns bis jetzt offiziell bekannt ist, ist dass Ihr Marquis Veyd von Eibenberg ermordet habt. Auf Mord kann es nur eine Antwort geben Marquis von Hohenfelde.


    Adel verpflichtet, dies bedeutet, dass Ihr Vorbildfunktion für das gemeine Volk habt. So wie der Adel in manchen Dingen milder beurteilt wird, wird er in anderen Dingen härter verurteilt. Bedenkt, dass auch Marquis Veyd von Eibenberg eine Familie hat. Das wir als Oberster Lehnsherr verpflichtet und Willens sind, den Frieden in unserem Land zu wahren. Durch solche Aktionen können Fehden und Kriege ausgelöst werden. Was werden sich andere Lehnsherren denken, sollten wir dulden, dass Ihr grundlos einen der Ihren ermordet?


    Mögliche Aufruhr, Zwistigkeiten, Unruhen im Lande könnten die Folgen sein.

    Bedenkt das, bevor Ihr mit uns sprecht und was Ihr sprecht. Wir erwarten die Wahrheit Marquis.


    Gab es ein Affront der ein Duell forderte, sieht unser Urteil anders aus. Hat man Euch, gleich wann, großes Unrecht angetan, seid Ihr genau wie jeder Mann dazu berechtigt, Widergutmachung oder Rache zu verlangen. Aber ohne eine passende Begründung, können wir nur dass beurteilen was wir offiziell wissen. Dazu gehört ebenso, was Ihr uns offenbart.


    Das was wir unter der Hand wissen, betrifft Eure Kindheit. Unser Wissen bezieht sich auf jenes, was Euer Neffe uns offenbarte. Es stehen somit drei offene Enden im Raum.


    Das erste Ende wäre, Ihr sprecht nicht, Ihr seid ein Mörder und seid demzufolge hinzurichten.

    Das zweite Ende wäre, Ihr sprecht, Ihr habt Eure Misshandlungen gerächt und mit dieser Blutschuld wurde die Schuld der Familie von Eibenberg getilgt.

    Das dritte Ende wäre, Ihr könnt nicht sprechen und Chevalier Jules de Mirault wird Euch behilflich sein. Ebenso könnt Ihr Euren Verlobten oder zukünftigen Schwager für Euch sprechen lassen. Die Bedingung ist klar, wir verlangen die Wahrheit. Ein Zugeständnis unsererseits, da Ihr mit unserem Schwiegersohn Linhard, somit auch entfernt mit uns verwandt seid. Nun?", fragte der Duc wohlwollend.


    "Ich Danke Euch Eure Majestät, ich weiß das Entgegenkommen zu schätzen und möchte Ende zwei und drei wählen. Markward von Eibenberg schuldet mir nichts, mit dem jungen Mann habe ich keine Fehde. Sein Vater hingegen unterstützte meine Peiniger. Ich möchte Vendelin und Vanja bitten, für mich zu sprechen. Sie mögen bitte den Anfang machen. Danach werde ich sprechen und Euch so weit es geht berichten. Den Rest.... also zum richtigen Verständnis möchte ich die Hilfe von Jules in Anspruch nehmen, da ich manches nur in meiner Erinnerung zeigen, aber nicht aussprechen kann", antwortete Dave respektvoll.


    "Eine gute Wahl Marquis, setzt Euch. Nun wir hören", sagte der Duc und schaute zuerst Vendelin und dann Vanja auffordernd an.

  • Vendelin war wenig erfreut. Man hatte ihn aus der Feierlichkeit gerufen, bei welcher er sich hatte von der Trennung ablenken wollen. Die Gefühle, die ihn quälten, waren auch für einen beherrschten Mann wie ihn kaum zu ertragen. Das bunte Spektakel, das die Sinne berauschte, war ihm da gerade Recht gekommen. Doch nun saß er wieder in einer Amtsstube, um sie herum herrschte drückende Stille, aus der Ferne tönten die Trommeln und das Rufen und der Gesang. Er strich über den Ärmel seines Mantels, an dem noch der Duft von Vanille und Amber haftete, als würde er die Erinnerung an den Ballsaal abstreichen wollen, dann verschränkte er die Finger vor sich auf dem Tisch.


    "So weit haben die Worte des Marquis ihre Richtigkeit", bestätigte er zunächst die Aussage von Davard. "Die Situation, in die der Marquis als Kind und Jugendlicher geriet, war mehr als nur persönlicher Natur. Wie Ihr wisst, ermittelte ein gewisser Orden gegen den Ring von Kinderschändern innerhalb von Souvagne. Dieser Ring konnte glücklicherweise gesprengt werden, doch war er nur der Ausläufer eines viel größeren Übels. Der wahre Ring erstreckt sich durch Almanien und Naridien bis nach Obenza und unser Orden kappte nur einen Strang des myzelgleichen Geflechts. Einige Zweige der Sippe Hohenfelde-Eibenberg-Wigberg sind bis über beide Ohren mit diesem Ring verwickelt, das ist kein Geheimnis. Eine der involvierten Personen war Veyd von Eibenberg, der an einer Schnittstelle saß und die Finanzen verwaltete. Wenn ich mich recht entsinne, oblag den Fantomes das Ausheben eben jenen Ringes. Demnach hätte Davard von Hohenfelde nur seines Amtes als Fantom gewaltet."

  • Dave musterte Vendelin und nickte zustimmend. Das er den Ring ausheben sollte, war Fakt.


    "Ich Danke Dir für die offenen Worte Vendelin. Das ich den Ring ausheben sollte ist Fakt Eure Majestät. Mein Grund Veyd das Leben zu nehmen war aber noch ein weiterer, er verhöhnte unser Leid und das meiner Mutter. Seine Worte waren, wir hätten ihn für die Rettung eh nicht bezahlen können. Wie sollten wir das als Kinder? Meine Mutter ist eine Geborene... war eine Geborene von Eibenberg. Also waren wir mit Veyd nahe verwandt. Aber ihn interessierte weder das Leid meiner Mutter, noch unseres.


    Wir... Das was Vendelin hier beendete... also...

    Mein Vater erlaubte es seinem besten Freund und Halbbruder, dass zu tun, was der Zirkel mit anderen Kindern ebenso tat. Archibald von Dornburg, erster Offizier des Stabs meines Vaters, sein bester Freund, Wahlbruder und tatsächlicher Halbbruder durfte fast alles mit uns tun.... es gab nur ein Dogma - wir mussten es überleben. Wie? Das war ihm gleich. Es war nicht einmal sein Dogma, sondern er gab es von unserem Großvater weiter.


    Archibald ist Mitglied dieses Zirkels, er nennt sich nicht nur die Bestie, er ist eine Bestie. Was er uns angetan hat ist unvorstellbar. Etwas dass man seinem schlimmsten Feind nicht wünscht, außer denen des Zirkels, damit sie es begreifen. Aber sie begreifen nichts, sie sehen die Welt nur von ihrem Standpunkt aus. Sie haben uns.... benutzt und... abgerichtet....


    Ich zeigte Vanja Erinnerungen und Erinnerungsstücke, er kann es bestätigen. Damit Ihr mir glauben könnt, möchte ich dass sich Jules einige Erinnerungen ansieht, wenn er dazu bereit ist", bat Dave.


    "Ich bin dazu bereit, Ihr müsst Euch nicht fürchten, ich bin hier allein. Ohne den Konsenz des Ordens der Himmelsaugen. Manche Dinge darf selbst der Orden als Körper nicht wissen. Manches ist dem Oberhaupt vorbehalten, dass wisst Ihr als Oberhaupt eines Ordens so gut wie ich. Deshalb, gleich was Ihr mir anvertraut bleibt hier in diesem Raum", sagte Jules und musterte Vanja. Er gab ihm damit das Wort.


    "Ihr habt Recht Vendelin, die Aushebung des Zirkels war und ist unser Ziel. Nebenbei bemerkt, damit dies nicht untergeht - Ihr habt Euch Eure Absolution redlich verdient. Es hat uns gefreut zu vernehmen, dass Felipe ohne Probleme vollständig umgezogen ist. Ihr habt Jules Antwort vernommen, sprecht Vanja von Wigberg, danach werden sich Jules und Davard verbinden. Falls vorher nicht noch etwas angemerkt werden sollte.


    Vorab, niemand wird Euch für eine derartige Rache verurteilen. Es ist gut, dass Ihr offen gesprochen habt, beziehungsweise Vendelin vor Euch das Wort ergriff. Wir hoffen, dass Euch dieses Geständnis zudem Eure Seele etwas leichter macht. Ihr solltet eine Behandlung in Betracht ziehen. Nicht alles kann im eigenen Geist verschlossen werden. Manches Grauen sucht sich selbst seinen Weg zurück an die Oberfäche. Es bricht in die Freiheit, meist dann, wann man es am wenigsten gebrauchen kann. Überlegt Euch dies gut, wir sprechen Euch nicht Eure Zurechnungsfähigkeit ab. Wir hoffen damit zu Eurer Gesundung beizutragen, wie ein jener von Moritz. Das bereden wir jedoch zum Schluss. Euer Verlobter Vanja hat das Wort", sagte der Duc.

  • Vanja verkniff es sich, Davards Hand zu halten oder seinen Arm in den seines Verlobten zu haken. Sein Wunsch, Davard zu schützen und zu trösten, hatte hier keinen Platz. Es würde ihn nur schwach wirken lassen. Nein, Vanja saß aufrecht und mit ernster, distanziert freundlicher, eben typisch wigbergscher Geschäftsmiene neben ihm. Sein Bruder übernahm den kritischsten Teil. Es gelang Vendelin, Davards Handlung aus einer gesetzeskonformen Perspektive darzustellen. Zu Vanjas Freude tat er es zudem, ohne den Finger auf die seelischen Wunden und körperlichen Narben zu richten, er blieb, was das anging, vage, sagte aber dennoch genug.


    Vanjas Augen richteten sich auf Davard. Für seine Verhältnisse reagierte er sehr gefasst. Als er sprach, fehlten ihm bisweilen die Worte und der Erzählfluss stockte, dennoch gelang es ihm, hier am Tisch während der Anwesenheit des Ducs und eines Beißers darüber zu sprechen. Wie viel Kraft musste dahinterstecken? Wie viel Selbstbeherrschung? Vanja war ungeheuer stolz auf seinen Verlobten. Sein Gesichtsausdruck wurde ein wenig wärmer.


    "Zu dieser Thematik habe ich nichts hinzuzufügen außer meinen Dank an seine Majestät für den Freispruch meines Verlobten und die Absolution meines Halbbruders. Und für den Mut aller hier am Tisch sitzenden, miteinander zu sprechen. Eine Frage habe ich noch. Davard von Hohenfelde schlug vor, dass ich Mitglied bei den Fantomes werden könnte. Meine Bedingung war, nicht töten zu müssen, weder aktiv noch passiv. Er meinte, auch dann wäre dort ein Platz für mich. Ich bin allerdings nicht sicher, wie mein momentaner Status in Souvagne aussieht", sagte er vorsichtig.


    Unausgesprochen schwang auch das Bedenken mit, dass er ja noch einem zweiten Orden angehörte, sofern man ihn nicht von der Liste gestrichen hatte. Vendelin jedoch lächelte zustimmend. Natürlich, es wäre nur in seinem Interesse, genau Bescheid zu wissen, was sich innerhalb der Reihen der Fantome abspielte.

  • "Eure Rolle in dem Waisenhaus ist uns bekannt. Ihr habt glücklicherweise für Euch wie für die Kinder, keines von ihnen getötet. Dennoch war Eure Aufgabe eine Schlüsselposition. In Anbetracht der Sachlage, auch unter Berücksichtigung welchen Ehemann Ihr Euch ausgesucht habt, werden wir von einer Bestrafung absehen. Ihr dürft seinem Orden beitreten, Ihr werdet mit Dienst an Eurem Ehemann und innerhalb des Ordens Wiedergutmachung leisten.


    Das Ihr dazu gewillt seid, zeigte uns, dass Ihr für Euren Mann Fürsprache gehalten habt. Wir gehen Recht in der Annahme, dass Ihr verstanden habt, welche Schuld Ihr auf Euch geladen habt, wenn Euch Euer Mann seine Erinnerungen zeigte. Ihr werdet gefühlt haben, was eines der Opfer des Zirkels fühlte. Ihr werdet nun wissen, was mit jenen Kindern geschah, die Ihr auf Reisen geschickt habt. Was sie erwartete, als sie am Ziel ankamen. Was sie durchlebten und durchlitten Vanja von Wigberg.


    Wir erlauben Euch also, dem Orden der Fantomes beizutreten.

    Euch Davard teilen wir mit, dass Euer Ehemann sowie Euer Schwager Mitglied im Orden des stählernen Lotos sind.


    Eine Offenbarung, die nur für Eure Ohren bestimmt ist. Jules ist bereits informiert. Zu Eurer vollständigen Information, der Orden des stählernen Lotos wurde einst von der Hochverräterin Francoise Esme de Souvagne. Wir nennen ihren alten Nachnamen nur, damit Ihr sie zuordnen könnt, diese Person ist bar jeden Standes.

    Der Orden ist ausschließlich mit Antimagiern besetzt, die man im Volksmund auch »Stumpfe« nennt. Ihre vollständige Magieresistenz prädestiniert sie für Spionagetätigkeiten im Kreis einer von Magiern durchsetzten Gesellschaft. Dies ist auch ihre Hauptaufgabe. Sie unterwandern verschiedene Gruppen, um deren Treiben im Auge zu behalten. Kein Geistmagier kann sie auslesen und so ihren Auftrag erraten oder ihre Anwesenheit aufspüren, kein Vampir vermag einen Stählernen Lotos in ein Geschöpf der Nacht zu verwandeln.


    Kein Nekromant vermag einen Antimagier nach dessen Tode zu beschwören, so dass manch Gelehrter davon ausgeht, dass sie keine Seele haben. Sie sind ebenso immun gegen Heilmagie, dies ist der Preis für ihre Immunität. Sobald ein Antimagier dem Orden beitritt, nimmt er eine bis ins letzte Detail durchgeplante falsche Identität an, inklusiver gefälschter Urkunden, Konten und so weiter.


    Sie waren es, die unseren Vater und unseren Bruder zu Fall brachten, sie im Auftrage von Francoise Esme ermordeten mit einigen anderen Hochverrätern. Ihre Opfer zudem, der Orden der Agenten der Autarkie. Vendelin hat mit seiner Aufgabe den Umzug von Felipe von Ehveros zu organisieren, seine Absolution uns gegenüber erreicht. Sein Treueschwur ist damit angenommen. Jener seines Ordens steht noch aus.


    Alles weitere wird Euch Vendelin zu seinem Orden mitteilen. Andernfalls wäre eine Kooperation nicht möglich. Ihr seid nun aneinander gebunden, schlichtweg durch das Wissen umeinander. Aber auch um Euch als Orden gegenseitig beizustehen. Eure Aufgaben sind klar umrissen, jeder Orden ist autark und steht für sich. Dennoch könnte eine Zusammenarbeit erforderlich sein und dann wird diese Zusammenarbeit auch vollzogen. Das ist eine klare Weisung.


    Ihr wollt als Familie neue Wege beschreiten, so nehmt dies als ersten Schritt der Offenbarung.

    Zurück zu unserem eigentlichen, grausamen Hauptthema", sagte der Duc, als Jules ihn kurz antippte und ihm etwas zu übermitteln schien.


    "Für jene die es interessiert, Bertha Hannah Stokes - genannt Fette Betty, erlitt mit ihrem Schiff Havarie. Nun für unseren Sohn Ciel Felicien und unseren Bruder Davet dürfte die Information von Wichtigkeit sein", erklärte der Duc und deutete Davard an, dass sie zu seinem Thema damit zurückgekehrt waren.


    `Eure Hoheit Ciel Felicien? Eure Hoheit Davet? Bertha Hannah Stokes, die Fette Betty erlitt Havarie, die Frau samt Mannschaft ist tot´, übermittelte Jules allen beiden, ehe er seinen Geist wieder verschloss und abwartete, was Dave nun vorhatte.


    Dave musterte Vendelin, dann Vanja und nickte knapp als Zeichen dass er verstanden hatte. Erstens was die Orden anging und deren Kooperation und zweitens, dass Vanja nun Mitglied der Fantome war. Er schwieg einen Moment und dachte kurz nach.


    "Ich möchte Euch einige Erinnerungen zeigen Jules, damit Ihr als Vermittler dem Duc davon berichten könnt. Ich könnte ebenso Euch Eure Majestät die Erinnerungen zeigen, aber das halte ich für.... unangebracht. Ob Ihr solche Erinnerungen sehen möchtet entzieht sich meiner Kenntnis. Und ob Ihr damit umgehen könnt ebenso. Jules hingegen wird ehr unterscheiden können, dass es eine Fremderinnerung ist, als jemand, der sich schlagartig in die Situation versetzt fühlt. Ihr könnt dazu gerne Vanja befragen, auch er war in die Situation wie hineingeworfen. Er war damit einverstanden, er erlebte was ich erlebte. Würde ich Euch hingegen einfach in die Situation werfen, dann wäre es so, als würde ich Euch das bewusst antun, was man mir einst angetan hat.


    Vanja war gewarnt, er wusste was auf ihn zukommt, auch wenn er es sicher nicht so wusste oder sich das Erlebte derart bis ins Detail vorgestellt hat. Deshalb möchte ich Jules einige der Erinnerungen zeigen. Oder besser noch, er schaut sie sich selbst an, so dass er mich ausliest. Ich werde ihn dazu freiwillig in meinen Geist lassen, auch in jene Bereiche die.... die sonst gut versiegelt sind", schlug Dave vor.


    "Wir verstehen dass, Jules", bat Maximilien.


    Jules schnappte sich seinen Stuhl und setzte sich Dave genau gegenüber. Die beiden Männer schauten sich genau in die Augen. Einen Moment später sah man, dass sie etwas anderes sahen als sich selbst. Ihr Atem war ruhig, die Gesichter konzentriert. In dieser Position saßen sie eine ganze Weile, während Gufo auf Vanjas Schulter sprang und seinen Kopf so drehte, dass er ihn genau betrachten konnte. Der große Uhu machte es sich gemütlich, plusterte sich auf und mummelte sich ins eigene Gefieder.


    Sein Besitzer sah nach einigen Minuten weit weniger entspannt aus. Jules Hände krallten sich in die Armlehnen, während er zuerst weiß wie eine Wand wurde und später grünlich grau aussah, ehe er sich scheinbar wieder gefasst hatte. Die Zeit verstrich und niemand in dem Raum sprach ein Wort. Das einzige Geräusch dass man ab und an hörte war, das Klackern von Gufos Schnabel und das Atmen der Anwesenden.


    Fast eine Stunde später kehrten beide in die Physis zurück. Dave strich sich über das Gesicht, während Jules immer noch grau aussah. Er räusperte sich und schaute sich im Zimmer um, als wäre er froh zurück zu sein.


    "Eure Majestät, ich würde ausspeien dürfte ich dies hier. Ich würde speien für seinen Vater. Allein dieses Wort für diesen Bastard ist so ungeheuerlich! Majestät, sie haben ein Kind ermordet, aber es hat überlebt. Ich weiß nicht wie ich es in Worte fassen soll, aber ich möchte Euch gerne an eine Erinnerung teilhaben lassen, die Ihr nur als Zuschauer sehen werdet, nicht als betroffenes Opfer. Ginge es nach meinem Dafürhalten, dann hätten alle damaligen Beteiligten den Tod verdient. Der Block ist für diese Kreaturen zu schaden, ich würde sie öffentlich pfählen lassen, allesamt!", erstattete Jules Bericht, während ihm Fabien ein Glas Wasser reichte.


    "Zeigt uns die Erinnerung, wir vertrauen Euch", antwortete der Duc ernst.


    Jules nickte und tat genau das, er zeigte Maximilien Rivenet de Souvagne jene Erinnerung die auch Vanja kannte, eine Erinnerung die grauenvoll und dennoch nicht das ganze Grauen ausmachte. Zudem zeigte er ihm die erste Erinnerung, wie alles begann und auch ein Stück von einer jener Erinnerungen, bei der er sich am liebsten übergeben hätte. Alles aber aus der Sicht eines Zuschauers, ohne das Gefühl selbst das Opfer zu sein. Aber ein Blick in diesen Abgrund reichte aus um zu verstehen, um das Unbegreifliche dass man Dave einst angetan hatte zu begreifen.


    Als der Duc in die Physis zurückkehrte schaute er Davard lange an.


    "Es tut uns leid was Ihr durchlitten habt. Niemand sollte Derartiges durchleiden müssen. Wir versprechen Euch dass Ihr bei uns sicher seid. Jene die daran beteiligt waren und noch unter den Lebenden weilen verurteilen wir hiermit zum Tode. Es ist Euch überlassen, wie jene zu Tode kommen sollen. Findet sie, stellt sie, bringt sie zu uns. Wir setzen Euren Wunsch der Hinrichtung um. Unser Henker weiß, wie man mit Unpersonen umgeht, seid dessen versichert.


    Wir sahen drei Ausschnitte aus Euren 14 jährigen Leid, etwas das Ihr in Euch verschlossen habt, wie in einem Hort des Grauens. In Eurem eigenen Interesse solltet Ihr es nicht verschlossen halten, es ist wie eine Fäulnis die dort gährt. Ihr wolltet Hilfe, wir bieten sie Euch. Wählt mit Eurem Mann die Form der Hilfe aus. Ihr könnt Euch in jede Behandlung begeben die Ihr wünscht. Bei seelischen Wunden hat sich der Tempel des heilsames Wortes bewährt. Ob dies ebenfalls etwas für Euch ist, oder ob Ihr wünscht einen traditionellen Heilmagier aufzusuchen ist Euch überlassen. Wir übernehmen sämtliche Kosten, als Zeichen unseres Wohlwollens.


    Was hat es mit Eurem ersten Ehemann auf sich? Seid Ihr weiterhin mit ihm verbunden oder habt Ihr Euch von Eurem Mann getrennt?", hakte der Duc nach.


    "Danke Majestät, das rührt mich sehr. Mein erster Mann und ich haben uns getrennt, wir sind aber noch nicht geschieden. Wir werden das in Ruhe regeln", erklärte Dave und überlegte was der Tempel des heilsamen Wortes war.


    "Möchte einer der Anwesenden noch etwas anmerken? Ansonsten ist diese Audienz hiermit beendet", sagte Maximilien schlicht, auch wenn man ihm ansah wie er sich gerade fühlte. Ein seltener Umstand.