Kapitel 13 - Beißervater

  • Das Kapitel spielt zeitlich parallel zu Davards Geburtstag.

    Beißervater

    Anhand von der Grabesmiene des Vampirs war zu sehen, das etwas Schreckliches geschehen sein musste. Etwas, das die Grundfesten seiner ewig blutenden Seele bis in die dunkelste Tiefe erschütterte. Noch markanter als Tekuros Gesichtsausdruck aber war der Umstand, dass er sich nicht in Gesellschaft befand. Tekuro, der die Einsamkeit fürchtete wie sonst nichts anderes, war allein. Nackt saß er eingerollt in der Kälte des Spätwinters auf der Dachterasse des Palazzo Ducale in der langsam wiegenden Ledwickschaukel. Es gab kein Licht, keine Decke und war nur etwa zehn Grad über Null. Er fror bitterlich und ertrug es klaglos. Aus dem Palast unter der Terrasse drangen Stimmen, Musik und Gelächter. Hier draußen aber schien die Zeit stillzustehen und Kein Wind rührte sich, das kahle Geflecht des Blauregens, der das Haltegerüst der Schaukel überrankte, schwieg, so wie der Ozean, der gleich einem schwarzen Spiegel unter dem Mondlicht lag.

    "Not all those who wander are lost."
    J.R.R. Tolkien

  • Etwas kleines, pelziges fiel vom Himmel und nahm in den Schatten der Nacht menschliche Gestalt an. Der Mann war ebenso nackt wie jener auf der Ledwickschaukel. Einzig und allein seine Tätowierungen kleideten ihn, während er durch die Finsternis auf Tekuro zuschritt. Langsam, bedacht, wie das Raubtier das er schon eine halbe Ewigkeit war, so bewegte er sich auch. Stets misstrauisch seine Umgebung im Auge behaltend.


    Als er den jungen Vampir erreicht hatte, schenkte er ihm ein freundliches Lächeln. Ein Zähneblecken, dass weit über die Schneidezähne hinaus ging und neben den vampirischen messerscharfen Eckzähnen die Kauleiste eines Menschenfressers enthülte. Jene Zähne trug er weitaus länger, als die der Vampire.


    "Grüße Teku. Was verschlägt Dich an diesen Ort zu dieser Stunde? Wir beide müssen miteinander reden. Ich habe eine dringende Bitte an Dich, meinen Sohn betreffend", sagte Archibald. In einer anmutigen Geste spreizte er die Hände und zeigte die leeren Handflächen, als Zeichen des Wohlwollens.

  • Tekuro hob erstaunt die Brauen, erfreut über die unerwartete Gesellschaft. Archibald zollte er Respekt und Dankbarkeit, er war der Mann, der ihn mit seinem verlorenen Vater zusammengeführt und ihm geholfen hatte, Kazrar zurückzuholen in die Welt der Lebenden. Doch sogleich änderte sich der Ausdruck und tiefes Misstrauen zog wie eine Wolke über sein Gesicht. "Du bist sehr höflich", stellte Tekuro misstrauisch fest. "Das bist du nur, wenn du unbedingt etwas haben willst. Etwas, dass du nicht anders bekommst. Die Bitte muss groß sein, teuer und gefährlich."

    "Not all those who wander are lost."
    J.R.R. Tolkien

  • Archibald grinste über beide Ohren und musterte Tekuro mit schräg gelegtem Kopf.


    "Nun erwischt, anders kann ich es nicht sagen. Es sei denn Du möchtest vergessen, was ich sagte und ich fange von vorne an. Ich bin ehrlich zu Dir Teku, ich möchte unbedingt etwas von Dir. Wie sehr lässt sich kaum mit Worten beschreiben. Die Bitte ist groß, teuer vermutlich wenn nur für mich und gefährlich. Gefährlich könnte es für Dich werden, wenn mein Sohn die Bitte ablehnt, oder direkt ablehnend auf das Angebot reagiert.


    Hör zu, ich möchte Dich bitten meinen Sohn zu beißen und ihm das Geschenk des ewigen Lebens zu verleihen. Bevor Du denkst, dass ich verrückt geworden bin, mit meinem Sohn meine ich nicht Arbogast. Du hast vermutlich von ihm gehört, das Grauen nennt man ihn. Jener Beißer der in Obenza umgeht und der einen holt, wenn man sich in den falschen Gebieten herumtreibt.


    Das Grauen ist mein Sohn und er heißt mit tatsächlichem Namen Hector.

    Hector ist Beißer durch und durch. Beißer zu sein liegt ihm in Blut. Er wuchs im Zirkel auf, er kennt kein anderes Leben. Er verdiente sich mit 14 Jahren die Zähne, er zeugte mit 18 Jahren seinen ersten Sohn den er leider verlor und er wurde mit 19 Jahren vom Ältesten persönlich gesegnet. Ich liebe ihn, er ist mein Küken, so wie Du Deinen Sohn liebst - meinen Enkel.


    Und genau aus diesem Grund möchte ich, dass er nicht nur ein Beißer bleibt, sondern dass er mir immer erhalten bleibt. Er soll Unsterblichkeit erlangen wie ich. Er muss sie jetzt erlangen, auf dem Zenit seiner Macht. Er ist Schwertmeister, alt genug um erstklassige Erfahrungen gesammelt zu haben und jung genug um fit zu sein. Ich selbst weiß was es heißt, gegen das Alter anzutrainieren. Irgendwann verlierst Du trotzdem Stück für Stück Boden, gleich wie hart Du kämpfst. Er soll erst gar nicht kämpfen müssen, er soll so für die Ewigkeit konserviert werden, wie er jetzt ist.


    Da ich beim Trinken genauso wenig Beherrschung habe wie früher beim Fressen, möchte ich Dich bitten, dass Du ihn beißt. Er weiß, dass ich mir die Unsterblichkeit für ihn wünsche. Er lehnt es ab, noch. Aber er war bereit Dich anzuschauen. Ich wählte Dich, da Du mein erster Biss-Sohn warst, jenem dem ich Unsterblichkeit schenkte. Und Du bist der Sohn meines Mündels.


    Würdest Du meinen Sohn für mich beißen? Das würde natürlich beeinhaltet, ihn richtig für die Unsterblichkeit zu weihen. Sprich vergnügt Euch und mache ihn zum Vampir", bat Archibald freundlich.

  • Tekuro hörte aufmerksam zu. Dass Archibald sein Sohn wichtig war, konnte er nachvollziehen. Von der Sache her fand er auch, dass er Archibald etwas schuldig war, denn ohne ihn wüsste Tekuro weder, wer er war, noch seinen Namen, noch würde er seinen Vater kennen. Er würde immer noch als sterblicher Robere Moreau sein Dasein fristen. Und seinen zuckersüßen kleinen Sohn Tanuki gäbe es nicht. Ja, er verstand Archibalds Not und Archibald verdankte er viel. ABER.


    Tekuros Augen wurden schmal. "Ich werde eine Gegenleistung verlangen. Und da du leider andauernd lügst, weiß ich, dass du sie nicht erbringen wirst! Ich wüsste gar nicht, warum ich jemandem helfen soll, der mich eh bescheißt. Du hattest eine Vereinbarung mit Kazrar. Du hast dich nicht daran gehalten. Ich habe keinen Grund, dir zu vertrauen." Er drehte sich um, so dass Archibald seinen eingerollten Rücken samt haarigem Hintern zu sehen bekam.

    "Not all those who wander are lost."
    J.R.R. Tolkien

  • "Da ich andauernd lüge? Ich? Nun vielleicht manchmal, ab und zu, hier und da. Aber doch nicht immer. Tekuro ich habe Dich zu Deinem Vater und seinem Erbe geführt. Ich habe Dich damit zu Dir selbst und Deiner wahren Natur geführt. Du hast durch mich zum Ältesten gefunden, Deinen Vater zurückerhalten.


    Du hast durch mich Nori kennengelernt, da Arbogast Euch bekannt machte. Du hast durch meine Tochter einen Sohn und ich einen Enkel. Du hast durch mich Unsterblichkeit erlangt. Gut versehentlich, weil Du so komisch mit den Armen rumschlackern musstest, aber ich habe Dich transformiert zu etwas Wundervollen und Erhabenen erhoben und Du möchtest mir nicht bei einer einzigen Bitte entgegen kommen?


    Gut, nenne mir Deinen Preis und ich werde ihn bezahlen. Aber dann erwarte ich auch, dass Du Hector von Deinen Qualitäten überzeugst. Das wird Dir gelingen, da er eine Schwäche für Arashi und Alben hat. Allerdings ist er nicht gerade umgänglich, er ist ein klein wenig eigen. Aber wer von uns ist das nicht?


    Der Preis Teku und dreh Dich wieder um", sagte Archibald versöhnlich.

  • Tekuro drehte den Kopf gerade so weit über die Schulter nach hinten, dass er Archibald mit einem Auge mustern konnte.


    "Nori war ... ist ... deine Tochter. Richtig. Die Mutter von meinem Tanukibaby. Dennoch, der Preis bleibt. Du wirst meinen Vater besuchen. Er haust im Rumpf der Tordalk, da komme ich gerade unfreiwillig her. Aber ich werde zurückkehren, wenn die Zeit es erlaubt. Und du wirst mich begleiten. Du wirst Kazrar in seiner Kajüte zu Willen sein, so lange und auf welche dreckige und verruchte Weise er auch immer es verlangt. Und wenn es ein Jahr dauert, in dem du ihm täglich nach dem Morgenschiss den Hintern sauber leckst. Du wirst es tun und dich dafür bedanken. Erst wenn Kazrar mir die Freigabe gibt, erst dann werde ich Hector von Dornburg ... das Geschenk der Unsterblichkeit machen."


    Auf Hector war er neugierig. Er hatte extreme Lust auf diesen Auftrag und sei er noch so heikel. Aber das behielt er für sich, um seine Verhandlungsposition nicht zu schwächen.

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    J.R.R. Tolkien

  • Archibald verschränkte die Arme vor der Brust und musterte Tekuro streng. Aber der ließ sich weder von seinen Worten, noch von seinen Blicken erweichen. Zwei so undankbare Rotzgören, er meinte es nur gut. Der eine wollte nicht gebissen werden, der andere wollte nicht beißen! Kinder!


    Archi dachte einen Moment lang darüber nach Kasimir zu bitten, seinen Sohn zu helfen, aber der Lichtalb würde vermutlich entrüstet ablehnen. Zudem wusste er nicht, wo sich Kasi zur Zeit herumtrieb.


    "Gut abgemacht, ich bin Kazrar zu Willen. Das ist zwar ein unfairer und undankbarer Zug von Dir, aber Du bist wirklich Kazrars Sohn. Sag wann Du zurückfliegst und weshalb bist Du überhaupt hier?", fragte Archibald und hockte sich auf die Fersen.

  • "Weil mein Patti da unten drin ist! Und ich ausgeladen wurde", blaffte Tekuro. "Mit welchem Recht sperren die mich von der Familienfeier da unten aus? Das ist nicht ihr Palast und über Patti bin ich doch auch Teil der Familie, oder nicht? Ich will meinen Patti wieder. Bevor er nicht mitkommt, kann ich hier nicht wieder fort, er geht sonst verloren. Jemand klaut ihn oder er fängt wieder an zu spinnen. Dabei sind Vampire in Ledwick überhaupt nicht verboten! Und Prince Ciel ist auch hier, der ist mein Herr, mit welchem Recht werde ich der Tür verwiesen? Ich versteh das nicht, ich bin zu dumm." Resigniert knallte er den Kopf auf die Ledwickschaukel.

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    J.R.R. Tolkien

  • "Ich denke das hat mit Dir wenig zu tun, sondern mit Vampiren generell. Die Ducachessa ist ein Souvagner und sie stehen Vampiren anders gegenüber. Wobei man doch behauptet, dass Du sehr enge Kontakte zum Duc persönlich pflegst. Weshalb fragst Du dann nicht Deine Honigschnitte, ob sie Dir Einlass verschafft? Nun nicht bei sich, sondern im Palast? Das wäre doch sicher möglich.


    Weshalb treibt sich Patrice überhaupt im Palast herum? Was macht er hier? Falls in Ledwick keine Vampire verboten sind, werden sie auch keine Abwehr gegegen Vampire haben! Geh und hole ihn doch einfach zurück. Wer soll Dich denn aufhalten? Nur solltest Du Dir vorher was anziehen. Dein Stachel könnte für Aufmerksamkeit sorgen", grinste Archibald.

  • "Der La Grange ist hier. Er spürt mich, aber hat offenbar kein Problem mit mir. Trotzdem ist er da, also Obacht. Was die Feier angeht ... wurde ich ausgeladen. Weil Davard von Hohenfelde mich nicht leiden kann. Dabei war ich so gut zu ihm, so gut, er hat so nach mehr gewinselt, aber dann bekam er Schiss und kniff - und wie er kniff, das tat richtig weh. Patti sagt, es sei Davards Geburtstag und ich würde da nur stören. Mein Patti! Sagt mir, ich würde stören! Wenn ich da in die Feier einfach reinplatze, werde ich vermutlich von zwanzig Eibenbergs, dreißig Wigbergs und fünfzig Hohenfeldes durchsiebt. Ich habe sie nicht gezählt. Und ich wollte da auch keinen Radau machen." Tekuro blinzelte. "Vielleicht war ich zu freundlich. Einer von uns beiden ... könnte noch mal strenger fragen. Patti sagen, dass seinem Meister nach der kleinen Drecksau von einem undankbaren Sklaven gelüstet. Darauf steht er. Ja, das wird es sein", sinnierte er. "Wenn ich ganz klein da reinkrieche ..."

    "Not all those who wander are lost."
    J.R.R. Tolkien

  • "Nimmersatt ist hier? Schau an mit seiner gesammten Brut? Auch mit der kleinen Fettbacke Irmina?", fragte Archibald schlagartig hochinteressiert und mit Augen die aussahen wie zwei glühende Kohlen. Den Blick kannte Tekuro zwar nicht, aber er konnte sich denken, was er verhieß.... Hunger.


    "La Grange, was stimmt mit dem Kerl nicht? Was ist mit ihm los? Ich muss an eine Waffe kommen. Palast, ich muss eine der Wachen entwaffnen oder eine Waffenkammer finden. Ledwick... hier habe ich kein Lager. Verfluchte Scheiße, oh Moment doch! Ist Linhard ebenfalls hier? Ist er auf dem Fest?", fragte Archibald mit einem Haifischgrinsen.


    "Sag bitte ja", grinste er noch breiter.

  • "Ja ...", sagte Tekuro misstrauisch. "Linhard ist auch auf der Feier, glaube ich. Alle sind dort, außer mir. La Grange ist ein Bluthexer, er hat Macht über Vampire. Kann uns Kopfschmerzen machen oder unsere Seelen rauspflücken. Ciel kann das auch, der kleine Prinz. Allerdings nicht so gut. Aber was willst du bewaffnet im Palast? Geh doch einfach so rein. Der ist offen, wie in Souvagne. Nur die obere Etage ist Tabu. Allerdings sind sie im Keller. Du gehörst doch zur Familie. Du bist zwar sicher auch ausgeladen, aber ich denke nicht, dass die Pretorianos dich gleich töten oder so. Mach dich am besten einfach klein."

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    J.R.R. Tolkien

  • "Nein ich gehöre nicht zur Familie, was mich mit Dunwin verbunden hat, war etwas anderes. Es war weder Blut noch Familie, es war Freundschaft die mehr wert war als jede Bruderschaft. Wir waren Wahlbrüder, Brüder im Herzen. Wir haben einander wortlos verstanden. Nun nicht immer, aber wer versteht sich schon selbst manchmal? Er war die einzige Person, die mich sogar bei Hunger berühren konnte. Mitbekommen habe ich das nie, aber es wurde mir erzählt. Von ihm und auch von den anderen. Es muss so sein, denn sonst hätte es keine anderen gegeben, die davon berichtet hätten. Der Hunger ist alles verzehrend, er löscht jeden aus, der sich zu nahe bei einem befindet. Ich hatte dabei keine Kontrolle über mich, es war wie ein Wegschnellen in eine andere Welt. Eine Welt voller Wärme, Geborgenheit, unendlicher Gemeinsamkeit und Sättigung jenseits Deiner Vorstellungskraft. Hunger sagt man so leicht, aber der Hunger der mich leitete, war eine Bestie.


    Seltsam nur, dass mich meine Mutter so nannten, bevor sie überhaupt wusste, wozu ich fähig war. Möglicherweise wusste sie es auch, sie lehrte mich eines, im schlimmsten Fall musst Du völlig auf Dich allein gestellt überleben können. Nun ich nahm ihre Herausforderung an. Ich überlebte völlig allein, als einziger Dornburg. Sie haben mich darauf gedrillt und ihre eigene Waffe holte sie ein.


    Nachdem meine Familie ihr Leben ausgehaucht hatte, zog ich bei Dunwin ein. Wusstest Du, dass er an jenem schicksalshaften Tag anwesend war? Er war immer da, wenn ich ihn brauchte. Selbst dann, wenn mir das nicht bewusst war. Ich selbst? Tja ich war Jahrzehnte später genau in dem Moment abwesend, wo er mich am dringendsten gebraucht hätte.


    So verlor ich meinen einzigen Bruder, den ich je hatte. Meinen einzigen Verwandten, den ich nicht gezeugt hatte. Der Stab war ehr wie mir anvertraute Kinder. Nun erwachsene Kinder die schon längst durchs Beuteschema fallen. Deshalb bedeuten mir meine Kinder viel und ich versuche sie bestmöglich zu schützen. Sogar vor ihren eigenen Dummheiten.


    Also mit wem sollte ich dort verwandt sein, oder wer aus meiner Familie ist dort anwesend?


    Ich werde als kleine Fledermaus in den Palast eindringen und dann werde ich mich umschauen. Vielleicht komme ich an die kleine Hohenfelde heran. Dann werde ich sie aussaugen, glaub mir, dass wird Nimmersatt lehren wer sein Meister ist. Was treibt Patti dort drin, zu wem gehört er? La Grange sollten wir uns vorknöpfen", sagte Archi.

  • "Patti ist dort, weil er Pascal besuchen will. Die zwei haben sich ... getrennt. Körperlich, aufgrund von Magie. Pascal ist im Körper von Moritz verblieben und die abgesplitterte Seelenhälfte von Patti ist in einen Neuen eingezogen, der auch sehr hübsch anzuschauen ist. Auch wenn ich seinen alten Körper vermisse ... das dicklippige Fischmäulchen, da kommt der neue Mund nicht ran. Jedenfalls möchte Patti heute Pascal besuchen. Darum ist er auch mit dort. Und Pascal widerum ist verwandt mit Vendelin von Wigberg, er ist sein Sohn. Moritz von Wigberg mit vollem Namen."


    Er drehte sich wieder ganz zu Archibald um.


    "Ich verstehe, was du fühlst. Den Hunger und das mit deinen Wahlbruder. Dunwin war dein Boldi. Ich habe auch einen, einen eigenen. Das ist Liebe, Archi, wahrhafte, tiefe Bruderliebe, die nicht mal den Stachel braucht. Wobei das auch nicht schaden würde, meiner Meinung nach, aber irgendwie wäre das dann auch komisch. Ich schweife ab. Zwischen euch, also dir und Dunwin, da ist noch mehr. Als zweiter Mann im Gefolge von Ciels Unitè B, weiß ich viel, was mein Herr weiß. Er sprach mit Brandur und er sprach mit mir. Du, Archi ... bist der Sohn von Alastair von Hohenfelde. Was bedeutet, dass Dunwin wirklich ... dein Halbbruder war. Und darum hast auch du ein Anrecht, auf dieser Familienfeier zu erscheinen."

    "Not all those who wander are lost."
    J.R.R. Tolkien

  • Archibald schaute Tekuro mit einem Blick an, den Teku von sich selbst kannte. Er suchte nach einer Lüge, nach einem Witz, danach dass Teku gleich sagen würde - hab Dich nur verarscht. Aber nicht dergleichen geschah.


    "Alastair und Rigmor waren ein Paar? Dass... das erklärt einiges, es erklärt fast alles. Wieso ich bei ihm ständig willkommen war. Weshalb er mich stets so behandelte, wie es sich Dunwin gewünscht hätte. Nur gebot ich ebensowenig über Magie wie Dun. In all den Jahren hatte sich Nimmersatt ein einziges Mal bei ihm beschwert. Hatte mich bei ihm angeschissen und ich dachte, jetzt lässt er es an mir oder an Dunwin aus. Er wird mich vor die Tür setzen oder mich umbringen. Er tat es nicht, natürlich nicht sonst würde ich nicht hier stehen.


    Er schleifte die kleine Ratte zurück zu mir und schmiss ihn mir vor die Füße. Er sagte ihm, wenn ich ihm einen Befehl erteile, hat er dem nachzukommen. Und entweder zeigt er ihm morgen früh seinen zufriedenen Arsch oder er wäre fällig. Ich verstand es nicht und verstand es doch. Er war.... er war einer von uns. Oder besser gesagt, ich war einer von ihm! Er trug keine Zähne, aber er muss einer von uns gewesen sein.


    Nach Deiner Erklärung bin ich ein Hohenfelde, ebenso der Halbbruder von Brand und Kun. Der Halbbruder von Dunwin, der Onkel von Nimmersatt und Schreihals. Ich bin der Sohn von Alastair und ich bin ein Nachfahre des Ältesten. Beim Abgrund, ich bin mit dem Ältesten verwand! Das heißt, ich bin mit der Baronin verwandt! Sie ist die Tochter des Ältesten, damit bin nicht nur ich mit dem Ältesten und der Baronin verwandt, sondern auch meine Kinder.


    Und durch Nori auch Dein Tanuki. Das erklärt warum die Baronin Hector ohne zu zögern persönlich annahm um ihn aufzuziehen, er ist ihr Blut! Und warum der Älteste ihn weihte, weil er ebenso sein Blut ist. Weshalb er mich als Jugendlichen beschützte und mir seinen Tempel zeigte. Mir erklärte was die Symbole bedeuten, wie man in die geheimen Gänge und Keller kommt, wie man in den Tempel des Fleisches kommt.


    Und er machte meinen Ersten zu seinem Schlüsselmeister und Hüter. Er hätte doch jeden Anhänger wählen können, aber er kam meiner Bitte nach und nahm ihn an. Wie viele meiner Kinder dienen ihm treu? Sie sind alle verwandt mit ihm. Das ist eine Neuigkeit die mir zu denken gibt.


    Etwas das mich sehr freut, denn Dunwin und ich waren tatsächlich Brüder und Freunde zu gleich. Das was wir freiwillig wählten, waren wir schon immer gewesen. Und uns zwang kein Hass und keine Auslese auseinander, wir kämpften Seite an Seite. Bis zu jenem schicksalshaften Tag. Ich Danke Dir für diese Offenbarung Teku", sagte Archibald ergriffen.

  • "Du hast mir meinen Papa zurückgegeben. Und ich dir deinen", sprach Teku, der ergriffen war von dem Gefühl, was von Archibald zu ihm hinüberschwappte, denn er kannte es, er kannte alles! Diese Wendung war von seiner Seite aus nicht geplant gewesen und nun riss sie ihn mit. "Ich hätte das ... würdiger verpacken sollen. Wir haben nicht mal Sachen an. Aber ja, so ist das. Und dein Vater war sehr, sehr schlau. Er hat dich gut versteckt, verborgen von dem Bruderkrieg der Hohenfeldes. Einer muss überleben - das sollte nicht Dunwin sein, sondern du."


    Er lehnte den Kopf an und schaute verträumt.


    "Jetzt ist es doch anders als bei Boldi und mir. Aber wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich schwören, dass es bei uns genau so ist. Aber nein. Wir kennen unsere Väter ja. Ich wurde von Kazrar gebastelt und Boldiszàr, genau wie mein Belly, von Berzan. Ich freu mich für dich, Archi. Wirklich. Aber der Handel bleibt trotzdem bestehen."

    "Not all those who wander are lost."
    J.R.R. Tolkien

  • "Danke Teku. Nein Du musst es nicht anders verpacken. Wir beide sind nackt aus gutem Grund, wir beide sind Vampire. Das ist keine Schande, sondern ein Status den wir beide erreicht haben. Es sind sozusagen die Zähne über den Zähnen. Ich werde mich an unserem Handel halten, ich gab Dir mein Wort. Nun und ich gab es damals schon Kazrar, also sollte ich es auch halten. Er ist ein guter Kerl und ich mochte ihn schon damals mehr, als ich ihm jemals offen gesagt habe. Er wusste es genauso wie ich es wusste. Er nahm sich so manches heraus, was sich kein anderer hätte herausnehmen dürfen.


    In der Art gleich Hector mir, auch sein Mündel ist ein Ohne-Zahn mit Mandelaugen. Aber zwischen ihnen besteht eine ganz andere Liebe, als sie zwischen mir und Kaz herrschte. Begehrt auf jene Art wie er es sich erträumt, habe ich ihn nie. Weder Jesper, noch sonst wen. Dazu bin ich nicht fähig, sie reißen mich nicht. Aber das heißt nicht, dass ich sie nicht als Personen lieben kann. Sie sind mir wichtig, ich schenke ihnen meine Gunst weil es sie erfreut und mich entspannt.


    Bei Nathan ist es etwas anderes, er ist Kind und Mann zugleich und er ist die erste Person die ich liebe und begehre ohne das er Gefahr läuft, dabei gefressen zu werden.


    Alastair versteckte mich in der Höhle des Löwen und behauptete schlichtweg, dieser Löwe hier wäre ein Tiger und Gast. Wie seltsam nicht wahr? Du wirst meinen Sohn kennenlernen, ihn und vielleicht auch noch einige andere. Sein Mündel ebenso, wie vielleicht meine Enkel von seiner Seite aus. Denn verbunden sind auch wir, wenn nicht durch Blut, dann durch Liebe und Geist. Lass uns einen schönen Platz suchen, um zu feiern, nur wir beide heute Nacht. Du und ich Teku", sagte Archibald und verwandelte sich in eine Fledermaus.


    Langsam flog er davon, sicher dass ihm sein Mündel-Enkel hinaus in diese ehrwürdige Nacht auf ein Festmahl folgen würde.