Kapitel 19 - Ein Gespräch unter Freunden

  • Ein Gespräch unter Freunden

    Kakko rieb sich die müden Augen, während er über das Schiff schlenderte. In einer Hand hielt er seine Wolljacke, auf dem Rücken trug er seinen Rucksack. Die Tordalk war groß genug, dass man sich auf ihr verirren konnte, eine schwimmende Stadt. Und doch war es ihm unmöglich, einen ruhigen Ort zum Schlafen zu finden. Zuerst hatte es sich Tekuro samt seinem Sklaven in Kakkos Bett gemütlich gemacht. Und kaum waren die beiden wieder fort, betrat Onkel Timo die Kajüte und schloss sie hinter sich ab, als wäre es seine eigene. Seit etlichen Stunden nun war er dort, um mit Hector zu reden und Kakko konnte kaum noch die Augen offenhalten.


    Sein Weg führte ihn zur Spielwiese. Dort lagen immer etliche Kissen und Decken, dazwischen wechselnde Leute. Doch als er dort ankam, vergnügten sich gerade zwei Pärchen und eins davon lud ihn ein, mitzumachen, als er sich dazulegen wollte. Dankend flüchtete Kakko, danach war ihm nun wirklich nicht. Auf der Suche nach Ruhe führten ihn seine Schritte die hölzerne Treppe hinab in die Unterdecks. Je weiter er nach unten ging, umso ruhiger wurde die Umgebung. Vielleicht würde er im Frachtraum eine Ecke finden, wo er seine Jacke ausbreiten und den Rucksack als Kopfkissen benutzen konnte, um ein Weilchen zu schlafen.


    Doch selbst in den untersten Tiefen der gewaltigen Riesendschunke gab es außer ihm noch Streuner! Als er näher ging, erkannte er den Mann. Das war doch Kirimar. Was machte der hier unten allein?


    "Hallo, Kiri", grüßte Kakko freundlich. "Hast du auch keinen Schlafplatz?"

  • Kirimar drehte sich zu Kakko um und schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln, wobei er für den jungen Beißer seine Zähne entblößte. Eine Geste, die absolute Freundlichkeit ausstrahlte, in ihrer eigenen Welt.


    "Ehrlich gesagt nein Kakko. Ich dachte wir alle teilen uns eine Kabine, aber als ich vorhin versucht habe in die Kabine zu kommen, war sie abgeschlossen. Hector war mit irgendjemand dort drin, aber sie sprachen leise und ich konnte nur Gemurmel verstehen. Hecs Stimme habe ich erkannt, er klingt immer wie ein Reibeisen. Aber wer der andere gewesen ist, kann ich Dir nicht sagen.


    Also zog ich los um mir das Schiff ein wenig anzuschauen und um mir eine gemütliche Ecke zu suchen, bis sich der Schlüsselmeister bequemt das Schloss zu öffnen. Ich wette er hat sich irgendwen gekrallt, um mich eifersüchtig zu machen. Oder er sperrt mich dauerhaft aus, weil ich mich gut mit Tekuro verstehe.


    Wieso beim Grag hat er Dich ausgesperrt? Komm wir suchen und einen gemütlichen Fleck, bei den Vorräten ist es meinst trocken und warm. Oder wir gehen in die Kombüse. Ich hatte für Deinen Vater eine Überraschung, aber seit dem ich sie habe, hatten wir nur Stress und er hat sie noch nicht gesehen. Was mich betrübt.


    Wir wollten gemeinsam nach Arashima reisen. Du wolltest unsere Heimat entdecken und ich hätte sie Dir gerne gezeigt. Für mich war sie das, auch wenn sie mich als Heimat nicht annehmen wollte. Sie hat mich abgestoßen, jedes Land und jede Person hat das. Ausnahme der Zirkel und seine Bewohner Kakko. Drum vergiss niemals Deine Herkunft und Dein Nest, es ist kostbarer als Du Dir überhaupt vorstellen kannst", antwortete Kirimar und band sich seine Haare zum Zopf zusammen.


    "Möchtest Du was essen?", fragte er freundlich und hielt ihm einige getrocknete Fleischstreifen hin.

  • Dankbar nahm Kakko die Fleischstreifen entgegen. "Ich möchte nicht hoch, von dort komme ich gerade. Es ist zu laut und immer ist irgendjemand in Spielstimmung. Dabei bin ich so müde, ich würde gern ein wenig ruhen. Darum wäre ein Platz bei den Vorräten schön, wenn du einen kennst."


    Er folgte Kirimar durch den Rumpf der Tordalk. Dunkel war es hier unten, warm und der herzhaft-süßliche Duft von Holz schwebte in der stehenden Luft. Je tiefer sie kamen, umso mehr gesellte sich der stechende Geruch von Teer hinzu, wie in einer Suppe, in die man zu viel Pfeffer gab. Im Gehen aß Kakko einen Fleischstreifen.


    "Was für eine Überraschung ist es denn?", erkundigte er sich, nachdem er heruntergekaut hatte. "In der Kajüte von Papa ist jetzt der Onkel Timo mit drin. Ich habe durchs Schlüsselloch schauen wollen, aber es war verhangen. Du bist der Erste, der mir sagt, dass meine Herkunft wichtig ist ... Hector lehrte mich stets, sie sei vollkommen egal. Aber es fühlt sich anders an. Ein Teil von mir sehnt sich nach Karasu, nach Arashima ... warum hat dich dort niemand gewollt? Warum störte es sie, dass du ein halber Alb bist? Oder war es, weil du jagst?"

  • Kirimar führte Kakko hinab zu den Vorräten und schob einige Fässer so, dass sie einen guten wie gemütlichen Sichtschutz bildeten. Kiri breitete seinen Reisemantel aus und machte es sich mit seiner Tasche darauf gemütlich. Er klopfte neben sich, damit sich Kakko zu ihm setzte.


    Kiri zog seine Panzerung aus und zog sein Hemd nach unten, so dass Kakko die Tätowierung auf seinem Oberarm sah. Ein Bild von Hector, so wie er seinen Vater kannte.


    "Das ist die Überraschung. Aber er hat sie noch nicht gesehen", erklärte Kiri.


    "Wo wir gerade bei ihm sind, Dein Vater hat eine andere Sicht auf die Welt. Er wurde in ein Amt hineingeboren Kakko, er wurde vom ersten Tag darauf vorbereitet und er denkt nur in diesen Bahnen. Für ihn ist die Herkunft einer Person schon wichtig, solange sie dem Zirkel entstammt. Seine Fragen sind ist mein Gegenüber ein Beißer? Gehört er dem Zirkel an? Aus welchem Nest stammt er? Ist die Person kein Beißer, ist sie für Hector meist keine Person mehr. Er ist es gewöhnt, dass Leute von außerhalb dem Zirkel beitreten und dort ihre wahre Heimat finden.


    Das heißt, Du hast schon eine Heimat und eine Herkunft, aber das hat der Zirkel und allen vorran Dein Nest zu sein. Arashima? Das ist tote Vergangenheit. Du bist kein Arashi, Du bist ein Beißer des Zirkels und des siebten Nestes, basta.


    Aber auch er weiß, dass Arashi wie Arashi aussehen und das jedes Volk trotz aller Verneinungen seine Eigenarten hat, schon allein dem Alltag oder den Traditionen geschuldet. Einiges davon floss somit natürlich auch in den Zirkel ein. Du nimmst nicht nur etwas an, wenn Du dem Zirkel beitrittst, Du gibst auch etwas zurück.


    Welche Waffe führt Dein Vater? Woher stammt diese Waffe? Wer hat sie geschmiedet? Woher stammt das Wissen dieser Schmiedkunst und die Kampfkunst dieses Schwert zu führen? Eine Antwort - aus Arashima.


    Welche Kampfkunst hat der Zirkel geschaffen und welche Waffen schmiedet er selbst? Außer die Beißer, die ihm dienen Kakko? So weitsichtig Dein Vater sein kann und das ist Hector wirklich, so kurzsichtig ist er, was den Zirkel angeht. Er sieht sich als persönlichen Teil des Großen Ganzen, als eine Schlüsselfigur - den Schlüsselmeister.


    Die ist er auch, er steht für den Zirkel und allen vorran für sein Nest ein. Mit allen Konsequenzen. Aber Hector ist auch ein Mensch, mit Bedürfnissen, Fähigkeiten und Unfähigkeiten. Er ist kein Ältester und er ist nicht der personifizierte Zirkel. Er ist auch nicht dafür zuständig, jeden noch so dussligen Beißer seines Nestes den Arsch zu retten. Aber so sieht er es, er ist ihr Wächter. Dafür verlangt er Respekt und Gehorsam.


    Ich sage Dir Kakko unsere Herkunft macht einen großen Teil davon aus wer wir sind. Blut kann man nicht verleugnen. Warum sonst hörst Du Dein Blut singen? Warum möchtest Du das Land Deiner Eltern kennenlernen? Wieso möchtest Du wissen, wo Deine Wurzeln liegen? Jedes Adoptivkind sucht seine Wurzeln, weshalb wenn all das unwichtig wäre?


    Insgeheim weiß Dein Vater auch, was hinter Deinem Wunsch steckt. Sein Verstand ist so scharf wie seine Zähne Kakko. Aus den Worten, was er bezogen zu Deiner Herkunft sagte, sprich nur eines und zwar Angst. Er hat Angst Dich an Arashima und Deinen leiblichen Vater zu verlieren.


    Er hält sein Nest zusammen Kakko, niemand wendet sich von seinem Nest ab. Gut einige sind geduldet, aber für die meisten würde er durch den Abgrund gehen um sie zu retten, oder bei Verrat und Flucht zu richten. Du kannst dem Zirkel und dem Nest nicht entkommen. Er ist zu verstrickt darin und er möchte, dass Du bei ihm bleibst.


    Ich hingegen sage Dir, lerne Deine Wurzeln kennen und ziehe Stärke daraus. Wenn Du Hector als Vater liebst, wirst Du die Stärke und das gewonnene Glück daraus teilen. Ist Euer Band stark genug, dann wird es niemals reißen. Und falls doch? Nun dann wart ihr nie füreinander bestimmt. Eine schmerzliche aber dann durchaus notwendige Erkenntnis.


    Schau Dir Arashima an, es gibt kaum ein schöneres Land, was die Landschaft und die Menschen angeht. Ich Kakko bin genauso ein Teil davon, aber etwas dass niemand sehen mag. Das Produkt eines Krieges, einer Schandtat. Sie wussten nicht, dass ich jage. Es reichte ihnen aus meine Ohren zu sehen um zu wissen, welches Blut noch in meinen Adern fließt.


    Ich hatte sogar versucht mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Versucht mit ihnen zu sprechen und vielleicht ihre Seite zu verstehen. Kakko so verschieden wie Arashi und Frostalben meinen zu sein, sie sind es nicht. In ihrem kurzsichtigen Hass sind beide Völker gleich. Hassen sollten die Arashi meinen Vater, ich habe mich nicht selbst gezeugt. Mein einziges Verbrechen war geboren zu werden", erzählte Kiri Kakko leise.

  • Kakko betrachtete gerührt die Tätowierung, die das Gesicht von Hector zeigte. "Das wird ihn sicher freuen. Ein Liebesbeweis, der unter die Haut geht."


    Als Kirimar erzählte, wie er behandelt worden war, legte Kakko beide Hände auf Kirimars Ohren und betrachtete sein Gesicht. "Wenn wir sie dir rund schneiden, dann fällst du überhaupt nicht mehr auf. Oder wenn du einfach die Haare derüber trägst oder ein Stirnband oder eine Mütze? Wer war es? Weißt du seinen Namen? Wir könnten sie beide suchen ... Karasu und ihn."


    Er ließ Kirimar wieder los, stopfte seinen Rucksack hinter sie beide als weiche Lehne und kuschelte sich im Sitzen an ihn. Seine Wolljacke zog er über sie beide. "Hector muss keine Angst haben. Er ist mein Papa und der wird er bleiben."

  • Kirimar machte sich lang und nahm Kakko in den Arm.


    "Das hast Du lieb gesagt, ich hoffe auch dass es ihm gefällt. Das er keine Angst haben muss, glaube ich Dir. Du bist jemand der sich stark bindet. Es mag lächerlich klingen, aber genau wie ich. Nur weil ich nicht ständig vor Ort bin, heißt das nicht, dass er mir nichts bedeutet.


    Angst? Zum Thema Angst kann ich Dir einiges sagen. Du hast vermutlich ein anderes Bild von Deinem Vater, aber Angst ist ein großer Bestandteil seines Lebens. Sie ist immer da Kakko. Die Angst ist ihm dermaßen in Fleisch und Blut übergegangen, dass er vergessen hat, dass sie Dauergast in seinem Geist ist.


    Angst sein Küken zu verlieren, Angst jemanden aus seinem Nest zu verlieren, Angst den Kampf zu verlieren, Angst davor den Verstand zu verlieren, Angst die Beherrschung zu verlieren, Angst, Angst, Angst. Jemand der keine Angst hat Kakko würde nicht derart wie Das Grauen oder Die Bestie kämpfen. Im Grunde Ihres Herzen sind sie einsam. Sie glauben all das, was sie schätzen und lieben, wird eines Tages wie Wasser zwischen ihren Fingern verrinnen. Deshalb halten sie es dermaßen fest.


    Aber es geht nicht nur Deinem Vater oder Opa so Kakko, viele Beißer haben das Problem. Raubtiere sind scheu, denn sind sie enttarnt, wird man sie jagen, fangen und töten. Das weiß die große Schneekatze, ebenso wie Dein Vater.


    Mein Vater heißt Valimar Atar und ist ein Frostalb, einer der Besatzer Kakko, meine Mutter ist Sayoka Tanba.

    Ich weiß nicht, was ich Dir mehr über die beiden sagen soll, wirklich nicht.


    Ich hoffe von Herzen für Dich, dass Du Deinen leiblichen Vater findest und dann zwei Väter Dein eigen nennen darfst. Hätte ich ein Küken wie Dich, wäre ich ebenso stolz auf Dich. Hector hat Dich verhätschelt, aber dafür kannst Du nichts", lachte er leise.

  • "Na doch, ein bisschen kann ich was dafür. Ich war sehr faul, es war einfach zu schön, so verwöhnt zu werden." Kakko schmunzelte und schloss die Augen, während er sich pudelwohl fühlte. "Aber künftig werde ich anders leben, ich möchte Schwertmeister werden wie Hector und du.


    Schade, dass du mir nicht mehr über deine Eltern erzählen kannst. Vielleicht dann, wenn unsere Füße auf dem gefrorenen Boden von Arashima stehen und der Wind durch die Kleider bis in unsere Seelen hinab fährt. Und du hast immer Hector und mich. Wir werden zu dritt in ein wunderschönes Quartier ziehen, entweder in der Röhre oder anderswo. Wir sind doch eine Familie. Und ich werde nicht nur zwei Väter haben, sondern auch einen großen Bruder - dich."


    Er schob Kirimar einen der Fleischstreifen in den Mund.


    "Ich wusste nicht, dass Hector so viele Ängste durchleben muss. Ich dachte immer, er wäre vollkommen furchtlos."

  • Kiri zog Kakko fest in seine Arm und aß genüsslich den Fleischstreifen.


    "Hätte Hector keine Angst, wäre er tot. Angst ist nichts verwerfliches, sie warnt Dich vor Gefahren. Aber manche von uns haben davon soviel durch, dass sie dauerhaft in dem Zustand leben. Du kennst Deinen Vater nur in alltäglichen oder Vater-Sohn-Situationen.


    Ich kenne ihn auch als Partner und ebenso im Bett. Glaub mir, da sind auch einige Überbleibsel übrig, über die er nicht spricht.

    Und weil er nicht spricht, macht er den Mund anders auf. Wenn er meint er ist.... wo immer er damals war, als man ihn gebrochen hat. Dann versucht er einen zu töten. Irgendwer muss ihn einst aufgeknüpft haben oder zumindest fast.


    Aber das macht ihn weder schwach noch bedauernswert. Er hat es überlebt und vermutlich seinen Peiniger gefressen. So kennen und lieben wir ihn. Er wird ihm den Brustkorb aufgebrochen haben und ihm das Herz herausgerissen haben.


    Alles sagt mir Hector leider auch nicht, besser gesagt eine Menge sagt er uns nicht. Vor allem was sein Amt betrifft und dessen Geheimnisse. Aber Du wirst einst in seine Fußstapfen treten, dass weiß ich. Du führst den Opak und Du wirst lernen sie alle zu nutzen Kakko.


    Sich faul in ein gemütliches Nest zu kuscheln ist normal, man wird erst flügge wenn man aus dem Nest gestoßen wird. Aber Dein Paps hat sich auf Dich gehockt wie eine Glucke und jeden weggebissen, der nur versucht hat seine Hand nach Dir auszustrecken. Auf Beißerart versteht sich, sonst würden wir nicht hier liegen. Seine Fürsorge ist für Gabad vermutlich unverständlich, aber was wissen die schon?


    Außer wie man nach einem kleinen Jungen Steine wirft, dass er in einen eisigen Fluss stürzt und davon gespült wird. Es schert sie nicht. Und so scherten sie mich nicht mehr. Die Kälte kann Dein Feind und Freund zugleich sein Kakko, lass Dir das gesagt sein. Mir macht sie nicht soviel aus, vermutlich das Erbe meines Vaters.


    Genug von mir geredet oder Deinem Vater, was ist mir Dir? Was weißt Du überhaupt über Deinen Vater? Und was hast Du außer ihn zu treffen für Wünsche und Träume?", fragte Kirimar.

  • Kakko verwunderte es immer wieder, was andere durchgemacht hatten, während er selbst wie eine Prinzessin auf der Erbse gelebt hatte. "Aber nun ist das vorbei und du hast uns", beharrte er freundlich, ohne die Augen zu öffnen. Er konnte sich nicht vorstellen, warum die Vergangenheit den Blick auf die Zukunft trüben sollte, schließlich war sie vorbei und jetzt war jetzt.


    "Angst ist nichts Schlimmes, sie warnt uns vor Gefahren und davor, uns selbst zu überschätzen. So viel weiß ich bereits. Hector wurde übel mitgespielt während seiner Weihe ... sie ist sehr gefährlich, viele sterben, nur die machtvollsten Schlüsselmeister überleben sie. Er hat sie überlebt.


    Ich würde in Arashima außer meinem Vater auch gern den Kaiser sehen. Nur von weitem vielleicht, aber das würde ich mir wünschen, und die Armee. Und was möchtest du dort?"

  • Kirimar drückte seinen Kopf gegen den von Kakko.


    "Den Kaiser sehen? Das ist ein kein geringer Wunsch Kakko, aber vielleicht ist es uns ja möglich. Du hast die Angst gut beschrieben, sieh sie als Kampfgefährtin. Sie warnt und beschützt Dich. Über die Weihe selbst weiß ich nichts Kakko, aber ich glaube Dir, wenn Du sagst das sie derart gefährlich ist. Eines weiß ich von Hector, er hat seine Tätowierungen dort erhalten. Und er hat sie wirklich überall.


    Du solltest Dir in Arashima auch eine Tätowierung stechen lassen, etwas das Du von Deiner Heimat unter der Haut trägst, wie Du es so schön genannt hast. Und veilleicht etwas vom Nest, so hast Du beides verbunden.


    Was ich in Arashima möchte? Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Ich kann Dir nicht sagen, was mich dort immer wieder hinzieht und enttäuscht zurückkehren lässt. Ich weiß nicht einmal was ich überhaupt suche, falls ich was suche.


    Wir passen dort gut auf uns auf, mach Dir keine Gedanken. Welche der beiden Armeen möchtest Du denn sehen? Mit beiden ist nicht gut Fischreis essen Kakko, Du musst vorsichtig sein. Ich rate Dir, schau sie Dir aus der Entfernung an, dass reicht", warnte Kirimar.

  • "Na, sie alle beide", antwortete Kakko. "Wenn schon, denn schon. Nur von weitem. Ich habe noch nie eine Armee gesehen, nur die Söldner aus Obenza, wie den ollen Garlyn, der ist langweilig. Ich will eine richtige Armee sehen, wie sie marschieren! Sie sind Gabad, die sich zu einer sehr wehrhaften Herde zusammengeschlossen haben. Wie sollte man sie aufbrechen? Vermutlich überhaupt nicht, nur einzeln, das fasziniert mich. Was wäre", er senkte die Stimme, "wenn die Beißer das tun würden? Wenn sie nicht allein auf die Jagd gingen, sondern so? Das möchte ich mir ansehen und das studieren.


    Eine Tätowierung? Aber ich brauche doch den Platz, falls ich selbst einst Schlüsselmeister werde. Wenn, dann muss Papa dabei sein, damit er mir sagen kann, wo noch Platz ist. Überall, meinst du wirklich überall?"


    Kakko kicherte.


    "Was dich nach Arashima zieht, das weiß ich. Das Gleiche wie mich, wie du es sagtest, unser Blut singt. Und unseres singt im gleichen Ton. Diesmal wird die Reise keine Enttäuschung, versprochen!"

  • Kirimar kicherte leise.


    "Du kleiner Schelm, Du meinst ob sein Schwanz tätowiert ist? Ja. Sogar seine Zunge ist tätowiert.

    Ich gehe davon aus, dass diese Tätowierungen über Deine Bilder gestochen werden würden. Sie würden sich ergänzen aber nicht behindern. Man sähe Deine Bilder immer noch in ihrer Schönheit, sie wären nur durch diese Schriftzeichen und Symbole überschrieben. Stell Dir vor Du zeichnest ein Tier und über das Tier schreibst Du einen Text. Dabei verschwindet es ja auch nicht. So habe ich es mir vorgestellt.


    Du meinst gemeinschaftlich auf Jagd gehen? Einige Beißer tun das, es ist ein Zeichen von Vertrauen. Aber eine Armee von Beißern? Das wäre eine gewaltige Macht, wenn sie wirklich zusammenarbeiten. In großer Not haben schon einige Nester Seite an Seite wie besessen gekämpft. So etwas hat natürlich einen fatalen Hintergrund, meist dann, wenn ein Nest aufgeflogen ist. Du kannst Dir keine Reinigung vorstellen. Manfredo hat uns einmal als jungen Männern davon erzählt. Grauenvoll sage ich Dir. Gestern hattest Du noch ein Zuhause, Freunde, Familie und dann holen Dich die Gabad. Schlachten die Kinder vor Deinen Augen, schänden die Frauen und schlachten sie ab und zum Schluss fallen die Verteidiger. Niemand hat die "Säuberung" überlebt, bis auf Manfredo.


    Was übrig blieb war ein leeres, totes Nest. Nicht mal die Leichen seiner Nest-Familie haben sie ihm gelassen. Sie wurden auf einen großen Haufen geworfen und angezündet. Damit jeder sah, was mit diesen Untieren geschah, so hieß es. Dabei hatten sie einen Backfisch übersehen, der klug genug war den Kopf unten zu halten.


    Drum ist Manfredo wie er ist Kakko. Wenn man erlebt hat, was er durchmachen musste, ist jedes Problem nur noch Kinderkacke. Ihn regt nichts mehr auf. Einer der besten Kumpel von Deinem Papa.


    Mit Deiner Vermutung könntest Du Recht haben, aber ich fühle nicht bewusst, dass ich dort nach etwas suche. Aber ich vertraue Dir, so wie Du mir vertraust Kurzer", antwortete Kirimar.

  • "Das wäre nicht geschehen, wenn dieses Nest nicht aus lauter Einzelkämpfern bestanden hätte, sondern aus einer Beißerarmee. Wenn ich einst Schlüsselmeister bin ... so werde ich mein Nest genau darauf hin formen. Eine unbezwingbare Einheit zu bilden." Er öffnete kurz die Augen. "Hört sich das gut an oder dumm? Manfredo würde ich gern kennenlernen, Hector erzählt oft von ihm, aber hält ihn irgendwo versteckt."


    Er feixte leise. "Ja, ich meinte seinen Pipimann. Das tat sicher weh."

  • Kirimar wuschelte Kakko durch die Haare.


    "Du bist sein Sohn, frag ihn doch wie schlimm es geschmerzt hat. Manfred und Jimena sind die Hilfswächter von Hector, Du siehst sie nicht, weil sie normalerweise ihre Arbeit teilen. Sprich einer früh, einer spät, einer nachts. Tja das ist das Mantra, Schwäche wird verachtet. Wobei unser Nest und einige andere da anders geführt werden. Pro Nestfamilie, aber das ist Auslegungssache der Schlüsselmeister. Dein Vater mag es rund und gemütlich, alles soll an seinem bestimmten Platz bleiben. Alles soll unveränderlich sein. Guck Dir Euer Quartier an, er wohnt dort seit seiner Geburt und deshalb will er nicht ausziehen. Er wohnte dort mit seiner Amme, dann mit Urban, danach mit seiner Frau und dann allein und er wird auch mit mir dort wohnen. Wobei er meinte, für mich räumt er nichts um, lohnt nicht. Wer nicht da ist, braucht keinen Platz. Ich bin schon da, aber nicht permanent. Es gibt Wanderfalken und Eisvögel, beide kommen zu ihrer Beute.


    Ich finde Deine Idee die Beißer zu einer festen Einheit zu schmieden grandios. Wer sagt denn, dass die Stärke des Einzelnen gemeint ist? Stärke fördern, Schwäche ausmerzen. Wenn wir alle gemeinsam stark sind, gibt es keine Schwäche mehr, denn wir sind eins. Das gefällt mir. Es wäre mir eine Ehre, Dich als Schlüsselmeister zu haben", gab Kirimar zurück.

  • Kakko lächelte breit. Nun war er sehr glücklich. "Danke, dass du an mich glaubst, obwohl ich bis jetzt so ein fauler kleiner Kuckuck war. Hector tut das auch. Es tut gut, euch bei mir zu wissen, an meiner Seite, im Herzen und im Geist. So fühlt sich Familie an. Du wirst bei uns wohnen und es wird schön sein, glaub mir, wir machen es uns richtig gemütlich.


    Wenn er mal wieder Zeit hat, werde ich Hector meine Idee vortragen. Sobald dieser Onkel Timo endlich mal wieder aufgeschlossen hat. Ob sie was Geheimes planen? Oder haben sie zugesperrt, damit Tekuro sich nicht mehr in mein Bett legt mit seinem Sklaven?"

  • Kirimar zuckte die Achseln.


    "Es könnte alles mögliche der Grund sein, entweder bereden sie was Geheimes, wollen Teku nicht als Gast - warum auch immer oder sie möchten unter sich sein. Vielleicht hat Hec auch einfach nur vor, mich eifersüchtig zu machen. Sprich das ist die Retourkutsche für mein kleines Stelldichein mit Tekuro. Er hätte mitmachen können, er wollte nicht.


    Was haben Teku und sein Sklave in Deinem Bett gemacht? Lass mich raten, Hector hatte selbst Besuch von ihm. Aber mir Vorhaltungen machen. Er ist da was eigen was Teku angeht was?", lachte Kirimar.


    "Dein Vater ist ein Steinschädel, ein Sturkopf. Such Dir in der Heimat einen Mann oder eine Frau, damit Du Deine Linie fortführen kannst. Das würde uns alle glücklich machen und lass Garlyn in Ruhe. Der Mann hat sein Packchen zu tragen", grinste er vergnügt.

  • "Mein Papa mag ein Sturkopf sein, aber er ist es auf sehr liebe Weise. Tekuro hatte ihn außerdem weggeschickt, Hector kann da nichts dafür. Garlyn ist selber Schuld, wenn er mich ärgert", gab Kakko zurück und schaffte es, dabei rundum lieb und niedlich zu klingen anstatt rotznäsig. Das verdankte er der jahrelangen Übung im Umgang mit seinem Vater.


    "Tekuro und sein Sklave haben sich gepaart, mein Bett war vollkommen schmutzig hinterher und sie hatten nicht einmal den Anstand, es neu zu beziehen. Aber Hector lag in seinem eigenen Bett. Als ich mich dazu legte, schlief er schon und roch nicht nach Tekuro oder Patti. Wobei ich glaube, dass Tekuro selber betrogen wird. Patti ist gar kein echter Sklave, der veralbert ihn nur."


    Er rutschte ein wenig tiefer, da er vor lauter Gemütlichkeit immer müder wurde.


    "Bleibst du hier? Ja, oder? Ob ich mir jemanden in Arashima suche, weiß ich noch nicht. Ich bin vielleicht noch gar nicht reif dafür und außerdem mag ich nur die Milchsklavinnen. Aber die sind nicht zum Vermehren da, weil sie nicht schwanger werden, so lange sie Milch geben. Das haben sie mir erzählt."