Kapitel 47 - Die Ankunft der Kronenkorallen in Souvagne

  • Die Ankunft der Kronenkorallen in Souvagne

    Irving lehnte mit geschlossenen Augen in dem weichen Sitz, der das Herzstück der Kommandozentrale von Argentocoxos bildete. Die Oberfläche fühlte sich an wie Haut, doch bestand nicht aus Leder - sie lebte. Die Wärme, die Irving durch den leichten roten Stoffmantel spürte, war nicht sein eigener Körper, der die Lehne erwärmt hatte, sondern war die Eigenwärme des Lebenden Schiffes. Der Sitz war in Wahrheit ein Sinnesorgan, das mit unzähligen Sensoren den Willen der Person wahrnahm, die in ihm thronte. Von dort aus wurden die Informationen weitergeleitet und ohne weitere Zwischeninstanz in Handlungsbefehle umgewandelt. Die Kontrolle, die Capitano Irving über das Schiff hatte, war absolut, wenn dessen Seele nicht gegenwirkte, doch warum sollte sie das tun? Sie beide wussten, was der andere dachte und empfand. Weder konnte einer ohne den anderen überleben noch wollten sie es. Schiff und Kapitän waren in untrennbarer Symbiose verbunden, sie waren eins.


    Und so spürte Irving, wie das Wasser, dass den Körper des Biomechanoiden umspülte, wärmer wurde, als sie sich der Küste näherten - und beide waren zeitgleich verwundert, als sie eine Mauer inmitten des Ozeans fühlten. Es war ihnen unmöglich, einen der Hochseehäfen anzusteuern. Irving öffnete die Augen. Wie gelangten souvagnische Schiffe hinein? Vermutlich würden sie gleich magisch kontaktiert werden. Er wartete aufmerksam.

  • Thabit tastete mit all seinen Sinnen die Mauer ab, die mitten in den Ozean und vor die Küste Souvagnes gebaut worden war. Massives Gestein hatten sie verwendet, aus dem Herzen der Erde. Auf die Idee mitten in der See eine Mauer zu bauen, konnten wirklich nur Souvagner kommen. Das sie noch keine Mauer in der Luft errichtet hatten, war sicher nur eine Frage der Zeit. Dann würden sie auch dort ihre ureigene Mauer errichten, an denen jeder ungebetene Gast abprallte.


    `Eine Mauer in der See, eine Seemauer. Eines muss man den Souvagnern lassen, sie bleiben ihren Prinzipien treu, gleich wie unmöglich es erscheint´, merkte Thabit an und tauchte soweit auf, dass man seinen gesprenkelten Rücken sah.


    Einen Augenblick später spürte Irving wie sie magisch abgetastet wurden. Scheinbar war man sich für einen Moment nicht einig darüber, was sie überhaupt waren. Dann wurden ihre Farben erkannt und Irving spürte, dass ein Magier zu ihm Kontakt aufnahm.


    `Gebt Euch zu erkennen, Ihr befindet Euch in souvagnischen Hoheitsgewässern. Wer seid Ihr, was ist Euer Begehr?´, fragte der Mann argwöhnisch. So ein großes Geschöpf hatte er noch nie gesehen, es übertraf sogar die riesigen Haie und Wale, zudem hatte es ein menschliches Bewusstsein. Sogar zwei Bewusstseine und es gebot über mächtige Magie.

  • Eine Furche entstand zwischen Irvings schwarzen Brauen. Dass der Souvagner behauptete, die See würde in diesem Abschnitt ihnen gehören, fand er ausgesprochen anmaßend. Der Herr der See war Thabit Argentocoxos und niemand sonst.


    'Souvagner, ich frage EUCH, wer seid IHR und warum hat Thabit Argentocoxos noch keine Opfergaben noch Gebete von eurem Land empfangen? Der Dhunico ist mitnichten Teil von Souvagne, keinen Fingerbreit! Dies ist nicht die Azursee. Noch haben wir diese Nachlässigkeit geduldet, doch langsam wird es an der Zeit, Thabit den nötigen Respekt zu erweisen, wenn ihr wollt, dass diese Mauer bestehen bleibt und dass eure Schiffe künftig heil den Seewegen folgen!'

  • `Wir halten uns an gültiges Seerecht. Die Breite des Küstenmeeres darf jeder Staat bis zu einer Grenze von höchstens drei Seemeilen von der Basislinie festlegen.Die Breite der Hoheitsgewässer wird an der Kontrollierbarkeit mit Geschützfeuer von Land aus bemessen. Die territoriale Souveränität endet dort, wo die Kraft der Waffen endet. Der restliche Teil der Weltmeere gilt als internationales Gewässer. Und da es sich um unseren Hafen handelt, haben wir ihn natürlich zur Sicherheit eingemauert. Wir können Eurem Gott dennoch gerne ein Opfer darbringen, wenn es nicht zu abstrakt ist. Was wünscht Ihr denn nun überhaupt? Das Opfer?´, fragte der Magier verwirrt.


    Thabit fragte sich, wie weit seine Grenze dann zählen würde. Seine Waffen reichten wesentlich weiter, aber dass musste er dem Magier nicht auf die Nase binden. Dies gehörte zu dem Wissen was man hatte und über das man schwieg. Bis zu dem Zeitpunkt wo man es benötigte. Allerdings waren sie in friedlicher Absicht hier und sie trugen sogar den Frieden in Form der Kronenkorallen im Bauch.


    `Erkläre dem magischen Beamten, dass wir eine Lieferung von Horatio für den Duc haben und das er uns auf den Nerv geht´, antwortete Thabit und stupste gegen ein Mauertor.

  • 'Einen kleinen Moment noch, Thabit', kommunizierte Irving liebevoll. Dann schickte er eine Botschaft, die das Gefühl all seiner Arroganz und jahrhundertealter Bosheit an den Magier vermittelte.


    'Der Gott aller Ozeane, Thabit Argentocoxos Davy Tod-aus-den-Tiefen von Wigberg, verlangt nichts geringeres als einen Jüngling, der mit durchgeschnittener Kehle zum Sterben in den Dhunico geworfen wird! Im Optimalfall ist es ein schöner Jüngling, wenn Thabit besonders gewogen sein soll.'


    Hässliche Jünglinge waren schließlich entbehrlich, aber einen schönen Knaben zu opfern, tat jeder zivilisierten Nation weh. Es war der Vergleich zwischen einem Geschenk, dass in Butterbrotpapier und einem, das in Seide eingeschlagen überreicht wurde.

  • `Nun gut, aber das dauert etwas. Ungefähr eine halbe Stunde, dann wird Euch der Jüngling geopfert nach alter Seefahrertradition. Einer der Kapitäne wird die Opferung vornehmen, damit auch alles seine Richtigkeit hat´, antwortete der Magier und Irving spürte wie sich der Mann etwas von ihm zurückzog und die Botschaft an einen anderen weitergab.


    `Eure Forderung wurde weitergeleitet´, sagte der Magier auf magischem Weg.


    Thabit tauchte weiter auf und grübelte wo sich dieser Magier befand, danach scannte er die Uferregion und das weitere Umfeld ab. Touboullon, dort saßen die Magier.


    `Er sitzt in Touboullon, nicht im Himmelsgebirge wie vermutet. Der Bursche ist kein Himmelsauge´, teilte Thabit seinem Liebsten mit.


    Die halbe Stunde hatten sie nicht zu warten, dann trat ein Mann in Uniform auf die Seemauer, einen Gefesselten im Schlepptau. Er rief Davy an, goss eine Flasche Rum ins Meer und schnitt dann dem Gefesselten die Kehle von einem Ohr zum anderen auf. Einen Augenblick später schmiss er ihn in die See. Der Blick des Kapitäns war fest auf Thabit geheftet, ehe er sich kurz verneigte und den Rückweg über die Mauer antrat.


    `Das Opfer wurde erbracht´, teilte der Magier Irving mit, währen Thabit die Seele des Blutopfers verschlang.

    `Na bitte, geht doch´, kommentierte Thabit in Irvings Gedanken.

  • Irving grinste vor Genuss und rieb seinen Hintern auf der Sitzfläche im Kreis, während er zusammen mit Thabit den Geschmack der Seele kostete. Mit leisem Stöhnen kaute er auf seiner Unterlippe und schloss die Augen. Wenige Augenblicke später war der Mann, der im Ozean trieb, nur noch eine leere Hülle, von der nicht einmal ein Geist in den Nexus steigen würde. Noch toter konnte ein Mensch nicht sein. Für Thabit und Irving aber bedeutete Tod Leben.


    'Wir akzeptieren das Opfer. Allerdings sollte es keine einmalige Angelegenheit bleiben, bedenkt dies und haltet die alten Bräuche hoch, dann werden eure Schiffe sicher über den Dhunico gleiten. Nun hört, dass wir eine Lieferung des Ältesten Horatio von Schwarzfels für den Duc de Souvagne haben und das Ihr uns auf den Nerv geht, Magier.'

  • Irving spürte wie Thabit wohlig unter ihm erzitterte und mental auflachte, als er wirklich erwähnte wie sehr der Mann nervte. Thabit gefiel das und Irving spürte es in jeder Faser seines Körpers.


    Der Augur spürte allerdings noch mehr, der Magier mit dem er in Kontakt stand, war von der Mitteilung verblüfft und wusste für einige Sekunden nicht, wie er reagieren sollte. Er entschied sich dafür, die letzte Bemerkung besser überhört zu haben, denn es ging um eine Lieferung für den Duc.


    `Ihr dürft passieren, willkommen in Souvagne´, teilte der Mann mit und eines der Tore öffnete sich wie durch Geisterhand.


    Thabit nahm ganz langsame Fahrt auf und fuhr in den Hafen Souvagnes ein. Es war das erste mal, dass er diese Küste derart verändert wahrnahm. Und ebenso war es sicher das erste Mal, dass der Herr der See in Souvagne selbst vor Anker lag. Die Schiffe um ihn herum, waren schlagartig mit Leben erfüllt und jeder noch so geringe Seemann versuchte einen Blick auf den Giganten der Meere zu erhaschen. Einen Augenblick später prasselten auf Thabits Körper unzählige Flaschen ein. Scheinbar war jeder hier der Auffassung, ihm eine Flasche Rum opfern zu müssen für Glück und gute Fahrt. Der Bewurf mit Flaschen endete nach einigen sehr langen und teilweise schmerzhaften Augenblicken, aber sie hatten schon heftigeres schadlos überstanden.


    Der Biomechanoid fuhr ganz nah an die Piers heran und legte die Nase darauf ab.

    `Ihr könnt´, teilte er freundlich Irving mit.

  • Irving stieg als Erster aus. Doch würde er nicht weit ins Landesinnere gehen. So sehr ihn die Neugier auch reizte, es war ihm nicht vergönnt. Der Ozean war Thabits Reich und sein Gefängnis und mit ihm gemeinsam saß auch Irving dort für immer ein. Der Dhunico war ihr unangefochtenes Territorium, doch er war wörtlich alles für sie, denn alles andere war ihnen verwehrt.


    "Wir sind in Souvagne", verkündete er. "Horatio, von hier an seid Ihr auf Euch allein gestellt. Hier endet unsere Herrschaft und die Eure beginnt. Es war angenehm, mit Euch zu sprechen und einen Teil der Reise gemeinsam zu bestreiten."

  • "Was für Euch der Ozean ist, ist für mich Souvagne. Ich Danke Euch für Eure Gastfreundschaft, die angenehme Reise und hoffe auf ein baldiges, erfreuliches Wiedersehen. Passt auf Euch auf und grüßte Amias von mir", antwortete Horatio und drückte die Kronenkoralle an sich.


    "Wir danken Euch", fügte er an, legte Irving kurz eine Hand auf die Schulter, ehe er den Pier entlang nach unten ging und Richtung Hafenmeisterei verschwand.


    Es war ein verdammt langer Weg gewesen, einer über alle Zeiten und Widerstände hinweg und dennoch hatten sie es geschafft. Horatio strich sanft durch die Zweige von Turhalos Koralle.


    `Das hier ist Dein neues Zuhause mein Sonnenschein, hier wirst Du Fuß fassen. Hier wirst Du hinter schützenden Mauern gedeihen, selbst dann noch, wenn die Welt da draußen erneut in Wahnsinn versinkt. Aber lass uns das Unmögliche hoffen, denn gewagt haben wir es schon. Ich liebe Dich´, übermittelte Horatio Turhalo in seiner kleinen Gestalt.


    Nach all dem was sie bereits hinter sich gelassen hatten, war das Stückchen Weg das vor ihnen lag nicht mehr als ein kleiner Schritt. Dennoch ein wichtiger und gewaltiger.

  • 'Ich liebe dich auch, mein Herz', spürte Horatio die Antwort aus der weißen Kronenkoralle, die klein, aber gesund in ihrem Topf stand und der Pflanzung harrte. Daran, dass sie sich leicht bewegte, konnte man auch sehen, dass Turhalo seine Wahrnehmung momentan ganz auf diesen Ableger fokussierte. 'Ich freue mich auf dieses Land. Man hört so viel davon, doch ich war hier noch nie.'

  • Irving sah Horatio nach. In seinem Blick lagen Neid, weil er nicht ins Landesinnere gehen konnte, Hoffnung, dass die Pflanzung der Koralle nicht nur Symbol bliebe, sondern tatsächlich etwas bewirken würde und Trauer, weil er Amias im Rahmen dieses Konzils verloren hatte. Amias, der über Jahrhunderte sein treuer Sklave und unterhaltsamer Freund gewesen war und nicht zuletzt ein Relikt aus seiner Heimat Asa Karane. Die letzte Verbindung zu der Welt, nach deren Werten Irving und Thabit lebten. Allein kehrte er in den biomechanischen Leib seines Mannes zurück.


    'Kurs auf Monleone', bat er. 'Man erwartet uns.'

  • `Bis hierher hat Dein Geflecht nicht gereicht, aber nun bist Du hier und wir sind wieder vereint nach all der Zeit. Du hast keine Vorstellung davon was Du in dieser Gestalt alles an Hoffnung repräsentierst für mich. Obwohl ich Deine Waffen wählte, obwohl ich Dein Licht in die Welt trug, lebte ich selbst in der Finsternis. Anders kann ich es Dir nicht erklären...


    Souvagne....


    Als ich dieses Land zum ersten Mal betrat, hatte es noch ein anderes Gesicht, aber die Einheimischen waren Euch so ähnlich... rechtschaffene, gute und extrem sture Leute. Sie beharrten auf ihren Ansichten, sie bewahrten ihre Traditionen mit eiserner Hand und geführt wurden sie von einem Mann, einem Großherzog, der nicht einmal über Magie gebot. Aber er hatte etwas anderes und zwar Herz und Verstand. Seine Gedanken waren so scharf wie Krallen des souvagnischen Adlers.... das Banner das sein Haus trug.


    Als ich dieses Land betrat, war das lange bevor die ersten Siedler von Asa Karane kommend einen Fuß auf Asamura setzten. Ich war weit vor ihnen hier.Ähnlich unserer alten Welt führen bestimmte Häuser... Großherzoghäuser die Geschicke ihres Landes... ihrer Scholle. Entgegen unserer Welt sind jene Männer keine Erzhexer, sie waren nicht einmal Magier. Aber sie hatten Magier in ihren Diensten... und ich wählte dieses Land, dieses Volk als meine Heimat um es vor dem Untergang zu beschützen. Wie gesagt, sie waren Euch so ähnlich...


    Vom Anbeginn meiner Zeit hier habe ich genau wie meine Nachkommen über Souvagne gewacht Turhalo... mal mit mehr oder weniger Erfolg. Ein einziges Mal sahen wir eine Gefahr zu spät, aber zum Glück überlebte ein Sohn des Hauses Souvagne.... er regiert heute dieses Land. Sein Name ist Duc Maximilien Rivenet de Souvagne... und Du wirst ihn gleich kennenlernen... Er verkörpert das Licht, dass ich schmerzlich vermisste. Wie jeder seiner Vorfahren... so wie Du einst und nun erneut...


    Bereit für einen Ritt? Denn bis Beaufort ist es noch ein Stück´, erklärte Horatio, während er am Hafen entlang wandelte und die Passanten mit den erstaunten Gesichtern ignorierte. Nicht aus Unhöflichkeit, sondern da er mit seinem Mann sprach.


    `Hast Du schon mal einen Schatten gesehen Schatz? Ich zeige Dir das Gegenteil´, antwortete Horatio und stellte die kleine Kronenkoralle vor sich auf dem Boden ab.


    Einen winzigen Augenblick später gab Horatio seine menschliche Gestalt auf und Turhalo spürte die Anwesenheit des Lichten, Wärme, Nähe, Geborgenheit überfluteten seine Gefühle als das Licht seines Mannes liebend auf ihn fiel. Die Helligkeit steigerte sich derart, dass die Umstehendenden die Augen abschirmen mussten. Turhalo spürte wie die Menschen vor Schmerz und Ehrfurcht aufkeuchten, während sein Mann auf den Nexus zugriff.


    "Parhelion hierher! Komm!", rief Horatio mit einer Stimme nicht von dieser Welt.


    Am Himmel zuckte etwas wie ein Blitz auf, ein Lichtstrahl der von Wolke zu Wolke sprang und dann zur Erde niederfuhr. Er schlug mit ohrenbetäubenden Donnern unmittelbar vor Horatio ein, so dass man das verbrannte Ozon riechen konnte. Aus dem Kugelblitz schälte sich eine wolfsähnliche Gestalt. Sonnengelbes, flammendes Fell mit weißen gleißenden Augen stand ein pferdegroßer Hund vor Horatio und legte den Kopf leicht schief. Horatio schwang sich auf Parhelions Rücken.


    "Nach Beaufort schnell!", befahl er.


    Der Sonnenhund setzte zum Sprung an und stob los, im gleichen Moment ergriff Horatio die kleine Kronenkoralle als sie Richtung Beaufort davonschossen.


    `Ich habe sie in Deinem Andenken geschaffen, das Gegenteil der Schatten´, übermittelte Horatio seinem Mann.

  • 'Sonnenhunde!' Turhalo war vor Rührung innerlich erschüttert. 'Du hast wahrhaftig ... die Sonnenhunde Alvasheks geschaffen. Und bist selbst ein Abbild von Alvasheks Licht geworden. Wenn du über dieses Land wachst, muss es ein wunderbares Land sein. Ich freue mich und bin stolz, wenn ich mein Geflecht in diese Erde senken darf, um das Schlechte daraus in Gutes zu verwandeln, in reine Lebensessenz, die als Speicher für jeden zur Verfügung steht, der bereit ist, etwas zurückzugeben.


    Welche Aufgabe haben deine Sonnenhunde? Wenn sie das Gegenteil der Schatten sind, so vertreiben sie diese? Ich habe so vieles noch zu lernen und bin glücklich, dass Alvashek uns ein zweites Leben schenkte, nachdem man uns das Erste entriss. Du wirst nicht länger in Finsternis wandeln, mein Herz. Das Zeitalter des Lichts hat für uns und alle anderen begonnen.'

  • `Wer behauptet, dass man Liebe nicht kaufen kann irrt, oder hat noch nie von Hunden gehört. Welche Aufgabe haben Hunde?

    Sie lieben und beschützen Dich und die Deinen. Sie sind Deine Wegbegleiter, Tränen trocknet nicht der Wind Turhalo. Eine nasse Hundenase schon. Weißt Du mein Sonnenschein, viele aus meiner Familie lieben ihre Hunde abgöttisch, denn es sind die einzigen Wesen denen sie vertrauen. Die einzigen Seelen, die sie gefahrlos lieben dürfen, zu denen sie gut sein dürfen. Ein Hohenfelde ohne Hund... nun es gibt sie, aber selten.


    Auch unsere Sonnenhunde tun, was gewöhnliche Hunde tun. Sie begleiten ihren Herrn auf die Jagd, stehen ihm bei oder tollen durch die Gegend... wenn sie nicht gerufen werden. Manchmal ruhen sie sich auch einfach nur aus. Droht ein Schatten einer Seele und ich werde seiner gewahr, dann vernichte ich ihn. Meine Hunde und ich spüren ihn auf, sie stellen ihn und ich töte ihn. So funktioniert das. Manchmal jage ich auch allein....´, antwortete Horatio liebevoll.


    Einige Stunden wurde Turhalo in seinem Topf durchgeschüttelt, dann stand er vor dem größten Gebäude, dass er je gesehen hatte. Horatio stieg ab und nahm wieder menschliche Gestalt an. Die Wachen am Palasttor salutierten und ließen den Magier ungehindert eintreten, sie wussten wer er war. Jeder in Souvagne wusste es.


    `Der Palast von Souvagne, der Sitz des Duc samt der Großherzoglichen Familie. Hier wohnt jener Mann, der Souvagne regiert´, erklärte der Lichte seinem Mann und schritt durch die langen, geschmückten Flure.


    Vor dem Thronsaal blieb er stehen und wartete geduldig bis er an der Reihe war. Warten störte Horatio nicht, er hatte eine halbe Ewigkeit gelernt sich zu gedulden. Die Tugenden eines Jägers. Als er an der Reihe war, betrat er gemeinsam mit Turhalo im Topf den Thronsaal. Normalerweise verbeugte er sich tief, aber er kniete nicht nieder. Ein Sonderstatus, heute machte er davon keinen Gebrauch. Er hob die kleine Kronenkoralle hoch, so das der Duc sie gut sehen konnte. Kurz danach stellte er sie vor sich auf den Boden und kniete hinter ihr.


    "Wir grüßen Euch Horatio Rochenoir, Ihr seid ein seltener aber stets willkommener Gast in unseren Hallen. Was führt Euch zu uns? Was hat es mit jener Pflanze auf sich, die Ihr mitgebracht habt?", fragte der Duc und erteilte damit Horatio das Wort.


    "Ich Danke Euch Majestät, diese Pflanze ist mein Mann. Dies mag sich für Euch befremdlich anhören, aber es entspricht den Tatsachen. Diese Kronenkoralle ist ein Ableger eines uralten Pilzes. Lange bevor ich in Eurem Land weilte, lebten wir auf Caltharnae. Unsere Welt war eine Welt des Krieges.... des magischen Krieges. Und so wie heute die Großherzoge über ihre Länder regieren, so regierten bei uns zur damaligen Zeit die Erzhexer über ihre Häuser mit den dazugehörigen Schollen. Mein Haus war eines von ihnen... mein Name war zu jener Zeit... Horatio Nectovelius sa Ettainarar. Sa Ettainarar heißt übersetzt von Hohenfelde.


    Verhandlungen führten mich auf eine kleine, abgelegene Insel. Dort lernte ich meinen späteren Ehemann kennen... Turhalo. Sein Nachname heißt übersetzt von Schwarzfels. Er lehrte mich Dinge die es in meiner Welt nicht gab, gute und Lichte Dinge Majestät. Fünf Jahre haben wir uns geliebt und ich war einer von ihnen, im Herzen wie im Verstand. In diesen fünf Jahren ist viel geschehen, aber darüber berichte ich Euch ein anderes mal. Wichtig für Euch zu wissen ist Hoheit, dass mein Vater meinen Ehemann samt meiner Familie auslöschte.


    Ab diesem Tag schwor ich Rache und ich vollzog sie. Ein Dolch aus der Dunkelheit der mit dem Schwert des Lichts kämpfte. Ich war keiner mehr von ihnen, schon lange nicht mehr. Nun wurde ich ihr Jäger und Vollstrecker. Jahre gingen ins Land, Jahrzehnte, Jahrhunderte und dennoch blieb für mich auf gewisse Art alles gleich...


    Bis vor kurzem, dort wurde ein Konzil einberufen... der Zweck Friede. Wie hätte ich ablehnen können, wenn es nur eine minimale Chance gab? Aus der Chance wurde weitaus mehr.


    Mein Mann Turhalo experimentierte seinerzeit mit Kronenkorallen. Dies ist ein Pilz, der magische Essenzen speichert und sie für einen Preis wieder freigibt und zwar Blut. Man muss selbst dafür bluten um ihre Essenz zu erlangen. Die Pilze waren sein ganzer Stolz. Stellt Euch eine Welt vor, in der keine Kriege mehr um Essenzen geführt würden. Wo es keine Sklaven benötigte, die man als Essenzvieh hielt und schlachtete. All das würde die Kronenkoralle ermöglichen. Aber damit war mein Vater ebenso wenig einverstanden.


    Wie Ihr wisst, tötete mein Vater meinen Ehemann. Aber Turhalo starb nicht. Er floh vor meinem Vater, draußen an dem Ort wo wir uns das Ja-Wort gaben wurde er von ihm niedergestreckt. Turhalo trug eine Kronenkoralle bei sich. Dort wo er starb, grub die Koralle ihre Fäden in den Boden und absorbierte seinen Körper wie auch seine Seele. Deshalb konnte ich ihn im Nexus nicht finden. Er war dort Majestät, all die Zeit. Und auf der Insel, auf der es kein Leben mehr gegeben hatte, breitete Turhalo sich als Kronenkoralle aus, auf der Suche nach mir. Seine Suche dauerte ewig, denn er kam nur langsam voran. Irving der Augur des Duca di Ledvico war es, der diesen Treffpunkt vorschlug. Und so fanden wir weit mehr als ein Bündnis des Friedens, ich fand meinen Ehemann wieder. Nun in einer völlig anderen Form.


    Deshalb möchte ich Euch aus tiefstem Herzen bitten, diese Koralle in eine Ecke des Palastgartens pflanzen zu dürfen, wo er sich vermehrt und damit den Hain der Hoffnung schaffen kann. Die Magier werden die Korallen zu schätzen wissen und die Bluthexer werden ihre Bedeutung begreifen. Ihr könnt selbst zur Koralle Kontakt aufnehmen, oder ich übermittele für Euch.


    In einer ruhigen Stunde würde ich zudem gerne mit Euch über Marquis Alexandre de la Grange sprechen. Es ist privater Natur", trug Horatio seine Bitte vor.


    Der Duc hörte sich schweigend die Ausführungen von Horatio an und schmunzelte.


    "Ein Hohenfelde, ein Mann aus der Familie der berüchtigsten Meuchelmörder beschützte uns all die Jahre, war unser Mentor, unser Vater und unser Freund. Warum sollte ein schwarzer Baum nicht ebenso leuchtende Blüten tragen? Manche lichten Bäume tragen schwarze Dornen wie wir wissen.


    Nun wir sind bereit mit der Kronenkoralle zu sprechen, auch wenn wir gestehen müssen, dass Ihr das seltsamste Mischehepaar seid, dass uns je untergekommen ist", merkte Maximilien an.



  • Turhalo war froh, dass der Duc Horatio sein Ohr lieh. Er war erstaunt, wie kultiviert und zivilisiert die Audienz ablief, da er noch genau wusste, wie es auf Caltharnae üblich gewesen war. Säbelrasseln, Demütigung der Gäste, Menschenopfer, all solche Dinge waren alltäglich und nur auf Khilar hatte es sie nicht gegeben. Leider konnte er nichts sehen, sondern nur wahrnehmen, was sein Geflecht oder seinen Fruchtkörper berührte. Er war hier drin gefangen, aber vielleicht würde es einen Weg geben, dass er und Horatio eines Tages wieder anders miteinander sprechen konnten, jetzt, wo er sich nicht länger in dem Myzel verstecken musste. Der Krieg war endlich vorbei und hier in Souvagne unter dem Schutz Horatios war er sicher vor der Rache der Hohenfelde, von denen einige vielleicht immer noch bereit waren, das Werk ihres Vorfahren zu Ende zu bringen.

  • "Reicht mir die Koralle Horatio", forderte der Duc den Lichten freundlich auf.


    Horatio stand auf und nahm die Kronenkoralle in die Hand. Er trat ganz nah zu dem Duc und reichte diesem den baumartigen Pilz. Maximilien zog sich die Handschuhe aus und nahm den Topf entgegen. Er untersuchte die Kronenkoralle genau, während die Gardisten ein steinernes Gesicht wahrten.


    Der Einzige der es wagte besorgt auf Maximiliens Hände zu starren war Fabien. Der Duc berührte nichts Weltliches. Aber wann er eine Ausnahme machte, entschied der Duc, denn sein Wille und Wort war Souvagnes Gesetz. Fabien wusste nicht, ob dieser Pilz giftig war. Allerdings kannte jeder die Legende von Horatio. Weshalb sollte dieser Mann den Duc mit einem Pilz vergiften? Fabs verwarf den Gedanken wieder und fragte sich, wie sich dieser Pilz anfühlte, der die Seele eines Mannes barg.


    Max legte behutsam seine Hände um den Stamm und versuchte etwas zu erspüren.


    "Kannst Du Dich verständigen?", fragte er Turhalo und dachte jene Worte genau. Er vermutete, dass die Koralle vielleicht wie ein Magier kommunizierte.

  • 'Ich höre Euch, Majestät. Mein Name ist Turhalo Randwer von Schwarzfels, Ehegatte meines geliebten Horatio Nectovelius von Schwarzfels. Danke, dass Ihr mich in dieser Gestalt empfangt. Lange habe ich auf Khilar gelebt, doch nicht nur dort, mein Geflecht erreichte auch Asamura, wo ich das Erdreich durchzog auf der suche nach meinem Mann. Alvashek hat mein Flehen erhört und gab uns beiden eine zweite Chance. Da Horatio über Souvagne wacht, möchte ich höflich anfragen, ob es möglich ist, eine Kronenkoralle hier zu pflanzen, damit wir in ständigem Kontakt bleiben können? Ich bin an das Myzel dieses Pilzes gebunden. Es soll Euer Schaden nicht sein.'

  • "Nun dann heißen wir Euch in unserem Land herzlich willkommen Turhalo Randwer von Schwarzfels. Euer Ehemann lebt hier. Er lebt sozusagen unter unserem Palast. Das Ihr mit Eurem Geflecht bereits Asamura erreicht habt ist interessant. Wo wachst Ihr sonst noch? Und welche Bedingungen benötigt Ihr um Fuß fassen zu können? Wir bieten Euch ein Heim und vertrauen auf Eure redlichen Absichten, da uns Euer Ehemann Horatio stets beigestanden hat. Uns persönlich wie auch all unseren Vorfahren.


    Nun nicht nur er selbst, sondern auch einer seiner Söhne. Er hat es selbst offenbart, andernfalls hätten wir es nicht ausgesprochen. Ihr werdet Euren Mann nicht missen müssen Turhalo, Ihr werdet im Palastgarten stehen und den Hain der Hoffnung gründen. Wir würden Euch neben dem See ansiedeln. Ihr müsst nichts fürchten. Euer Mann wird ein Auge auf Euch haben. Ebenso werdet Ihr durch ständige Wachen der Palastgarde gehütet, wie auch durch entsprechende Magier", antwortete der Duc Turhalo.


    "Wir denken an einen Plan unseres Hofes samt Gartenanlage, dann wisst Ihr wo der See liegt", erklärte Maximilien.



    Plan des Hofes samt Gärten

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  • 'Was für eine schöne und vor allem grüne Gartenanlage', freute Turhalo sich. 'Der Platz würde mir sehr gut gefallen. Das ist freundlich von Euch, Majestät. Mein Herzgeflecht liegt im Dämmerwald, wo ich unter dem Namen Ardemia von dem dortigen Waldvolk gepflegt und gehütet werde. Das Geflecht habe ich natürlich nicht durch den Ozean graben können ... es gelangte über einen Ableger des Pilzes dorthin, eine kleine Kronenkoralle, wie diese hier.


    Die einzigen Bedingungen, die ich benötige, sind Ruhe, Erde und Feuchtigkeit. Mit Ruhe ist gemeint, dass niemand dort gräbt und das Geflecht verletzt, da die feinsten Verästelungen sehr empfindlich sind und den Setzling viel Kraft kosten. Mich selbst würde es nicht töten, so lange irgendwo auf Asamura noch eine Kronenkoralle zu finden ist, in welche meine Seele schlüpfen kann, aber man würde Horatio und mich erneut trennen. Lärm und die Gegenwart von Menschen hingegen stören mich nicht, im Gegenteil, ihr Regen und Treiben erfreuen mein Herz. die Welt, aus der ich komme, lag im Sterben. Es gibt nichts Schöneres für mich, als wenn das Leben gedeiht.


    Eure Magier dürfen mich gern untersuchen, damit sie sehen, dass ich keine schädigende Form eines Unsterblichen bin. Auch vermag ich nicht, die Krone auszuspionieren, da es der Berührung bedarf, um mit mir zu kommunizieren und vice versa.'