Beiträge von Brandur von Hohenfelde

    Aufräumen ist Krieg


    Die Wohnung ist ein Schlachtfeld. Die Kinder von Hohenfelde sollen aufräumen, während die Mama in der Küche Ordnung macht. Die Kinder ziehen von dannen, um ihrer Aufgabe schlecht gelaunt nachzukommen. Es entbrennt schon nach wenigen Minuten eine Prügelei darüber, wer nun was verwüstet hat und es darum aufräumen muss. Kind 1 wird mit Tritten malträtiert, Kind 2 bekommt ein Knie ins Gesicht. Nach der Auflösung der Prügelei versammeln sich Kinder und Mama Hohenfelde am Tisch, um über den Vorfall zu sprechen.


    Mama: "So. Jeder erzählt jetzt nacheinander, was passiert ist, ich will es von beiden hören. Niemand unterbricht den anderen. Du fängst an."


    Kind 1 erzählt, wie es sich seiner Meinung nach zugetragen hat. Als Kind 2 seine Version erzählen soll, behauptet es, die Ereignisse vergessen zu haben und dreht sich weg.


    Mama: "Was hätte man denn, anstatt sich zu prügeln, noch machen können?"

    Kind 1: "Man muss sich prügeln. Sonst wird man verprügelt."

    Mama: "Aber angenommen, die Prügelei wäre noch gar nicht ausgebrochen."

    Kind 1: "Prügeln."

    Mama: "Hätte man nicht auch miteinander reden können?"

    Kind 1: "Beim Krieg wird nicht geredet."


    Fazit: Aufräumen ist Krieg.

    Die Schnee-"Mann"-Königin


    Die Kinder sitzen in der Küche und zeichnen. Kind 1 hat ein Bild mit einem Schneemannvater und einem ganz kleinen Schneemann geschaffen und überlegt laut, womit es sonst noch sein Werk füllen könnte.


    Kind 1: "Das hier ist der Schneemannkönig und das ist sein Kind. Jetzt zeichne ich noch die Schneemannkönigin."


    Der Stift richtet sich auf die freie Stelle des Papiers, verharrt jedoch in der Luft. Es folgt eine Pause, in welcher ein interessantes Mienenspiel des Nachdenkens beim Kind zu beobachten ist.


    Kind 1 (triumphierend): "Der Schneemannkönig legt Eier!"


    Glücklich über seinen Einfall, zeichnet Kind 1 einen riesigen Korb voller Schneemanneier an die Stelle, an welcher die Königin hätte stehen sollen.

    Brandur von Hohenfelde war erneut ein alter Mann. Der Bluthexer hatte ihn um seine Jugend betrogen. An diesem Punkt sah man sehr deutlich, dass die Bluthexerei aus der Nekromantie hervorgegangen war, diese elenden Hurensöhne waren kein Deut besser, nur dass sie klug genug waren, sich zu einem Orden zusammenzurotten, anstatt einander zu bekämpfen. Den kleinwüchsigen Vampir hatte er dazu überreden können, vorerst Platz zu nehmen, da ein Brief seines Sohnes eingetroffen war. Mit steifen, geschwollenen Fingern zückte er den schwertförmigen Brieföffner und entfaltete das Schriftstück. Die Worte trieben ihm zuerst ein Lächeln, dann die Zornesröte und dann die Freudentränen ins Gesicht. Er setzte umgehend ein Antwortschreiben auf.


    [legend]

    Mein wunderbarer Junge, mein lieber Linhard,


    ich habe mich sehr darüber gefreut, dass du an deinen armen alten kranken Vater gedacht und ihm diese Zeilen geschrieben hast. Ja, du hast richtig gelesen, das Alter hat mich eingeholt, einmal mehr. Marquis Alexandre de la Grange hat ein Herz aus Stein in seiner Brust, er hat sich nicht erweichen lassen, mir ein paar zusätzliche Jahre zu gönnen. Dabei habe ich mich aufrichtig bemüht, ihm Freundschaft und Besserung vorzuheucheln, aber du siehst, wie wenig Sinn das macht in diesem Fall.


    Zunächst die obligatorische Rüge. Ich muss meiner Enttäuschung von dir Ausdruck verleihen. Offenbar zählt Ansgars Wort dir mehr als das deines wirklichen Vaters. Ich habe dich nicht aufgenommen und als meinen Sohn anerkannt, um dich an eine Pestilenz zu verlieren. Du bist Marquis Linhard Xavier von Hohenfelde, Sohn Marquis Brandur von Hohenfelde, des Hexenmeisters Amand von Trux - und kein Hurenbock, der mit Schankergeschwüren und in geistiger Umnachtung einnässend auf einer Insel der Aussätzigen vegetiert! Mache dir bewusst, welch großem Namen du Verantwortung schuldig bist als Hohenfelde. Schäme dich!


    Nun zum erfreulichen Teil. Horatio von Schwarzfels gilt als der Begründer der Nekromantie. Er schuf diese Waffe im Kampf gegen die Rakshaner. In Souvagne kennt man ihn unter dem namen Rochenoir. Wenn die Edle Viatrix eine Nachfahrin ist, so kann dir kaum ein größeres Glück wiederfahren, als eine Frau aus dieser edlen alten Linie zu ehelichen, von der Ehe mit einem Mitglied der Krone natürlich abgesehen. Behalte dir die Freundschaft mit Tazio und Verrill bei und heirate Viatrix. Ihr habt meinen Segen.


    In Liebe

    Dein Papa Brandur[/legend]

    Feind des Lichtfests


    Das Kind kommt nach Hause, schmeißt seinen Ranzen in die Ecke und grollt. Auch das heißersehnte Puzzle, was der Humus Express endlich brachte, vermochte die Laune nicht zu heben.


    Papa: "Junge, warum hast du heute so schlechte Laune?"


    Kind: "In der Magierakademie haben sie uns gezwungen, uns in der Turnhalle zu versammeln und mit allen Kindern und Lehrern zusammen Lichtfestlieder zu singen. In der Zeit hätten wir eigentlich Mathe gehabt, ich wollte Mathe machen. Der ganze Tag ist im Arsch!"

    Brandurs Gemach bestand aus einer kleinen Wohnung mit eigenem Badezimmer und sogar einer Pumpe, so dass man für Trinkwasser nicht extra jemanden schicken musste. Nicht, dass Brandur sonderlich oft Wasser trinken würde. Wände und Sitzpolster waren in rot-weiß gehalten, das Holz der Möbel war dunkel, fast schwarz. Neben einem weichen Himmelbett sah Zeph auch einen Tisch mit vier gepolsterten Stühlen und einen Kamin, in dem ein kleines Feuer knisterte.


    Bitte melde dich an, um diesen Link zu sehen.


    Es war hier sehr warm, Brandur ließ nicht mit Brennholz geizen. Warum auch, er musste es weder selbst schlagen, noch schleppen, noch bezahlen. Er zahlte mit seinen magischen Dienstleistungen. Zudem war es finster, es war mitten in der Nacht, dennoch roch Zeph mit seiner feinen Vampirnase auch gewürzten Früchtetee und schweren Rotwein. Beides stand auf dem Tisch.


    "Und?", hörte er einen alten Mann mit naridischem Akzent aus dem Badezimmer fragen.

    "Es ist alles in bester Ordnung"
    , sagte eine zweite, jüngere Stimme, deren Aussprache sehr vornehm und aristokratisch klang. "Euer Körper folgt dem natürlichen Lauf der Zeit." Eine Pause erklang. "Das Fenster scheint aufgegangen zu sein. Ich werde es schließen. Ihr könnt Euch wieder ankleiden. Weder ist Benito ein Kurpfuscher, wie Ihr ihn nanntet, noch bin ich ein Scharlatan. Ihr seid schlichtweg ein alter Mann, findet Euch damit ab. Es wäre angebracht, wenn Ihr Euer Vokabular anpasst und aufhört, einen Heiler und Magier nach dem anderen anzufordern. Gegen das Alter gibt es kein Mittel außer jene, die zu Recht einem Verbot unterliegen."


    "Alter Mann", knurrte jemand. "Ich werde mich zu gegebener Zeit an Eure Worte erinnern, Alexandre."


    Schritte erklangen und aus dem Badezimmer nahte eine hochgewachsene Gestalt, die mehrere Roben übereinander trug. Sie drängte sich an Zeph vorbei zum Fenster hin. Ohne den Vampir anzusehen, schlug Alexandre die Läden zu und verriegelte sie, auch das Fenster selbst verschloss er und steckte den Schlüssel ein. Dann blickte er den unangemeldeten Gast wenig erfreut an. Er sah nicht überrascht aus, so als hätte er gewusst, dass jemand nahte.


    Aus dem Badezimmer nahte nun Brandur, wieder bekleidet und auf einen Gehstock gestützt. Ihn plagten offenbar starke Schmerzen, als er sich zu dem Tisch quälte und auf einem der Stühle platznahm. Vor dem kleinen nackten Mann, der plötzlich in seiner Wohnung stand, hatte er sich kurz erschrocken, doch der Gast sah ihm das nicht an. Brandur war ein Meister darin, Angst oder Erschrecken zu überspielen und letztlich war das nur irgendein Lustknabe. Er tat, als wäre alles in Ordnung und wies auf die freien Stühle.


    "Setzen Sie beide sich doch. Tee? Wein?"


    Er fragte sich, warum er Alexandre einen so geschmacklosen Scherz zu verdanken hatte. Er hatte nicht einmal gewusst, dass der Marquis überhaupt des Humors fähig war. Er beschloss, ihm die Freude aus Prinzip zu verderben, indem er sich vollkommen unbeeindruckt zeigte.

    Lesen lernen


    Kind: "Dieses bescheuerte Lesen!"
    Papa: "Komm schon. Das eine Wort schaffst du."
    Kind: "Dann reiß ich mir eben die Augen raus!"


    Danach beobachtete Papa Hohenfelde zwei Minuten lang resigniert, wie der wütende Spross mit wutverzerrtem Gesicht seine Augenlider langzog. Erst danach war eine Fortsetzung der Übungsstunde möglich - mit überraschend guten Ergebnissen.

    Misslungene Bestechung


    Es war der Tag, an dem die Tochter mit Papas Rasierpinsel ein Gemälde auf die Schreibtischplatte zauberte und ein komplettes Glas Nougatcreme mit dem Löffel verzehrte, während sie Piratenlieder sang.


    Papa (erschöpft): "Wenn du jetzt lieb ins Bett gehst und schläfst, bekommst du morgen früh zwei Frühstückseier."
    Tochter: "Ich ess nur zwei Eier, wenn du dich auch ins Bett legst."

    Maximilien Rivenet de Souvagne
    Ein Vater blieb ein Vater, gleich welchen Status man inne hatte, über welche Macht man gebot, oder über wieviel Geld man verfügte. Einem Mann konnte man vieles nehmen, aber nicht seinen Sohn oder seinen Stolz. Genau das hatte Brandur getan, wissentlich, versehentlich... es war einerlei. Und er selbst hatte dazu geschwiegen, um Brandur von Hohenfelde zu schützen. Ein Schutz den Brandur aufgrund seiner Tat nicht verdient hatte. Der Duc war nicht ohne Gnade, aber diese Entscheidung hatte nichts mit Gnade zu tun, sondern mit seinem eigenen Kind - Verrill. Greg liebte Linhard und Linhards Vater war Brandur. Und er selbst verstand sich erschreckenderweise äußerst gut mit dem Mann, so dass es familienintern zu dieser Entscheidung gekommen war. Eine Entscheidung die revidiert werden musste. Eine Entscheidung die einen Unschuldigen betraf, dessen Verbrechen es gewesen war zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein. Als Brandur und Ansgar von Hohenfelde sich zur letzten ultimativen Familienschlacht gegenübergestanden hatten und im Angesicht des Todes die Tragweite ihrer Handlung begriffen, hatte Brandur seinen in Geistform anwesenden Bruder Dunwin in den Körper Aimerics verpflanzt. Sein letztes Geschenk, dass Geschenk eines sterbenden Nekromanten - Leben. Aber dieses Leben gehörte schon einem jungen Mann. Und schlimmer noch, dieser junge Mann hatte den Hohenfeldes beigestanden, ebenso wie sein Vater Melville und sein Onkel Massimo. Gemeinsam hatten sie Ansgar von Hohenfelde Schutz und Schirm gewährt. Brandur der familiäre Kontrahent hatte Aimeric in Beschlag genommen und Dunwin einen neuen Körper geschenkt. Und nun, nachdem nachdem so manche andere Schlacht geschlagen war, nachdem einige Zeit ins Land gezogen war, da erfuhr Melville de la Cantillion, dass Brandur nicht nur seine Schwester auf dem Gewissen hatte, sondern dass er ihm auch den Sohn genommen hatte. Und das für niemand geringeren als für seinen mordlüsternen Bruder Dunwin. Noch bestand eine Chance, dass man Aimeric retten konnte. Man musste dazu den Geist Dunwins aus dem Körper des jungen Mannes entfernen. Aber ob Aimeric dies schadlos überstehen würde, war ungewiss. Und wo sich seine Seele die ganze Zeit aufgehalten hatte ebenso. Hatte er Schmerzen zu leiden? Vermutlich, denn man konnte auch seelische Schmerzen erdulden müssen. Und seinen Körper zweckentfremdet zu sehen, nur noch Zuschauer im eigenen Leben zu sein, dass einem nicht mehr gehörte, war sicher kein Umstand den man leicht verarbeitete. Nein, gleichgültig welches Band der Freundschaft und Familie den Duc mit Brandur verband, heute würde Brandur als Bürger Souvagnes vor seinen Großherzog treten und er würde den Befehl erhalten, den Max von Anfang an hatte geben wollen - den Befehl zu Aimerics Rettung.


    Geronimo Mazzanti
    Es donnerte an der Gemachtür von Brandur von Hohenfelde. Man hörte eindeutig, dass die Hand die geklopft hatte, in einem stählernen Panzerhandschuh steckte. »Öffnet im Namen der Krone!«, donnerte eine tiefe Bassstimme.


    Brandur von Hohenfelde
    Brandur saß an seinem Arbeitstisch über ein Werkstück gebeugt. Verärgert sah er in Richtung der Tür, während von draußen ein Mann dagegen hämmerte, so dass das Türblatt sichtlich vibrierte. »Einen Moment bitte«, gab der Hexenmeister zurück. Sorgsam räumte er alle Utensilien zusammen und zog die Arbeitshandschuhe und den Kittel aus. Darunter kam seine Alltagskleidung zum Vorschein, typisch für die meisten Hohenfelde in freundlichem Schwarz gehalten. Brandur griff nach dem Krückstock und humpelte zur Tür. Er fragte sich, was wohl geschehen war. Hoffentlich war mit Linhard alles in Ordnung. Er drehte den Schlüssel und öffnete. Ernst musterte er den Mann, der solchen Lärm veranstaltete. »Was?«


    Geronimo Mazzanti
    Der Gerüstete mit einem Greifvogel auf der Schulter drückte Brandur eine Schriftrolle gegen die Brust und zwar so, dass er fast nach hinten gestürzt wäre. Im gleichen Moment ergriff er ihn am Schlafittchen. »Im Namen der Krone seid Ihr verhaftet Marquis Brandur von Hohenfelde. Ihr werdet sofort dem Duc vorgeführt. Abführen!«, befahl der Mann schneidend. Er pflückte etwas von seinem Gürtel und mit einem metallischen Klacken schloss sich ein Messingjoch um Brandurs Hals. Im gleichen Moment wurde Brandur auch schon links und rechts untergehakt und die Wachen schliffen ihn regelrecht hinter dem Himmelsauge her. Vor dem Thronsaal wartete schon der Hofmarschall voller Nervösität und eilte sofort in den Saal, als er Mazzanti anrauschen sah. Einen Augenblick später war der Hofmarschall zurück und gab den Weg frei. Geronimo schritt erhobenen Hauptes an dem Hofmarschall vorbei, so dass seine steingrauen Haare wie eine Fahne hinter ihm herwehten. Im gebührendenden Abstand blieb er vor dem Duc stehen und deutete eine Verbeugung an, während der sich mit der gepanzerten Hand auf die Brust schlug, dass es donnerte. »Eure Majestät der Delinquent Marquis Brandur von Hohenfelde, in Arrest genommen und gesichert, auf Euren Befehl Hohheit!«, sagte der Mann ergeben. Brandur wurde vor Geronimo abgesetzt und das alte Himmelsauge drückte Brandur mit erstaunlicher Kraft und dem Gewicht seiner Rüstung auf die Knie. »Er erwartet Euer Urteil Majestät«, sagte der Ritter und eine Hand blieb der Sicherheit halber auf Brandurs Schulter liegen.


    Brandur von Hohenfelde
    In dem Moment, wo das Messingjoch sich um Brandurs Hals schloss, wehte Kunwolfs Geist davon wie eine blaue Nebelschwade. Das Gleiche geschah mit den Geistern von Arkan, Mercer und Berzan. Ein letztes Geisterheulen wie aus sehr großer Ferne, dann waren sie fort. Der Hexenmeister rief sich innerlich zur Ruhe. Er konnte seinen Bruder später erneut beschwören. Widerstand zu leisten gegen das Himmelsauge wäre dumm gewesen. Brandur gab sich nur Mühe, seinen Krückstock nicht zu verlieren, als er vor den Thron geschliffen und dort auf die Knie gedrückt wurde. Er keuchte leise, als ein Schmerz durch seinen Körper schoss. Er ging rasch sein aktuelles Sündenregister durch, um zu erraten, weshalb man ihn derart hier vorführte. Langsam hob er den Kopf mit dem durcheinandergeratenen Haar, von dem eine Strähne über seinem blauen Auge hing. Maximilien war hinter dem Mann auf dem Thron gerade vollständig verschwunden. Das Gesicht des Ducs war wie aus Stein gemeißelt. Das sah nicht gut aus. Gar nicht gut. »Majestät«, grüßte Brandur freundlich und verneigte sich im Knien.


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    Der Duc schaute mit unbeweglicher Miene auf Brandur herab. »Auch wenn uns in privater Natur das Band der Familie und Freundschaft verbindet, enthebt Euch das nicht von Euren wie den unseren Pflichten den rechtschaffenen Souvagnern gegenüber Marquis. Darüber sind wir uns einig? Ihr wurdet für ein Vergehen verhaftet, dass Ihr vor Eintritt in unsere Familie verbrochen habt. Demzufolge wart Ihr noch keiner der Unseren. Ihr wart nicht einmal Souvagner. Ihr wart ein Fremdländer der einen niederträchtigen Angriff auf einen jungen Mann aus Souvagne verübte. Ihr nahmt den Tod dieses jungen Mannes billigend in Kauf um Euren Bruder vor dem Tode zu bewahren. Euren Bruder der bereits so viel Leid über Eure eigene Familie gebracht hatte. Und es mag seltsam anmuten, dass gerade ein Nekromant mit in seinen letzten Atemzügen Leben schenkte. Der Angriff auf einen der unseren auf diese schändliche Weise würde ein einziges Urteil bedeuten - den Tod. Aber auch wir sind nicht ohne Gnade, denn nicht nur der junge Mann bedeutet uns etwas, sondern auch Ihr. Wir geben Euch hiermit einmalig die Möglichkeit Euer schändliches Handeln zu revidieren und Buße zu tun. Mittlerweile seid Ihr Souvagner, Ihr seid durch Euren Sohn in den Rang eines Marquis aufgestiegen. All dies wurde Euch durch die Krone gewährt. Was wir einst gewährten, können wir ebenso entziehen. Ihr seid die Handlanger unserer Person. Vergesst das nicht Marquis. Hiermit befehlen wir Euch umgehend den Geiste Dunwins aus dem Körper von Comte Aimeric de la Cantillion so schadlos wie möglich zu entfernen. Wir hoffen, wir haben uns nicht in Euch getäuscht. Sollte dem so sein, werdet Ihr mit sofortiger Wirkung Dominique Dubois und dessen Künsten überstellt«, erklärte der Duc und wandte sich an Mazzanti. »Entfernt das Joch. Man bringe den Patienten in den Thronsaal!«, befahl der Großherzog. Geronimo packte Brandur am Joch und zerrte ihn auf die Füße wie ein ungehorsamen Hund, während zwei Leibgardisten davon eilten und mit dem vollfixierten, auf einer Pritsche festgeschnallten Aimeric wiederkehrten. Als der Thronsaal verschlossen wurde, löste Geronimo das Joch und zog gleichzeitig sein Schwert. »Keine Dummheiten«, warnte er leise. »Beginnt mit der Heilung - jetzt!«, befahl der Duc.


    Brandur von Hohenfelde
    Brandur stützte sich mit einer Hand schwer auf den Krückstock und hob die andere vorsichtig zu einer beschwichtigenden Geste. Brandur wechselte einen kurzen Blick mit seinem Bruder, dann blickte er wieder zu Maximilien. »Majestät, bitte gebt mir Gelegenheit einer kurzen Erklärung«, bat er.


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Gestattet - erklärt Euch«, erlaubte Maximilien, während Arlette der große Adler Brandur geradezu mit dem Blick zu sezieren schien.


    Brandur von Hohenfelde
    »Es ist korrekt, dass mein kleiner Bruder Dunwin nun in diesem Körper weilt«, räumte er ein. »Jedoch muss mit Umsicht vorgegangen werden, damit die Seele Dunwins keinen Schaden nimmt. Ich würde gern eigenhändig für sein Wohlergehen Sorge tragen, allein, ich bin Nekromant, ein Totenbeschwörer. Was Ihr vor Euch seht, ist jedoch ein quicklebendiger Proband.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Ihr würdet gerne eigenhändig dafür Sorge tragen? Das ist reizend von Euch. War es nicht genau dass, was ich Euch soeben befohlen hatte? Selbstverständlich werdet Ihr es sein, der diesen Geist aus dem Körper Aimerics bannt, Ihr wart es auch, der ihm diese Bürde auflastete. Nun fangt an«, befahl der Großherzog.


    Brandur von Hohenfelde
    »Majestät, ich bedaure, dies mitteilen zu müssen, aber auf magischem Wege gibt es für mich keine Möglichkeit dazu. Der einzige Weg wäre, diesen Körper zu töten. Dann und nur dann wäre die Seele Dunwins erneut von ihrem Fleische befreit.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    Maximilien schwieg und musterte Brandur lange und eingehend. »Seid Ihr über diese Digagnose absolut sicher? Wo befindet sich die Seele von Aimeric de la Cantillion, wenn nicht ebenfalls in diesem Körper?«, hakte Maximilien nach.


    Brandur von Hohenfelde
    »Sie ist genau dort. Sie teilen sich das selbe Fleisch, sofern ... die Seele nicht versehentlich von der Dunwins absorbiert worden ist.« Brandur drehte den Kopf und sah seinen Bruder an, gedanklich darum betend, dass dieser nicht den selben Hunger verspürt hatte wie Dunwolf und Aimeric einfach aufgeschlürft hatte wie ein Aperitif.


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Wollt Ihr uns damit erläutern, dass Ihr Eure eigene Kunst nur in eine Richtung beherrscht Marquis?«, fragte der Duc zerknirscht.


    Brandur von Hohenfelde
    Brandur nickte. »Wie erläutert bin ich jemand, der sich auf die Handhabung nicht-mehr-lebender Probanten spezialisiert hat. Aimeric ist aber ein lebender Organismus in der Blüte seiner Jahre, noch lebendiger könnte er nicht sein. Alle Vitalfunktionen laufen stabil, er erfreut sich rundum bester Gesundheit.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Das ist soweit korrekt, nur dass dies nicht mehr Aimeric, sondern Euer Bruder ist. Und wir möchten das Euer Bruder auszieht. Beginnt«, befahl der Duc.


    Brandur von Hohenfelde
    »So gern ich dem Befehl nachkommen würde, ich kann es nicht«, sprach Brandur in bedauerndem Tonfall. »Es sei denn, Ihr verlangt von mir, die Vitalfunktionen eben dieses Körpers zum Erliegen zu bringen und ihn in einen Toten zu verwandeln.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Unser Sohn versicherte uns, dass der Comte seinen Sohn selbst entleiben wollte, sollte eine Rettung nicht möglich sein. Da eine Rettung unmöglich ist, wir aber nicht wünschen dass ein Vater diese schwere Bürde tragen muss, bitte. Waltet Eures Amtes«, forderte Maximilien.


    Brandur von Hohenfelde
    »Dann ist der Körper allerdings für beide verloren, für Dunwin wie Aimeric«, erinnerte Brandur mit hochgezogenen Brauen, was er sogleich bereute, da ihm sein Veilchen einen Schmerz durchs Auge schickte wie einen Dolch. »Was ich anbieten könnte, wäre anschließend jeden von ihnen gesondert in einen eigenen Körper zu verpflanzen.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Dunwin tangiert uns nicht, es geht uns nur um Aimeric de la Cantillion. Es war sein Leib den ihr zweckentfremdet habt. Habt Ihr einen Ersatzleib?«, fragte der Duc streng.


    Brandur von Hohenfelde
    »Ja«, antwortete Brandur trocken. »Aber den möchte ich ungern darauf verwenden. Wie wäre es mit zum Tode verurteilten Verbrechern?«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Ihr meint Euch? Könnt Ihr denn gleichzeitig sterben und zaubern?«, lächelte Max zuckersüß.


    Brandur von Hohenfelde
    Brandur war Todesdrohungen gewohnt, doch diese hier war von ganz anderer Tragweite. Seine Familie hatte enorme Macht und Reichweite, doch der Duc noch um ein Vielfaches davon. Der Hexenmeister hoffte, dass der Prozess vor allem der Demonstration von des Ducs Macht galt und Maximilien nicht wirklich an einer Hinrichtung des Schwiegervaters von seinem Sohn interessiert war. »Im Todestrakt wird es doch ein Exemplar geben, welches Aimerics Wohlgefallen findet«, sprach er versöhnlich.


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Solange Ihr Euch dermaßen sträubt, werden wir Euch keinen Schritt entgegenkommen. Allerdings solltet Ihr wissen, dass unsere Geduld nicht grenzenlos ist Marquis. Also redet offen oder wir beenden diesen Tanz«, sagte Max und verkniff sich ein Schmunzeln.


    Brandur von Hohenfelde
    Brandur schenkte Maximilien einen Blick, der dermaßen harmlos wirkte, dass jeder, der die Hohenfeldes kannte, den Drang auszuspeien oder zu lachen verspürte. »Majestät«, erklärte Brandur mit schier übermenschlicher Geduld. »Ich versichere Euch, dass ich bereits offen spreche. Wir sind eine Familie. Wenn Ihr mir nicht glaubt, so habt doch bitte die Güte, einen anderen Hexer zu fragen. Dann werdet Ihr sehen, dass ich nicht gelogen habe. Ich kann als Nekromant die Seele eines Lebenden nicht berühren. Ich spüre sie noch nicht einmal, es ist wie ein blinder Fleck meiner Wahrnehmung, da diese auf den Tod allein fokussiert ist.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Mein lieber Maquis Euer Schauspiel ist außergewöhnlich gut, doch wenn unserer Person nach einer derartigen Posse gelüstet, werden wir eine Theatervorführung besuchen. Aber uns soll es Recht sein, Ihr wünscht, dass sich eine weitere Person von der Richtigkeit Eurer Angaben überzeugt? Dann sei dem so. Man schicke umgehend nach Dominique. Seine Künste werden verlangt. Geduldet Euch ein klein wenig Marquis. Der gute, rechtschaffene Domi lockerte nicht nur Nägel und Zähne, er lockert auch die Zunge«, lächelte Max.


    Brandur von Hohenfelde
    »Wartet«, sprach Brandur und hob erneut die Hand. »Wenn ich genau nachdenke, fällt mir gerade etwas ein.« Er humpelte ächzend einen Schritt auf dem Krückstock, um sich anders hinzustellen, da ihm alles wehtat. »Es gibt da eine Magieform, sehr geheim, vielleicht nicht mehr ganz, aber doch so, dass ich nicht wagte, sie ohne Eure Erlaubnis zu benennen. Diese könnte Abhilfe schaffen.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Wir wissen wovon Ihr sprecht. Welchen Vorschlag möchtet Ihr unterbreiten ohne Benennung jener Magie? Habt Ihr eine Lösung gefunden um Aimeric zu retten? Dann sprecht«, sagte Max etwas umgänglicher.


    Brandur von Hohenfelde
    Brandur scheuchte einen der Anwesenden mit dem Krückstock von einem schön gepolsterten Stuhl. Mit dem selben Instrument zog er sich den Stuhl herbei und setzte sich darauf. »Es verhält sich so, dass jene Hexer, ganz im Gegensatz zu meinesgleichen, in der Lage sind, Besessenheit zu heilen«, gab Brandur hernach widerstrebend zu und stützte sich mit beiden Händen auf den Stock.


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    Maximilien verharrte wie eine Statue, da er über das Gesagte nachdachte. »Schickt nach unserem Sohn Ciel Felicien, wir wünschen mit ihm in einer Privataudienz zu reden. Wir erwarten ihn alsbald in unserer Amtsstube. Bis zum Klärung ist die Sitzung vertagt. Sichert den Delinquenten bis zu unserer Rückkehr«, ordnete Maximilien an. Geronimo legte Brandur sofort wieder das Joch um und hielt ihn daran fest. »Sehr wohl Eure Majestät«, sagte das alte Himmelsauge. Der Duc stand auf und während er sich erhob, gingen alle auf die Knie, bis auf die Leibgarde die stramm stand. Gemeinsam mit seinem Leibdiener zob sich Maximilien in seine Amtsstube zurück. Dort wartete er bei einem Kaffee auf seinen Sohn. Brandur durfte ruhig ein klein wenig schmoren. Er hatte ihn auch zappeln lassen.


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    Geronimo: Der Magier konzentrierte sich kurz und suchte mental nach Ciel. `Ergebenste Grüße Eure Hoheit, Euer Vater - seine Majestät Duc Maximilien Rivenet de Souvagne wünscht Euch umgehend in seiner Amtsstube zu sprechen. Es geht um die Verurteilung des schändlichen Nekromanten Brandur von Hohenfelde. Ich möchte Euch um Eile bitten im Namen Eures Herrn Vater. Habt Dank´, übermittelte Geronimo.


    Ciel Felicien de Souvagne
    Kurz darauf klopfte Ciel an der Tür der Amtsstube.


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    Fabien ließ Ciel umgehend eintreten und stellte ihm ebenfalls einen Kaffee hin. »Willkommen Sohn. Brandur zeigt sich bezüglich der Rettung von Aimeric etwas eigenwillig, ganz so als wollte er seinen Kopf nicht länger auf den Schultern tragen. Wobei der alte Fuchs nur schachert. Er hatte urplötzlich wie durch Geisterhand den Einfall, dass Du Aimeric retten könntest. Sprich Du könntest ihn von seiner Besessenheit befreien. Ist das korrekt?«, fragt Max liebevoll.


    Ciel Felicien de Souvagne
    Ciel trat ein, setzte sich, blinzelte mehrmals und wurde bleich. »Ja«, antwortete er schockiert. »Das ist korrekt.« Er umklammerte die heiße Kaffeetasse.


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Erkläre es mir, wie wäre das möglich. Birgt es Gefahren für Dich? Was geschieht mit Aimeric, solltest Du ihn heilen? Reicht Deine Macht oder müssten wir Alex beauftragen?«, fragte Max und trank ebenfalls einen Schluck Kaffee. Mit der schneeweißen Schminke im Gesicht, sah es irgendwie seltsam aus, wie er die schwarze Flüssigkeit trank. Während des Trinkens musterte Max seinen Sohn über den Rand der Tasse hinweg.


    Ciel Felicien de Souvagne
    »Es ist ... ein Anfängerzauber«, räumte Ciel ein. »Es ist dafür nicht einmal ein Blutopfer nötig. Ich konzentriere mich auf den Besessenen und kann anhand seiner Blutenergie spüren, ob und wo sich ein Geist eingenistet hat. Dann nutze ich die selbe Energie, um die beiden Seelen voneinander zu trennen und ihn nach dem Prinzip der Verdrängung wieder hinauszuwerfen. Es verhält sich nach der Splittung so ähnlich wie Wasser und Öl und das Hinauswerfen geschieht von ganz allein.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Ein Anfängerzauber Ciel? Dann hättest Du es jederzeit tun können?«, fragte Max und legte ihm eine Hand auf die Schulter, als Zeichen dass er dies nicht als Anklage meinte. Er selbst hatte schließlich Brandur nicht bestraft. Dafür wollte er jetzt seinem Sohn nicht die Schuld geben. Nur war er erstaunt darüber, dass dieser Zauber gar nicht in der Größenordnung zu finden war, wo er ihn vermutet hatte. Aber Maximilien kannte sich mit Magie selbst nicht aus.


    Ciel Felicien de Souvagne
    Ciel nickte und sah dabei etwas kleinlaut aus.


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Na nicht bekümmert sein, wie oft sieht man den Wald vor Bäumen nicht? Deshalb benötigt man manchmal die Sicht eines Fremden oder Außenstehenden. Schaffst Du diese Läuterung Ciel? Dann nimm sie für Aimeric vor. Und sollte das wirklich funktionieren, erzähle Melville davon. Berichte ihm davon, was Du für ihn und seinen Sohn getan hast«, flüsterte Max.


    Ciel Felicien de Souvagne
    »Ich schaffe es, den Geist wieder aus Aimerics Körper zu ziehen. Aber ich weiß nicht, wie es um Aimerics Seele steht. Das kann ich aber erspüren. Und dann könnte ich dir sagen, wie risikoreich die Austreibung für ihn wäre.« Ciel war froh, dass sein Vater ihm nicht den Kopf abriss.


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Dann machen wir das so. Und Du schau nicht so, es war nicht Deine Schuld, sondern das Vergehen von Brandur. Du badest gerade seine Grausamkeit aus. Folge mir in den Thronsaal und dann untersuche Aimeric. Keine Scheu«, sagte Max. Der Duc trank seinen Kaffee aus, drückte Ciel kurz und schritt dann wieder mit Fabiens Hilfe in den Thronsaal. Der Hofmarschall kündigte den Großherzog an und erneut verneigten sich die Anwesenden im Saal, bis dass der Duc Platz genommen hatte. »Euer Einwand entspricht den Tatsachen. Unser Sohn wird Aimeric de la Cantillion untersuchen. Er entscheidet über das Schicksal jenes jungen Mannes den Ihr dermaßen verletzt habt Brandur«, erklärte Maximilien und wartete auf Ciel.


    Ciel Felicien de Souvagne
    Ciel trat an den fixierten Mann heran, der aussah wie Aimeric und doch in Wahrheit ein Hohenfelde war. Wie viel von Aimeric noch übrig war, würde sich nun zeigen. Ciel öffnete Aimerics Kleidung und entblößte seine Brust. Vorsichtig legte er die Hand auf sein Herz, denn dort konnte er das Blut besonders gut spüren. Dunwin spürte, wie sich die Aufmerksamkeit von Ciel auf seine nackte Seele richtetete. Er spürte eine Präsenz, der er in einem Duell auf dieser Ebene nicht gewachsen sein würde. Wie eine junge Maus, die in die Augen eines ausgewachsenen Katers starrte, fühlte er sich in diesem Moment und in keinem Winkel dieses Körpers gab es eine Ecke, in der er sich hätte verstecken können. Doch der Kater wandte seine Augen ab und die Präsenz glitt warm um seine Seele herum, bis sie die Stelle fand, wo sie Aimeric zu spüren glaubte. Ciel fokussierte all seine Aufmerksamkeit dorthin und versuchte, Kontakt zu der Seele herzustellen.


    Aimeric
    Als Ciel sich mit der Seele von Aimeric verband hörte er nichts weiter als seinen unendlichen, grauenvollen Schrei, den er scheinbar die ganze Zeit auszustoßen schien, da er nicht begriff was mit ihm geschehen war und nichts dagegen tun konnte, in seinem eigenen Körper wie ein Parasit abgekapselt worden zu sein. All das was mit ihm geschehen war überstieg seinen Verstand und dieses Gefühl manifestierte sich in diesem Seelen- und Markerschütternden Schrei puren Leids.


    Ciel Felicien de Souvagne
    »Aimeric ist hier«, erklärte Ciel und versuchte, der Seele des jungen Mannes das Gefühl zu vermitteln, dass jemand hier war, um ihm zu helfen. Er war kein Geistmagier und das Gefühl war wenig konkret. Wärme und Ruhe, anderes konnte er nicht kommunizieren auf diesem Wege. »Er leidet.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Könnt Ihr ihm helfen? Könnt Ihr ihn retten? Welche Prognose gebt Ihr ab unser Sohn? Möchtet Ihr dass sich Geronimo Euch anschließt und versucht mit Aimeric Kontakt aufzunehmen?«, bot Maximilien an, während Ciel spürte wie Aimeric verzweifelt einen Ausweg suchte, um nicht in die winzigste Ecke abgedrängt zu werden. Denn das war es was Dunwolf getan hatte, ihn abzudrängen immer weiter bis nichts mehr von ihm übrig bleiben würde.


    Ciel Felicien de Souvagne
    Ciel schob Dunwins Seele beiseite, so dass Aimeric mehr Raum hatte. Für Dunwin war das ein grauenhaftes Gefühl, als würde jemand in seine Eingeweide greifen und darin herumwühlen. »Ich kann es versuchen, ja. Geronimo soll Aimeric bitte mental erklären, was nun geschehen wird. Ich ziehe Dunwins Seele heraus, so dass ihm sein Körper wieder gehört.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    Geronimo: Das alte Himmelsauge gesellte sich zu Ciel, nickte diesem knapp zu und legte seine Hand auf Aimerics Kopf. Vorsichtig nahm er Kontakt zu der Person auf und übermittelte Aimeric erstmal keine Informationen, sondern einfach beruhigende Gedanken. Gefühle der Rettung, der Beruhigung, des Wohlwollens. Erst danach erklärte er ihm nonverbal, was Ciel gleich vorhatte und dass er sich ganz ruhig verhalten sollte. Sie beide wären bei ihm. Aimeric beruhigte sich etwas und seit einer gefühlten Ewigkeit verstummte der Schrei, den er gar nicht bewusst ausgestoßen hatte. »Ihr könnt beginnen Herr«, sagte Geronimo leise zu Ciel.


    Ciel Felicien de Souvagne
    Ciel nickte Geronimo kurz zu. Dann zögerte er nicht länger. Mit seiner geballten Macht griff er nach Dunwins Seele. Er spürte, wie sie kämpfte, wie das Dunkel darin tobte und es war kein angenehmes Gefühl. Er schob sich zwischen die Seele von Dunwin und die von Aimeric und dröselte sie auf wie die Naht von zwei falsch zusammengenähte Stoffstücken. Aimeric spürte, wie seine Seele sich in seinem Körper ausbreitete, als würde ein frisch geschlüpfter Falter seine Flügel langsam im Sonnenlicht entfalten. Als Aimerics Seele den eigenen Körper wieder im Griff hatte, zog Ciel Dunwins Seele durch den Bauchnabel hinaus. Für die Umstehenden sah es aus, als würde Aimeric schwarz aus dem Bauch dampfen. Brandurs sah regungslos zu, wie sein Bruder verging. Seine Magie war blockiert, Dunwin verflüchtigte sich und bald war der schwarze Nebel verschwunden. Aimeric atmete, sein Herz schlug. Ciel verschloss vorsichtig seine Kleidung. »Willkommen, Aimeric«, begrüßte er ihn mit einem leichten Lächeln, »Willkommen zurück im Leben.«


    Aimeric
    Er lag auf dem Rücken und starrte an die Decke. Er konnte wieder sehen. Die Fresken, die Bilder, Schlachten reale und mythische dargestellt in künstlerischer Form und der Mann neben ihm hatte gerade genauso eine Schlacht für ihn geschlagen. Unbeholfen wie ein überdimensionales Baby versuchte er Ciels Hand zu ergreifen, aber seine Hand zitterte so sehr, dass es aussah, als litte er unter spastischen Zuckungen. Er versuchte zu sprechen, aber es kam nur ein seltsames Keuchen aus seinem Hals, dass in einem Gurgeln unterging. Mehrfach setzte er an, bis Ciel das Wort Danke, ganz verwaschen verstehen konnte ehe Aimeric vor Erschöpfung zusammenbrach und ohnmächtig wurde.


    Ciel Felicien de Souvagne
    Ciel fing seine herumzuckende Hand ein und griff sie, ehe Aimeric bewusstlos wurde. Er winkte zwei der Wachen herbei. Die Männer waren kräftig genug, um Aimeric zu tragen. »Bringt ihn zu Benito«, befahl er. »Rasch.« Die beiden hoben den bewusstlosen Comte auf und schleppten ihn so behutsam, wie es ging zu dem Heiler. »Ich sollte Melville aufsuchen«, überlegte Ciel.


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Wir danken Euch für Eure heldenhafte Tat Ciel Felicien und wir können nicht in Worte fassen, wie stolz wir auf Euch sind. Ferner gilt unser Dank Euch Geronimo, geht beide mit unserem Dank sowie unserem Segen. Jeder von Euch hat einen Wunsch frei, gleich wie er lauten möge. Als Dank für das Leben des jungen Mannes Aimeric, dass Ihr gerade gerettet habt. Geht mit diesem Wissen«, sagte Maximilien und wandte sich Brandur zu. »Marquis, da Ihr nun einer der unseren seid erhaltet Ihr wieder jeder eine zweite Chance. Welche Form der Wiedergutmachung seid Ihr bereit zu leisten? Wisset der Comte weiß von Eurer Tat«, erklärte Maximilien.


    Ciel Felicien de Souvagne
    »Danke für Eure Gnade«, sprach Brandur und senkte das Haupt. »Mir ist leider nicht bekannt, welche Art von Wiedergutmachung angemessen wäre. In meiner Familie waren Wiedergutmachungen bislang unüblich. Ich könnte Melville selbst fragen, allerdings vermute ich, wird er weder meine Worte noch meine Wiedergutmachung wollen, sondern höchstens meinen Hals auf dem Block.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Versucht doch genau dass Brandur. Sollte er keine Wiedergutmachung annehmen, werden wir darüber entscheiden. Vielleicht solltet Ihr ihm die Wahrheit hinter Eurem Handeln erzählen. Auch wenn sie grausam ist und Ihr Euch geziert habt es zuzugeben, letztendlich scheint Ihr doch auf den Pfad des Lichts gefunden zu haben. Wenn nicht aus freien Stücken, dann für Euren Sohn und Eure Familie. Was habt Ihr erreicht? Was könnt Ihr noch erreichen? Wie lebt Ihr nun und wie könntet Ihr leben? Möchtet Ihr all das für Eure Vergangenheit verlieren? Antwortet offen«, sagte Max.


    Ciel Felicien de Souvagne
    Brandur schüttelte betreten den Kopf und umklammerte seinen Gehstock. »Nein. Wir haben so viele Jahre dafür gekämpft. Es hat mein Leben gekostet und ich habe es gern gegeben, damit Linhard den alten Pfad verlassen konnte. Dass ich mich zierte, war allein der Sorge um meinen kleinen Bruder geschuldet. Eine egoistische Sorge, fürwahr, aber eine Sorge aus Liebe und kein Trachten aus Hass. Aimeric war nie mein Ziel gewesen. Der arme Mann hatte schlicht und einfach Pech.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Die Sehnsucht nach einem geliebten Menschen können wir durchaus nachvollziehen Brandur. Uns ist die Bruderliebe nicht fremd, auch wir vermissen unseren älteren Bruder. Es ist immer da, nur tritt es manchmal in den Hintergrund und wird nicht bewusst gespürt. Aber es ist ein Schatten auf der Seele, den wir ständig mit uns führen. Ebenso den Verlust eines alten, sehr alten und weisen Freundes. Von daher gewähren wir Euch nach der Wiedergutmachung einen Leib Eurer Wahl eines zum Tode verurteilten für Euren Bruder. Aber wisset, ein Fehltritt seinerseits und der strangulierte Körper, verliert den Kopf. Dies ist keine Praxis die wir sonst dulden, oder gar gutheißen. Es ist eine gereichte Hand um Euch aus dem Abgrund auf den Weg ins Licht zu ziehen. Schlagt Ihr diese Hand aus mein Bester, schlägt sie Euch zurück. Möchtet Ihr uns noch etwas mitteilen?«, fragte der Duc.


    Brandur von Hohenfelde
    »Danke, Majestät«, sprach Brandur, stemmte sich zittrig auf seine Krücke hoch und verneigte sich tief. »Und ich bitte um aufrichtige Verzeihung, dass ein Souvagner als Hülle für Dunwin dienen musste. Es wird sich nicht wiederholen. Künftig beziehe ich mein Rohmaterial aus Naridien.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Künftig wirst Du wohl genug Rohmaterial aus dem Wald fürs erste nutzen. Jedenfalls dass, was nicht Hai- oder Vogelfutter wurde. Folge unserem Sohn und biete dem Comte ein Gespräch an. Er soll wissen dass Du Buße tun willst und wirst, sollte er es zulassen. Lässt er es nicht zu, wirst Du sie ebenso leisten, aber auf andere Art. Wie, dass überlassen wir vorerst Dir. Du wirst selbst Deinen Kopf anstrengen und unserer Person Vorschläge unterbreiten die einer Buße würdig sind. Denn auch dies gehört zum rechtschaffenen Weg. Nutze Eure Chance weise Brandur, wir persönlich würden es bedauern Dich zu verlieren. Aber wir entscheiden für ganz Souvagne, wir sind Souvagne - dass muss Dir bewusst sein«, erklärte Max und deutete Geronimo an, Brandur frei zu lassen. Das alte Himmelsauge nahm Brandur das Joch ab und schaute ihm tief, fest und hart in die Augen. »Anständig bleiben«, warnte er.


    Brandur von Hohenfelde
    »Sehr wohl«, antwortete Brandur freundlich. »Auch ich trage meinen Kopf lieber auf den Schultern. Kein Souvagner wird je wieder Grund zur Klage ob meiner Kunst haben. Ich werde mit Melville sprechen, wie es gewünscht ist.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Ihr dürft Euch verabschieden Marquis von Hohenfelde. Wir erklären die Verhandlung für beendet«, befahl Maximilien.

    Brandur von Hohenfelde
    Brandur verneigte sich, wobei er seine Krücke Geronimo auf den Mittelfuß stellte und sich beim Verneigen schwer darauf stützte. Dann humpelte er rückwärts hinaus aus dem Thronsaal und verschwand wieder in seinen Gemächern, um die Arbeit an seinem Werkstück fortzusetzen. Ihm schlotterten gewaltig die Knie und er hatte vor, sich an das gegebene Versprechen zu halten. Und eine winzige Ecke in ihm war froh, dass es Aimeric wieder zurück unter die Lebenden geschafft hatte. Es war jene Ecke, die schon seit jeher wusste, was Recht und was Unrecht war.

    Der Fleischsack


    Familie von Hohenfelde sitzt beim Abendbrot.


    Kind 2: *piekst den Papa mit der Gabel*
    Papa: "Wenn du mich weiter stichst, habe ich da bald ein Loch und alle Knochen fallen raus. Dann bin ich nur noch ein Fleischsack."
    Kind 1: "Dein Fleisch ist eklig, wenn es nicht gebraten ist."

    Der erste Geist - Quennel
    Brandur von Hohenfelde
    Brandur hatte alles für die vom Prince angeordneten Beschwörungen vorbereitet. Dafür, dass Prince Ciel an vorderster Front gegen die Nekromantie geiferte, hatte er erstaunlich viele Ausnahmewünsche für sich selbst. Die geräumige Kajüte, in welcher Brandur sich für die Vorbereitungen eingeschlossen hatte, duftete nach Räucherwerk. Der Nekromant hatte bei offenem Fenster die Ritualschellen erklingen lassen, die Ecken ausgeklatscht und Salz gestreut, um den Raum von Fremdenergien zu reinigen. Nun zog er mit Kreide die letzten Runen des Bannkreises, in dem der Tisch mit den Stühlen für die Gäste stand. Er nahm die Sicherheitsvorkehrungen heute besonders genau, da er die Geister zum Großteil nicht kannte und Parcival vermutlich ein sehr machtvoller Gegenspieler sein würde, der schwer zu beherrschen war. Doch er stand erst an zweiter Stelle. Zunächst hatte Ciel gefordert, das vor einigen Jahrzehnten ermordete Himmelsauge Quennel zurückzurufen. Brandur kontrollierte noch einmal, dass die beiden Kreise richtig gezeichnet waren, dann ließ er einen Matrosen nach den Teilnehmern schicken.


    Linhard von Hohenfelde
    Linhard war der Erste der die Kajüte seines Vaters erreichte, da ihn die Wiedersehensfreude und die Neugier trieb. Brandur war genau wie Ansgar ein Nekromant, aber er übte die Totenmagie völlig anders aus. Während Ansgar seine Hände förmlich in Blut gebadet hatte in seinem Schlachthaus, dort werkelte Brandur im würdevoller Sauberkeit und schuf Kunstwerke aus Knochen die ihres gleichen suchten. Lin vermisste schlagartig schmerzhaft den Knochendrachen, der eine ganze Weile der knöcherne Nabel seiner Welt gewesen war, belebt mit dem Geiste von seinem Großvater Dunwin. Beide waren momentan Meilen entfernt und er hoffte es ging ihnen gut. Sobald sie wieder Zuhause waren, würde er den Knochendrachen in sein Herrenhaus bringen lassen. Niemand hatte ein Anrecht auf das Geschöpf, dass sie in die Freiheit geflogen hatte. Denn nichts anderes hatte dieses Wesen getan. Lin schaute sich neugierig um und war gespannt was als nächstes geschehen würde. Der Geist von Dunwin hatte ihnen beigestanden und er erinnerte sich nur zu gerne an die gemeinsame Zeit, als sie als groteske Gruppe von Brandur, Dunwin, Archibald und Jesper durch die Lande gezogen waren und auf ihre ganz eigene Art für Gerechtigkeit gekämpft hatten. Er erinnerte sich an die versaute Hochzeit, an das Auftauchen Brandurs, an Daves Angriff, an Ansgars Morddrohungen und an das Ende seiner beiden Väter und deren Wiedergeburt auf so unterschiedliche Art und Weise. Mit Schaudern erinnerte er sich an die Beschwörung von Alastair, der sogar als Geist schwarz wie die Nacht gewesen war und der heimlich Archibalds wahrer leiblicher Vater war. Ein Umstand von dem Archibald nichts wusste, bis einschließlich heute. Jeder andere hatte davon erfahren, genauso dass Dunwin nun in Aimeric lebte, da Brandur den Vater von Archibald verheimlichen wollte.... und sich wie auch Dunwin dabei um Kopf und Kragen redete... Das war starker wenn auch extrem witziger Tobak, die ausstehende Messerstecherei wäre sicher hochinteressant geworden. Aber Kuni hatte den auf einmal erstaunlich flinken Dave aufgehalten. Lin wusste nicht ob er sich darüber freute oder bereute, dass es nicht zum Duell gekommen war. Soviel Hohenfelde war er doch, dass ihn ein gutes Duell mitriss. Auch wenn er nicht wusste, zu wem er gehalten hätte. Er kannte Daves Vergangenheit in groben Zügen, aber er kannte auch seinen Großvater als liebenden Geist. Die Beschwörung von Alastair hatte etwas sehr bedrohliches gehabt und letztendlich dachte er an Ciel und seinen gemeinsamen Ausflug mit ihm und das Bergen der Babys. Eine Gänsehaut kroch seinen Rücken hoch. Freundlich lächelte er seinen Paps an, als die anderen Gäste ebenfalls eintrafen und Platz nahmen. Lin grinste stolz.


    Brandur von Hohenfelde
    Brandur schenkte seinem Sohn ein Lächeln, während dieser mit den anderen am Tisch Platz nahm. Er selbst befand sich außerhalb der beiden Kreise. Im Gegensatz zu anderen seines Fachs zog er es vor, nicht sich selbst in einem Bannkreis einzusperren, sondern den Geist, um dessen Radius einzuschränken und selbst die volle Beweglichkeit zu behalten. Dass die Gäste in einem ebensolchen Kreis saßen, war ein zusätzlicher Schutz, von dem er nicht glaubte, dass er erforderlich sein sollte. Aber er wollte sich vom nekromantenfeindlichen Prince keine Nachlässigkeit nachsagen lassen. Er schloss die Fenster, zog die Gardinen zu und entzündete die Ritualkerzen, von denen er besser für sich behielt, dass sie aus Menschenfett bestanden. Brandur blickte feierlich in die Runde. »Hoheiten Prince Linhard von Hohenfelde und Prince Ciel de Souvagne, Capitaines und Chevaliers Silvano de Mancini, Rene de Brisay und James de Dusolier. Boldiszàr«, grüßte er feierlich die Anwesenden in der Reihenfolge, die ihnen seiner Meinung nach zustand. »Ihr habt heute die Ehre, einer Reihe von Beschwörungen aus fachkundigen Händen beizuwohnen - meinen Händen. Ich bin Brandur von Hohenfelde, auch bekannt als der Hexenmeister Amand von Trux und ich bin Nekromant des vierten Grades. Vor ihnen auf dem Tisch liegen Fingerringe. Diese sind aus Tombak, einer hochwertigen und vor allem für unsere Zwecke hocheffektiven Messinglegierung. Sie dienen der zusätzlichen Absicherung von euch, denn sobald ihr sie tragt, wird der Geist es schwer haben, in euren Körper zu fahren, sollte er wieder Erwarten aus dem Bannkreis entwischen und sich meiner Kontrolle entziehen. Ich möchte euch nun bitten, die Ringe anzulegen.« Er wartete, bis alle Anwesenden der Aufforderung nachgekommen waren. »Hat jemand noch eine Frage? Ansonsten beginne ich nun mit der Herbeirufung des Geistes von Quennel.«


    Linhard von Hohenfelde
    Die Angesprochenen nickten der Reihe nach und jeder Anwesende nahm sich einen Ring und setzte ihn auf. Linhard schaute Ciel abwartend an, denn er war sich sicher, dass sein Schwager zuerst jemand beschworen haben wollte. Linhard hatte niemanden, den er gerne gesprochen hätte. Wobei eigentlich schon, jeden aus Brandurs Familie, aber er schwieg dazu. Er würde seinem Vater nicht die Bürde auferlegen, seine verstorbenen Kinder zu beschwören, nur um seine Neugier zu befriedigen. Er konnte mit Brandur in einer stillen Stunde über sie reden. Die Reise würde lang werden und sie würden ausreichend Zeit haben. Ganz ohne Magie konnte sein Paps ihm seine Geschwister näherbringen. Alle anderen schienen einfach gespannt abzuwarten. Die Kapitäne schienen keine Angst zu haben, sie sahen ehr neugierig aus, was Linhard gefiel. Vielleicht aber auch nur im Moment, da sie noch nie einen Geist gesehen hatten. Seine Familie war nicht unbedarft was Nekromantie anging, aber bei Alastair war selbst ihm Bange geworden. Ich glaube wir sind alle soweit Paps«, sagte Lin freundlich und betonend, dass es sein Vater war der dieses Wunder vollbrachte.


    Ciel Felicien de Souvagne
    Ciel griff unter dem Tisch nervös nach Linhards Hand. Sie beide trugen einen der Ringe. Ciel wusste, dass Messing, insbesondere Tombak, gut gegen magische Beeinflussung abschirmte - er wusste jedoch auch, dass Ringe für diesen Zweck sehr wenig Masse enthielten. Damit es wirklich zuverlässig funktionierte, war ein Halsreif erforderlich oder ein Schmuckstück in äquivalenter Größe. Ciel nickte Brandur zu. »Beginne mit dem Ritual. Rufe uns Quennel zurück. Er hat uns einige Fragen zu beantworten.« Nicht zuletzt war Ciel sehr neugierig, wer der Mann war, der zu Lebzeiten zu gerissen gewesen war, um weiterleben zu dürfen.


    Brandur von Hohenfelde
    »Sehr wohl, Hoheit.« Der Nekromant nahm Aufstellung. Das Kerzenlicht begann zu flackern, obwohl kein Wind durch das geschlossene Fenster wehte und die Anwesenden kaum zu atmen wagten. Brandur stand mit geschlossenen Augen vor dem Bannkreis, in welchem der Geist erscheinen sollte. Manche Hexer zogen es vor, während der Trance zu sitzen, er jedoch fühlte sich stehend am wohlsten. Mit den Händen vollführte er einige verträumt wirkende Gesten, die keinen magischen Effekt hatten, sondern ein Spiegelbild seiner Wahrnehmung im Nexus waren, als er in dem Nebel der Energien nach dem erloschenen Lebenslicht des Himmelsauges Quennel tastete. Er fand ihn, lockte ihn, zog ihn zurück. ›Quennel ... der du ermordet worden bist, weil du zu viel wusstest ... kehre zu uns zurück. Offenbare uns das Geheimnis, für das du mit dem Leben bezahltest. Quennel, ich rufe dich ... zeige dich gut sichtbar in deiner alten, menschlichen Gestalt. Quennel, erscheine.«


    Quennel
    Quennel hörte den Ruf, hier im ewigen Nichts war alles anders als er es sich je vorgestellt hatte. Es gab weder ein Oben noch ein Unten, es gab weder Form noch Farbe, es gab nicht einmal Luft noch Licht und dennoch war alles auf sonderbare Weise vorhanden, auf eine völlig andere Wahrnehmungsweise waren hier die Abbilder der lebendigen Welt zu finden. Oder möglicherweise war auch die lebendige Welt ein Spiegelbild dessen, was diese Seite war. Erstarrt in ewiger Form, bis man in völliger Freiheit hierhin zurückkehren konnte. Losgelöst von allem, schwebend, liebend, mit sich selbst und der Welt im reinen. Sie alle flossen, schwebten, glitten dahin, angezogen von einer großen Macht, die keinen wahren Namen besaß und tausende Namen hatte - er nannte es nur das Nichts. Sanfte blaue Geschöpfe zogen an ihm vorüber, ihre jetzige Form verriet ihm nicht, was sie einst gewesen waren. Auch seine Gestalt war unwichtig geworden. Auch er schwebte immer weiter auf dieses Ziel zu, nicht wissend was er dort überhaupt wollte. Aber es rief ihn, sang in seinem Sein, mit der tiefen Botschaft dass er allein war und doch einem großen Ganzen angehörte. Er musste nur in dessen Schoß zurückkehren und dann... ja was dann? Er wusste es nicht, nicht mit Bestimmtheit. Er konnte nicht einmal sagen, was er sich selbst darunter vorstellte oder sich wünschte, aber je näher er dem Ziel kam, je ruhiger, zufriedener, gelassenener wurde er. Andere schweben widerspenstig dahin, wollten sich dem Ziel nicht nähern. Zwischen dem Meer aus hellblauen Gestalten sah man ab und an schneeweiße Formen dahingleiten. Wurde er von so einem Wesen gestreift fühlte er sich für den Bruchteil eines Augenblick erhaben, erfüllt ja sogar geliebt. Diese Wesen waren schon hier fast eins mit dem Ziel. Aber sie waren selten und sie waren schnell. Schnell obwohl hier weder Zeit und Raum eine Bedeutung hatte und trotz der Tatsache dass sie sich nicht zu beeilen schienen. Aber dann gab es noch die anderen... schwarz, dunkel, düster, grausam... ihre Präsenz machte ihm sogar hier Angst. Auch sie waren selten und er wusste nicht was sie waren. Sie fühlten sich an wie ein Geschwür dass sich widersetzte ins Ziel einzuschweben. Stattdessen lauerten sie in den Tälern, dahin wo man nicht hinab sinken durfte. Kam man dem Tal zu nah und ein Düsterer erblickte einen, galt es zu schweben wie man noch nie geschwebt war. Sah man einen Düsteren aufblitzen musste man in die andere Richtung flitzen... wenigstens war ihm sein Humor geblieben und sein Grips. Bis jetzt hatte ihn noch kein Düsterer erwischt. Er hatte gesehen was sie taten... ein Blauer der zu dumm war nicht auf die Schatten dieser Welt zu achten war von einem düsteren festgehalten worden. Seine Substanz, sein ich fing an zu flackern... und dann verfärbte sich der Blaue langsam aber sicher schwarz, wurde durchzogen von der Finsternis, wie ein Mensch den eine Blutvergiftung befallen hatte... wie er darauf kam? Er wusste es nicht... woher er diese Kenntnis hatte? Auch davon hatte er keine Ahnung... Er hatte gesehen wie der Düstere den Blauen verseucht und gefressen hatte, verschlungen war wohl der bessere Ausdruck. Und dann gab es die Grauen... noch seltener... noch widerlicher... sie erschienen blitzartig, raubten einen der Blauen und fraßen ihn an Ort und Stelle und verschwanden wieder. Manche Blauen waren wie die Grauen nur zu Besuch, wanderten nicht dem Ziel entgegen, sondern gingen eigene Wege... manche kehrten nie in ihre Welt zurück. Gemächlich schwebte er dahin, noch heute so wachsam wie einst und scheinbar wieder einmal nicht wachsam genug, denn jemand rief ihn. Unbehagen machte sich in ihm breit, ein Grauer! Das war ein Grauer und er rief ihn! Seine Substanz begann zu flackern, er wollte davon schweben, aber er konnte nicht. Die Stimme des Grauen war gefährlich, süß wie Honig und genauso klebrig... er musste ihr folgen... konnte sich nicht wehren und er tat es. Quennel... ja dass war er! Schlagartig wurde er in die Helligkeit gerissen, die nicht das Ziel war. Man zwang ihm seine alte Gestalt auf und er schaute sich um... ein Raum, finster, Menschen, sie starrten ihn an, er war zurück. Nur wo war er? Sein Blick fiel auf den Grauen, jenen der ihn gerufen hatte. »Wer bist Du? Was willst Du von mir?«, knurrte er und er hoffte es klang bedrohlich. Er richtete sich zu seiner vollen Höhe auf und warf seine langen, lockigen Haare in den Nacken.


    Brandur von Hohenfelde
    Brandur bemerkten, wie angespannt die Gäste waren in Anbetracht des Geistes, der sich herrisch präsentierte. Nur die beiden Hohenfeldes blieben ganz ruhig, denn nichts anderes waren sie gewohnt als die ständige Anwesenheit der Toten in ihrer Umgebung. »Mein Name ist Amand von Trux«, log Brandur, wohlwissend, dass der wahre Name eines der vielen Werkzeuge sein konnte, um zusätzliche Macht über eine Person zu erlangen. »Ich bin Nekromant und ich bin dein Beschwörer. Du hast mit deinem Tod Chaos hinterlassen, Quennel, und viele offene Fragen. Zunächst zeige dich deutlicher. Wir wollen dein Gesicht sehen und deine Kleider, so wie du sie am Tag deines Ablebens getragen hast. Du bist ermordet worden. Was geschah an jenem Tage und wer war es, der dich aus dem Leben riss?«


    Quennel
    Das Seelenlicht von Quennel nahm genau die Gestalt an, die er zu Lebzeiten trug. Er war groß, wirklich groß und konnte es vermutlich mit Francois in der Größe aufnehmen, wie Ciel feststellte. Aber da hörte die Ähnlichkeit auch schon auf, denn die Präsenz des Mannes war trotz der Geistform und seiner Verwirrung bedrohlich. Nicht zuletzt aufgrund des Wusts an Haaren die er wie ein alter Löwe trug. Der Geist schloss kurz die Augen, ehe er wieder Amand anstarrte. Einst war er ein Agent der Autarkie gewesen, einst war er ein Himmelsauge, einst war er ein Geistmagier... aber das war scheinbar bedeutungslos geworden. Was hatte er erwartet? Er nahm eine etwas entspannterte Pose ein, als er spürte, dass der Graue - dieser vermeintliche Trux ihn nicht fressen wollte. Der Mann log, eindeutig - log er nicht, wäre er zu verachten, seine Macht hingegen war dies nicht. »Meine Geliebte tötete mich, da ich den wichtigsten Grundsatz vergaß - kenne Deine Freunde. Was Deine Feind tun, weißt Du«, antwortete Quennel und ließ seinen eisigen Blick über die Anwesenden schweifen.


    Ciel Felicien de Souvagne
    »Sie hat dafür bezahlt«, platzte Ciel heraus und ignorierte den mahnenden Blick des Nekromanten. »Die alte Duchesse ist tot, hingerichtet, enthauptet für ihren Verrat. Sie ist tot und verrottet in einem anonymen Grab und es gibt niemanden, der um sie trauert. Was ist mit dir? Du hast sie geliebt und hast dafür sterben müssen. Trauerst du um sie?«


    Quennel
    Der Geist wandte seine Aufmerksamkeit Ciel zu und schwebte ein Stück näher, so dass Ciel die Kälte des Wesens spürte. »Duchesse Francoise Esme de Souvagne... ist tot? Das sind wundervolle Nachrichten, ich hoffe inständig, dass sie von einem Düsteren geholt wird... aber Du wirst nicht wissen was das ist Mensch... noch nicht... Du hast ihre Augen... wer bist Du? Geliebt? Geliebt ist vielleicht ein zu starkes Wort für die Bindung die ich zu Fran empfand«, gestand der Geist und wickelte sich ein seiner geisterhaften Locken um den Finger. »Nein, was ich liebte war die Macht, die Möglichkeit, die Manipulation und sie bot mir all dies. Aber ich schätzte sie... auf viele Weisen...«, grinste der Geist süffisant.


    Ciel Felicien de Souvagne
    Ciel kam hinter dem Tisch hervor und stellte sich vor den Geist. Nur das schmale Band des Bannkreises lag zwischen ihnen und Ciel spürte die eisige Kälte auf seinen Wangen und seiner Nasenspitze. »Ich bin Ciel Felicien, dem ihr zwei den Großvater und den Onkel genommen habt«, sprach Ciel wütend. »Und nun muss ich hören, dass du all dies nicht einmal aus Liebe getan hast, sondern aus verabscheuungswürdig egoistischem Trachten heraus!«


    Quennel
    »So ist es, aber Deine Oma war da nicht anders. Wie kommst Du auf die Idee, dass es meine Idee war Deinen Opa und Deinen Onkel aus dem Weg zu räumen? Nichts dergleichen habe ich behauptet. Es war die Idee Deiner Oma, sie war genauso eine falsche hinterhältige Natter wie ich, mit einer unvergleichlichen weichen Haut und einem warmen Schoß und Möglichkeiten von denen Du nichts verstehst, oder noch nicht. Macht ist immer lieblos Ciel, aber Liebe ist niemals machtlos. Manches tat ich aus Egoismus, manches aus Liebe. Keine Person ist zu hundert Prozent gut oder schlecht, weder Du noch ich«, antwortete Quennel.


    Ciel Felicien de Souvagne
    »Hör auf, auf diese Weise von dieser Frau zu sprechen«, befahl Ciel. »Es ist widerlich. Du hast die Frage deines Beschwörers und die meine ignoriert, als wir verlangten zu erfahren, wie du den scheinbar wohlverdienten Tod fandest. Des Weiteren bin ich als dein Prince mit Hoheit anzusprechen und mit dem korrekten Pronomen!«


    Quennel
    »Durch Leute wie mich, können Leute wie Du beruhigt schlafen. Leute wie ich, sorgen dafür, dass Ihr auf dem Zuckerguss der Welt leben könnt. Ich brecht doch keinen Milimeter in die Scheiße des Schokokuchens ein, nein Ihr lebt in Eurem Lummerland aus Zuckerguss. Ihr seht Leute wie mich doch gar nicht, Ihr haltet uns für selbstverständlich, Ihr meint wir wären dafür da um Euch zu bespaßen.... vielleicht sind wir dass, aber Spaß können auch die Ungesehenen haben. Sie meint sie hat mich benutzt? Hat sie vielleicht und während sie glaube sie benutzt mich als Werkzeug, benutzte ich sie genauso und ließ sie in dem Glauben. Niemals wäre ich so nah an die Krone herangekommen als durch eine der Krone. Sie wollte ihren Mann ausgeschaltet haben, sie wollte ihre Söhne ausgeschaltet haben - Söhne die sie für das blonde Schwein austragen musste, Söhne die ihr zuwider waren, Söhne die man ihr aufgezwungen hatte. Was schert es mich? Sie wünscht es, dann sei es so.... wenn der Preis meiner Belohnung stimmt... Dein Vater hätte nicht überleben sollen, dass war der eigentliche Fehler. Nun Dein Vater blieb gemeinsam mit dem Leibdiener Alains Zuhause und entging somit dem Unfall. Nun manchmal ist man machtlos gegen das Schicksal. Ich starb ganz profan, eigentlich lächerlich, nein mich hat es nicht beim Kacken erwischt sondern beim Ficken. Sie hatte mich vergiftet und ich starb auf der Schlange. Aber da Ihr darauf besteht Hoheit, nicht dass ich noch auf Block lande«, sagte der Geist und zwirbelte sich den Schnurbart ehe er sich formvollendet verbeugte. »Eure prinzliche Hoheit Ciel Felicien de Souvagne es war mir eine Ehre Euch gedient zu haben. Ihr würdet nicht derart Höhenluft schnuppern, säße Pompom auf dem Thron«, sagte der Geist und richtete sich ebenso würdevoll wieder auf. »Die Ziele Eurer Oma waren vermutlich sogar herer Natur, aber nicht all ihre Wegbegleiter teilten ihre Verblendung, wir teilen vor allem die Liebe zur Macht und das Bett«.


    Ciel Felicien de Souvagne
    Ciel lief puterrot an. Er hatte gemeinsam mit Massimo und Jules in Regen und Schlamm gekämpft. Er hatte seine Jugend zwischen Soldaten verbracht und ungezählten hilflos beim Sterben zusehen müssen, da er damals noch keine Bluthexerei beherrschte. Er trug gerade die einfachste und bequemste Kleidung, die er in seinem Schrank hatte finden können, denn er hatte Urlaub. Er war nicht geschminkt, hatte Glatze und trug keine Perücke. Und selbst jetzt noch wurde ihm unterstellt, dass er in einer Welt leben würde, die aus Zuckerguss sei. »Und was hast du mit dieser Macht gewollt, Quennel? Dir ein schönes Leben gemacht? Mein Vater hätte den Platz an der Spitze des Landes sehr gern seinem Bruder überlassen und niemand vermisst Onkel Pomy mehr als ich. Du verstehst es noch immer, die Wahrheit zu verdrehen und die Leute verrückt zu machen. Herzlichen Glückwunsch, ich bin ausgesprochen wütend.«


    Quennel
    Quennel tat etwas, womit die anderen sicher nicht gerechnet hatten, er setzte sich im Schneidersitz auf den Boden und klopfte neben sich. »Meister der Manipulation, so leicht zu beeinflussen Ciel?«, fragte er freundlich. »Ein schönes Leben, nein nicht wirklich. Ein wertes Leben, dass ja. Meine Befähigung lag daran Magie zu beherrschen und in Leuten lesen zu können. Ihr Sehnsüchte, ihre geheimen Wünsche zu erkennen, ihnen genau den Köder vor die Nase zu halten, den sie sich selbst ausgesucht hatten. Ich habe gesehen wie sich mein Vater auf dem Feld zu Tode schufftete, ich habe gesehen wie meine Mutter im Kindbett starb als sie meinen Bruder entbunden hat. Es war niemandes schuld und doch trugen sie alle ihre Teilschuld. Ich schwor mir, nicht auf dem Feld zu enden und dort liegen zu bleiben, wo mein Vater sein Leben ließ. Im Grunde starb er dort, wo er den Großteil seines Lebens verbrachte, genau wie sein Vater und der davor. Mein Vater hatte die Gabe, aber sie war unstet, nicht greifbar, er wurde getestet aber abgelehnt. Eine Chance, eine winzige Chance für einen Moment die Hoffnung auf mehr, auf eine warme sichere Zukunft. Aber es war nur eine verdorrte Karotte die man ihm vor die Nase gehalten hatte. Der Orden kann erbarmungslos sein Ciel. Sie wollen niemandem im Kollektiv, der nicht in die Struktur passt. In einer Welt aus Stahl und Stein ist kein Platz für Schwäche... Ich erbte seinen Funken und ich schwor mir dass ich den alten Zausel zur Rede zu stellen, der meinen Vater ablehnte. Aber erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt Ciel. Ich wurde einer von ihnen und ich wurde einer der Agenten. Ich gehörte zwei großen Mächten an und doch keiner. Gleich wer von beiden gewinnen würde, ich wäre auf der Siegerseite, aber was wenn beide fielen? Wenn sie sich gegenseitig in die Vernichtung rissen? Als ich Deine Großmutter kennenlernte, sie näher kennenlernte, da wusste ich sie ist die dritte Seite, jene Seite die gar nicht verlieren kann. Gleich wie gut wir unser Spiel spielen würden, die Orden unterstehen der Krone. Und mit der Zeit vergaß ich nicht nur wer ich wirklich war und wer ich bin, ich gewöhnte mich an die Macht, den Reichtum, die Weisungsbefugnisse, das sich die Leute vor Ehrfurcht nach uns umdrehten gleich welchen Rock ich trug. Ich habe nicht nur die Agenten verraten, ich verriet ebenso die Himmelsaugen, Fran, meinen Vater, meine Prinzipien, mich selbst und meinen Sohn. Was schert es mich noch, was die Leute über mich denken? Wieso sollte ich Dich weiter manipulieren? Meine Chance, meine Zeit ist vorbei. Ich habe niemals einen Groll gegen Dich, Deinen Onkel oder Deinen Großvater gehegt. Eigentlich hasste ich immer nur eine Person - mich selbst. Letztendlich wollte ich mehr sein als ich bin Ciel und spolperte über meine eigene Gier. Ob Dein Onkel ein guter Duc geworden wäre? Vermutlich ja, er war ein guter, weiser und recht offener Mann. Dein Vater war zu der Zeit ehr konservativ eingestellt. Aber ich denke, beide auf ihre Art eignen sich. Dein Großvater war klug genug, nicht mit all seinen Söhnen zu fahren. Er war leider dumm genug, es mit dem Kronprinzen zu tun. Nun ich wäre ein schlechter Berater, wüsste ich nicht, dass man in solchen Kreisen getrennt fahren soll - für solche Wenn-Fälle. Und ich wäre ein schlechter Attentäter, hätte ich genau darauf hingewiesen. Leon, der Leibdiener Deines Großvaters - oder was immer er tatsächlich gewesen ist, war nicht davon zu »überzeugen« auch Maximilien mitzuschicken. Dank Leon existiert Dein Vater noch und somit gibt es Dich. Deine Großmutter war eine vom Hass zerfressene Frau. Sie liebte nichts und niemanden, nicht einmal Parcival. Aber das er sie liebte, dass kann ich Dir bestätigen. Er sah Dinge in ihr, die diese Frau überhaupt nicht besaß. Vielleicht wünschte er sich das Ciel, vielleicht war sie nur eine Projektionsfläche seines Sehnens... ich konnte es ihm nicht verdenken. Letztendlich hätte ich gesiegt, hätte ich aus dem verbliebenen Orden meinen Orden geformt mit mir als Leiter, als Ratgeber für den Duc, für Deinen Vater. Hätte es Dein Vater ebenso wenig geschafft, nun dann säße vielleicht jemand anderes auf dem Thron... wer auch immer«, sagte der Geist versöhnlich.


    Ciel Felicien de Souvagne
    Ciel setzte sich vor dem Kreis im Schneidersitz nieder. Zwischen ihnen lag nur eine Armlänge Abstand. Ciel hatte eine Gänsehaut und er fror und es war nicht nur die Kälte des Geistes, die ihm alle Wärme aus den Knochen zu ziehen schien. Unsagbar traurig sah er Quennel an. Er drehte sich um und sah in den Schatten ein Augenpaar vor Hass glimmen - Boldiszàr. Ciel hingegen spürte keinen Hass mehr. »War es Parcival, der deinen Vater ablehnte? Ich möchte nicht unsensibel sein, aber vielleicht hatte er gute Gründe dazu. Die Himmelsaugen sind ein Orden von Elite-Kampfmagiern. Vielleicht hat er einfach die Anforderungen nicht erfüllt, denn das taten die wenigsten. Was ist aus deinem Bruder und aus deinem Sohn geworden? In diesem Raum sind zwei Söhne der ermordeten Agenten der Autarkie. Gibt es etwas, was du ihnen sagen möchtest?«


    Quennel
    Der Geist sah wie ihn ein schwarzhaariger Mann mit grauenvoller Narbe am Mundwinkel musterte als wollte er ihn zerfleischen. Der einäugige Mann neben ihm schaute ebenso grimmig, vermutlich hätten sie ihn in Fetzen gerissen, wäre er nicht schon tot. Es war gleich, ihre Rache würden sie nicht bekommen. Sie konnten froh sein noch zu leben, denn das war nicht geplant gewesen. »Nein Parcival war in meinem Alter Ciel, wir beide arbeiteten uns Seite an Seite hoch, zu der Zeit war Parcival noch ein junger Mann. Genau wie ich ebenso. Damit magst Du sogar Recht haben, vielleicht hat es einfach nicht gereicht, vielleicht hat es nicht sollen sein. Aber hast Du einmal vom Wein der Hoffnung getrunken? All Dein Sehnen darauf gesetzt? Und dann schlagartig die Ernüchterung? Die Träume eines kleinen dummen Bengels, der seinen Vater rächen wollte, der niemals Rachegelüste verspürte. Mein Vater sagte das selbe wie Du, seltsamerweise. Ich wollte die Welt retten, am Ende rettete ich nicht mal mich. Ironie des Schicksals oder? Mein Vater wie gesagt starb auf dem Feld. Mein Bruder lebt vermutlich noch heute, er war stets von kränklicher Natur, aber er bewirtschaftete das Feld. Er erbte es, Bürde und Pflicht zugleich. Als mein Sohn jung war, lebte er bei seinem Onkel, also bei meinem Bruder. Aber weder mein Bruder noch mein Sohn blieben mir. Mein Sohn wollte der Krone dienen, er wollte zur See fahren. Eine verrücktere Idee habe ich noch nie gehört. Ich verbot es ihm und ich verlor ihn. Er versuchte es eines Abends zu erlären und mein Bruder sagte, dass es sein sehnlichster Wunsch wäre. Er hatte etwas gespart, er würde ihm die Ausbildung finanzieren. Jedenfalls soweit das möglich war. Ich lehnte ab, ich sagte ihm er habe nicht den Funken geerbt um ihn zu verschleudern, er sollte versuchen bei den Himmelsaugen unterzukommen und zu lernen. Er wollte es nicht, er wollte damit nichts zu tun haben. Alles was in seinem Kopf herumspuckte waren Schiffe. Schiffe die in den Hafen hinein und hinausfuhren und einen forttrugen aus all dem Leid und fort von einem Vater der ehr Fanatiker war - denn so war ich. Als er erneut darum bat, zur See fahren zu dürfen schlug ich ihn. Ich prügelte ihm diesen Irrsinn aus dem Kopf. Mein Bruder warf mich aus dem Haus, er kündigte mir die Bruderschaft. Ich blieb über Nacht in der Nähe und wartete auf den Morgen. Als der morgen graute ging ich zurück zum Haus um mich zu entschuldigen, aber mein Sohn war nicht mehr da. Er war nachts weggelaufen und mein Bruder gab mir die Schuld daran. Er hat ihn sehr geliebt, vermutlich mehr als ich ihn liebte. Wobei... das stimmt nicht. Ich habe immer das Beste für ihn gewollt, aber ich war zu dumm, zu brutal und zu verbohrt es ihm zeigen zu können. Ich dachte ich prügele ihn in die richtige Richtung. Alles was ich erreichte war, dass ich ihn meinen Lebtag niemals wieder gesehen habe. Manchmal, wenn ich in einer Hafenstadt zu tun hatte und zum Hafen ging, fragte ich mich, ob er wohl auf einem der Schiffe arbeitet die dort ankern. Ich habe ihn niemals wieder gesehen, ich habe mich nicht einmal entschuldigen können. Das ist etwas dass ich bereue. Mein Bruder bewirtschaftet heute noch den Hof. Rüben, Zuckerrüben, damit verdient er sein Geld. Eine süß bittere Geschichte, ganz passend zu dem was wir anbauten. Nein ich kann den beiden nichts sagen, denn ich war es, der die Agenten verriet und der ihnen den Todesstoß versetzte. Aber in Gedenken an meinen Sohn, beschwor ich die anderen Berzans Wunsch zu erfüllen und den Kindern das Leben zu schenken, sogar dem von Mercer«, erklärte Quennel.


    Ciel Felicien de Souvagne
    »Wie heißen dein Sohn und dein Bruder?«, fragte Ciel, den die Geschichte tief bewegte. »Vielleicht möchten sie erfahren, was aus Quennel geworden ist, der alle verriet und am Ende sogar sich selbst. Wir sind hier gerade auf einem Schiff ... welch traurige Ironie. Ja, ich bin leicht zu manipulieren, da ich mein Herz zu nah an der Oberfläche trage. Es schmerzt mich, solche Geschichten zu hören und doch nichts daran ändern zu können, was einst geschehen ist. Ich wünschte ... ich wünschte ich könnte die Zeit zurückdrehen und dafür sorgen, dass in der Gegenwart alles gut wird.« Ciel stützte das Gesicht in die Faust und schüttelte den Kopf. Es gab so vieles, was er gern geändert hätte. Trotz aller weltlicher Macht, die ihm als Prince zur Verfügung stand, fühlte er sich vollkommen machtlos.


    Quennel
    »Nein Name unter dem man mich kannte war Quennel Perreault, aber wie Du Dir denken kannst, war der Name so echt wie alles andere an mir. Mein tatsächlicher Name lautet Corentin Giorgio la Caille, mein Bruder heißt Enrico Timeo la Caille, mein Sohn heißt Davet Salvatore la Caille. Nun das wir auf einem Schiff sind, macht für mich keinen Unterschied. Es muss Dich nicht schmerzen, meine Strafe habe ich wohl verdient. Meine Einsicht kam etwas spät, während meiner Wanderung dem Ziel entgegen. Während ich Düstere, Graue aber auch Weiße sah. Und sah ich Weiße, dann wurde mir vieles klar, sehr vieles. Es gibt keine Entschuldigung dafür, was ich jenen antat, die mich ertragen mussten. Weder meiner Familie, noch anderen. Es gibt für niemanden einen Grund um mich zu weinen«, sagte der Geist.


    Silvano de Mancini
    Silvano starrte den Geist mit einer Mischung aus Abscheu und derartigem Hass an, dass sogar der Geist zurückschreckte. »Du... Du hast keine Ahnung davon was Du getan hast! Wenn es da drüben einen Abgrund gibt, hoffe ich er verschlingt Dich! Dein Sohn? DEIN SOHN???«, brüllte Vano. »Er war niemals Dein Sohn! Benenne ihn nicht so Du bist in Wahrheit kein la Caille, Du bist Quennel, das Stück Scheiße, dass meine Eltern tötete, das die Eltern meines besten Freundes tötete, der meinen Mann tötete! Du bist schuld daran, dass wir weg gegeben wurden, wie Dreck, wie abgetragene Kleidung! Du bist dermaßen widerwärtig, dass man vor Dir nur fliehen kann, ich hoffe was immer ein Düsterer ist, er verschlingt Dich und kotzt Dich aus. Ich hoffe... nein ich wünsche Dir ewige Verdammnis, bis das eine Person behauptet - sie liebe Dich. Sei verdammt auf alle Ewigkeit niemals zu ruhen, fahr zum Abgrund!«, brüllte Vano, stieß hasserfüllt den Sessel um und verschwand nach draußen, während der Geist immer blasser wurde und panisch Ciel anschaute.


    Boldiszàr
    Neben dem umgefallenen Sessel erhob sich in den Schatten eine zweite Gestalt. Langsam, angespannt, wie ein Raubtier vor dem Sprung, stand Boldiszàr auf. Ohne ein Wort zu sagen, starrte er dem Geist bis auf den Grund seiner Seele, obgleich er über keinerlei Magie verfügte. Mit kontrollierten, kraftsparenden Bewegungen ging er zur Tür, ohne den Geist aus den blauen Augen zu lassen, bis er selbst den Raum verlassen hatte. Zwischen ihnen schloss sich die Tür. Quennel würde ohne eine Versöhnung mit den Söhnen derer, die durch sein Trachten gefallen waren, die Welt der Lebenden wieder verlassen. Weder von Silvano noch von Boldiszàr konnte er Vergebung erwarten.


    Silvano de Mancini
    Vano kam wieder zurück und wäre fast mit seinem Mann zusammengeprallt. »Boldi«, sagte er erleichtert und umarmte seinen Liebling fest und innig. »Ich habe Dich da eben hängen lassen. Es tut mir leid Schatz, es tut mir leid. Ich war so wütend und ich hoffe... nein ich sage nichts dergleichen in Deiner Gegenwart, lass es wen auch immer hören, etwas hört immer, zu verstehst Du? Man muss nur etwas laut genug denken, sagte Davet immer und irgendwer wird zuhören... egal wie bösartig oder grausam der Wunsch war, auch wenn Du ihn nicht so meintest, etwas hört Dir zu. Und es ist nicht immer nett was da zuhört. Gleich, das da drin meinte ich genauso wie ich es sagte. Absolut! Unumstößlich! Gnadenlos! Sag mal bitte was nettes«, flehte Vano aufgelöst.


    Boldiszàr
    »Er ist tot«, antwortete Boldiszàr mit einem so bösartigen Grinsen, dass er Bellamy erschreckend ähnlich sah. »Er hatte ein absolutes scheiß Leben und war in all den Jahren seines Triumphes nie wirklich glücklich. Unsere Eltern sind umgekommen, aber wir leben. Wir sind die lebende Niederlage, fleischgewordener Beweis seines Versagens. Am Ende ist er mit all seinen Plänen gescheitert. Er mag unsere Väter besiegt haben, aber er konnte sie nicht vernichten, denn ihr Andenken lebt in uns weiter. Und wir leben und es ist einfach nur geil, hier zu sein, Angesicht in Angesicht, während er da drin als Spukgespenst nach der Pfeife des Nekros tanzen muss!« Boldiszàr lachte schadenfroh.


    Silvano de Mancini
    Vano küsste Boldi liebevoll und grinste dann genauso diabolisch wie sein Mann. »Ja er ist sowas von tot, niemand wird sich an ihn in irgendeiner Weise gut erinnern. Jetzt weiß ich warum er seinen Vater gehasst hat und ich kenne seinen zweiten Vornamen. Möchtest Du ihn einmal sehen? Er liegt ganz unten im Bauch der Choucas. Dafür wie Du reagiert hast, hätte er Dich gemocht. Ihr seht so unterschiedlich aus Boldi, aber im Herzen seid Ihr Euch so ähnlich. Kämpfer durch und durch, dagegen bin ich meist nur eine heulende Memme mit Hang zum Massenmord«, lachte Vano und legte Boldi einem Arm um die Hüfte. »Komm mal mit«, bat er.


    Boldiszàr
    »Du hast ... Davets Leichnam aufgehoben?«, fragte Boldiszàr verblüfft. »Also schön ... dann lerne ich nun meinen Vorgänger kennen. Den Mann von dem ich denke, wir wären sicher gute Kameraden gewesen, sofern er mich nicht vor lauter Eifersucht von der Reling geschmissen hätte.« Er folgte Silvano. Etwas mulmig war ihm schon zumute. Boldiszàr mochte den Anblick von Toten nicht.


    Silvano de Mancini
    »Er war nicht eifersüchtig, nicht auf die Art. Hat er auch nie grund zu gehabt, ich bin sowas wie eine menschliche Klette. Kennst Du das Kindergedicht der Klette?«, lachte Vano. »...Du warst am Bach ich wette, ich seh´s an Deiner Klette. Du bist vorbei gegangen, sie hat sich angehangen, nun wirst Du ausgelacht. Ich hoffe mal Dich lacht keiner für mich aus, aber wer schon einmal versucht hat, Kletten aus Hundehaaren zu fummeln, weiß warum gelacht wird«, grinste Vano. »Kümmer Dich nicht drum, dass ich so einen Scheiß erzähle, ich muss mich abreagieren mit allem was mir in die Hirse kommt, sonst raste ich aus und esse wieder tagelang nichts, weil ich es nicht runter bekomme. Oder es kommt wieder hoch, wundere Dich nicht, falls mir das mal passiert. Und nebenbei - blöck mich nie an oder so ja, was immer Du mir zu sagen hast, sag es ruhig. Sonst bekomm ich die Kotzerei. Aber verrat das keinem, dass ist peinlich«, entschuldigte sich Mancini und führte Boldi bis nach ganz unten in die Choucas. Dort lag fest vertäut eine gewaltig große Kiste. Falls Boldi meinte darin lag der Leichnams Davets, musste der Mann eine Größe von ungefähr 4 Metern gehabt haben. Vano schloss die Kiste auf und öffnete den oberen Deckel. Drin lag eine gewaltige Statue. Boldi erkannte wer das war - Davet. »Da ist er«, sagte Vano und lehnte sich an Boldi an.


    Boldiszàr
    Boldiszàr war erleichtert, dass es nicht der Leichnam war, den er sich anschauen sollte, sondern das steinerne Abbild. »Darf ich ihn anfassen?«, fragte er und begann auch schon, mit seinen Wurstfingern die Details des Gesichts zu befühlen, den Bart und die Augen, die Nase und den Mund. Es machte ihn alles andere als froh. »Ich pass jetzt auf Silvano auf, ja?«, erklärte er Davet, so als ob die Statue ihn hören konnte. »Ich geb mein Bestes. Er spricht nur gut von dir und sagt, wir hätten uns gut verstanden. Ich glaub das auch. Schade, dass du nicht hier bist. Wir gehen die Krokos für dich töten. Allesamt, jeden von ihnen, wir rotten sie aus, ob Mann, Frau oder Kind. Ich hoffe, Silvano verliert nicht sein zweites Auge dabei, vielleicht kannst du von da oben ein bisschen mit helfen, auf ihn achtzugeben.« Er klopfte Davets steinernen Oberarm, streichelte ihn kurz und musste sich dann rasch abwenden.

    Silvano de Mancini
    Vano umarmte ihn von hinten um den Bauch und legte seinen Kopf auf Boldis Schulter ab. »Vano hofft auch dass er sein Auge behält und ist ganz brav was das angeht. Danke für die lieben Worte, sie bedeuten mir alles, genau wie Du. Ich passe ebenfalls auf Dich auf Boldi. Ich liebe Dich Knubbel. Tust Du mir einen Gefallen? Sieh zu dass ich von Dir keine Statue anfertigen lassen muss. Und wenn wir ein Bild von Dir malen lassen, dann von uns beiden, Seite an Seite«, flüsterte Vano ihm ins Ohr und küsste drauf. Er ließ seinen Mann behutsam los, verschloss die Kiste wieder und führte Boldi zurück in den Beschwörungsraum. Gemeinsam nahmen sie wieder Platz und musterten den Geist stumm.


    Ciel Felicien de Souvagne
    Ciel, der sonst dazu neigte, laut zu werden, saß ganz still da. Er sah den Totengeist ruhig an. In seinem Blick lag keinerlei Bosheit, nur ein tief empfundenes Mitleid und eine Müdigkeit von der Welt, die nicht zu seinem jungen Alter passte. »Eine Seele kann nicht von einem Menschen verdammt werden, sagt mein Meister«, erklärte er, nachdem Silvano und Boldiszàr sich wieder gesetzt hatten. »Das liegt nicht in unserer Macht. So unterschiedlich wir uns gegenseitig sehen, vor Ainuwar sind wir alle gleich. Der Edelmann und der Bettler, der Mönch und der Mörder. Nicht für das Jenseits, sondern für das Diesseits gelten unsere guten wie unsere schlechten Taten. Wir vollbringen sie für die Lebenden, nicht für unser Seelenheil. In den Meeren jenseits der Ufer der Physis herrscht der Zeitlose und seine Pläne begreifen wir nicht. Wie könnten wir uns anmaßen, unsere menschliche Moral auf das Reich eines Gottes anwenden zu wollen? Wie kleingeistig mutet das an, wie einfältig. Du warst ein Verräter und du warst ein Mörder. Vielleicht gibt auf ganz Asamura wirklich niemanden, der dir eine Träne nachweint. Aber deine Seele zu verdammen, dazu hat niemand hier das Recht noch die Macht. Danke, dass du bei uns warst und unsere Fragen beantwortet hast, Corentin. Ich werde für dich beten. Gehe in Frieden.«


    Quennel
    Das Gesicht des Geistes hellte sich auf und nickte ganz langsam und bedächtig. »Ich danke Dir für Deine Worte Ciel. Da drüben gibt es eine Macht, die uns alle anzieht. Niemand kennt ihren Namen und doch spürt man den Sog, das verlangen ihr näher zu kommen. Sollte es Ainuwar sein, grüße ich ihn von jenem ganz besonderen Prinzen, der sogar jemandem wie mir Gutes tat. Er möge Dich behüten«, sagte Corentin und verblasste.

    Die hohe Kunst des Kindererziehens


    Die Kinder der von Hohenfeldes spielen Trampolin auf dem Ehebett der Eltern.


    Papa: "Was macht ihr hier?"
    Kinder: "Wir springen im Bett."
    Papa: "Was hab ich euch zum Springen in unserem Bett gesagt?"
    Kinder: "Nicht im Bett springen!"
    Papa: "Und wo ist hierbei das Problem?"
    Kinder: "Beim Kuchen backen!" *hüpfen weiter*

    Sehnsucht nach Dunkelheit


    Während der Abenddämmerung soll ein Laternenumzug stattfinden.


    Papa: »Kinder, zündet doch eure Laternen an.«
    Kind 1: »Nein, es ist uns zu hell. Komm, wir lassen unsere Laternen jetzt aus.«
    Kind 2: »Ja, genau!«


    Die Hohenfeldekinder führten aus Protest gegen die zu helle Dämmerung den gesamten Laternenumzug mit finsteren Laternen durch.