Beiträge von Ibn ald Salad

    Zum Glück war Ibns Kopf gesenkt, sodass niemand sein Lächeln sehen konnte. Beiläufig musterte er die Tote nocheinmal genauer. Er konnte es wirklich nicht abschätzen, von wo die Dame herkam. Weder an ihrer Kleidung, noch an ihrem Aussehen, war es genau auszumachen. Kurz überlegte er, ignorierte das überhebliche Gekläffe des kleinen Tieflings. Caligo. Das war zumindest die näheste Stadt der Mondalben und soviel er wusste, waren die Bewohner weitestgehend Kargongläubige. Rasch zwang er sich, seine Haltung wieder einzunehmen und presste die Lippen zu einem Strich. Mit einem Ohr nahm er nun die Worte des Henkers auf. Der redete belangloses, beleidigte seine Heimat, drohte ihm natürlich und gab sich unbekümmert. Er verhielt sich, wie es für komplexbeladene, zu kurz geratene Hässlichkeiten eben üblich war.
    Während der Shalar in seinem Kopf noch einen kleinen Plan zurecht legte, tauchten plötzlich Magier der Tieflinge auf, vertrieben die Zuschauermenge und gesellten sich zu ihren Kollegen. Die Wörter Mut und Ehre wurden hier wohl eher in der Version Feigheit und Hinterhältigkeit geführt. Kargon tat gut daran, diese Kreaturen zu verabscheuen.
    "Zu gerne würde ich diese hässlichen Fratzen dir zu Ehren opfern, Kargon, mein Gebieter."
    Doch dieser Gedanke musste vorerst in seinem Kopf bleiben und auch sonst schwieg Ibn eisern. Diese glühenden Ungeheuer ignorierte er und selbst als Urako die Leiche der Albin von der Plattform trat, blieb er ruhig, betrachtete etwas belustigt das kleine Wesen, das sich Henker schimpfte. Aus den Augenwinkeln heraus sah der Nekromant plötzlich einen Schatten an ihnen vorbeifliegen. Interessiert schritt er zum Rand und sah einen weiteren, geflügelten Dämon, der soeben den Puls der toten Albin kontrollierte. "Huch, sollte es unter diesen Witzfiguren etwa auch welche mit Verstand geben?"
    Mit betrübtem Blick machte Ibn einige Schritte zurück und stellte sich neben Urako, als wären sie alte Freunde. Der Mondalb überragte den Tiefling um knappe 15 Zentimeter, nicht viel, aber doch nett anzuschauen.
    "Weißt du, ich denke, du hast dein Gehirn heute zuhause gelassen." Ibns Tonfall war freundlich, als rede er mit einem kleinen Kind, dem es etwas zu erklären galt, das weit über seinen Horizont hinaus ging. "Ich weiß nicht, was du mit deinen Magiern willst, aber das hier..." Er deutete auf sein Gewand. "..., mein lieber Freund mit den kurzen Beinen, ist eine Priesterrobe. Sollte ich dir vorhin gedroht haben, tut mir das Leid, den es war Zeitverschwendung. Vergib mir. Eine Schande, dass mir nicht aufgefallen ist, dass du offensichtlich keine höhere Position bekleidest, geschweige denn mehr als ein Kind mit Beil bist, das die Drecksarbeit erledigen darf. Und auch noch kurz geraten, wenn ich mir deine Artgenossen hier so anschaue. Das ist ein prächtiges Exemplar!" Entzückt ging Ibn an Urako vorbei, der Stab klopfte rhythmisch gegen das Holz unter seinen Füßen und deutete auf eine der Wachen. "Groß gewachsen, kräftig, wahrscheinlich ein starker Krieger. Der Inbegriff eines Tieflings. Stell dich nicht neben ihn, kleiner Henker, das würde etwas ungünstig für dich aussehen." Ein glasklares, glockenhelles, aber keineswegs böse wirkendes Lachen Ibns schallte über die Plattform. Die beiden Kampfmagier warfen sich Blicke zu.
    "Ach ja, jemandes Heimat als schwächlich zu bezeichnen, wenn man gleichzeitig damit droht, dass die eigenen Wächter den Gast zerquetschen werden, wirkt unglaubwürdig, findest du nicht? Aber egal, vielmehr solltest du, solltet ihr alle euch eine Frage stellen. Nämlich, was ist das?" Sanft tippte er gegen das Symbol Kargons auf der Brustseite seiner Robe. "Das, meine Freunde der Unterwelt, ist das Zeichen meines Gottes, Kargon. Nun begibt es sich, dass die Dame, die der kleine Henker dort drüben gerade äußerst schlampig gerichtet hat, offenbar aus Caligo stammt. Eine unserer Städte, unweit von hier. Und es begibt sich weiters, dass die dort lebenden Mondalben einen gewissen Hang zum Fanatismus haben, wenn es um ihren Gott geht, bei dem es sich zufällig auch um den meinigen handelt. Erschwerend kommt hinzu, dass Kargon die Tieflinge nicht sehr...mag." "Weil ihr nur eine Ausgeburt an Schattenteufelscheiße seid.", fügte er in Gedanken hinzu. "Einer der Punkte, die ich nicht gänzlich akzeptiern möchte, so sehr ich Kargon auch verehre. Ich habe euer Volk als zurückhaltend, aber dennoch gastfreundlich erlebt. Reserviert, aber respektvoll. Bis auf eine kleine Ausnahme. Es widerstrebt mir, euch das zu sagen, aber fanatische Mondalben, die auf Rache aus sind, können unangenehme Zeitgenossen werden, egal wie zerbrechlich sie wirken. Und genau so etwas möchte ich mit allen Kräften verhindern. Mein Volk ist weitestgehend friedlich und einen solchen Konflikt können wir alle nicht gebrauchen." Sich selbst bestätigend, nickte Ibn einige Male, schritt, gefolgt von wachsamen Blicken, auf eine der Wachen zu und stellte sich neben sie. Die Hand hatte der Krieger an seinem Schwert. "Meine Worte vorhin waren wohl etwas unbedacht. Geboren aus einem zutiefst emotionalen Moment heraus. Es steht mir natürlich nicht zu, euer Rechtssystem in Frage zu stellen, ferner bin ich sicher, dass die soeben gerichtete einen fairen Prozess erhielt, Anwesenheit der Mondalben hin oder her. Nur die Ausführung ist wohl etwas verbesserungswürdig. Sollte es ein gewisse Regelung für die Leichname Hingerichteter geben, werde ich mich dieser natürlich beugen, sosehr es mein Herz auch mit Trauer erfüllt." Verständnisvoll nickte Ibn Urako zu und horchte in sich hinein. Nein, da war nichts. Keine Trauer. Vielmehr Kälte. Die Tieflinge um ihn herum waren teilweise etwas perplex und unsicher, inwiefern sie den Worten des Mondalben Glauben schenken konnten.
    "Trotzdem habe ich noch eine Bitte, werte Tieflinge. Gewährt mir eine Audienz beim Herrn von Phintias, sodass ich zumindest ein Schriftstück oder etwas in der Art habe, um die Angehörigen der Toten vollends aufzuklären und unbedachtes Handeln ihrerseits zu verhindern."
    Ibn deutete eine Verbeugung an und stützte sich mit beiden Händen auf seinen Stab, ein mildes Lächeln auf den Lippen.

    Im Schatten des Dornhammers erstrecken sich riesige Sümpfe, dunkel, trostlos, zuweilen tödlich und doch herrscht reges Leben inmitten dieser unwirtlichen Gegend. Hier, im Fürstentum Phintias, einem Gebiet der Tieflinge, erblickt man zwischen toten Bäumen und Morast eigenartige Stelzen, welche über dem Boden ein Plateu bilden, schützend, einigermaßen trocken und mit einem einfachen Holzwall umrundet, wobei außerhalb des Walles nocheinmal ein rund zwei Meter breiter Weg zirkulär um den Markt verlief, auf dem patroulliert und vereinzelt auch die Seilbrücken bewacht wurden. Ein unscheinbarer, aber breiter und auf ähnliche Weise angelegter Pfad aus Holzlatten führt durch den Sumpf, direkt ins Herz des Marktes, der, gemessen an seiner Größe, eher an eine zufällige Ansammlung von Händlern erinnert. Jeweils sechs Wächter stehen and den insgesamt vier Auffahrten zum Plateu, beäugen alle Ankömmlinge misstrauisch, aber zurückhaltend. Einige kleinere Holzhütten dienen als provisorische Lager, Stände stehen verteilt umher, Käufer tummeln sich von Händler zu Händler und ab und an sieht man Karren, die den Martk verlassen, beladen mit allerlei verschiedenen Dingen, jedoch verdeckt, um neugierige Blicke fernzuhalten. Von der Hauptplattform führen viele Seilbrücken zu kleineren Plattformen, auf denen private Hütten stehen, bewohnt von Händlern, den Wachen und teilweise als Schlafplatz für Zahlungswillige, die keine andere Möglichkeit haben.
    Zu kaufen gibt es alles, was der Sumpf bietet, also hauptsächlich Zutaten für Alchemisten, aber auch einiges, weniges Drachenfleisch, oder andere 'Köstlichkeiten', die sich in dieser Gegend tummeln.