Blutrote See - Kapitel 20 - Leiden, Leben, Lachen, Lieben

  • Blutrote See - Kapitel 20 - Leiden, Leben, Lachen, Lieben


    Die Offenbarung des anderen Lotos


    Patrice Vertcuis
    Im Rübenhof war Stille eingekehrt. Nach der Orgie, die sich vor dem Kamin abgespielt hatte, war dies ein angenehmer Zustand. Die Teilnehmer lagen ineinander verknäuelt vor dem Kamin, schliefen oder dösten und wärmten ihre nassgeschwitzte Haut am prasselnden Feuer. Patrice hatte Freizeit und langweilte sich. Nachdem er Ordnung gemacht und die Küche aufgeräumt hatte, zog er sich die Jacke über, nahm er seinen Zauberwürfel und ging ein wenig in den Garten. Eine dünne, matschige Schneeschicht lag auf der Wiese. Da es zu kalt war, um sich irgendwo hinzusetzen, lehnte er sich mit dem Hinterteil gegen den Zaun und begann, am Würfel herumzudrehen, um die Farben auf die zwölf Seiten zu sortieren.


    Lotos
    Er saß eine ganze Zeit alleine draußen, als er einen Kiesel ins Genick bekam. Eine vermummte Gestalt hockte auf dem Dach und schaute zu ihm herunter. "So allein?", fragte der Mann leise.


    Patrice Vertcuis
    Das leise Klicken des Zauberwürfels verstummte. Aufmerksam blickte Patrice zum Dach hinauf, wo ein Vermummter herumturnte. »Es könnte sein, dass einige Schindeln locker sind. Wir haben das Dach noch nicht überprüft und der Hof stand einige Jahre verlassen. Was machst du da oben?«


    Lotos
    "Ich beobachte Dich schon die ganze Zeit. Was hast Du vor? Wirst Du ihm ewig dienen? Der Hof ist meine geringste Sorge, mehr Sorgen bereitest Du mir und die Vampire", sagte er freundlich.


    Patrice Vertcuis
    Patrice musterte den Mann nun noch aufmerksamer. »Caillou?«, fragte er lautlos, indem er nur die Lippen bewegte. Konnte das denn die Möglichkeit sein? Ja, konnte es theoretisch und es war nicht einmal sonderlich unwahrscheinlich. Laut sagte er: »Komm runter, wir gehen ein Stück. Dann reden wir.«


    Lotos
    Der Mann sprang zu ihm herab und gesellte sich zu ihm. "Nein nicht Caillou, aber ich rede gerne mit Dir. Gehen wir ein Stück und lass uns reden. Was ist aus Deinem Auftrag geworden? Du erinnerst Dich noch an den Lich und dass er Dir gegenüber machtlos ist? Ich rede vom Ältesten", flüsterte der Mann kaum hörbar.


    Patrice Vertcuis
    Patrice ließ sich nicht anmerken, wie sehr er erschrak. Früher oder später hatte es so kommen müssen, dass der Orden nachhakte. Sehr lange schon hatte er keinen Bericht mehr abgeliefert und das letzte Gespräch mit Duc Maximilien war dahingehend geendet, dass dieser ihn in ein Sanatorium sperren lassen wollte - die Endstation für alle Lotos, die es zu beseitigen galt. Denn dort starben sie nacht kürzester Zeit durch ein wenig Nachhilfe seitens des Personals. Es war die übliche Vorgehensweise, denn so hatte man gleich einen mit der Biografie verwobenen Abgang und einen vernünftigen Totenschein. »Gib dich zu erkennen, bevor wir weiter reden«, verlangte Patrice, der den Würfel noch mit sich trug. Er blieb stehen, in Hörweite des Rübenhofes, nur für den Fall.


    Lotos
    "Du hast mich doch eben noch vor einigen Minuten gesehen, in dieser Form nennt man mich seit Jahren Arbogast", sagte der Mann und zog sich die Maske vom Kopf. "Der wahre Arbogast starb vor Jahren. Er starb durch meine Hand, die Macht hinter dem Zirkel, die Macht hinter dem Menschenfresser der das Artefakt stahl für eine Kreatur - eine die Drei ist, einer der seine Kräfte teilen und dadurch verdreifachen kann, dieser "Gott" redet nicht mit jedem. Aber einer seiner liebsten Jünger hat Kinder, sehr viele Kinder und eines seiner Kinder bin ich... ein kleiner Menschenfresser, ein Versager, einer der keiner Fliege etwas zu Leide tun kann, einer der alles hört, sieht, aber selbst nicht gesehen und gehört wird. Man lacht über ihn, belächelt ihn, nimmt ihn nicht für voll. Wie ein Leibdiener nur unbeliebt, niemand der in meine Richtung schauen will, ein Säufer, ein Spieler, ein Hurenbock, so gut wie tot... ein Vater der ihn hasst, gut so. Er soll nicht genauer hinschauen als nötig. Denn bis dato sah er im Licht nicht so gut, aber nun, als Geschöpf der Finsternis muss ich noch vorsichtiger sein als vorher. Wo ist der Älteste?", fragte den den sie Arbogast nannten.


    Patrice Vertcuis
    Patrice wurde in seiner Grundfesten erschüttert. Er spürte, wie ein Riss durch ihn ging und der Mann darunter zaghaft durch die Spalten blickte. Er war genau so überrumpelt. Sie waren eine Weile zu zweit gewesen in letzter Zeit, ein Arrangement. Sie konnten durchaus gleichzeitig anwesend sein, doch das war unangenehm, unpräzise und nach Möglichkeit zu vermeiden. Patrice griff sich an die Schläfen, als könne er so verhindern, zu zersplittern. So war das nicht vereinbart gewesen! Der Kontakt zu dem Lotos kam sehr plötzlich und unvorbereitet. »Aber wer ...«, fragte er unnötiger Weise und dachte wieder an Caillou. Patrice kannte Caillou nicht, er gehörte zu Pascals Gedankenwelt. Dieser Gedanke war es letztlich, der ihn beiseiteschob, der dazu führte, dass Pascal sich wieder vollends in ihrem Körper stabilisieren konnte. Er brauchte lange, das Wechseln wurde von Mal zu Mal mehr ein Kraftakt. Früher hatte das nur einen Wimpernschlag gedauert, nun war Patrice wie festgebacken. Ein Mantel, der mit ihm verwachsen zu sein schien. »Darum also nur Nudeln«, stellte Pascal fest und seine Stimme war um anderthalb Töne tiefer als die von Patrice. »Am schwierigsten war es wohl, deinen souvagnischen Akzent zu verbergen oder wurdest du in Nardien ausgebildet?«


    Arbogast
    "Er hat überall Kinder, denn seine Frau lebte hier. Seine Tochter lebte bis vor kurzen hier, sie ist ebenso eine Mörderin Derya Littneaux, Tochter von Merna Littneaux. Wieso sollte er hier keinen Sohn haben? Er kümmert sich nicht um seine Kinder. Nicht auf die Art, wie es Souvagner tun. Oder übertragen doch. Einst als Arbo ein kleiner Junge war, gab er ihn im Zirkel ab. Es ist lange her. Und erst als jungen Mann von 20 Jahren so rum sah er ihn das erste Mal. Sie sahen sich wenn nur sporadisch, Jahrzehnte dazwischen. Und dann traf er diesen Arbogast hier, genauso so wie einst, ein völliger Versager... Du verstehst? Über ihn kommen wir an den Ältesten und ich an das Artefakt. Dann werde ich Arbogast verlassen und er mich", sagte der Lotos.


    Patrice Vertcuis
    »Verstehe ... seine Schwäche, sein Herumgestreune, wird zur Waffe gegen ihn. Was hat es mit dem Artefakt auf sich? Und wird es dir schwer fallen, Arbogast abzulegen? Du trägst Tätowierungen. Das ist nicht gut, sie sind unveränderlich.«


    Arbogast
    "Es wird mir vermutlich verdammt schwer fallen und diese Tätowierungen werde ich behalten oder übertätowieren lassen, je nach dem was oder wen ich dann annehme. Meist waren meine Charakter Personen aus der Unterwelt. Da ist ein derartiges Gemisch, da achtet kaum einer auf den Akzent, es sei denn Du hast einen zu starken, dann wärst Du gegen Deinen Willen der Souvagner. Also der Duc oder seine Söhne oder andere "Urgesteine" könnten sicher nicht verdeckt arbeiten. Jedenfalls werde ich mich wohl nicht in den naridischen Rat einschleusen", lachte Arbo.


    Patrice Vertcuis
    »Also wohl wieder Unterwelt oder stets hochgeschlossene Kragen. Aber das ist schwieriger auf lange Sicht. Gehört dein Trinken zur Persona oder ist es ein Fehler, der dir unterlaufen ist und der zufällig zur Persona passt? Wozu der Artefakt benötigt wird, hast du mir nicht verraten. Wer bist du?«


    Arbogast
    "Über das Artefakt darf ich nicht sprechen. In Geheimhaltung wurde es zu einem Juwelier gebracht um es auffrischen zu lassen. Archibald von Dornburg genannt die Bestie hat es gestohlen. Es ist sehr machtvoll. Dabei tötete er fast einen Büttel, der ihn auf frischer Tat ertappte. Zum Glück starb der Mann nicht. Zu noch größerem Glück hat er das Artefakt nicht genau gesehen, sonst hätte ich ihm die Augen schließen müssen. Nein ich trinke und rauche nicht, ich esse sonst auch kein Menschenfleisch es ist eine schrecklicher Charakter, es gibt kaum eine grausamere Rolle als so jemanden darzustellen. Einen Versager, ein Versager vor sich selbst, Du kannst Dir ab und an meinen Selbstekel nicht vorstellen. Und dann reichte mir Tekuro die Hand, bot mir an mich zu heilen, mich als seine Amme anzustellen... mich! Er weiß nichts über mich und dennoch bot mir einer von diesen Abscheulichkeiten jene Hilfe um die ich nie bitten dürfte, aber nach der sich doch jeder von uns manchmal sehnt. Weißt Du noch wer Du bist?", fragte Arbo.


    Patrice Vertcuis
    »Es wird immer schwieriger. Ich trage Patrice nun schon einige Jahre und er ist sehr einnehmend. Er hat ein Eigenleben entwickelt, gegen das ich manchmal machtlos bin und seine Argumente sind oft stärker als meine. Dann gebe ich bewusst nach. Manchmal aber weiß ich auch nicht mehr, wer von uns beiden nun wirklich ich bin«, gab Pascal zu. »Und es gibt Zeiten, da ist Patrice der Herr dieses Körpers und ich bin nur eine Geisteskrankheit. Dass du mit mir sprichst, erinnert mich daran, dass ich kein Produkt von Patrices Fantasie bin. Was Tekuro anbelangt, so ist er ein unangenehmer Mensch, der einige gute Eigenschaften in seinem Repertoire hat. Und manchmal scheint es, als würde er sich wirklich Mühe geben, ein guter Kerl zu sein. Dann wieder schleppt er dir ein Ohr an, wie eine Katze eine widerliche tote Maus, und erwartet, dass du dich freust. Ich werde dich nicht mehr zum Artefakt befragen, aber magst du mir deinen Namen nennen? Und was ist mit dir in solchen Situationen? Es hört sich so an, als würdest du Arbogast verabscheuen. Hat er dennoch Macht über dich?«


    Arbogast
    "Ja er hat große Macht über mich, er tötet mich langsam aber sicher wie eine unheilbare Krankheit breitet er sich in mir aus. Nimmt von mir Besitz und zerstört durch seine Süchte dass, was mir lieb und teuer ist. Er kennt kein Limit, nicht im Schlechten. Er hat gute Seiten, genau wie Tekuro, aber Arbogast ist schwach, muss schwach sein und muss schwach bleiben, damit er immer unter der Witterungsgrenze seines Vaters bleibt. Ein zu langer Blick, eine zu genaues mustern und ich könnte auffliegen. Er darf erst gar kein Interesse an mir entwickeln und um das zu erreichen, muss ich um seine Aufmerksamkeit buhlen. Nichts stößt ihn mehr ab als Schwäche und Anbiederung. Willst Du ihn erobern, weiß ihn ab. Dann misst er Dir wert bei, schmeiß Dich an ihn ran und er stößt Dich angwidert weg. Das Artefakt heißt "Der Seelenkoppler" und es wurde vor einiger Zeit im Jahre 165 nach der Asche geborgen von den Himmelsaugen. Die es seit dem verwahrten, falls wir eines Tages seine Macht benötigen sollten. Und dann wurde es Jahrzehnte später zur Auffrischung seiner Hülle fortgegeben und genau dabei gestohlen. Ein seltsamer Zufall. Es wurde vor ungefähr 10 Jahren gestohlen. So genau weiß ich das nicht mehr, ich erinnere mich nicht mehr gut an Zahlen. Aber so um den Dreh muss es gewesen sein. Ich bin Lucio", sagte der Lotos und reichte ihm die Hand.


    Patrice Vertcuis
    »Pascal«, antwortete dieser und drückte ihm die Hand. Es tat gut, für diese Zeit den Zweifel beiseitezuschieben, ob man wirklich real war. Für die Zeit ihres Gesprächs wusste Pascal, dass er existierte, dass all sein Leben und seine Wünsche, Träume und Hoffnungen keine Einbildung waren, sondern dass sie wahrhaftig existierten. Er, Pascal, lebte und atmete das erste Mal seit langem wieder bewusst die frische Winterluft. »Lucio«, wiederholte er leise. »Was glaubst du, wie lange Arbogast noch hat? Der Seelenkoppler, na ja, uns betrifft das ja nicht. Der Name hört sich aber in der Tat nach einem Artefakt der Himmelsaugen an. Hängt es mir ihrer Schwarmseele zusammen? Wenn das Artefakt zerstört werden würde ...«


    Arbogast
    "Oder in die falschen Hände gerät, wozu sie es benutzen, ob sie es benutzen und wie, dass kann ich Dir nicht sagen. Ich dürfte es nicht, gut ich dürfte schon, aber dann müsste ich Dich töten", lachte er leise, als Zeichen dass das ein blöder Witz war. "Es scheint aber irgendwie damit zusammenzuhängen. Ich hoffe ich habe noch lange genug um Arbo zu überleben Pascal", sagte Lucio traurig.


    Patrice Vertcuis
    »So schlimm?«, fragte Pascal, legte einen Arm um ihn und zog ihn an seine Seite. »Hey, Lucio. Ich helfe dir«, sagte er ernst. »Es ist das Trinken, oder? Das Trinken von Arbogast, was dich kaputtmacht. Tekuro wollte, dass du weniger trinkst. Genügt das nicht als glaubhafter Vorwand?«


    Arbogast
    "Was ist wenn er es nicht glaubt? Aber Du hast Recht, ich könnte es auf Tekuro schieben. Soll der sich doch rechtfertigen und ich sage als Amme darf man nicht trinken, neues Leben und so weiter und so fort. Du kennst es ja auch. Du warst zur Fahndung ausgeschrieben, was hast Du getan?", fragte Lucio und lehnte sich an Pascal an.


    Patrice Vertcuis
    »Patrice hat sich vor dem Duc zu Wort gemeldet und deutlich gemacht, wie viel Macht er inzwischen gewonnen hat. Seine zerstörerische Kraft ist anderer Natur als die von Arbogast. Das Problem ist ... dass er eine ausgesprochen angenehme Persona ist. Er läuft in seinen Untergang und lächelt dabei. Den ganzen Stress, den ich habe, den macht er sich nicht. Er fühlt sich pudelwohl. Ihn anzulegen ist, wie Urlaub zu haben vom Orden des Stählernen Lotos.« Er hielt Lucio fest. »Wenn du stirbst, ist weder dir noch dem Orden geholfen«, sagte er ernst, aber nicht böse. »Lass es darauf ankommen. Du weißt doch, wie du Tekuro provozieren kannst. Bring ihn notfalls dazu, dich zu schlagen, wenn du wieder trinkst. Dann wird Archibald dir glauben. Auf der anderen Seite - Archibald ist gar nicht da. Was kümmert es dich also?«


    Arbogast
    "Genau das ist aber mein Problem Pascal, Archibald darf nicht sterben, er darf erst dann sterben, wenn ich das Artefakt wiedererlangt habe. Es ist zum Mäuse melken. Deine Idee ist sehr gut, genauso werde ich es machen. Ich werde sagen, Tekuro Deine Nummer hat mir so viel bedeutet, ich möchte nun doch ein Beißer werden und vom Alkohol loskommen. Lehre mich das Jagen oder irgendso etwas. Fast hätte ich ihn im Sex gebissen, ich! Keine Ahnung wieso, er war auf einmal so nett und ich wollte ihn beißen. Und die drei anderen dort, die haben sich gesucht und gefunden. So kann das Leben auch laufen, zuerst aus dem Ruder und dann rund. Für diese und alle anderen Souvagner geben wir uns auf. Wie jene dort im Dienst genau wie wir Ihr Leben geben. Nur sterben sie wirklich in Gefechten, wir sterben Stück für Stück mit den Personen die wir annehmen. So werden wir immer weniger bis nichts mehr bleibt. Wieviel Lucio ist noch in mir? Ich kann es Dir nicht sagen Pascal. Ich weiß es selbst nicht", gestand Arbogast.


    Patrice Vertcuis
    »Was ist deine Lieblingsfarbe? Weißt du das noch? Und dein Lieblingsessen? Erzähle es mir«, bot Pascal an und hielt ihn die ganze Zeit fest. »Warum darf Archibald nicht sterben, wofür brauchst du ihn noch? Das Beißen ist ein Alarmsignal, du beginnst dich zu verlieren. Wenigstens das mit dem Alkohol muss besser werden.« Es begann ein wenig zu schneien, dicke, matschige Flocken. »Ja, wir geben uns auf. Sie rauben unsere Leben. Wir sterben, damit andere in Sicherheit leben können, selbst wenn wir noch unter ihnen wandeln. Einige von uns sind wie Ghule, abgestumpft, taub. Die Bezeichnung »Stumpfe«, »Lichtlose«, hat eine traurige Doppelbedeutung, derer man sich erst spät bewusst wird. Ja, Tekuro kann nett sein. Schau nur, wie er mit seinem Vater umgeht oder mit Boldi. Er kann es, wenn er nur will. Und da liegt der Hase im Pfeffer. Er will gar nicht nett sein, er hat Schiss davor. Drum ist er es nur dann, wenn er jemandem absolut vertraut. Er vertraut sowohl Kazrar als auch Boldi blind, darum kann er so gut zu ihnen sein. Schwierig wird es dann, wenn er einen mag, ihm aber nicht über den Weg traut. Das hat Sacha abbekommen und ich auch. Kürzlich, da hatte er einen guten Tag, aber da warst du unterwegs. Da hat er Patrice geküsst, aber so richtig. Er war danach so glücklich und lieb. Aber das wird wieder nicht lange halten.«


    Arbogast
    "Meine Lieblingsfarbe war grün, meine ich und ich aß immer gerne Kuchen. Als Kind, daran erinnere ich mich. Kuchen war etwas besonders. Archibald hat es versteckt, er hat es gestohlen aber wo hat er es gebunkert Pascal. Ich muss irgendwie an das Artefakt kommen, ich hoffte er sagt eines Tages, hey bei meinem letzten Cou da habe ich vielleicht was gestohlen und zeigt es mir. Aber er zeigt es niemandem. Wo ist das Ding? Hat er es versetzt? Hat er es getauscht? Bei ihm verliert sich die Spur. Oder hat er es noch irgendwo? Ja wir sind die unsichtbare Mauer, zwischen den guten, ehrlichen Souvagnern und dem Dreck der in unser Land eindringen will. Wir sind mit eines der letzten Bollwerke, aber unsichtbar. Er fürchtet sich vor sich selbst, so wie wir im Grunde Pascal. Er möchte sich so gerne selbst im Spiegel sehen, aber er hat Angst was er da erblickt. Hast Du immer so ausgesehen? Wohl kaum, ich ebenso wenig. Du musst besser auf Dich Acht geben, gut dass sagt der Richtige", schmunzelte Arbo.


    Patrice Vertcuis
    »Ich habe mein Gesicht verändern lassen«, erklärte Pascal. »Chirurgie und Alchemie. Wenn Leute in der Nähe sind, die einen trotz neuer Persona samt neuer Frisur erkennen könnten und man den Ort nicht wechseln kann, ist das eine gute Möglichkeit. Aber wenn man das zu oft macht oder den falschen Heiler erwischt, dann endet man mit zu schmaler Nase, durch die man kaum atmen kann und Lippen die aussehen wie die eines Karpfens. Wenigstens Tekuro scheint es zu gefallen. Wenigstens einer. Du meinst sicher, dass du so abgekämpft aussiehst, oder hast du dich auch verändern lassen? Wenn du an Archibald selbst nicht herankommst, dann vielleicht über jene, die ihm nahestehen. Könnte Kazrar oder Nori wissen, wo das Artefakt abgeblieben ist?«


    Arbogast
    "Das versuche ich die ganze Zeit so behutsam wie möglich herauszufinden, aber ich glaube der Älteste hat sicher das Artefakt. Er betet ihn an, was sollte er damit? Ja ich war bei einem Fleischformer, ein Heiler der das Fleisch verändert. Ich hatte nicht immer Segelohren und die Tätowierungen nun die wurden eingestochen. Ich hoffe mit jedem Kampf, mit jedem Einsatz dass es der letzte ist. Wir kämpfen dafür, dass irgendwann keiner mehr kämpfen muss. Dass wir in Frieden leben können, eines Tages wird es so sein, wenn die Mauer völlig abgeschlossen ist hoffe ich. Aber selbst in Friedensheiten wird es Wächter geben müssen, die sich merken, wie wir einst kämpften um diesen Zustand zu erreichen", erinnerte Arbo, scheinbar mehr sich als Pascal.


    Patrice Vertcuis
    »Niemand wird sich an uns erinnern, Lucio«, sprach Pascal sanft. »Denn niemand kennt unsere Namen und unsere Geschichten. Die unsichtbare Mauer hast du uns genannt und keine Chronik wird von uns unsichtbaren Wächtern erzählen. In den Büchern stehen die Namen der Himmelsaugen, der Generäle und Admiräle und der Mitglieder der Krone. Uns aber, uns wird man vergessen. So, wie wir uns selbst vergessen haben.« Die Schneeflocken schmolzen sich in ihre Jacken. »Der Älteste ist im Keller.«


    Arbogast
    "Ja Pascal, das hast Du schön gesagt. Aber solange wir vergessen werden und sich kein Souvagner mehr an unseren Namen und unsere Taten erinnert, dann haben wir alles richtig gemacht. Auch wenn es für uns nie eine Zukunft geben wird Pascal, denn wir hatten auch keine Vergangenheit und keine Gegenwart. Wir sind jene ohne Seele, ohne Zeit und ohne Namen. An uns gleitet alles ab, sogar der Lauf der Geschichte".


    Patrice Vertcuis
    »Es ist, als würde selbst Ainuwar uns übersehen. Es ist schon ein merkwürdiger Zustand. Sag, wenn man dich gefragt hätte, wärst du ein Stählerner Lotos geworden? Oder hättest du einen anderen Weg gewählt.«


    Arbogast
    Arbo dachte lange über die Frage nach. "Du meinst hätte ich eine Wahl gehabt? Nein ich wäre kein Lotos geworden. Oder sagen wir einmal, nicht sofort. Ich fände es schön, wenn wir all die Dinge einmal sehen dürften, die später unerreichbar bleiben. Aber das denkt vielleicht auch ein Himmelsauge, denn sie werden doch im Grunde auch nur pro forma gefragt. Die einen wünschen es sich, die anderen werden gedrängt. Denn jeder geht davon aus, ein Geistmagier mit Potential, dass wird ein Himmelsauge. Und die Blicke der Verwandten sind stolz und die meisten selbst sind auch stolz. Ich stelle es mir persönlich auch schön vor, immer mit vielen Kontakt zu haben, nie allein zu sein. Vielleicht wünscht man sich oft das Gegenteil von dem was man ist. Wir sind zu lange und zu oft mit uns allein Pascal. Da draußen gibt es vielleicht ein Himmelsauge das gerne mal seine Ruhe hätte. Aber auf der anderen Seite glaube ich nicht, dass Ainuwar uns übersehen hat. Das was uns fehlt, ist unsere Gabe. Und eine Gabe ist eine Verpflichtung. Die einen sagen dass stimmt nicht, aber ich sage doch Deine Gabe bekamst Du von Gott. Von Ainuwar, er wollte dass Du diesen Weg einschlägst, sonst hätte er sie jemand anderem gegeben. Er weiß, Du kannst diese Bürde tragen und das ist Dein Schicksal - Deine Bestimmung. Drum sind wir Lotos und der Geistmagier wird Himmelsauge. Jene die über uns wachen, am Himmel und am Boden, mit scharfen Augen und Magie. Es ist eine Ehre. Aber es ist auch eine Ehre ein Lotos zu sein, auch wenn die Ehre ein Bleimantel ist, der uns nach unten zieht. Es ist unser Schicksal, wie das eines Mönches, der zum Glauben fand. Daran möchte ich glauben, denn wenn selbst Ainuwar uns verlassen hat Pascal, was wären wir denn dann? Eine Laune? Ein Fehler? Nimm mir nicht dass bisschen, dass ich noch habe", bat er leise.


    Patrice Vertcuis
    Pascal drückte ihn. »Halt dich von Caillou fern«, bat er, »falls du ihm begegnest. Er würde dir nicht gut tun. Dafür vielleicht Prince Ciel oder Alexandre. Die beiden haben eine ganz ähnliche Sicht auf die Dinge, wie du. Und sie könnten dir erklären, warum der Schmerz dessen, der ihn für andere erduldet, so viel edler ist als der von jenen, die nur für sich selbst leiden. Wir sollten langsam zurückgehen. Der Zugang zum Keller liegt hinter dem Haus. Es ist ein Kohlekeller.«


    Arbogast
    "Ja vielleicht darf das mein Ende sein, ein Ende in einem Kloster, wo ich nach all den Verstellungen, Theaterstücken, Schauspielerei und anderen Maskeraden einfach nur noch eine Rolle übe - die des Bruder Lucio. Das wäre mein Traum für meinen Lebensabend. Ein kleines Koster und dort bin ich heimisch, mit Menschen die ich Bruder nennen darf. Und niemand verlangt etwas, außer meinen täglichen Pflichten für diese Familie, das Gebet, die Einkehr, Stille und dennoch Gemeinschaft. Das ist mein Traum", sagte Lucio und drückte Pascal fest an sich. "Ich danke Dir, vielleicht sehen wir uns wieder... in einem Tempelgarten, mit grauen Bärten", lachte er leise, zog sich die Kaputze über den Kopf und war so schnell verschwunden wie er aufgetaucht war. Sie waren halt weniger als Schatten, sie waren Lichtlose.


    Patrice Vertcuis
    Pascal sah auf die Stelle, wo eben noch Lucio gestanden hatte. Seine Fußspuren begannen schon zu zerschmelzen. Dann senkte er den Blick auf den Zauberwürfel in der Hand, den Tekuro Patrice geschenkt hatte. Jedoch war es Pascal, der ganz wild auf das Kleinod war. Er rief nach Patrice, der nur sehr zögerlich nach dem Rechten sehen kam. Pascal hatte heute einen starken Tag. Er musste sich lange konzentrieren, Patrice zu erwecken. Dass es ihm gelungen war, spürte er an seinem wachsenden Appetit auf saure Gurken mit Leberwurstbrot. Er hatte diese Dinge beim Aufräumen in der Küche gesehen und war sicher, dass Tekuro sie für ihn gekauft hatte. Er drückte den Zauberwürfel an sich und marschierte guter Dinge wieder ins Innere des Rübenhofes. Auf den Garten senkte sich Stille und die letzten Fußspuren schmolzen in der Mittagssonne.

  • Die Ruhe nach dem Sturm



    Robere Tekuro Chud-Moreau
    Tekuro hatte gedacht, dass er als Vampir nicht mehr schlafen konnte. Tatsächlich sah es jedoch eher so aus, als ob er es nicht mehr musste, aber durchaus noch dazu fähig war, denn er hatte eindeutig geschlafen. Als er aufwachte, schnupperte er an dem leeren, noch warmen Fußboden, wo Arbogast geschlafen hatte. Auch Patrice war fort. Nach kurzem Lauschen konnte Tekuro jedoch ihre leisen Stimmen vor dem Haus vernehmen, ohne ihre Worte zu verstehen. Beruhigt erhob er sich, ging zum Schrein und zog eines der in Stoff eingeschlagenen handschriftlich gefertigten Bücher heraus. Mit dem Buch an den Bauch gepresst kroch er auf allen vieren zu seinem Vater ins Nest und ließ sich neben ihn plumpsen. Er stupste ihn mit der Nase an, um ihn zu wecken. »Liest du mir aus deinen Tagebüchern vor, Papa?«, fragte er leise.


    Kazrar
    Kazrar hatte sich müde zur Ruhe gebettet und war eingeschlafen. Das Tuch war ein herrliches, bequemes Bett. Und wie immer wenn er sich gut und sicher fühlte, ja geradezu geboren, dann träumte er auch. Meist träumt er von der Heimat. So auch diesmal, denn unabhängig davon, wie schön ein Ort auch war, sein Herz war woanders Zuhause. Kaz erwachte weil ihn jemand anstubste. Müde öffnete er eines seiner neuen Mandelaugen und musterte seinen Sohn, der wie ein kleiner Junge eines seiner Tagebücher an die Brust gedrückt hielt, als wäre es der größte Schatz auf Erden. Nun vielleicht war dem so. Für Tekuro war das Buch der Schatz, für Kazrar der große Junge der es hielt. Müde lächelte Kaz und streckte sich, dabei setzte er sich etwas auf. Er nahm das Buch an sich und klopfte neben sich, dass sich Tekuro neben ihn legte und sie gemeinsam ins Buch schauen konnten. "Welche Geschichte möchtest Du denn hören?", fragte der Arashi.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    Tekuro kroch ganz dicht neben seinen Vater, der vom Schlaf noch etwas zerknautscht aussah. Einige Strähnen seines langen Haares standen wirr aus der Frisur. Das alles gefiel Tekuro, so strahlte Kazrar Gemütlichkeit aus. »Ich weiß ja nicht, welche Geschichten es darin alles gibt. Ich kann die Schrift doch nicht lesen.« Er blätterte vorsichtig, geradezu andächtig die Seiten um. »Ich hab mir das Buch oft angeschaut, um deine Handschrift zu sehen. Ich hab mir vorgestellt, wie du die Zeichen mit einem feinen Pinsel schreibst. Zumindest sehen sie aus, wie mit dem Pinsel gemalt. Und nicht wie mit einer Schreibfeder. Hab mir deine Hände vorgestellt, wie sie eine Seite umschlagen und dein Gesicht, wenn du die Tinte vorsichtig trocken pustest.« Er schnaufte glücklich. »Lies mir bitte ein paar Überschriften vor. Welche Geschichten habe ich erwischt?«


    Kazrar
    Kaz legte einen Arm um seinen Sohn. "Die Geschichte Weggelaufen, sie handelt von Arkan und wie er eines Tages verschwunden war. Soll ich sie Dir vorlesen mein Sohn?", fragte Kazrar freundlich und fuhr mit einem Finger die Buchstaben entlang, die fast wie Zeichnungen aussahen.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    Tekuro kuschelte sich bei seinem Vater ein. Nach einer scheinbar endlos währenden Kindheit ohne Eltern, nur mit Mönchen in schwarzen Kapuzengewändern zur Betreuung, bekam er nun im Alter von 36 Jahren das erste Mal von seinem Vater aus einem Buch vorgelesen. Allein nur einmal neben ihm sitzen zu dürfen, dafür hätte der kleine Junge namens Robby alles gegeben. »Ja«, antwortete er glücklich. »Lies mir von dem Tag vor, als Arkan weglief.« Er lehnte seinen Kopf auf die Schulter seines Vaters, so dass dessen Haar über sein Gesicht hing und beobachtete Kazrars muskulösen Finger, der so sacht die Buchstaben nachzeichnete.


    Kazrar
    Kazrar nickte freundlich und küsste seinen Sohn auf die Stirn. "Dann sollst Du die Geschichte hören, die ich schrieb, damit mein Sohn daraus lernen möge", erklärte der Arashi liebevoll und fing an vorzulesen.



    Weggelaufen
    „Wie geht es ihm? Er war gestern so still“, sagte Kazrar.
    „Er war fertig Kaz, aber nichts was ein gutes Essen und ein Nickerchen nicht wieder hinbekommen hätten“, gähnte Archibald.


    Beide schauten zum bewölkten Himmel auf und Regen tropfte auf ihre Gesichter.


    „Was er sonst denkt, oder wie er etwas innerlich verarbeitet weiß ich leider nicht. Mit mir plaudert er ja nicht. Er redet meist knapp. Du bist sein Vertrauter Kazrar. Du bedeutest ihm alles“, fügte Archibald an.


    „Du hast nicht mit ihm gesprochen?“, hakte der Arashi nach.


    „Kazrar, natürlich hab ich mit ihm gesprochen. Manchmal fragt er einem Löcher in den Bauch, aber meist sagt er kaum etwas. Und auf private Fragen, hat er mir noch nie geantwortet. Ich hab es letzte Nacht erneut versucht als er in den Aufenthaltsraum kam.


    Er sagte kein Wort und hat einfach sein Essen gegessen. Vermutlich versucht er auf seine Art in die Gemeinschaft zu finden. Nur ihm fällt das ziemlich schwer. Ich hab ihm etwas von meiner Beute hingestellt, in der Hoffnung er wird es schon anrühren.


    Er hat Phasen, wo er noch verschlossen ist. Ich vermute, wenn ihn etwas an seine Vergangenheit oder seine Heimat die Grube erinnert. Oder es steckt etwas ganz anderes dahinter – ich weiß es einfach nicht. Der Einzige der so etwas wissen könnte bist Du“, gestand Archibald.


    „Wenn es seine Vergangenheit ist, muss er irgendwann einsehen, dass es nicht in seiner Macht steht, dass zu revidieren. Dann könnte ich mich auch fragen, warum man mir die Frostalben meinen Vater und Naridien meine Mutter nahm.


    Gefragt habe ich es mich oft genug, aber ich verurteile mich nicht mehr selbst.
    Ich hab es ja nicht verdient.
    Niemand verdient so etwas.


    Und er verdiente es genauso wenig dort von klein auf in bitterster Armut und im Dreck leben zu müssen. Er sollte sich selbst vergeben. Ein anderer kann es nicht“, sagte Kazrar entschieden.


    „Ich glaube nicht, dass er das jemals tut“, antwortete Archibald und schaute Kazrar auf seine ihm ureigene Art lauernd an.


    „Vielleicht liegt der Hund auch bei seinen Freuden begraben. Er hatte kaum welche und die, die er je hatte sind alle gestorben nicht wahr?“, fragte Arch.
    „Laut seiner eigenen Aussage ja, das ist korrekt“, stimmte Kazrar zu.


    „Vielleicht leidet er unter Übertragung. Das bedeutet, er gibt sich unbewusst die Schuld an ihrem Tod, folglich hat er in seinen Augen verdient, was ihm passiert ist.


    Er sagte es mal ganz seltsam und erstaunt. Er fragt sich was Du eigentlich an ihm magst, denn er wäre nicht liebenswürdig. Drösele nur das eine Wort auf. Nicht liebenswürdig – heißt korrekt übersetzt, ist es nicht würdig geliebt zu werden. Ich meine ich bin kein Hobby-Geist-Heiler oder so was, aber Dein Arkan ist eine sehr extreme Person.


    Er hat große Weitsicht für sein Alter in einigen Dingen. In anderen ist er sehr kurzsichtig, was seine Planungen angeht. Und er ist extrem gnadenlos, ähnlich wie Dunwin. Mit ihm stimmt wirklich was nicht. Du musst in seiner Nähe aufpassen, dass er keinen Unfug macht.


    Ich meine er würde Dir niemals etwas zu Leide tun, aber rede mal eine Minute zu lang mit einem fremden Kerl und sein Blick wird wirklich frostig. Eiskalt.


    Er will Dich nicht verlieren und dafür würde er alles tun.
    Er geht über Leichen, dass siehst Du ihm an.
    Vermutlich auch dann, wenn er etwas völlig falsch versteht.


    Was weiß ich, rede zu lange mit dem Metzger und lache mit dem rum über einen Witz. Dein Mann denkt Du flirtest und einen Tag oder eine Woche später kannst Du die Todesanzeige von dem Metzger lesen.


    Arkan würde Dir dazu nichts sagen. Er würde das Thema weder anschneiden, noch drauf antworten. Er muss lernen, dass Du ihm nicht wegläufst, oder dass nicht jede Person für Dich eine Bedrohung ist“, erklärte Archibald.


    „Auf den Punkt gebracht, es geht um Schuld und Sühne“, erklärte Kazrar.


    „Ja aber so kompliziert wird Arkan nicht denken.
    Banal ausgedrückt heißt die Schuld, meine Freunde sind tot und ich nicht.


    Meine Schuld ist, ich lebe noch. Denn seine selbstgestellte monumentale Aufgabe ist die andauernde Überwachung und Schutz von Dir.


    Er ist um die zwanzig und hat privat durch Hinterhältigkeit mehr Männer auf dem Gewissen als einige von uns. Ich wette drum. Er geht niemanden offen an, dass ist die Gefahr die von ihm ausgeht.


    Wenn Du zu lange mit Chirag redest, könnte es sein, dass Dupont seinen Morgenkaffee nicht überlebt. Das macht Arkan gefährlich.


    Und wenn er jemanden erledigen muss, macht er das absolut kalt.
    Es lässt ihn kalt.
    Er legt jemanden um, als schmiert er sich nur ein Brot.
    Alles ist bedeutungslos, solange er nur seiner selbstgestellten Aufgabe gerecht wird. Und die Aufgabe bist Du Kazrar.


    Ein wundervoller poetischer Mordgedanke.


    Er hat alles verloren, seine Heimat, seine Familie, jeden den er einmal geliebt hat. So ist er in der Grube gelandet. Aus Freund wurde oft genug Feind.
    Er liebt Dich, aber in Gedanken steht er für sich allein, er hat niemanden.
    Er geht davon aus, dass er Dich im schlimmsten Fall völlig allein gegen eine Übermacht beschützen muss.


    Die einzige Ausnahme bin vielleicht ich, mich würde er um Hilfe bitten.
    Den anderen vertraut er nicht. Nicht mal Dunwin“, sagte Archibald.


    „Mir vertraut er“, antwortete Kazrar.
    „Dein Kerl ist ein Macho. Und Du lässt Dir ziemlich viel von ihm bieten Kaz. Wenn Du nur für einen Moment stur bist oder zur Kratzbürste wirst, knickt er sofort ein. Er will Dich nicht verärgern, dafür liebt er Dich zu sehr. Wir sollten mal mit ihm reden“, warf Archibald ein.
    „Ehm ja, ich bemühe mich... keine Frage. Ich weiß nicht, ob das für ihn einen Unterschied macht, aber ich versuche es auf alle Fälle“, stimmte Kazrar dankbar zu.


    Gemeinsam gingen sie zurück ins Haus. Sie fanden das Quartier leer vor. Von Arkan fehlte jede Spur und die wenigen Habseligkeiten die er hatte, hatte er mitgenommen.


    „Wir haben ein Problem. Nun gut, ich habe ein Problem. Ich muss ihn jagen und zurückholen. Scheiße“, flüsterte Kazrar.
    „Ich helfe Dir, wir finden ihn. Keine Sorge. Warum macht er so was?“, flüsterte Archibald zurück.


    „Ich weiß es nicht, aber ich glaube aus Angst“, antwortete Kazrar.
    Archibald knuffte ihn.


    „Angst vor Dir? Ohne-Zahn Du bist die letzte Person die er fürchten müsste Kaz. Er gehört zu Dir, er ist Dein Kerl! Er gehört zu unserem Zirkel, er ist einer von uns. Jetzt ist Schluss mit der Scheiße! Wenn er es nicht friedlich lernen will, lernt er es auf die harte Tour. Egal wohin er sich verzogen hat. Wir holen ihn zurück. Auf geht’s“, sagte Archibald entschieden mit grimmiger Miene.


    „Wir zwei jagen ihn allein?“, fragte Kazrar.
    „Wenn wir ihn stellen, wirst Du mit ihm reden, ihn überzeugen. Im schlimmsten Fall werde ich ihn kleinkriegen“, warf Archibald grinsend ein.


    „Kommt drauf an womit, ich ziehe mich generell nicht gerne draußen splitternackt aus“, grinste Kazrar was Archibald von einem Ohr zum anderen grinsen ließ.
    "Wenn es wirkt, wirst Du es tun", lachte Archibald.



    ****



    Der Himmel über der Stadt hatte die Farbe von schwarzem Stahl. Darunter leuchtete ein Meer aus Lichtern mit einer unangenehmen grünlichen Farbe durch die Dunstwolken.


    Der nächtliche Fußgängerverkehr war ein endloser Strom aus verschiedenen Völkern und Rassen. Große Geschäfte umringten die Vergnügungskomplexe. Das letzte Mal als er auf Obenza gewesen war, war schon eine ganze Weile her.
    In einer Gesellschaft, in der Auffälligkeit nichts Besonderes war, versuchte jeder mit seine Geschäfte noch deutlicher hervorzuheben als alle anderen. Im Grunde war ganz Obenza ein Jahrmarkt.


    Auffallen war hier nicht nur Werbung, es war eine Art Lebensstil geworden. Die einen waren Meister darin, um jeden Preis aufzufallen die anderen hatten das Gegenteil gewählt und waren die Meister der Tarnung geworden.


    Für beide Bereiche gab es ausreichend Kundschaft. Vergnügungssüchtige die jeden Vergnügungstempel ansteuerten, genauso wie jene, die Gossen aufsuchten um illegale Geschäfte nachzugehen. Beides gab es auf Obenza zu Hauf.


    Arkan mochte die Kälte und die Lichter, er fand sie faszinierend. Das Licht der verschiedenen Farben strahlte auf die umgebenden Barracken. Er trat aus dem Nordeingang des Hafens auf die verregnete Straße.


    Es wurde gerade Morgen, aber die Straßen waren immer noch voll mit Leuten, Nachtschwärmern, Händlern und verlorene Seelen zu denen er sich im Moment selber auch zählte.


    Er schlenderte langsam Richtung Zentrum. Hier lagen die exklusiveren Geschäfte, Puffs und Clubs. Oder dass was man in einem Drecksloch wie der Grube als exklusiv bezeichnen würde.


    Arkan wusste, dass man sich hier sehr gut ablenken konnte. Wegen des niederprasselnden Regens zog er den Kopf ein und zurrte seinen Rucksack fest. Er watete durch die gefrierenden Pfützen auf die Schnellimbissbuden zu.


    An einer Ecke entdeckte er einen Nudelstand. Arkan drängte sich an den anderen Gästen vorbei und bestellte sich eine große Portion Nudeln. Die alte Frau hinter der Theke beäugte ihn fast traurig und reichte ihm dann eine dampfende Schale mit Nudeln, sie hatte ihm einige Fleischstücke daraufgelegt.


    Ausgehungert machte er sich über die Nudeln her. Er hatte nichts mehr gegessen, seitdem er Shohiro vor drei Tagen verlassen hatte. Er hatte es nicht gewagt eine Pause einzulegen.


    Er wusste nicht wie weit der Arm von Kazrar reichte, der von Arch reichte noch wesentlich weiter.


    Arkan hatte beschlossen fortzugehen, er konnte nicht anders.
    Kazrar bedeutete ihm alles, er war sein Mann. Er konnte ihn nur auf eine Art wirklich beschützen, indem er sich von ihm fernhielt.


    Seine Nähe brachte Kazrar nur in Schwierigkeiten. Sobald er seine Sucht besiegt hatte, konnte er zu ihm zurückkehren, vorher nicht.


    Kazrar liebte ihn, dass wusste er. Für ihn gab es nur eine Möglichkeit dies anzuerkennen – er musste sich von Kazrar fernhalten.


    Er kannte hier die Regeln, kannte Leute die sie brachen und konnte schnell zwischen diesen beiden Welten hin und her wechseln. Ein Weltenwanderer der keine eigene Welt besaß.


    Er war das Nichts, dass aus dem Nichts kam und mit nichts lebte.


    Er überlegte sich noch etwas zu essen zu kaufen, entschied sich aber dann dagegen. Wenn er wirklich verfolgt werden würde, wenn Kazrar seine Spur aufgenommen hatte, war es besser ständig in Bewegung zu bleiben. Er trat wieder hinaus in den strömenden Regen.


    Die Lichter der Buden spiegelten sich verzerrt in den großen Pfützen wieder.


    Er hörte den Lärm, konnte das Essen und die Leute riechen und hielt inne.
    Einsam.


    Das erste Mal nach einer Ewigkeit war er einsam und vermisste seinen Zirkel den Ring der Menschenfresser. Allen voran vermisste er Kazrar seinen Mann. Er vermisste Kazrar und er hatte keine Ahnung wohin er als Nächstes gehen sollte.
    Überhaupt keine Ahnung.



    ****



    Die Gruppe verließ den Hafen. Er hatte bereits die Spur ihres verlorenen Schäfchens aufgenommen. Die Gruppe war bereit und sie folgten ihm. Die Gruppe folgte der Bestie - sie folgte dem Jäger.



    ****



    Kazrar kann Dir nicht vertrauen. Er liebt Dich, der Kerl der Dich wirklich nach so langer Zeit liebt und was bist Du? Du bist eine Gefahr für ihn. Irgendwann wirst Du ihn mit Deinen Drogen-Exzessen umbringen, das weißt Du selbst.


    Das war der Grund, warum er sich aus dem Staub gemacht hatte.
    Das war seine Erkenntnis.


    Er wollte ihn beschützen. Zusammengekrümmt lag er in einem Frachtabteil, eines Schiffes um dem Regen zu entkommen und dabei war ihm eine Erkenntnis gekommen, die ihn mit Abscheu vor sich selber erfüllt hatte.


    Er wollte einfach nur noch weglaufen. Vor dem Ring, vor sich selbst und vor allem vor Kazrar.


    Aber er fand keine Ruhe.



    ****


    Ziellos spazierte Arkan durch die Straßen. Er war hungrig, er war durchnässt, es war ihm egal. Er ging an den großen Vergnügungspalästen vorbei in Richtung Süden. Der Regen hatte nachgelassen und hörte schließlich ganz auf.


    Catalin entschied sich nun doch für Westen und musste über seine Unschlüssigkeit schmunzeln.


    Der tagelange Regen hatte seine Stimmung gedrückt, nun ging er der erwachenden Stadt entgegen. Am späten Vormittag hatte er die Innenstadt verlassen und war in einem Armenviertel gelandet.


    Wieder die Grube.
    Die Grube und nochmals die Grube...


    Am Randbezirk entdeckte er ein altes Gebäude, das sehr verfallen wirkte. Soweit er erkennen konnte, beachtete ihn niemand. Aber er machte sich auch nicht mehr viel Mühe sich umzusehen.


    Es war ihm gleichgültig geworden.


    An der Eingangstür zu einem kleinen Büro zwischen einem Schnapsladen und einer Imbissbude war ein Schild angebracht.


    Fast hätte er es übersehen. Sein mündliches Asameisch war passabel, aber mit der Schrift hatte er schon immer Probleme gehabt.


    Arkan brauchte fast eine Minute, um die Zeichen zu lesen.
    Er übersetzte es mit bleicher Mann, was in gewisser Weise korrekt war… wenn man eine Leiche anschaute.


    Überall auf der Welt gab es Leute, die man für Geld jagen und erlegen konnte.


    Er war ein Kind der Grube, er war ein Menschenfresser, er würde sich eben auf seine Weise sein Fleisch verdienen. Er atmete einmal kurz durch, strich sich mit einer Hand durch sein raspelkurzes, regennasses Haar um nicht ganz so heruntergekommen und zerzaust auszusehen.


    Er würde sicher zäh verhandeln müssen, aber zur Not konnte er beweisen was er drauf hatte. Er würde den Auftraggeber schon überzeugen. Sehen Sie sich erst mal an was ich kann, das war stets ein gutes Motto.



    ****



    Sofort nach dem ersten Klopfen öffnete er ihm die Tür. Schon daher wusste Arkan, dass sie hier auf ihn gewartet hatten. Und so wütend, wie er starrte, wartete er schon eine ganze Weile.


    „Kaz…“, sagte Arkan und trat ein.
    Erst sah es so aus, als wollte er auf Kazrar zugehen und ihn umarmen, aber Arkan hielt mitten in der Bewegung inne und wartete ab.


    Dunwin und Archibald schlossen hinter ihm die Tür und postierten sich davor.


    „Wir warten hier seit insgesamt SIEBEN TAGEN auf Dich!“, fauchte Kazrar ihn an.


    „Nun eigentlich war ich noch am überlegen, vielleicht wäre ich sogar gar nicht hereingekommen…“, setzte Arkan zur Erklärung an, während ihm Kazrar einen Becher heißen Tee in die Hand drückte.


    Erst sah es so aus, als wollte Arkan seiner Erklärung noch etwas anfügen, beließ es aber dann dabei und trank den Tee.


    Kazrar musterte ihn von oben bis unten, ehe er ihm ins Gesicht schaute.


    „Du hast mich lange warten lassen. Hast Du wirklich geglaubt Du kannst einfach weglaufen? Komm her“, sagte Kazrar und machte eine einladende Geste.
    „Ich hab Dich nicht verlassen Kazrar, ich bin nur weggegangen. Zu Deinem Schutz. Ich komme wieder, aber nicht jetzt. Bitte lass mich einfach wieder gehen“, antwortete Catta und trank den Tee aus.


    „Du gehst nirgendwohin haben wir uns verstanden?
    Du gehörst zu mir, kapier es endlich!
    Arkan Du bringst mich wirklich zur Weißglut…


    Denk demnächst vorher nach. Überleg Dir mit wem Du es zu tun hast – ich bin nicht Dein Feind. Und dann frag Dich einmal ehrlich, ob Du weiter in der Weise mit mir umspringen willst“, donnerte Kazrar ihn an.


    Der Ton saß.


    Arkan zog die Luft durch die zusammengebissenen Zähne ein und atmete ganz langsam aus, während die Blicke aller Gruppenmitglieder auf ihm lagen.


    Arkan schaute Kazrar in die Augen.
    Rehbraune Mandelaugen bohrten sich in eisblaue.


    Er erwartete Hass, Aggression oder zumindest Wut.
    Aber was er in Kazrars Blick fand, ließ ihn aufgeben.
    Langsam ging er auf seinen Mann zu und umarmte ihn.


    „Verzeih mir, ich war so ein Idiot. Darf ich mit nach Hause?“, fragte Arkan.
    „Da widerspricht Dir keiner Kurzer“, antwortete Kazrar leise.


    „Von dürfen kann keine Rede sein, Du musst“, sagte Arch grantig.
    „Notfalls mit Gewalt“, warf Dunwin freundlich ein.


    „Hast Du überhaupt eine Ahnung was wir uns für Dich die Hacken abgerannt haben? Natürlich kommst Du mit!“, motzte Merna.
    „Zumal Du den Tee ja eh ausgetrunken hast… Du bist gleich sowas von gefügig. Das sollte Kazrar ausnutzen“, lachte Damir und Holzi grinste breit.


    „Ihr hinterhältigen Biester. Ich hab Euch auch vermisst. Scheiße was ich Euch Mistböcke vermisst hab“, grinste Arkan und küsste Kazrar.


    „Kazrar, da hast Du Dir echt ein Früchtchen ausgesucht…“, kicherte Harro.
    „Jau – ich hab so einen ähnlichen Geschmack wie Jesper. Gefährlich und extrem schwer zu bändigen“, prustete Kazrar und wurde von van Verling freundschaftlich geboxt.


    "Archibald ist liebevoll, fürsorglich und ein guter Ehemann. Und er ist noch nie weggelaufen!", sagte Jesper gewichtigt.
    "Von wem spricht der?", fragte Kaz, was selbst Arkan loslachen ließ.


    "Auf nach Hause Catta", sagte Kazrar liebevoll.
    "Ja ab nach Hause Mandelauge", antwortete Arkan.



    Robere Tekuro Chud-Moreau
    Tekuro hatte all die Zeit über die Augen geschlossen gehalten. Er liebte Kazrars Stimme und die Art, wie er die Worte aussprach. Wenn er sprach, war das schöner als jede Musik, es war die Melodie von Kazrars Herz, die Tekuro mit dem eigenen Herzen hörte. »Du hast für Mama gekämpft. Sieben lange Tage in Obenza warten, in einem gefälschten Ladenlokal. Hoffen, dass du richtig gelegen hast mit deiner Vermutung. Und dass er den Köder schluckt. Er hat ihn geschluckt. War er danach deiner oder lief er wieder davon?« Nervös schaute er in Richtung der Tür. Patrice und Arbogast waren nicht mehr zu hören. Er konnte nicht nach ihnen sehen, es war Tag. Er konnte nur hoffen. Er drückte sich fester an seinen Vater und verschränkte ihre Finger ineinander.


    Kazrar
    "Er lief nicht vor mir davon mein Sohn, er lief vor seinen eigenen Dämonen davon, damit diese mich nicht zerreißen würden. Arkan war eine getriebene Seele, ein Mann der den Abgrund in der Seele trug. Jenen den man einst weggeworfen hatte. Jemand der im Abgrund geboren wurde, dessen Mutter im Abgrund geboren wurde. Jemand den wir Tanjidolo nennen - Seelenschmerz. Er kannte keine Zuneigung, eine ausgestreckte Hand war eine Hand die nach ihm schlug. Hat er Dir nicht die Geschichte seiner Mutter erzählt? Die Geschichte des Messers mein Sohn? Er lief nicht vor mir weg, er lief vor sich selbst weg, aber das ist noch keinem Mann gelungen, selbst dem Schnellsten nicht. Du kannst schneller laufen als der Wind die Adler trägt, Dir wirst Du nie entkommen. Dir musst Du Dich stellen. Es geht nicht anders. Eines Tages blieb er stehen und stellte sich. Ein harter Kampf aber er gewann und seine Dämonen schwiegen, jedenfalls die stärksten verloren ihre Macht. Jene die er sich nachts in die Adern spritze um überhaupt Wärme zu spüren in einer Welt aus ewigem Eis, in der es doch nie wirklich fror oder schneite".


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    »Er hat sie getötet, seine Mutter, das weiß ich. Sie war eine Hure, gut zu den Kunden, grausam zu ihrem Sohn. Was hast du getan, damit er nicht mehr vor sich selbst weglaufen musste? Damit er blieb? Und wie lange hat das gedauert? Es ist gut, dass du ihn da rausgeholt hast, da unten, aus der Grube. Sie hätte ihn verschlungen. Und bei lebendigem Leib ... verdaut.«


    Kazrar
    "Das was ich mit Dir mache mein Sohn, ihn geliebt und gehalten. Das ist alles was ich tat, alles was es braucht, alles was man geben kann mit vollem Herzen und Seele. Und nur dann heilt die andere, Deine eigene Seele muss die Medizin seines Herzens werden. Es klingt leicht, aber es ist es nicht. Es erfordert Stärke, sehr viel Stärke liebevoll zu lächeln und die Arme auszubreiten, wenn man vor Kummer zusammenbrechen und sich den Tränen hingeben möchte. Aber Du hast die Tränen herunter zu schlucken. Es ist nur Leid, Dein Leid, schlucke sie - denn es ist sein Leben, was Du damit in Händen hältst... oder das Deine", sagte Kaz ernst und küsste Tekuro fest und innig.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    Tekuro schloss die Augen und sie versanken in Zärtlichkeit. Eine geraume Weile war nichts mehr zu hören, ehe Tekuro wieder sprach. »Ich schlucke immer alle Tränen herunter, immer. Ich muss stark sein, denn wenn ich es nicht bin ... kann es zu spät sein. Du weißt, wie krank Boldi war. Du weißt, wie auch ich immer kämpfen musste. Und nun kämpfe ich auch für euch. Meine Familie. Es geht nur um mich, damit ich für euch stark sein kann, wenn es mal um mich geht. Ich muss durchhalten, bis zum letzten Tag. So habe ich Boldi gerettet. So habe ich mich gerettet. So habe ich die Krone geschützt. So haben wir den Ältesten zurückgerufen und seine Gnade für dich erwirkt. Und so schütze ich nun euch. Aber manchmal ... da läuft trotzdem alles falsch. Mako ... er wird nicht zurückkehren. Nicht freiwillig. Ich muss ihn wieder schlagen, damit er es sich merkt, nicht davonzulaufen. Mama ist verpufft, einfach verdampft ... nichts konnte ihn halten. Es ist unerträglich, keine Macht zu haben über alles.«


    Kazrar
    "Wir werden Boldi bitten, dass er sich und seine Männer um Mako kümmert. Sie sollen ihn zurückbringen und dann wirst Du so kämpfen, wie ich es Dich gerade gelehrt habe über Arkan. Du wirst nie wieder die Hand gegen Deinen Sohn erheben, nur in aller höchster Not. Schwöre es mir!", forderte Kazrar liebevoll.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    Tekuro zuckte kurz zusammen. Schließlich nickte er, erst nur ganz zögerlich, dann deutlich. »Ich muss die Arme ausbreiten und lächeln. Ich kann gar nicht lächeln, Papa. Das fühlt sich so falsch an, wie eine Grimasse. Es wird nur ein Grinsen. Aber ich versuche es. Oder du machst das. Du lächelst Mako für uns zurück, den kleinen Haifisch. Du hast Erfahrung mit Arkan, du kannst das. Ich kann nicht glauben, dass das ausreichen soll. Man muss doch zeigen, wie wichtig es einem ist. Was man sonst bereit ist, zu tun, wie ungern man das auch macht. Ich hau ihn nicht gern. Auch Patti nicht. Aber sie hören einfach nicht ... ich war doch nett zu ihnen, oder nicht?«


    Kazrar
    "Nein das warst Du nicht, Du hast Dich abscheulich zu Deinem eigenen Fleisch und Blut verhalten, obwohl ich Dich immer und immer wieder an Bord des Schiffes ermahnt habe. Ich habe Dir gesagt und gezeigt wie Du mit ihm umgehen musst. Dass Du ihm diese Liebe zeigen musst, die Du für mich empfindest. Vergangenheit - Gegenwart - Zukunft -- Kazrar - Tekuro - Mako, so sieht es aus. Wie kannst Du mich Deinen Vater lieben? Aber Deinen eigenen Sohn verschmähen? Das geht so nicht. Wenn Du mich liebst, liebe auch ihn. Auch Du warst mir fremd, aber mein Herz wusste um Deine wahre Natur, es liebte Dich immer. Nun hast Du ein Geschenk des Ältesten gleich einen Sohn erhalten in voller Blüte. Und Dir fällt nichts anderes ein als ihm seine Dornen sprich seine Zähne zu neiden und seine Blätter auszureißen? Du bist ein so guter Sohn, aber was bist Du für eine schändlicher Vater? Warum tust Du Mako und mir das an? Warum stößt Du uns ein Dolch ins Herz, wo Du Dich selbst nach der Umarmung sehnst? Du musst niemanden zeigen was Du bereit bist zu tun. Das ist erbärmlich und lächerlich! Jene Männer, die sich privat brüsten was sie alles täten bräche der Krieg aus und privat mit Uniformen herumrennen Tekuro Chud, waren die ersten die flohen als die Frostalben aus dem stähleren Wal stiegen und unser Dorf verwüsteten. Gekämpft haben die Fischer, die Frauen, die Alten, die Schwachen, Männer wie mein Vater. Die selbsternannten Helden verschwanden im weiten Weiß der Ferne. Was willst Du mir nun sagen Sohn?", fragte Kaz streng.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    »Du hast mich mit offenen Armen empfangen. Du warst sofort da und sofort mein Vater. Mako ist ... er ist Silvanos Matrose. Sie nennen ihn noch immer Sacha und er tut nichts dagegen. Ich habe ihm so einen starken Namen gegeben ... sogar passend zu seinen Zähnen und seiner Geschichte. Ich glaube, er liebt mich gar nicht und darum kann ich ihn nicht umarmen. Bei dir habe ich es sofort gewusst. Dass wir zusammengehören, bis zum Ende. Ich bin niemand, der wegläuft, Papa. Das schwöre ich.«


    Kazrar
    "Wie sprichst Du mit Deinem Vater und zweifelst seine Worte an? Du bist der Vater, Du musst Dein Kind mit offenen Armen empfangen. Einen Namen gegeben? Du hast ihm gar nichts gegeben. Ein Name muss mit Liebe in das Herz des Kindes gepflanzt werden, behutsam durch Nähe, Geborgenheit und Liebe, wie der Same eines ewigen Baumes der Dorei, was hast Du getan? Du hast auf ihn eingeschlagen, wie soll er da Dich oder Dein Geschenk annehmen? Wie? Du läufst auch nicht weg, Du prügelst Dein Sohn vom Hof, wie es der Vater von dem Bärigen tat! Ist es nicht so? Ich erkenne keine Reue und Einsicht. Was ist mit Dir? War ich ein so schlechtes Beispiel? Nein Tekuro, nein. Das lasse ich Dir nicht durchgehen, diese Feigheit dulde ich nicht", sagte Kaz entschieden.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    »Entschuldigung«, sagte Tekuro so leise, dass es kaum zu hören war und rieb vorsichtig seine Stirn unterhalb von Kazrars Ohr gegen seinen Hals. »Ich weiß nicht, wie man pflanzt. Ich weiß nur, wie man versorgt und schützt. Boldi hatte ich nie im Arm und er verstand trotzdem. Warum versteht Mako mich nicht? Ich werde mich bemühen, Papa. Ich laufe nicht weg und ich schlage ihn nicht. Ich werde ihn umarmen. Aber was, wenn er nicht umarmt werden will? Was mache ich dann? War Arkan nie bockig?«


    Kazrar
    "Natürlich war er das! Du musst abwarten bis er bereit ist, es immer wieder versuchen, egal wie sehr er bockt, er muss wissen Du bist für ihn da. Man kann so manche Untat aus einer Seele herausstreicheln, aber nichts hineinprügeln. Und Du hast es versucht. Wir werden es erneut gemeinsam versuchen und diesmal erwarte ich von Dir, mehr Einsatz. Du musst wollen, Du musst es ihm zeigen, Du musst mit Herz und Seele dabei sein. Und sehe ich, dass Du Dich nicht bemühst Tekuro, dann ziehe ich andere Seiten auf. So geht das nicht, wir können Mako nicht verlieren, weil Du heimlich bockig bist", mahnte Kaz. "Ich sehe das doch!"


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    »Ich bin nicht bockig. Ich denke nur, dass er mich nie lieben wird. Und wenn doch ... ich muss es dir sagen. Du musst verstehen, warum. Du hast mich fressen wollen, als ich ein Säugling war. So hast du es mir erzählt und so hätte es geschehen können. Ich war hilflos, deine Beute, dein Beuteschema, das, was du magst auf der Jagd. Mein Schema ist anders. Mako ist ... verstehst du? Er ist jung, er ist stark, er ist schön. Ich will nicht ... dass er mir zu nahe kommt.«


    Kazrar
    Kazrar rieb sich die Stirn und nickte langsam. "Sohn! Beim Ältesten, sowas musst Du mir doch sagen! Manche umarmen in Liebe, so wie ich Dich. In manchen Umarmungen findet man den Tod - in Archibalds zum Beispiel. Beschreibe mir genau, was Du bei Mako fühlst, damit ich Euch beide vor einer großen Dummheit beschützen kann. Und wage Dich nie wieder mir etwas zu verschweigen. Wie soll ich Dir denn beistehen, wenn Du mich anschweigst? Wie Tekuro? Wir sind eins, sprich mit mir Sohn!"


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    »Ich sehe ihn nur kurz an. Ich bleibe auf Distanz. Wie bei einem Kameraden. Der gut aussieht. Und sich auf anregende Weise bewegt. Die Kameraden sind alle Tabu, sagt Boldi. Allesamt. Wenn ich einmal zu lange hinsehe ... gehen meine Gedanken vielleicht Wege, die sie nicht gehen sollen. Es ist da, es ist in mir. Du hast das auch. Ich will es nicht. Darum ... soll der Beißer schlafen, wenn Mako vor mir steht. Und darum ... muss er manchmal gehasst werden.«


    Kazrar
    "Zukünftig wirst Du dann gehen und mich holen. Ich werde das aussprechen, was Du nicht zu sagen vermagst. Ich werde sehen, was Du nicht anschauen kannst und ich werde die Umarmungen weitergeben, die Du nicht ausführen kannst. Das bedeutet Familie Tekuro, dazu gehört aber auch der Mut zur Wahrheit und zur Offenheit. Wir leben ein Leben jenseits der Vorstellungskraft anderer. Zwischen uns braucht es keine Geheimnisse Sohn. Weiche wenn der Beißer zu erwachen droht, schicke den Vater in Dir Deinen eigenen zu holen für eine Großväterliche Umarmung", sagte Kaz und küsste Tekuro auf den Kopf.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    Tekuro sah aus, als fiele ihm ein Stein vom Herzen, weil Kazrar ihn nicht zwang, solche Situationen zu ertragen. »Manchmal muss man doch weglaufen«, sagte er leise. »Ich werde es so machen, wie du sagst. Damit Mako nicht in Gefahr ist oder ich mich schämen muss ... wenn ich mein Spiegelbild in seinen Augen sehe. Ich hab ihn lieb, Papa ... das findet kaum Worte. Aber ich muss ihn anders lieben. Als wir beide uns. Danke, dass du das verstehst.«


    Kazrar
    "Rückzug ist keine Flucht mein Sohn, sondern Verständnis auf umgekehrte Weise. Merke Dir dass. Merke es Dir gut, denn so gab ich Dich einst weg, zog mich zurück, damit Du leben, wachsen und gedeihen konntest. Das war alles was für mich zählte. Alles was zählte warst Du", sagte Kaz leise.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    »Er darf nie vor mir liegen oder hinter mir beim Kuscheln«, sagte Tekuro leise, aber mit großem Ernst in der Stimme. »Nur neben mir. Und besser ist es, wenn jemand dazwischen liegt. Da ich mir angewöhnt habe, im Schlaf zu kuscheln, seit wir einander haben. Vorher tat ich das nie. Aber es ist schön, wenn es stimmt. Holst du bitte Patti und Arbo wieder rein? Ich will es versuchen, Papa. Und dann holen wir Mako zurück.«


    Kazrar
    "So soll es sein", sagte Kazrar feierlich und erhob sich um die beiden wieder zurück ins Nest zu holen. Dahin wohin sie seiner Meinung nach gehörten.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    Als Patrice eintrat, testete Tekuro aus, was Kazrar ihm aufgetragen hatte. Er fühlte sich grauenhaft, als er etwas die Arme ausbreitete. Wie eine Schießbudenfigur, Hohn und Spott freigegeben, wie ein Bittsteller, der um ein Fünkchen Zuneigung betteln muss. Patrice sah ihn überrascht an, dann misstrauisch. Tekuro zog mühsam die Mundwinkel ein winziges Stückchen nach oben. Gerade so weit, dass man erkannte, was das werden sollte. Patrice lächelte breit zurück, umarmte ihn fest und küsste ihn zur Begrüßung. Dann ging er an ihm vorbei zur Küche. Kurz nach ihm trat Arbogast ein. Tekuro versuchte das Gleiche noch ein zweites Mal.


    Arbogast
    Arbogast ging auf ihn zu und umarmte ihn fest. "Ich habe mich entschieden und möchte ein Beißer werden. Bilde mich aus, hilf mir den Alkohol los zu werden. Ich will kein sterbendes Wrack mehr sein, dass sich morgens kaum noch an seinen Namen erinnert und in seiner eigenen Pisse aufwacht. Ich bin es leid, ich bin mich leid. Hilf mir zurück ins Leben Teku", flehte er.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    Tekuro umarmte ihn fest und fuhr mit der Zungenspitze zärtlich durch seine Hasenscharte. »Ich hol dich zurück, Arbo. Ich pass auf dich auf. Ich hab Boldi gerettet und dich rette ich auch. Anders. Ich verspreche es dir.«


    Arbogast
    "Du hast keine Ahnung was mir das bedeutet. Auch wenn Du es nicht verstehst, Du hast mir damit einen Sinn gegeben, mehr als ich vorher jemals hatte. Für mich selbst, für mich und ich werde es schaffen", versprach Arbo.

  • Das neue Oberhaupt der Himmelsaugen



    Ciel Felicien de Souvagne
    Ciel hatte von den Domestiken erfahren, dass Chevalier Jules de Mireault samt Beleitung soeben eingetroffen war. So suchte er nach Jules im Stall, da er nicht noch länger warten wollte. Jetzt im beginnenden Winter dampften die frischen Pferdeäpfel, doch sie blieben nicht lange da liegen, bis ein Stallbursche sie entsorgt hatte. Die Rösser, die hier unterstanden, waren edle Tiere und es sollte ihnen an nichts mangeln. Ciel stellte sich so hin, dass Jules sah, dass er mit ihm zu sprechen gedachte.


    Jules de Mireault
    Jules befreite Vernon von Sattel und Zaumzeug, so wie er es immer tat. Der gutmütige, aber auch kampferprobte Riese war mehr als nur ein Streitross, er war ein jahrelanger, treuer Freund. Als Jules sah, dass es seinem großen Pferd an nichts mangelte, verließ er die Box und erblickte sogleich Prince Ciel. Der junge Prince schien auf ihn zu warten. Jules ging schnurstracks auf ihn zu und blieb knapp vor ihm stehen. "Eure Hoheit ich grüße Euch. Wie kann ich Euch helfen? Wundert Euch nicht über unser abgekämpftes Aussehen, wir sind Massimo de la Cantillion gefolgt. Er ritt wie Rakshor selbst zurück zum Palast felsenfest davon überzeugt Ihr wärt der Älteste. Hätte er einmal einen Angriff des Ältesten gekostet, hätte er nicht für eine Sekunde in diese Richtung gedacht. Nun wie kann ich Euch helfen", sagte Jules und hing den Sattel von Vernon über eine Halterung.


    Ciel Felicien de Souvagne
    »Nun, dass ich nicht der Älteste bin, scheint er inzwischen akzeptiert zu haben.« Ciel lächelte gequält. »Erst einmal willkommen zu Hause, Jules und Khawa. Ich habe etwas für Euch.« Er reichte Jules die Rolle mit der Urkunde. »Lest«, sagte er freundlich.
    https://asamura.de/viewtopic.php?f=67&t=1828#p15805


    Jules de Mireault
    "Dafür hatte sein Pferd dann ganz schön zu galloppieren. Oder besser gesagt, das Pferd seiner Frau. Ich hoffe er hat es nicht zu Schande geritten, das arme Tier ist sowas nicht gewöhnt. Aber Ihr kennt Massimo so gut und so lange wie ich. Was er sich in seinen sturen Schädel gesetzt hat, will dort so schnell nicht wieder raus. Wobei er auch ganz anders kann, wie man an den Duponts sah. Was habt Ihr da schönes für mich? Neue Befehle? Wären nicht schlecht", grinste Jules, so dass seine Narbe, seinen Mund schräg verzog. Er brach das Siegel und entrollte die Urkunde. Jules las sie einmal, ein zweites Mal und reichte sie dann leichenblass an Khawa weiter. "Lies mal", bat er seinen Mann. "Ich weiß nicht was ich dazu sagen soll Eure Hoheit. Was soll ich denn jetzt tun?", fragte Jules und Ciel sah ihn zum ersten Mal total aufgelöst. Während Khawa in die Urkunde schaute, starrte Gufo von Jules Schulter aus auf Khawa, so als würde er mitlesen.


    Khawa
    »Dich freuen«, antwortete Khawa aufgelöst und knutschte Jules. »Herzlichen Glückwunsch, das ist ein Grund zum Feiern! Als erstes solltest du ein Bad nehmen und beim Baden einen heißen Kaffee genießen«, klärte er seinen Mann auf. »Anschließend rasierst du dich und machst deine Haare neu. Danach können wir etwas essen und ich denke, den Rest des Tages haben wir frei. Da wir erschöpft sind, gehören wir ins Bett.«


    Jules de Mireault
    "Ja, ja genau, dass klingt sehr gut. Nur wo wohne ich jetzt? Und wie erfahren die anderen davon? Haben ja schon davon erfahren, ich habe es ja nicht abgeschirmt. Ich muss zum Orden, oder nicht? Ich meine ich wohne dann doch in der Ordenszentrale. Oh man, ich wohne dann dort, wo einst Parcival wohnte. Keine angenehme Vorstellung, aber nun ab heute ist es unser Zuhause Böhnchen. Du warst ja einst Leibdiener, sei so lieb und rasiere mich so, dass es kein Grund zur Klage gibt, wenn ich vor den Orden trete. Wobei Unsinn, ich bin ja das Oberhaupt, wer sollte mir Vorhaltungen machen? Aber Du kannst mich natürlich trotzdem rasieren, da habe ich nichts gegen. Ja wir haben wirklich ein Bad nötig. Wie lange sind wir jetzt unterwegs? Eine Ewigkeit. Eine Frage Herr, warum habt Ihr die Beißer mitgenommen?", fragte Jules und nahm Khawa die Urkunde wieder ab um sie erneut selbst zu lesen.


    Ciel Felicien de Souvagne
    »Heute müsst Ihr nirgendwo hin. Wie Khawa sagte, kommt erst einmal in Ruhe an und erholt Euch. Es genügt vollkommen, morgen den Orden über alles zu informieren und bei einer Ansprache kann Euch einer der Schreiber helfen, die müsst Ihr Euch nicht zwangsläufig selbst überlegen. Freut Ihr Euch?« Ciel sah den Chevalier aufmerksam an. »Eure Wohnung ist der Tempel der Himmelsaugen in Beaufort. Was die Beißer anbelangt, so gehören diese nun fortan zu uns. Ich habe sie als meinen persönlichen Stab rekrutiert, von Dunwolf und Archibald abgesehen.«


    Jules de Mireault
    "Ja das wäre auch seltsam, hättet Ihr den Ältesten im Stab der jeden aussaugt und meuchelt. Ich werde keine verbale Ansprache halten, sondern ohne jede Abschirmung zu meinen Brüdern und Schwestern sprechen Herr. Ich werde im Eins-Sein zu ihnen sprechen, zu ihnen denken und fühlen Herr. Ihr seid eingeladen es zu erleben, da Ihr Magier seid", bot Jules glücklich an. "Ich werde die Ehre zu schätzen wissen, anders als Parcival. Ich liebe mein Land Herr, zwischen uns soll es keine Geheimnisse geben. Aber so sehr ich Souvagne liebe, einst war ich sogar trotzdem bereit, Euch und die Krone zu verlassen. Ob ich draußen in der Fremde klar gekommen wäre, ohne den Orden, ohne das Eins-Sein - den Schwarm, ich weiß es nicht. Aber ich hätte es versucht für Khawa, damit er überlebt. Das ich das nicht musste, verdankte ich ebenso Eurem Vater, wie Khawa seine Freiheit. Das sollt Ihr wissen, bevor ich das Amt antrete. Ich kann Euch jedenfalls nicht verdeutlichen, wie froh ich bin, dass ich in meiner mir angestammten Heimat bleiben durfte. Ein Souvagner bleibt immer ein Souvagner nicht wahr? Gleich wo er ist, egal wie weit von der Heimat entfernt. Andere verreisen um sich die Welt anzuschauen, wir verreisen um festzustellen dass es Zuhause am schönsten ist. Da fällt mir ein, werde ich ebenfalls ein Drachenhuhn oder Prachtadler erhalten? Es könnte sein, dass ich ebenso auf ein solches Tier zugreifen muss. Könntet Ihr veranlassen dass ich ein derartiges Tier erhalte?", bat Jules.


    Ciel Felicien de Souvagne
    »Sicher werdet Ihr das, ich werde dafür mit meinem Schwager sprechen. Linhard ist ja für die Zucht dieser Tiere zuständig, auch wenn er kaum selber vor Ort ist, aber er ist der Eigentümer und sorgt dafür, dass sich die geeigneten Leute darum kümmern. Jules, bevor Ihr solchen Unfug veranstaltet - redet mit mir. Khawa ist manchmal schneller im Handeln als im Denken und hinterher fällt ihm ein, dass er auch jemanden hätte um Rat fragen können.« Khawa grinste und bekam rote Wangen. »Jedenfalls«, fuhr Ciel fort, »wäre ich glücklich darüber, bei der Ansprache Gast sein zu dürfen. Wann möchtet Ihr sie halten?«


    Jules de Mireault
    "Da habt Ihr wohl Recht. Wir hatten Angst, dass der Duc um des Friedens Willen Khawa vielleicht an Tarkan ausliefert. Also das war so Herr. Der Zwerg..", erklärte Jules und spuckte einen Batzen Rotze aus, "...stand plötzlich vor unseren Toren. Tarkan wurde herbeigerufen. Der Fürst Lerydima traf ein und es ging um die Friedensverhandlungen der gesamten Region. In Tarkans Augen ist Khawa ein Verräter. Euer Vater muss in dem Moment global denken. Die gesamte Region im Frieden vereinen? Dazu gehört, dass die Zwerge sich mit den Rakshanern aussöhnen und mit dem Rest des damals noch bestehenden Kaisho Abkommens einen Frieden aushandeln. Euer Vater war Vermittler. Nun war mein Problem, was wenn Tarkan Khawa verlangt hätte? Aus Rachegelüste? Einfach so? Hätte Euer Vater das rigoros abgelehnt, da Khawa nun Souvagner ist? Oder hätte Euer Vater gesagt, dieser eine Mann, dieser Ex-Rakhaner geht an Tarkan. Sonst könnte Tarkan sagen, wenn Ihr mir nicht einmal einen Verräter aushändigt, brauchen wir über weiteres nicht verhandeln. Ich kenne Euren Vater als ehrlichen aufrichten aber auch harten und geradlinigen Mann wenn es sein muss. Wie hätte er entschieden? Pro Khawa und contra dem Rest, da es Souvagne gleich sein konnte, ob die anderen sich weiter die Schädel einschlagen? Oder hätte er weiterhin versucht, den Frieden zu vermitteln, als neutrale Person? Ich hatte Angst, dass er Khawa für ein höheres Wohl in den Tod schickt. Die Entscheidung wäre einleuchtend, für jeden. Sogar für mich, vielleicht sogar für Khawa. Aber trotzdem hätte ich es nicht zulassen können. Er ist der Mann den ich liebe. Und was habe ich als Privatperson mit den Problemen der Zwerge, Rakshaner oder sonstigem Gesindel zu tun? Nichts! Kein Souvagner hat das und soll es je haben. Darum wäre ich mit Khawa geflohen, damit er lebt und nicht für die Idee eines Zwerges, Kaishos oder sonst wem stirbt. Wie lange unsere Flucht gedauert hätte, vermag ich nicht zu sagen. Vermutlich nicht lange, dann hätten mich meine Brüder und Schwestern aufgespürt. Es sei denn ich hätte nie wieder im Leben Magie genutzt und mich gesichert. Aber das wäre so als würde man mir die Sinne rauben. Versteht Ihr was ich bereit war zu opfern? Alles einschließlich mich. Aber ich musste es tun, er ist mein Mann", erklärte Jules ausführlich. "Ich möchte morgen früh die Ansprache halten Herr, wenn der neue Tag beginnt, dass ist doch eine schöne Zeit für einen Wechsel. Den Tag mit etwas gutem beginnen", sagte Jules.


    Ciel Felicien de Souvagne
    »Ein gutes Vorhaben, aber bitte vergesst nicht, mich auch zu kontaktieren. Auch in solch einem Fall kann man zumindest mit mir reden, vielleicht hätte ich ja Interesse daran gehabt, dass Ihr unterwegs nicht verhungert. Jules, ein wenig mehr Vertrauen nach all den Jahren. Immer kann ich nicht helfen, aber dass ich es nicht zumindest versuche, kann man mir wahrlich nicht vorwerfen. Wo Ihr schon einmal hier seid - ich habe nach dem Himmelsauge Aurelien gesucht, kann ihn aber nicht finden. Könntest du ihn bitte kurz suchen?«


    Jules de Mireault
    "Herr Ihr seid nicht nur "ein kleiner Kerl" für mich gewesen, der unter unserer Obhut erwachsen wurde, Ihr wart und seid auch ein Freund für mich. Mehr sogar, aber glaubt mir, wenn Ihr einmal kopflos seid, dann fallen Euch die einfachsten Lösungen nicht ein. Und mir viel gar nichts mehr ein, außer weglaufen. Und weglaufen Herr, war noch nie für irgendwas eine Lösung. Ich hätte mit jedem Kollegen sprechen können, mit Euch, aber ich sprach mit niemanden aus Angst. Nicht das ich Euch nicht vertraue, soweit habe ich schlichtweg da nicht gedacht. Und das ich einmal so kopflos sein könnte, weil ich verliebt bin, Herr Ihr könnt mich viel planen lassen. Aber das ich mich ausgerechnet auf meine alten Tage noch einmal verliebe und dann derart und in einen Rakshaner? Hättet Ihr das geglaubt, hätte Euch das einer erzählt? Seid ehrlich, nein. Seht Ihr, ich auch nicht. Aurelien, ich rufe nach ihm", sagte Jules und schloss für einen Moment die Augen. Dann öffnete er sie wieder und schaute Ciel verwundert an. "Er ist gerade auf der Choucas eingetroffen, da er dort Patrice abholen soll. Aber Patrice ist nicht dort. Wie üblich und sein Ansprechpartner ist auch nicht dort - Chevalier Jaques de Dusolier. Scheinbar scheint jeder zu verschwinden, den er sucht", antwortete Jules und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.


    Ciel Felicien de Souvagne
    »Oh, dieser Auri«, stöhnte Ciel gequält. »Natürlich ist Patrice nicht auf der Choucas, weil er hier ist, am Hof!«


    Remy de Remuer
    In dem Moment drängelte sich jemand sehr entschieden in die Frequenz, die Jules gerade benutzte, um mit Aurelien zu kommunizieren. Jules spürte eine große Nervosität und Aufgebrachtheit, aber auch Wut. ›Hier Remy!‹, krähte es in seinem Kopf. ›könnte mir bitte IRGENDEINER mal sagen, wo alle hin sind?! Ich warte hier seit über einer Woche auf dem Schiff, die Princen Ciel und Linhard sind weg! Der Kapitän auch, genau wie sein Stellvertreter! Ich will nach Hause!‹, jammerte und wütete es zeitgleich.


    Jules de Mireault
    `Hallo Remy, zur Zeit befindet sich bei Dir Aurelien an Bord. Bitte nimm Dich seiner an. Er wollte Pattrice abholen, aber der ist nicht mehr da. Sondern bereits hier im Palast. Zudem ist auch sein Ansprechpartner Jaques de Dusolier scheinbar verschwunden, was Du gerade bestätigst. Sei so gut, schnapp Dir Auri und komm heim´, bat Jules.
    "Herr Remy ist ebenfalls vor Ort, ich habe ihm aufgetragen, dass er sich Auri schnappt und gemeinsam mit ihm zurückkehrt. Sonst kommen da beide noch um, wenn sie auf einem leeren Schiff hocken. Oder sie kommen auf dumme Gedanken", grinste Jules.


    Remy de Remuer
    Bevor Ciel antworten konnte, dröhnte es in Jules Kopf. ›Und wie soll ich das bitte anstellen? Die Cockatrices sind weg und ich habe zufällig keine Pferde mitgenommen, als ich wider Willen in See gestochen wurde! Ich wollte diese sinnlose Reise nicht! Ciel ist schuld, er soll uns dreien eine Kutsche schicken, meine Kutsche, die gepolsterte mit der guten Federung.‹


    Ciel Felicien de Souvagne
    "Oh, habe ich ihn da etwa vergessen?", fragte Ciel unschuldig.


    Jules de Mireault
    "Herr Remy verlangt eine geplosterte Kutsche und Abholservice, was sagt Ihr dazu?", lachte Jules.


    Jules de Mireault
    "Falls Euer Vater einen Prachtadler hat, dann könnte ich mir ihn ausleihen und die beiden Sturköpfe abholen", bot Jules an.


    Ciel Felicien de Souvagne
    Ciel zog amüsiert die Brauen hoch. "Hm, ich würde seinen Wunsch gern ausschlagen. Aber ich bin ja kein Unmensch, schließlich können Aurelien und Maurice nichts für meinen Zwist mit Remy. Wenn Ihr möchtet, könnt Ihr die drei gern abholen, ansonsten veranlasse ich, dass man sie mit der Kutsche holt."


    Jules de Mireault
    "Wenn Ihr erlaubt, dann hole ich die Drei ab. Warum auch immer Aurelien so eine Aura der Vertreibung hat. Und wir sollten in Erfahrung bringen, wo Jaques de Dusolier ist. Sein Vater ist einer unserer Grand Admirale, dass wäre nicht schön, wäre er verschwunden. Ich vermute eine Hafenkneipe und er ist dabei zwei Berge zu erkunden, oder tiefe Täler, oder nunja Ihr wisst schon", grinste Jules.


    Ciel Felicien de Souvagne
    "Es scheint ja die halbe Mannschaft verschwunden zu sein oder sogar die Ganze, wenn ich mir das so anhöre." Er schmunzelte. "Nehmt Pom-Noir, den schwarzen Prachtadler meines Vaters, und bringt die drei Unglückswürmer wieder nach Hause."


    Jules de Mireault
    "Vielleicht wurden sie beurlaubt von Jaques? Das wäre möglich, dann können wir nichts dagegen sagen. Nur er hätte etwas den Dreien sagen müssen. Ich hole die Unglückswürmer ab Herr", antwortete Jules und wandte sich mental an Remy. `Remy ich hole Dich, Maurice und Aurelien gleich mit dem Prachtadler ab. Sieh bitte zu, dass Aurelien nicht wieder irgendwem nachreitet, sondern vor Ort bleibt. Bleibt auf dem Schiff, bis gleich´, übermittelte Jules.


    Remy de Remuer
    'Das kannst du dem doch selber sagen, wir drei sind gerade gekoppelt', feixte Remy, überglücklich, wieder nach Hause zu können. Der ganze Schwarm wurde von seinen Glücksgefühlen geflutet, als er seine gute Laune mit den anderen Himmelsaugen teilte. Sogar der unglückselige Aurelien.


    Jules de Mireault
    `Ja dann hat er es doch gehört, Auri bleib bei Remy, egal was passiert, egal was er gerade macht und egal mit wem´, lachte Jules mental und brach die Verbindung ab.

  • Mönch, Heiler und andere Chaoten



    Davet la Caille
    Santo hatte Davet gebeten, sich um die Abholung des Mönchs zu kümmern. Sie wollten alle gemeinsam in See stechen und auch Vanos Eltern sollten mit. Santo freute sich darüber, dass Vano seinen Mönch aus dem Tempel des heilsamen Wortes mitnehmen wollte. Es war ihm also ernst damit, gesund zu werden. Aus dem Grund scheute sich Santo auch nicht, den Mönch gesondert zu bezahlen. Denn im Grunde war das nicht ein Urlaub, sondern eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung seines Patienten. De Mancini erhoffte sich bei der Kombination Schiff, Meer, See und Mönch, dass es Vano schon sehr bald wieder besser gehen würde. Gerade wo er aufgetaut war und sie ein dermaßen gutes Verhältnis hatten, wie noch nie zuvor. Den Ehemann von Vano hatte er leider noch nicht ausreichend kennengelernt, aber Santo hatte beschlossen, das auf dem Schiff nachzuholen und vielleicht das eine oder andere Bier mit Boldi zu heben. Zumal Davet stets gut von dem Mann sprach. So war es auch Davet der gebeten wurde, den Mönch abzuholen, damit sie gemeinsam mit dem Mann Gottes alles für die Abreise vorbereiten konnten. Und soweit kannte Santo seinen Schützling auch, wenn Boldi und Davet den Mönch anschleppten, entschied sich Vano nicht in letzter Minute um. Somit ging der Auftrag den Robenträger abzuholen an Davet und Boldi. La Caille kannte Santo schon zig Jahre, auch wenn sie sich eine lange Zeit nicht gesehen hatten. Gut gelaunt marschierte er zu Boldi, drückte und küsste ihn zur Begrüßung und zog ihn zur Seite. "Wir sollten den Mönch des Heilsamen Wortes aus Beaufort abholen. Sein Name lautet Pietro, Pietro Bustozzi und er ist wohl schon etwas älter. Santo möchte, dass wir ihn abholen, dann stellt Vano keine Fragen. Und einen Heiler mehr an Bord zu haben, schadet nicht. Lust mit nach Beaufort zu kommen?", fragte Davet gut gelaunt.


    Boldiszàr
    »Ich mag keine Mönche«, murrte Boldiszàr. Anstatt auf die Frage zu antworten, betrachtete er Davet eine Weile stumm. Bis vor wenigen Wochen noch war er der Überzeugung gewesen, den Rest seines Lebens ohne Partner zu verbringen. Nun war er verheiratet und es gab noch einen dritten Mann in ihrem Bunde. Das anfängliche Fremdeln von Boldiszàr hatte sich etwas gelegt, nachdem er und der Neue das erste Mal Zeit zu zweit verbracht hatten, ohne Vano. Er mochte Davet, keine Frage. Er schob die Hand in Davets Bart hinein, als er sich noch einen zweiten Begrüßungskuss holte. »Aber ich komm trotzdem mit. Ich will sehen, wer Vano behandelt.«


    Davet la Caille
    Davet erwiderte schmunzelnd wie auch liebevoll den Blick und genauso küsste er Boldiszar auch mit. "Was ist los? Warum so ein melancholischer Blick? Ist alles in Ordnung mit Dir, oder worüber denkst Du nach Bold? Ich denke manchmal über meine Hand nach. Hast Du das auch? Sprich denkst Du auch über Deine Wange nach? Den Haken abzulassen, war ein guter Rat. Jedenfalls für eine Weile. So ist es schon besser geworden. Trotzdem komme ich mir ohne Haken vor, wie ein Adler ohne Krallen. Wo ich von Adlern spreche. Wollen wir mit einem Tier fliegen? Dann ist es leichter. Und wir können ja etwas außerhalb landen und zwischendurch noch etwas essen. Was hast Du gegen Mönche? Ich kann Dir nichts zu ihnen sagen, ich kenne persönlich keinen, um mir ein Bild von ihnen machen zu können. Aber Du hast Recht, mich interessiert auch, wem Silvano da seine Seele völlig offenbart. Hast Du etwas gegen Kinder? Ich frage wegen Bevis und weil er viel Zeit bei uns verbringt. Auf der Fahrt würde ich ihn genauso mitnehmen. Falls er Euch stört, bleibt er auf der Aquila. Wie stehtst Du zu ihm? Vielleicht nützt es Dir etwas, wenn Du weißt, dass er ein Waise ist wie Du. Seine Mutter zog ihn alleine groß. Sie arbeitete auf einem Handelsfrachter und ging bei hoher See über Bord, genau wie er. Sie ist vermutlich ertrunken", antwortete Davet und hakte sich bei Boldi ein. Er mochte den harten, festen und gewaltig breiten Körper von Boldi. "Ich mag Dein breites Kreuz", grinste Davet.


    Boldiszàr
    »Du weißt, wie hoch die Gewölbe eines Tempels sind. Nun stell dir einen kleinen Jungen vor, der da von Fremden hineingestellt wird, nicht weiß, wo er ist, wo seine Eltern sind und was überhaupt los ist. Diese unsagbar hohen Wände sehen aus, als würden sie jeden Moment auf ihn einstürzen. Männer in schwarzen Kutten beugen sich über ihn, ihre Gesichter in Schatten, er sieht nur schmale Münder, die nie lächeln. Die Mönche des Ainuwar sind die einzigen Erwachsenen, mit denen er zu tun hat. Sie behandeln ihn anständig, aber von ihnen geht keine Wärme aus. Er will sie nicht umarmen, obwohl es die einzigen Erwachsenen sind und sie auf ihn aufpassen. Er hat entsetzlichen Respekt vor ihnen. Bis hin zu Angst. Noch heute erinnern mich Mönche an diese Zeit. Ich mag weder Mönche noch Tempel. Und ich verstehe nicht, wie manche Trost im Glauben finden können. Vielleicht habe ich aber auch nur einfach besonders schlimme Exemplare erwischt.« Er griff nach Davets Stumpf und liebkoste ihn mit seiner dicken, klebrigen Zunge. »Ich versuche, nicht an mein Gesicht zu denken. Ich habe eine Zeitlang versucht, mich nur nach Gefühl zu rasieren, aber ob ich die Narbe nun im Spiegel sehe oder ertaste macht keinen Unterschied. Es ist eben, wie es ist. Letztlich hätte Silvano mich ohne diese Entstellung vielleicht nie angesprochen und wir uns nie wiedergetroffen.« Er zog den Arm um sich herum, so dass Davet ihn umarmen musste. »Ich mag Kinder nicht sonderlich, aber Bevis stört nicht. Er kann ruhig mitkommen. Er ist weniger nervig als andere Kinder.«


    Davet la Caille
    Davet drückte Boldiszar beim Laufen fest an sich. "Das hast Du sehr gut und bildlich beschrieben. Sie versuchen vermutlich das Abbild Ainuwars zu sein, stets neutral, weder gut noch böse, weder freundlich noch abweisend. In so einem Glauben und in so einem Orden würde ich auch keinen Trost finden können Bold. Von jedem Ainuwar Mönch und Priester geht irgendwie etwas Bedrohliches aus, selbst wenn sie einem nichts tun, sie sind lebende Vanitas-Bilder. Sie erinnern uns an unsere eigene Vergänglichkeit, zeigen uns unsere Sterblichkeit auf mit einer Rationalität die an Brutalität grenzt. Und bei einem Kind seelische Grausamkeit sein muss. Gleichgültig welcher Neutralität sie sich verschrieben haben, wie gut sie es meinen, oder was ihre tatsächlichen Beweggründe sind, ein Kind braucht Zuwendung. Und nichts drückt Zuneigung mehr aus, als eine liebevolle Umarmung. Wir reden hier rein von "ich hab Dich lieb", sowas hier", erklärte Davet. Er blieb stehen, nahm Boldi ganz fest in beide Arme und drückte dessen Kopf an seinen Oberkörper, dabei dachte er daran, wie sehr er Boldi mochte und versuchte ihn dies spüren zu lassen. Als er ihn wieder freigab, küsste er ihn auf den Kopf. "Der Orden war der falsche vermute ich. Es gibt doch so viele Orden, die sich ganz anderen Werten verschrieben haben, da fragt man sich, wieso die Mönche Ainuwars ein Kinderheim leiten müssen. Und Trost im Glauben zu finden ist schon schwer. Du wirst Dich das Gleiche gefragt haben wie ich als Kind, wo war Ainuwar denn als ich ihn am dringensten brauchte? Nicht da. Und wer braucht so einen Gott, der so neutral ist, dass er nicht mal jenen zur Hilfe eilt, die zu schwach dafür sind? Er tut nichts, also warum sollte ich etwas für ihn tun? Ich glaube als Mensch kann man mehr tun, wenn man selbst einfach anständig zu anderen ist und ein bisschen hilft. Mag komisch klingen, weil das ein Pirat sagt, aber jene die mich begleiten, sind auch jene die mir den Hintern retteten. Und so retten wir uns gegenseitig und halten uns über Wasser. Ich mag Deine Narbe, sie gehört zu Dir und ist ein Marker. Ein gewaltiger Marker Deines Lebens, aber ein Bart würde Dir trotzdem sehr gut stehen. Bevis ist ein lieber Knirps und sehr fleißig, er wird Dir nicht dumm kommen. Falls er Dich mal nervt, schick ihn bitte einfach weg, schlag ihn nicht, brüll ihn nicht an. Sag ihm einfach er soll sich verkrümeln", bat Davet.


    Boldiszàr
    »Gut, ich lang ihm keine. Aber er muss sich benehmen, jeder muss das. Ich lass mir nicht von Bevis auf der Nase rumtanzen. Sherkal hat dich echt gerettet? Sherkal? Kaum zu glauben. Er wirkt nicht gerade wie ein netter Kerl, sein Lächeln hat was Unangenehmes. Das mit den Mönchen hast du gut erklärt. Sie wollten vermutlich gerecht sein und das waren sie auch, so gerecht und Präzise wie ein Apparatus. Alles war genau durchgerechnet, die wenigen Essensportionen. Und darum wollten sie mich verhungern lassen, um nichts zu verschwenden, da sie der Meinung waren, ich würde ohnehin nicht durchkommen.« Er genoss die Wärme, die von Davet ausging und schloss die Augen, um ihn mit allen anderen Sinnen spüren zu können. Davets Wärme drang durch seine Kleidung, er roch seinen Körperduft und das Sandelholz in seinem Haar, spürte den rauen Mantel und den harten Körper darunter. Boldi sah auf und schaute Davet tief in die Augen. »Ich glaub, ich liebe dich«, stellte er leise fest. »Ich bin gespannt auf den Mönch, der Vano kuriert. Ich stelle mir vor, dass er mit Abakus und Rechenschieber vor ihm sitzt und ihm ein Diagramm erstellt, um ihn mit Zahlen und Fakten vom Mehrwert eines gesetzestreuen Lebens zu überzeugen.«


    Davet la Caille
    Davet antwortete nicht auf die Äußerung, dass Boldi ihn liebte, sondern küsste ihn erneut, aber diesmal auf den Mund. "Eine Maschine arbeitet immer im gleichen Takt, sogar Schönheit beruht auf Mathematik und zwar dem Goldenen Schnitt. Symmetrie um genau zu sein. Stell Dir vor, Du siehst von einer Person eine Gesichtshälfte. Du findest das Gesicht unheimlich schön. Die andere Hälfte ist verborgen. Zeigt man Dir nun die andere Hälfte und das zweite Auge der Person wäre minimal tiefer, der Mundwinkel anders, das Ohr anders, wäre sie schlagartig von wunderschön in die Kategorie - hässlich abgerutscht. Warum? Die Symmetrie ist nicht mehr gegeben. Symmetrie bedeutet Gesundheit im Tierreich wie bei uns Menschen. Das gleiche Spiel erneut. Diesmal offenbart sich bei der zweiten Gesichtshälfte - dass sie absolut identisch ist mit der anderen schönen Gesichtshälfte. Eins zu eins gleich. Von Schönheit schlägt Dein Gefühl nun um in Angst. Es ist so genau, so perfekt, es kann nicht echt sein. Was sagst uns das Bold? Wenn man etwas zu perfekt gestaltet, so arbeitet wie eine Maschine, so handelt wie eine Maschine, liegt in dieser Perfektion - keine tatsächliche Perfektion - sondern ein Mangel des Unnatürlichen. Jedes natürliche Geschöpf, benötigt einen kleinen Fehler um es menschlich oder lebendig erscheinen zu lassen. Optisch wie auch im Gefühl. Eine Person die sich verhält wie ein Goblinkonstrukt ist unheimlich wie ein Automat. Ein Ainuwarpriester der mal schmunzelt, ist ein sehr ernster Mensch in einer düsteren Kutte und einem traurigen Orden, aber er wäre ein Mensch. Aber vielleicht wollen sie das gar nicht sein. Ihre Logik jemanden nicht zu helfen, der es vielleicht nicht übersteht, hat die Logik eines Feldarztes. Auch er muss entscheiden wo er das Skalpell ansetzt und wo er vorbei geht, denn er darf seine Fähigkeiten nicht verschwenden. Ich würde als beides nichts taugen, denn ich könnte bewusst niemanden hungern lassen, weil ich davon ausgehe er schafft es nicht. Das Leben hat schon ganz anderes vollbracht als Dich und mich durchzubringen Boldi. Da kann mir kein Mönch was erzählen. Und würde dieser Mönch mit einem Rechenschieber vor Vano sitzen und ihm eine Predigt halten, wüsste ich wir sind gerade unterwegs zu einer sehr kalten Leiche. Vano ist zu Dir und zu mir eine völlig andere Person als zu vermeintlichen Feinden. So lieb er zu uns ist, so fürsorglich oder manchmal - verzeih - treudoof, so unnachgiebig und knallhart ist er zu Feinden. Er ist wie ein alter Bluthund, einmal die Fährte aufgenommen, bringt ihn nichts von der Spur seiner Beute ab. Wenn er seine Beute nicht verfolgt, ruht er nur aus. Glaub mir, die Jagd geht irgendwann weiter, es sei denn Du oder ich können ihn zurückpfeifen. Oder er sich selbst, was ich hoffe", sagte Davet und musterte Boldi ganz genau. "Ich schulde Dir eine Antwort, ich liebe Dich auch. War nicht beabsichtigt, aber Vano wählt weise und er hat mit Dir erstklassig gewählt Bold. Ich denke das stört nicht, im Gegenteil es schweißt uns fester zusammen. Und notfalls teile ich mit Euch mein letztes Brot, dass sollst Du wissen", sagte la Caille glücklich.


    Boldiszàr
    Boldiszàr hielt Davet glücklich fest. »Dann lieben wir uns jetzt alle drei. Schönes Gefühl. Das wird auch Vano spüren und es wird ihm guttun. Wegen Bevis mach dir keine Gedanken, der Kleine stört wirklich nicht und vielleicht mag ich ihn auch irgendwann mal. Ich hatte nur bislang nichts mit Kindern zu tun. Jetzt lass uns den Mönch abholen - Süßer.« Er grinste.


    Davet la Caille
    "Bevis arbeitet oft und viel, er hat sich so seine Schuhe verdient. Also wenn Du ihm was zustecken möchtest, gib ihm eine Aufgabe. Irgendwas, was passt. Oder etwas was Du nicht magst, aufräumen oder so. Dann fühlt er sich ernst genommen und verdient seine Taler. Er macht seine Arbeit immer ordentlich, dass schwöre ich Dir. Stimmt, wenn man weiß dass man geliebt wird, ist das ein ganz anderes Gefühl, Du bist der zweite in meinem Leben, der das zu mir sagte Bold Schätzchen. Und Du hast jetzt zwei die Dich betüddeln, das ist doch nicht schlecht oder? Zwei die es nur gut mit Dir meinen. Wobei das habe ich vorher auch schon, allerdings um zwei Ecken, für Vano. Jetzt ist es für Dich selbst. Ich bin gerne mit Dir zusammen, mit Dir kann man über alles in Ruhe reden, egal wie verrückt das ist. Liest Du gerne, wenn ja was? Ich verrate Dir was ich lese und Vano ist damit einverstanden. Schundromane, lach nicht, ich lese Euch daraus vor. Keine Widerrede, die sind echt interessant, manchmal witzig und manchmal ziemlich heiß. Ja holen wir den Mönch ab. Benötigt so ein Mönch irgendwas? Nun wobei da muss er selbst dran denken", grinste Davet und ging gemeinsam mit Boldi zu ihren Prachtadlern. "Welche Farbe der Herr?", fragte la Caille und kraulte Boldi den Nacken.


    Boldiszàr
    Boldis Augen fanden sofort ihr Ziel. »Ihn.« Er zeigte auf den schwarzen Prachtadler mit den blau schimmernden Flecken. »Das ist ein Bovier, eindeutig. Er wird uns zuverlässig ans Ziel bringen. Du darfst vorn sitzen, weil ich keine Ahnung habe, wie man die Biester fliegt.« Er sattelte das Tier und half Davet beim Aufsteigen und Festgurten. Ganz nah rutschte er an ihn heran und hielt ihn von hinten. Mit der Nase wühlte er sich wie ein Wildschwein durch Davets Locken, bis er seinen Nacken fand und küsste ihn. »Nicht schlecht ist gut ... es fühlt sich schön an. Einfach nur schön. Wobei, ihr seid nicht nur zwei, ihr seid drei, den Robby darf man nicht vergessen, auch wenn er ein viel beschäftigter Mann ist. Bücher lese ich gar keine. Hatte ich nie Zeit und Nerv für. Während du vorliest, können wir kuscheln, das wird es erträglicher machen. Was ist dein Lieblingsautor und dein Lieblingsbuch? Ich sag dir, was ich an dir mag. Äußerlich alles, von deinen ganzen braunen Haaren überall über deine Narben bis hin zu deinen ellenlangen Beinen und deinen freundlichen Augen. Und innerlich ... eigentlich genau so alles.« Er guckte misstrauisch. »Du musst doch irgendwas an dir haben, was ich nicht leiden kann. Nah, mir fällt schon noch was ein. Ich mag auf jeden Fall deine Weitsicht, deine Geduld, deine Klugheit, die schon fast Gerissenheit ist, aber auch Weisheit. Deine Erklärungen genau wie deine lieben Worte. Deine Härte, die wie Stahl sein kann, aber du bist nur dann stahlhart, wenn du es sein musst. Nie mehr, nie weniger. Irgendwie scheinst du immer alles richtig zu machen.« Er schnaufte glücklich.


    Davet la Caille
    Davet drehte sich halb zu Boldi um und schaute ihn verlegen an. "Mir hat eine Ewigkeit keiner mehr etwas derart Schönes gesagt, Danke. Der Trick ist ganz einfach, gleich wie blöde, gefährlich, seltsam oder sowie die Situation auch ist, überlege einen winzigen Moment. Wie würdest Du behandelt werden wollen? Was würdest Du Dir wünschen? Welchen Rat würdest Du brauchen? Genau das machst Du mit denen die Dir nahe sind und vor allen mit denen die Du liebst. Ich habe vielleicht das Erbe meines Vaters, die Art um zig Ecken denken zu können, aber wo er in der Dunkelheit um zig Ecken Deinen Mord planen würde - da plane ich Deine Rettung. Das Querdenken ist nur ein Werkzeug, wie die Magie, wie ein Hammer. Was Du damit machst, ist Deines. Genau wie Du, Du könntest ziemlich viel Schaden anrichten, als Gangsterkönig auf Skille, in Obenza oder sonstwo. Du bist klug, gerissen, clever und kannst brutal sein. Was hält Dich davon ab? Nichts Bold, außer Dein Wille und Dein Gefühl, was für Dich das richtige ist. Das was ich zuviel und zu kompliziert denke, denkst Du auch, nur in einfachen Bahnen. Von A - nach B - ist Boldi. Ich gehe von A nach D nach Q nach J und gucke bei L und irgendwann komme ich nach B. Wer von uns beiden hat Recht? Wir beide. Schlichtheit ist oft die Krone der Schöpfung, oft muss man sich auf etwas fokossieren um sein Ziel zu erreichen. Da muss ich kämpfen, Vano kann es knallhart. Beispiel Farisin. Farisin haben meinen Mann getötet. Ergo alle Farisin umbringen. Thema durch. So ähnlich denkst Du auch. Nur bis zum Thema durch... da kommt dann die lange Latte. Ich überlege mir den Rattenschwanz einfach schon vorher. Drum wir ergänzen uns perfekt. Was ich an Dir liebe. Optisch. Lass Dir doch mal einen Bart wachsen, fang mit einem Dreitagebart an. Das würde Dir super stehen, vor allem weil Du schwarze Haare hast. Dein breites Kreuz - schönes V. Deine Muskulatur an sich, nicht zu viel, nicht zu wenig. Du hast was Speck auf den Rippen. Du hast eine vernünftige Größe und bist kein Gnom. Du hast schöne Beine, schöne Oberschenkel und schöne Hände. Ich hasse solche Spinnenfinger, die erinnern mich an Kredithaie und Halsabschneider. Deine Haare sind schön, vor allem die Farbe. Und Deine Haare sind genauso widerspenstig wie meine, nur eben glatt und borstig und meine lockig und abstehend. Auch unsere Haare ergänzen sich gut. Blond, Braun, Schwarz. Deine Knubbelnase ist schön, sie passt zu Dir und Deinem Gesicht. Stell Dir vor Du hättest so einen Anker von Hakennase im Gesicht. Passt gar nicht zu Dir. Du hast noch alle Zähne oder? Zwar braun, aber einmal gebleicht und sie strahlen wieder. Vano kann das machen. Du bist gut bestückt, nicht zu groß, nicht zu klein, dafür schön dick - Kompaktklasse rundum. Du gehst gut mit Deinem Teil um, Du hast vielleicht nicht viel Erfahrung, aber Du warst nie ein Schwein im Bett, nie brutal, nie abwertend. Du warst vom ersten Moment an gut zu mir. Ich habe Dich damals in der Höhle getestet. Damit bin ich eine gewaltige Gefahr eingegangen, denn sind wir ehrlich, ohne eine Waffe habe ich keine großen Chancen gegen Dich. Uns trennen fast 20 Jahre - 17 Jahre um genau zu sein. Du bist fit, durchtrainiert bis in die Haarspitzen, gut im Futter, hast soweit keine gesundheitlichen Probleme. Ich bin älter, nicht so gut im Futter, trainiert soweit es geht und mit einigen Wehwehchen über die ich nicht klage, weil gegen das Alter hilft nur eines - früh sterben und das wollen wir alle nicht. Ich vertraue Vano, ich würde ihm jederzeit mein Leben anvertrauen. Also habe ich es Dir anvertraut, da er Dich zu seinem Ehemann erwählte. Ich habe Dich meinen Stumpf untersuchen lassen, die Bauchnarbe war dort vor Ort ohne Bedeutung. Du hast mir den Haken ausgezogen, den Stumpf untersucht. In dem Moment, wo Du mir den Haken wiedergegeben hast, habe ich Dir vertraut. Du hast mir eine tödliche Waffe zurückgegeben. Wärst Du ein Feind, hättest Du das niemals getan. Und auch für diese Geradlinigkeit liebe ich Dich. Vano ist wirklich manchmal ein Seiltänzer, was Worte angeht. Er meint es lieb und Du wirst Dich noch dran gewöhnen. Er versucht es für Dich, dass merke ich. Ich mag die Art von Euch, seine genau wie Deine. Ihr seid total unterschiedlich und doch auf gewisse Art absolut gleich. Ich habe zwei erstklassige Männer, eindeutig. Du hast sicher auch einige schlechte Seiten. Finden wir unsere doch gemeinsam heraus. Eine habe ich, ich schnarche und manchmal furze ich auch", lachte Davet, drehte sich wieder nach vorne und ließ den Vogel die Absätze spüren. Was bei einem Pferd funktionierte, funktioierte sicher auch bei einem Adler. Kreischend sprang das Tier in die Luft und hob ab. "Das hätten wir schon mal, wir sind oben, jetzt müssen wir noch die Richtung anpeilen", lachte la Caille.


    Boldiszàr
    »Na, ein Mönch ist im Tempel. Also da lang.« Boldiszàr zeigte auf ein auffälliges Gebäude, dass ich aus dem weiten Panorama von Beaufort abhob. »Du hast mich getestet, schau an. Und ich war mir irgendwie gleich sicher, dass wir wirklich nur reden, auch wenn Robby und Belly da anderer Meinung waren. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, an deiner Aufrichtigkeit zweifeln zu müssen. Vielleicht, weil Vano so lange dein Mann war und immer so gut von dir sprach. Und dass du mir deine Narben zeigtest, das ließ meinen Zorn verrauchen. Ab da mochte ich dich. Manchmal bin ich wirklich sehr einfach gestrickt. Furzen und schnarchen tu ich übrigens auch, falls du es noch nicht gemerkt hast und sogar Vano macht das. Wir beide gehen auf unterschiedlichen Wegen zum Ziel und Silvano schießt gleich mal übers Ziel hinaus, unser Lieber, der. Bin gespannt, wie sein Heiler so drauf ist. Ich werde deinen Rat beherzigen, mal um eine Ecke mehr zu denken. Aber manchmal, das muss man auch sehen, verdient einer auch einfach in die Fresse.«


    Davet la Caille
    "Daran besteht nicht der geringste Zweifel", stimmte Davet gut gelaunt zu und lenkte den Prachtadler in die Richtung, in die Boldi gezeigt hatte. Es dauerte bei dem großen Tier nicht lange und sie waren wieder in Beaufort. Davet ließ den Adler die Stadt überfliegen und deutete dann auf einen kleinen, geradezu winzigen Tempel. Er ließ den Prachtadler vor der Tür landen und schaute sich das Schild an. "Tempel des heilsamen Wortes. Unser Tempel hieß wohl - Tempel des heilsames Arschtritts", kicherte er leise und löste etwas umständlich die Gurtsicherung, ehe er sich mit Boldi herabgleiten ließ. Der Adler beäugte ihn kurz misstrauisch, ehe er sich hockte und aufplusterte. "Dann mal rein mit uns", sagte Davet und gab den Weg vor. "Wir suchen nach Pietro", sagte er vorne an der Rezeption einem alten Mönch. "Gesucht und gefunden", antwortete der Mann freundlich. Davet nickte erfreut. "Boldi dass ist unser Mann, also unser Mönch", erklärte la Caille. "Wir möchten Sie bitten uns auf eine Reise zu begleiten, alles weitere erklärt dieser Brief. Ihre Unkosten werden komplett von Chevalier de Mancini gedeckt. Sollte etwas fehlen oder es teurer werden, dann übernimmt der Hof die Kosten", erklärte Davet und wartete ab, bis der Mönch gelesen hatte. "Eine Reise? Nun ich bin dabei, dass klingt aufregend und wann war ich das letzte Mal auf Reise? In meiner Jugend. Ich werde mich mit meinen Brüdern kurzschließen und dann bin ich gleich wieder da. Etwas unsere Kasse aufzubessern kann auch nicht schaden. Denn nicht jeder Patient kann bezahlen. Mit der Gebühr unterhalten wir nicht nur dieses Gebäude müsst Ihr wissen, sondern ermöglichen damit auch jenen Hilfe, die sie sich sonst nicht leisten könnten. Bitte wartet", bat der Mönch. Er verschwand kurz und Boldi und Davet hatten etwa eine halbe Stunde zu warten, ehe der Mann mit einem gepackten Sack unter dem Arm wieder bei ihnen war. "Ich wäre soweit", sagte der Mönch freundlich.

  • Der Kampfmönch



    Boldiszàr
    Boldiszàr sah sich den Mönch an. Statt einer schwarzen Kapuzenkutte, wie er es von Geistlichen kannte, trug dieser ein Gewand mit Lederapplikationen. Es war eine Kombination aus Robe und leichter Lederrüstung. »Wie seid Ihr anzusprechen? Bruder Pietro? Ihr seht anders aus, als die Mönche, die ich kenne. Warum, was unterscheidet Euch? Und was macht Ihr mit der Armbrust?« Er nickte in Richtung der Waffe, die der Mönch im Gepäck trug.


    Pietro:
    Der Mönch nickte erfreut. "Richtig nennt mich einfach Bruder Pietro, dass tun alle. Jeder aus meinem Orden, jeder der unsere Hilfe bedarf. Wir die Brüder des Heilsamen Wortes heilen vollumfänglich. Jeder kann sich in unsere Obhut begeben junger Freund und wir versuchen ihn mit den heilsamen Worten zu heilen. Die tiefsten Verletzungen weist nicht der Körper auf, sondern die Seele. Und sie ist am schwierigsten zu heilen. Dann gibt es jene, deren Körper erkrankt ist, jene weisen wir auch nicht ab, sondern heilen diese ebenso. Wir sind Heiler. Und sollte eine Person bedroht werden, dann beschützen wir auch das Leib und Leben all jener, die sich selbst nicht zu schützen vermögen. Ob ich Dich operiere, ob ich Dir Medizin verordne, ob ich Deine Seele gesunde, oder ob ich jemanden erschieße der Dich niederstechen möchte - in allen Fällen habe ich Dich und Deine Seele gerettet, nicht wahr? Darum geht es uns. Heilung der Hilflosen und Verletzten", sagte Pietro.


    Davet la Caille
    Davet musterte zuerst Boldi dann den Mönch und danach wieder Boldi. Anhand daran, dass sein Schnurrbart zuckte sah Boldiszar, dass er sich gerade ein Lachen verkniff. Warum Vano diesen Mönch mochte, stand außer Frage.


    Boldiszàr
    Boldiszàr blinzelte Davet langsam zu, zum Zeichen, dass er die Ironie genau so sah. Nur, dass ihm nicht zum Lachen zumute war, wenn ein Mönch vor ihm stand. »Warum tragt ihr keine schwarze Kutte?«, hakte er nach. »Und warum sind die Schwarzkutten keine Kämpfer? Ihr alle dient doch dem selben Gott, möchte man meinen.«


    Pietro:
    "Wir dienen Souvagne und den Souvagnern, wir beten zu Gott. Das ist ein Unterschied. Ihr sprecht von den Priestern des Ainuwar junger Freund. Wir haben nichts mit ihnen gemeinsam. Sie leben die Neutralität und achten die Endlichkeit. Wir hingegen stellen uns der Endlichkeit entgegen. Mag der Tod heute an Eure Tür klopfen, werden sie beiseite treten und für Euch beten. Ein Bruder des Heilsamen Wortes, verstellt ihm den Weg und sagt - heute nicht. Sie finden Antwort im Gebet und Trost in der Meditation. Neutralität mein junger Freund ist nichts anderes als Abwarten. Wir warten nicht, wir handeln. Wir suchen keine Antwort im Gebet, wir selbst liefern die Antworten. Ihr seid erkrankt, wir helfen. Was würde ein Gebet nützen? Schenkte mir Ainuwar nicht die Fähigkeit aktiv handeln zu können um Dir beizustehen? Nein unsere Gebete beschränken sich darauf zu Danken, Trost zu finden, Stärke für das Handeln zu finden. Neutralität ist Lethargie. Lethargie lähmt den Geist. Ein gelähmter Geist ist ein kranker Geist. Körper und Geist müssen stets rege sein um gesund zu bleiben. Ich weiß wer Ihr seid, der Geist Eures Ehemannes war erkrankt an Lethargie - er konnte nur noch an eines denken. Und diesen Kreislauf hat er durchbrochen. Langsam und vorsichtig führe ich ihn von diesem Gedanken fort. Was die Priester des Ainuwar tun, ist nichts als sich freiwillig der Lethargie hinzugeben. Es ist ihr Weg, nicht der unsere. Wir lehnen ihn konsequent ab. Es zählt das hier und jetzt, der Moment, der Lebende, nicht was uns eines Tages danach erwartet. Mögen sie es ergründen, für uns ist das alles irrelevant. Für uns ist Ainuwar Leben".


    Boldiszàr
    »Warum kann man dann nicht euren Tempel zur Staatsreligion machen? Warum müssen das die Dunkelbrüder sein?«, murrte Boldiszàr. »Hoffentlich schleppt Prince Ciel keine von denen mit an Bord. Die sehen aus wie Ghule. Wie macht sich Silvano?«, fragte Boldiszàr besorgt. »Klar, Ihr habt Schweigepflicht und alles. Aber ich meine so allgemein. Ich bin sein Vormund.«


    Pietro:
    "Aber jeder Orden wird doch vom Staat gefördert. Die Priester genießen nur ein sehr hohes Ansehen und ich vermute, das meiste davon beruht auf Angst. Es sich mit mir zu verscherzen, was hieße das? Ihr geht zu einem anderen Heiler. Es sich mit einem Ainuwar Priester zu verscherzen, wäre gleichbedeutend mit Verdammnis. So sehen es die Menschen. Versteht Ihr? Euer Mann macht sich sehr gut, aber er tut sich oft auch sehr schwer. Manchmal denkt er sehr einfach und geradlinig und manchmal denkt er viel zu kompliziert. Ich erkläre es einmal so, dass was in seinem Kopf stattfindet ist das grauenvollste Szenario das eintreffen könnte. Aber es findet auch nur dort statt. Das heißt er geht ein Problem so an, als hinge der Fortbestand der Welt davon ab. Er sucht also eine Lösung um jedes Problem zu vernichten. Wobei er manche Probleme vielleicht einfach lösen oder beseitigen könnte. Er geht immer von der Extreme aus und dass muss er ablegen. Geschuldet ist das seiner Herkunft. Selbst wenn Ihr nicht sein Vormund wärt, Ihr, Davet la Caille wie auch seine Eltern hat er bewusst von der Schweigepflicht ausnehmen lassen, falls es ihm einmal schlecht geht. Sollte es ihm schlechter ergehen, oder er erneut festhängen, dann haben wir Euch zu informieren. Damit er nichts Dummes anstellt. Dies waren seine Worte. Ihr seid seine Bezugs- und Vertrauensperson Boldiszar. Kehren wir einen Moment zum Thema des Glaubens zurück, so finde ich soll der Glaube lebensbejahend sein, Freude schenken und verbreiten und die Gläubigen zusammenführen. Keinesfalls soll er Hass verbreiten, oder gar Angst", sagte Pietro.


    Davet la Caille
    "Nun anders kennen wir Vano auch nicht, er macht es sich oft selbst zu schwer, da er es nicht anders kann. Er muss lernen über seinen Schatten zu springen und auch mal fünfe gerade sein zu lassen. Oder mal eine Nacht über etwas zu schlafen. Wenn wir heute ein Problem haben und es nicht unter den Nägeln brennt, klärt man erst das Wichtige. Das Problem haben wir morgen immer noch - garantiert. Und wir setzen uns morgen dran, ausgeruht, mit klaren Gedanken und nicht voller Wut", warf Davet ein.


    Boldiszàr
    »Wie lange wird Vano noch brauchen? Und können wir ihm irgendwie helfen, unserem Kompliziertelchen?«, erkundigte Boldiszàr sich. »Die Schwarzkutten verbreiten dermaßen viel Respekt, dass es manchmal an furchteinflößend grenzt«, murrte Boldiszàr. »Einer von denen erscheint und alles spürt den Drang, in die Knie zu gehen. Ich sollte die mal fragen, wie die das machen, das könnte ich auch manchmal gebrauchen. Wie muss ich euch jetzt also auseinanderhalten, von der Kutte abgesehen? Muss ich da jetzt sagen: Das eine sind die Priester des Ainuwar, die haben allerdings auch Mönche, die schon genau so aussehen. Das andere, das in den freundlichen Kampfkutten, sind die Mönche des Ainuwar, aber die haben auch Priester. Versteht Ihr? Ich suche passende Namen. Schwarzkutten klingt ja auch irgendo nicht neutral, das kann ich nicht jedem gegenüber sagen. Und Kampf-Heil-Mönch klingt auch irgendwie schräg.«


    Pietro:
    "Sie verbreiten die Angst vor dem Tod. Die Priesterschaft des Ainuwar heißt so mein Freund. Das ist ihr Name. Mit Priestern, Mönchen und deren weiteren Brüdern. Ihre Aufgabe sind die Mysterien des Ainuwar und der Endlichkeit zu ergründen, die Neutralität zu wahren. Hinter die Schleier zu blicken. Die Brüder des Heilsamen Wortes heißen so. Unsere Aufgabe ist die vollumfängliche Heilung. Unsere Waffe im Kampf gegen Krankheit ist das Wort. Mal in Form von Aufklärung, mal in Form von Lehre und Lernen, alles was den Mensch ausmacht, alles Wissen gibt er durch das Wort weiter. Gesprochen oder geschrieben. Jeder Orden hat seinen ureigenen Namen und seine ureigene Aufgabe. Und dennoch beten wir alle den gleichen Gott an. Nur sieht jeder einen anderen Aspekt hervorgehoben. Die einen das Mystikum, wir das Leben, der nächste die Schöpfung und so weiter. Die Bezeichnung für uns ist Bruder, im Vergleich zu den anderen Bruder des Heilsamen Wortes. Wie Ihr eine Schwester des Ordens der Saint Lorey genau so nennt - Schwester, oder Schwester der Saint Lorey. Zu Eurem Ehemann, er wird schneller gesunden, wenn er sich mit Dingen befasst die für ihn eine tiefe Bedeutung haben und die er liebt. Und dahin sind wir unterwegs. Er liebt Schiffe und die See, redet mit ihm darüber, lasst Euch von ihm anlernen wie er es plante, bemüht Euch zu lernen und er lernt durch Euch", sagte Pietro.


    Boldiszàr
    »Ich freu mich drauf, das alles zu lernen. Wenn ihm das hilft, umso besser. Was wollt ihr eigentlich dann den ganzen Tag auf dem Schiff machen? Ihr werdet ja nicht dauerhaft nur Seelsorge leisten. Das hält Vano nicht ab und Ihr auch nicht.«


    Pietro:
    "Ich werde mich auf dem Schiff nützlich machen, Euren Bordheiler unterstützen, vielleicht ein paar Kurse geben, Morgenübungen mit Freiwilligen durchführen um Körper und Geist zu stärken, Mahlzeiten Zubereitung lehren, es gibt immer viel zu tun. Solange mich mein Privat-Patient nicht benötigt, bin ich für jeden da", sagte Pietro freundlich. "Damit erweist Ihr ihm einen großen Gefallen. Vorgeschobenes Interesse freut auch, aber echtes Interesse da heilt jede Seele schneller, da sich die Person wahrgenommen, ernst genommen und geschätzt fühlt. Und er fühlt sich dadurch geliebt. Letztens hat er mir in einer Stunde erzählt, wie man aus Schilff ein Boot baut, das wollte er zusammen mit einem kleinen Jungen tun. Um Angeln zu fahren. So sagte Euer Mann, dass er albern findet, wenn Personen in Romanen die gestrandet sind, ein Floss bauen. Ich fragte ihn weshalb und er erläuterte mir, dass fast an jedem Gewässer Schilff oder ähnliches wächst. Man das Boot leicht bauen kann und dass es sehr guten Auftrieb hat. Man kann damit weiter fahren, als die meisten glauben. Durch die Luftkammern in den Pflanzenstielen ist es so sicher. Das fand ich ganz interessant und da merkte ich, wie viel Wissen er überhaupt über das Meer, die Seefahrt und die See hat. Normalerweise würde man vermuten, er interessiert sich für jene Schiffsart die er befehligt und für das Meer auf die Art, wie er es als Offizier wahrnimmt, aber das tut Euer Mann nicht. Er sieht es als seinen Lebensraum an. Nur ist seiner größtenteils auf, statt im Wasser. So hat er es beschrieben. Und einst liebte er Euch dort und die See verband Euch. Dies bedeutet ihm sehr viel", sagte Pietro leise.


    Boldiszàr
    Boldiszàr musterte den Mönch. »Ich glaub, mit Euch komme ich gut aus, Bruder Pietro. Echt, Vano hat euch davon erzählt? Das könnt Ihr ruhig laut sagen, das ist ja so was von überhaupt nicht peinlich! Ich bin stolz darauf, dass wir da gevögelt haben!« Er schlug sich mit der Faust auf die Brust. »Sonst wäre es ja nicht mein Mann, oder? Wie macht Ihr das eigentlich, dürft Ihr euch selber helfen oder lasst Ihr alles bleiben?« Neugierig wartete er auf die Antwort.


    Pietro:
    "Der Patient darf nichts vor uns verheimlichen, sonst können wir nicht helfen. Aber, dass muss ich anfügen, er kann nicht immer sofort sprechen. Deshalb bohren wir nicht nach, wie in einer Folter. Er möge selbst erzählen. Er spricht die heilsamen Worte, jene die seine Seele befreien und heilen. Das geht nicht mit Zwang. Deshalb hat er mir auch davon erzählt Boldiszar. Da er manchmal sehr trübseelig ist. Ich könnte Euch auch von einer Bemerkung erzählen, aber dann würdet Ihr Euren Mann eventuell missverstehen. Es ist eine traurige Aussage, die er aber nie umsetzen wollte. Er hat stets trotzdem gekämpft. Deshalb führte ich ihn sofort von diesem Gedanken fort. Ich bat ihn darum, etwas völlig Gegenteiliges zu erzählen. Den schönsten Augenblick in letzter Zeit und da sprach er von Eurer Liebesbezeugung im Meer. Wir bejahen das Leben Boldiszar. Einige Brüder sind sogar verheiratet und haben Kinder. Nichts körperliches ist uns Fremd, keinem Heiler", lachte Pietro.


    Boldiszàr
    »Aber Ihr seid Mönche«, protestierte Boldiszàr. »Ein Heiler, in Ordnung. Hab da selbst einen Kameraden, der sich einen uralten Heiler mit Halbglatze geschnappt hat. Der obendrein einen sehr merkwürdigen Humor hat. Benito, kennt Ihr den? Die sind jedenfalls ein Paar, aber Benito ist kein Mönch. Als Mönch könnt Ihr nicht ... Davet, sag was!« Verstört guckte er zwischen Davet und dem Heiler hin und her. »Und was war Vanos Äußerung? Sagt die mal, mich kann nichts schocken.«


    Pietro:
    "Als Mönch kann ich was nicht? Habe ich ein Keuschheitsgelübde abgelegt? Nein. Einige Priester und Mönche tun genau dies, es ist von Orden zu Orden verschieden. Nun schaut doch nicht so, wir überfallen doch keine Unschuldigen oder belästigen wen. Unser Beruf ist Beruf und Berufung in einem. Ihr seid mir vielleicht einer", lachte Pietro. "Einer der Hof-Heiler soweit ich weiß, richtig?", fragte der Mönch.


    Davet la Caille
    Davet grinste breit bei Boldis entrüstetem Gesicht. "Ach Süßer, für so spießig hätte ich Dich gar nicht gehalten", sagte er gut gelaunt, umarmte Boldi fest und küsste ihn lang und leidenschaftlich. "Männer Gottes sind auch Männer Boldi", erklärte Davet vergnügt.


    Boldiszàr
    »Mein Weltbild wurde zerstört, Davet. Fickende Mönche. Geht gar nicht«, stöhnte Boldiszàr und stellte sich die Schwarzkutten aus seiner Kinder während einer schweißtreibenden Orgie vor. Wäre das anatomisch möglich, würden sich ihm alle Zehennägel aufrollen. Um die Vorstellung zu neutralisieren, strich er über Davets Bart, während dieser ihn küsste. »Fickende Mönche«, wiederholte er erneut fassungslos und schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht spießig. Aber in meiner Vorstellung sind Mönche nun mal keusch.«


    Davet la Caille
    "Diese Mönche die Du kanntest und scheinbar viele andere auch, aber dieser Orden scheinbar nicht. Was mich zwar nicht groß stört, aber irgendwie schon schräg ist. Wobei ich mache mir da jetzt keine großen Gedanken, aber eine Orgie von Ainuwar Priestern möchte ich mir auch nicht vorstellen. Rudelbumsen in schwarzer Kutte, nein Danke", lachte Davet.


    Boldiszàr
    »Liest du heimlich meine Gedanken mit?«, erkundigte Boldiszàr sich und grinste schief. »An so was hab ich früher nicht gedacht. Das mach ich erst wegen euch.« Er hob eine der Taschen auf, damit Pietro nicht alles allein tragen musste. »Na dann, Abflug.«


    Davet la Caille
    "Manchmal passiert das versehentlich, wenn einer "zu laut" denkt, also zu eindeutig und zwar extrem. Ich kann es nicht beeinflussen. Mal denke ich selbst zu laut und einer bekommt es mit, was ziemlich unangenehm für die Person ist, weil es schmerzt. Und mal höre ich was einer sagt, sprich denkt. Meist nur Fetzen. Und ab und an weiß ich was passiert, aber von wem das stammt, keine Ahnung. Das ist ehr wie ein Gefühl, aber es war immer richtig. Genau Abflug", freute sich Davet.


    Pietro:
    "Dankeschön, dass Ihr sehr freundlich von Euch. Ich bin abreisebereit. Denkt doch nicht in Orgien, denkt an eine ganz normale Ehe, mit allem was dazugehören mag. Sogar dem Krach", schmunzelte Pietro.


    Boldiszàr
    »Oh Mann, das wird peinlich mit uns. Du weißt jedes Mal, wenn ich grad rattig bin und auf was ich Bock habe. Ich kann nie heimlich rattig sein.« Er half Davet auf den Vogel, den Mönch stopfte er in die Mitte, da er nicht wollte, dass Vanos Mönch hinunterfiel. Das wäre keine angenehme Botschaft für den sensiblen Kapitän. »In Ordnung, ich akzeptiere das, Bruder Pietro. Habt Ihr eine Partnerin oder einen Partner? Dann muss die oder der auch mit.«


    Pietro:
    "Leider nicht mehr Boldiszar, meine Frau ging vor langer Zeit. Und ich habe auch nicht das Bedürfnis jemand anderem die Stelle in meinem Herzen zu geben. Für mich sind wir nur getrennt. Sie wohnt auf der anderen Seite, es war eine gute und vor allem eine sehr herzliche Frau. Ich finde meine Erfüllung heute darin Gutes zu tun und anderen zu helfen. Auch in ihrem Namen. Ihr Name war Isabella, falls Ihr es wissen möchtet", sagte der Mönch mit einer derartigen Liebe in der Stimme, dass Boldi hörte und spürte, was die Frau ihm bedeutete. Nach all den Jahren noch. "Wundert Euch nicht, Ihr seid genauso, Ihr, Euer Mann und Eurer Beimann", sagte Pietro und drückte kurz die Hand von Boldi. "Manches ist einfach für die Ewigkeit bestimmt, denkt immer daran, falls es einmal hart oder holprig werden sollte", sagte er freundlich.


    Davet la Caille
    Davet strich Boldi liebevoll über die Wange. "Das wäre schön, wäre das so Bold. Aber leider habe ich nicht das Vergnügen, zumal ich nicht immer lesen kann was Du denkst. Das ist wie wenn Du zufällig ein Stück von einem Gespräch hörst. Manchmal denkst Du aha - so ist das also. Manchmal ist es nur ein Wort oder sogar nur ein Wortfetzen. Was Du Dir wünscht, kannst Du mir unverblümt sagen und ich werde Dir dabei helfen, dass ist doch Ehrensache. Zudem habe ich ja genauso Spaß dran wie Du. Ich bin gerne mit Dir zusammen, direkt als Person zusammen, genau wie mit Vano. Deine Nähe ist beruhigend, schön, liebevoll, warm, einfach angenehm. Und ich bin gerne mit Dir intim, ich habe unheimlich gerne Sex mit Dir", gestand Davet und küsste ihn.


    Boldiszàr
    Der arme Pietro saß genau zwischen ihnen, als sie laut schmatzend in einen Kuss versanken, denn wenn Boldi küsste, war das nicht leise. Er gab sich jedoch Mühe, den frommen Mann nicht versehentlich anzuspeicheln, doch die Sorge war unbegründet, da sich die meisten Tropfen in Davets Bart verfingen. »Das geb ich zurück. Es ist schön und ich will auch mal wieder in die Mitte. Aber ich würd auch gern mal mit dir wieder zu zweit Spaß haben. Genau so wie mit Vano, damit man sich ganz aufeinander konzentrieren kann. Eben alles drei im Wechsel.« Er grinste. »Du sitzt vorn, du musst fliegen.« Als sie abhoben, drückte er Pietro kurz den Oberarm. »Ich hab das einfach so gefragt. Ich wusste nicht, dass Ihr einen Verlust zu tragen habt. Haut mir einfach das nächste Mal aufs Maul, wenn ich so daher rede, ja? Was meint Ihr damit, dass wir genau so sind? Wie genau so?«


    Pietro:
    "Oh Ihr habt mich nicht verletzt, Ihr habt gefragt und ich habe Euch gesagt wohin meine Frau verzogen ist. Der beste Heiler vermag nicht alles zu heilen. Das ist nun einmal so. Ich meinte damit, dass Eure Liebe zu Eurem Mann und die Liebe Eures Mannes zu Euch genauso tief ist, wie die von Isabella und mir. Ebenso die Liebe von ihm zu seinem Beimann. Er liebt Euch beide mit einer Tiefe, die selbst der Ozean nicht aufbringt, um es einmal so in Worte zu fassen, wie es ihm gefallen würde. Es gäbe nichts, was er nicht für Euch tun, aufgeben, oder opfern würde. Und Ihr beiden seid die einzigen Personen denen er grenzenlos vertraut. Ihr seid ein gutes Gespann. Haltet daran fest, gebt einander Halt. Ich weiß wie schwer es manchmal sein kann, sogar nervenaufreibend, wenn es mal zu Rückschlägen kommt. Aber bedenkt immer eines, es ist nicht seine Wahl. Das was hinter seinen Handlungen steckt ist Euch zu lieben und Euch beschützt zu wissen. Er muss lernen, dass er dafür nicht die Welt in Asche legen muss und dass Ihr auch auf Euch allein aufpassen könnt. Zumindest teilweise", grinste Pietro. Er gönnte den beiden den leidenschaftlichen Kuss, er freute sich für sie, denn auch das war ein Zeichen von Ainuwars Gnade, wahre Liebe.


    Davet la Caille
    Davet wischte zuerst Boldi und dann sich sauber, ehe er ihn erneut küsste. La Caille ließ den Prachtadler abheben und zurück nach Mancini fliegen. "Ganz nach Geschmack Boldi, da machen wir uns doch keine Probleme. Wer Lust auf wen hat, zeigt oder sagt es seinem Schatz. Und im Schiff wirst Du immer in der Mitte liegen, ob Du willst oder nicht. Vano besteht auf rechts außen, den Platz des Kapitäns, den wirst Du nicht bekommen. Gleich wie sehr Du bettelst. Bei manchen Kleinigkeiten wie sowas ist er dann doch hart. Aber liebevoll hart. Und er kann auf der Seite aus den Fenstern auf die See gucken. Also lass ihm den Spaß. Ich penne links zum Gang hin. Habe ich immer gemacht, wenn wir zu zweit waren. Nun sind wir zu dritt, also schirme ich Vano und Dich ab. Also wo ist Dein Platz? In der Mitte. Da hast Du es schön warm und zur Not können wir beide ja mal tauschen", bot Davet liebevoll an.


    Boldiszàr
    »Ich will nicht tauschen«, grunzte Boldiszàr. »Ich will ja in der Mitte liegen. Wer liegt bitte freiwillig außen, wenn da schon zwei liegen und man sich einen Platz aussuchen soll? Ich nicht. Also passt doch alles. Wir ergänzen uns wieder mal perfekt. Da hat der Bruder Pietro recht. Auch wenn er mir nicht verraten hat, was Vanos traurige Äußerung war. Vielleicht erfahr ich`s ein andermal.« Unter ihnen zogen die Häuser von Beaufort dahin. Dann kam nur noch Grün, durchzogen mit dem Weiß von Schneeflecken, als sie auf Mancini zuhielten.

    Pietro: "Es wäre so einfach - ein Sprung und jeder Schmerz wäre vorbei. Das dachte einst Euer Mann als er auf dem Topp-Mast hockte. Und ich fragte ihn sofort danach was das Schönste in der letzten Zeit war und das war Euer Verbund im Wasser. Er dachte dies nur, er hätte es nie getan. Denn er konnte nicht gehen. Weder als er so schwer verletzt war mit Wundbrand und den gebrochenen Knochen, noch irgendwann sonst, er hat eine Aufgabe zu erledigen. Er muss ein Volk auslöschen - in Davets Namen. Nun ich sagte er hat einen viel wichtigeren Grund derart hart zu kämpfen, allein zwei Namen die zu zwei Personen gehören, Boldiszar und Davet. Für die beiden die er liebt muss er bleiben. Nicht für einen Vernichtungsfeldzug. Und so hatte er mir zu erzählen was er liebt", sagte Pietro.

  • Schmerzfrei



    Davet stieg in Mancini vom Prachtadler und Vano half ihm umgehend dabei. Ebenso half er Boldi und Pietro. La Caille schnappte sich Mancini und zog ihn gemeinsam mit Boldiszar zur Seite.


    "Mir ist bewusst, dass ich nichts kommentieren sollte, was in den Heilgesprächen gesagt wurde. Daran halte ich mich sonst auch, aber das was ich von Pietro erfahren habe, geht mir extrem nahe. Ich benötige von Dir eine klare und eindeutige Antwort Silvano, sonst zerfrisst mich das.


    Pietro hat uns von Deinem Spruch erzählt. Es wäre so einfach - ein Sprung und jeder Schmerz wäre vorbei. Das dachtest Du einst als Du auf dem Topp-Mast gehockt hast. Ich weiß wie ein Sturz von da oben endet, Du weißt es auch Schatz. Bitte sag was dazu Vano, sonst habe ich keine ruhige Minute mehr, sobald Du nicht in der Nähe bist und Boldi wird es ganz ähnlich ergehen", erklärte Davet und strich Vano eine Haarsträhne hinters Ohr.


    "An dem Tag dort oben auf dem Mast, war ich des Kämpfens müde müsst Ihr beiden wissen. Es war ein Gedanke, ein Ausweg für andere, nicht mein Weg. Allerdings hätte ich gerne die Waffen gestreckt, denn ich wollte nicht mehr kämpfen und alles und jeden hassen.


    Ich hätte es gerne gut sein lassen und mich zurückgezogen. Ich habe mir gewünscht, das der Schmerz aufhört, dass ich endlich in Frieden und auch mal in Freude leben kann.


    Aber ich konnte nicht aufgeben, denn mein Schwur zwang mich dazu, bis zum letzten Atemzug zu kämpfen. Ich zwang mich selbst und verwehrte mir alles andere.


    Dann trat Boldi in mein Leben und ich bekam Dich zurück Davet. Ihr möchtet eine klar Antwort. Meine Schätze, vergesst den Mast. Das machen andere, ich mache es nicht.


    Allerdings wünsche ich mir etwas von Euch. Helft mir dabei in Frieden und Freude zu leben, denn allein darum ging es wirklich bei der Aussage. Und wir sind ja schon auf dem Weg dahin, ich sage nur Tordalk. Nebenbei Ihr zwei, ich habe die Waffen gestreckt, Rest folgt", antwortete Silvano liebevoll und küsste zuerst Boldi und dann Davet.


    "Darauf kannst Du Dich verlassen, ja wir sind auf dem Weg dahin", sagte Davet und drückte Vano felsenfest an sich.
    "Ich liebe Euch zwei über alles, Ihr habt keine Ahnung was Ihr mir bedeutet", flüsterte Vano und küsste sie erneut felsenfest.


    "Und ob wir die haben", grinste Boldi, "die rechte Seite im Ehebett gehört Dir".
    "Aye", antwortete Vano gerührt.