Reisende soll man nicht aufhalten

  • Die Tür flog krachend auf und Seweryn stolperte schon fast ins Freie. Draußen angekommen konnte er sich gerade noch so an einem nahestehenden Gatter festhalten um nicht den Boden begrüßen zu müssen."Uuuuff...". Langsam richtete sich der Almane auf, wischte sich mit der Hand durch das Gesicht. <Was ist da gestern noch passiert?!>, fragte Seweryn sich selbst und nach und nach kehrten Fetzen der Erinnerung wieder. Er hatte am Vorabend den Schankraum verlassen, war zu seinem gemieteten Zimmer gegangen. Was dann? Schlafengelegt? Nein. Erst noch heiß gebadet, sich rasiert und die Haare wieder in Form gebracht...seltsamerweise dabei eine Flasche guten Wein in die Hände bekommen? Zumindest erklärte dies die leere Flasche neben seinem Bett, den happigen Betrag auf der Rechnung und die doch recht störenden Kopfschmerzen. Die frische Morgenluft tat jedoch mehr als gut. Seweryn atmete erst mal tief durch, musste dann husten. "Ist doch nicht wahr...". Seine Kehle fühlte sich so trocken wie eine Sandwüste an. Wasser. Er brauchte Wasser. In der Nähe konnte Seweryn einen kleinen Brunnen sehen und eilte dorthin. Das Quietschen und Rasseln der Kette ließ den Almanen seine Zähne fest aufeinander beißen. Dann endlich kam der Eimer mit klarem Wasser zum Vorschein. Erst genüsslich, dann schon fast gierig schüttete Seweryn das kühle Nass in sich hinein. Irgendwann setzte er den Eimer ab, stellte ihn auf den Brunnenrand und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. "Das tat gut.", hauchte er und musste herzhaft rülpsen. "Jetzt kann es losgehen.", sprach Seweryn wieder mit sich selbst und machte sich auf den Weg in Richtung Stall, wo er sein Pferd abreisefertig machte. Gemeinsam mit Moldi ging Seweryn dann wieder zurück zum Weg, wartete dort auf seine Mitreisenden und kaute dabei auf einem Stück Trockenfleisch herum. Der Kater schien sich zum Glück auch langsam aber sicher zu verabschieden.

  • Die Morgensonne weckte Zarsal aus seinem tiefen Schlaf. Schlaftrunken rieb er sich die Augen und sah sich nach Hincan um. Der Greif war schon vor ihm erwacht. Wie Zarsal Hincan kannte, hatte er sich auch schon was zum futtern besorgt. Als Hincan bemerkte, das sein Freund endlich aufgewacht, war, zwickte er ihn vorsichtig in den Bauch. Nicht dass Zarsal noch auf die Idee kam, sich noch einmal rumzudrehen und noch eine Runde zu pennen.


    "He lass das. Ich komme ja schon" schimpfte Zarsal genervt. Geschmeidig glitt er auf den Rücken des Greifen. "So, dann lass uns mal schauen, wo Seweryn steckt. Hoffentlich geht es ihm gut.. Der Typ hat gestern ganz schön gebechert."


    Voll Vorfreude auf ihr neues Abenteuer machten die Zwei sich auf den Weg zum Treffpunkt, wo sie von Seweryn schon erwartet wurden. "Einen wunderschönen guten Morgen wünsche ich Euch. Ich hoffe, Ihr habt gut geschlafen? Dann lasst uns aufbrechen."

  • "Euch ebenfalls einen guten Morgen.", grüßte Seweryn und nickte bestätigend. "Schlaf, ja, den fand ich. Es reichte um frisch für den Tag zu sein.". Ein leicht schelmisch anmutendes Grinsen huschte über das Gesicht des Almanen, als dieser sich einmal durch das Haar wischte.
    Er schnalzte mit der Zunge und sein Pferd setzte sich zusammen mit den Reisenden in Bewegung.
    Seweryn war der erste, der schließlich schon nach kurzer Zeit die Stille unterbrach. "Es mag womöglich seltsam klingen...doch dachte ich, dass Moldi hier...", er tätschelte sein Pferd, welches brav nebenher trottete, "Nunja, etwas...ängstlicher reagiert. Auf Euren Gefährten meine ich.". Schlagartig raste Seweryns Blick zu Hincan. "Wahrscheinlich ist es nicht das erste Mal, dass ihr so etwas hört, nicht wahr? Ich muss zugeben, ich bin noch nicht in solch einer Gesellschaft gereist.". Der Almane blickte hin und her. "Habt etwas Nachsehen mit mir. Ich denke, wir können das ein oder andere bei einer Rast klären, sodass ich mich nicht komplett daneben benehme.". Seweryn hatte versucht seine anfängliche Unsicherheit zu erklären und wollte diese ganze Sache irgendwie aus der Welt schaffen, doch war er sich nicht so ganz sicher, ob er es auch wirklich geschafft hatte vernünftig zu erklären. Auf der anderen Seite hielt er die beiden Gefährten auch nicht für dumm, sie würden es sicherlich verstehen.

  • "Ihr könnt beruhigt sein, mein Gefährte weiß sich durchaus zu benehmen." erwiderte Zarsal. "Greifen sind zwar nicht ungefährlich, und wenn sie wütend werden hat man definitiv ein großes Problem, aber Hincan gehört zu der gutmütigen Sorte. Solange man ihn nicht reizt oder er sich und seine Gefährten bedroht sieht ist mit ihm ein prima Auskommen." Zarsal streichelte den Hals des Greifen und fügte dann hinzu: "Er ist mir ein treuer Freund und dient mir als Reit- und Flugmöglichkeit. Wie Ihr vielleicht schon bemerkt habt, sind meine Flügel zum fliegen nicht zu gebrauchen."

    "Einen guten Rat möchte ich Euch noch geben", merkte Zarsal nach einer kurzen Pause an. "Passt auf eure Essensvorräte auf. Der gute Hincan hat eine Vorliebe für gutes Essen,ständig Appetit und das Fassungsvermögens seines Magens ist unendlich. Er nimmt es in dieser Beziehung mit mein und dein nicht so genau. "


    Hincans beleidigtes Schnauben ignorierend ritten die Gefährten in einträchtigen Schweigen durch das Land.