Kapitel 11 - Infiltration

  • Patrice Vertcuis
    Unter der Führung von Palaisin Massimo bewegte sich Unitè B in Richtung Norden. Ihr Ziel war die Gewitterfeste der Duponts, um dort den Beißern aufzulauern. Patrice nahm jedoch einen anderen Weg. In einem günstigen Moment setzte er sich ab und ritt in einem Gewaltritt nach Süden. Niemand von seiner Einheit wusste, warum er auf einmal verschwunden war und wohin er unterwegs war. Sie würden ihn auch nicht mit einem Geistmagier finden. Er konnte seinerseits jedoch auch nicht auf magische Unterstützung zugreifen und musste sich ganz auf die Informationen von seinem Orden, aus der Bevölkerung und seinen eigenen Ermittlungen verlassen, als er die vermutete Reiseroute der Beißer ermittelte und in Goldfels auf sie wartete. Diese Stadt war mit großer Wahrscheinlichkeit eine ihrer Zwischenstationen und hier würden sie rasten. Er suchte sich das bekannteste Gasthaus aus, welches der zentralen Lage und der günstigen Preise wegen jedem Reisenden empfohlen wurde, nahm sich dort ein Zimmer und wartete. Jeden Tag horchte er sich in der Stadt um, verbrachte viel Zeit auf den Umschlagplätzen der Fuhrwerke und den Hauptstraßen. Abends saß er draußen vor dem Gasthaus an einem der Tische, von wo aus er einen guten Blick auf die eintreffenden Gäste hatte, so auch heute. Bei einer leckeren Brotzeit mit einer Zusammenstellung einheimischer Wurstspezialitäten und einem leichten Bier ließ er sich sein Abendbrot schmecken, während er aufmerksam das Geschehen beobachtete.


    Archibald von Dornburg
    Die Nacht war heraufgezogen und ebenso die restliche Gruppe der Beißer, was den Aufenthalt in Goldfels anbelangte. Sie erreichten den Marktplatz und Archibald blieb einen Moment lang stehen um die Szene zu überblicken. Die Nachtwächter gingen bereits ihre Runden, aber keiner würdigte sie eines Blickes. Wie auch? Sie standen noch in den Schatten, waren damit verschmolzen, so wie er von klein auf lebte. Nach einem erneuten Blick der einmal über den Marktplatz schwenkte, trat er aus den Schatten heraus wie ein Raubtier auf eine Lichtung. Nur war das Raubtier momentan satt und führte sein Rudel in einem fremden Gebiet zu ihrer zukünftigen Behausung. Goldfels, hier würde aller Wahrscheinlichkeit nach der Älteste aufschlagen, da es sich von der Route her anbot. Sie würden warten, so wie er stets gewartet hatte. Geduldig, lange, aber nicht ewig. Dann würde er seinen Weg fortsetzen, notfalls sogar allein. Arch überschaute seine Gruppe - Nori, Nathan und Nutzlos - also Arbogast. Er nickte minimal Richtung Gasthaus und ging vor, wohlwissend, dass ihm seine Leute folgen würden. Er setzte sich draußen an einen der freien Tische und deutete seinen Leuten an, sich zu setzen. Während die anderen in die Karte schaute, schaute er nach Robere und seinem Gott.


    Nathan
    Nathan schlich nicht. Er spazierte bestens gelaunt durch die Nacht und wann immer Archibald es zuließ, grabschte er nach dessen Hand oder nestelte an seiner Kleidung herum. So setzte er sich auch jetzt neben ihn auf die Sitzbank und schmuste ihn mit seiner Pobacke an. Er bestellte sich eines seiner Lieblingsgerichte, Riesengarnelen mit Zitrone und Petersilie, aber ohne Knoblauch. Dazu trank er einen Kirschsaft.


    Archibald von Dornburg
    Archibald legte einen Arm um Nathans Schulter und küsste ihn auf den Hals. »Wie lange benötigen wir von hier zu Fuß nach Cantillion? Auf dem schnellsten Weg und auf dem akutellsten Weg? Welche Reiserute wird dafür gewählt Nathan? Wir müssen uns mit unseren Leuten treffen und wir können nicht ewig warten. Ich werde dem Ältesten Botschaften hinterlassen, aber ich muss sichergehen, dass er auch den Weg nimmt, den wir nehmen. Was isst Du da für eine schräge Kombi sag mal«, lachte Arch leise und kraulte Nathan liebevoll den Nacken.


    Nathan
    »Aber das schmeckt, Archi«, fand Nathan und pellte den riesigen Shrimp der Garnele aus seinem Panzer. Das Fleisch knackte saftig, als er davon abbiss. Vor lauter Genuss verdrehte Nathan die Augen. Er hielt Arbogast die nicht angeknabberte Seite von dem Shrimp vor den Mund. »Koste mal, das ist richtig gut!«


    Arbogast
    Arbogast nahm Nathan vorsichtig den Shrimp aus der Hand und steckte ihn sich in den Mund. Er kaute probeweise darauf herum. »Er schmeckt ziemlich matschig, aber der Geschmack ist nicht schlecht. Ich bleibe aber lieber bei meinem Essen«, sagte Arbo und aß schlichte Nudeln mit Soße. Die Shrimps sahen ihm verdächtig nach Insekten aus, rosa farbene Insekten, passend zu Nathan. Wie dieser kleine Wicht an seinen Vater gekommen war, wollte Arbo nicht in den Kopf. Vor allem, dass Arch ihn zu achten schien, aber seinen Sohn nicht. Was konnte dieser Nathan? Jemanden zu Tode sägen mit seinem Gesang? Arbo wollte es lieber nicht herausfinden. Er nahm einen großen Schluck von seinem Bier und musterte Pattrice am Nachbartisch. Der Mann sah aus, als könnte er wunderbar blasen.


    Patrice Vertcuis
    Patrice tat, als wäre er überrascht, als die kleine Gruppe ihn bemerkte. Er setzte sich samt seinem Essen und dem Bier zu ihnen an den Tisch. »Nathan, so eine Überraschung«, begrüßte er den Diener. Der blinzelte und versuchte, sich an ihn zu erinnern. »Patrice von der Leibgarde«, half er ihm auf die Sprünge und reichte Nathan eine Hand.


    Nathan
    Nathan nahm sie zaghaft in seine weichen Fingerchen und schüttelte sie vorsichtig. Dann ging dem Diener ein Licht auf. »Ach, du bist Patti«, rief Nathan erfreut. »Du bist ein Freund von Robby!« Alle Zweifel waren vom Tisch. Nathan stellte ihm alle Anwesenden mit ihren vollständigen Namen vor. »Das ist Chevalier Archibald von Dornburg, mein Freund. Und das sind seine Kinder Nori und Arbogast.«


    Archibald von Dornburg
    Archibald musterte Patti ausgiebig und verlor kein Wort darüber, dass Nathan ihn mit kompletten Namen vorgestellt hatte. Früher, in einem anderen Leben, wäre das vielleicht ein Problem gewesen. Aber heute nicht mehr. Er war kein Mensch mehr, er war weit darüber erhaben. Kasimir hatte ihn zu einem Vampir erhoben und er selbst hatte seinen Gott vor der Verbannung bewahrt. Dennoch waren die Masken der Feinde vielfältig und zahlreich. Als er jedoch hörte, dass dies ein Freund von Robere war, entspannte er sich etwas. Er überlegte, ob der gute Patti vielleicht auch sonderbare Essgewohnheiten hatte, wenn er mit Robere befreundet war. Man durfte nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen, aber eine kleine Kostprobe konnte nicht schaden. Neugierig schaute er auf Pattis Teller. »Hallo und willkommen in unserer Runde... Freund von Robere. Was gibt es denn bei Dir Gutes zu essen?«, fragte Arch freundlich und schmunzelte Pattrice an.


    Patrice Vertcuis
    »Das ist Sauerteigbrot, dazu gibt es Presssack, wo ich nicht genau weiß, was da alles drin ist, ich glaube, das sind hauptsächlich Innereien. In dem weißen Presssack scheint viel Fett drin zu sein und der rote schmeckt nach Blutwurst. Aber es schmeckt und so muss nichts weg.« Er pickte ein Stück Presssack zusammen mit einem Stück Brot auf die Gabel und steckte es sich in den Mund. Er schob den Teller etwas in die Mitte, zum Zeichen, dass gekostet werden durfte.


    Archibald von Dornburg
    Archibald nahm sich ein Stück von dem roten, der scheinbar Blutwurst war. In welcher Form er Blut zu sich nahm, war ihm gleich. Zur Not konnte auch Tierblut getrunken werden, dass hatte ihm Kasimir verraten. Aber ausprobiert hatte Archibald es bis dato nicht. Und Blutwurst war nichts weiter als geronnenes Blut mit Gewürzen, so hatten sie es im Zirkel hergestellt. Er ließ sich das Stück im Mund zergehen und schmeckte nach. Schwein, Blut vom Schwein und sehr lecker. Hunger auf Blut machte sich in seinen Eingeweiden breit und sein Magen knurrte vernehmlich. Er musste wohl doch bald auf Jagd gehen. »Ziemlich lecker die Blutwurst. Du bist also einer von Roberes Freunden. Robere ist auch einer unserer Freunde, privater Natur versteht sich. Wie steht ihr so zueinander?«, fragte Arch mit unschuldigem Blick. Das war also der besagte Pattrice mit Schmollmund und Knackarsch. Einen Schmollmund hatte der Gardist, daran bestand kein Zweifel, auf dem Hintern saß er gerade, so dass Arch die Beschreibung von Robere nicht überprüfen konnte. Wobei Robere für ihn Tekuro war. Robere war ein Name der unbedeutend war, denn er wurde nicht mit dem Herzen vergeben. Tekuro war nicht nur ein Name, er war eine Aussage, er war eine Liebeserklärung von einen Vater an seinen Sohn. Arch musterte kurz Arbo, ehe er wieder Patti in den Blick fasste. »Was ist Deine Aufgabe bei der Garde? Ihr seid doch ganz sicher ähnlich strukturiert wie ein Stab oder?«, fragte Arch und nahm sich noch ein Stück Blutwurst.


    Patrice Vertcuis
    »Bedien dich nur«, bot Patrice an. »Mir schmeckt der rote Presssack ohnehin nicht so gut. Robby ist mein Ausbilder, ich wurde ihm zugewiesen. Ob wir wirklich Freunde sind, wie Nathan sagt, weiß ich nicht, aber wir kommen gut miteinander aus und ich schätze Robby.« Nebenbei registrierte er, dass Archibald Robere bei seinem realen Namen nannte, den dieser verabscheute. Ihr Verhältnis war also vermutlich wenig emotional, sondern eher pragmatischer, vielleicht geschäftlicher Natur. »Und was hat euch hierher verschlagen?«, fragte er und naschte eine saure Gurke. Er nahm sie zwischen die Finger und lutschte die würzige Flüssigkeit herunter, ehe er abbiss und sie verzehrte. »Die Leibgarde ist unterteilt in vier Unitès, ich bin bei der B. Jede Unitè wird von einem Coutilier geführt und alle gemeinsam vom Palaisin. Ich habe momentan noch keine spezialisierte Aufgabe, nur den normalen Dienstalltag zu lernen.«


    Archibald von Dornburg
    »Mich hat schlichtweg mein Herr hierher geführt. Mein Herr war Dunwin von Hohenfelde und Linhard von Hohenfelde hat mich samt dem dazugehörigen Stab geerbt, wenn man so möchte. Ich bin der erste Mann in seinem Stab, am Hofe lernte ich Robere kennen. Was Linhard tatsächlich hierher verschlagen hat, sind Familienangelegenheiten, die mich ehrlich gesagt nicht im Geringsten interessieren. Befehle werden befolgt und nicht hinterfragt...«, schmunzelte Archibald und aß in aller Ruhe den roten Presssack auf. »Nun ich denke, wenn sich Robere die Mühe macht, Dich auszubilden, wird dort wesentlich mehr dahinter stecken als ein einfaches Dienstverhältnis. Man bildet jemanden aus, damit er flügge wird und auf eigenen Beinen stehen kann. Jemand, der einem gleichgültig ist, kann man nichts ausbilden. Man kann es versuchen, aber der Versuch wird scheitern und Du sieht nicht danach aus, als wäre irgendwas an Dir gescheitert Pattrice. Ganz im Gegenteil...«, säuselte Archibald, ehe er in die Finsternis starrte und dann sein zähnefletschendes Raubtiergrinsen grinste. Patti der den Anblick einer solchen Kauleiste nicht gewöhnt war, wurde dabei vermutlich ganz anders. Wie den meisten Personen, die das erste Mal einen Blick auf Archibalds Zähne erhaschten.


    Patrice Vertcuis
    Tatsächlich hörte Patrice auf, seine Gurke zu lutschen und starrte Archibald fassungslos auf den Mund. Ihm war bekannt, dass der Mann ein Vampir war und er fragte sich, ob dies ein Nebeneffekt der Verwandlung war. Um seine Nervosität zu überspielen, zerschnitt Patrice den zweiten Presssack in lauter Würfel. »Ähm ... also ich hoffe doch, dass er mich ein bisschen mag. Sonst wäre das ungünstig.« In dem Moment traten drei weitere Personen an den Tisch - und eine davon war Robere.


    Ältester
    Ein Ainuwarpriester betrat den Marktplatz, in seinem Gefolge zwei Arashi. Auch wenn es nicht mehr der Körper war, der losgezogen war um sich an was auch immer zu laben, Arch erkannte ihn sofort. Und hätte er noch einen Beweis benötigt, stand dieser dabei Teku. Und noch wesentlich wichtiger, Kazrar stand dabei. Leibhaftig... mit einem eigenen neuen Leib. Archibald grüßte sie indem er sich eine Faust auf die Brust drückte, ein Zeichen absoluter Ergebenheit. Er war glücklich seine Gruppe wieder um sich zu haben - vollzählig. Der Älteste grüßte mit einem minimalen Schmunzeln, dass kaum die schmalen Lippen seines neuen Körpers kräuselte. Würdevoll schritt er zu dem Tisch wie ein König. Obwohl Pattrice gerade zu magieabweisend war, spürte er dennoch die seltsame Aufladung die in der Luft lag, die diesen gestohlenen Körper umwabberte und überlagerte. »Tekuros Mission war erfolgreich, sein Vater Kazrar ist umgezogen.... ebenso ich. Der Tempel wird prächtig werden meine Kinder...«, sagte der Älteste und musterte Pattrice.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    »Patti«, sagte Tekuro fassungslos. Er starrte den jungen Gardisten an, als wäre er nicht von dieser Welt. »Was bei den Eiern des Ältesten machst du hier?« Endlich fing sich Tekuro, begrüßte alle Anwesenden mit Handschlag und drängelte sich dann neben Patrice. Ihn wieder zu sehen, war angenehm, gleichzeitig war er beunruhigt. Patrice sollte nicht wissen, dass er hier war.


    Kazrar
    Kazrar ergriff die Hand von Patti und schüttelte sie kräftig. »Von Dir habe ich schon viel gehört, nur Gutes, sei unbesorgt. Ich bin der Vater von Robby, nach langer Suche haben wir uns endlich wiedergefunden. Und dies ist ein Dunwolf, ein Priester Ainwuars, der uns auf seinem Pilgerweg begleitet. Ein hilfsbereiter und liebevoller Mönch, ohne dessen Hilfe wir schon einige Male aufgeschmissen gewesen wären. Du bist weit weg von Deiner Garde Pattrice. Was verschlägt Dich hierher? Musst Du nicht vor Ort, sprich im Palast bleiben? Isst Du das noch?«, fragte Kazrar und fing an den weißen Sack in sich hineinzuschaufeln.


    Patrice Vertcuis
    »Sehr erfreut, Patrice mein Name.« Er verzog schmerzhaft das Gesicht, aber gab keinen Mucks von sich. »Ach ... ach ja? Ich wusste nicht dass Robby gut von mir reden würde. Ich habe Urlaub genommen. Robby ist schon eine Weile weg und da ich sein Azubi bin, war ich in Sorge. Er hatte sich nicht abgemeldet. Drum bin ich auf eigene Faust nach ihm suchen gegangen. Ich freue mich, das du wohlauf bist, Robby.« Er schob dessen Vater den Teller hin. »Bedien dich, ich bin satt.« Er stand auf und bot dem Priester seinen Sitzplatz an. »Setzt Euch doch, Hochwürden.«


    Ältester
    Mit würdevoller Miene ließ sich der Älteste auf dem angebotenen Stuhl nieder und aß ebenfalls einen Bissen von dem Presssack. »Ein außergewöhnlich fettiges Essen. Vertrag Ihr dies gut mein Sohn? Nun begleitet uns doch ein Stück, Robere wird Euch sicher vermisst haben. Ihr seid ein guter Kamerad, wenn Ihr Euch dermaßen um Euren Freund sorgt. Kommt, trinkt und speist mit uns, wandelt an unserer Seite und in unserer Mitte...«, bot der Älteste an. Das Angebot galt einerseits natürlich Pattrice selbst. Aber vielmehr war es ein Befehl an Arch und Robby, diesen Mann umzukrempeln und in einen Gläubigen zu verwandeln.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    Tekuro glaubte, nicht recht zu hören. Patrice sollte sie begleiten? Das würde es kompliziert machen. Zum einen war er manchmal recht ungeschickt. Zum anderen würde das verhindern, dass er Arbogast angraben und sich zeitgleich zu Hause Patrice warmhalten konnte. Es sei denn ... sie planten ihn als Opfer? Tekuro wurde unruhig. »Patrice ist ein guter Freund«, erklärte er dem falschen Priester.


    Ältester
    »Oh jaaa.... das sehe ich... ein wahrer Freund und Kamerad. Selten sind sie geworden und rar gesät mein lieber Robere. Ein Freund der Dir nachreist aus Sorge, solltest Du stets in Deiner Mitte willkommen heißen. Heißen wir doch gemeinsam Pattrice willkommen«, sagte der Älteste. Er nahm Arbogasts Bierkrug und erhob ihn. Arbos entsetzen Blick ignorierte der Ur-Lich. »Auf Pattrice, einem wahren Freund und Kameraden. Willkommen in der Pilgergruppe der Ältesten«, sagte Dunwolf mit einem so freundlichen Lächeln, dass man es tatsächlich für echt halten konnte.


    Patrice Vertcuis
    Patrice war verblüfft. Dass die Infiltration der Gruppe derart reibungslos verlaufen würde, damit hatte er nicht gerechnet. Er hob sein Bier ebenso, wobei er breit lächelte.

  • Robere Tekuro Chud-Moreau
    Die Nacht schritt voran und der Schankraum sowie die Tische vor dem Gasthaus leerten sich. Die Beißer unterhielten sich lange, aßen und tranken ausgiebig. Es war Kazrars erste Einkehr in ein Gasthaus, seit er seinen neuen Körper besaß. Er und Archibald schienen sich viel zu erzählen zu haben, während Tekuro die pure Anwesenheit seines Vaters genoss. Dafür musste er nicht mit ihm reden. Tekuro ließ ihnen die Gelegenheit, sich über alte Zeiten und neue Pläne zu unterhalten und sprach mit Patrice. Als der müde wurde, wandte Tekuro sich erstmals wieder Arbogast zu und stieß ihn mit dem Ellbogen an. »He. Arbo. Noch schmollig?«


    Arbogast
    Arbogast fühlte sich gerade wie in einem Sanatorium. Überall gab es was zu Trinken, dass verlockend rief und zeitgleich hatte er eine Horde Wächter um sich herum sitzen, die ihn beim ersten Anzeichen von Schwäche niederknüppeln würden. Ziemlich allein, jedenfalls vom Gefühl her, schaute er in sein Glas und aß die letzten Nudeln vom Teller, als ihn Robby anstieß, der nun Teku hieß und seinen Vater wieder hatte. Einen der scheinbar auch gerne ein Vater war. Arbo musterte Tek und schüttelte den Kopf. »Nein ich bin nicht mehr sauer, was ist los? Müde?«, fragte er freundlich.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    »Ich bin nicht müde. Du? Sonst bring ich dich rauf in Pattis Zimmer, der gibt uns den Schlüssel.«


    Arbogast
    »Nein aber wir können trotzdem raufgehen, da haben wir unsere Ruhe und die anderen können über alte Zeiten plaudern. Wir wissen darüber eh nichts, und können nur zuhören. Was meinst Du? Vielleicht hat der Wirt Karten und wir können ein bisschen Karten zocken? Würfel habe ich dabei«, schlug Arbo gut gelaunt vor.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    »Gute Idee. Patti, gib mal den Schlüssel und sag die Zimmernummer.« Patrice wirkte wenig begeistert, dass er die zwei in sein Zimmer lassen sollte, aber er rückte den Schlüssel anstandslos heraus und schob ihn über den Tisch. »Zimmer 3«, sagte er. Tekuro nahm den Schlüssel in die Hand und erhob sich. »Wir sind auf Pattis Zimmer, Papa«, meldete er sich ordentlich ab.


    Kazrar
    Kazrar nickte seinem Sohn zu. Immerhin wusste er, dass Teku mit Arbo üben wollte, jedenfalls was das Flirten anging. Wie weit sein Sohn gehen wollte und gehen würde, dass würde sich noch herausstellen. Kaz lächelte freundlich und nickte seinem Sohn zu. »Nur zu, viel Spaß Euch beiden«, antwortete er gut gelaunt und hob unter dem Tisch einen Daumen um Teku Glück zu wünschen.


    Arbogast
    »Zimmer drei, aller guten Dinge sind drei, heißt es doch«, erklärte Arbogast. Er ging nach vorne an die Theke und fragte nach einem Kartenspiel. Der Wirt händigte es ihm anstandslos aus und er ließ es auf die Rechnung von Zimmer 3 schreiben. Das hatte Patti ja so gesagt. Arbo schlenderte zurück zu Teku und zeigte ihm die Karten. »Wir können, auf gehts. Und bitte nicht wieder streiten«, bat Arbo und ging vor.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    Tekuro war wahrscheinlich der einzige erwachsene Sohn, der seinen Vater wegen einem Abschied von vielleicht nur einer oder zwei Stunden umarmte. Aber er hatte auch sein Leben lang ohne Vater verbringen müssen. Er drückte ihn so lange, bis Arbogast mit einem Kartenspiel zurückkehrte. Dann folgte er Arbogast die Treppe zu den Zimmern hinauf. »Ich zank nicht.« Er schloss auf, ließ Arbogast eintreten und verschloss hinter ihnen beiden die Tür. Das Zimmer war sehr klein, mit einem Einzelbett, wie Tekuro zufrieden feststellte. Er setzte sich im Schneidersitz darauf. »Setz dich. Ich will dich was fragen.«


    Arbogast
    Arbogast nickte erleichtert und erfreut und folgte Tekuro. Das Zimmer war klein und bescheiden, aber um hier in Ruhe dösen oder zocken zu können reichte es völlig aus. Arbo zog die Schuhe und die Jacke aus und setzte sich aufs Bett. »Was möchtest Du denn fragen?«, hakte er gut gelaunt nach und mischte die Karten.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    »Ups, Schuhe.« Tekuro zog ebenfalls seine Kampfstiefel aus und stellte sie nebeneinander vor das Bett. »Ich wollte fragen, wie es dir geht.«


    Arbogast
    »Im Moment ganz gut, auch wenn es etwas langweilig unten war. Naja Arch und Kaz haben sich viel zu erzählen, da sind wir abgeschrieben. Jedenfalls ich. Was auch einen Vorteil hat, Arch lässt mich in Ruhe. Und ein weiterer Vorteil ist, wir hören nicht die ganze Zeit die Näsel-Stimme »ohhh Archi.... ohhhhhhhhhhhhhhh Archi...« dass Arch den noch nicht gefressen hat, versteh einer. Wobei er ihn vermutlich wirklich mag. Aber Arch hat eh einen seltsamen Geschmack, handelt seltsam und ist sowieso ganz seltsam. Und wie geht es Dir, jetzt wo Dein Vater im neuen Fleisch steckt? Freut er sich über seinen neuen Körper?«, fragte Arbo und verteilte die Karten.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    »Ja, er freut sich. Ich hab mir Mühe gegeben, einen wirklich guten Körper auszuwählen. Der ist gut trainiert, ein Arashi und passt vom Alter her, er wollte einen älteren Körper haben. Und der Stachel funktioniert. Hab lange gesucht, bis ich mit allem zufrieden war. Wir haben ihn in einem Badehaus eingeweiht. Und jetzt sagst du mal die richtige Antwort auf meine Frage. Ich wollt nicht hören, wie es dir unten am Tisch ging. Dass du dich da gelangweilt hast, war nicht zu übersehen. Sondern wie es dir generell geht.«


    Arbogast
    Arbo hielt beim Verteilen der Karten inne und musterte Tekuro. »Ein funktionierender Stachel ist wichtig, jedenfalls macht er sehr viel Spaß. Wie es mir geht interessiert sonst keinen. Aber Du hast versprochen nicht zu streiten, also werde ich auch nicht anfangen. Zudem hättest Du ja gar nicht fragen müssen. Ja unten war mir langweilig, aber generell geht es mir schlecht. Ich fühle mich schlapp und ausgelaugt. Einfach so dass ich keine Kraft mehr habe. Manchmal frage ich mich, wofür wir überhaupt in dieses Kellerloch wollen. Ist nicht ein Loch so gut wie jedes andere? Ich bin müde, trifft es nicht annähernd. Ich bin es manchmal einfach leid. Ich würde gerne mal was Schönes unternehmen. Irgendwas, wo man sich entspannt, Spaß hat, lacht und sich gut fühlt. Wir sind immer nur unterwegs für irgendwelche Kämpfe und wofür? Für was Teku? Wenn wir den Keller von diesem Schloss erobert haben, was passiert dann? Es ist doch eigentlich sinnlos, wer will in einem Keller wohnen, wo das Haus nicht mehr steht. Oder ich kapiere es nicht. Und wie geht es Dir? Nach all dem Auf und Ab mit Deinem Vater? Wenigstens bleibt er jetzt und Du hast einen Vater«, sagte Arbo freundlich.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    »So reden Sterbende, Arbo. Ich find`s gut, dass du nicht gesoffen hast, zumindest nicht viel. Du hast im Badehaus gefehlt, das hab ich zu Kaz gesagt. Wir haben da lecker gegessen, nur die Leute haben genervt. Aber Papa hat einen Zuber für uns zu zweit ausgesucht, der bisschen abseits war. Was würdest du gern unternehmen? Ich unternehm sonst nicht so viel von mir selbst aus, ich geh immer einfach mit, wenn die Kameraden irgendwo hingehen. Sag, was du so magst. Du musst Kraft tanken.«


    Arbogast
    Arbogast lehnte sich zurück und dachte angestrengt nach. »Das Badehaus klingt nach Spaß. Da hattet Ihr sicher eine gute Zeit. Danke dass Du zuhörst. Wie war es in dem Badehaus so? Erzähl mal ein bisschen. Manchmal wenn ich ein bisschen Geld übrig hatte, habe ich mir einfach wo was gutes zu essen gekauft. Nichts vom Zirkel und nichts billiges, sondern einfach ein gutes, leckeres Essen. Ich bemühe mich nicht zu trinken, aber es ist schwer. Es geht leichter mit etwas in der Rübe als ohne, dass kann ich Dir schwören. Aber vielleicht ist es nur die erste Zeit so. Ich muss mich dran gewöhnen. Einfache Dinge reichen schon aus um sich wohl zu fühlen. Ein Tag frei. Du stehst auf, wenn Du von allein wach wirst. Keiner möchte etwas von Dir, keiner tut Dir etwas, Du bist einfach Du und kümmerst Dich mal um Dich selbst oder hast einfach einen schönen Tag. Oder Du unternimmst was mit wem. Wie Du mit Deiner Garde. Ich mag auch zu den Musikern gehen, aber nicht zu Nathan, sein Text ist sehr einseitig, was seinen Gesang angeht. Oder Spielleute sind ganz interessant. Aber sie kommen nicht nach Obenza, sie sind ja nicht lebensmüde. Ich habe gehört in Beaufort gibt es Museen, da wird alles mögliche ausgestellt. Warst Du schon mal in einem Museum?«, fragte Arbo neugierig.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    »In einem Museum?«, wiederholte Tekuro ungläubig. »Nein, war ich noch nie! Wolltest du nicht, dass ich dir einen Tittenfick spendiere?« Tekuro war verwirrt. Die zwei Dinge passten in seinem Weltbild nicht zusammen. »Aber wir können uns meinetwegen ein Museum anschauen. Eins mit Waffen und Rüstungen zum Beispiel. Das Badehaus, ja ... ich war da bisschen verklemmt. Papa meinte, das ist ein verkappter Puff und ich wollte nicht, dass ihn irgendwer anspringt, weil ich ihn gerade erst wieder habe. Ich wollt ihn für mich haben. Der kann später immer noch in einen Puff gehen. Aber das Essen war gut und ich durfte seinen Rücken massieren. Papa ist ein Genießer. Ich hab aufgepasst, so dass er nach der Massage auf dem heißen Stein schlafen konnte. Warum säufst du eigentlich so viel? Das ist nicht gut für dich. Wegen Archi? Pass auf. Ich hab was für dich.«


    Arbogast
    »Was hast Du denn Schönes für mich?«, freute sich Arbo. »Das passt nicht zusammen, muss es doch auch nicht. Wenn man mal Lust auf Sex hat, ist es das eine. Und wenn man sich fragt, was in Museen eigentlich rum steht was ganz anderes. Manchmal frage ich mich so blödes Zeug. Oder kennst Du das, Du siehst Leute und fragst Dich wie es bei ihnen Zuhause aussieht? Oder siehst ein Haus und denkst, wie es wohl aussieht? Und ob man erraten könnte wer es eingerichtet hat? Solche Dinge. Das ist nur wie Arch sagt ein Hirnfurz, aber es macht Spaß über sowas nachzudenken. Es lenkt ab. Nicht wegen Archibald alleine, wegen allem aber bitte sag ihm das nicht, er macht mich sonst fertig Robby«, bat Arbo.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    »Gar nichts sag ich ihm. Soll er dich selber fragen. Ich kenn solche Fragen nicht, nein. Du denkst ziemlich viel nach. Du bist ein verkappter Eierkopf, kann das sein?« Tekuro kramte an der Seite unter seiner Rüstung herum und rückte ein Stück näher.


    Arbogast
    »Ich hoffe nicht, reicht schon wenn meine Zähne krumm und schief sind, wenn ich dann auch noch einen Eierkopf habe, kann ich mich gleich abschreiben«, stöhnte Arbo.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    »Mann, ein Eierkopf ist ein Gelehrter! Warte, gleich hab ich`s.«


    Arbogast
    »Ich bin kein Gelehrter, ich bin nur neugierig und mir ist oft langweilig. Dann denke ich Hirnfürze. Ich glaube kaum dass sich Gelehrte für sowas interessieren. Was machst Du denn da?«, fragte Arbo grinsend.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    »Dein Geschenk rauspulen, ich musste es sicher verwahren.« Endlich hatte er es unter der Kleidung herausgefummelt, die unter seiner Rüstung war. »Für dich«, sagte er und reichte Arbogast ein frisches menschliches Ohr.


    Arbogast
    Arbogast nahm es entgegen und betrachtete es genau. »Dankeschön. Wie komme ich zu der Ehre?«, fragte Arbo ganz leise.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    »Ich wollte dir eine Freude machen. Hab ich vorhin ganz frisch abgeschnitten. Ich hab`s gesehen und an dich gedacht. Schau, da ist ein Stück leckere Kopfschwarte dran.«


    Arbogast
    »Wieso hast Du an mich gedacht?«, fragte Arbo und legte das Ohr behutsam beiseite und musterte nun Tekuro anstatt das Ohr. Die Karten schienen sie beide völlig vergessen zu haben.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    »Du drängst mich ganz schön in die Ecke mit deiner Fragerei. Papa hat mir den Tipp gegeben, weil wir dauernd aneinander vorbei reden. Ich hab ihn um Hilfe gebeten.«


    Arbogast
    »Entschuldige, ich möchte nicht streiten, sag mir doch einfach was er sagte. Ich möchte Dich nur verstehen und mit Dir auskommen. Ehrlich, ich will nicht streiten oder zanken, aber es passiert uns immer. Und dann ist da noch Blas-Maul, wer ist der Kerl? Er sieht auch als hätte er eine geschwollene Vagina im Gesicht. Ich kann den kaum angucken, da zuckt mein Prügel in seine Richtung«.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    »Ich fragte Kazrar, wie er damals mit Arkan zusammengekommen ist. Und er sagte, indem er ihm etwas zu Essen gegeben hat. Sie hatten beide einen blutigen Mund und dann ging es los. Ich dachte, dass wir uns dann vielleicht auch besser verstehen. Weil ich will nicht zanken und du auch nicht, trotzdem tun wir`s dauernd. Drum hab ich dir eine ganz frische Leckerei besorgt, eine, die man nicht so einfach bekommt. Blas-Maul? Das ist Patti!« Tekuro grinste breit. »Er ist ein Kamerad, mein Lehrling, sozusagen mein Mündel.«


    Arbogast
    »Das hat Dein Vater nett gesagt. Sein Mann ist auch tot oder? Wollen wir uns das Ohr teilen? Ja stell Dir nur vor, was er alles mit den Lippen tun könnte. Der weiß gar nicht was er da im Gesicht hat oder? Bist Du sehr glücklich mit Deinem Vater Teku? Patti ist Dein Mündel, magst Du ihn sehr?«, fragte Arbo vorsichtig.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    »Glücklich ist kein Ausdruck. Seit mein Vater bei mir ist, fühl ich mich, als ob ein ewiger Winter vorbei wäre. Ich hab vorher nicht gewusst, dass ich jemanden derart lieben kann. Sein Arkan ist nicht mehr, er wurde zusammen mit Kazrar von Ansgar abgeschlachtet. Du weißt, was ich mit ihm vorhabe. Patti mag ich, ja. Der sieht einfach nur heiß aus, so ein Mund gehört verboten. Ich weiß gar nicht, ob Patti weiß, was er für eine Wirkung hat. Ich hab nie mit ihm darüber geredet. Gefällt er dir?« Tekuro nahm das Ohr zwischen die Zähne und kaute und lutschte darauf herum. Er merkte es sofort zwischen seinen Beinen. Der Mann, dem es gehört hatte, stand Patrice äußerlich nur wenig nach.


    Arbogast
    »Entweder weiß er es nicht und macht ohne Grund einen Schmollmund, oder er weiß sehr wohl wie er aussieht und lässt jeden zappeln und zieht bewusst immer so eine Schnute, dass einem ganz komisch wird. Ja das kann ich gut verstehen Teku, wirklich. Manchmal wünsche ich mir, dass mein Vater einfach mal was Nettes sagt. Er korrigiert mich immer nur. Das er mal bei einem Fehler sagt nicht so schlimm, oder es gar nicht erwähnt. Oder sogar mal was Nettes sagt wie Deiner, das wäre schön. Ich weiß, dass ich nicht seine Erwartungen erfülle. Aber kann er mich nicht trotzdem mögen? Oder mochte er mich vielleicht mal, weil er mich aufziehen ließ und dann geschah etwas, dass seine Meinung änderte? Ich weiß es nicht. Und auch wenn wir gestritten haben und ich blödes Zeug gesagt habe, weil ich eifersüchtig war, ich freue mich für Dich, dass Du einen Vater hast der einer ist. Ganz ehrlich«, sagte Arbo und nahm Teku vorsichtig das Ohr ab um ebenfalls zu probieren.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    »Frag Patti doch einfach. Der ist in Ordnung, mit dem kann man reden. Du warst eifersüchtig? Wie jetzt, wegen wem? Weil Archi nett zu mir war? Ich weiß, was ihn an dir stört. Dass du so viel trinkst. Das macht dich kaputt. Noch was, ich frag nur aus Neugier. An deinem Mund, war das ein Messer oder ist das eine Hasenscharte?« Er beobachtete genau, wie Arbogast auf dem Ohr herumkaute. »Ist es gut?«


    Arbogast
    »Mit der Klinke wurde ich geboren und im Tempel haben die es irgendwie verschlossen. Wenn man das Hasenscharte nennt, ist das eine. Nein ich war eifersüchtig auf Dich und Kaz, ich hätte auch gerne so ein Vater. Ich trinke weil ich manches nicht ertrage. Aber ich versuche es. Vielleicht klappt es mit Arch besser, je weniger ich trinke. Nee lass mal, ich lege mich nicht mit Patti an. Nachher fühlt er sich beleidigt und dann? Lass ihn doch einfach so aussehen und wir machen uns heiße Gedanken«, grinste Arbo und reichte Teku das Ohr, »Hier Du wieder«.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    »Ja, dann hast du eine Hasenscharte. Die passt zu dir, ein guter Freund hat auch eine Narbe im Gesicht. Was erträgst du denn nicht? Jetzt bin ich da und ich helf dir. Du musst nur sagen, was du brauchst. Tittenfick, Museum, Badehaus. Noch was? Ich kann Patti für dich fragen, wenn du dich nicht traust. Soll ich? Rück mal rüber.« Er legte sich über die Karten auf das Bett, das Ohr im Mund, an dem er genüsslich lutschte, und zwar an der blutigen Seite wie an einem Lolli. Arbogast schien es nicht so richtig zu schmecken, dabei war es gut.


    Arbogast
    Arbo legte sich neben Teku und lehnte sich an. »Wir müssen Archibalds Vorgaben erfüllen. Kann es nicht reichen was ich kann und möchte? Ich meine ich bemühe mich doch. Patti will nichts von mir, dass kannst Du mir glauben. Zudem ist er Deiner, Du magst ihn, dass sieht man. Ich grätsche Dir da nicht rein Teku. Ja das können wir alles zusammen machen und was möchtest Du? Das muss ja uns beiden gefallen«, sagte Arbo und rollte sich auf die Seite um Teku angucken zu können. »Weißt Du, ob wir das jemals machen ist total egal Robby, einfach nur darüber nachzudenken und darüber rumzuspinnen was wir alles machen könnten, das gefällt mir. Mit Dir kann man gut solche Gedanken teilen. Und wir streiten uns gar nicht, wenn wir uns beide ein bisschen bemühen. Patti redet sicher da unten noch eine Weile. Wollen wir was dösen? Dann sind wir morgen früh fit. Du hast Dein Versprechen gehalten Bruder«, sagte Arbo dankbar und mummelte sich ein.


    Robere Tekuro Chud-Moreau
    Tekuro blieb liegen, so dass sie sich unverfänglich berührten. »Für mich sind das keine Träumereien hier, Arbo. Du kriegst die Dinge, die du dir gewünscht hast. Und klar halte ich mein Versprechen. Für was hältst du mich?« Er steckte das Ohr wieder ein, damit er später noch etwas davon hatte. »Ja, ich mag Patti. Aber ob der überhaupt von jemandem was will, weiß ich nicht. Er ist sehr zurückhaltend. Wenn er Interesse hat, dann zeigt er es nicht und hat auch noch nie ein Wort darüber verloren, wen er scharf findet. Die Kameraden wollten ihn mal in den Puff mitschleifen, aber ich lass ihn nicht allein mit denen mitgehen. Ich vermute, er ist abgehauen, da sie ihn zu hart rangenommen haben, kaum dass ich weg war. Aber jetzt ist er hier und in Sicherheit. Und du auch. Schlaf, Arbo. Ich pass auf euch auf.«

    "Not all those who wander are lost."
    J.R.R. Tolkien

  • Tekuro öffnete die Augen. Ein Geräusch hatte ihn geweckt.


    Patrice kam leise in das Zimmer, schloss die Tür wieder und drehte den Schlüssel herum. Er entledigte sich seiner Rüstung und der Oberbekleidung. In Unterwäsche analysierte er das Bett im Hinblick auf einen möglichen Schlafplatz. Es war nur ein Einmannbett und es lagen bereits zwei ausgewachsene Männer darin. Robere rückte mit den Füßen zum Rand hin. Zwischen seinen und Arbogasts Beinen war nun ausreichend Platz. Patrice stieg darüber, legte sich mit dem Kopf ihren Füßen zugewandt da hinein und schob seine eigenen Füße zwischen ihre Köpfe. So ineinander verschachtelt passten sie auch zu dritt in das Bett.


    Tekuro grunzte glücklich und nahm einen tiefen Atemzug, bevor er wieder einschlief.

    "Not all those who wander are lost."
    J.R.R. Tolkien

  • Sein Name war Patrice Vertcuis.
    Alles, was er war, stand in einer fingerdicken Akte verzeichnet, samt einem konstruierten Lebenslauf, den Kopien seiner falschen Dokumente, erfundenen Eltern, passenden Interessen und einer für die Mission geeigneten sexuellen Orientierung. Er pflegte privat einen hinterwäldlerischen, ja altmodischen Kleiderstil zu tragen, die einem Großvater zu Ehren gereichen würde, da seine angebliche Heimat ein Dorf in der Provinz war, ein kleines Örtchen im nur dünn besiedelten Lehen La Grange. Sie würden, sollte sich wieder Erwarten jemand bei ihnen erkundigen, in ihren Melderegistern tatsächlich die Existenz von Patrices Familie nachlesen können, samt einem verlassenen Wohnsitz auf dem Land, der besucht werden konnte, doch im Hinblick auf den Umzug der Familie würde sich die Spur im Gewirr bürokratischer Vorgänge verdünnen und schließlich verlieren. Man würde zu dem Schluss kommen, sie hätten ohne Genehmigung das Lehen gewechselt. Man würde sich ärgern, es dann aber dabei bewenden lassen, da der zu erwartende Nutzen den Aufwand nicht rechtfertigen würde. Würde man Patrice fragen, würde er ein zerrüttetes Verhältnis zu seiner Familie angeben und dass es ihnen durchaus ähnlich sähe, umzuziehen, ohne dem ungeliebten Sohn Bescheid zu geben. Er konnte eine herzzerreißende Geschichte von zerstörerischem Erfolgsdruck zum Besten geben, die dazu geführt hatte, dass er zum Arbeiten möglichst weit weg von seiner Familie geflohen war und wie er schließlich aufgrund guter Empfehlungen in Beaufort bei der Leibgarde gelandet war. Seither arbeitete er als Gardist bei der Leibwache des Ducs, war Mitglied der Unitè B, aß bevorzugt herzhafte Hausmacherkost und verbrachte seine Freizeit gern mit der Vogeljagd, da die Jagd auf Hochwild ein Privileg des Adels war. Absichten, den Stammbaum seiner verabscheuten Familie fortzusetzen, hegte er keine, sondern erfreute sich an dem boshaften Gedanken, dass mit seinem Ableben eines Tages das kleine und bedeutungslose Geschlecht Vertcuis aussterben würde.


    Das alles war Patrice, die Rolle, die er spielte.


    Und er spürte, wie er sie so sehr verinnerlicht hatte, dass der Mann hinter der Maske zu verblassen begann. Schauspielerei war eine zerstörerische Kunst, wenn man das Maß nicht fand. Für Patrice gab es kein anderes Maß als hundert Prozent. Sein wahrer Auftrag war nicht, als Leibgardist die Krone vor der Bedrohung von außen zu schützen - sondern als Stählerner Lotus potenzielle Bedrohungen von innen zu ergründen und notfalls zu reagieren. Seine Kunst war die Lüge und an Waffen trug er viele. Manche sichtbar, wie sein harmlos wirkendes Äußeres, was dazu führte, dass man seine wahre Gefährlichkeit sträflich unterschätzte, manche tiefer unter der Maskerade verborgen. Patrice war wie eine schöne Blüte, in der sich gut getarnt die hochgiftige Lotosspinne verbarg.


    Aber wer war der Mann dahinter?


    Es war dunkel und roch nach einem fremden Zimmer. Draußen sang eine frühe Amsel. Es dämmerte noch nicht. Patrice lag auf dem Bett und an seiner Seite schliefen Robere und sein neuer Kumpel Arbogast. Patrice lag verkehrt herum in ihrer Mitte, die Füße zwischen ihre Köpfe geschoben. So hatte man mehr Platz, als wenn man Kopf an Kopf lag. Dass Robere sich für hübsche junge Männer interessierte, war ein offenes Geheimnis. Man durfte es nicht aussprechen, da ihn das wütend machte. Die ganze Einheit wusste davon, nur Robere leugnete sein Naturell hartnäckig. Warum, war nicht ganz einfach zu sagen, denn in Souvagne waren gleichgeschlechtliche Liebschaften nicht benachteiligt, sondern wurden vor dem Gesetz gleichberechtigt behandelt. Überhaupt war Robere nicht ganz leicht zu verstehen.


    Patrice fiel genau in sein Beuteschema. Das war Zufall, da seine eigentlichen Zielobjekte die Agentensöhne Boldiszàr und Bellamy waren, aber dieser Umstand spielte ihm gut in die Karten. Über Robere konnte er näher an Boldiszàr herankommen. Alles, was er tun musste, war, ihn zu knacken. Das hatte sich jedoch als sehr viel schwieriger herausgestellt, als zunächst geglaubt. Und bewies einmal mehr, das gutes Aussehen bei weitem nicht reichte.


    Robere lag auf der Seite, den Bauch in seine Richtung gedreht. Patrice drehte sich ebenfalls auf die Seite und schob sich so, dass sein Gesäß wie zufällig Roberes Schritt berührte. Ganz sacht. Vielleicht würde Robere es nicht einmal bemerken und sich im Schlaf wegdrehen. Es war ein Versuch von vielen. Patrice gefiel die Berührung und er hätte sie gern intimer. Gefiel sie dem Pascal unter der Maske? Eine Frage, die sich zu stellen Zeitvergeudung gewesen wäre. Pascals Meinung war irrelevant.


    Patrice versuchte, sich für einen Augenblick daran zu erinnern, wer er einst gewesen war, bevor er die Rolle des Patrice spielte. Wie die meisten seiner Familie war er mit einer passiven Gabe ausgestattet, die eigentlich ein Mangel war und nur bedeutete, dass er keine Gabe besaß - Pascal war ein Antimagier. Ein Stumpfer, ein Seelenloser, immun gegen alle Arten von magischer Beeinflussung. Besonders bedeutsam war dies, um unter dem kontrollierenden Blick der Himmelsaugen unbemerkt hindurch zu schlüpfen. Sie konnten ihn nicht auslesen, sie nahmen ihn nicht einmal wahr. Das machte die Antimagier zu perfekten Spionen in einer von Magiern beherrschten Gesellschaft. Pascals Familie diente der Krone seit Generationen und sie heirateten bewusst andere Antimagier, um ihren als Gabe verpackten Mangel zu erhalten. Es war von Anfang an klar gewesen, dass Pascal in die Fußstapfen seiner Vorfahren treten würde. Man hatte ihn nach seinem Onkel benannt - und zwar nach dessen Decknamen. Den Wirklichen kannte nicht einmal die eigene Familie. Von Anfang an hatte Pascal gelernt, verschiedenste Rollen zu spielen. Mit zwölf war er in den Orden des Stählernen Lotus eingeführt worden und niemand wusste, dass er bereits damals einen Decknamen trug. Er hatte nicht nur eine einzige falsche Identität, sondern ein Zwiebelsystem von übereinandergeschichteten Lügen, die seine wahre Natur verbargen. Wenn eine Schicht drohte, offenbart zu werden, beorderte man ihn unter einem Vorwand sofort ab, bevor die zweite Maske als solche enttarnt wurde. Die tiefste Schicht kannte nicht einmal er selbst. In Wahrheit hieß der junge Mann, der in diesem Gasthaus neben Robere lag, nicht einmal Pascal.


    Und das war ein Gedanke, der schmerzte.


    Der Name, den er auf seiner verschlossenen Geburtsurkunde stand, würde anders lauten, würde er Einsicht nehmen dürfen. Er war nicht einmal sicher, ob seine Eltern wirklich seine Eltern waren, oder nur seine Ausbilder. Er war ein Mann, dem man sein Selbst geraubt hatte, das innerste Herz aller Masken, das Ich, das in irgendeinem Stahlschrank verborgen lag. Außer ihm selbst und seinen Eltern wusste niemand, dass diese Person überhaupt irgendwo existieren musste, denn sie hatte nie das Tageslicht erblicken dürfen. Der Mann, der er hätte sein sollen - er war nie wirklich geboren worden. Und auf eine gewisse Weise verband ihn das mit den Agentenkindern, die zu überwachen er hier war, ebenso wie Robere, der sein Katalysator sein sollte.


    Der seines Namens beraubte junge Mann, der hier unter mehreren Masken lag, war zu Tode einsam. Er hatte nie Freunde gehabt, sondern nur vorgegeben, welche zu haben, um sie, sobald sie ein falsches Wort sprachen, an seinen Orden zu verraten und zu verkaufen. Das war das Wesen eines Stählernen Lotus. Er hatte ein einziges Mal den Fehler gemacht, zu lieben, dann hatte der Stählerne Lotus zugeschlagen, der sich unter Louis verbarg, seiner damaligen Persona. Louis war der Name eines Mörders. Keine zwei Monate hatte seine Liebschaft überlebt, ehe er von seiner Befugnis, das Objekt ohne Prozess zu exekutieren, Gebrauch machte. Vom Ort des Geschehens war er anschließend von seinem Orden weggeholt worden, ehe jemand allzu sehr in seine Richtung nachforschte, um die nächste Rolle zu spielen, mit neuer Frisur, neuem Namen, neuer Identität - so lief das immer, zu seinem Schutz - und man hatte ihn danach an den Hof versetzt, eine Anerkennung seiner Leistungen, eine große Ehre und so war er in die Haut von Patrice geschlüpft. Seither hatte er nie mehr gewagt, zu lieben oder auch nur Freundschaften vorzutäuschen, wenn er schon keine wirklichen Freunde haben konnte. Es war sicherer und den Gedanken, dass sie ohnehin nur die Persona mochten, aber nicht die Person, war schmerzlich. Wenn diese Maske fiel, offenbarte sich darunter der Spitzel, der Verräter, der Denunziant, das Kameradenschwein. Doch vor allen anderen hatte man ihn verraten und um seine Identität betrogen. »Ihn« gab es nicht.


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