Wolfsblut

  • "Ahh, verdammt!", fluchte es, als sich Fallon plötzlich zurückgeworfen in seinem Bewusstsein fühlte. Etwas hantierte an seinem Arm herum. Der Raum in den er sich befand, roch unangenehm nach scharfen Kräutern. Hin und wieder meinte er auch einen süßlichen Duft eines Trankes zu erschnuppern. Doch seine Sinne waren getrübt und Fallon konnte sich auch irren. Nur vage, im Moment versunken erinnerte sich an den Kampf, dann Tsacko – schließlich Schwärze.


    "Ruhig Blut, junger Mann."


    Eine kratzige Stimme ertönte irgendwo neben Fallon. Sie war nicht weit weg, vermutlich sogar direkt neben ihn. Seine Augen versuchten sich öffnen. Dabei überflutete ihn Übelkeit und Schwindel, welche er nur mühseelig bekämpfen konnte.


    Fallon blickten zwei fremde Augen an. Grau und von Falten umringt. Sie gehörten zum Gesicht eines alten Mannes, der an seinem Arm rieb und etwas um diesen legte. Die Stelle an der die Wunde zuvor war, fühlte sich schlichtweg kalt und taub an. Was hatte das zu bedeuten? Fallon drehte seinen Kopf und blickte seinem Arm hinab. Von zwei alten Händen wurde um seine Armverletzung ein Verband angelegt. Wesentlich professioneller, als er es gekonnt hätte. "Wer seid Ihr?", fragte Fallon mit brüchiger Stimme. Dabei schaute er dem Mann entgegen, der gerade die Behandlung zu Ende brachte.


    Vorsichtig legte er den Arm Fallons zurück auf das Bett. Erst jetzt merkte er, dass er seine Gließmaßen nicht wirklich bewegen konnte. Nur sein Kopf war einigermaßen beweglich. "Mein Name ist Gwyn. Ich bin Heiler, um dich zu beruhigen." Ein sorgfältiger Blick Gwyns glitt über den Körper Fallons. "Keine Sorge, in circa fünf Minuten wirst du dich wieder bewegen könnten. Ich rate dir trotzdem zu dringlicher Ruhe. Die Wunden sind gereinigt und vernäht. Sie werden aber sicherlich unschöne Narben hinterlassen. Ihr solltet es aber positiv sehen. Ihr lebt noch."


    Ungläubig blickte Fallon den Menschen neben sich an. "Wie bin ich hierher gekommen?"


    "Jemand hat Euch hergebracht. Sagen wir ein Rudel von Hunden und deren ... Meister. Er hat darauf bestanden, dass Ihr behandelt werdet und mir auch eine Bezahlung versprochen. Die habe ich schon bekommen. Keine Sorge."


    Dieser verlauste Köter. Tsacko selbst hatte kein Geld, also kann die Bezahlung nur aus Fallons eigenem Geldbeutel stammen. So oder so hätte Fallon es für die Behandlung ausgeben müssen. Im Nachgang musste er sagen, dass der Auftrag sich rein gar nicht rentiert hat. Zumindest hat Tsacko sein Überleben gesichert.


    "Vielen Dank Gwyn. Ich hoffe der ... Meister war keine zu große Nervensäge. Wo ist er eigentlich?"


    Gwyn musste lachen, dabei erhob er sich. "Komisch ist er schon, aber was soll's. Ohne ihn wärt Ihr tot. Ich werde Euch jetzt noch einen stärkenden Tee bereiten. Bis dahin sollte die Betäubung auch aufhören. Was Euren Freund betrifft: der wollte draußen mit seinen hündischen Genossen warten."


    Der Heiler verschwand durch Tür des kleinen Raumes hinaus und überließ Fallon seiner Ruhe. Dieser hingegen lag nun da, atmete tief durch und überlegte, was er nun sein sollte. Dankbar, wütend oder beides? Tsacko hatten sein Leben gerettet, nimmt aber jeglichen Ruhm zur Erschlagung Grizzlys an sich. Dem Flohpelz wusch er noch anständig den Kopf.


    Mit diesen Gedanken schloss Fallon für einen Moment die Augen. Langsam machte er sich seines geschwächten Körpers bewusst. Zwang seinem Körper wieder die geistige Kontrolle auf, um allmählich seine Gliedmaßen wieder bewegen zu können.


    Nach und nach gelang ihm dies auch. Sein Körper wollte ihm wieder gehorchen. Als er sich aus seiner liegenden Position erhob, blickte er auf seinen nackten Körper. Moment ... was?! Mit einem Schrecken stellte Fallon fest, dass er vollkommen entblößt auf dem Bett lag. Nur sein Halsband trug er, seine Rute lag ruhig neben ihm. Röte schoss ihm in den Kopf. Sein Blick eilte neben sich, er suchte seine Kleidung, die zum Glück direkt neben dem Bett abgelegt worden war. Ohne zu zögern und die Schmerzen ignorierend schnappte er sich seine Hose und striff sie sich über. Vorher band er natürlich seineHunderute an dem gesunden Bein an.


    Gerade noch fertig geworden, öffnete sich auch wieder die Tür des Zimmers. Der alte Mann stand mit einer Tasse Tee zur Stärkung darin. "Mit frischen Kräutern und Wurzeln.", versprach Gwyn. Misstrauisch nippte Fallon am Tee. So wie es zu erwarten war, schmeckte das Gemisch fürchterlich und Fallon verzog das Gesicht. "Es hilft, also muss es nicht gut schmecken." Mit einem Augenrollen nickte Fallon nur und würgte sich das Zeug weiter herunter.


    "Wenn Ihr es wünscht, würde ich Euren Freund hereinbitten. Er möchte Euch sicherlich sehen."


    Fallon war sich nicht ganz sicher, ob er es auch wollte. Doch eine andere Wahl hatte er kaum. "Na gut. Ich danke Euch.", entgegnete Fallon schließlich wieder. Abermals verschwand Gwyn zur Tür hinaus, dieses Mal jedoch, um Tsacko zu Fallon zu bringen.

  • Tsacko lag rücklings auf der Wiese in der Sonne und schlief. Sein nassgeschwitztes Oberteil hatte er neben sich ausgebreitet, damit es trocken kann. Als Gwyn zu ihm traten, wachte er auf, blieb aber liegen. Erst, als der Mann ihn reinbat, stand er auf in ging zu Fallon hinein.


    "Morgen, König der Wälder", verkündete er. "Gut geschlafen? Irgendwie siehst du immer noch ziemlich scheiße aus. Wir sollten dir was zu Essen organisieren. Essen macht dich sicher gleich wieder fit. Ich bin inzwischen um die halbe Welt gerannt, um den raffgierigen Sack da zu bezahlen." Er nickte in Richtung von Gwyn. "Hoffentlich hat er dich wenigstens ordentlich zusammengeflickt und keine Wackersteine eingenäht oder das Operationsbesteck in dir vergessen. Immerhin weiß ich jetzt, wem ich nicht helfen werde, wenn ich ihn mal abgestochen in der Gosse finde."

  • Die angenehme Ruhe des Raumes ließ Fallon ein letztes Mal tief durchatmen. Gwyn war gerade zur Tür hinaus. Als Erstes galt es, dass Fallon versuchen musste, auf die Beine zu kommen. Oder doch lieber erst einmal den Körper weitestgehend bedecken? Augenblicklich errötete sein Gesicht. Seine Hand griff an seinen Hals. Gwyn hatte es gesehen. Auch noch dazu, dass er Gestaltwandler war. Sicherlich wäre es besser, so schnell wie möglich das Weite zu suchen.


    Die Entscheidung fiel jedoch vorerst auf seine Kleidung, die er sich mühevoll und behäbig überstreifte. Die Rüstung sollte noch ein gutes Stück anstrengender werden. Seine Nackenhaare stellten sich auf, als er dabei eines realisierte: Er war verwundbar. Extrem verwundbar.


    Schnell versuchte er sich diesen lähmenden Gedanken wieder aus dem Kopf zu schütteln. Das Letzte was Fallon gebrauchen konnte, war eine emotionale Überreaktion. Sein innerer Wolf knurrte. Das Tier in ihm wusste genau, dass er sich nun auf keinen Kampf einlassen konnte. Sein Instinkt warnte, dass Tsacko die Situation ausnutzen könnte.


    Genau in dem Moment kam auch schon der Straßenköter durch die Tür gewandert, sein Gebiss weiß scheinend von dem Knochen. Doch das weiße Grinsen konnte nicht die Worte Tsackos verstecken, die er in dem ihm typischen Ton anschlug.


    "Ja, das hat er. Sehr gut sogar." Nebenbei nahm Fallon noch einen Schluck des bitteren Tees. "Zumindest ist alles gut vernäht und verbunden. Ich sollte mich nur schonen.", erklärte Fallon zu Tsacko. Dabei seufzte er. Fallon wusste, er würde es bereuen, wenn er den Gedanken aussprach, den er im Kopf hatte. "Ich kann vermutlich gehen und auch einigermaßen beweglich sein, aber ich denke ich werde ... Hilfe brauchen."


    Gwyn nickte nur im Hintergund zustimmend, er mischte sich aber auch nicht weiter ein. Allein schon wegen Tsackos beißendem Körpergeruch, welcher von Fallon als angenehm empfunden wurde, konnte sich der Wolf vorstellen, dass die Menschen Abstand hielten. "Auf alle Fälle bin ich dir dankbar, dass du mich nicht einfach hast verbluten lassen." Unauffällig prüfte er nebenbei seinen Geldbeutel, in dem tatsächlich noch immer der selbe Betrag enthalten war. "Und dass du mich nicht bestohlen hast." Ein unschuldiges Grinsen breitete sich in Fallons Gesicht aus. "Du weißt schon, weil du ein Straßenköter bist und die Gelegenheit hattest."


    Vorsichtig erhob sich Fallon vom Bett, stellte sich auf. Etwas wankte der Gestaltwandler, jedoch war er durchaus in der Lage zu stehen. Probeweise machte er einige Schritte. Sein Bein ließ aber kaum mehr als ein Humpeln zu. "Auf jeden Fall werde ich wohl nicht so schnell aus der Stadt herauskommen. Wir sind aber soweit quitt, oder? Dein Auftrag ist erledigt und du hast mir als Bonus den Arsch gerettet." Fallon schritt zu seiner Rüstung herüber, von der er sich darauf Stück für Stück anzog.

  • Tsacko war zu unhöflich, um sich beiläufig im Raum umzublicken, während Fallon sich anzog. Nö, das machte er nicht. In ihrer Tiergestalt rannten sie sowieso nackt rum. Außerdem fand er, dass es Fallon es gut tun würde, wenn er sich jetzt in Grund und Boden schämte. Immerhin hatte er seinen Alphastatus angezweifelt, also hatte er keine übermäßige Rücksichtnahme auf seine zarte Gefühlswelt verdient.


    "Wenn du dich bückst, schlägt dein Bauch Falten", kommentierte er. "Und außerdem hast du da `nen Pickel."


    Dass er selber aussah wie eine wandelnde Vogelscheuche tat seiner Auffassung keinen Abbruch. Und ob es von seiner Bemerkung herrührte oder ob der Verletzte sich seine Worte schon vorher zurecht gelegt hatte - Fallon räumte ein, Hilfe zu benötigen.


    Tsacko zog die Augenbrauen hoch und betrachtete die schwarzen Ränder unter seinen Fingernägeln. Er tat, als würde er die indirekte Frage nicht als solche verstehen. Wenn Fallon Hilfe wollte, sollte er gefälligst ordentlich fragen. Mit Unterwerfungsbekundungen und allem drum und dran. Immerhin war Tsacko hier der Rudelführer. Und er half nur jenen, die zum Rudel gehörten. Wer sich nicht unterwarf, gehörte nicht zum Rudel, so einfach war das.


    "Ja, sieht ganz so aus", antwortete er darum nur und begann, seine Fingernägel mit den Zähnen zu reinigen und sich das Resultat anzusehen. Dunkelbraune längliche Klümpchen. Er schmeckte Wandlerblut und torfhaltige Erde und Salz, sowie einen leichten Ledergeschmack.


    Wenigstens bedankte Fallon sich vernünftig. "Bitte." Tsacko verspeiste ein weiteres Klümpchen.


    Zu guter Letzt unterstellte der Wolfswandler ihm auch noch, dass er wie ein Dieb aussah. Tsacko senkte die Hand und betrachtete ihn. "Ich hatte tatsächlich drüber nachgedacht, dich zu beklauen und dich dann nackt irgendwo in der Gosse liegen zu lassen. Deine Rüstung sieht teuer aus und dein Schwert. Aber ich habe mich dann nach reiflicher Überlegung dagegen entschieden. Und nein, wir sind nicht quitt!"


    Er richtete den angeknabberten Fingernagel auf Fallon.


    "Ich habe für dich den Wagen eines Händlers um halb Tasmeron gekutscht! Ich habe gearbeitet. Hörst du? Ich habe gearbeitet! Einen Beitrag für diese scheußliche Gesellschaft geleistet, damit sie noch scheußlicher wird! Ich habe Dal Geld in den Rachen geschmissen, diese ausbeuterische Maschinerie, die sie Wirtschaft nennen, unterstützt! Ich habe meine eigenen Prinzipien verraten! Und du sagst, wir sind quitt, ja? Wir sind nicht quitt!"


    Seine Augen funkelten. Er trat einen Schritt näher und der Zeigefinger war kurz davor, Fallons Nasenrücken zu berühren.


    "Du solltest mir besser ein Angebot machen, dass wirklich und damit meine ich wirklich gut ist, um das wieder gut zu machen!"

  • Nicht nur, dass Fallon sich von dem Straßenköter auf diese Art und Weise anschauen lassen musste, nein, Tsacko stellte auch noch Forderungen. Dinge die ihm gar nicht zustanden, wenn man es genau bedachte. Bevor der Wolfswandler jedoch antwortete, zog er sich die letzte Armschiene an Rüstung über den Körper. Diese Töle wagte es tatsächlich, Ansprüche zu stellen. Natürlich hatte Tsacko ihn gerettet, aber dafür hatte Fallon de Auftrag voll und ganz ausgeführt. Sogar die Verantwortung für die Tat trat er ab.


    Nein, das konnte sich der Wolf nicht bieten lassen. Unbewusst knurrte Fallon, als er den Hundewandler mit einem funkelnden Blick bedachte. Es herrschte einige Sekunden Stille. Nichts geschah.


    Und plötzlich warf sich Fallon wie aus dem Nichts auf Tsacko. Seinen Schmerzen und frischen Wunden zum Trotz. Gwyn fluchte. Mit seinem überlegenen Gewicht fixierte Fallon Tsacko an die Wand. Das Schwert bereits in der Hand und an die Kehle des Köters gedrückt.


    "Hör mal zu, Freund." Die Stimme Fallons war bedrohlich, knurrend. "Ich weiß, dass du mich gerettet hast. Das du dafür arbeiten musstest, oh, wie schlimm. Doch vergiss eines nicht."


    Sein Mund näherte sich dem zerbissenen Ohr Tsackos.


    "Ich habe dich im Kampf besiegt. Überlasse dir den Sieg über Grizzly. Und jetzt verschone ich dein Leben."


    Fallons scharfen Fangzähne blitzten auf.


    "Drum sei dir ganz sicher, ob du einen wertvollen Verbündeten haben möchtest - oder jemand der dir wie ein braver Köter folgt. Letzteres bin ich nicht. Zumindest hast du es dir nicht verdient, auch wenn du mich hierher gebracht hast. Da gehört mehr dazu."


    Eine Hand legte sich auf die Waffenhand Fallons. Sie wirkte beruhigend, gar schlichtend, und machte dem Wolf die Schmerzen klar, die ihm eigentlich folgten. "Hier wird geheilt, nicht getötet. Bitte verlagert Eure Konflikte außerhalb meine Stube.", sprach die ältere Stimme Gwyns. Fallon warf dem alten Mann einen Blick zu. Fallon antwortete mit einem Nicken.


    Darauf löste er sich von Tsacko, steckte sein Schwert zurück in die Scheide und trat ein paar Schritte zurück.


    "Wie entscheidest du dich?" Fallon schaute Tsacko direkt in die Augen. "Hilfst du mir, oder nicht? Andernfalls gehe ich zum Söldnerlager. Dort habe ich Arbeit und Verpflegung."

  • Tsacko erstarrte und hielt ganz still, während Fallon ihn gegen die Wand presste. Selbst wenn er einen seiner frechen Sprüche auf den Lippen gehabt hätte, hätte er diesen nun nicht äußern können, denn die Hand des Söldners drückte ihm die Luftröhre ab und ließ gerade ausreichend Möglichkeit zu atmen.


    Fallon verschonte also soeben sein Leben. So, so. Eine charmant formulierte Todesdrohung war das. Tsackos Nasenflügel hoben sich ein Stück, zogen die Oberlippe nach sich und für einen Moment blitzten seine Zähne, nicht minder spitz als die von Fallon. Doch Fallon hatte ein Schwert.


    Tsacko tat also nichts. Es gab nichts, was er hätte tun können. Alles, was ihm blieb, war zu warten.


    Und endlich gab Fallon ihn wieder frei.


    Tsacko schnappte nach Luft, aber verkniff es sich, an seine Kehle zu fassen, obwohl sein Kehlkopf schmerzte und die Hand noch immer darauf zu drücken schien. Das würde noch einige Tage weh tun, mindestens. Er atmete mehrmals tief ein und aus. Dann veränderte sich sein Gesichtsausdruck und er lächelte freundlich.


    "Wie ich mich entscheide? Du fragst - du sollst es erfahren. Natürlich helfe ich dir. Ich habe mich falsch verhalten. Aber ich mache es wieder gut. Verzeih mir bitte. Ich komme viel herum und habe überall Kontakte. Darunter auch einen Heiler. Einen richtigen Heiler." Er warf einen Seitenblick zu Gwyn und für einen Moment verlor sein Gesicht seine Freundlichkeit, nur um im nächsten Augenblick wieder so freundlich auszusehen wie vorher. "Auf meine Kosten, versteht sich. Kannst du laufen? Wenn ja, wie weit?"

  • Die Augenbraue Fallons wanderte nach oben. Keine Widerrede? Keinen frechen Spruch? Das kostenfreie Angebot nach Hilfe? Trotz der kürzlichen Drohung und den durchaus einschüchternden Worten? Etwas kann mit Tsacko nicht stimmen. Entweder hatte er sich direkt eingeschissen und kuscht nun vor Fallon, oder aber er heckt etwas aus, was Fallon vermutlich gänzlich in Bedrängnis bringt. In seinem verletzten Zustand ist er erst Recht anfällig für einen Hinterhalt.


    Einige Sekunden des Schweigens gingen durch den Raum, als Fallon dem Lächeln Tsackos entgegenblickte. Schließlich wandte er aber seinen Blick zu Gwyn, lächelte diesen entschuldigend an und zuckte nur mit den Schultern. "Eure Behandlung war gut, dass weiß ich. Wie oft muss ich meine Verbände wechseln?"


    Die Hand des Heilers fuhr an sein Kinn. Er schien kurz nachzudenken, ehe er antwortete: "Täglich möglichst. Das beugte Entzündungen vor, die bei den Wunden vermutlich mit dem Verlust der Gliedmaßen enden könnten. Daher ist Vorsicht geboten."


    Zufrieden mit der Antwort nickte Fallon Gwyn zu. "Ich danke Euch. Würdet Ihr mir einige Verbände zurechtlegen? Ich würde sie entsprechend kaufen und mitnehmen."


    "Natürlich, ich mache es sofort fertig. Bitte gebt mir einen Moment." Damit verschwand der alte Mann aus der Tür.


    Fallons Blick fiel schließlich wieder auf Tsacko. "Ich bin dankbar für dein Angebot, jedoch hat Gwyn sehr gute Arbeit geleistet. Der Rest dürfte bei guter Wundheilung kein Problem darstellen." Für einen Moment hielt Fallon inne, betrachtete Tsacko genaustens.


    Hatte er dem Streuner Unrecht angetan? Nein, gewiss nicht. Tsacko brauchte nur einen Verweis, dass er sich stärker gab, als er wirklich war. In dem Sinne war er dennoch ein angenehmer Kerl. Wenn auch mit ein paar Schwächen.


    So schritt Fallon zu Tsacko herüber, klopfte ihn auf die Schulter. "Du bist ein guter Kerl. Was denkst du, warum ich dich auserwählt habe? Ich mag nicht Teil deines Rudels sein, bitte dich in meinen Verletzungen aber, auf mich aufzupassen. Noch immer kenne ich den Ort nicht gut. Daher bitte ich dich, als Alpha dieser Straßen auf mich aufzupassen."


    Ein Zwinkern folgte, wobei Fallon dem Streuner mit der flachen Hand unverblühmt auf den Hintern schlug. Er wusste nicht warum, dennoch übte Tsacko eine gewisse Anziehungskraft auf ihn aus. Nun gut, er hatte ihn gerettet und war durchaus ein ansehnlicher Mann. Zumindest für ihn als Wolf. Dennoch eine komische Aktion, wenn er darüber nachdachte. Seine Wangen erröteten.


    Fallon kaschierte das jedoch, als er sofort an Tsacko vorbeihumpelte und in den vorderen Bereich der Heilerstube angelangte. Er bezahlte die Verbände und gab obendrein noch ein kleines Trinkgeld. Zum Schluss verabschiete er sich vom Händler und trat hinaus an die frische Luft. Der Streuner folgte ihm sicherlich. "Hast du eine Ahnung, wo ich unterkommen kann?"

  • Argwöhnisch betrachtete Tsacko die Hand, die sich da in kumpelhafter Manier auf seine Schulter gelegt hatte. Die Hand war für sein Empfinden eine gute Nummer zu groß, sie umschloss die Schulter des eher kleingeratenen Waldalben wie eine Halbkugel. Tsacko beschloss, Fallon nie wieder im offenen Zweikampf entgegenzutreten. Er musste sich zähneknirschend eingestehen, dass er einem ausgebildeten Söldner einfach nicht gewachsen war. Aber natürlich würde er einen Dreck tun, das auszusprechen!


    Fallon erklärte freundlich, dass er ihn nicht umsonst auserwählt hatte. Auserwählt.


    "Auserwählt?", fragte Tsacko spitz und reckte das Kinn. "Für was auserwählt?"


    Dann nannte der Söldner ihn Alpha dieser Straßen. Na also. Endlich kapierte er, welche Rolle Tsacko hier in Obenza spielte, und dass es besser war, vor ihm zu kriechen! Tsackos Rücken streckte sich ein wenig. Im nächsten Moment sauste eine Hand mit lautem Klatschen auf seinen Hintern nieder und er ging wieder ein Stück in die Knie.


    "Du Rotzlöffel, wie kannst du dich erdreisten!", keifte Tsacko mit rotem Kopf.


    Fallon jedoch humpelte an ihm vorbei, kaufte, was er noch kaufen wollte und schleppte sich dann hinaus ins Freie. Er sah nicht aus, als ob er noch Streit wollte. Warum dann diese unverschämte Provokation? Tsacko rieb sich seinen Hintern, auf dem nun sicher ein perfekter roter Handabdruck zu sehen war, folgte ihm auf dem Fuße, ohne den blöden Heiler weiter zu beachten. Er konnte Gwyn nicht leiden, warum, wusste er selbst nicht so genau, aber das war auch egal. Er war niemandem Rechenschaft schuldig, er konnte verabscheuen, wen er wollte und brauchte dafür keine Begründung!


    "Hast du eine Ahnung, wo ich unterkommen kann?", fragte Fallon, als sie draußen waren. Tsacko kniff die Augen zusammen, kaute auf der Innenseite seiner Wange herum und überlegte. Auf jeden Fall wollte er den Wolf nicht in der Nähe von Molly und dem Welpen haben. Er würde ihn irgendwo anders unterbringen und das Rudel würde derweile auf seine Familie aufpassen.


    "Nun, das kommt drauf an, ob du dafür bezahlen willst und wenn ja, wie viel und welche Ansprüche du stellst. Reicht es dir, wenn du vor Regen geschützt bist oder braucht es ein Bett? Mit oder ohne Wanzen? Wie auch immer du es haben willst - ich weiß alles. Natürlich weiß ich auch, wo du unterkommen kannst. Mir ist kein Geheimnis dieser Stadt ein Geheimnis, ich habe alles schon herausgefunden. Ich bin ein wandelnder Almanach! Ich kenne hier jede Straße, jede Gasse, jeden vollgepissten Winkel und habe überall Freunde."


    Dass er auch überall Feinde hatte, verschwieg er.

  • "Das war ja klar, dass ich so eine Antwort bekomme.", erwiderte Fallon grinsend, als er seinen Begleiter anblickte. Zugegeben, Tsacko war für die meisten vielleicht ein Ärgernis. Doch irgendwo hatte der Köter etwas. Zumindest etwas, dass Fallon dazu brachte, dem gewitzten Hund einen gefallen zu tun. Sei es der Knochen am Anfang oder aber auch Grizzly. Dafür würde sich der Köter sicherlich noch erkenntlich zeigen.


    Kurz dachte der Wolf über den Rest des Tages nach und was er nun tun sollte. Immer noch war er müde und seine verletzten Glieder brannten fürchterlich. Doch neben seinem Humpeln ließ er sich die Schmerzen jedoch kein Stück anmerken.


    Einige Momente ließ Fallon seinen Blick über den Horizont und die Häuserschluchten vor sich wandern. Trotz der guten Behandlung Gwyns war er erschöpft. Also blieb ihm nur eine einzige Möglichkeit. "Ich denke ich gehe einfach in die Taverne, in der ich schon zuvor übernachtet habe. Gutes Essen und ein warmes Bett." Sein Monolog war eher an sich gerichtet, als an Tsacko.


    "Möchtest du mich begleiten?", fragte Fallon seinen hündischen Verbündeten. Zumindest hoffte er, Tsacko würde dies sein. Grund ihn auszunehmen und irgendwo liegen zu lassen hatte Tsacko allemal.


    Daarauf vertrauend, dass Tsacko folgen würde, schlenderte Fallon voran. Sein Blick war auf die Leute der Stadt gerichtet. Verschiedenste Formen und Farben fand man an diesem Ort. Dennoch war er als Gestaltwandler ein Ausgestoßener. Er verstand es einfach nicht. Ein tiefes Seufzen entglitt seiner Kehle.


    Für einen Moment blickte Fallon Tsacko an. Plötzlich tat ihm leid, was er bei Gwyn mit ihm getan hatte. Sein Blick schien etwas demütig. Der Köter hatte ihm das Leben gerettet. Natürlich nachdem er es leichtfertig auf's Spiel gesetzt hatte. Doch sein Leben hatte er verschont und sich entsprechend nicht an seinem Tod bereichert. "Es tut mir leid.", merkte Fallon kleinlaut an. Der Blcik war etwas gesenkt.


    "Für vorhin meine ich. Ich bin wohl etwas aus der Haut gefahren. Du musst wissen, dass ich dir wirklich dankbar dafür bin. Du hast mir das Leben gerettet und ich behandelte dich darauf unfair. Diese Klinge hätte nicht deinen Hals berühren dürfen. Wie wäre es, wenn ich das wieder gut machen kann?"


    Fallons Blick richtet sich auf und ein zierliches Lächeln schlich sich auf dessen Lippen. "Darf ich dir diese Nacht ein warmes Zimmer und eine Mahlzeit spendieren. Ich bürge für dich." Zuversichtlich nickte der Wolf noch sein Gesagtes ab. Das Angebot war vollkommen ernst gemeint.


    "Doch ich möchte dich um eins bitten." Unbewusst fuhr seine Hand an den von der Rüstung geschützen Hals. "Du bist nicht mein Alpha. Du hast es dir nicht verdient, von mir so genannt zu werden. Ich habe dich in Wolfsgestalt besiegt. Und könnte es auch in menschlicher Form. Mit deiner Kampfkunst kannst du mich nicht überzeugen. Doch bin ich dir zutiefst verbunden, dass du mich gerette hast. Dafür auch noch diese Bürden auf dich genommen hast."


    Ein breites Grinsen erschien in Fallons Gesicht. "Dafür kannst du es dir aber immernoch verdienen!" Mit einem kecken Zwinkern schlug Fallon dem Straßenköter freundschaftlich auf den Rücken, nur um dann seinen Schmerzen wieder bewusst zu werden.


    "Ich sollte solche Bewegungen echt vermeiden.", fluchte Fallon leise vor sich her.

  • Tsacko zwinkerte sehr langsam. In seinem mickrigen Verstand arbeitete es, als er versuchte, herauszufinden, ob Fallon ihn mit der Entschuldigung verscheißerte oder es tatsächlich Ernst meinte. Das Schauspiel schien perfekt. Der Wolfswandler wirkte überzeugend reumütig. Umso überzeugter war Tsacko, dass der Kerl ihn verarschte und sich über ihn lustig machte. Das wurde spätestens dann klar, als er ihm ins Gesicht sagte, dass er ihn gar nicht als Alpha ansah und das Tsacko sich diese Position verdienen müsste.


    Tsacko zwinkerte ein zweites Mal sehr langsam und neigte seinen Kopf ein wenig zur Seite. Er stand da mit locker hinter dem Rücken verschränkten Händen und einem etwas angewinkelten Bein. Seine ganze Körperhaltung signaliserte Lockerheit, doch im Inneren war er ganz und gar nicht locker. Seine Gedanken zogen immer weitere Kreise und verdichteten sich dann wieder an einem Punkt, der ihm gar nicht gefiel.


    Dass er erst jetzt darauf kam! Dabei war es doch offensichtlich!


    Fallon war der Agent eines feindlichen Rudels! Man hatte ihm diesen Rüden auf den Hals gehetzt und all die Sache mit Grizzly war Kalkül! Fallons Auftrag war, Tsackos Schwachstellen zu ermitteln und ihn durch Hinterlist zu beseitigen. Keinesfalls durfte Tsacko sich jetzt anmerken lassen, dass er den Plan durchschaut hatte! Sonst wäre er sofort des Todes. Nein, er musste das Spiel vorerst mitspielen und herausfinden, was Fallons Auftrag war und wer dahintersteckte. Und er musste diesen gefährlichen Kerl von seinem Rudel weglocken.


    Tsacko lächelte freundlich. "Natürlich begleite ich dich. Du bist noch schwach und die Straßen sind gefährlich. Und danke für die Einladung im Schluckspecht, selbstredend nehme ich dein Angebot, mir ein Zimmer mit Vollpension zur Entschädigung zu finanzieren, gern an!"


    Fallon schlug ihm zur Antwort freundschaftlich mit der Hand auf die Schulter und obwohl es nur eine beiläufige Geste war, stolperte Tsacko einen Schritt vorwärts. Auch der Wolfswandler ächzte, da er seine Verletzungen dadurch wieder beansprucht hatte.


    "Ich sag nur kurz Terry und den anderen Bescheid", erklärte Tsacko und verschwand einen Moment beim Wagen. Er übertrug dem als Mensch so grobschlächtigen Fußhupenwandler das Kommando über ihr Rudel, so lange er weg sein würde und ordnete an, sich einen anderen Unterschlupf zu suchen, bis er herausgefunden hatte, wer hinter dem Spion steckte. Er küsste Molly und den Welpen und nahm Abschied. Dann trabte er zu Fallon, als wäre nichts gewesen und gesellte sich auf seinem Weg zum Sündentempel zu ihm.


    "Übrigens, ich muss dich enttäuschen." Tsacko zog beide Augenbrauen hoch, während sie nebeneinander her durch die Stadt gingen. "Zum Alpha wird man geboren. Heißt, entweder man hat es, oder man hat es nicht. Da du über keinerlei Führungsqualitäten verfügst, muss ich wohl oder übel auf unser Zweimannrudel Acht geben, sonst haben wir sehr bald schon ernsthafte Probleme. Du kennst das ja, die Handelsallianz und ihr Traum von Demokratie - am Ende zanken alle und nichts geschieht oder es kommt nur Mumpitz raus."

  • Misstrauisch beäugte Fallon seinen Begleiter. Man sah Tsacko förmlich an, dass es in Tsacko Kopf ratterte und rumorte. Für einen Moment dachte der Wolfswandler, der Köter wären gedanklich hängen geblieben und man müsste ihm einen Schlag auf den Hinterkopf geben. Es war wahrlich ein seltsamer Anblick, der sich Fallon bot.


    Gerade als der Gestaltwandler jedoch einfach weitergehen und Tsacko stehen lassen wollte, legte sich ein Lächeln auf die Lippen des Straßenköters. Die nächsten Worte Tsackos trieften wieder vor Selbstsicherheit und Arroganz. Etwas, womit Fallon vermutlich sich arrangieren musste. Zugegeben, es war sehr nervig. Auch wenn es seine Stellung als Alpha in einem Rudel verstärkte, war diese Selbstsicherheit ein großer Schwachpunkt. Tsacko überschätzt sich zu sehr.


    Doch auf lange Sicht gesehen war das nicht Fallons Problem, ein Fakt der ihm durchaus bewusst war. Noch immer konnte er sich verteidigen und brauchte an sich keinen Geleitschutz. Sein Zustand, so musste er sich es eingestehen, bedarf dennoch an Hilfe. Schon allein aus dem Grund, dass Fallon nicht wusste, wie er sich in einer Stadt wie dieser zu orientieren hatte. Ebenso hilflos war er also der Straßenschluchten ausgeliefert, als der Straßenköter einfach von dannen zog, um seinem Rudel Bescheid zu geben.


    Geduldig wie Fallon aber war, lehnte er sich an die nächste Mauer und wartete. An ihm zogen Menschen, Alben und Wesen der verschiedensten Arten vorbei. Eins musste man der Stadt einfach lassen; und das war ihre Vielfältigkeit. Beinahe hatte er sogar Tsacko übersehen, wie er wieder zu ihm zurückkehrte. Offensichtlich hatte er seine Angelegenheiten geregelt.


    Seine nächsten Worte jedoch – schlichtweg die selbe Sache. Nach einer kurzen Überlegung kam Fallon jedoch zu einem Schluss. "Du hast Recht. Dann wird es so laufen, Alpha." Der Wolfswandler merkte, dass er mit Diskussion und Logik nicht weiterkam. Die Tatsache an sich störte Fallon auch nicht, er sollte schließlich noch genug Möglichkeiten bekommen, die Worte des Straßenköters zu widerlegen.


    Damit führte sie ihr Weg auch weiter durch die Straßen, der Abend durchbrach allmählich das geschäftige Treiben der Stadt. Berufstätige und Händler wurden seltener, dafür vermehrten sich Reisende und Müßiggänger. Durch diesen Trubel hindurch schafften sie es schließlich zum Schluckspecht, dem Gasthaus in dem Fallon zuvor schon genächtigt hatte.


    Kurzum betraten sie den reichlich gefüllten Schankraum. In der Luft hingen die Düfte verschiedenster Speisen und Getränke. Lautes Gelächter, aufgeregte Gespräche und das Fallen von Würfeln an einem der Tische war zu hören. Für Fallon war das unangenehm. Diese Enge und diese Anhäufung von Menschen – es widerstrebte seiner Natur. So wollte er schnell machen.


    So eilte er zur Theke, an der ein ihm bekannter Wirt den Ausschank betrieb. "Na sieh einer an, unser Vielfraß!" Sein Blick wirkte alles Andere als glücklich, als er Fallon musterte. "Was darf es denn sein?" Sein Blick glitt schließlich hinter Fallon, worauf er den doch recht verdreckten Tsacko sah. "Gehört der zu Euch?"


    Fallon nickte. "Ja, das tut er. Wir hätten gern zwei Zimmer. Ich nehme ein Kotelett mit einem starken Bier. Für ihn alles, was er wünscht."


    "So wie der aussieht will ich aber nicht, dass er in einem meiner Zimmer schläft."


    "Dann stellt ihm halt eine Badezuber bereit."


    "Das kostet extra."


    "Ja, das kann ich mir denken. Macht es einfach."


    "Wie Ihr wünscht."


    Als Bezahlung leerte Fallon seinen Geldbeutel auf dem Tresen aus. Da ging sein letztes Geld hin. Am nächsten Tag musste er unbedingt einen Auftrag annehmen, der in seinem Zustand machbar war. Ansonsten hatte er weder Essen noch Unterkunft. Was er dafür gebe, sich jetzt in einen Wolf zu verwandeln und einfach sein eigenes Essen zu jagen.


    Auffordernd blickte Fallon Tsacko an, so dass er seine Bestellung tätigen und sie in die Ruhe ihrer Zimmer einkehren konnten.

  • Tsacko wusste, wie viel Geld wert war, wenn man über kein festes Einkommen verfügte. Bedrückt betrachtete er das Häuflein Münzen. Fallon war Söldner und so wie es aussah, körperlich momentan nicht in der Lage, seinen Unterhalt zu bestreiten. Nach dieser fürstlichen Nacht wäre er blank. Tsackos freudiges Wedeln, das bei der Aussicht, sich heute einmal nach herzenslust sattessen zu können, eingestellt hatte, verebbte und sein Rutenstummel hing herab.


    "Ich bin satt, Fallon. Ich hab doch vorhin erst gegessen. Und schlafen kann ich draußen so gut wie überall sonst." Er blinzelte Fallon an. "Aber du kannst mich den Kotlettknochen knabbern lassen, die esse ich gerne!" Das Wedeln stellte sich wieder ein.

  • Fallons Augenbrauen zogen sich zusammen, als er die Worte Tsackos hörte. Lehnte der Straßenköter tatsächlich das Angebot auf ein warmes Bett und eine großzügige Mahlzeit ab? Für einen Moment kam es Fallon in den Sinn, Tsacko nach seinem geistigen Befinden zu fragen. Niemand würde so ein Angebot abschlagen, erst recht nicht jemand wie Tsacko. Das war schlichtweg die falsche Zeit und der falsche Punkt um Bescheidenheit zu zeigen.


    Ohne jedoch ein Wort an Tsacko zu verlieren, drehte sich Fallon zum Wirt herum. "Meine Bestellung bleibt", bestätigte er noch einmal. "Zwei Zimmer, zwei Mahlzeiten. Für mich bitte einen Rinderbraten mit Kartoffeln und ein kräftiges Bier. Für meinen Freund zwei saftige Koteletts und ein anständiges Glas Met. Die Bezahlung seht ihr hier ja."


    Nun schaute auch der Wort etwas verwundert drein, aber er zuckte nur mit den Schultern. "Wie ihr wünscht. Ich zähle, was ich brauche und dann bringe ich Euch Eure Bestellung." Augenblicklich sammelte der Wirt das Geld vom Tresen und zählte es. Nach einigen Verhasplern und unterdrücktes Fluchen schob er schließlich einige Münzen zurück, die Fallon auch sofort wieder in sein Säckel packte.


    Damit verschwand der Wirt schon in die Küche des Hauses, Tsacko und Fallon waren wieder "allein". Mit einem ruhigen Blick bedachte Fallon seinen Gefährten, musterte ihn von oben bis unten. Schließlich breitete sich aber ein warmes Lächeln auf seinen Lippen aus. "Wenn du keinen Hunger hast, kannst du das Essen auch zu deinem Rudel bringen. Ich bin mir sicher, dass sie sich darüber freuen werden. Ihnen und dir habe ich es zu verdanken, noch hier stehen zu können. Also ist es mehr als verdient."


    Etwas holprig stieß sich Fallon von der Bar ab und stellte sich gerade hin. Jeder Schritt rief seine Verletzungen zurück in sein Bewusstsein. Schon bald sollten sie verheilt sein, doch bis dahin hieß es Vorsicht bewahren. "Komm, lass uns einen Tisch suchen. Ich muss mich setzen." Damit schritt er auch schon an Tsacko vorbei, klopfte dem Streuner dabei auf die Schulter und steuerte auf einen der noch unbesetzten Tische zu.


    Als er den Raum durchquerte, erhaschten sein Blick jedoch etwas, was mehr als befremdlich schien. Mitten im Raum hielt er für einen Moment inne, blickte in Richtung einer der Tische die am Rande des Schankraumes standen. Dort saß eine einsame Gestalt. Die Lederrüstung zerschlissen, zwischen den Händen ein Schnapsglas. Einige leere Gläsern daneben bestätigten die Trunkenheit dieses Mannes, der fast schon seelenlos in sein Glas zu blicken schien. Etwas an ihm kam Fallon bekannt vor. Dieses Gesicht, aber das konnte nicht sein. Die Statur, die Haare, der Bart. Dieses ungepflegte Etwas konnte er nicht sein. Mit einem Kopfschütteln vertrieb er schnell diese Gedanken, schritt weiter zu dem Tisch den er für sich und Tsacko ausgesucht hatte.


    Kaum hatten sie dort Platz genommen, kam schon eine vollbusige Dame an ihren Tisch. Der Ausschnitt extrem weit. Vermutlich um den männlichen Gästen ein durchaus ansehnliches Trinkgeld zu entlocken. Die Ablenkung genügte für Fallon, dass er nicht mitbekam wie sie mit einem Tablet ihre bestellten Speisen und Getränke an den Tisch brachte. Selbst als der herzhafte Duft ihres Essens in seine Nase strömte, kam er nicht umhin, die Frau zu begutachten. Fallon meinte sogar ein Zwinkern gesehen und ergänzend dazu ein Kichern gehört zu haben! Genau sagen konnte er es allerdings nicht, sie hatte sich bereits umgedreht und war gegangen.


    Mit einem Schukterzucken blickte er auf sein Essen, genau wie jenes welches Tsacko vorgesetzt worden war. Es sah vorzüglich zubereitet aus. Die Speisen genau wie Tsackos Met dampften, das Bier war gekühlt. Besser konnte man einen Abend doch nicht ausklingen lassen! "Guten Hunger", wünschte Fallon mit einem Lächeln auf den Lippen an Tsacko gerichtet. Dem Wolf war es egal, ob Tsacko aß oder es sich aufsparte. Das Einzige was zählte, waren seine eigenen Zähne die sich in den Rinderbraten vergruben.

  • Ts, dieser unverbesserliche Wolfswandler! Aber es war nicht Tsackos Schuld, wenn der Kerl nun pleite war.


    Während Fallons sich auf die Dirne konzentrierte, flutschte Tsacko, eines der soßentriefenden Kotelette in der Hand, fort vom Tisch, um den Mann in Beschlag zu nehmen, den er da finster vor sich hinstarrend einsam an einem Tische entdeckt hatte und der bereits eine ziemliche Fahne wehen hatte. Tsacko hatte in Obenza ganze Tausendschaften von Bekannten, überall kannte er irgendwen und sein Gedächtnis sorgte dafür, dass er sich alle Gesichter und Gerüche und die meisten der Namen merkte. Diesen Mann hier hatte er, wie die meisten anderen seiner Bekanntschaften, übers Schnorren kennengelernt.


    "Eo, altes Haus", rief Tsacko gut gelaunt, zerrte sich einen Stuhl heran und ließ sich gegenüber von Eorur an dessen Tisch nieder. "Mann, siehst du abgewrackt aus! Dein Bart war auch mal kürzer, aber hey, wenigstens guckst du so mürrisch drein wie eh und je! Hast du mal überlegt, den Arbeitgeber zu wechseln?" Er sagte dies breit grinsend, denn er selber sah mindestens genau so sehr wie ein Penner aus, was daran lag, dass er ein Penner war. Tsacko wedelte vor Freude über das Wiedersehen, als wolle er die Stuhllehne hinter sich sauberfegen und biss genüsslich vom Kotelett ab, dessen Saft seinen Hals hinablief. Köstlich!


    "Was machst du hier überhaupt", nuschelte er mit vollem Mund, hielt Eorur wohlwollend sein angenagtes Stück Fleisch vor den Mund und zog auffordernd die Augenbrauen hoch. Wenn er schon mal was so leckeres zu Essen hatte, dann teilte er es auch. "Ich bin hier mit meinem Kumpel, der da drüben gerade der Dirne nachgafft." Er wies schwungvoll mit dem Kotelett in Richtung von Fallon. Die Soße spritzte über den Tisch und ein Fettauge schwamm in Eos Schnaps. Tsacko bemerkte seinen Fehler. Er sollte nicht mit so leckerem Essen rumfuchteln, besonders nicht, wenn dabei wertvolle Soße verloren gehen konnte. Nein, sie mussten heute ordentlich vom Teller essen und nicht aus der Hand. "Willst du einen Kloß? Setz dich doch einfach zu uns, ich hab zwei Klöße und zwei Koteletts, du kannst von meinem Teller essen! Besoffen herumsitzen und finster gucken kannst du an unserem Tisch so gut wie an diesem! Rotkraut gibt`s auch und leckere Soße!"


    Ungefragt griff er nach Eos Schnapsglas, um es an ihren eigenen Tisch zu tragen, doch mitten in der Bewegung fiel ihm ein, dass Eo in der Lage war, einen Mann mit einem einzigen Fausthieb ins Reich der Träume zu befördern und gerade wenig gnädig dreinblickte. Darum änderte er im letzten Moment die Richtung der Bewegung und tat er so, als habe er nur einen Soßenfleck mit dem Finger aufwischen und davon ablecken wollen. Er eilte zu ihrem Tisch und begann die Nahrungsmittel auf seinem Teller gerecht aufzuteilen und in zwei Gruppen auseinander zu schieben, so dass jeder von einer Tellerhälfte essen konnte. Dabei wedelte sein Stummelschwanz unverändert vor sich hin.


    "Fallooon! Bist du noch da drin? Wir kriegen Besuch! Rück mal zur Seite und mach dich nicht so fett mit deinem Teller!"

  • Eorur


    Eorur war wie so oft dabei, seinen Frust im Schnaps zu ertränken. Irgendwie hatte sich diese Unart bei ihm verselbstständigt. Es war nicht mal mehr so, dass ihm das Zeug schmeckte. Aber darauf kam es ihm auch nicht an, sondern auf die Wirkung. Im Schnapsglas, oder besser gesagt auf dessen Boden fand er Vergessen.


    Die alten Zeiten waren vorüber und er war nicht mehr der Mann, der er einst war. Sein Haar wurde dünner, er selbst wurde fetter und daran schien nichts auf der Welt etwas ändern zu können. Griesgrämig schaute er auf, als zwei neue Gäste die Spelunke betraten. Scheinbar ließen sie sich bewusst Zeit an der Theke.


    Sollte das so weitergehen, dann würde seine nächste Schnapsrunde noch Stunden auf sich warten lassen. Für einen Moment sah er einen der beiden Burschen an und irgendetwas klingelte in seinem Kopf. Er wusste nicht was, aber etwas kam ihm bekannt vor... vertraut... auf seltsame Art und Weise.


    Eorur schüttelte sein ergrautes Haupt. Da war wohl mehr Wunschdenken und Einbildung im Spiel, als tatsächliches Erkennen. Er nahm noch einen Schnaps und versank wieder in seinen trübsinnigen Gedanken.


    Plötzlich riss ihn jemand aus seinen alkoholischen Zerstreutheiten. Eorurs Miene verfinsterte sich zusehends, bis der Tsacko erkannte. Den Schnorrer vom Dienst, der überschwänglich und gut gelaunt an seinem Tisch Platz nahm.


    Auf die Frage "was machst Du hier überhaupt", zog Eorur nur fragend eine Augenbraue hoch und hob kurz sein Schnapsglas. Das hätte er besser unterlassen, denn Tsacko würzte seinen Tropfen augenblicklich mit einem schönen Kotelettfettauge.


    Die Augenbrauen von Eorur trafen mittlerweile fast seine Nasenwurzel, so sehr verfinsterte sich sein Blick. Tsacko schien davon aber nichts mitzubekommen, denn er bot ihm etwas zu Essen an. Einen Kloß. Eorur hatte bereits sein Knurren auf den Lippen und wollte gerade ablehnen, als nicht sein Mund sondern sein Magen knurrte. Der war scheinbar völlig anderer Meinung.


    Müde strich sich der alte Haudegen über das Gesicht. Er musterte kurz seinen Zaungast am Tisch und das Kotlett mit dem er Zeichen wie ein Fähnrich gab. Wieso eigentlich nicht? In sein Schnapsglas starrte er jeden Abend, etwas Abwechslung würde ihm gut tun. Und falls Tascko ihn die letzten Nerven kostete, hatte er wenigstens einen Grund weiter zu saufen.


    "Meinetwegen", brummte Eorur und folgte dem Gestaltwandler mit leicht schwankendem Gang.


    Früher hatte er auch mehr vertragen, stellte Eorur bekümmert fest. Dass der Schnaps in dieser Kaschemme härter geworden war, wagte er stark zu bezweifeln. Bei Tsacko angekommen, stellte er fest, dass der fremde Kerl vom Tresen bei ihm saß. Jener Kerl der es in seinen besoffenem Kopf klingeln ließ. Es klingelte immer noch bei Eorur, aber der Schnaps vernebelte sein Hirn.


    Der alte Söldner murrte eine kaum verständliche Begrüßung und ließ sich schwerfällig auf den Stuhl neben Tsacko fallen. Mit rot geäderten Augen schaute er den Wandler an.


    "Nen Kloß sagtest Du? Den könnte ich vertragen", murmelte Eorur und klopfte sich auf den Bauch.

  • Kaum nahm Fallon den ersten Bissen seines Essens, erhob sich Tsacko mit dem Kotelett in der Hand vom Tisch. Etwas verwunderlich war der Anblick durchaus. Ein Mann der sein direkt auf der Hand trug und damit quer durch den Schankraum der Taverne schlenderte. Scheinbar hatte Tsacko irgendwen gesehen den er kannte und wollte ihn unbedingt nerven. Dem Wolfswandler sollte es recht sein, so hatte er seine Ruhe vor dem Köter.


    Auch wenn er sich den abwertenden Gedanken direkt wieder aus dem Kopf trieb, war es eine angenehme Abwechslung Tsacko einmal nicht sprechend zu hören oder sich gar wie ein Wildling zu benehmen zu sehen. So lehnte sich Fallon zurück, nahm genüsslich ein Stück des Schweinebratens auf die Gabel und schob es sich zwischen die Lippen. Sofort zog ein wohliges Gefühl der Wärme von oben herab bis in sein Innerstes. Eine anständige Mahlzeit, die gleich noch mit einem kräftigen Schluck Schwarzbier untermalt wurde. Fallons Gaumen war hocherfreut. Ein zufriedenes Seufzen entglitt seiner Kehle. Er musste unbedingt daran denken, dem Wirt Grüße und ein Dank für das löbliche Mahl zu überbringen.


    Seine Ruhe währte jedoch nicht lang, als Tsacko mit lauter Ankündigung wieder zum Tisch zurückkehrte. Im Schlepptau hatte er einen wankenden Mann. Die Alkoholfahne und der Geruch eines ungepflegten Lebens wehte um ihn herum. Etwas in seinem Duft schwang mit. Etwas einzigartiges. Das war der greisgrämige Kerl, den Fallon zuvor gesehen hatte! Der Wolfswandler hielt in jeder seiner Bewegungen inne und musterte den Neuankömmling auf's genauste. Der Geruch, die Gesichtszüge. Doch nein, das konnte nicht sein. Sicherlich ein dummer Zufall.


    Unter einem lauten Poltern ließ sich der Mann auf den Stuhl neben Tsacko fallen. Fallon tat, als ob nichts wäre und versuchte weiterhin herauszufinden, ob es wirklich er war. Vor ihm spielte sich jedoch ein Schauspiel ab, dass er nicht gänzlich einordnen konnte. Beinahe selbstverständlich teilte Tsacko sein Essen mit dem Mann. Sie schienen sich zu kennen. Viel wichtiger war jedoch eine Frage: Kannte Fallon den Mann? Seine Stimme schien auch beinahe identisch. Kratziger als früher noch, aber der selbe Unterton.


    Fallons Blick fixierte sich auf den Kopf des Mannes. Nebenbei griff seine Hand an den Krug Bier. Gerade als er das Getränk an seine Lippen führen wollte, traf sich aus Zufall ihr Blick. Fallon hielt inne. Seine Gesicht weitet sich vor Schreck. Diese Augen. Wenn auch matt und glanzlos. Er erkannte sie unter Millionen anderen. Jeder Muskel wurde schwach. Der Krug glitt aus seiner Hand, das Getränk verschüttete sich über seine Rüstung. Sein Gesicht hatte jede Spannung verloren. Nur noch ungläubig starrte er ihn an. Vollkommen unter Schock gesetzt. Vor ihm saß Eorur.

  • Eorur


    Der alte Söldner hatte sich gerade schwerfällig auf den Stuhl fallen lassen, als ihn sein neuer Tischnachbar mit Argusaugen musterte. An seiner Schönheit konnte es nicht liegen, die war lange vorbei, falls er je welche besessen hatte.


    Das Leben, der Verlust und vor allem der Alkohol hatten ihn gezeichnet. Aber der Alkohol war nur seine Reaktion auf einen Verlust der so lange her war und doch noch so gewaltig tief in seiner tonnenförmigen Brust schmerzte.


    Das Starren des Mannes wurde seltsam. Vielleicht starrte er auch nur so, weil Eorur erbärmlich stank?


    Sei es drum, dachte der alte Veteran. Was interessierten ihn die Nasen anderer Leute, sie sollten sie in ihre eigenen Angelegenheiten stecken, dann wurden sie auch nicht mit seltsamen Gerüchen belästigt.


    Der Bursche kam ihm dennoch seltsam vertraut vor. Eorur überlegte, ob er dem Kerl eventuell Geld schuldete, bei diesem intensiven Blick musste es schon eine etwas größere Summe sein.


    An eine geprellte Zeche konnte er sich nicht erinnern. Seinen Schnaps zu bezahlen, war für ein eine Form des Anstands. Was er versoff, dass zahlte er auch.


    Urplötzlich und aus heiterem Himmel entgleisten die Gesichtszüge seines Tischnachbarn. Sein Gegenüber erschlaffte und zwar so schnell, schlagartig und nachhaltig, dass er sogar sein Bier verschüttete! Eorur konnte es nicht fassen.


    „Meine Güte, so pass doch auf! Das gute Bier!“, brummte er missbilligend.


    Er nahm seinem Tischnachbarn den Humpen aus der Hand und versuchte etwas davon durch Aufwischen mit der Hand aufzufangen. Einige Tropfen konnte er retten, aber der große, schöne mit Schaum gekrönte Rest des Bieres hatte der Tollpatsch verloren. Den Krug samt geretteten Bier und einigem Dreck vom Tisch, stellte Eorur dem Kerl wieder vor die Nase.


    „Besser verschüttetes Bier als Schnaps“, sagte der alte Söldner und verpasste dem Burschen einen Knuff vor die Schulter.


    Eorur zuckte zusammen. Irgendwie fühlte sich diese Schulter vertraut an. Er konnte nicht sagen warum, aber scheinbar vertrug er den Schnaps wirklich lange nicht mehr so, wie in seinen jungen Jahren.


    Er schnappte sich den Kloß von Tsacko Teller und kaute gedankenverloren darauf herum, um seine Gedanken zu ordnen und natürlich um seinen Hunger zu stillen.

  • "Oh nein, du und deine Grobmotorik! Mal ehrlich, du auf dem Schlachtfeld, du überlebst keine Stunde! Das ist echt kein Wunder, dass Grizzly dich fast aufgefressen hätte. Zum Glück war ich dabei, um dich zu retten."


    Schockiert betrachtete Tsacko das verschüttete Bier. Zum Glück konnte Eo einen Teil davon retten, auch wenn nun ein paar Krümel vom Vorgänger und Ascheflocken darin schwammen.


    "Puh, das war echt knapp! Schade drum, einfach nur schade!"


    Das angenagte Kotelett, das er ihm hingehalten hatte, hatte Eo verschmäht, was Tsacko ziemlich albern fand. Als ob er giftig wäre. Er hatte schon zehntausendmal mit anderen Leuten seine Nahrung geteilt oder diese mit ihm. Er wäre verhungert, wenn er da so zimperlich gewesen wäre. Aber er wollte mal nicht so sein und schob ihm das andere zu den Überresten seines Kloßes hin.


    "Da hab ich noch nicht abgebissen, lass es dir schmecken!"


    Die anderen beiden waren ziemlich still und gucken komisch. Tsacko blickte zwischen ihnen hin und her und begann sich unbehaglich zu fühlen. Eigentlich hatte er Eo dazugeholt, damit sie sich zu dritt unterhalten konnten und nun schwiegen die zwei Haudegen an seinem Tisch noch mehr als vorher. Tsacko saß dazwischen wie ein dürrer Winzling, der fehl am Platz war, dabei war er doch in Wahrheit das Zentrum der Interaktion. Besonders Fallon schaute etwas seltsam drein. Er war erstarrt und glotzte. Lebte der überhaupt noch? Vorsichtshalber pikte Tsacko ihn mit der Gabel in die Hand, um zu schauen, ob er sich bewegte oder gerade einen Herzinfarkt bekommen hatte.

  • Eorur


    Nahm den Rest des Essens dankbar entgegen. Bei dem Kommentar musste der alte Söldner grinsen und bleckte dabei eine quittegelbe Kauleiste.


    "Ob Du davon abgebissen hast, interessiert mich nicht. Das ist fettig und Fett hindert den Alkohol an seiner Wirkung. Dafür bezahle ich den Schnaps doch nicht, dass der wirkungslos meine Kehle herunter rinnt", erklärte Eorur schmatzend.


    Allerdings war der Kloß mit Soße auch nicht weniger fetthaltig wie er feststellte. Scheinbar kam nicht nur ihm, sondern auch Tsacko das Starren seltsam vor.
    Eorur tippte Tascko mit einem fettigen Finger an.


    "Tsacko Dein Begleiter kommt mir irgendwie bekannt vor. Ich zermartere mir das Hirn, ich komme nicht drauf woher ich ihn kenne. Woher kennst Du den Kerl?", fragte der alte Söldner flüsternd.


    Allerdings flüsterte er so, dass er sich das Flüstern hätte sparen können, zumal sein Tischnachbar auf der anderen Seite auch so nah genug gesessen hätte um selbst ein tatsächliches Flüstern zu verstehen.

  • "Den?", fragte Tsacko in normaler Lautstärke. "Den hab ich von der Straße aufgesammelt! Er hat sich in meinem Revier rumgetrieben und mich herausgefordert. Da ich aber kein Arschloch bin, und gesehen habe, dass er keine Chance hat, habe ich ihn mit einem blauen Auge davonkommen lassen."


    Tsacko lachte und obwohl er sonst so entsetzlich ungepflegt aussah, waren seine Zähne perlweiß, da er in letzter Zeit als Hund einige Knochen zur Zahnpflege geknabbert hatte. Er piekste Fallon noch immer hartnäckig mit der Gabel. Da der sich immer noch nicht bewegte, bohrte er etwas mehr.


    "Ich glaube, er ist gerade gestorben."