Wirbelwind trifft Leseratte - Forschungsreise mal anders

  • Arcadia hatte einen Stallplatz bekommen und das Gepäck war verstaut. Finja verabschiedete sich knapp von Nicolai und schritt schnellen Schrittes davon. <Einfach mal kurz weg...>.
    Im Gegensatz zu Nicolai hatte Finja in diesem Moment wenig übrig für die Schönheit der See.


    Auf der Suche nach einem Ort, an dem man etwas zu trinken bekommen konnte, zog Finja durch die kleinen Gassen und wurde schgließlich fündig. Sie betrat eine kleine Hütte, vor der ein runder Tisch und zwei Hocker standen. "Zum Salzhering" prangerte über dem Eingang. Drinnen war es düster und man konnte den Staub in den wenigen einfallenden Sonnenstrahlen sehen. Als Finja die Tür hinter sich zufallen ließ genoss sie für einen Moment die Stille in dem Schankraum, der Platz für vielleicht 30 Gäste bot. Eine Handvoll Gestalten schenkten ihr kurz Beachtung, wandten sich dann aber wieder grummelnd ihren Krügen zu. Hier ging man anscheinend nicht hin um zu feiern, sondern einfach nur um zu trinken. <Perfekt.>.
    Wenige Augenblicke später hatte Finja am Tresen Platz genommen und wies den Wirt an den leeren Becher ohne Nachfrage immer wieder zu füllen. So gab sie sich dem Suff hin, sortierte dabei halbherzig ihre Gedanken.


    Es wurde bereits langsam dunkel und Finja hatte einen zufriedenstellenden Pegel erreicht als sich die Tür öffnete und mehrere Seeleute den Schankraum betraten. Finja warf ihnen einen kurzen Blick über die Schulter zu und bekam ein paar Gesprächsfetzen der Männer mit. Sie hatten zwei Tage Landgang bevor ihr Schiff wieder ablegte. <Schiff...jah...mit sowas fahre ich auch bald.>, dachte sich Finja und überlegte, ob sie nicht wieder zurück zu Nicolai und Rhodesia gehen sollte. <Ja. Ich sollte los.>. Etwas unbeholfen kletterte Finja von dem Hocker, bezahlte ihre Zeche und ging, ab und zu nach links stolpernd, hinaus.
    Vor der Hütte atmete Finja einmal tief durch. "Jetz...ganz langsam.", brummelte die Almanin und trat ihren Heimweg an. An einer Straßenecke konnte sie plötzlich eine Gestalt regungslos liegen sehen. "Wasn mit dir los?", fragte sie leise, ging zu der Person hinüber und tippte sie mehrmals mit der Fußspitze an. Der Kerl lag auf dem Bauch und atmete noch. Finja musste nicht wirklich nah an ihn heran um zu merken, dass er unfassbar nach Alkohol stank. "Hats dich aufm Heimweg niedergestreckt, hm?", fragte Finja und bekam natürlich keine Antwort. "Du soll...solltest nicht einfach hier so rumliegen.", stellte sie fest und packte den Kerl bei den Schultern. Er hatte sogar noch einen halbvollen Becher neben sich stehen! Einige Zeit später hatte Finja den Mann irgendwie an die nahegelegene Hauswand gesetzt. "So. Ich glaub das is besser.", fand sie, nickte dem schlafenden Säufer einmal zu und ging wieder los. "Ich nehm das mal als Dank mit, ja?". Sie griff schwankend nach dem Becher des Kerls und nahm einen Schluck des schon leicht abgestandenen Biers.
    Als Finja um die Ecke und wieder auf die Hauptstraße einbog stieß sie hart mit jemandem zusammen. "Ey! Kannsu nicht aufpassn?", fragte sie den Unbekannten und sah zu ihm auf. Ein Raktaure stand vor ihr und seine Blicke funkelten auf sie hinunter. "Du...du bist nich Nicolai.", stellte Finja fest und schüttelte den Kopf. "Niedlich. Da hat wohl jemand einiges gebechert. Was meint ihr, Männer, ob die Kurze ein ganzes Bier geschafft hat?". Finja lugte an dem Raktauren vorbei und konnte trotz des Alkohols erkennen, dass er mehrere Leute im Schlepptau hatte. "Ich kann mehr trinken als du groß bist.", meinte Finja empört und tippte den Raktauren dabei an. "Falls du deinen Weg nicht mehr findest, so kann ich dich auch begleiten, meine Liebe.", schleimte der Raktaure während sich seine Leute gut zu amüsieren schienen. "Fass mich bloß nich an, dich schaff ich noch.". Schwankend ballte Finja die Faust, die Gruppe ihr gegenüber lachte. Das Lachen des Raktauren endete abrupt, als Finja versuchte ihn zu schlagen. Er packte die kleine Almanin einfach und hob sie hoch. "Lass mich sofort wieder runter.", zeterte Finja und strampelte. Stille trat ein, als Finja wütend den Inhalt des Bechers in ihrer Hand über dem Raktauren ausleerte. Einen kurzen Moment lang schien die Zeit still zu stehen und die Anspannung war deutlich zu spüren. "Miststück.", zischte der Raktaure und warf Finja zur Seite. Sie landete unsanft auf der dreckigen Straße. "Kommt, Männer, wir gehen da hinten noch einen trinken. Sollen sich doch andere um das Mädel kümmern.".
    Während der Raktaure und seine Leute sich entfernten, lachten und noch ein paar Sprüche kloppten stand Finja mit Mühe wieder auf. "Saubande.", fluchte sie. <Es war so ein guter Abend und dann das.>


    Die Tür des Gasthauses wurde aufgestoßen und Nicolai konnte Finja im Türrahmen stehen sehen. Sie hatte anscheinend gut getrunken und hielt einen leeren Becher in der Hand. Allerdings schien etwas mit ihr nicht in Ordnung zu sein. Die Kleidung war dreckig, ihre Stirn leicht aufgeschlagen und die Haare zerzaust. "Diesmal bist dus aber? Ja du bists.", sagte Finja erleichtert und ging schweren Schrittes zu Nicolai und seinen Tischgästen. "Du glaubst gar nicht, was mir passiert ist.". Sie lallte ein wenig und tastete ihren Kopf ab. "Klasse. Wird wohl ne Beule gebn.". Dann erst fiel ihr der Priester am Tisch auf. "Hallo. Ich bin...verzeihung....ich bin Finja.". Während des Satzes musste Finja aufstoßen, was etwas zur allgemeinen Erheiterung beitrug. "Nicolai, da warn Kerl wie du und der war nicht besonders nett...". erschöpft sackte Finja auf dem Platz neben Nicolai zusammen und bestellte, zu seiner Verwunderung, einen großen Krug Wasser.

  • Nicht nur Nicolai, sondern auch Thalon starrte Finja besorgt an, als sie auf den Schemel rutschte. Sie nuschelte, als sie sich vorstellte und der Blick des jungen Mannes verdüsterte sich, als er die Beule betrachtete.
    Als sie dann noch erklärte, dass sie eine unliebsame Begegnung hatte, brachte Nicolai vor Wut kein Wort heraus sondern ballte die Fäuste.
    Wie konnte es jemand wagen eine junge Frau anzugreifen? Was waren das für Zustände? Er hätte sie nicht alleine in die Stadt gehen lassen. Wie verantwortungslos von ihm…!
    Stattdessen übernahm der Pater die Wortführung und stellte sich kurz vor, bevor er die junge Dame nach ihrem Wohl befragte.
    „Die Beule sieht nicht gut aus. Aber wenn ihr beiden wirklich zur Expedition gehört, dann wird unsere Heilkundige Fiona Sonnentraum bestimmt einen Blick darauf werfen! Ihre Magie vermag wahre Wunder zu wirken.“
    Von der plötzlich Aufregung aus dem Schlaf gerissen, richtete sich nun auch die kleine Waldalbin langsam auf und schaute etwas gedröselt in die Gegend.
    „Kennen wir uns?“, fragte sie vorsichtig in die Runde.
    „Oh, du hast da etwas an der Stirn“, meinte sie dann zu Finja und zeigte überflüssigerweise auf die Platzwunde.


    Nicolai konnte bloss den Kopf schütteln.
    Er hatte inzwischen auch realisiert, dass die Alkoholfahne weder von Thalon, noch von einem anderen Gast stammte, sondern von seiner Begleiterin Finja!
    Was war mit diesen Frauen los? Die eine hatte sich mit irgendwelchen unlauteren Kräutern zu gedröhnt, während die andere sich mit Bier volllaufen liess.
    Eindeutig war dies nicht der Umgang, den er sich gewohnt hat.
    Immerhin benahm sich der Priester gemässigt und hatte nach einem Becher Bier ebenfalls auf Tee umgestellt.
    „Ihr habt erwähnt, dass Euer Angreifer Herrn Nicolai glich?“, wandte sich da Thalon plötzlich mit seltsam funkelnden Augen an Finja.
    Diese stammelte vor sich hin und beschrieb den Kerl mit Hilfe ihrer Hände, indem sie ihm eine massige Statur attestierte.
    Der Pater runzelte die Stirn.
    „Ich hoffe Mal, dass das nicht…“, er brummelte etwas in seinen grauen Bart hinein, dann wandte er sich plötzlich abrupt an Rhodesia.
    „Junge Lady, wir brechen nun auf! Wenn nun alle eingetroffen sind, möchte Akorr bestimmt nicht länger hier verweilen als nötig. Und ich denke, eine Portion Schlaf wird uns allen gut bekommen!“
    Mit mehr Kraft als Nicolai dem alten Männlein zugetraut hätte, griff dieser die Waldalbin unter dem Arm und stellte sie auf ihre wackligen Beine.
    „Wir treffen uns also Morgen. Kommt nicht zu spät. Wir nächtigen in der Spelunke „zum Wellenbrecher“ direkt beim Hafen!“
    Er winkte ihnen beiden zu, dann schwankte er mit seiner weiblichen Last von Dannen.


    Nicolai blickte einen Moment nachdenklich dem seltsamen Paar hinterher, dann wandte er sich tadelnd zu Finja um.
    „Du siehst fufurchtbar aus. Ist unsre Gesellschaft so mimiserabel, dass du sie im Alkohol ertränken musstest?“
    Gleichzeitig fragte er sich, ob zuerst das Bier oder die Prügelei gewesen war. Er konnte sich gut vorstellen, dass sich die junge Frau auch ohne Alkohol leicht Ärger einfangen konnte durch ihre selbstsichere Art.
    Obwohl dann vermutlich eher der Kerl eins abgekriegt hätte…
    „Über deine nächtliche Eskapade sprechen wir lieber Momorgen noch einmal.“
    Dann wurde sein Blick weicher.
    „Lass uns zu Bett gehen. Ich hahabe dir ein Zimmer reserviert. Brauchst du meine Hilfe oder kokommst du klar?“, er übergab ihr einen Schlüssel und suchte dann in einer seiner Taschen nach einem Stück Verband, das er für Notfälle natürlich immer bei sich trug und bot es ihr an.
    „Leider habe ich keine Salbe mehr vorrätig. Aber wenn du die Wunde etwas auswäscht, wirst Du es bis Momorgen bestimmt überleben. Und dann kann sich diese Lady Fiona dadarum kümmern, so wie es Thalon versprochen hat.“
    Mit verbitterter Miene fügte er an: „Leider sisind sie hier nicht für Halbmenschen eingerichtet. Ich hahabe eine andere Schlafstätte erhalten.“
    Er wollte nicht noch extra erwähnen, dass man ihm ein Lager im Stall eingerichtet hatte. Natürlich hatte ihm die Wirtin eine der Pferdeboxen gegen einen Aufpreis wohnlich eingerichtet, doch trotzdem schämte er sich deswegen immer wieder aufs Neue.
    „Versuch nicht den gaganzen Tag zu verschlafen“, raunte er der jungen Frau noch zu, bevor er sich schlussendlich zum Gehen umwandte.


    Tatsächlich war sein Bett ziemlich gemütlich. Das frische Heu duftete angenehm und war mit einer etwas kratzigen, aber doch sauberen Decke überzogen.
    Nicolai liess sich hineinsinken und lauschte beim Einschlafen dem Schnauben der Pferde, unter welchen sich auch Arcadia befinden musste.
    Zuvor hatte er jedoch noch einige wenige Zeilen in seinem Tagebuch hinterlassen.


    Hafenstadt Lautsee, Treffpunkt der Expedition
    Frühlingshaftes Wetter, leicht bewölkt


    Endlich haben wir die Hafenstadt erreicht und nächtigen in der Taverne, bevor wir Morgen zu unserem Forscherteam dazustossen.
    Haben bereits Bekanntschaft gemacht mit
    Thalon, Priester und Alchemist
    Rhodesia, zuständig für Flora und Fauna


    Vermerk:
    Feststellung, dass die weiblichen Wesen hierzulande schwieriger zu händeln sind. Praxis liegt ihnen näher als reine Theorie (zumindest in der Handhabung von Genussmitteln), hoffentlich auch im positiven Sinne für die Expedition.

  • Erneut fasste Finja sich an die Stirn und spürte das mittlerweile matschige Blut an ihren Fingerspitzen. "Keine Sorge.", meinte sie in Richtung Priester und Waldalbin. "Morgen sieht das schon wieder ganz anders aus.".


    Als der Priester die Almanin über den Angreifer ausfragte, bereitete ihr dies etwas Unbehagen, doch sie beantwortete die Fragen so gut wie sie es in ihrer momentanen Lage konnte. Der Mann schien zu wissen, um wen es sich handelte. Doch bevor Finja selbst nachfragen konnte war der Priester auch schon mit der kleinen Albin im Schlepptau gegangen. Das ging für Finja alles etwas zu schnell.
    Im Anschluss gab es dann auch noch in gewisser Weise Ärger von Nicolai. Finja wurde noch kleiner als sie ohnehin schon war. Unglücklich hockte sie da, brummelig und leicht angefressen. Schließlich hatte der Grobian sie durch die Gegend geworfen?! <Eskapade...>. Finja passte das alles ganz und gar nicht.


    Nicolai gab Finja einen Schlüssel und ein Stück Verband. Mit leicht zittriger Hand nahm sie beides dankend entgegen und legte die Sachen ruhig vor sich auf den Tisch. Nicolai sagte noch etwas, doch Finja war gerade gedanklich woanders. Sie hob erst wieder den Kopf in Richtung Nicolai, als dieser sich schließlich zum Gehen abwandte.
    "Ni...Nicolai.", stammelte sie leise und erhaschte noch einmal seine Aufmerksamkeit. "Ich hab doch gar nichts gemacht.", flüsterte sie schon fast, hob den Kopf und schaute mit großen Augen zwischen ihren herunterhängenden Haarsträhnen hervor. Leicht unbeholfen wischte sie sich die Haare aus dem mit Dreck und etwas Blut beschmierten Gesicht. "Ich wollte doch nur kurz für mich sein. Ja, ich gebe zu ich habe etwas übertrieben. Nicolai der Kerl hat mich hochgehoben und weggeworfen als ich mich gewehrt habe! Einfach so, als wäre ich ein Sack Mehl.". Vielleicht täuschte sich Nicolai auch, aber es war durchaus möglich, dass die Augen der sonst so taffen Söldnerin leicht glitzerten. "Geworfen!", sagte sie etwas lauter um der ganzen Sache noch einmal Nachdruck zu verleihen. "Ich hab' doch nur nen Säufer aus der Gosse gezogen und bin dann mit dem Kerl und seinen Leuten zusammengestoßen und dann haben die Sprüche losgelassen...", sie wandte den Blick wieder ab und fühlte sich missverstanden. Ihre Wut war abgeflaut und erst jetzt wurde Finja so richtig bewusst, was alles passiert war...und was noch hätte passieren können.
    Langsam stand die Almanin auf, nahm noch einen großen Schluck aus ihrem Wasserbecher und ging mit tapsigen Schritten in Nicolais Richtung. Nun wurde mehr als offensichtlich, dass die Kurze mit ihrer Fassung rang. Im Vorbeigehen schluckte sie schon fast das "Gute Nacht" hinunter und verkrümelte sich in Richtung Zimmer.


    <Endlich.>. Das Zimmer war schnell gefunden und Finja machte sich bettfertig. Beim halbherzigen Zusammenlegen der Kleidung bemerkte sie das kleine Loch in ihrer Hose und das aufgeschürfte Knie. "Das kann doch alles nicht wahr sein.", grummelte Finja und warf zornig die Hose in die Ecke. Erst jetzt lief eine Träne ihre Wange hinunter. Eine Zeit lang hockte sie einfach so in der Dunkelheit unglücklich auf der Bettkante. Die unangenehme Begegnung mit dem Raktauren, dann dieses seltsame Verhör des Priesters und schließlich noch Nicolais Vorwürfe. <Hoffentlich wird das morgen anders.>, dachte Finja irgendwann, wuselte ins Bett und zog die Decke bis fast über den Kopf...der schief sitzende Verband juckte bereits jetzt schon.


    Finja war bereits früh wieder wach. Sie hatte zwar gebechert, fühlte sich aber dafür recht frisch. <War schon mal schlimmer.>, stellte sie erleichtert fest und rödelte sich an. Als sie das Wasser aus der kleinen Waschschüssel in ihrem Gesicht verteilte spürte sie das bereits verkrustete Blut. Zwar wollte sich Finja in nächster Zeit nicht noch einmal mit diesem Raktauren direkt anlegen, aber das letzte Wort war hier definitiv noch nicht gesprochen...schließlich sieht man sich immer zwei mal im Leben.
    Kurze Zeit später hatte die Almanin am Eingang des Gasthauses Platz genommen. Sie knabberte an einem Kanten Brot herum und biss immer mal wieder von einem Stück Schinken ab. Die Morgenluft tat gut und so wartete sie schon fast brav auf Nicolai, der kurze Zeit später zu ihr stieß.

  • Nicolai wurde von den Geräuschen der unruhigen Pferde geweckt, welche ihr Frühstück verlangten. Noch etwas verschlafen tastete er im Stroh nach dem Brillengestell und rappelte sich hoch. Für einen Moment musste er sich darauf besinnen, wo er sich befand, doch dann erinnerte er sich auch an den gestrigen Abend zurück.
    Nachdem Finja so zerknirscht an ihm vorbeigegangen war, hatte er ihre Worte erst einmal verdauen müssen.
    Hatte er im ersten Moment die falschen Rückschlüsse gezogen und sie zu Unrecht getadelt? Ihren Alkoholkonsum konnte sie aber schlecht bestreiten!
    Der Raktaure war ihr sogar einige Schritte gefolgt, doch dann war er verunsichert stehen geblieben. Er konnte doch nicht einfach in ihr Zimmer reinplatzen. Und was hätte er sagen sollen?
    Schlussendlich entschied er sich, dass es wohl für alle Beteiligten besser wäre, sich erst einmal auszuschlafen. Morgen war ja auch noch ein Tag!


    Die Sonne wärmte sein hellbraunes Fell, da er seine Decke ausnahmsweise einmal in einer der Taschen verstaut hatte, um das Frühlingswetter voll auskosten zu können.
    „Guguten Morgen Finja“, begrüsste er die junge Frau und trat beinahe schüchtern heran, um dann etwas entfernt stehen zu bleiben um nicht allzu sehr von oben auf sie herab schauen zu müssen. Er wusste nicht, ob er sich entschuldigen sollte, weil er zu harsch gewesen war am Vorabend. Schliesslich entschied er sich dafür, sie nach ihrem Befinden zu fragen.
    „Hahast du gut geschlafen? Und wie geht’s deinem Kokopf?“, ob er damit die Nachwirkungen des Alkohols meinte oder die Beule blieb ihr überlassen.
    Immerhin wirkte sie munterer als am vorherigen Tag.

    „Wewegen gestern… also… ich hätte zuerst deine Sicht der Dinge anhören sollen. Vielleicht hahabe ich mir vorschnell ein Urteil gebildet. Entschuldige bitte“
    , er meinte seine Worte ernst, denn unwillkürlich hatte er ihr Bild vor Augen, wie unbeholfen sie ihm gestern plötzlich erschienen war.
    „Der Kerl muss ein ziemlicher Mocken gewesen sein, wenn er sich so leicht gegen dich durchsetzen konnte. Und ausserdem ein Rüpel! Welcher anständige Mann schlägt sich denn mit einer Frau?!“, empörte er sich schliesslich.
    „Ich bin wirklich froh, dass dir nicht nonoch mehr zugestossen ist, Finja“, gestand er ihr schliesslich.
    „Er… er hat sich doch nicht an dir ververgriffen, oder?“, sein Blick flackerte unsicher, ab dieser doch etwas intimen Frage und verhaspelte sich dabei gleich zweimal.
    „Für einen Momoment hatte ich das Gefühl, Thalon wüsste mehr, als er uns eingestehen wollte. Wenn wir heute zur Expedition stossen, werde ich ihn noch einmal dadarauf ansprechen.“
    Zum Glück würden sie bald mit dem Schiff unterwegs sein, und der Hafenstadt entkommen. Dort würde er Finja bestimmt besser im Blick haben. Vielleicht hätte er die Situation am Vorabend auch durch einige beschwichtigende Worte klären können…
    „Bist du dann bereit aufzuzubrechen?“, fragte er sie schliesslich und hielt ihr die Hand entgegen, um sie von der Bank hochzuziehen.


    Am Hafen angekommen war es nicht schwer, die Taverne zum Wellenbrecher ausfindig zu machen, denn davor sammelte sich eine bunte Truppe aus Forschern, Söldnern, Pferden und Karren.
    Spätestens als ihnen der bärtige Priester Thalon und die kurze Waldalbin Rhodesia fröhlich zuwinkten, überkam Nicolai die Erleichterung – er hatte sein einstweiliges Ziel erreicht!

  • "Guten Morgen wünsche ich." Finja fühlte erneut nach ihrer Beule. "Tut weh, wenn ich draufdrücke. Aber das wird mich nicht einschränken, ich lass einfach die Finger davon.", antwortete sie optimistisch und ignorierte das leichte Stechen der Nachwirkungen des Alkohols. "Ansonsten war es eine eher traumlose Nacht. Bei dir auch soweit alles gut gegangen?". Nicolai schien ebenfalls guter Dinge, daher beantwortete sich die Frage fast von selbst.


    Finja seufzte, legte den Kopf schief schaute Nicolai einen Augenblick lang an. "Mach dir keine Sorgen. Alles schon vergessen.", meinte sie schließlich. "Der Kerl hat mich in einer schlechten Verfassung erwischt. Gut, ich gebe zu, er war eben auch größer als ich. Aber sonst hätte ich den geschafft!", verwegen schoss einer von Finjas Mundwinkeln nach oben. "Nein, aber mal ernsthaft Nicolai, alles gut. Und wenn er DAS auch nur versucht hätte, glaub mir, dann wäre die Sache noch mal ganz anders ausgegangen.". Die Frage machte auch Finja anschließend in gewisser Weise verlegen und so löste sie ihren Blick von dem Raktauren.
    Als Nicolai Thalon erwähnte erinnerte sich Finja auch wieder an Rhodesia. "Wenn da mehr hinter steckt, dann finden wirs bestimmt raus.", antwortete Finja selbstsicher und ergriff Nicolais Hand.


    Aus der Ferne war bereits die Expeditionstruppe zu sehen und Nicolai schien mehr als zufrieden. Je näher Finja und Nicolai der Gruppe kamen, desto unruhiger wurde die Almanin. Sie meinte bereits von weitem ein paar Gesichter von dem Vorband zu erkennen...und damit waren weder Thalon noch Rhodesia gemeint. Von dem Raktauren war zwar noch nichts zu sehen, doch war es wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit bis dieser auftauchen würde.
    Die beiden Neuankömmlinge wurden recht herzlich begrüßt und man stellte sich einander vor. Finja bekam mit, wie die Soldaten ab und an in ihre Richtung schauten, sie musterten und tuschelten. "Hey, Rhodesia, schön dich zu sehen. So wie es aussieht geht es uns beiden heute wahrlich besser, hm?", fragte Finja dann die kleine Albin, welche sie nickend anstrahlte. "Verzeiht mein Auftreten am Vorabend.", gab Finja mit gedämpfter Stimme in Richtung Thalon. Tatsächlich schämte sie sich etwas, versuchte jedoch sich nichts anmerken zu lassen.


    Finja hatte ihren Rucksack etwas abseits auf den Boden gestellt und kontrollierte erneut die Vollständigkeit ihrer Ausrüstung, als sich einer der Soldaten von der Gruppe löste. Er stolzierte zu Finja hinüber und blieb ein paar Augenblicke wortlos vor ihr stehen. Als sie den Mann schließlich bemerkte grinste dieser und entblößte dabei zwei Zahnlücken. "Pass auf Kurze...wollen doch nicht, dass du wieder so unglücklich am Boden liegst.". Finja drehte sich verächtlich von dem Kerl weg und kramte weiter. "So oder so, sei auf der Reise nicht wieder so frech, hörst du?". Zorn flammte in der kleinen Almanin auf, doch sie versuchte sich weiterhin zusammenzureißen. "Falls ihr unseren...meinen Geleitschutz oder körperliche Wärme sucht, sagt einfach bescheid.", schleimte der Kerl übermütig weiter. Finja musste nicht wirklich aufmerksam sein um die Blicke seiner Kameraden zu bemerken., zischte sie zwischen den Zähnen hervor. "Es gibt da wirklich etwas, was ihr für mich tun könnt. Helft mir doch bitte auf, ich fürchte nämlich, dass mit meinem Knie etwas nicht in Ordnung ist seit letzter Nacht.". Mit funkelndem Blick hielt sie dem Soldaten die Hand hin. In einer überschwänglichen Bewegung griff dieser danach und heulte auf, als Finja pfeilschnell sein Handgelenk packte und es nach hinten knickte. "AAAaaaargghhh was zum?!", rief der Mann und ging in die Knie. Finja wirbelte um den Kerl herum, sodass sie den Arm verdrehte und hinter dem Soldaten zum Stehen kam. Mit der anderen Hand hatte sie das Schwert mehrere Finger breit gezogen. "Mit euch Gesindel werde ich jederzeit fertig. Das kannst du auch deinen Freunden sagen. Ich glaube, wir sind mit der Sache durch und es wäre für alle Beteiligten besser, wenn ihr einfach nur eure Aufgabe erfüllt, Soldat.", hauchte Finja dem Mann eiskalt ins Ohr. "Was ist hier los?", polterte plötzlich eine Stimme von der Seite. Finja ließ den Mann los, wollte ihn eigentlich noch anrempeln und entschied sich letztendlich jedoch dagegen. Als sie sich wieder aufrichtete sah sie ein ihr durchaus bekanntes Gesicht. Einen Moment erstarrte sie, als sie den Raktauren wiedererkannte. "Nichts. Wir sind hier fertig.", sagte sie trocken und zuckte mit den Schultern. Mit schnellen Handgriffen packte Finja ihre Ausrüstung zusammen und gesellte sich wieder zu Nicolai, Thalon und Rhodesia. Der Soldat verzog sich grummelnd zu seinen Kameraden, von denen der ein oder andere mittlerweile anerkennend in Finjas Richtung nickte. "Ich muss mich noch einmal entschuldigen.", sagte Finja in die Gruppe. "Ich musste da nur kurz noch etwas klarstellen.". Anschließend lehnte sie sich zu Nicolai. "Das sind ein paar der Männer, die der Kerl gestern im Schlepptau hatte.", klärte sie ihn auf. "Der andere da ist sowas wie ihr Hauptmann. Der, der mich geworfen hat. Aber mit dem spreche ich ein anderes Mal noch ein ernstes Wörtchen. Ich wäre dann soweit.". Erwartungsvoll schaute Finja zu dem Schiff hinüber, mit welchem sie schon bald ablegen würden.

  • Der Raktaure war gespannt auf das Zusammentreffen mit den restlichen Expeditionsteilnehmern und liess sich erwartungsvoll von Finja mitziehen, die inzwischen wieder ihre altgewohnte Selbstsicherheit errungen hatte.
    Der feinfühle Nicolai registrierte demnach überrascht, wie die junge Frau an seiner Seite bei jedem Schritt wieder unruhiger wurde, kaum dass die neuen Mitreisenden in ihr Blickfeld gerieten. Er selbst verspürte eine fiebrige Vorfreude und winkte fröhlich, als Thalon und Rhodesia sie erkannten und es ihm gleichtaten.
    Nicolai warf einen prüfenden Blick auf die Almanin an seiner Seite, doch als sie nun ebenfalls ihre Bekanntschaften vom gestrigen Abend auffrischte, verbarg sie ihre Unruhe geschickt. Stattdessen entschuldigte sie sich mit einer etwas schuldbewussten Miene für ihr Verhalten am Vorabend.


    „Alles gut, Kindchen. Wir haben alle schon einmal etwas über die Stränge geschlagen, stimmt’s?“, während Rhodesia mit einem eifrigen Nicken dem gut gelaunten Thalon zustimmte, verzog Nicolai peinlich berührt das Gesicht. Tatsächlich hatte er noch nie einen über den Durst getrunken, wollte dies jedoch nur ungern zugeben, da sogar der Priester mehr Erfahrungen als er gesammelt zu haben schien. Deswegen verkniff er sich einen Kommentar und warf stattdessen einen ausweichenden Blick auf die übrigen Teilnehmer.
    Die Soldaten machten keinen unfreundlichen Eindruck, jedoch fiel dem Centauren auf, dass sie immer wieder feixend zu ihnen herüberschauten.
    Machten sie sich etwa über die Neuankömmlinge lustig?
    Schnell kontrollierte er sein Aussehen.
    Vielleicht hätte er doch seine Decke überziehen sollen?
    Sein hellbraunes Fell war jedoch nicht zerzaust und auch seinen Schweif hatte er am Morgen ordentlich durchgekämmt und von Strohfuseln befreit.


    Während Finja etwas abseits an ihrem Rucksack herumnestelte, kam Nicolai mit den anderen ins Gespräch.
    „Schön euch zwei wiederzusehen! Wisst ihr, wawann es dedenn losgehen soll?“
    „Wie ich sehe, verladen sie gerade noch die letzten Vorräte auf dem Schiff. Und mit euch sind die letzten Teilnehmer eingetroffen. Unser fleissiger Handwerker Pepe kontrolliert gerade, das alles seinen Platz erhält und gut festgezurrt ist. Der Goblin ist ein Meister seines Faches, wenn auch manchmal etwas starrsinnig. Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, sind Diskussionen mit ihm sinnlos!“, man konnte Thalon anmerken, dass er bereits einige Erfahrungen dahingehend gesammelt hatte.
    „Und Viniera Nachtigall war auch schon früh auf den Beinen!“, mischte sich Rhodesia ein. Sie war eine gut gelaunte Persönlichkeit, die sich mit der kleinen Fee ausnehmend gut verstand.
    „Sie hat etwas von einer Katze geträllert, deren Schnupfen sie noch eben kurieren müsse, bevor wir lossegeln. Aber sie wird schon auftauchen, irgendwie schafft sie es immer, doch noch pünktlich zu sein“, dies schien die kleine Waldalbin wirklich zu erstaunen, wo sie selbst doch mehr Mühe damit hatte, zur richtigen Zeit am richtigen Ort einzutreffen.


    Nicolai freute sich bereits darauf, auch den Goblin und die Fee kennen zu lernen. Die Zusammensetzung der Gruppe schien gut gewählt.
    Im nächsten Moment wurde seine Aufmerksamkeit jedoch von einem Aufschrei auf sich gelenkt und er fuhr herum. Gerade sah er noch, wie einer der Soldaten in die Knie ging und seine Begleiterin ihm geschickt den Arm auf den Rücken verdrehte.
    Der Raktaure verstand nicht, was sich da gerade zutrug und beobachtete die Szene erschrocken und nicht fähig, einen Schritt zu tun.
    Er war jedoch nicht der Einzige, dem das Geplänkel der beiden nicht entgangen war: „Was ist hier los?“, polterte plötzlich eine befehlsgewohnte Stimme. Nicolai starrte den mächtigen Raktauren perplex an. So wie sich der Kerl gebärdete, musste er wohl der Anführer der Söldner sein. Eindeutig war er kräftiger gebaut als Nicolai. Sein Körper erinnerte an ein Schlachtross, wobei sein Schweif kurz zurechtgestutzt war, wie auch seine Kopfbehaarung, wohl damit sie ihn beim Kampf nicht behinderten.


    Nicolai erinnerte sich an die Worte von Finja am Vorabend und als sein Blick nun zu ihr hinüber huschte, kam ihm die Erkenntnis. So viele Raktauren konnte es in diesem verschlafenen Städtchen nicht geben und ihre angespannte Haltung deutete ebenfalls darauf hin, dass sie bereits Bekanntschaft mit dem Mann gemacht hatte.
    Sogleich brodelte Nicolais Gerechtigkeitssinn auf, als Finja zu ihm hintrat und ihn über die Situation aufklärte.
    „Das kökönnen wir doch nicht soso stehen lalassen!“, empörte er sich sogleich.
    Thalon wiegte unbehaglich den Kopf.
    „Lass es gut sein. Du wirst noch genug Möglichkeiten bekommen, mit ihm aneinander zu geraten. Er mag zwar ein guter Soldat sein und seine Jungs gehorchen ihm, doch als Reisegefährte ist er nicht gerade angenehm.“
    Auch Rhodesia hatte den Kopf eingezogen, als der verächtliche Blick Akorrs über das gesellige Grüppchen gewandert war.
    „Mit ihm ist nicht gut Pferde stehlen“, meinte die Waldalbin und kicherte dann über ihre eigene Wortwahl.


    Der junge Raktaure hingegen war mit dem Sachverhalt nicht zufrieden. Es konnte doch nicht angehen, dass sie Männer zu ihrem Schutz anheuerten, und diese abends durch die Strassen zogen, um hilflosen Frauen aufzulauern.
    Akorr hatte sich bereits abgewandt und steuerte auf das Schiff zu, als Nicolai sich von den anderen löste und ihm hinterhertrabte, so dass seine Hufe auf dem Boden klapperten.
    „Hey Sie da! Wir wuwurden einander noch gar nicht vorgestellt“, rief er ihm zu, was den Grossen dazu bewegte in seiner Bewegung innezuhalten.
    „Was?“, knurrte er und wandte sich um.
    „Guten Tag. Mein Naname ist Nicolai und ich bin Teil der Expedition. Ich bin als Übersetzer hier und zuständig für die Kommunikation und das Protokollieren der Ereignisse. Sie müssen für unseren Schuschutz eingesetzt sein?“
    Akorr warf ihm einen abschätzigen Blick zu und marschierte dann einfach weiter. Nicolai hatte Mühe im Schritttempo mit zu halten.
    „Genau, das bin ich. Akorr ist mein Name. Ich und meine Männer bewachen die Expedition. Sind somit alle Fragen geklärt? Wir sollten langsam aufbrechen, nachdem nun endlich auch die letzten Nachzügler eingetroffen sind“, gab er etwas schroff zurück, ohne den Jüngeren eines Blickes zu würdigen.
    „Nein. Tatsächlich mömöchte ich noch etwas klarstellen!“, preschte Nicolai vor. Seine Empörung und sein Ehrgefühl hatten ihm ein Quäntchen Mut verliehen, das er nun etwas unbeholfen ausnutzen wollte, um dem Kerl seine Meinung zu sagen.
    „Es kann nicht angehen, dass Sie und Ihre Mämänner des Nachts junge Frauen belästigt. Finja steht zu dem unter meinem Schuschutze und wenn Sie oder Ihre Männer ihr wiederum zu nahe treten, werde ich gegegen Sie vorgehen!“
    Akorr war abrupt stehen geblieben. Seine Miene war wie versteinert, als er sich zu Nicolai umwandte.
    „Wage es nicht, mir zu drohen! Du vergeudest meine Zeit Bürschchen. Und um meine Jungs mach dir keine Sorgen, die tun nur das, was ich ihnen auftrage.“
    Er war einen Schritt auf Nicolai zugegangen, wobei dieser Mühe hatte, nicht unwillkürlich auszuweichen.
    Das Gesicht des Soldaten war ihm nun ganz nahegekommen.
    „Und was willst Du schon gegen mich ausrichten, hm? Deinem kleinen Vögelchen wird schon nichts passieren, so lange es immer in der Nähe des Lagers bleibt. Vor den Wilden sollte es sich lieber in Acht nehmen. Ich hab gehört, die sind ganz erpicht darauf, junge Frauen zu verschleppen!“, er lachte auf, als er Nicolais entrüsteten Ausdruck bemerkte und liess ihn dann einfach so stehen.
    „Schuschuschutz…. Schwächling!“, meinte er den Kämpfer noch zu hören.


    Mit geballten Fäusten lugte Nicolai ihm hinterher und schüttelte dann das Haupt ab solch eines Rüpels. Er würde seinem Meister einen Brief zukommen lassen und sich über das Verhalten beschweren!
    Etwas verloren, wie bestellt und nicht abgeholt, stand der junge Mann da. In diesem Moment fühlte er sich gar etwas hilflos. Gleichsam würde er ein Auge auf den Hünen und seine Männer haben.
    Schliesslich hatte er Finja hierher geschleppt, als war es auch seine Aufgabe, sie heil wieder nach Hause zu bringen!
    „So ihr Landratten, ihr könnt nu aufs Schiff. Alles is verladen!“, erklang da eine krächzige Stimme vom Deck her und ein graubärtiger Kapitän lud die auf dem Steg Verbliebenen dazu ein, das sanft wankende Boot zu betreten.
    "Mutig, mutig", meinte Rhodesia, als sie mit ihrem Gepäck zu Nicolai herantrat. Ein Hauch von Bewunderung schwang in ihrer Miene mit, weil er dem Raktauren widersprochen hatte.
    "Eher närrisch", murmelte Thalon.
    "Der Typ wird euch das nicht vergessen. Nehmt euch in Acht vor Akorr!"

  • Die Gruppe hatte unterschiedlich auf Nicolais "Ansage" in Richtung Akorr reagiert. Finja versicherte Nicolai zwar, dass es nicht nötig gewesen war sich mit dem Söldnerhauptmann erneut anzulegen, jedoch sah Nicolai dies anders. So oder so, Finja bedankte sich trotzdem noch einmal und fand die Geste als solche durchaus nett. Schließlich betrat die kleine Forschergruppe das Schiff.


    Die Kajüten wurden zugeteilt und Finja bekam noch Rhodesia als Mitbewohnerin zugewiesen. Dies stimmte sie friedlich, denn hätte sie im Mannschaftsraum oder bei diesen ominösen Soldaten übernachten sollen, so hätte sie definitiv Alarm gemacht.
    Schließlich war das Gepäck verstaut und die beiden Zimmergenossinnen plauderten derweil über dies und das. Das Schiff hatte bereits abgelegt, als sie auf ihrer kleinen Schiffserkundungstour das Oberdeck betraten.
    Finjas Augen brauchten einen Moment, bis sie sich wieder an das Sonnenlicht gewöhnt hatten. Schließlich war es unter Deck weitaus dunkler. "Hier ist auch eindeutig bessere Luft.", stellte Finja heftig blinzelnd fest und hielt die Hand in Richtung Sonne. Rhodesia stimmte zu und so genossen sie eine Zeit lang die frische, salzige Seeluft.
    Als man sich mit dem Schiff, welches die nächste Zeit ihre Heimat sein sollte, vertraut gemacht hatte, nahm Finja am Bug Platz. Rhodesia wuselte kurze Zeit später mit einem Buch heran. "Sieh mal.", begann sie und blätterte eine Seite mit diversen Zeichnungen von Pflanzen auf. Im Anschluss erhielt Finja einen "kleinen Vortrag" über das Vorkommen, den Aufbau und die Verwendung der gezeigten Pflanze. Wirklich folgen konnte sie Rhodesias Ausführungen allerdings nicht, sodass Finja am Ende nur zustimmend nickte. "Ja, schmeckt bestimmt gut.", bestätigte sie abschließend, noch nicht wirklich wissend worauf sie sich dabei eingelassen hatte...


    Die Tag plätscherte vor sich hin und Rhodesia döste in der Sonne, das Buch aufgeschlagen auf ihren Bauch gelegt. Finja nutzte die Zeit um eine weitere Zeichnung für Nicolais Dokumentation anzufertigen. Sie hatte dafür mehrere Ideen. Ein grober Entwurf für eine Art Gruppenbild war schnell skizziert, auch wenn sie den Söldnerhauptmann eher ungern auf Papier bannte. Trotzdem gehörte er ja auch irgendwie dazu. Das Schiff wurde natürlich auch gezeichnet. Nebenbei fertigte sie, einfach nur zum Spaß, noch ein kleines Bild von der herumdösenden Rhodesia an.
    Es wurde Mittagszeit und Finjas Magen meldete sich. "Ich suche mir mal 'nen Happen zu Essen.", informierte sie die Albin, welche im Halbschlaf als Antwort nur etwas unverständliches vor sich hin murmelte.


    Kurze Zeit später fand sich Finja in der kleinen Kombüse wieder. Als sie eintrat verstummten die Soldaten, die ihre Mahlzeit an einem Tisch verdrückten. <Gut so.>, dachte sie und grinste in sich hinein. Die Kerle gingen ihr im Allgemeinen aus dem Weg und auch die Kommentare blieben aus. Mit dem Mittagessen in ihrer Tonschale schlenderte Finja noch etwas umher und machte sich dann auf den Weg zu der Kajüte, wo sie Nicolai vermutete. Unterwegs traf sie noch auf Thalon, der ihr als Begrüßung ein ruhiges lächeln schenkte.
    Die Tür zu Nicolais Kajüte stand offen, sodass Finja sich lässig mit der Schulter an den Türrahmen lehnte. "Und?", fragte sie Nicolai, dessen Blick hastig zu ihr herumfuhr. Er hatte ihr Eintreffen kaum bemerkt. "Läuft doch bisher ganz gut, oder? Hat man dir Thalon zugeteilt?". Sie sah sich in dem Raum um. "Ich werde übrigens bald mit den nächsten Zeichnungen fertig.", fügte sie stolz hinzu und schmatzte leise beim Kauen.

  • Nicolai hatte sich zusammen mit Thalon in der Kombüse eingerichtet, die sie zugewiesen bekommen hatten. Der Pater, oder was er nun so genau war, denn der Raktaure vermochte es noch immer nicht vollständig zu ergründen, hatte zu Nicolais Belustigung bereits einen Vorrat an Lebensmitteln in die Kajüte schaffen lassen und offensichtlich hortete er auch etwas vom Weinvorrat.
    „Auch einen Schluck?“, wandte er sich mit roten Wangen an den Centauren, welcher den Kopf einziehen musst, um in dem Raum keine Beule davonzutragen.
    Ausnahmsweise war der junge Mann beinahe versucht, dem Angebot zuzustimmen, da ihn die Konfrontation mit Akorr doch etwas mitgenommen hatte. Dann erinnerte er sich jedoch daran, dass er einen Auftrag hatte und gerade jetzt, wo es offensichtlich Unstimmigkeiten in der Gruppe gab, seine Position behaupten musste – und da machte es sich nicht gerade gut, bereits am ersten Tag die Aufregung im Alkohol zu versenken.
    Er verneinte also höflich und verzichtete gar auf einen tadelnden Blick, denn mit seinem Mitbewohner wollte er es sich auch nicht schon verscherzen, zumal er den älteren Mann ganz gerne mochte.
    „Werde mich Mal umsehen und umhören. Schiffsreisen sind immer so langwierig, doch vielleicht beschert mir Noldil Glück im Spiel“, er zwinkerte dem Raktauren zu und kurz blitzen ein paar Würfel in der Hand des Paters auf, bevor er sich umwandte und nun wieder völlig der sittsame ältere Herr von Dannen schlurfte.
    Nicolai schüttelte verdattert den Kopf. In dem Kerl steckte wohl noch mehr, als man auf den ersten Blick vermuten mochte.


    Nicolai hatte gerade erfolgreich einen Platz für seinen Langbogen gefunden, tief unter dem Bett seines Mitbewohners vergraben, als er ab der Person im Türrahmen hochgeschreckt wurde.
    „Und? Läuft doch bisher ganz gut, oder? Hat man dir Thalon zugeteilt?"
    Finja sah sich in dem Raum um.
    "Ich werde übrigens bald mit den nächsten Zeichnungen fertig.", fügte sie stolz hinzu und schmatzte leise beim Kauen.
    Schuldbewusst blickte Nicolai sie an, hatte sie etwa gesehen, wie er den wertvollen Bogen unter dem Bett hatte verschwinden lassen?
    Er hoffte, dass es ihr entgangen war, vielleicht vergass sie dann auch die angedrohten Schiessübungen – obwohl er nicht wirklich daran glaubte, bestand doch immer ein Funke Hoffnung!
    „Ja, mit Thalon habe ich einen öhm… interessanten Mitbewohner erhahalten“, räumte Nicolai ein und dachte dabei an das kleine Weinfass, das Thalon vor seinem Verschwinden wohlweislich ebenfalls unter das Bett geschoben hatte. Dieses Bett würde noch zu einer richtigen Fundgrube heranwachsen…
    Nicolai selbst hatte als Schlafgelegenheit eine ziemlich grosse Matratze, gefüllt mit Heu, erhalten. Ein Bettgestell hätte sein Gewicht kaum ausgehalten, doch der Raktaure war damit ganz zufrieden.
    „Du hast bereits mit den Zeichnungen angegefangen?“, Begeisterung zeichnete sich in seinen Zügen ab.
    „Die will ich unbedingt sesehen – also natürlich nur, wenn dadas in Ordnung ist!


    Etwas später hatten die beiden sich in Richtung Deck begeben, denn Nicolai hatte es bis jetzt nicht aus seiner Kajüte hinausgeschafft. Er freute sich darüber, den Ozean aus einer neuen Perspektive zu erblicken.
    Er hatte sich gerade mit Finja hingestellt und starrte fasziniert auf den Wellengang, als er eine Bewegung von der Seite wahrnahm und im nächsten erschrocken den Kopf einzog – gerade noch rechtzeitig, denn das weisse Fluggeschoss rauschte in atemberaubendem Tempo nur knapp über sein Haupt hinweg.
    „Yeee-haaaa!“, war begeistert zu hören, als die etwas panisch flatternde Möwe geschickt zwischen den Segeln hindurch manövriert wurde und dabei ängstlich kreischte.
    „Was zum Guguguguck?!“
    „Hast Dudu das gerade auch gegesehen?“, Nicolai rieb sich die Augen. Für einen Atemzug hatte er gedacht, er hätte eine kleine Gestalt auf dem Rücken des Wasservogels gesehen, der gerade ein bahnbrechendes Manöver vollführte und dabei nur haarscharf einem Masten auswich.

  • Nicolai hatte irgendwas unter dem Bett verstaut als er Finja bemerkte. Was es genau war konnte Finja nicht mit Sicherheit sagen, aber es war ja auch schließlich seine Sache was er wo an Gepäck verstaute. "Hätte schlimmer sein können würde ich mal sagen.", grinste Finja im Bezug auf Nicolais "interessanten Mitbewohner". Als Nicolai die Zeichnungen sehen wollte hielt die kleine Almanin einen Moment lang inne. Sie dachte kurz nach, dabei tanzte der leicht abgenutzte Hornlöffel zwischen ihren Fingern umher. "Nagut.", sagte sie schließlich und betrat die Kajüte. "Bisher sind es nur ein paar Skizzen, aber man kann schon ganz gut erkennen was es am Ende werden soll...hoffe ich zumindest.". Finja stellte ihre Schale ab, kramte ein paar säuberlich gefaltete Zettel aus ihrer Gürteltasche hervor und warf sich auf die große Matratze. "Gemütlich habt ihrs hier ja auch!", stellte sie fest und hielt Nicolai dann den kleinen Stapel hin. "Das erste ist das Schiff, wie es gerade ablegt. Dann arbeite ich an einem Gruppenbild von uns allen. Ich dachte dann noch an eine weitere Zeichnung von unserem Zielhafen...oder von dem Ort, wo wir auch immer ankommen. Vielleicht noch etwas von dem Alltag auf dem Schiff hier?". Während der Raktaure die Skizzen in Augenschein nahm kniete Finja erwartungsvoll auf dem Bett. Dann bemerkte sie, dass sie mit ihren Stiefeln auf Nicolais Bett war und so wie sie ihn einschätzte würde er es ihr nicht böse nehmen...aber es würde ihm bestimmt auffallen. So leise sie konnte schlängelte sich die Almanin von der Matratze herunter, griff wieder nach ihrer Schale mit dem Essen und musterte prüfend den Bezug. <Alles scheint sauber geblieben zu sein...puh.>. Erleichtert ob der Sauberkeit aß sie weiter und wartete auf Kritik, Anregung und dergleichen.


    Etwas später gingen die beiden in Richtung Deck. Finja hatte ihre Schale weggebracht und sie und Nicolai beobachteten nun die Wellen. Dieser Frieden wurde gestört, als plötzlich ein Vogel umherschoss. Jemand schrie begeistert. "Das...was....was war das?!". Finja wirbelte herum und konnte gerade noch die Möwe sehen, die zwischen den Masten umherkreiste. "Nicolai...Vögel machen doch niemals solche Geräusche?", fragte Finja leise und kam sich dabei im Anschluss irgendwie dumm vor. "Rhodesia, hast du....". Die Frage hatte sich direkt erübrigt, da Rhodesia gerade aus einem dösigen Halbschlaf erwachte. Sie war tatsächlich noch genau da, wo Finja sie verlassen hatte. "Was für ein Spaaaß!", ertönte erneut die Stimme als die Möwe eine weitere Runde drehte. "Wenn das nicht die Fee ist...wie hieß sie noch...". Finja brauchte einen kurzen Moment um sich zu erinnern. "Viniera!", rief die kurze schließlich und winkte in Richtung Möwe. "Fall nicht runter!". Irgendwie war es dann doch interessant. Mit großen Augen verfolgte Finja die Flugbahnen der beiden. Was für ein Gefühl es wohl sein mochte zu fliegen?

  • Die Begeisterung in der Stimme setzte sich in dem freudigen Strahlen auf dem Gesicht der Fee fort, welche die Möwe nun zu einem letzten Looping anspornte. Ihre Libellenflügel hatte sie eng an den Rücken gepresst, und die silbrigen Haare flatterten wild hinter ihr her. Vor lauter Aufregung und Freude verlor sie gar von ihrem Feenstaub, der wie ein glitzernder Schleier vom Wind davongetragen wurde. Mit leisen Worten trieb sie die Möwe an, welche sich in einem letzten Kraftakt in den Himmel schraubte. Leider hatte Viniera die Energie des Vogels ein wenig überschätzt. Zwar schaffte er es tatsächlich, sich kopfüber zu drehen, doch dann war das Tier nicht mehr zu bremsen. Es schien die Orientierung verloren zu haben und stürzte nun kopfüber in die Tiefe. Die Wasserfee quietschte nun im Gleichklang mit der Möwe auf, welche erst im letzten Moment völlig verschreckt die Augen aufriss, die Flügelstellung veränderte und so knapp einem direkten Aufprall mit der Wasserfläche entgegenwirkte. Für mehr reichte es jedoch nicht auf, dann legte sie eine unelegante und holprige Rettungslandung auf den Wellen ein. Viniera war klatschnass und ihr Atem ging schnell. Doch nach einem kurzen Schrecken war bereits wieder ihr fröhliches Jubeln zu hören und die völlig erschöpfte und zerzauste Reitmöwe wurde mit Lob und Umarmungen überhäuft, während sie wie eine Boje auf der Wasseroberfläche schaukelten. Was für ein Flug! Hoffentlich hatte jemand das Manöver beobachtet! Wäre doch zu schade, wenn es vor allen Augen verborgen abgelaufen wäre!


    Die Fee schirmte ihre Augen ab und blinzelte gespannt zum Schiff hinüber. Und tatsächlich! An der Reling standen zwei Gestalten. Die eine winkte ihr fröhlich zu, während die grössere sich an der Wand festzuklammern schien. Auch nachdem Viniera der Möwe aufmunternde Worte zugeflüstert hatte war das Tier nicht dazu zu bewegen, sich in die Luft zu erheben. So schüttelte Viniere kurz ihre nassen Flügel, um sich alleine zum Schiff zu begeben.
    „Habt ihr das gesehen? Ich war unglaublich! Die Schraube war fantastisch. Ihr müsstet das einmal hautnah erleben! Leider seid ihr zu schwer, um euch auf einem Vogel mitzunehmen. Naja, ihr hättet auch nicht die gleiche Übung wie ich. Aber egal! Habt ihr den Looping am Ende beobachtet? Zugegeben, die Möwe war nicht so ganz bei Kräften, aber dafür war die Notlandung umso beeindruckender!“, die Wasserfee plapperte ganz wie ein Wasserfall vor sich hin und bemerkte dabei gar nicht, dass der Raktaure keineswegs Begeisterung zeigte. Sein Blick war voller Sorge und Empörung über den Leichtsinn dieses so zerbrechlich wirkenden Wesens.
    Als Viniera dann eine kurze Pause einlegte, um nach Luft zu schnappen, nutzte Nicolai auch gleich die Situation, um seine Meinung Kund zu tun.
    „Wie unverantwortlich Ihr Euch verhahalten habt! Ich habe ja bereits vernommen, dass das Volk der Feen verspielt und leichtsinnig ist, aber dass es vovon Selbstmordgedanken beflügelt wird und unschuldige Tiere noch dazu mit in den Tod reissen will, ist mir neu. Ihr sosolltet Euch schämen junge Lady!“, seine ansonsten so freundlichen Augen blinzelten streng hinter dem klapprigen Brillengestell hervor, was ihn nur halb so autoritär erscheinen liess.
    Einen Moment entglitten der Fee ihre freudigen Gesichtszüge, dann jedoch stemmte sie ihre Hände in die Hüften und wandte sich mit trotziger Miene einfach von dem Centauren ab. Stattdessen funkelte sie nun belustigt Finja an.
    „Findest du nicht auch, dass er wie ein Oberlehrer klingt? Mimimi, Ihr solltet mehr Verantwortung tragen… Verhalten ist untragbar…das wird Konsequenzen haben, mimimi“, äffte sie Nicolai gekonnt nach, was ihr ein unterdrücktes Prusten von der jungen Frau einbrachte.
    Trotzdem huschte ihr Blick rasch zu der Möwe, welche sich inzwischen aufgeplustert auf dem Schiff niedergelassen hatte und Viniera dabei keines Blickes würdigte. Erleichtert wandte sie sich weiter an Finja.
    „Was hält dich eigentlich in der Gesellschaft dieses seltsamen Herren? Er scheint mir etwas prüde zu sein. Ich ahne, dass ich mit dir weitaus mehr Spass haben kann!“, sie zwinkerte Finja zu.
    „Wie wärs… lass uns zusammen etwas Abenteuer auf diesen Kutter bringen! Viel zu viele griesgrämige Gesichter“, einen Moment zu lange blieben ihre Augen dabei an Nicolai hängen.
    „Vielleich hast du eine lustige Idee? Wir könnten z.B. das Schiff bemalen… ich hab im Stauraum etwas alte Farbe gefunden…"

  • Während Nicolai Viniera seine Meinung mitteilte stand Finja nur daneben. Gerade noch hatte sie der Fee zugejubelt, jetzt schien die gute Stimmung einen deutlichen Dämpfer bekommen zu haben. Einen Moment lang schwankte Finja zwischen "Mach nicht so einen Wind, Nicolai." und "Viniera, das hätte wirklich ins Auge gehen können.". Sie konnte sich nicht wirklich entscheiden und hielt daher lieber den Mund.
    Schließlich geriet die Almanin in den Fokus der Fee. "Oberlehrer?", Finja musste schmunzeln. Tatsächlich hatte Nicolai manchmal gewisse Ähnlichkeiten mit solcherlei Personen, zumindest so, wie Finja sich diese vorstellte. Viniera war allerdings noch nicht fertig. „Was hält dich eigentlich in der Gesellschaft dieses seltsamen Herren? Er scheint mir etwas prüde zu sein. Ich ahne, dass ich mit dir weitaus mehr Spass haben kann!“. Finja war sich nicht so ganz sicher, ob das nun gut oder schlecht war. "Wir sind gemeinsam auf Reisen, haben Ziele in der selben Richtung und...". Die Fee hingegen war schon wieder einen Schritt weiter. „Wie wärs… lass uns zusammen etwas Abenteuer auf diesen Kutter bringen! Viel zu viele griesgrämige Gesichter“. Ihr Blick blieb merklich an Nicolai hängen. Anschließend plapperte sie etwas von Farbe und das Schiff anmalen, wuselte dann, ohne auf Finjas Antwort zu warten, davon.
    Mehrere Sekunden lang schwiegen die beiden Reisegefährten. "Was ist hier gerade passiert?", murmelte Finja mit einer Mischung aus Skepsis und Amüsement. "Wirklich ein lebhaftes Persönchen.", fügte sie hinzu und sah zu Nicolai auf. Dieser schien nicht ganz so zufrieden mit der Situation zu sein. "Hey, nimm dir das nicht so an.", sagte Finja und erhaschte so Nicolais Aufmerksamkeit. "Du könntest bestimmt ein guter Lehrer sein.". Die Almanin grinste. "Ich werde mal zusehen, dass sie keinen allzugroßen Unfug treibt. Wer weiß, vielleicht sind wir ja dann bald sowas wie Oberlehrerkollegen? Gibt es sowas?".


    Es dauerte nicht lang, da hatte Finja Viniera auch schon eingeholt. Diese kramte bereits in einem Stapel aus Gerümpel im Laderaum herum und schließlich fiel ein Eimer polternd zu Boden. "Viniera.", sagte Finja mit gedämpfter Stimme. "Wir können hier doch nicht einfach mit Farbe oder dergleichen herumspielen. Außerdem sollten wir wohl besser gar nicht erst hier sein.". Viniera streckte den Kopf aus dem Gerümpel hervor. "Wie? Nicht? Fängst du nun auch schon so an?". "Ich meine doch nur...". "Aaach, alles in Ordnung. Ich will mich doch nur ein bisschen umsehen.". Schon verschwand sie wieder. Finja sah sich um. Womöglich war es keine wirklich gute Idee gewesen Viniera zu folgen.
    Trotz aller Skepsis untersuchte Finja schließlich auch Teile des Laderaums. Zwischen Vorräten, diversen Ausrüstungsgegenständen und sonstigem Plunder waren auch Waffen und Werkzeuge eingelagert. "Viniera, lass gut sein.", meinte Finja schließlich. Die Fee ließ sich nicht beirren, zog sich gerade an der Kante eines kleinen Holzkästchens hoch, das nicht gerade standfest auf einer massiven Truhe stand. Darin lagen mehrere Blätter unbeschriebenes Pergament. "Schmeiß das nicht runter...". Plötzlich hörte Finja Schritte. Jemand kam die hölzerne Treppe, die in den Laderaum führte, hinunter. "Viniera!", zischte Finja zwischen den Zähnen hindurch und schlich schnellen Schrittes in Richtung der Fee. Tatsächlich waren die zwei Soldaten schneller unten angekommen, als Finja es sich erhofft hatte. Glücklicherweise hatten sie die Almanin nicht gesehen, Viniera sowieso nicht. Finja blieb hinter einer großen Kiste stehen und wartete, bis sich die Soldaten wieder auf den Weg in Richtung Treppen machten. Da polterte es schräg hinter der sich versteckenden Almanin. Das kleine Kästchen lag am Boden, überall flogen Zettel herum und eine erschrocken dreinschauende Viniera saß mittendrin. "Was warn das grad'?", grunzte einer der Soldaten und blieb stehen. Finja reagierte sofort, griff nach dem Kästchen und sammelte die Blätter so schnell sie konnte zusammen. Zwischendrin verschwand auch Viniera leise fiepend, sowie irgendetwas anderes in dem Kästchen. "Alles gut, nichts passiert!", rief Finja und trat mit dem Kästchen unterm Arm hinter den Kisten hervor. "Mir ist nur diese Kiste runtergefallen. Ich brauchte neue Zettel für meine Arbeit.", fügte Finja hinzu, hielt das Kästchen mit dem Pergament und der Fee hoch und machte sich auf den Weg in Richtung Treppenaufgang. Die Soldaten hielten inne, einer wollte noch etwas sagen, verkniff es sich jedoch in weiser Voraussicht. Er wollte sich nicht mit der kleinen Almanin anlegen und hatte sonst auch keinen Grund die Arbeit von Finja in Frage zu stellen. "Bitte, nach Euch.", sagte Finja bestimmend und mit einer ausladenden Handbewegung. Ohne Worte griffen die Soldaten nach der schweren Kiste, die sie anscheinend holen sollten und stapften leicht stöhnend aufgrund des Gewichts voran.


    Die kleine Gruppe kam wieder an Deck an. Die Soldaten trotteten von dannen und Finja wartete einen Moment, bis sie unbemerkt war. Dann öffnete sie das Kästchen und eine leicht zerknautscht wirkende Viniera kam zum Vorschein. Finja setzte sie auf die Planke. "Gerade noch einmal gut gegangen, was?". Die Fee brummelte etwas, fing sich dann aber langsam wieder. "Eigentlich war das alles gar nicht so schlimm, aber dieses Teil da drin hat echt wehgetan...". Der Blick zu Finja war leicht anklagend, diese wusste jedoch nicht auf Anhieb, was genau gemeint war. Finja kramte etwas in der kleinen Box herum und tatsächlich... Erst jetzt fiel ihr wieder ein, dass sie in ihrer Eile noch etwas aufgesammelt hatte, was sich nun zwischen den leicht geknickten Zetteln befinden musste. Es handelte sich dabei um eine Art Plakette, auf der ein Symbol eingeprägt war und an der ein Lederband baumelte. Finja überlegte. Irgendwo hatte sie dieses Symbol schon mal gesehen, sie kam jedoch nicht drauf. Die beiden untersuchten die Plakette an dem Lederband noch etwas, sinnierten über die Bedeutung des Symbols, allerdings ohne wirklich nennenswerten Erfolg. "Vielleicht weiß Nicolai ja, was das ist oder wo das herkommt.", murmelte Finja schließlich und ließ die "Kette" in ihrem Gürtel verschwinden. Viniera verdrehte die Augen. "Wirklich? Müssen wir jetzt wirklich wieder zu ihm?". Finjas Mundwinkel zuckte sanft nach oben. "Musst ja nicht mitkommen. Ich kann dir ja später erzählen, was wir rausgefunden haben falls etwas bei rumkommt.". Viniera nickte. Bevor Finja Nicolai aufsuchte, drehte sie sich noch einmal zu der Fee um. Leicht übertrieben hob sie mahnend den Finger und sagte "Und stell nichts an.". Dann zwinkerte sie Viniera noch einmal zu und ging.


    Etwas später sah Finja Nicolai bereits von weitem. War er gerade im Gespräch? Genau konnte sie es nicht sagen, wollte auch nicht stören. Sie näherte sich dem Raktauren mit gemächlichem Schritt, blieb dann jedoch abrubt stehen. Da war es wieder, dieses Gefühl beobachtet zu werden. Finjas Blick flog über die Schulter, doch da war niemand. Vorsichtig schaute sie sich um, prüfte dabei so unauffällig wie möglich, ob die Kette noch da war. War sie. "Hm.". Dann ging die Almanin weiter in Richtung Nicolai. Sicherlich wäre ein Gespräch unter vier Augen das beste...

  • Der Raktaure blickte den beiden weiblichen Wesen mit leichter Sorge hinterher, denn die Kombination der beiden Wirbelwinde behagte ihm nicht sonderlich.
    „Hey, du stehst mir im Weg“, sagte da plötzlich eine rauchig klingende Stimme im befehlsgewohnten Ton. Nicolai zuckte zusammen, denn im ersten Moment konnte er niemanden erkennen.
    „Hier unten. Irgendwann werde ich mir einmal so Beinverlängerungen herstellen, wie es angeblich der berühmte Meister Dozzy gemacht haben soll. Zuzutrauen wärs dem Mordskerl!“, der kurzbeinige Goblin spuckte anerkennend auf die Planken, bevor er Nicolai herausfordernd anstarrte. „Na wird’s bald, oder willste hier Wurzeln schlagen?“
    „Ich glaube wiwir hahatten noch nicht die Ehre?“, meinte der Raktaure und bewegte sich gleichzeitig Richtung Kajütenwand, um ihn vorbeizulassen.
    „Ach nein? Ist auch nicht nötig, ich weiss wer Du bist. Da es nur zwei Raktauren auf dem Kutter hier gibt und du eindeutig nicht wie Hauptmann Akorr aussiehst, musst du Nicolai, die Leseratte, sein.“
    „Dadas ist korrekt“, antwortete er und musterte die kurzbeinige Erscheinung genaustens, „und Ihr müsst Cato sein, von der ich bis anhin dachte, Ihr wärt unser Hahandwerker.“
    Einen Moment blickte sie ihn durchdringend an, dann zog sich ihr rechter Mundwinkel in die Höhe und ein schiefes Grinsen kam zustande.
    „Schlagfertig, der feine Herr“, Cato grinste.
    „Die meisten halten mich im ersten Augenblick für einen Handwerker, vielleicht auch deswegen, weil sie nicht mit einer Handwerkerin rechnen.“
    Tatsächlich war es einfach, die Goblin mit einem männlichen Vertreter ihres Volkes zu verwechseln. Sie trug schlabbrige Latzhosen mit vielen Hosentaschen gut befüllt mit Schraubenschlüsseln in unterschiedlichen Grössen, grobes Schuhwerk und hatte kurz geschnittenes, zerzaustes schwarzes Haar, das unter einer braunen Schiebermütze hervorlugte. Sie hatte ein relativ klobiges Gesicht mit einer ausgeprägten Nase, jedoch für goblinische Verhältnisse kurze Ohren. Zudem klang ihre Stimme tief und rauchig, was vielleicht von einem Laster stammen mochte.
    „Nun, da wir uns jetzt also kennengelernt haben, würde ich gerne meiner Arbeit nachgehen! Einer dieser hohlköpfigen Söldner wollte im Rausch unsere Schiffsabwehr testen und hat dabei den Rückstoss der Harpune unterschätzt. Er hatte Glück und kam mit einem gebrochenen Fuss davon, doch das schwere Gerät ist gegen eine Wand geprallt und beide haben Schaden genommen… ich habe bereits nach meiner Truhe schicken lassen mit den Werkzeugen. Ah da kommen sie schon!“
    Auch Nicolai beobachtete mit nun gerunzelter Stirn, wie sich die beiden Söldner mit der Kiste aus dem Laderaum kämpften, wo zuvor noch Finja und Viniera verschwunden waren…
    „Passt gefälligst auf, ihr Nichtsnutze!“, knurrte die Handwerkerin, als der eine beinahe über die Takelage gestolpert wäre.
    „Bis dann, werter Herr!“, rief sie noch und zuckelte dann mit den Söldnern davon.


    Nicolai schüttelte verwundert das Haupt, und schob seine klapprige Brille etwas zurecht. Was für eine kurlige Truppe sein Meister zusammengestellt hatte. Doch es mussten wohl die Besten ihres Faches sein, sonst hätte er sie kaum ausgesucht.
    Dann blieb sein Blick an Finja hängen, die mit Viniera ebenfalls die Treppe hochkam. Während die Fee in eine andere Richtung davonflatterte, kam seine Gefährtin direkt auf ihn zu. Sie wirkte aufgeregt und hatte leicht gerötete Wangen.
    „Alles in Ordnung?“, fragte der Raktaure und blickte sie fragend an. „Ich hohoffe ihr habt Catos Kiste nicht angerührt. Ich habe so das Gefühl, die Goblin wüwürde euch die Ohren langziehen, wenn ihre Werkzeuge nicht mehr an Ort und Stelle wäwären.“
    Er gab keine weitere Erklärung ab, als Finja sich einmal umschaute, und ihn dann zu seiner Kombüse beorderte. Verwunderte folgte er ihr. Thalon war nicht da, was jedoch nicht ungewöhnlich war. Um diese Zeit war der Pater gerne beim Spiel mit den Matrosen und Söldnern oder verlor sich in manchmal lauten Diskussionen mit dem Koch über die Zubereitung der Gerichte.
    „Was ist dedenn los?“, fragte Nicolai und schob seine Brille zurecht, die ihm wieder die Nase hinuntergerutscht war. Dies passierte ihm inzwischen öfters, denn da die meisten Gefährten kleiner gebaut waren als der Centaure, musste er oft nach unten sehen, und auch die niedrigen Kombüsen liessen ihn den Kopf einziehen.
    In groben Zügen erzählte ihm Finja schliesslich von dem Fund, den sie und Viniera zufällig im Laderaum gemacht hatten.
    Interessiert streckte der Raktaure seine Hand danach aus und betrachtete das Symbol neugierig.
    „Hmm…hmmm..hrrm…“, brummte er in einem fort, drehte und wendete das Amulett und betrachtete es aus verschiedenen Richtungen.
    „Hmm…“
    Finja wurde bereits ungeduldig, bis Nicolai schliesslich meinte: „Es scheint ein sesehr altes Symbol zu sein. Es erinnert mich stark an Symbole, welche die Centauren nunutzen. Aber in dieser Form habe ich es nonoch nie gesehen. Interessant, wahrlich interessant!“
    „Kann ich mir dadas einmal ausleihen? Ich würde es gerne mit einigen Schriftstücken vergleichen!“

    Sein Blick liess gar keine Widerrede zu.
    Während den Geschehnissen hatten sich am Himmel Wolken gebildet, und der Wind nahm zu.
    „Rollt die Grosssegel ein, da kommt ein Sturm auf!“, schrie von irgendwoher der Kapitän.
    „Oh nein, nicht das auch noch“, nur schon die Aussage färbte Nicolais Gesicht grünlich, während der Wellengang langsam an Stärke gewann.

  • Finja war froh, dass sie mit Nicolai über ihren Fund reden konnte. Anscheinend war diese Kette mehr als sie auf den ersten Blick zu sein schien. "Natürlich, behalt das Teil erst mal.", stimmte die Almanin zu, auch wenn sie sicher war, dass Nicolai ihr gar keine andere Möglichkeit ließ. "Meinst du, das ist etwas Wichtiges?", fragte sie schließlich und war von einer gewissen Neugier gepackt. "Ich glaube, wenn hier jemand was darüber rausfinden kann oder weiss, dann du!.", fügte sie munter hinzu. Plötzlich schrie der Kapitän irgendwas von einem Sturm und ihr Blick blieb auf Nicolai hängen. "Oh nein, auch das noch.", kommentierte dieser die Situation. "Was? Das kann doch nicht sein? Gerade war doch noch gutes Wetter?". Finja sah sich unsicher um. "Warte kurz.", sagte sie knapp und huschte hinaus. Auf Deck machte sie sich selbst ein Bild von der Situation. Tatsächlich schien ein Unwetter heranzurollen. In der Ferne konnte man bereits dicke und überaus dunkle Wolken erkennen, die sich wahnsinnig schnell näherten. Finja schluckte. Eigentlich machte ihr Unwetter nichts aus, aber auf einem Schiff? Die Seeleute um sie herum rannten teilweise wild durcheinander, kamen den knappen Anweisungen ihres Kapitäns nach. "Sagt, wird uns das da hinten stark treffen?", rief Finja dem Kapitän entgegen und deutete in Richtung der herannahenden Wolken. Der Mann setzte ein schwaches Grinsen auf. "Wär doch gelacht, wenn wir damit nicht klar kommen würden meine Teuerste.". Es war ein schwacher Trost, fand Finja. Der Wind frischte weiter merklich auf und skeptisch schaute die Almanin umher. Dann dachte sie wieder an Nicolai und machte sich wieder auf den Weg zu ihrem Reisegefährten. Dieser stand immer noch da, wo sie ihn vorgefunden hatte und untersuchte die Kette. "Da kommt richtig was auf uns zu, Nicolai.", berichtete sie und bemerkte natürlich direkt seine besorgte Miene. "Nicolai...". Unsicher trat sie auf der Stelle umher. "Wir kommen doch bestimmt gut aus der ganzen Sache raus, oder? Bitte sag mir, dass die Leute hier wissen, was sie tun.". Finja fühlte sich wehrlos. Gegen normale Feinde konnte sie wenigstens kämpfen, aber gegen das Wetter war das nicht wirklich möglich. Außerdem waren sie auf einem Schiff. "Wir sinken doch nicht, oder?", brummelte sie und verzog das Gesicht. Eigentlich war sie es, die in dieser Situation einen kühlen Kopf bewahren musste, das wusste sie, doch war ihr genau das gerade nicht möglich.
    Plötzlich rumpelte es laut über den beiden Gefährten und erschrocken sah Finja nach oben. "Ich gehe gucken, was passiert ist.", entschied sie und rauschte wieder von dannen.
    Wieder auf Deck peitschte der Almanin bereits der Regen scharf ins Gesicht. "Das kann doch wohl nicht wahr sein.", fluchte sie und sah daraufhin, was passiert war. Einer der Seeleute war von der Treppe des Oberdecks gefallen, wandte sich hin und her und hielt sich das Knie. "Wartet, ich helfe euch!", rief Finja über den Krach des Unwetters hinweg und stampfte in Richtung des Mannes. Sie zog ihn hoch, bekam Hilfe von einem der Soldaten. Gemeinsam schleppten die beiden den verletzten Seemann in Richtung Planke. "Viniera!", schrie Finja. "Viniera, komm schnell her!". Die Fee konnte dem vor Schmerz fluchenden Mann bestimmt helfen. Finja wischte sich die nassen Haare aus dem Gesicht und tatsächlich meinte sie in der Ferne Viniera ausmachen zu können. Mittlerweile war die Almanin nass bis auf die Knochen, das Unwetter hatte das Boot und die Besatzung wirklich hart getroffen. "Viniera, sieh zu, was du tun kannst!". Mit einer gehörigen Portion Verzweiflung winkte Finja der Fee wild zu. Zu allem Überfluss hatte der Seegang auch noch ordentlich Fahrt aufgenommen. Einmal schlug eine Welle gegen die Seite des Schiffes und Finja wurde durch die Wucht von den Füßen gerissen. Sie kullerte ein kleines Stück über das glitschige Deck, einer der Soldaten stoppte sie. "Wartet, ich helfe euch.", schrie der Mann und zog die kleine Almanin mühelos hoch. "Danke.", antwortete Finja, was aufgrund des tosenden Unwetters fast unterging. Dann taumelte sie fast in Richtung des verletzten Seemanns, Viniera war bereits dort. "Er ist schwer gestürzt.", meinte Finja und Viniera nickte. "Ich krieg das schon hin.". Finja hörte den Satz der Fee fast gar nicht. Sie blickte nur in Richtung der sich immer weiter aufbrausenden Wellen, wurde langsam bleich im Gesicht. "Das war es dann wohl...", murmelte sie traurig.


    Polternd flog die Tür auf und eine völlig durchnässte Finja stolperte zu Nicolai hinüber. In den unteren Decks war es fast noch unerträglicher als draußen. Das Boot knarzte laut und schwankte gefühlt noch stärker hin und her. "Jemand hat sich verletzt, Viniera kümmert sich drum!", rief Finja Nicolai zu. Dann donnerte es plötzlich. "Nicolai...ich hab Angst.".

  • Während der Sturm sich aufbauschte, untersuchte Nicolai gewissenhaft das Amulett mit dem alten Symbol. Er hatte einige Schriftrollen ausgebreitet und verglich sie mit Finjas Fundstück. Eine Weile suchte er vergeblich, durchblätterte Pergament für Pergament. Dann endlich fand er eine interessante Stelle, wo ein ganz ähnliches Symbol abgebildet war. Nun, eindeutig musste es von Bedeutung sein. Wie die Centauren seit Anbeginn der Zeit den Jahreszeiten folgen, werden sie auch…
    Weiter kam er nicht, denn Finja stürzte wieder zur Tür hinein.
    "Da kommt richtig was auf uns zu, Nicolai.", berichtete sie und bemerkte natürlich direkt seine besorgte Miene. "Nicolai...". Unsicher trat sie auf der Stelle umher. "Wir kommen doch bestimmt gut aus der ganzen Sache raus, oder? Bitte sag mir, dass die Leute hier wissen, was sie tun."
    Er schluckte schwer, bevor er schliesslich vorsichtig antwortete: „Ich bibin sicher, dass wir einen fähigen Kapitän an Bobord haben und eine erfahrene Mannschaft. Sie wewerden uns durch den Sturm bribringen.“
    Die leise Frage, ob sie sinken würden, überhörte Nicolai lieber. Er wäre der Erste, der wie ein Stein in den Tiefen des Ozeans versank.


    Als sie das nächste Mal wieder hereinpolterte, war der Raktaure bereits bleich im Gesicht vom Wanken des Schiffes. „Ich glaub, mir ist Übel“, raunte er und stützte sich mit der Hand an der Holzwand fest.
    „Jemand hat sich verletzt, Viniera kümmert sich drum!“, setzte ihn Finja auf den neusten Stand, bevor sie leise hinzufügte: „Nicolai… ich hab Angst.“

    Das heftige Donnern schien jedoch nicht nur Finja zu verunsichern, auch die Matrosen starrten einen Augenblick betreten und besorgt in den Himmel, um dann rasch den Befehlen des Kapitäns nachzukommen, der mit aller Kraft versuchte das Schiff im richtigen Winkel durch die Wellentäler zu manövrieren.
    „Bei Nyel, das kann doch kein gewöhnlicher Sturm sein!“, riefen die Matrosen und nicht wenige flehten ihre Götter um Beistand an.


    „FESTHAALTEEN!“, brüllte da der Kapitän, vermochte jedoch kaum das Getöse zu übertönen. Wer es dennoch vernahm, klammerte sich rasch an einem Seil, an der Bordwand oder an einem Masten fest.
    Im nächsten Moment rauschte eine besonders kräftige Böe heran, bauschte die Wellen auf und traf das Schiff mit voller Wucht. Bei dem unerwarteten Aufprall verlor Nicolai das Gleichgewicht, knickte mit den Hinterbeinen ein und hockte plötzlich auf seinem Hinterteil. Seine Miene verdeutlichte seinen Schrecken und er tastete etwas hilflos nach seinem Brillengestell, das in hohem Bogen davongespickt war. Er beschloss erstmals sitzen zu bleiben, sonst würde er sich noch die Beine brechen!

  • Tatsächlich war es kein gewöhnlicher Sturm, der da tobte. Es war der Windelementar Is’emi höchstpersönlich, welche sich ihre Zeit vertreiben wollte.
    Sie war heute in Trotzstimmung, denn Niemand wollte sich so richtig mit ihr abgeben. Die meisten Götter befassten sich mit ihrem eigenen Kram, während Noldil, die ihr Freundin und Schwester zugleich war, irgendwo in Rakshanistan verweilte. Zudem war da noch dieser Krieg, den alle wie ein Schachbrettspiel gespannt mitverfolgten. Sie hatte man ausgeschlossen und weggeschickt mit den Worten, das sei Nichts für Elementare und für Kinder schon gar nicht. Nun zog sie also ihren Schmollmund während sie unsichtbar über die Landschaft schwebte und sich einen Spass daraus machte, die fluffigen Wolken wie verlorene Schäfchen zusammenzutreiben.


    Von der Gegend um Vyamar war sie weiter Richtung Küste geschwebt, wo sie einige besonders graue Gewitterwolken einsammelte. Die Wellen zeigten weisse Schaumspitzen, sobald Is’emi darüber hinwegschwebte. Ihr gefiel es, das Wasser aufzuwirbeln und traurig dachte sie an ihre Spielereien mit Nyel zurück. Sie hatte schon so lange Nichts mehr von ihrem Bruder gehört.
    Vielleicht kann ich ja seine Aufmerksamkeit erlangen, wenn ich in seinem Revier etwas Unordnung schaffe!
    Voller Tatendrang begann sie durch ihre Schäfchenwolken hindurchzuflitzen, sie aufzuwirbeln, bis sie empört aufbegehrten. Ein Wolkenbruch war die Folge, und es begann in Strömen zu regnen.


    Da entdeckte das Elementarwesen in den Wellen ein kleines Schiffchen. Von oben wirkte es nicht grösser als eine Nussschale und war wohl kaum von Bedeutung, doch es hatte Is’emis Interesse geweckt.
    Während der Regen auf das Schiff peitschte, begann sie übermütig von allen Seiten auf das Schiff einzupusten, so dass es völlig orientierungslos herumschlingerte. Die Wellen wurden durch ihr Einwirken immer höher und drohten das Schiff zu kentern.
    Interessiert beobachtete das kindliche Wesen, wie die Zweibeiner herumwuselten und sich panisch festklammerten, um nicht vom Ozean verschlugen zu werden. Dem ein oder anderen misslang dies, und seine erfolglosen Hilferufe gingen im Tosen des Sturmes unter.


    „Is’emi, Sturmgöttin, hab Erbarmen mit uns armseligen Kreaturen!“, es war ein Matrose der dies in seiner Verzweiflung schrie. Die direkte Anrufung ihres Namens war für sie deutlich zu vernehmen und sie betrachtete das Schiff sogleich mit wohlwollenderen Augen. Sturmgöttin… was für ein schöner Name!
    Das Schiff war kurz davor in den Fluten zu versinken und alles was nicht niet- und nagelfest verstaut war, hatte längst seinen angestammten Platz verlassen.
    Da begann der Sturm urplötzlich sich zu lichten… Is’emi trieb ihre aufgebrachten Schäfchen zusammen und lotste ihre Wolkenherde von dem Kutter fort.
    Sie konnte die Jubelrufe der Mannschaft hören und einige lobpriesen sowohl sie als auch Nyel. „Pfft, wenn die wüssten. Schmächlich hätte er sie ihrem Schicksal überlassen!“
    Doch sie wollte nicht so sein, schliesslich waren die Erdbewohner naiv und unwissend.
    Sie beobachtete noch einen Moment, wie sich die Zweibeiner wieder aufrafften, dann hauchte sie ihnen eine sanfte Meeresbrise zu, welche sie direkt zum nahen Steppengebiet lotsen würde. Ein Landgang wird den grünen Gesichtern bestimmt gut tun!


    Ihre grauen Schäfchen waren mit lautem Blöken und Donnern inzwischen weitergezuckelt. Sie konnte sie knapp an Tazlogg vorbeischleusen, trotzdem bekam die Stadt einige starke Windböen und Regenergüsse zu spüren.
    Während das Schiff vor der Küste ankerte, hatte Is’emi bereits ein neues Ziel ins Auge gefasst!
    Das Getümmel war ja auch nicht zu übersehen. Eindeutig musste dies der Schauplatz sein, von dem die Götter sie fernhalten wollten… der Nichts für Elementare geschweige denn Kinder sei.
    Mit einigen fröhlichen Luftsprüngen trieb Is’emi die Sturmfront mit kräftigen Winden voran, direkt auf das Gebiet der Festung Dunkelbruch zu…


    weiter nach Dunkelbruch...

  • Die Schreie auf dem Deck wurden lauter. Die Seeleute versuchten über den Lärm des Unwetters hinweg zu kommunizieren, was ihnen eher mittelprächtig gelang. Unsanft wurde das Schiff durch die Naturgewalten hin und her geschleudert und sowohl Finja als auch Nicolai hatten Probleme sich auf den Beinen zu halten. Irgendwann trafen sich die Blicke der beiden Gefährten. Finjas Gesicht war wie erstarrt. "Ich muss hier raus.", sagte sie knapp und raste wieder in Richtung Deck. Sie wollte nur noch weg, fühlte sich schutz- und hilflos im Bauch des Schiffes. Nicolai hatte sie nicht aufhalten können, anscheinend rief er ihr noch etwas nach, doch es war bereits zu spät. Die kleine Almanin kam an Deck an, klammerte sich an dem Rahmen der Tür fest. Wind und Regen peitschten ihr ins Gesicht und es dauerte nicht lang, da prustete Finja bereits und versuchte sich das kalte Salzwasser aus dem Gesicht zu wischen. Die Matrosen, die nicht gerade dabei waren das Schiff auf so etwas wie einem Kurs zu halten, beteten verzweifelt sämtliche Gottheiten an, die ihnen in den Sinn kamen. Finja sah den Steuermann, der unter großen Anstrengungen das Steuerrad gepackt hatte. Die Wucht einer Welle war jedoch zu enorm, der Mann verlor den Halt und polterte in Richtung Planke. Dort kam er unsanft zu liegen, wurde zum Glück nicht über Bord gespült. Er fluchte, biss die Zähne zusammen und robbte wieder in Richtung Steuerrad, welches unkontrolliert rotierte. "Du da!", schrie er über das Tosen des Sturmes hinweg und zeigte auf Finja. "Besorg ein Seil! Rasch!". Finja nickte und ihr Körper schien fast selbstständig zu reagieren. Tatsächlich bekam die Almanin ein Tau in die Hände, stolperte damit zum Steuermann hinüber. "Binde mich hier fest und bei allen Göttern, mach die Knoten so fest du kannst!". Finja verstand. Ohne den Mann am Steuer würden sie wahrscheinlich sonstwo landen...doch würde er definitiv mit dem Schiff untergehen sollten sie kentern. Finja funktionierte einfach. Wie in Trance wickelte sie das Seil um den Seemann und das Steuerrad, zog die Knoten so fest sie nur konnte. Schließlich hatte sie ihre Aufgabe erfüllt und der Mann sah zu ihr hinunter. "Fürchte dich nicht. Ich bring uns hier raus.". Einen Moment lang erhellten sich die Gesichtszüge des Mannes, waren freundlich, nur um dann wieder zu erstarren. "Und jetzt sieh zu, dass du nicht von Bord gespült wirst, Kurze!!". Dann drehte er das Steuerrad hart nach Backbord und mit einem festen Ruck gehorchte das Schiff. Beinahe hätte es Finja von den Füßen gerissen, doch hielt sich die Almanin tapfer. "Ich gehe hier nicht drauf, ich habe noch zu viel zu erledigen.", sprach sich Finja selbst Mut zu. Diese Zuversicht wurde, wie so vieles was auf Deck gestanden hatte, hinfortgefegt, als sich eine gigantische Welle vor dem kleinen Schiff aufbaute und es in Schlagseite versetzte. Finja schluckte, ihre Hände wanderten zitternd zu der Brüstung des Oberdecks. Weiterhin die wachsende Welle fixierend umklammerte die Almanin die Planke so gut es ging. Dann kniff sie die Augen zusammen und bereitete sich auf den Einschlag der Welle vor...


    Der Sturm lichtete sich. Welch ein Glück. "Wir hams geschafft, Kurze.", keuchte der Steuermann, sichtlich am Ende seiner Kräfte. Wie durch ein Wunder war der Einschlag der Welle ausgeblieben. Bald wurde der Anker geworfen und das Schiff kam vor einer Küstenlinie zum Stehen, immer noch mit einer zusammengekauert dasitzenden Finja am Oberdeck. Eine schon fast gespenstische Ruhe breitete sich auf dem Schiff aus. Jeder war froh mit dem Leben davongekommen zu sein. Nach und nach wurden Rufe nach Kameraden laut, wie durch ein Wunder war niemand über Bord gegangen. Leider gab es jedoch dafür viele Verletzte und Finja meinte irgendetwas von einem Loch im Rumpf zu hören. Sie saßen wohl mehr als eine kurze Zeit lang fest. Noch immer zitternd richtete sie sich auf. "Ni....Nicolai?", stammelte sie leise und taumelte in Richtung Treppenabgang, wo sie den Raktauren vermutete. "Nicolai!!?", schrie sie dann und beschleunigte ihre unsicheren Schritte. Dann plötzlich drehte sich alles. "Nein...", hauchte Finja noch und schlug wie ein gefällter Baum auf dem hölzernen Boden des Schiffs auf.


    Langsam öffnete Finja die Augen. Es war noch Tag, so viel war sicher. Langsam drehte sie den Kopf. Es fühlte sich seltsam an...dann stellte die Almanin fest, dass sie nicht mehr auf dem Schiff war. Sie lag am Strand, weiter weg vom Meer, doch trotzdem noch im Sand. Jemand hatte Decken um sie gewickelt, in der Nähe standen mehrere Gefäße. Was war passiert? Langsam richtete Finja sich auf. Sie fühlte sich schwach. Ihr Blick wanderte umher. Das Schiff lag immer noch in den seichten Gewässern vor Anker, jedoch hatten die Matrosen große Teile der Ladung ausgeladen und am Strand ein kleines Lager errichtet. Provisorische Schlafstätten, Kochfeuer, ein Lazarett und Posten waren improvisiert worden, es herrschte reges Treiben. Niemand der Seeleute schien die wieder erwachte Almanin zu bemerken, die nun unsicher ihre Knie umfasste und nach bekannten Gesichtern suchte. Finja hatte schon das ein oder andere erlebt...aber das mit dem Sturm war eine ganz neue Erfahrung für sie, die sie auch so schnell nicht noch einmal machen wollte. Wo waren nur Nicolai und ihre anderen Gefährten? Hatten sie es geschafft? Waren sie wohlauf?

  • Nicolai war es derweilen unter Deck nicht besser ergangen. Nachdem er sein Brillengestell verloren hatte und seine Umgebung nur noch stark verschwommen wahrnehmen konnte, wurde es mit der Übelkeit nicht gerade besser. Nachdem er sich zweimal übergeben hatte, wollte er aufstehen, um irgendwie an die frische Luft zu gelangen und nach Finja zu sehen (wie er das anstellen wollte, war ihm noch nicht ganz bewusst). Doch seine vier Beine fühlten sich an wie aus Pudding und weigerten sich, sein Gewicht zu tragen. So sah er sich schliesslich dazu genötigt, in der grausam stinkenden Kombüse abzuwarten, während er seine Ängste ganz alleine auszustehen hatte.
    Sein Magen rebellierte noch einige weitere Male, doch der Inhalt war bereits vollends auf dem Boden und dem Raktauren verteilt.


    So verging eine scheinbar unendlich lange Zeitspanne, bis plötzlich Jubelschreie erklangen. Nicolai begriff im ersten Moment gar nicht, dass der Sturm nachgelassen hatte, denn egal, ob er die Augen schloss oder öffnete, alles um ihn herum schien zu wanken.
    Da hörte er jedoch eine Stimme, die seinen Namen rief. „Fififinja?“
    Er raffte seine ganzen Kräfte zusammen, und kämpfte sich auf die unsicheren Beine. Er kam sich dabei wie ein unbeholfenes Fohlen vor und verzog angeekelt das Gesicht, als er in seine eigene Kotze hineintrat. Da seine Brille irgendwo unauffindbar für den halbblinden Centauren in dem Raum lag, tastete er sich vorsichtig der Wand entlang den Gang vor und schliesslich die Treppe hoch.
    Die frische Luft wirkte wie ein Lebenselixier und vertrieb ein wenig von dem Schwindelgefühl und der Übelkeit. Gerade hatte er den oberen Treppenabsatz erreicht, als sein Huf unsanft gegen einen weichen Körper stiess. „Oh ententschuldige, ich dachte nicht, dass hihihier jemand sisitzen würde!“
    Die Gestalt rührte sich jedoch nicht und gab auch keine Antwort, so dass Nicolai sich schliesslich besorgt hinabbeugte. „Finja!“


    Vor lauter Schreck hatte er angefangen laut nach Hilfe zu rufen, bis schliesslich Cato neben ihm aufgetaucht war.
    „Hey Grosser, beruhig dich mal. Wir müssen zusehen, dass wir alle vom Schiff wegkommen. Bis wir wissen, welche Schäden es davongetragen hat, ist es besser, wenn wir alles an Land bringen.
    Sie beladen die Boote, bring deine Freundin dort hin.“

    Nicolai zögerte. Er konnte kaum zwei Meter weit sehen, wie sollte er da Finja quer übers Schiff verfrachten?
    Peinlich berührt und mit Verzweiflung in der Stimme erklärte er Cato sein Dilemma.
    Diese zuckte unbekümmert mit den Schultern, was der Raktaure jedoch nicht erkennen konnte. „Du wirst sie tragen, ich werde dich lotsen!“
    Gesagt, getan.


    Nicolai hatte Finja in den Armen getragen, während Cato sich darum bemühte, ihn um herumstehende Hindernisse zu lotsen. Einmal verhedderte er sich mit dem Huf in einem dicken Seil, woraufhin er torkelte und Finjas Kopf unsanft gegen die Bordwand schrammte.
    Schliesslich schafften sie es jedoch ins Boot, und einige Stunden später befand sich die ganze Truppe samt Proviant und wichtigen Gütern am Strand.
    Rhodesia hatte die Fürsorge über Finja übernommen und sie in eine Decke gepackt. Die Kopfwunde hatte sie gesäubert und eine Salbe draufgeschmiert, damit sie schneller heilen konnte.
    Nachdem Nicolai sich davon überzeugt hatte, dass Finja in guten Händen war, ging er zügigen Schrittes ans Meer zurück, bis er bis zum Pferdebauch im Wasser stand. Sein Eigengeruch veranlasste ihn dazu, sein Obergewand auszuziehen und es im Meer gründlich zu waschen, bevor er es als Lappen verwendete, um sein Fell und den Leib abzurubbeln.
    Klatschnass, aber sauber, ging er schliesslich wieder zurück, wobei er seine Freunde um ein gutes Stück verfehlte und erst wieder von Rhodesia herbeordert werden musste.
    „Ich brabrauche meine Bribrille“, seufzte er.


    „Finja, du bist wach!“, Rhodesia klatschte freudig in die Hände und rannte auf die junge Frau zu, um sie überschwänglich zu umarmen.
    „Ich bin so froh, dass niemand von uns zu Schaden gekommen ist! Zwei Matrosen sind während des Sturms über Bord gegangen, und Viniera und ich mussten nach Verletzten sehen, aber sonst sind alle wohlauf!"
    Nicolai war ihrem Schemen und der fröhlichen Stimme gefolgt, bis er vor Finja stand.
    „Gegeht es dir gut?“, fragte er besorgt, und hoffte, dass sie nicht allzu viele blauen Flecken und Schrammen von seiner Rettungsaktion davongetragen hatte.
    „Das Schiff hahat einige Löcher abbekommen, so wie ich Cato verstanden hahabe. Sollte aber wieder zu rereparieren sein. Ich frage mich jedoch, wo wir gegestrandet sind. Vielleicht gar nicht soso weit vovon unserem Zielort entfernt.“
    Automatisch fuhr Nicolai mit der Hand zu seiner Nase, um das Brillengestell zurechtzurücken, und zuckte dann zurück, als er sich erinnerte, dass er sie verloren hatte.
    „Was hast du denn da, Nicolai?“, fragte Rhodesia plötzlich neugierig, und deutete dabei auf seine nackte Brust, wo Finjas und Vinieras Fundstück prangte. Er hatte es völlig vergessen.
    „Ich bibin mir noch ninicht so sicher“, bekundete er und wollte gerade erzählen, was es damit auf sich hatte, als Rufe erklangen und die Soldaten in Bewegung gerieten.

  • "Uff!", stöhnte Finja, als Rhodesia sie mit ihrer Umarmung fast wieder umwarf. "Ich bin mir sicher, dass ihr gute Arbeit geleistet habt.", sagte die Almanin sicher und lächelte Rhodesia zu.
    "Nicolai!", platzte es schließlich aus Finja heraus und etwas taumelnd stand sie auf. Die kleine Frau war etwas zittrig auf den Beinen, fing sich jedoch relativ schnell. "Verdammt, ich dachte schon dir wäre was passiert!". Finja wirkte etwas unbeholfen, als sie versuchte ihren um einiges größeren Reisegefährten ebenfalls zu umarmen. Bei Rhodesia war es wirklich einfacher gewesen. Jedoch war Finja sich sicher, dass Nicolai diese Geste verstehen würde.
    "Ich kann helfen!", meinte Finja und war tatsächlich davon überzeugt, dass sie bei den Reparaturen des Schiffes helfen könnte. Kurz gab ihr linkes Knie nach, was die Almanin eines besseren belehrte. "Gut...", brummelte sie unzufrieden, bevor Nicolai etwas sagen konnte. "Ich werde mir noch etwas die Ruhe antun.". Sie trat missmutig gegen einen kleinen Stein, der leise klickend davonkullerte. "Ich seh schon an deinem Gesicht, dass du sowas sagen wolltest, Nicolai.". Rhodesia kicherte, dann bemerkte sie das Amulett.


    Die Blicke der kleinen Gruppe schossen in die Richtung, aus der die Rufe kamen. Mehrere Seeleute kamen aus einem kleinen Waldstück gerannt, deuteten in Richtung Waldrand. Die Soldaten, die um das improvisierte Lager Posten bezogen hatten, umklammerten ihre Waffen fester und eilten den Seeleuten entgegen. Sie hielten an einem zusammengezimmerten Zaun um, welcher (da war sich Finja sicher) niemanden wirklich aufhalten könnte. "Nicolai? Rhodesia? Wo sind meine Waffen?". Finja wirkte angespannt. Nicolai schien es nicht für die beste Idee zu halten, dass Finja sich bewaffnen wollte, auch das konnte sie an seinem Gesicht erkennen. Rhodesia deutete auf eine große Kiste, wollte gerade etwas sagen, doch da war Finja schon unterwegs. <Puh, ich war wirklich schon mal besser unterwegs.>, dachte die kleine Almanin, als sie schon losgespurtet war. <Aber irgendwer muss den Haufen hier ja verteidigen. Hoffentlich gehen wir hier nicht alle drauf.>. An der Kiste angekommen hatte Finja schnell ihre Waffen gefunden. Sie waren komplett, ihr sonstiges Gepäck würde sie bestimmt später noch finden. Anschließend raste Finja, so gut es ging, zurück zu Rhodesia und Nicolai. "Nimm deinen Bogen.", meinte sie und fügte hinzu:"Wer auch immer da kommt soll sehen, dass wir nicht wehrlos sind. Rhodesia, hier, nimm dieses Messer.".


    Die Soldaten bildeten eine dünne Schlachtreihe, Finja drängte sich grimmig dazwischen. "Was haben die Seeleute gesehen?", fragte sie den Kerl neben sich. "Centauren.", gab dieser knapp zurück, umklammerte seinen Speer fester und schaute sich unsicher um. "Hey.", grinste Finja den Mann an. "Brauchst keine Angst zu haben, ich bin ja jetzt da.". Ihr Kopf pochte. Dann traten Gestalten aus dem Waldstück hervor. Tatsächlich näherte sich eine kleine Gruppe Centauren. Schon aus der Ferne hoben sie ihre Hände, zeigten, dass sie nicht auf einen Kampf aus waren. Die Verteidiger wurden etwas entspannter, jedoch nicht weniger wachsam. "Willkommen, Reisende!", rief der eine Centaure aus der Ferne. "Wie wir sehen seid ihr in Schwierigkeiten. Keine Sorge, wir sind gekommen um Euch zu helfen!". Finja zog sich aus der Linie zurück, brummte dem Kerl neben sich noch ein "Nicht weggehen." zu.
    Dann huschte sie zu Nicolai hinüber. "Nicolai?", fragte sie mit gedämpfter Stimme, was eigentlich nicht nötig war. Die Neuankömmlinge würden sie so oder so nicht aus der Entfernung hören können. "Weisst du, was das für Personen sind? Tragen sie eine Art Wappen? Erkennungszeichen?". Dann fiel ihr Blick auf das Amulett, welches Nicolai noch immer umgehängt hatte. "Vielleicht solltest du versuchen das Teil erst einmal zu verstecken?", schlug sie vor. Die Almanin wurde das Gefühl nicht los, als könnte dieses Ding noch einmal wichtig werden und...nicht jeder, schon gar nicht diese unbekannten Centauren sollten wissen, dass sie in Besitz davon waren.