Teebeutel - Kap. I – Der Marktplatz von Phintias

  • „Natürlich werde ich dafür aufkommen. Mein Lager ist ganz in der Nähe. Ich werde nur schnell meine Sachen und meine...Reisegefährten... holen und wieder zu euch zurückkehren. Vielen Dank für die warme Mahlzeit, es war sehr lecker!“


    Die Albin schritt auf den Wald zu – angeblich, um ihr Geld und ihren Begleiter zu holen. Naiv, wie Selan war, begriff er nicht, dass sie natürlich vorhatte, sich unverrichteter Dinge wieder aus dem Staub zu machen. In Phintias würde man ihr dafür eine Hand abhacken. Wenn sie ordentlich in die Stadtkasse einzahlte, vielleicht nur die Daumen. Aber in jedem Fall wäre sie um mindestens ein Körperteil ärmer.


    "Schön das es dir geschmeckt hat. Kannst auch gern noch mehr haben wenn du möchtest, kann ja ein schönes Frühstück für uns machen, falls du und deine Reisegefährten hunger habt. Ihr seit alle sehr gerne eingeladen."

    „Was, ist das dein Ernst! Die fressen uns doch die Haare vom Kopf. Kannst du dir das überhaupt leisten, so viele hungrige Mäuler durchzufüttern! Ich kann nur mit vollem Magen gut arbeiten, also überlege es dir.“


    "Ach ja," sprach Seelan zu Urako und blickte ihn etwas Missmürrisch an, "Falls die Albin dir deine sieben Kupferstücke geben sollte, siehe ich dir die sieben Kupferstücke am Ende des Monats von deinem Taschengeld ab! Ich finde es schon unhöflich vor einer Dame so rum zu rennen, wie du rum rennst"


    „Ich weiß nicht, was du hast. Meine Klamotten sehen ganz normal aus. Wenn sie dir nicht schmecken, kannst du mir ja neue Kaufen, wenn wir die Stadt erreicht haben. Ich könnte ein paar neue Fußlappen, eine neue Hose und ein paar Oberteile gebrauchen. Und einen Gürtel, mit dem Strick um die Hüfte sehe ich aus wie ein kack Penner. Außerdem... oh... DAS meinst du.“
    Er blickte an sich herunter und entdeckte die flauschige weiße Quaste seines ansonsten kahlen Schweifs, die in seinem Schoß ruhte.
    „Blattnadeln, igitt, alles voller Blattnadeln“, stellte er fest und holte einen knöchernen Kamm aus seinem Rucksack. Er hatte ihn selber aus dem Oberschenkelknochen eines Deliquenten geschnitzt. Das sah man dem Kamm an, doch er erfüllte seinen Zweck. Sorgfältig kämmte Urako Strähne für Strähne. Dabei achtete er penibel darauf, möglichst keine Haare heraus zu reißen.


    Selan fuhr derweile unbeirrt mit seiner Belehrung fort. Urako ließ ihn labern. Er hatte wichtigeres zu tun. „Ein Zweig“, murmelte er vor sich hin. „Vermaledeiter Windstoß. Und iiiihhh! Eine Feder! Eigentlich müsste ich gleich noch mal baden.“


    „...mal hochgerechnet auf einen Monat, Urako alter Freund...", schwatzte der Nekromant und klatschte ihm auf den Rücken, dass ihm die Luft wegblieb, "...dann bekomm ich am Ende des Monats noch etwas raus von dir!", sprach Selan und lachte dabei.


    „Weißt du denn gar nichts“, murrte Urako. „Es bringt Unglück, den Henker zu berühren. Was glaubst du, warum ich in der Taverne an einem Extratisch sitzen muss und dort aus einem Krug trinke, der mit einer Kette an der Wand befestigt ist. Niemand will Möbel oder Geschirr benutzen, das schon mit dem Henker in Berührung war.“ Etwas verunsichert rieb er sich die Stelle, auf die Selan gerade seine Hand hatte niedersausen lassen.


    Der Nekromant fuhr fröhlich fort, die Albin und ihren Begleiter darauf hinzuweisen, dass sie gern bei ihm zu Gast sein dürften.
    "Ich denke heute wird ein wundervoller Tag, schön angefangen hat er ja schon."
    „Find ich nicht“, kommentierte Urako.


    Die Albin blieb auf ihrem Weg in den Wald noch einmal stehen und drehte sich zu ihnen um.


    „Wenn euer Weg euch auch Richtung Osten führt, könnten wir vielleicht zusammen weiterreisen. Es soll gefährliche Gestalten auf diesen Strassen geben und in einer Gruppe ist man bestimmt sicherer vor Angriffen. Ausserdem ist ein wenig Gesellschaft auch nicht zu verachten. Ich werde gleich zurückkehren, bis dahin könnt ihr gerne über meinen Vorschlag nachdenken und mir vielleicht auch eure Namen verraten.“


    "Du hast recht, ist gar nicht schlecht der Gedanke. Aber wenn du zurück bist nicht mehr so schüchtern und ängstlich sein, einverstanden? Also bis gleich!"


    „Pft, von wegen. Die ist gleich auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Bei so viel aufgesetzter Nettigkeit wird mir schlecht.“

    "Bist wohl mit dem verkehrten Flügel zuerst aufgestanden oder? War nicht gerade sehr höflich von dir. Hast du Angst vor ihr oder warum benimmst du dich so komisch?"


    Urako lachte etwas zu laut.
    „Ich benehme mich völlig normal.“
    Er strich sorgsam mit den Fingern das Fell seines Büschels glatt.
    „Aber du... du benimmst dich komisch. Lädst wildfremde Leute zum essen ein, willst noch nicht mal Geld dafür und dann liebäugelst du auch noch mit ihrem Vorschlag, dass wir zusammen weiterreisen. Hast du mich mal nach meiner Meinung gefragt? Bin ich dein Lehrling oder dein Leibeigener, dass du mich einfach außen vor lässt?“

  • Zufrieden mit sich selbst, machte sich Arafis auf den Weg zu ihrem Lagerplatz.
    Währenddessen dachte sie über die Tieflinge nach, denen sie sich nun anschliessen wollte. Doch ist das wirklich eine gute Idee? Jetzt hätte ich noch die Möglichkeit, mich aus dem Staub zu machen. Doch das wäre wohl feige. Unweigerlich dachte sie daran, wie sie damals geflohen war, als ihr Dorf im Lichtwald von den Elaniern angegriffen wurde. Sie schämte sich bis heute dafür, nicht bei ihrer Familie gewesen zu sein. Das war auch der Grund, weshalb sie ihren Eltern nicht mehr unter die Augen treten konnte. Ich werde keinen Rückzieher machen! Ermutigte sie sich schliesslich selber.


    Als das Henkerlein angefangen hatte, sich zu beschweren, hatte ihm Arafis zugehört, schenkte ihm aber weiter keine Beachtung. Es war klar, dass er zwar eine grosse Klappe hatte, aber der grössere Tiefling das Sagen hatte. So waren die Bedenken der Waldalbe klein, dass sie nicht freundlich in der Reisegruppe aufgenommen werden würde.
    Nur mit Mühe hatte sie sich ein hämisches Grinsen verkneifen können, als der kleine Meckeronkel voller Entsetzen und mit viel Liebe angefangen hatte, sein mickriges Haarbüschel zu kämmen. Wenigstens hatte ihr Sturz seinen Zweck erfüllt. Ausserdem kannte sie nun eine der Schwächen dieses Miesepeters.


    Ihr Knie hatte inzwischen aufgehört zu bluten. Sie würde etwas von ihrer Heilsalbe draufschmieren, welche sie in ihrem Proviantbeutel mit sich trug.
    Inzwischen erkämpften sich schon die ersten Sonnenstrahlen den Weg durch die Äste der Bäume. Der Morgentau glitzerte auf den Blättern und Gräsern.


    Endlich erkannte Arafis in einiger Entfernung die bemoosten Felsen, wo sie ihre Begleiter, den Bogen und ihre Umhängetasche zurückgelassen hatte.
    Fricai hatte sie bereits bemerkt und kam fröhlich auf sie zu gerannt. „Heeey mein Schöner, nicht so stürmisch“, lachte die Waldalbe, als der junge Wolf freudig um sie herumsprang. „Hast du gut auf unsere Sachen und auf Vilya Acht gegeben?“, liebevoll streichelte sie ihm über das schwarze Fell.


    Beim Lager angekommen, staunte sie nicht schlecht, als neben ihrer Tasche ein toter Hase lag. „Fricai, warst du etwa auf der Jagd? Hast du gut gemacht. Da werden sich die Tieflinge bestimmt freuen, wenn es zu der Gemüsesuppe noch etwas Fleisch dazu gibt.“ Deutlich waren die Bissspuren des Wolfes am Nacken des Tieres zu sehen, so dass Zweifel über die Herkunft der Beute ausblieben.


    Bevor sie wieder aufbrechen wollte, packte sie ihre Heilsalbe hervor und strich sich behutsam etwas davon auf ihr offenes Knie. Es kühlte sofort und bald würde nichts mehr von der Wunde übrigbleiben.
    Dann erinnerte sie sich daran, dass sie den Tiefling ja noch bezahlen wollte. Sie hatte zwar kein Geld, doch mit etwas Naturmagie, konnte sie Farbe und Form von Steinen verändern. Sie tauschte diese dann oft als Schmuck gegen andere Gegenstände ein, vielleicht würden sie dem Dämon ja gefallen. Und ansonsten hatte sie ja immer noch den Hasen, den sie als Gegenleistung anbieten konnte.
    So schnappte sie sich drei, nicht ganz faustgrosse, herumliegende Steine und konzentrierte sich darauf, ihre Gestalt zu verändern. Einen Stein liess sie farblos und ganz glatt werden, so dass man durch ihn hindurch sehen konnte. Den zweiten formte sie zu einem grünen Quadrat. Und den letzten liess sie pink werden, mit ganz vielen Stacheln dran, wie ein kleiner Igel. (an Urako denk *hust*)
    Dann packte sie sie in ihre Tasche.


    Während Vilya noch graste, befestigte die Albe den Bogen auf ihrem Rücken und legte sich den Proviantbeutel um. Fricai wuselte fröhlich um sie herum und wollte offensichtlich mit ihr spielen. „Jetzt wird nicht gespielt. Aber wenn du Glück hast, mag das Henkerlein ja Wölfe und wirft Stöcklein für dich oder macht mit dir ein Fangenspiel!“, Arafis grinste bei dem Gedanken daran, den kurzbeinigen Tiefling über die Wiese rennen zu sehen. Die Frage war nur, wer dann wen verfolgen würde…
    Beim Gedanken an den olivfarbenen Mann beruhigte sie sich jedoch wieder. Sie mochte seine ruhige Ausstrahlung und die Art, mit welcher er alles humorvoll und philosophisch betrachtete. Seine Ausschweifungen über den Tee oder wie er das Henkerlein liebevoll getadelt hatte, machten ihn ihr sympathisch.


    Dann ging sie auf Vilya zu und streichelte ihr durch die gelockte, glänzende Mähne. „Wir müssen aufpassen, meine Schneeflocke. Das Henkerlein wird bestimmt eifersüchtig auf deine wundervolle weisse Mähne und deinen schönen, dichten Schweif sein. Wie der heute seine Härchen gepflegt hat, das hättest du sehen müssen! Als ob sie im nächsten Moment auch noch rausfallen könnten.“
    Behände und mit etwas Schwung zog sie sich schliesslich auf den Rücken des Pferdes. Den Hasen hielt sie in ihrer rechten Hand an den Ohren fest. „Na dann, auf geht’s!“, ohne ein weiteres Wort lenkte sie bloss durch Berührungen und ihre Empathiefähigkeit ihr Reittier im schnellen Schritt zum Lager der Dämonen. Fricai sprang übermütig um sie herum und hatte wohl nur Flausen im Kopf. Arafis nahm sich vor, gut auf ihre beiden tierischen Gefährten Acht zu geben, wenn das Henkerlein in der Nähe war. Man konnte ja nie wissen.


    Nach kurzer Zeit war das Lager in Sicht. Schon aus der Entfernung konnte sie die Umrisse der beiden Gestalten erkennen und der Duft nach Tee, der schon wieder die Luft erfüllte, zeigte ihr unmissverständlich den Weg.
    Sie liess Vilya langsamer werden und lotste sie zu den braunen Pferden des Tieflings hin. Dort liess sie sich heruntergleiten und lockte den Wolf zu sich her. Mit Fricai an ihrer Seite fühlte sie sich gleich viel sicherer.


    „Da bin ich wieder, schön, dass ihr gewartet habt“, mit diesen Worten trat sie an das Lager heran. Sie machte einen Bogen um das Feuer und um den Henker. Stattdessen begab sie sich wieder zu dem Platz in der Nähe des Baumes. Fricai folgte ihr auf den Fuss. Er schien etwas misstrauisch zu sein und beäugte die beiden Fremden kritisch. Er war jedoch von Natur aus ein neugieriger und gutmütiger Kerl und würde nicht angreifen, solange kein Grund dazu bestand.
    Als Arafis sich zu Boden sinken liess, setzte er sich ganz selbstverständlich neben sie.


    Die Waldalbe nahm den Kurzbogen von ihrem Rücken und legte den Hasen zu ihren Füssen nieder, dann kramte sie in ihrem Proviantbeutel herum und zog die drei Steine hervor. Lächelnd reichte sie zwei davon dem grösseren Tiefling hin. „Ich hoffe sie gefallen Dir. Ich verkaufe sie immer als Schmuckstücke in den Dörfern“, erklärte sie. Dann blickte sie dem Henkerlein direkt in die leuchtend gelben Augen: „Und der hier ist für Dich. Vielleicht kannst du ihn ja als Kamm benutzen“, ein Grinsen glitt über ihr Gesicht, als sie den dritten, stachelig-pinken Stein dem Henkerlein zuschob.


    „Oh, und das ist ein Geschenk von Fricai, meinem Wolfsbegleiter. Er hat wohl einen Hasen zwischen die Fänge bekommen, als ich nicht da war. Vielleicht kannst Du ihn ja als Entschädigung für den Gemüseeintopf annehmen, den ich gegessen habe“, dass das meiste davon der kleine Dämon gefuttert hatte, liess sie unausgesprochen. Sie hielt den toten Hasen dem olivfarbenen Mann entgegen. „Wenn Du willst, kann ich ihn auch häuten und ausnehmen? Ich mache das öfters“, schlug sie vor und blickte zufrieden von einem Tiefling zum anderen.


    „Wie heisst ihr eigentlich? Wenn wir miteinander reisen, wäre es nur von Vorteil, die Namen der jeweils anderen zu kennen.“

  • Urako lachte etwas zu laut. „Ich benehme mich völlig normal.“
    Er strich sorgsam mit den Fingern das Fell seines Büschels glatt.
    „Aber du... du benimmst dich komisch. Lädst wildfremde Leute zum essen ein, willst noch nicht mal Geld dafür und dann liebäugelst du auch noch mit ihrem Vorschlag, dass wir zusammen weiterreisen. Hast du mich mal nach meiner Meinung gefragt? Bin ich dein Lehrling oder dein Leibeigener, dass du mich einfach außen vor lässt?“


    "Nun sag mir werter Freund, was ist falsch daran, einem hungerndem Essen zu geben? Was ist falsch daran einem frierenden ein Feuer an zu bieten? Du musst noch einiges Lernen. Hier draussen in der Freien Wildnis ist man auf Hilfe und Unterstützung angewiesen."
    Selan setzte sich gemütlich ans Feuer und stocherte mit einem Stock etwas in der Glut herum.
    "Es ist hier ganz anders als in Phintias. Da weißt du meistenteils wer Freund, wer Feind ist, du weißt wo du Essen her bekommst, dein Bier und in deinem Fall auch andere Sachen. Hier draußen, weit ab von Städten und Dörfern ist es immer besser lieber einmal zu freundlich zu sein, als einmal jemanden ab zu weisen. Vielleicht ist es dir eines Tages einmal von Nutzen. Vielleicht sollte dich diese Ansicht des denkens dazu bewegen einmal darüber nach zu denken. Ich schätze dich mittlerweile so ein, dass du nur immer dann bereit bist zu geben, wenn du auch dafür etwas wieder bekommst. Eventuell kannst du dich damit anfreunden. Ich hingegen bin anders, ich freue mich einfach über jeden neuen Kontakt, jede Freundschaft, jedes freundliche Gesicht mit dem ich reden kann in der sonst so einsamen Zeit. So bin ich auch bereit meine letzen Reserven mit jemanden zu teilen, es ist meine Natur, ich bin halt so."


    Etwas betrügt verlies Selan das Feuer und ging in den Waagen. Einige Zeit verschwand er darin udn setzte einen seiner Lieblingstees an. Grüne Morgenröte, eine Delikatesse der Tajik. Ein Grüner Tee so mild und lieblich, so gehalt und wunderbar duftend, dass es einem nicht Teeliebhaber kaum zu beschreiben ist, welches Aroma in diesem Tee inne wohnt.


    Gerade als Selan, den Waagen mit seinem Teeservice, zudem einer Pfanne mit frischen Eiern und Gemüse wieder kam, sah er das auch seine neue Reisebegleitung zurück kam und das nicht allein.
    Etwas erstaund war Selan, über einen Wolf als Begleitung, doch freute er sich über das gut erzogende und heeindruckende Tier.


    Plötzlich wurde er aus den Gedanken gerissen, als die neu Begleitung plötzlich vor ihm stand.
    „Ich hoffe sie gefallen Dir. Ich verkaufe sie immer als Schmuckstücke in den Dörfern“


    "Oh, was ist denn das? Du hast sie selbst gemacht – beeindruckend, vor allem dieser Ovale vollkommen Transparente hier." Seelan blickte hindurch auf das Feuer. Alles Spiegelte sich vor Augen, Farbmuster tanzten über den kleinen Stein. "Wundervoll", Selan Augen leuchteten sein Herz wurde bei diesem Farbenspiel sehr erwärmt. "Ich danke dir vielmals."


    „Oh, und das ist ein Geschenk von Fricai, meinem Wolfsbegleiter. Er hat wohl einen Hasen zwischen die Fänge bekommen, als ich nicht da war. Vielleicht kannst Du ihn ja als Entschädigung für den Gemüseeintopf annehmen, den ich gegessen habe. Wenn Du willst, kann ich ihn auch häuten und ausnehmen? Ich mache das öfters.“


    Brav saß der Wolf neben ihr, vor seinen Pfoten ein toter Hase. Einen Moment sah Selan ungläubig den Hasen an und dann wieder die Elfe. "Nun ja, ähmm danke, nur... Nun ja ich esse kein Fleisch. Aber trotzdem Danke ich dir. Mir wäre es schon lieb, wenn du den Hasen zubereitest, ich bringe das nicht über mein Herz.", sprach Selan und blickte dabei traurig den toten Hasen an.


    "Und wie war dein Name, Fricai richtig?" Sprach er zu dem Wolf als er sich zu ihm kniete, beachtete dabei aber sofort, dem Tier nur auf die Nase zu starren, da der Wolf direktes in die Augen schauen als Anstarren und Aggression hätte missverstehen können.


    "Du bist ja ein lieber. Ach ja, wir haben uns ja noch gar nicht vorgestellt, mein Name ist Selan Todaric, meines zeichens Necromant und fahrender Händler. Der trübsinnig blickende Morgenmuffel da drüben ist übrigends mein Lehrling Urako. Wie ist dein Name und was führt dich eigentlich in diese Gegend?"

    Nur ein Tag mit Tee, ist ein lebenswerter Tag. (von Selan Todaric)


    Wenn sie mit dir streiten wollen, biete Tee an. Wenn das nicht hilft, schlag sie tot! (von Selan Todaric)


    Kleine Legende:
    "Text" -> Gesprochener Text /\ >Text< -> Gedachter Text

  • Selan hielt eine minutenlange Rede über den moralischen Wert wohltätiger Handlungen, über die ethische Notwendigkeit, dass alle sich gegenseitig halfen und über einige weitere selansche Schnapsideen. Nur ein krankhafter Optimist konnte so naiv sein.


    „Verlass dich auf andere und du bist verlassen“, sprach Urako düster. „Hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner. So läuft das im Leben. Du hast wohl noch nie erlebt, wie es ist, um`s nackte Überleben kämpfen zu müssen, so dass du dein Essen unbedarft an wildfremde Leute verschenken kannst und darauf auch noch stolz bist. Wenn ich das immer getan hätte, wäre ich verhungert. Und das kannst du wörtlich nehmen.“


    Er wischte mit dem Finger die Suppenreste vom Rand des Topfes und leckte ihn sauber. Dann leckte er auch noch den Topf aus.


    „Wahrscheinlich hältst du mich für hartherzig. Gut, da gebe ich dir Recht. Ich habe wirklich ein hartes Herz. Aber ich bin noch am Leben. Du hingegen wirst es bald nicht mehr sein, wenn du weiterhin so ekelhaft freundlich zu jedem Fremden bist. Irgendwann wird einer dabei sein, der dir im Schlaf die Kehle durch schneidet. Darauf gebe ich dir mein Wort.“

    Der Topf war blitzblank geleckt. Urako stellte ihn beiseite.
    Die Albin kehrte soeben zurück.
    Auf einem Pferd.
    Er hätte es sich denken können.
    Urako verzog missbilligend die Augenbrauen. Falls er sie dazu überreden konnte, gegen ein paar Kupferstücken mit ihm die Nacht zu verbringen, würde ihr Allerheiligstes nach Pferd stinken.
    Bäh.
    Urako verwarf den Gedanken wieder. Bis nach Shiamahara hielt er es auch noch aus, da bekam man wenigstens ordentliche Qualität für sein Geld.


    Plötzlich trabte ein großer Hund aus dem Wald. Er schien der Albin zu gehören. Urakos Nackenhärchen stellten sich auf. Sicherheitshalber legte er die Axt in seinen Schoß. Misstrauisch beäugte er das imposante Tier, während die Albin vom Pferd stieg, Selan etwas schenkte und dem Nekromanten dann einen erlegten Hasen reichte.


    „Und der hier ist für Dich. Vielleicht kannst du ihn ja als Kamm benutzen“, sagte sie plötzlich zu Urako, der vor Schreck zusammenzuckte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sie ihn ansprechen würde, immerhin hatte er sich alle Mühe gegeben, sie zu vergraulen.


    Direkt vor seine Nase hielt sie ihm ein leuchtend pinkes Objekt. Urako schielte, konnte aber nicht erkennen, was das sein sollte. Er nahm es in die Hand, brachte es auf eine angemessene Entfernung zu seinem Gesicht und wendete es hin und her. Die Albin lächelte. Sie hatte ihm ein Geschenk gemacht.


    Urako platzte der Kragen.


    „Bin ich hier im Irrenhaus gelandet?“, brüllte er und sprang auf. „Du vermaledeites Weib! Ich habe dich angeschnauzt! Ich habe Geld für Essen verlangt, was nicht einmal mir gehört! Wie kommst du dazu, mir etwas zu schenken!“
    Vor Wut schleuderte er seine Axt zu Boden, so dass sie vor seinen Füßen in der Erde stecken blieb.
    „Und du bist auch nicht besser!“, schnauzte er in Selans Richtung, während der Nekromant friedlich an seinem Tee nippte. „Du bist so friedlich wie ein entmannter Ochse! Was muss ich tun, damit einer von euch mir Prügel androht? Mir eins mit `nem Bierkrug überzieht? Meinen Rucksack voll pinkelt? Was muss ich tun, damit ihr euch endlich normal benehmt?!“


    Urako war völlig überfordert. Am liebsten wäre er fort gerannt, in die nächstbeste Taverne, hätte sich dort voll laufen lassen und mit ein paar Haudegen sinnfreie Männergespräche geführt. Dann hätte er Ausschau gehalten, ob einer von denen reizbar war und von der Gewichtsklasse her ungefähr passte. Hätte ihn so lange provoziert, bis er handgreiflich wurde und wäre im Anschluss zerbeult und mit schmerzenden Fäusten nach Hause getorkelt, wo er seinen Rausch ausschlief.


    Nichts davon konnte er tun.
    Die Albin war eine Frau und Selan so harmlos, dass es schon vom Hinschauen weh tat. Und die nächste Stadt samt dazugehörigem Schankhaus war noch kilometerweit entfernt. Völlig frustriert ließ Urako sich wieder auf seinen Hintern fallen und zog mit einer Hand die Axt aus der Erde. Mit der anderen hielt er noch immer den Stein umklammert.

  • Erfreut beobachtete Arafis, wie Selan den Stein bestaunte. Er schien ihm zu gefallen. Der Hase schien ihm jedoch weniger Freude zu bereiten. Seine Augen schienen Mitleid mit dem toten Tier auszudrücken. „Nun ja, ähmm danke, nur... Nun ja ich esse kein Fleisch. Aber trotzdem Danke ich dir. Mir wäre es schon lieb, wenn du den Hasen zubereitest, ich bringe das nicht über mein Herz.", sagte er schliesslich etwas traurig. Arafis zuckte mit den Schultern, murmelte dann aber mehr zu sich selbst:„Kein Fleisch? Woher bekommt er denn die Kraft in der Wildnis zu leben, wenn er nur Grünzeug isst?“ Auch die Waldalbe mochte Beeren und Gemüse, doch gegen etwas Hasenfleisch hatte sie auch nichts einzuwenden.


    Dann beugte sich der olivfarbene Dämon nach vorne und kniete sich vor Fricai hin. Er schien sich mit Tieren auszukennen, denn er achtete darauf, den Wolf nicht aggressiv zu stimmen. Fricai blickte sein Gegenüber aus seinen eisblauen Augen heraus neugierig an und wedelte leicht mit dem Schwanz. "Du bist ja ein lieber. Ach ja, wir haben uns ja noch gar nicht vorgestellt, mein Name ist Selan Todaric, meines zeichens Necromant und fahrender Händler. Der trübsinnig blickende Morgenmuffel da drüben ist übrigends mein Lehrling Urako. Wie ist dein Name und was führt dich eigentlich in diese Gegend?"
    Nekromant? Arafis wusste nicht, was das sein sollte. Doch viel mehr überrumpelte sie die Frage, was sie hier wollen würde. „Mein Name ist Arafis Avari. Ich bin auf der Reise Richtung Osten. Ich will zu den Wäldern nahe von Shizu.“ Mehr würde sie erstmals nicht von sich preisgeben.


    Schließlich schob sie dem anderen Dämonen den pinken, stacheligen Stein zu. Mit seiner Reaktion hatte sie jedoch nicht gerechnet. Wie eine Furie sprang er plötzlich auf und fing an, zu schimpfen. „Bin ich hier im Irrenhaus gelandet?“, brüllte er. „Du vermaledeites Weib! Ich habe dich angeschnauzt! Ich habe Geld für Essen verlangt, was nicht einmal mir gehört! Wie kommst du dazu, mir etwas zu schenken!“
    Sprachlos blickte sie den Dämon an, der nicht viel grösser als sie selber war, durch seine Wut aber zu wachsen schien. Automatisch wich Arafis einen Schritt zurück. Fricai bemerkte ihre Anspannung, stellte sich etwas vor sie und kurrte Urako nun bedrohlich an.
    Bevor die Waldalbe etwas erwidern konnte wendete sich der wütende Mann schon seinem Mitreisenden zu und begann über ihn herzufallen.
    „Was muss ich tun, damit ihr euch endlich normal benehmt?!“
    Arafis wusste nicht, was sie davon halten sollte. Meinte er das wirklich ernst? Der Dämon musste ein hartes Leben hinter sich haben, wenn er Freundlichkeit nicht ertragen konnte. Doch vermutlich hatte er das verdient, schliesslich hatte er auch den passenden Beruf gewählt und so wie er andere behandelt, war es logisch, dass ihm nicht alle Geschenke machten.

    Als von ihm jedoch keine Gefahr auszugehen schien und er sich auf den Boden fallen liess, beruhigte sie den Wolf, schnappte sich den Hasen und ihr Jagdmesser und begann wortlos, das tote Tier auszunehmen.
    Aus den Augenwinkeln beobachtete sie Urako. Er war völlig aus dem Häuschen und umklammerte noch immer den Stein. Als Fricai das Blut des Hasen roch, kam er zu ihr her und schnüffelte in der Luft. „Bald gibt’s was zu fressen mein Hübscher. Aber wir werden den Hasen teilen und nicht alles alleine futtern“, sie streichelte liebevoll über das schwarze Fell. Sie hatte „teilen“ extra betont und beobachtete dabei neugierig die Reaktion des kleinen Dämonen. Irgendwie machte es ihr Spass, ihn auf diese Weise aus dem Konzept zu bringen.

    Als sich alle etwas beruhigt hatten, wandte sie sich an Selan: „Gestatte mir die Frage. Was ist ein Nekromane? Es ist ein seltsames Wort, das ich noch nie vernommen habe.“
    Währenddessen zog sie das Fell von dem Hasen ab, und begann ihn in verschiedene Fleischstücke zu zerteilen. Ab und zu schob sie dem Wolf etwas davon zu, der es gleich gierig verschlang.

  • „Und du bist auch nicht besser!“, schnauzte er in Selans Richtung, während der Nekromant friedlich an seinem Tee nippte. „Du bist so friedlich wie ein entmannter Ochse! Was muss ich tun, damit einer von euch mir Prügel androht? Mir eins mit `nem Bierkrug überzieht? Meinen Rucksack voll pinkelt? Was muss ich tun, damit ihr euch endlich normal benehmt?!“


    Ungläubig schaute Selan Urako an, als kurz darauf ein Herz ergreifendes Lachen aus seinem Munde kam. Tränen liefen Selan aus seinen Augen, die er sich immer wieder mit den Fingern wegwischte. Minutenlang versuchte er immer wieder einen Satz an zu fangen, musste ihn aber immer wieder abbrechen, da ihm das Lachen übermannte.


    "Jetzt versteh ich alles Urako.", sprach Selan und wischte sich noch einmal Tränen aus den Augen, "du bist Eiversüchtig. Endlich habe ich es verstanden! Ich wunderte mich schon über deine Unfreundlichleit gegenüber unserem Gast, dachte schon du wärst ein schlechter Kerl, derweil bist du nur Eiversüchtig! Himmel, Urako, warum das denn? Hast du etwa Angst, dass sie dir deinen Lehrplatz wegnimmt oder der gleichen?"


    Selan trat an Urako heran wie ein Vater zu seinem Sohn und umarmte ihn, "Das ist wirklich rührend, so sollte ein Schüler sein, immer etwas Angst um seinen Meister haben, immer versuchen alles richtig zu machen. Urako, du bist auf dem besten wege ein sehr guter Schüler zu sein. Und keine Sorge, ich halte mich an unseren Vertrag. Hör nun auf böse zu sein, einverstanden?"


    Selan freute sich über der Art viel Einsatz seines Schülers, hätte er es ihm doch eigentlich gar nicht zugetraut. Dachte er doch, die Ausbildung wäre für Urako eine Notlösung gewesen, doch schien alles anders zu sein. Zweifel hatten sich schon in Selan breit gemacht, diese waren aber schluss endlich alle verflogen, Selans Herz war in diesem Moment voller Freude und ein lächeln war in seinem Gesicht zu erkennen, von der größe des Mondes.


    "Ach ja, nun hätte ich noch fast unseren Gast vergessen. Nun wie erkläre ich dir, was ein Nekromant ist. Zum ersten, es ist Zauberei, wobei man unterscheiden muss, dass die Meisten Nekromanten ihre Nekromantenkünste für das Böse einsetzen. Mit Nekromantie beherrscht man die Toten, man kann sich ihrer ermächtigen, einen ihren Willen auferlegen. Man bezeichnet dies auch als Totenbeschwörung. Mhhh sehr schwer das einem aussenstehenden Haar klein zu erklären. Sagen wirs so... Durch Rituale wird der Kontakt zu Toten hergestellt. Durch diese Kontaktaufnahme entsteht die Nekromantie, eine Art von Zauber, dessen Ziel es ist, entweder geistig mit den Verstorbenen in Verbindung zu treten oder sie physisch wiederzubeleben, um sie über die Zukunft zu befragen oder ihre Kräfte zu nutzen. Die wiederbellebten verfügen über keinen festen Willenm sind Schmerzunempfindlich und durch Zauberei um einiges stärker als Menschen. Vor allem Soldaten oder Krieger werden wiederbelebt um sie in den Kampf zu schicken. Allein ihre blose Anwesenheit löst bei den meißen entsetzen aus und furchtbare Angst. Was diesen toten Kriegern schon einen Vorteil bereitet, dazu noch ihre stärke und dann auch noch, dass sie nur schwer zu töten sind. Es würde nicht ausreichen sie einfach nur wie einen Menschen oder einem Mitglied eines anderes Volkes zu töten. Nein Wiederbelebte müssen zertrümmert werden, erst dann sind sie besiegt. Wobei man sagen muss, dass sehr sehr mächtige Zauberer auch im Stande einen Gegenzauber an zu wenden. Ein zerstörter Wiederbelebter oder auch Skelette, setzen sich einfach wieder von selbst zusammen und können weiter helfen. Ich hoffe nun erst einmal das dies verständlich war.", sprach Selan und holte erst einmal Luft, "Aber", entgegnete er mit erhobenen Zeigefinger, "zu solchen Unmenmeschen gehöre ich nicht und will ich auch nicht." Die Abscheu in Selans Augen gegenüber seinen Kollegen war unübersichtlich. Für einen Moment war blanker Hass in seinen Augen zu sehen, sein Gesicht wirkte plötzlich nur noch kalt.
    "Es ist eine Schande Nekromantie, dieses Geschenk der Götter so zu missbrauchen. Meine Nekromantie beschränkt sich hingegen nur auf Verteidigung, nicht auf Angriff und auch dies nur im Notfall. Ich nutze meine Nekromantie um gutes zu tun. Es herrscht Krieg, viele fallen auf den Schlachtfeldern. Ein Brief nach Hause gibt es nur selten und dann ist die geliebte Person Tod.", erzählte Selan, traurig vorraus blickend.


    "So biete ich meine Künste den hinterbliebenden an, ein letztes Gespräch, ein letztes mal den Toten sehen, dass mache ich möglich. Der Schädel des Toten reicht, aber auch Geistmagie ist möglich, dann kehrt der Tote für wenige Minuten als Geist zurück, mit dem die Hinterbliebenden reden können. Für viele ist dies sehr Gruselig, auch die normale Haltung gegenüber Nekromanten ist sehr schlecht, dank meiner Kollegen. Drum muss ich meinen Marktstand immer sehr abseits platzieren. Nichts desto trotz gibt es auch viele die meine Künste sehr zu schätzen wissen. Schon viele Hinterbliebene waren sehr von Tränen gerührt, den gefallenen Mann oder Sohn noch einmal sehen zu können und ihnen wenigstens lebewohl sagen zu können. Es gibt auch andere Fälle in dem ein Gefallener nur Gerufen wird um heraus zu finden wo die Königliche Lebensversicherung liegt. Aber was kümmert mich das Miteinander meiner Kunden.", gab Selan mit einem Axelzucken von such.


    "So das dürfte erst einmal so grob der Umris gewesen sein, also wie gesagt, keine Angst, ich gehöre zu den guten.", entgegnete Selan und zeigte dabei, mit einem rießigen Grinsen, in dem man all die schwarfen weißen Zähne sah und zeigte dabei mit seinem Zeigefinger auf sein Gesicht.


    "Das war auch gleich die erste Lektion für dich Urako.", sprach er und schaute zu seinem Lehrling. "Sie lautet: Was ist ein Nekromant und was macht er. Merk es dir, ich frage dich bei gegebener Zeit über erlerntes Wissen ab. So, gibt es noch was zu sagen oder Frühstücken wir nun? Würde gern so bald wie möglich aufbrechen."

    Nur ein Tag mit Tee, ist ein lebenswerter Tag. (von Selan Todaric)


    Wenn sie mit dir streiten wollen, biete Tee an. Wenn das nicht hilft, schlag sie tot! (von Selan Todaric)


    Kleine Legende:
    "Text" -> Gesprochener Text /\ >Text< -> Gedachter Text

  • „Arafis, Arafis“, wiederholte Urako, während er den Hund musterte, anstatt die Albin anzusehen. „Komischer Name. Klingt wie ein Getränk.“
    Das Tier hob die Lefzen und zeigte sein Gebiss. Urako tat das Gleiche und entblößte seine Fangzähne.
    „Meine sind länger, du Promenadenmischung. Komm mir zu nahe und ich zieh dir `nen Scheitel.“ Er packte seine Axt fester. „Wenn es etwas gibt, dass ich noch weniger ausstehen kann als Hunde, dann sind es frei laufende Hunde. Sei froh, dass ich seit heute nicht mehr vom Fürstentum bezahlt werde – eine meiner Aufgaben als Scharfrichter war es, ein Mal im Jahr streunende Hunde um die Last ihres Hauptes zu erleichtern.“


    Die Albin beobachtete genau, was er tat. Zu gern hätte er ihr und dem Viech gezeigt, wer hier der Alpharüde war. Doch da die Gelegenheit sich gerade nicht optimal zeigte, um das Tier unter dem Vorwand der Selbstverteidigung zu erledigen, begnügte Urako sich damit, es finster anzustarren, nachdem er es sowie Arafis und Selan ausreichend angepflaumt hatte. Leider ließ sich niemand von seiner schlechten Laune anstecken.


    „Bald gibt’s was zu fressen mein Hübscher. Aber wir werden den Hasen teilen und nicht alles alleine futtern.“
    Hübscher? Hatte Arafis ihn gerade Hübscher genannt?
    Ach nein, sie meinte bloß den blöden Hund. Der hatte sich wieder beruhigt und fand nun den Hasen interessanter als ihn. Urako ließ sich nun doch dazu herab, die Albin zu beobachten. Mit flinken Händen zog sie dem Hasen das Fell ab und zerlegte ihn in mundgerechte Portionen. Wie es aussah, hatte sie Routine.
    „Haut abziehen kann ich auch. Aber meine Probanden leben dabei noch. Wegen dem Rumgezappel reißt sie dann meist irgendwo ein, auch wenn ich ihren ursprünglichen Besitzer fixiere.“


    Arafis steckte ihrem Hund immer wieder Stücken von dem wertvollen Fleisch ins Maul. Missmutig registrierte Urako, wie die saftigen Happen in den Tiefen seines Schlunds verschwanden.
    „Was für eine Verschwendung“, stöhnte er. Doch die Albin ließ sich davon nicht stören.
    „Gestatte mir die Frage. Was ist ein Nekromane? Es ist ein seltsames Wort, das ich noch nie vernommen habe“, wandte sie sich nun an Selan.


    Urako war zwar nicht gefragt worden, aber er gab trotzdem seinen Senf dazu. Eigentlich unterhielt er sich ja gern. Nur die Gesprächspartner waren fürchterlich. Vielleicht musste er sich einfach nach und nach gegen ihr abnormales Verhalten abstumpfen. Es wurde Zeit, dass er damit anfing, sonst würde die lange Reise ihn mit ihrer Langweiligkeit umbringen.
    „So wie ich das verstanden habe, ist ein Nekromant einer, der dem Bestatter unter die Arme greift, wenn der nicht mehr mit seiner Arbeit hinterher kommt – zum Beispiel, weil ich zu fleißig war. Der Nekromant hilft ihm und belebt die Toten wieder, damit sie weglaufen und irgendwo anders verrotten.“


    Selan, der bis jetzt vor sich hingeträumt hatte, schien plötzlich einen Geistesblitz zu haben.
    "Jetzt versteh ich alles Urako", verkündete er völlig aus dem Zusammenhang gerissen. "Du bist eifersüchtig. Endlich habe ich es verstanden! Ich wunderte mich schon über deine Unfreundlichkeit gegenüber unserem Gast, dachte schon du wärst ein schlechter Kerl, derweil bist du nur eifersüchtig! Himmel, Urako, warum das denn? Hast du etwa Angst, dass sie dir deinen Lehrplatz wegnimmt oder der gleichen?"
    „Eifersüchtig?“ Urako betonte jeden Buchstaben einzeln, als spräche er das Wort zum ersten Mal. „Pah! So was habe ich nicht nötig. Ich bin kein bisschen...“


    Selan trat an ihn heran und umarmte ihn. "Das ist wirklich rührend, so sollte ein Schüler sein, immer etwas Angst um seinen Meister haben, immer versuchen alles richtig zu machen.“
    „Äh“, machte Urako und spürte, dass er einen knallroten Kopf bekam. Verfluchte helle Haut!
    „Urako“, fuhr Selan freundlich fort, „du bist auf dem besten wege ein sehr guter Schüler zu sein. Und keine Sorge, ich halte mich an unseren Vertrag. Hör nun auf böse zu sein, einverstanden?"
    „Äh“, machte Urako noch einmal. Seine Hände wurden feucht.


    Selan ließ ihn wieder los, als wäre nichts gewesen und wandte sich wieder Arafis zu.
    "Ach ja, nun hätte ich noch fast unseren Gast vergessen. Nun wie erkläre ich dir, was ein Nekromant ist. Zum ersten...“

    Sehr gut, er begann wieder einen seiner Monologe. Das lenkte alle Aufmerksamkeit auf ihn, so dass sich Urakos Hautfarbe hoffentlich wieder normalisierte, bis er fertig war. Der Henker rubbelte sein Gesicht mit der freien Hand. In der anderen hatte er noch immer den pinken Igelstein. Ihm war alles zu viel. Er merkte, dass ihm das Pieksen in seiner Handfläche half, wieder ruhig zu werden und packte noch fester zu, so dass die Stacheln sich tief in seine Haut bohrten. Nicht unangenehm.


    "Das war auch gleich die erste Lektion für dich Urako", sagte Selan etwas lauter und schaute zu ihm herüber. "Sie lautet: Was ist ein Nekromant und was macht er. Merk es dir, ich frage dich bei gegebener Zeit über erlerntes Wissen ab.“ So ein Mist, und ausgerechnet jetzt hatte er nicht zugehört.
    „So“, posaunte Selan das Lieblingswort aller Lehrmeister in die Runde, „gibt es noch was zu sagen oder Frühstücken wir nun? Würde gern so bald wie möglich aufbrechen."


    „Frühstücken“, meinte Urako. „Von der Suppe war nicht mehr so viel da, weil die da alles weg gefressen hat.“ Er knetete weiter den Igelstein. Die Steine, welche die Albin Selan geschenkt hatte, waren nicht so geformt. Ob sie geahnt hatte, dass ihm das Pieksen helfen würde, sich wieder zu beruhigen? Urako schüttelte den Gedanken wieder ab.


    Unfug, das würde ja bedeuten, dass sie Gedanken lesen kann. Mein Vater würde mich jetzt wieder daran erinnern, dass es Aberglauben ist, dass Alben so etwas können. Andererseits hat so vieles, was er als Aberglauben abgestempelt hat, sich bewahrheitet. Zum Beispiel, dass Henker Unglück bringen. Zumindest habe ich mir selbst nur Unglück gebracht. Ich sollte sie im Auge behalten.


    Urako langte auch beim zweiten Frühstück ordentlich zu. Er war als erster fertig und überließ den Abwasch der anwesenden Frau. Wenn sie schon mit ihnen reiste, konnte sie sich wenigstens nützlich machen. Er packte seinen Krempel zusammen und machte sich marschfertig. Die gerösteten Krabben vom Vorabend hob er sich für später auf.

  • Arafis hatte den Hasen fertig zerlegt. Das Fell hängte sie über einen nahen Ast. Immer wieder warf sie einen prüfenden Blick zu Urako hinüber, denn sie traute ihm nicht so ganz über den Weg. Tatsächlich erwischte sie ihn dabei, wie er Fricai wie ein wildes Tier die Zähne zeigte. Die Waldalbe schauderte kurz, als sie die spitzen Beisser sah. Schnell wandte sie sich dem Fleisch zu. Nachdem Selan offensichtlich nichts von dem Hasen abhaben wollte, würde sie ihn wohl nur mit dem Henkerlein teilen.


    So schnitt sie die Hasenkeulen zu, stand auf und blickte sich nach grossen Blättern um. Von einem nahen Baum zupfte sie einige davon ab und wickelte das Fleisch darin ein. Dann ging sie zum Feuer hin und legte die Leckerbissen vorsichtig in die Glut. Schnell hüpfte sie wieder zurück, als sie die Hitze an ihrem Körper spürte. Den Hasenrücken umwickelte sie mit einigen anderen Blättern und nutzte einige zähe Gräser, um das Ganze zu verschnüren, dann packte sie es in ihren Proviantbeutel. So gibt’s noch was zum Abendessen.

    „Gestatte mir die Frage. Was ist ein Nekromane? Es ist ein seltsames Wort, das ich noch nie vernommen habe“, wandte sie sich nun an Selan.
    Doch stattdessen kam ihm Urako zuvor:
    So wie ich das verstanden habe, ist ein Nekromant einer, der dem Bestatter unter die Arme greift, wenn der nicht mehr mit seiner Arbeit hinterher kommt – zum Beispiel, weil ich zu fleißig war. Der Nekromant hilft ihm und belebt die Toten wieder, damit sie weglaufen und irgendwo anders verrotten.“
    Ungläubig starrte Arafis den kleinen Dämonen an.Wenn das stimmt, habe ich Selan wohl doch ganz falsch eingeschätzt! Das passt gar nicht zu seiner ruhigen und bedachten Art.
    Sie war einen Blick zu dem olivfarbenen Mann hinüber, doch der schien in Gedanken versunken zu sein.
    „Also, habe ich das richtig verstanden, die Toten werden wieder lebendig?“, bei diesem Gedanken rieselte ein Schauer über ihren Körper. Vor ihrem Auge sah sie geköpfte Untote herumlaufen, die im Dorf einkaufen gingen und in den Schenken einen Humpen Bier bestellten. „Und was essen Leichen am liebsten? Müssen sie auch schlafen wie wir? Und haben sie Gefühle?“, obwohl die Vorstellung von diesen Gestalten abschreckend war, hatte sie doch eine Neugier erfasst.


    Doch bevor ihre Fragen beantwortet wurden, schreckte Selan plötzlich auf. "Du bist eifersüchtig. Endlich habe ich es verstanden! Himmel, Urako, warum das denn? Hast du etwa Angst, dass sie dir deinen Lehrplatz wegnimmt oder der gleichen?"
    Urako stammelte abwehrend etwas vor sich hin, doch Selan schien noch nicht überzeugt zu sein. "Das ist wirklich rührend, so sollte ein Schüler sein, immer etwas Angst um seinen Meister haben, immer versuchen alles richtig zu machen.“
    Arafis beobachtete die Szene erstaunt. Als der Meister seinen Schüler schliesslich überschwänglich umarmte, konnte sie sich ein Kichern nicht mehr verkneifen. Belustigt grinste sie Urako an, der eine seltsam rötliche Hautveränderung bekommen hatte. Er schien sich nicht sehr wohl in seiner Haut zu fühlen und begann plötzlich wie ein Verrückter, den Stein in seiner Hand zu kneten.


    Doch bevor Arafis weiter darüber nachdenken konnte, wandte sich Selan zu ihr und begann zu erklären, was ein Nekromant denn nun wirklich sei. Die Waldalbe lauschte im aufmerksam. Obwohl sie das Ganze als etwas unheimlich empfand, fand sie es doch spannend, den Worten des Dämonen zu lauschen. Offensichtlich hatte er vor, damit Gutes zu tun. Die junge Frau warf einen Blick zu Urako hinüber. Ich bin mir ja nicht sicher, ob er dasselbe Ziel anstrebt…
    Er schien den Ausführungen seines Meisters auch gar nicht zuzuhören, sondern schien mit sich selbst beschäftigt zu sein. Nachdenklich starrte er in die Luft und schien das Drumherum vergessen zu haben. „So,gibt es noch was zu sagen oder Frühstücken wir nun? Würde gern so bald wie möglich aufbrechen."
    Oh“, Arafis zuckte zusammen, sie hatte das Fleisch ganz vergessen. Schnell näherte sie sich dem Lagerfeuer und blitzschnell schnappte sie die, in Blätter eingewickelten, Hasenkeulen heraus und legte sie auf einen Stein in der Nähe.
    „Dürfte ich etwas von Deiner leckeren Würze drauftun?“, fragte sie Selan freundlich. „Das würde bestimmt einen guten Geschmack abgeben.“
    Dann schaute sie zu Urako hinüber: „Hier, das eine Stück ist für Dich! Ich hoffe, es ist Dir genug durchgebraten. Wenn nicht, kannst Du es auch noch einen Moment länger in die Glut legen.“
    Dann begann sie vorsichtig ihr eigenes Frühstück zu verspeisen.


    Als alle gegessen hatten, war Urako schon lange wieder aufgesprungen und seine Sachen am Zusammenpacken. Arafis bot Selan ihre Hilfe an beim Aufräumen und so verstauten sie gemeinsam die Töpfe und das Geschirr in seinem Wagen. „Weiter vorne hat es noch einen kleinen Bach, da könnten wir die Sachen noch etwas abwaschen und die Pferde tränken“, schlug sie vor.
    Dann packte sie ihren Proviantbeutel, verstaute auch das Hasenfell darin, legte sich ihren Kurzbogen um und ging mit Fricai an ihrer Seite zu den Pferden hinüber. „Hey Vilya, meine schöne Schneeflocke. Unsere Reise geht weiter. Ich hoffe, du warst hier in guter Gesellschaft“, liebevoll streichelte sie über das weisse Fell des Pferdes. „Na komm“, durch einen gedanklichen Befehl, folgte ihr die Stute brav, zu einem nahgelegenen etwas erhöhten Felsbrocken. Behände schwang sich Arafis mit Hilfe des Steins auf den Rücken des Tieres und blickte dann zu den beiden Dämonen hinüber. „Wir wären bereit zum Aufbruch!“, Fricai bestätigte ihre Worte mit einem fröhlichen Schwanzwedeln.

  • Selan gähnte, hatten doch das zeitige Aufstehen und das späte zu Bett gehen seinen Tribut zu zollen. So saß er, nach dem er ausschweifend davon berichtete was Nekromaten sind, was sie tun und starrte ins Lagerfeuer. Das wärmende Feuer, der gute warme, fein duftende Tee, alles lut dazu ein ein Nickerchen zu machen. So geschah es, dass Selan in mitten des Trubels der beiden neuen Freunde sanft einschlief. Nur von fernen hörte er das reden der Albin und des mürrische Gezicke des Henkers. Geschirr klapperte aus der Ferne, bis alles verstummte und Selan in einen tiefen Schlaf viel. Erst einige Zeit später verspührte der Tiefling plötzlich etwas nasses in seinem Gesicht. Als er aufblickte, sah den Wolf der Albin, der ihn behutsam die Wangen leckte.


    "Na du, hast mich wohl zum Fressen gern oder wie darf ich die Geste verstehen?", sprach Selan lächelnd den Wolf an und streichelte ihn. "Ist eigentlich schon merkwürdig, wie zutraulich du bist, normalerweise seit ihr Wölfe doch extrem Scheu und eher darauf bedacht um Menschen und andere Rassen einen großen Bogen zu machen. Bist schon was besonders, darüber muss ich dann umbedingt noch mit deiner Besitzerin reden."


    „Wir wären bereit zum Aufbruch!“, rief Arafis plötzlich was Fricai, ihr Wolf sofort mit einem Rutenwedeln bestätigte.


    "Was, es geht schon los?", Selan blickte sich um. Das Feuer war gelöscht, alles in den Waagen geräumt, die Pferde angespannt und die beiden Freunde standen da und warteten.


    "Na dann hab ichs ja wohl voll verschlafen. Guten Morgen!", lächelte er, "Dabei hatte ich ja noch etwas vor. Wartet bitte kurz."


    Schnell ging Selan zu seinem Waagen, klappte den hinteren Einstieg ein, zog einen Schlüssel, der um seinen Hals hing hervor und schloss damit ein großes, jedoch unter dem Waagen gut verstecktes Schloss auf. So gleich zog er einen lange Truhe hervor. Diese schleifte er mit wenig Mühe einige Meter weiter mitten auf die Wiese, öffnete sie und fing an Knochenteile draus zu entnehmen.Wenige Minuten später lag ein komplettes Goblin Skelett auf der Wiese. Einen Augenblick später war Selan schon wieder am Waagen und holte eine große tönerne Urne. Geöffnet, zeichnete er mit dem lila Pulver einen großen Kreis um das Skelett. In einigem Abstand noch einen weiteren. Vier Dreiecke, an die Himmelsrichtung ausgerichtet, mit der Spitze nach Außen bildeten im Anschluss an den äußersten Kreis den Außenberei. In den inneren Bereich zwischen die beiden Ringe zeichnete Selan mehrere mystische Symbole. Das Werk war vollbracht, der Tiefling stellte die Urne beiseite und setzte sich im Schneidersitz vor den Kreis.


    "Urako, schau nun genau zu, kein Blödsinn jetzt und bitte keinesfalls stören!", sprach Selan mit ernster Mine zu ihm. Er Schloss die Augen und begann langsam ruhiger zu werden. Wenige Augenblicke später begann das lila Pulver, welches er verstreut hatte zu leuchten und er fing an zu sprechen.


    "Potentissimum regnum immortui.
    Audite me.
    Ecce mortuus vocat potentiam.
    Me, et nomen meum.
    Vocatis me vis fidelis.
    Virtus mortuos sis mihi.
    Si votum meum, et ossa tua.
    Ut sit vivus, et inambulabo inter homines.
    Ne irascaris, Domine, et bene intellexerunt.
    Afferte mihi portas dives cum sceleto corde et animo.”


    Immer wieder wiederholte Selan diesen Text, unterbrochen von Schweigen und immer intensiveren Leuchten des lila Pulvers.


    Doch dann, plötzlich zuckte ein Blitz aus dem beinahe wolkenlosen Himmel und schlug genau an der Stelle ein, an dem das Skelett lag. Selan zuckte nicht ein bisschen zusammen, wusste er, als erfahrener Nekromant was geschehen würde. Ein Klappern war zu hören, der dichte Staub, der sich durch den Blitzschlag gebildet hatte legte sich. Mittem im Kreis stand ein Skelett da und starrte vorraus.


    “Wird aber auch mal Zeit, was soll das? Brauchst mich wo nicht mehr? Mhhh? Wo sind wir hier eigentlich? Was machst du hier? Schon wieder in Schwierigkeiten?”, klapperte es aus dem Mund des Skeletts.


    “Geschafft!”, sprach Selan und richtete sich wieder auf. “Sei willkommen, wieder einmal unter den Lebenden Ralogg. Ich holte dich, da du mir einmal ein wenig helfen könntest, zudem musste ich mal wieder etwas üben, du verstehst schon.”


    “Ahja schon klar und bei was darf ich den werten Herrn helfen?”


    “Mein Pferdefuhrwerk könntest du lenken, ich würde gern mal wieder etwas in meiner Bibliothek stöbern.”, entgegnete der Tiefling ruhig und ging wieder zum Waagen zurück.


    “Sonst gehts dir noch gut oder? Warum soll ich die ollen Geule lenken, haste keine vernümpftige Arbeit, wenn du mich schon rufst? Aber Moment, wer sind die beiden denn?”


    “Neue Reisegefährten, darf ich vorstellen, die Albin Arafis und der Halbdämon Urako, dies ist das Goblinskelett Ralogg.”


    Kurz schaute sich das Skelett Urako an, rannte zu ihm und schüttelte ihm mehre als kräftig die Hand. “Guten Tag, mein Name ist Ralogg und wie war dein Name noch einmal?”


    “Ralogg, bitte, auf den Waagen, das Fuhrwerk muss gelenkt werden.”, wir wollen los.


    “Schon gut schon gut, ich geh ja schon. Im übrigen, hübsche Haare Uraki!”, sprach das Skelett und ging zum Kutschbuk, machte aber bei der Albin noch einen Zwischenstop, gab die Hand und Sprach. “Tach, Ralogg mein Name und nein ich bin nicht interessiert, aber danke fürs Angebot!" Sogleich stieg er auf den Kutschbock und nahm die Zügel in die Hand.


    “Das ist im übrigen Ralogg, ein verunglücktes Experiment meiner Jugend.”, erklärte Selan. “Eigentlich können Skelette nicht reden, nur ezwas klappern und das zu verstehen ist schwer. Skelette sind eigentlich Willenlose geschöpfe. Aus irgend einem Grund, ist es bei ihm jedoch anders, weder ich kenne den Grund, noch mein Lehrmeister. Aber ich finde ihn als Partner sehr angenehm, obwohl er manchmal sehr anstrengend sein kann und seine Teewitze äußerst Geschmacklos sind.”


    “Teewitze? Hab ich da gerade von Teewitzen gehört? Also was ist der Unterschied zwischen Grüntee, Schwarztee und einem Pferdeapfel?”


    “Bitte, jetzt nicht hör auf.”, entgegnete Selan dem schon los plappernden Skelett.


    “Die Konsistenz!”, sprach das Skelett und fing laut Hals an zu klappern.


    “Oh Hilfe, er fängt schon wieder an. Nun ja, bis auf seine schlechten Witze und seinen rüden Umgangston, ist er eigentlich ganz nett. Ihr braucht also keine Angst vor ihm haben, der tut nichts. Na dann steigt ein, es geht los. Kommt doch am besten hinten mit in den Waagen, da können wir vielleicht noch etwas plaudern.”

    Nur ein Tag mit Tee, ist ein lebenswerter Tag. (von Selan Todaric)


    Wenn sie mit dir streiten wollen, biete Tee an. Wenn das nicht hilft, schlag sie tot! (von Selan Todaric)


    Kleine Legende:
    "Text" -> Gesprochener Text /\ >Text< -> Gedachter Text

  • Die Albin hatte den Hasen überraschend köstlich zubereitet. Der Henker war zwar zunächst misstrauisch gewesen, als sie ihm die in Blätter gewickelten Fleischstücken gereicht hatte, doch der erste Bissen hatte alle Zweifel beseitigt. Er hatte sich zwingen wollen, langsam zu essen, doch es war ihm nicht möglich gewesen. Zu oft hatte er hungern müssen in den letzten Jahren und war darüber unwahrscheinlich gierig geworden, sobald er etwas Essbares in den Fingern hatte. Und je besser es schmeckte, umso schneller musste er es in sich hinein stopfen.


    Urako ließ sich auf dem Kutschbock nieder. Obwohl er den Platz unbequem fand, setzte er sich extra dort hin, um ihn Arafis zu versperren. Nun saß er satt und für seine Verhältnisse zufrieden da und klemmte sich seine Pelzjacke hinter den Rücken, damit es ihn nicht gar so sehr schmerzte.


    Arafis stieg gerade auf ihr weißes Pferd – hoffentlich ärgerte sie sich, dass sie reiten musste. Immerhin sollte sie nicht glauben, dass er sie leiden konnte, bloß weil sie ihm etwas geschenkt hatte und sie ihr essen mit ihm teilte. Wäre ja noch schöner. Die Leute hatten ihm schon weitaus besseres angeboten, um ihn gnädig zu stimmen, bevor er sie hinrichtete. Da musste sich die Albin schon was anderes einfallen lassen, damit er sie zumindest akzeptierte.


    Das Gleiche galt natürlich auch für Selan. Der brauchte sich gar nichts einbilden, bloß weil er... Selan? Wo steckte der Grünkohl? Suchend schaute Urako sich um.


    Ah, da drüben.
    Aber – igitt! Was zum Sumpfwurm war das Ekelhaftes?


    "Urako, schau nun genau zu, kein Blödsinn jetzt und bitte keinesfalls stören!"
    Selan hatte einen Knochenhaufen auf den Boden gelegt und irgendwas darum herum in den Dreck geritzt.


    Na also! Endlich tat er mal etwas Sinnvolles!


    Urako rieb sich im Geiste die Hände. Er nahm sich vor, ganz genau zu zuschauen und sich alles einzuprägen. Und dann würde er in der nächsten Stadt den hiesigen Henker aufsuchen, mit ihm einen Trinken gehen und schauen, ob er ihn davon überzeugen könnte, ihm eine Leiche zu zustecken. Vornehmlich eine Weibliche. Sie wäre der Anfang einer ganzen Armee von Wiedergängern, die er aufstellen würde. Und dann würde er in seine Heimat einmarschieren und den Saftsäcken dort zeigen, was es hieß, Urako aus dem Land zu jagen! Ja! Er würde –


    "Potentissimum regnum immortui.
    Audite me.
    Ecce mortuus vocat potentiam.
    Me, et nomen meum.
    Vocatis me vis fidelis.
    Virtus mortuos sis mihi.
    Si votum meum, et ossa tua.
    Ut sit vivus, et inambulabo inter homines.
    Ne irascaris, Domine, et bene intellexerunt.
    Afferte mihi portas dives cum sceleto corde et animo.”

    „Was? Wie bitte? Kannst du das noch mal wiederholen? So schnell kann sich das doch kein Schwein merken!“


    Ein Blitz schlug krachend in der Mitte des Kreises ein, Steine flogen herum. Entsetzt sprang Urako auf die Füße. Eine Staubwolke verdeckte die Sicht auf das Geschehen.
    „Scheiße, Selan! Siehst du, ich hab dir doch gesagt, dass es Unglück bringt, mich anzufassen und du, was machst du? Du musstest mich gleich umarmen! Das kommt davon!“
    Urako wusste vor Schreck nicht, ob er in Panik davon fliegen, Selan auslachen oder rum motzen sollte. Ihm schlotterten die Knie.


    “Wird aber auch mal Zeit, was soll das? Brauchst mich wo nicht mehr? Mhhh? Wo sind wir hier eigentlich? Was machst du hier? Schon wieder in Schwierigkeiten?”


    Der Staub legte sich. Selan war quicklebendig – und das Skelett auch. Und es quatschte. Es hörte gar nicht mehr auf damit.


    “Neue Reisegefährten, darf ich vorstellen, die Albin Arafis und der Halbdämon Urako, dies ist das Goblinskelett Ralogg.”


    Das Skelett blickte zu ihm herüber. Es war ein recht kleines Skelett. Urako bekam Gänsehaut, als die leeren Augehöhlen in seine Richtung starrten.
    „Ich habe keine Angst vor dir“, posaunte er vorsichtshalber.


    Doch das Knochengestell ließ sich davon nicht abschrecken. Es rannte zu ihm und schüttelte ihm kräftig die Hand. “Guten Tag, mein Name ist Ralogg und wie war dein Name noch einmal?”
    Urako stellte Fest, dass das Gerippe keinerlei Fleischreste mehr an sich hängen hatte, nicht nach Fäulnis miefte und auch sonst in gepflegten Zustand zu sein schien.
    „Urako“, sagte er mit betont kräftiger Stimme.


    “Ralogg“, rief Selan, „bitte, auf den Wagen, das Fuhrwerk muss gelenkt werden, wir wollen los.“


    “Schon gut schon gut, ich geh ja schon. Im übrigen, hübsche Haare Uraki!”, sprach das Skelett.
    „Ha, na also! Ich hab doch gewusst, dass ich schöne Haare habe! Von wegen Ratte! Ha, was für Ignoranten!“
    Der Henker lachte aus vollem Halse, widerlegte das Skelett doch gerade offiziell die Hänseleien der anderen Tieflinge, die sich bei jeder passenden Gelegenheit über seine fehlende Bepelzung und seinen kahlen Rattenschwanz lustig gemacht hatten. So war Urako auch nicht böse, als das Skelett neben ihm auf dem Kutschbock Platz nahm, nachdem es auch Arafis begrüßt hatte.


    Endlich ein normaler Gesprächspartner!


    Die folgenden Tage bekam Urako regelrecht gute Laune. Er verbrachte einen Großteil der Reisezeit neben Ralogg auf dem Kutschbock und lästerte mit ihm über Gott und die Welt. Sie lästerten über die Alben, die Poraha, die Tajik, die Tieflinge und über freilaufende Hunde. Ralogg erzählte einen Schwenk aus seiner Jugend. Und besonders enthusiastisch erzählte er von einem Überfall auf ein Waldalbendorf im Limawald, den er geleitet hatte.


    „Ich habe den Angriff zwar nicht überlebt, aber hey, was soll`s! Das Dorf wurde dem Erdboden gleich gemacht. Und da Selan mich wieder erweckt hat, will ich mich über mein Ableben nicht beklagen.“
    „Ja, ein Albendorf weniger ist diesen Einsatz wert“, bekräftigte Urako. „Du hättest bei meiner letzten Hinrichtung dabei sein sollen. Die Albin hatte die große Klappe, also hab ich sie baumeln lassen, anstatt den Kopf abzuschlagen. War lang und qualvoll!“
    Das stimmte zwar nur nur Hälfte, aber das konnte Ralogg ja nicht wissen, also konnte Urako ruhig flunkern.


    Es rumpelte und das Fuhrwerk manövrierte umständlich. Ralogg stellte den Wagen in einer Gasse am Rande des Marktes von Shizu ab. Sie hatten ihr Ziel erreicht.

  • Arafis beobachtete gerade den missgelaunten Urako, wie er auf den Kutschbock kletterte, und nach einigem Hin und Her mit seiner Pelzjacke, endlich ein annehmbares Plätzchen geschaffen hatte.
    Im selben Moment starrte der Tiefling zu ihr hinüber und ihre Blicke trafen sich. Er schien unzufrieden zu sein und der Ausdruck seiner Augen war nicht gerade freundlich.


    Was für ein verschrobener Kerl. Da meint man es noch gut und gibt ihm etwas von dem leckeren Hasen ab, und was bekommt man dafür? Man wird mit giftigen Blicken beworfen!
    Verständnislos schüttelt die Albin den Kopf. Solch undankbaren Wesen war sie nicht oft begegnet.


    „Wir wären bereit zum Aufbruch!“, verkündete sie nun lautstark, damit es endlich losgehen, und sie den bösen Blicken des kleinen Dämonen aus dem Weg gehen könnte.
    "Was, es geht schon los?", Selan blickte sich um, er schien geschlafen zu haben.
    "Na dann hab ichs ja wohl voll verschlafen. Guten Morgen!", lächelte er, "Dabei hatte ich ja noch etwas vor. Wartet bitte kurz."
    Arafis beobachtete wortlos den gutfriedigen Mann. Was hat er denn nun vor? Vielleicht will er noch einen Tee aufsetzen, bevor es losgeht…
    Doch nichts dergleichen. Stattdessen kramte er etwas aus einer Truhe hervor. Arafis musste zweimal hinschauen, um zu glauben, was sie da sah. Knochen?

    Tatsächlich legte Selan nach und nach ein kleines Skelett in der Wiese aus, und zeichnete Symbole in die Erde drumherum. Neugierig liess Arafis Vilya etwas näher treten, denn sie wollte sich das seltsame Schauspiel nicht entgehen lassen.
    "Urako, schau nun genau zu, kein Blödsinn jetzt und bitte keinesfalls stören!" Selan klang ernst und es musste ihm wirklich wichtig sein, dass alle Ruhe gaben.
    Nun begann er unbekannte Worte zu sprechen und die Zeichnungen zu seinen Füssen begannen zu leuchten.


    Plötzlich, und völlig unerwartet, gab es einen krachenden Laut und ein greller Blitz schlug mit voller Wucht in den Boden ein. Eine Staubwolke umhüllte Selan und das Skelett. Urako war entsetzt auf die Beine gesprungen, Vilya scheute und warf ihren weissen Kopf erschrocken zurück, Fricai wusste nicht ob er knurren oder ängstlich winseln sollte und Arafis stiess einen erschrockenen Schrei aus.


    „Scheiße, Selan! Siehst du, ich hab dir doch gesagt, dass es Unglück bringt, mich anzufassen und du, was machst du? Du musstest mich gleich umarmen! Das kommt davon!“
    Was schwafelt der schon wieder von Unglück?! Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied…
    Doch auch Arafis war besorgt um den neuen Reisegefährten. „Selan?“, fragte sie vorsichtig, liess sich von dem Pferd heruntergleiten und näherte sich langsam und angespannt dem sich lichtenden Nebel.
    Doch die Sorge war umsonst, Selan stand zufrieden da und betrachtete fröhlich das Skelett vor ihm, welches munter drauflosquatschte – ja genau, es quatschte!


    Mit offenem Mund starrte die junge Frau das seltsam kurze Wesen an. Entfernt erinnerte es sie an eine andere Gestalt aus ihrer Erinnerung, doch sie konnte es nicht so genau zuordnen. Ein etwas ungutes Gefühl machte sich in breit, doch sie wollte sich nicht als Angsthase geben und schüttelte es deshalb ab.
    “Neue Reisegefährten, darf ich vorstellen, die Albin Arafis und der Halbdämon Urako, dies ist das Goblinskelett Ralogg.”
    Goblinskelett? Unwillkürlich verdüsterte sich der Blick der Albin, und als Ralogg zu ihr trat, um ihr die Hand zu schütteln, blieb sie zögerlich.
    “Ralogg“, rief Selan, „bitte, auf den Wagen, das Fuhrwerk muss gelenkt werden, wir wollen los.“
    Dieses Ding soll mit uns reisen? Doch ausser ihr schien diesen Gedanken niemand abwegig zu finden und Urako schien sich sogar schon mit den neuen Gefährten anzufreunden.


    Die nächsten Tage wurden für die Albin zur Tortur. Selan war die meiste Zeit in seinem Wagen verschwunden, um seine Bibliothek zu durchforsten, und so musste Arafis mit Urako und diesem Knochenhaufen Vorlieb nehmen. Obwohl sie normalerweise zwar vorsichtig doch trotzdem recht offen für neue Begegnungen war, schreckte sie dieser Möchtegern-Goblin ab.
    So versuchte sie meistens mit Vilya etwas hinter oder vor dem Wagen zu reiten, um Abstand zu halten.


    Auch musste sie immer ein Auge auf Fricai haben. Bei einer Rast, die sie eingelegt hatten, beobachtete sie den Wolf dabei, wie er sich schnüffelnd an das Skelett herangeschlichen hatte. Schon hatte er sich über die Lefzen geleckt, als Arafis ihn mit einem gedanklichen Befehl zu sich herbeordert hatte. Obwohl es ihr nicht viel ausgemacht hätte, den Knochenhaufen loszuwerden, wollte sie doch nicht Selans Werk zerstören und ihn somit erzürnen.


    Doch das waren nicht die grössten Probleme für die Albin. Ihre neuen Reisegefährten brachten auch eine neue Sehnsucht und Herausforderung mit sich. Die Druidin vermisste ihre Wolfsgestalt. Sie fühlte sich eingesperrt in ihrem natürlichen Körper. Sie wollte rennen, jagen, Beute machen. Sie wollte die menschlichen Probleme hinter sich lassen, die abgestumpfte Welt verlassen und mit den Sinnen eines Raubtiers die Welt erkunden.
    Doch auf keinen Fall wollte sie ihr wölfisches Wesen vor den Dämonen preisgeben. Urako schaute schon Fricai als einen räudigen Köter an, dem man am besten das Fell über den Kopf ziehen mochte, was würde er erst von einer Albin halten, die gleichzeitig eine Wolfsgestalt besass? Ohne Zweifel wäre das ein doppelter Grund, sie zu köpfen!
    Auch Selan traute sie seit der Heraufbeschwörung des Skeletts nicht mehr so ganz über den Weg. Für ihn wäre es bestimmt ein tolles Experiment, eine untote Druidin in seinem Sortiment zu haben. Nachdenklich streichelte sie über das weisse Fell des Pferdes. Ob ich mich als Untote auch noch in ein Tier verwandeln könnte?


    So unterdrückte sie die Wölfin in ihrem Inneren, wurde zunehmend unruhiger, angespannter und redete nur noch, wenn sie etwas gefragt wurde. Oft ritt sie mit Fricai an ihrer Seite zwanzig Meter hinter dem Wagen her.


    Als sie gerade näher an den Wagen heranritt, um zu fragen, wie weit es noch bis Shizu sei, bekam sie zufällig ein Gespräch der beiden Fieslinge auf dem Kutschbock mit.
    Ich habe den Angriff zwar nicht überlebt, aber hey, was soll`s! Das Dorf wurde dem Erdboden gleich gemacht. Und da Selan mich wieder erweckt hat, will ich mich über mein Ableben nicht beklagen.“
    Ja, ein Albendorf weniger ist diesen Einsatz wert“, bekräftigte Urako. „Du hättest bei meiner letzten Hinrichtung dabei sein sollen. Die Albin hatte die große Klappe, also hab ich sie baumeln lassen, anstatt den Kopf abzuschlagen. War lang und qualvoll!“

    Arafis blieb der Mund offen stehen. Und sie starrte die beiden fröhlich vor sich hin lästernden Winzlinge sprachlos an. Hatte sie gerade richtig gehört?

    Bei den Worten des Knochenhaufens schossen ihr augenblicklich Bilder von einem brennenden Albendorf durch den Kopf. „Mutter, Vater!“, hatte sie gerufen, doch keine Antwort erhalten. Stattdessen war sie geflohen und getraute sich aus Scham seitdem nicht mehr nach Hause. Die traurigen Gedanken wurden von noch grausigeren abgelöst, in welchen sie ihre tote Freundin an einem Strick baumeln sah, mit blau angelaufenem Gesicht und qualvollem Ausdruck. Sie schüttelte sich und ein Schauer lief durch ihren Körper. Sie bemerkte gar nicht, dass Vilya stehen geblieben war und nervös auf der Stelle tänzelte. Vermutlich hatte sie durch ihr Entsetzen Signale ausgesendet, welche das Pferd unruhig werden liessen.
    Fricai stand neben der Stute und blickte zu seiner Begleiterin hoch. Doch Arafis starrte nur vor sich hin, schien wie in Trance zu sein.


    Erst als sie plötzlich die Rufe der Reisetruppe vernahm, welche verkündeten, dass sie Shizu gleich erreicht hätten, erwachte sie wie aus einem Traum.
    Wut stieg in ihrem Körper hoch und instinktiv drang ein leises Knurren hervor. Warum war ich nur so dumm und habe versucht, nett zu diesem Monster zu sein? Was habe ich nun davon? Er macht sich über den Tod meiner Freundin lustig und lästert mit diesem stinkenden Haufen Knochen, der nur durch eine für ihn glückliche Wendung noch lebt, über ein zerstörtes Albendorf!
    Immer mehr versetzte sie das eben Gehörte in Rage. Am liebsten wäre sie trotz ihrer ruhigen und vorsichtigen Natur auf die beiden Gestalten losgegangen und hätte ihre Zähne zum Einsatz gebracht.


    Noch in Gedanken versunken, bemerkte sie plötzlich, dass sie bereits den Stadtrand erreicht hatten. Ralogg manövrierte die Pferde und den Wagen gerade in eine Gasse am Rande des Marktes.
    Arafis atmete tief durch. Sie beschloss sich nicht anmerken zu lassen, dass sie alles mitgehört hatte, wusste jedoch nicht, ob sie ihre Emotionen gut verbergen könnte.

    Sie hatte nun sowieso ein anderes Problem. Und das nannte sich Shizu.
    Die Albin hasste Städte, und hielt sich lieber davon fern. Enge Gassen und hohe Häuser behagten ihr nicht. So war sie auch ziemlich unruhig, als sie Vilya neben dem Wagen zum Stehen brachte und sich von dem Rücken des Pferdes gleiten liess. Fricai presste sich an ihr Bein, auch ihm schien die Stadt nicht zu behagen. Arafis hoffte insgeheim, dass sie hier so schnell wie möglich wieder verschwinden könnte. Doch vielleicht konnte sie die Gelegenheit auch nutzen, um nachts einmal davonzuschleichen, um ihre Wolfsgestalt ausleben zu können.
    Und vielleicht würde sich eine Gelegenheit ergeben, diesem dämlichen Henkerlein seine Taten und das ekelhafte Getue zurückzahlen zu können.
    Mit diesen Gedanken trat sie zu Selan heran: „Wie lange werden wir voraussichtlich hier verweilen?“

  • Es war früh am Morgen, als die neu zusammengewürfelte Truppe endlich in Shizu eintraf. Die letzten Tage vergingen wie im Flug, Selan war dabei mehr im Waagen, als irgendwo anders. Schon lange hatte er sich vorgenommen wieder einmal etwas in seinen Büchern zu schmöckern, denn längere Zeit war schon vergangen als er dazu Zeit hatte, drum genoss er es um so mehr. Die anderen waren eh mehr mit sich beschäftigt gewesen, so das es auch nicht weiter schlimm war, dass er sich etwas zurück zog und zum reden blieb ja eh immer noch genug Zeit.


    Wie es den Anschein hatte mochten sich sogar die beiden Sonderlinge Urako und Ralogg, sehr zur Selan Verwunderung. Dachte er doch erst im Nachhienein darüber nach, dass das Skelett Ralogg vielleicht etwas Angsteinflösend sein könnte, vor allem für Urako da er sonst eher etwas eigen ist in seinen Absichten, aber zum Glück war dem nicht so.


    Als Selan aus dem Waagen trat blendete ihn die Morgensonne, lächeld hielt er sich die Hand vor die Augen, um sie etwas vor den morgendlichen Strahlen zu schützen. Ralogg hatte den Waagen etwas in eine Hinterhofgasse gelenkt, die als Sackgasse endete. Noch scheinte Sonne in die kleine Gasse, in ein paar Stunden wird der Stand der Sonne etwas ungünstiger stehen und die Gasse in Schatten hüllen. Nicht gerade sehr toll für die Kundschaft dachte sich Seelan, aber besser als nichts, war es nun einmal der einzige Platz, den die Stadtwachen ihnen angeboten hatten.


    “Guten Morgen Freunde!”, sprach Selan und machte von dem kleinen Träppchen am Ende des Waagens einen kleinen Sprung nach vorn. “Morgenstund hat Freunde auf den Lippen, oder so ähnlich... Ähmm ja...”, reusperte sich Selan und musste etwas schmunzeln. “Damit fängt heute der erste Arbeitstag für dic han Urako. Ich erwarte von dir großes und Einsatz. Zu dem einen schönen Tag und viel Freude bei der Arbeit.”


    Schnell verschwand Selan wieder im Waagenund nur Augenblicke später an der selben Stelle mit einem großen fein gearbeiteten und verziertem hölzernem Aufstellschild in der Hand aud dem in großen goldenen Buchstaben Stand:


    Selan Todaric
    Professionelle, gutartige Nekromatie
    für den kleinen Geldbeutel!


    Verwandte verloren?
    Eine geliebte Person zu früh gestorben?
    Noch ein letztes liebes Wort?
    Den Schlüssel verloren?


    Reden mit den Toten kann so einfach sein!
    Sprechen sie mich doch einfach an, vollkommen
    seriös natürlich.


    Die Erstberatung ist selbstverständlich kostenlos!


    "Hier Urako, stell das bitte vorn an der Gasse auf, so das es die Leute gut sehen können. Wenn sie dich etwas Fragen, seih höflich und schick sie hier hinter und bitte seih freundlich und lächle.", sprach Selan zu rako und drückte ihm das Schild in die Hand.


    "Ralogg, du kennst die Prozedur, hilf mir mal bitte."


    Keine 30 min später war seitlich am Waagen ein großes lila Vorzelt aufgebaut worden, was feine goldene Umrandung hatte. Vor dem Waagen stellte Selan gerade noch ein weiteres Schild auf, mit etwas Werbung gemacht werden wollten, zudem einer Liste von Schreiben mit guten Rezessionen für deen Tieflingsnekromanten.


    "Ich wäre dann so weit Selan, der Tisch ist im Zelt, die 4 Stühle auch, die Ausrüstungstruhe auch. Ansonsten hätten wir alles so weit fertig, nur noch ein bisschen Kleingerümpel, das du ja sowie so immer selber anbringen willst und würde mich dann erst einmal zuück ziehen."


    "Ralogg, erst mal danke für deine Mühen, aber das ist kein Kleingerümpel sondern Deko. Liebevoll gestaltete Deko wie ich dazu bemerken möchte!", erwiederte Selan etwas empört.


    "Sag ich doch Kleingerümpel, ich bin mal auf dem Markt mich etwas umschauen, bis dann!"


    "Auf dem Markt?", schaute Selan etwas verdutzt, als das Skelett ziel Richtung Markt lief.

    Nur ein Tag mit Tee, ist ein lebenswerter Tag. (von Selan Todaric)


    Wenn sie mit dir streiten wollen, biete Tee an. Wenn das nicht hilft, schlag sie tot! (von Selan Todaric)


    Kleine Legende:
    "Text" -> Gesprochener Text /\ >Text< -> Gedachter Text

  • Noch ehe die Stadt in seinem Blickfeld auftauchte, konnte Urako sie schon riechen.
    Der Qualm von zahllosen Herdfeuern schlug ihm entgegen wie eine Wand. Der beißende Rauch stach in seinen Lungen. In Phintias wurden nur selten Feuer in speziellen Brandschalen entfacht, da es dort immer warm war und viele Tieflinge ihre Mahlzeiten ohnehin roh zu sich nahmen. Aber so, wie es hier miefte, hatte jeder menschliche Haushalt mindestens ein Feuer, was die ganze Zeit brannte.


    Als sie die Außenbezirke vor der Stadtmauer durchquerten, wurde Urako schlecht von dem Schweißgeruch hunderter hart arbeitender Menschen, die selten dazu kamen sich zu waschen. Hinzu kam der üble Gestank von abgezogenen Tierhäuten, die im Schatten aufgespannter Stoffbahnen trockneten. Fliegen schwirrten darum herum. Der faule Dunst von Verwesung hing in der Luft.


    Am widerwärtigsten war jedoch der Fluss, der neben dem Weg entlang verlief.
    Der schmale Strom hatte die Stadt noch nicht einmal erreicht, da war er schon verfärbt von zahllosen entleerten Nachttöpfen, benutztem Waschwasser und abgeschnittenen Haaren und Fingernägeln. Als Urako den aufgedunsenen Leib eines verendeten Fisches darin treiben sah und sich daran erinnerte, dass er flussaufwärts in dem selben Wasser gebadet hatte, spürte er, wie ihm das Frühstück wieder hoch kam. Er sprang vom Kutschbock des fahrenden Wagens und erbrach sich in den widerlichen Fluss hinein. Da war ohnehin nichts mehr zu verderben. Als er bemerkte, dass weiter hinten eine Frau daraus Wasser schöpfte und in einen Kochtopf füllte, erbrach er sich gleich ein zweites Mal. Die übrige Fahrt saß er stumm und mit verquollenen Augen neben Ralogg.


    Sie wurden problemlos durch das Holztor gelassen, welches den einzigen Durchgang im Palisadenzaun bildete. Das nun folgende Geholper über das schmutzige und schlecht gelegte Kopfsteinpflaster war Urakos Zustand nicht gerade förderlich. Endlich erreichten sie den Marktplatz, wo sie von der Stadtwache einen Stellplatz für den Karren zugewiesen bekamen, der gleichzeitig als Marktstand dienen sollte.


    Arafis beobachtete, wie Selan und Ralogg den Stand aufbauten. Sie schien sich äußerst unwohl in der Stadt zu fühlen und blickte ständig in Richtung des Ausganges. Es war das erste Mal, dass Urako mit ihr einer Meinung war. „Wie lange werden wir voraussichtlich hier verweilen?“, fragte sie den Nekromanten, doch der war offenbar so beschäftigt, dass er Arafis` Frage einfach überhörte.


    “Morgenstund hat Freunde auf den Lippen, oder so ähnlich... Ähmm ja...”, posaunte Selan und strahlte über das ganze Gesicht. “Damit fängt heute der erste Arbeitstag für dich an, Urako. Ich erwarte von dir großes und Einsatz. Zudem einen schönen Tag und viel Freude bei der Arbeit.”


    „Einspruch“, krächzte Urako mit zittriger Stimme. „Ich bin krank!“ Doch Selan drückte ihm ohne viel Federlesen ein Schild in die Hände.


    "Hier Urako, stell das bitte vorn an der Gasse auf, so dass es die Leute gut sehen können. Wenn sie dich etwas fragen, sei höflich und schick sie hier hinter. Und bitte sei freundlich und lächle."


    Notgedrungen fügte der Henker sich und stapfte mit dem Schild davon. Er platzierte es dort, wo die Gasse in den großen Marktplatz mündete. Die Menschen starrten ihn an wie ein Ungeheuer.
    Muss wohl an dem übertrieben freundlich formulierten Schild liegen, dachte Urako. Kostenlose Erstberatung, pft... der Mann geht noch Pleite, bevor er seinen Stand überhaupt aufgebaut hat! Es wird Zeit, dass ich ihm ein wenig unter die Arme greife.


    Während Urako dastand, die Hände in die Hüften gestemmt und sich darüber freute, wie professionell er doch das Schild platziert hatte, stürmte Ralogg klappernd an ihm vorbei in Richtung des Marktes. Der Henker beschloss, dass auch er eine Pause verdient hatte und eilte ihm hinterher, ohne sich bei Selan abzumelden. Er würde ja gleich wieder zurück sein. Außerdem, wer war Selan, dass er ihm Rechenschaft schuldete?


    „He, so warte doch!“, rief Urako, doch der Knochen-Goblin war schneller. Sein dürrer Rücken war ihm immer eine Nasenlänge voraus. Plötzlich gab es einen Knall, wie wenn man einen Haufen trockener Holzscheite mit einem Mal fallen lässt und Ralogg implodierte. Ein Knochenregen ergoss sich auf den Henker. Er schirmte sein Gesicht mit dem Unterarm ab, bis der Hagel verebbte. Ein Meer von Knochen lag auf dem Markt ausgebreitet. Zu Urakos Verblüffung lagen da zwei Schädel. Und zwei Hüften. Überhaupt war alles doppelt. Offenbar war Ralogg mit einem anderen Skelett kollidiert. Wo kam das nur her?


    Gedankenverloren machte er sich daran, die Gerippen wieder zusammen zu setzen, während die Leute um ihn herum standen. Einige applaudierten und warfen ihm Münzen zu. Als Henker wusste er glücklicher Weise, wo welcher Knochen hin gehörte. Jedoch fand er, dass die längeren Beine des anderen Skeletts Ralogg besser standen und verpasste dem anderen die Stumpeln des Goblins.


    Fertig.


    Ralogg stolzierte elegant auf viel zu langen Stelzen herum, während sein skelettierter Kollege plump den Weg zurück zuckelte, den er gekommen war.


    Urako raffte die herumliegenden Münzen zusammen, sopfte sie in seine Hosentasche und nahm die Verfolgung von Stumpelchen auf. Er musste heraus finden, woher das andere Gerippe kam. Bestimmt hatte ein Konkurrent seinen Marktstand hier irgendwo zwischen den anderen Buden. Ralogg begleitete ihn.


    Und Urako sollte Recht behalten.


    Als er den anderen Nekromant in seinem schwarzen Zelt sitzen sah, stockte ihm der Atem. Der Mann war groß, hager und hatte schwarze Haut und weißes Haar. Ihm zur Seite standen die beiden Kampfmagier, die er ihm auf den Hals gehetzt hatte. Auf einem beinernen Schild, das wohl mal das Schulterblatt eines sehr großen Wesens war, stand:


    Ibn Altsalat.
    Totenbeschwörung auf niedrigstem Niveau.
    Ich bin mir für nichts zu schmutzig, wenn nur der Preis stimmt. Keine Fragen.
    Bringen sie mir die Leiche und das Geld - und wir sind im Geschäft.


    Urako schluckte. Mit diesem unmoralischen Angebot konnte der gute Selan sicher nicht mithalten.
    Der Henker versuchte, unauffällig in der Menge abzutauchen, bevor Ibn Altsalat und seine Mitarbeiter ihn bemerkten. „Ralogg. Lauf schnell vor und informiere Selan und Arafis. Wir haben einen Konkurrenten auszuschalten. Ich halte hier derweile die Stellung.“
    Das Goblinskelett stakste in Windeseile davon.

  • Arafis beobachtete nervös, wie Selan, Urako und Ralogg sich daran machten, den Stand aufzustellen. Auf ihre Frage hatte sie keine Antwort erhalten, offensichtlich waren ihre Reisegefährten schon zu sehr abgelenkt. Und augenscheinlich machte ihnen der Aufenthalt nicht so viel aus wie ihr. Obwohl sie das Gefühl hatte, dass auch der kleine Tiefling immer wieder etwas unbehaglich umherschaute.
    Als sie mit ihrer Arbeit fertig waren, drückte Selan seinem neuen Lehrling ein Schild mit Werbung in die Hände und schickte ihn Richtung Marktplatz, damit er Interessenten den Weg weisen könnte.
    Auch das Skelett wollte sich eine Auszeit gönnen, und bevor der Meister widersprechen konnte, düste es auf seinen Stummelbeinchen Urako hinterher. Arafis blickte ihnen nur Kopfschüttelnd hinterher.


    Unschlüssig blieb die Albe stehen, denn sie wusste nicht so recht, was sie nun anfangen sollte. Sie hätte zwar gerne die Marktstände etwas genauer angeschaut, doch das Getümmel der vielen Leute und das Gedränge, liess sie davor zurückschrecken.
    Sehnsüchtig dachte sie an die Tage im Wald zurück und streichelte nachdenklich über Frica’s Fell.
    Etwas melancholisch geworden überlegte sie, dass sie ja sowieso kein Geld gehabt hätte, um sich nur schon eine kleine Leckerei zu kaufen.
    Sie beobachtete Selan, der umherwuselte, und dort einen Stuhl zurechtrückte und da die Deko umherschob. Seine Arbeit musste ihm viel bedeuten, das konnte man sehen.
    Ich habe nicht Mal einen Beruf erlernt. Von einem Augenblick auf den anderen fühlte sich Arafis nutzlos und leer. Klar, ich kann jagen, kenne mich mit Pflanzen aus, kann mit etwas Magie die Gestalt von Steinen verändern… Doch was ist das alles schon?! Nichts im Vergleich zu einem richtigen Beruf. Sogar der Henker hatte eine Arbeit, auch wenn die nicht so angesehen sein mochte.
    Der Wolf schien ihre Trauer zu spüren, und drückte ihr seine warme Schnauze in die Handfläche. „Ja, zum Glück habe ich wenigstens noch dich“, murmelte sie und ein kleines Lächeln erhellte ihr Gesicht.
    Plötzlich schüttelte sie energisch den Kopf. Das passt gar nicht zu mir, so schwarz zu malen! Das muss an dieser beengenden Stadt liegen.
    Schliesslich fasste sie einen Entschluss und verabschiedete sich von Selan: „Ich werde auch die Stadt erkunden gehen. Fricai lasse ich bei dir, er wird brav sein.“
    Dann drehte sie sich auf dem Absatz um, und ging den Weg, den zuvor Urako und Ralogg gegangen waren.


    Gerade als sie überlegte, wo die beiden wohl sein mochten, hörte sie ein Klappern und im nächsten Moment sah sie eine Gestalt auf sich zusausen. „Ralogg...?“, nein das konnte nicht sein. Dieses Skelett hatte lange Steckenbeine, wohingegen Selan’s Schöpfung kurze Stummelchen besass.
    Achtung, aus dem Weeeg, ich kann nicht bremseeeen!“, kreischte da der Knochenhaufen und Arafis identifizierte die bekannte Stimme.
    Im nächsten Moment, realisierte sie die Bedeutung seiner Worte, als sie ihn pfeilgerade auf sich zusprinten sah. „Ooooh“, Im letzten Augenblick sprang sie zur Seite, als Ralogg mit den Stelzenbeinen auch schon haarscharf an ihr vorbeiflitzte. „Excusi, Baumkuschlerin!“, und schon war er um die nächste Ecke verschwunden, die er schlitternd gerade so erwischt hatte.
    Mit offenem Mund blickte Arafis ihm verwundert nach. Was war das denn?!
    Aber sie würde es bestimmt noch früh genug erfahren. Vielleicht kannte auch Urako die Antwort für diese kuriose Frage. Sie hatte irgendwie das Gefühl, dass er etwas damit zu tun hatte. Würde zumindest zu ihm passen!


    Langsam wurde die Gasse breiter und führte sie schliesslich auf eine Strasse, die zum Marktplatz führte. Schon bevor sie dort angelangte, konnte sie das laute Rufen der Händler hören und die aufgeregten Stimmen der Bürger. „Schweinefüsse zu verkaufen, frisch gehackt!“, „Kommen sie zu Lydia Sombra, ich kann ihnen die Zukunft aus den Händen, Hufen, Flügeln, Flossen, Pfoten oder Krallen lesen!“, „Fledermäuse und Krähen zu verkaufen! Die besten und schnellsten Boten in ganz Shizu. Wollen sie einen geheimen Liebesbrief verschicken? Oder sich über ein geplantes Attentat mit ihrem Bekannten austauschen? Dann kommen sie und wählen einen dieser indiskreten Nachrichtenüberbringer aus!“


    Arafis blieb stehen und betrachtete mit grossen Augen das Treiben auf dem Markt. Überall wuselten die seltsamsten Kreaturen umher. Tieflinge in allen Grössen und Formen, mit oder ohne Flügel, mit Pelz oder Schuppen bedeckt, mit Schwänzen, mit Hörnern, Krallen, Reisszähnen, Stacheln, es gab nichts, was es nicht gab. Zwischendurch waren grosse, bedrohlich wirkende Männer unterwegs, die die Albin an das Volk der Poraha erinnerten. Die Frauen trugen meistens lange Röcke, welche sich Arafis nicht sehr praktisch vorstellte.


    Plötzlich wurde sie von hinten angerempelt. Überrascht ruderte sie mit den Armen und konnte sich gerade noch auffangen. "Geh aus dem Weg, Spitzohr!“, murrte eine Stimme, und ein grosser, schwarzhaariger Tiefling drängte sie ungeduldig zur Seite. Arafis gab ein unwilliges Knurren von sich und funkelte den Mann, der sie um einiges überragte, böse an. Er hatte ihren Blick aufgefangen und ein fieses Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. "Na Püppchen, bist ja ganz ne Wilde, was? Dir muss man wohl noch Manieren beibringen!“,bevor die Albin reagieren konnte, grapschte der Tiefling mit seinen Krallen nach ihrem Arm und zog sie zu sich heran. Sie konnte seinen übelriechenden Atem in ihrem Gesicht spüren, als er sich zu ihr herabbeugte und unter dem Johlen eines zweiten Kupanen versuchte, ihr einen feuchten Kuss aufzudrücken und mit der anderen Pranke gleichzeitig nach ihrem Hintern griff. Arafis sträubte sich, und versuchte sich dem Ekel zu entwinden, doch gegen die Kräfte dieses Scheusals hatte sich nichts entgegen zu wirken. Als ihr der Dämon nun versuchte, seine Zunge in den Hals zu stecken, biss sie kurzerhand und voller Panik zu. Sie hörte einen Schrei und gleich fluchte der Tiefling los: "Du Miststück! Na warte, dir werd ich’s zeigen! Halt sie fest!", schrie er seinem Kumpanen zu, denn vor Schmerz hatte er Arafis unwillkürlich losgelassen.


    Arafis nutzte diesen kurzen Augenblick, machte kehrt und rannte los. Geschickt konnte sie sich zwischen den Leuten hindurch schlängeln. Doch im nächsten Moment hörte sie Flügelschlagen über sich, und mit einem entsetzten Blick nach oben erkannte sie den Kumpanen, der suchend über der Menge umherflatterte. Die Albin zitterte vor Angst und Anstrengung. Suchend blickte sie sich nach einem Fluchtweg um, als sie in einiger Entfernung eine bekannte Gestalt ausmachen konnte. Voller Erleichterung rannte sie auf Urako zu, der sie gar nicht bemerkte, sondern einen der Marktstände zu beobachten schien. „Urako!“, keuchte Arafis, als sie fast bei ihm angelangte, im nächsten Moment, wurde sie jedoch grob herumgerissen und blickte in das wutverzerrte Gesicht ihres Peinigers. „Ich werd dir schon zeigen, was es heisst, sich Orobas zu widersetzten!“

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    Hier spielt der zweite Teil der Reise:
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    Nur ein Tag mit Tee, ist ein lebenswerter Tag. (von Selan Todaric)


    Wenn sie mit dir streiten wollen, biete Tee an. Wenn das nicht hilft, schlag sie tot! (von Selan Todaric)


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