Zum Henker und zum Heiler

  • Dave gesellte sich zu Pavo ins Labor und schaute den Goblin durchdringend an.


    "Ich brauche Deine Hilfe Pavo", sagte der Magier.
    "Ja sicher helfe ich Dir. Setz Dich Dave. Was ist los?", fragte der alte Heiler besorgt.
    "Nicht diese Art von Hilfe, Du musst für mich einen Hausbesuch machen", bat Dave gut gelaunt.
    "Einen heilenden Hausbesuch, oder einen helfenden Hausbesuch?", hakte Pavo nach.
    "Letzteres", antwortete der Magier.


    "Wen soll ich umlegen?", fragte Pavo freundlich.
    "Meinem Großvater und meinem Vater", gab Dave zurück.
    "Dunwin und Alastair?", hakte Pavo sicherheitshalber nach.
    "Korrekt", antwortete Dave.


    "Langsam. Du bist Dir über die Konsequenzen im Klaren? Was sagt Dein Bruder dazu? Weiß er davon? Wenn nicht Davy nützt deren Ableben nichts, Dein Bruder wird die zwei einfach zurückholen. Dann sind die zwei eben Ghule. Ich mache das jederzeit für Dich. Allerdings hast Du keinen Nutzen davon, wenn Dein Vater und Großvater am anderen Tag untot allen erzählen, dass sie einen Hausbesuch von Deinem Leibarzt hatten oder?", fragte Pavo und deutete Dave an sich hinzusetzen.


    Die beiden hockten sich hin.


    "Ich fange am besten von vorne an", grinste Dave.
    "Wäre gut. Keks?", fragte Pavo und hielt Dave eine Keksdose hin.
    Der Magier nahm sich einen Keks und aß ihn auf, während sich Pavo zwei in den Mund stopfte.


    "Durch einen Zufall habe ich jemanden kennengelernt - er heißt Tarkan. Wir redeten lange miteinander und ich erzählte ihm von meiner Familie und dem Problem meiner Mutter. Ebenso erzählte ich ihm, wie sehr sie die Wüste geliebt hat und dass ich sie nicht mehr sehen darf. Tarkan erklärte mir, dass meine Mutter vielleicht keine Probleme hätte, wenn sich jemand liebevoll, persönlich um sie kümmern würde. Dann würde sie bestimmt auch lernen, dass ihr Körper keine Last ist. Dem stimme ich zu.


    Aus dem Grund habe ich beschlossen, dass wir Vater und Großvater umbringen müssen. Vater da er Mutters Umzug in die Wüste nie gestatten würde und Großvater, weil er Vater unterstützt und ihn wie Du schon richtig sagst, zurückholen würde. Die beiden haben nie was an Mutters Situation geändert. Für Großvater war sie nur praktisch - sie vererbte die Gabe weiter, die sein eigener Sohn nicht abbekommen hatte. Aber wir sollten sie bekommen, also brauchte er eine passende Frau für seinen Sohn. Er hat es im Blut, aber nicht die aktive Fähigkeit. Wie dem auch sei.


    Ansgar weiß Bescheid. Tarkan ist ein weiser Mann. Er sagte, Ansgar würde mir helfen - wenn er seine Mutter liebt. Und das tut er genau wie ich. Ansgar wird sich magisch um Großvater kümmern, Du tötest ihn. Es muss wie ein natürlicher Tod aussehen. Kurzum ich buche bei Dir das Scheidungs-Programm", sagte Dave und nahm sich noch einen Keks.


    "Ein natürlicher Tod von zwei Personen zur selben Zeit? Du hast ja vielleicht Sonderwünsche Davy", lachte Pavo und nahm sich auch noch einen Keks.


    "Witzig. Sie sollen nicht synchron abnippeln. Zuerst Alastair - er ist der Nekromant der andere wiederbeleben könnte. Ein paar Tage später Dunwin. Die Trauer raffte ihn dahin... Lecker die Plätzchen", antwortete Dave und nahm sich noch ein Keks.


    "Und Ansgar hat kein Problem damit?", fragte Pavo.
    "Die zwei gefühlskalten Drecksäcke loszuwerden und den gesamten Familienbesitz zu erben? Er wird sich an den Reichtum gewöhnen", grinste Dave breit.


    "Gut wenn Alastair und Dunwin umgezogen sind, was geschieht dann? Was habt Ihr mit Eurer Mutter vor?", fragte Pavo und knuffte Dave.
    "Sie zieht nach Rakshanistan", antwortete Dave mit Unschuldsblick und nahm sich noch einen Keks.
    "Sie macht bitte was?", fragte Pavo perplex.
    "Pavo, versprich mir nicht wütend zu werden. Wenn ich Dir jetzt was erkläre, musst Du wissen ich habe das aus Liebe zu meiner Mutter getan", bat Dave.
    "Was hast Du getan Dave?", fragte Pavo mit mulmigem Gefühl.


    "Einen Pakt geschlossen. Ich bin einen Deal eingegangen. Wenn ich meine Mutter nach Rakshanistan bringe, nach Cara´Cor wird man sie dort aufnehmen. Sie wird hoffentlich dort das Leben finden, was sie sich wünschte. Das sie dort aufgenommen wird, hat mir Tarkan zugesichert. Das wir im schlimmsten Fall bei ihm ebenfalls aufgenommen werden würden, hat er mir auch zugesichert. Kurzum es geht um das Leben meiner Mutter und um unseres, im Wenn-Fall allerdings.


    Dafür verlangte er nichts. Keine Gegenleistung, keinen Gefallen. Er bat mich nur um etwas. Er bat um Eisenrüstungen, Belagerungsgeräte, Waffen und dergleichen. Ich habe den Deal angenommen und ich habe Wort gehalten Pavo. Ich habe die Rakshaner mit Kriegsgerät beliefert.


    Was ich getan habe und warum, weißt Du jetzt. Ich weiß wie Du den Rakshanern gegenüberstehst, einst stand ich ihnen genauso feindlich gesinnt gegenüber. Verzeih mir das Pavo. Und hilf mir bitte trotzdem", bat Dave.

  • Der Goblin starrte seinen Freund an und schluckte. Man sah Pavo an, dass er stark um seine Beherrschung kämpfen musste.


    "Du hast WAS getan Davard??? Du hast vielleicht Nerven! Bist Du irgendwie nicht mehr Herr Deiner Sinne???", schnauzte der alte Heiler den Magier an.


    Dave setzte zu einer Antwort an, aber Pavo schnitt ihm mit einer Geste das Wort ab.


    "Schweig Dave! Sei bitte einen Moment einfach leise", sagte Pavo und strich sich müde übers Gesicht. Der alte Goblin schaute den Almanen ernst an.


    "Was würde es uns beiden nützen, wenn ich Dich jetzt rausschmeiße oder Dir die Freundschaft kündige? Nichts. Dadurch hätten wir beide nur verloren. Ich würde Dich ganz an den Feind verlieren. Ich will Dich nicht verlieren, Du weißt was Du mir bedeutest Du dämlicher Idiot!


    Wir bezeichnen uns nicht umsonst als Familie und Du bist ein Teil meiner Familie Dave. Du stehst mir sogar näher als jeder andere hier, weil ich Dich zurück ins Leben geholt habe. Und ich vermute, dass ist auch der Grund warum Du mir Deine Tat beichtest. Und warum Du die nächste Tat nicht allein mit Deinem Bruder durchziehst.


    Ich weiß wie Du zu mir stehst. Wir waren einmal auf ganz besondere Art verbunden, damals wo Du mich einfach im Äther gedrückt hast. Ich weiß wie Du über mich denkst und wie Du für mich empfindest.


    Ich kann Dir gar nicht dem Kopf abreißen, obwohl ich das gerade sehr gerne tun würde.


    Warum hast Du das gemacht? Wir hätten eine andere Lösung für Deine Mutter gefunden.


    Natürlich verzeihe ich Dir, aber damit ist es nicht getan. Kurzum Dave, vergeben ja - vergessen nein", sagte der alte Goblin.
    "Dankeschön", antwortete Dave leise.


    "Du hörst Dir meine Meinung an und danach wirst Du ab sofort handeln ist das klar?", fragte Pavo eindringlich.
    "Das ist Erpressung", antwortete Dave.


    "Richtig, gut erkannt. Dein Grips scheint ja doch noch zu funktionieren! Aber das war nicht die Frage.


    Die Ausbreitung des Chaos bedeutet doch nicht nur dass es keine Regierung und keine Büttel mehr gibt. Rakshor und sein Chaos stehen angeblich für permanente Veränderung. Das ist falsch. In Wahrheit stehen sie für permanente Zerstörung.


    Permanente Veränderung wäre Evolution, sprich eine Fortentwicklung.
    Das was schlecht ist, stirbt aus - beziehungsweise wird ausgemustert. Egal ob es sich dabei um eine Spezies, ein Volk, eine Nation oder eine wissenschaftliche These handelt. Das was sich bewährt hat, bleibt erhalten oder wird sogar noch gefördert, wächst und gedeiht.


    Diese Form von Veränderung strebt das Chaos aber nicht an.
    Es strebt pure Zerstörung an. Es steht für dauerhafte Vergänglichkeit.


    Bildung in Form von Büchern wird vernichtet. Bildungseinrichtungen wie Tempel und Universitäten werden zerstört und geschliffen. Auf das was geschehe? Fortentwicklung? Das ist so lachhaft, wie wenn ich Dir sage, lass uns das Haus abreißen damit wir leichter das neue Dach bauen können!
    Wie, wenn wir das Fundament und die Mauer einreißen? Und wozu überhaupt noch?


    Es gibt keinen größeren Frevel als Bücher zu verbrennen und Wissen zu vernichten! Keinen!


    Das Wissen das heutige Heiler haben, wäre für immer verloren.
    Weshalb? Wer hat durch diese Taten denn etwas gewonnen? Niemand.
    Wenn ich Häuser vernichte, weil sie ein Zeichen von Beständigkeit sind, wem helfe ich damit? Niemand.


    Was soll denn am Ende mit dieser These erreicht werden? Ich sage Dir was sie am Ende erreichen werden, wenn sie siegen. Ihr Volk, die Rakshaner und all jene die sich ihnen angeschlossen haben werden unter freiem Himmel hausen, schlimmer noch als die wilden Tiere. Die sind klug genug und graben sich Bauten und suchen sich Höhlen. Ihre Kinder werden an den heute noch harmlosesten Kinderkrankheiten sterben. Ebenso ihre Frauen im Wochenbett oder ihre Alten. Die Männer werden an Schlachtverletzungen eingehen.


    Wissen dass sie retten konnte, haben sie ja vor Jahren vernichtet. Häuser die ihnen Schutz geboten hätten, haben sie verbrannt und wie man Häuser einst gebaut hat, dass Wissen ging durch ihr eigenes Verschulden verloren.


    Sie drehen die Evolution um, pervertieren Ainuwars Werk! Anstatt sich weiterzuentwickeln, gehen die Rakshaner bewusst den Weg zurück. Vom Haus zum Zelt. Vom Zelt zur Höhle. Von der Höhle zum freien Himmel.


    Irgendwann kommt der Tag, da wird es Dogma ihres Herren sein auf allen vieren zu laufen und die Sprache abzulegen. Denn sich einwandfrei verständigen zu können, ist doch wider des Chaos oder? Chaos entsteht doch wesentlich einfacher, wenn man sich missversteht!


    Wenn Rakshor so viel an Vergänglichkeit liegt, warum bittet er Ainuwar nicht darum, vergänglich zu werden?


    Warum bittet er die anderen Götter nicht, sterblich zu werden? Was für seine Anhänger recht und billig ist, scheint für ihn selbst nicht zumutbar zu sein.
    Als Goblin sollte man die Tragweite von Vergänglichkeit kennen. Ich persönlich sehe die Vergänglichkeit und den Tod als ärgsten Feind jeden Heilers und Arztes! Diesen Feind gilt es zu bekämpfen wo man nur kann, mit allen Mitteln.


    Und Du Dave solltest genauso die Tragweite der Vergänglichkeit begreifen, denn Du warst fast tot und ein Goblin hat Dir Deinen Arsch gerettet. Und es war keiner von Rakshors Leuten, sondern einer von Ainuwars!


    Wenn Rakshaner die Vergänglichkeit zur Religion erhoben haben, dürfte keiner von ihnen einen Arzt aufsuchen. Sie sollten mit Freunden unter ihren Krankheiten dahinvegetieren, ihre schwärenden Wunden ertragen dabei ihren Gott preisen und dann bitte klaglos sterben. Tun sie das? Genießen sie einen krankhaften Zustand als Gott gegeben oder haben sie Heiler in ihren Reihen und suchen diese auch auf? Was vermutest Du?


    Das Chaos ist nichts weiter als der neidvolle Blick der Besitzlosen auf alle geistvollen Wesen.


    Sie wissen dass sie zu den selben geistigen Leistungen wie unser Volk niemals im Stande sein werden und deshalb zerstören sie wie bösartige Kinder dass, was sie selber niemals besitzen werden. Es ist schlichtweg purer Neid der sie antreibt.
    Wenn Du in einer Welt leben willst, wo Deine Kinder mit Spielzeug aus Hyänendung wie räudige Tiere spielen und ein Heiler nur noch ein Mythos ist, genau wie ein Haus mit warmen Feuer - dann nur zu.


    Ihre Welt wird eine Welt ohne jegliche Zivilisation sein. Eine Welt ohne Gesetze, ohne Büttel, ohne jegliches schöngeistig Geschaffene, ohne Kunst, ohne Wissenschaft - es wird eine vollkommene, tote Wüste sein. Eine nichtssagende Hölle.


    Ich lehne so eine Welt rigoros ab.


    Anstatt für diesen fehlgeleiteten "Gott" zu sprechen und seine wahnsinnigen Anhänger auch noch zu unterstützen, solltest Du Dich auf Deinen eigenen Glauben besinnen. Es war Ainuwar der uns die Rationalität schenkte. Rationalität stammt dem Worte Ratio ab - der Vernunft - dem Verstand. Du darfst ihn gerne benutzen - das schmerzt nicht mal mein Bester! Ich bin enttäuscht von Dir, dass Du - ausgerechnet Du Deinen Verstand nicht benutzt hast.


    Als Mann der sich an der praktischen wie auch der theoretischen, also wissenschaftlichen Vernunft orientiert, kann ich Rakshor nur vehement ablehnen. Jedes denkende und fühlende Wesen sollte dies tun.


    Ich möchte nicht in einer Welt leben die stirbt, ich möchte in einer Welt sterben die lebt. Und Du wirst das auch tun. Dafür habe ich Dich nicht gerettet. Und dafür habe ich Dich garantiert nicht zurück auf die Welt geholt Dave! Wir kehren um - sofort", befahl Pavo.


    "Wir kehren um?", fragte der Magier erfreut.
    "Natürlich wir! Ich kann Dich eindeutig keinen Meter allein laufen lassen!", ranzte der alte Goblin den Almanen an.


    "Dank Dir", grinste Dave gut gelaunt.
    "Danke sagt er", stöhnte Pavo.


    "Gut machen wir uns an die Arbeit", sagte Pavo.
    "Welche Arbeit?", fragte Dave.


    "Deine zwei Verwandte in entfernte Verwandte verwandeln?", grinste Pavo breit.
    "Ach das", grinste Dave über beide Ohren, "legen wir los".


    "Du schuldest mir was Dave, dass weißt Du", flüsterte Pavo.
    "Mehr als das, ich weiß", flüsterte Dave zurück und knuffte Pavo.

  • Urako erwachte von einem vorbeipolternden Fuhrwerk.
    Er befand sich im Freien, schlotterte, weil er nichts als seinen Lendenschurz und die klatschnassen Fußlappen trug. Seine Haare hingen in offenen, verfilzten Strähnen von seinem Kopf und seine Bartstoppeln pieksten den Oberarm, auf den er seinen Kopf gebettet hatte. Sein eigener Gestank umgab ihn wie eine Dunstglocke. Mühsam setzte er sich auf und tastete nach der Geldkatze, die Dave ihm geschenkt hatte. Sie war leer. Nicht ein einziger Taler war mehr darin. Wo das Geld geblieben war, daran konnte Urako sich nicht mehr erinnern. Er wusste nur noch, dass er in die Kaschemme gegangen war und sich dort betrunken hatte. Der Rest war weg. Weder wusste er, wo sein Geld geblieben war, noch, wie er hier auf die Parkbank gelangt war. Urako setzte sich auf. Vom Morgentau war das Holz nass, genau wie seine wenigen Kleider. Irgendwer musste ihn ausgeraubt haben. Wenn er wirklich für 250 Handelstaler getrunken hätte, wäre er nicht mehr am Leben oder hätte sich im teuersten Edelrestaurant Naridiens befunden. Da konnte er ja von Glück reden, dass man ihn nicht auch noch zusammengeschlagen hatte.


    Er klapperte am ganzen Leib, zog die Füße hoch und rollte sich ein, während er finster über seine Knie starrte. Gern hätte er jetzt eine geraucht, aber er trug nichts bei sich und in seinem ekelerregenden Zustand brauchte er auch niemanden zu fragen. Er sah aus wie der letzte Penner und so fühlte er sich auch. Er wäre gern aufgestanden, aber er wusste nicht, wohin er gehen sollte. Das heißt, eigentlich schon. Nachdem er sein Blut abgegeben hatte, gab es für keine Wahl mehr für ihn. Sein Schicksal und Verderben, das Geisterhaus. Hort seiner Nemesis, Gasmis des Herzlosen. Das Grab seiner Seele und bald würde auch sein Körper vom Dachgebälk hängen oder an beiden Füßen aufgehängt in Pavos Labor ausbluten.


    Er wünschte sich, Gasmi hätte ihm schon vorher die Sache mit seinem Ex erzählt. Aber es war ganz sicher kein Versehen gewesen, dass er diesen Vorschlaghammer verschwiegen hatte, bis Urako nicht mehr aus dem Geisterhaus fortkonnte. Erst hatte Gasmi ihn weich gemacht und ihm dann einen Angelhaken aus Silber durchs Herz gerammt. Und während Urako am Haken zappelte, die Widerhaken sich in sein Herz bohrten und jeder Gedanke an Flucht müßig geworden war, hatte Gasmi genüsslich begonnen, ihm lauter verletzende Dinge zu sagen. Dass er in einem Hornissennest von professionellen Mördern gelandet war. Dass er ihn das gesamte Jahr über belogen hatte. Dass dieser Goblin immer noch ein Platz in seinem Herzen hatte. Und Urako war sicher, dass noch mehr Offenbarungen folgen würden.


    Eigentlich war alles wie immer.


    Urako hatte alle Alarmglocken in seinem Inneren ignoriert und es gewagt, ein wenig Herz zu zeigen und promt die Rechnung erhalten. Wurde er denn niemals schlau? Er wusste doch, wie das funktionierte: Mach sie kaputt, bevor sie dich kaputt machen. So funktionierten Beziehungen. Gasmi war derjenige gewesen, der zuerst zugeschlagen hatte.


    Langsam und ungelenk wie ein alter Mann erhob er sich und trottete zum Geisterhaus zurück. Schwerfällig klopfte er an die Tür.

  • Gasmi betrat die Schreibstube von Dave, aber der Naridier war nicht da. Weit konnte er allerdings nicht sein, denn Fedor sein großer Wolfshund, lag neben dem Schreibtisch und schaute Gasmi mit seinen haselnussbraunen Augen an. Gas musterte das Tier. Fedor war riesig, aber sanftmütig. Und wenn er einen anschaute, dann fühlte man sich stets verstanden.


    Der Düsterling kratzte sich am Kopf. Warum gab es keine Männer, die die gleichen Eigenschaften hatten wie Fedor? Jemand der sich freute ihn zu sehen, jemand der auf ihn wartete, egal wohin er ging und jemand der ihm zuhörte, egal was für einen Unfug er erzählte. Fedor schaute einfach, als wäre das was er sagte, das Wichtigste von der Welt, selbst wenn er nur Belanglosigkeiten von sich gab.


    War er verletzt und musste unten bei Pavo im Labor behandelt werden, dann kam Fedor wie durch Geister-Hand geschickt nach unten und stand ihm bei. Wenn er eine Fleischwunde hatte die genäht werden musste, stand der riesige Hund an seiner Seite. Dann konnte er sich in seinem Fell festhalten, während Pavo ihn zusammenflickte.


    Fedor sagte noch weniger als sein Herrchen während der „Dienstzeit“, was logisch war – denn er sagte nichts. Aber auf seine Art drückte er oft mehr Verständnis aus, als andere. Er war die gute Seele des Hauses. Gasmi grübelte darüber nach, ob er sich auch einen Hund anschaffen sollte. Vielleicht einen ganz kleinen, im Gegensatz zum riesigen Fedor. Einen kleinen Hund konnte er mit auf Arbeit neben, in den Rucksack stecken und zur Not, wenn er stiften ging, konnte man einen Hund zurückrufen.


    Bei seinen Freunden hatte das noch nie geklappt. Da konnte er sich den Mund fusselig reden, es interessierte ja doch keinen was dabei raus kam. Selbst gut gemeinte Ratschläge schlugen seine Kerle in den Wind, oder schenken seinen Einwänden keine Beachtung.


    Manchmal fragte sich Gas, ob die Wahl die Pavo getroffen hatte, nicht doch die bessere war. Von Anfang an auf eine Partnerschaft zu verzichten.


    Zwar verzichtete er damit auch auf alles Schöne, aber das Schöne hatte meist einen gewaltigen Preis. Wenn er allein an die Rechnungen dachte, die ihm Jozo all die Jahre präsentiert hatte, wurde ihm manchmal regelrecht schlecht.


    Zwischen Zuneigung und Hass war bei Jo nur eine minimale Gradwanderung. Er hatte ihn von Herzen geliebt, aber ob Jo ihn je geliebt hatte, dass wusste Gasmi nicht.


    Er hatte es damals immer gehofft, manchmal sogar geglaubt, wenn der Goblin ihm etwas Leckeres vom Dienst mitgebracht hatte, oder sich sorgenvoll um ihn kümmerte. Aber in anderen Momenten schien er ihm so gleichgültig zu sein, wie der Dreck auf der Straße. Es hatte lange gedauert, bis er sich gedanklich von Jo distanziert und dann letztendlich getrennt hatte.


    Und eigentlich war das nur geschehen, weil er dachte Jo lebte nicht mehr. Er war fest davon ausgegangen, dass sein „Butterkeks“ gestorben war.


    Jener verrückte Kerl, den er einst eingefangen und gezähmt hatte. Wobei das war vermutlich genauso eine Illusion, Jo gezähmt zu haben, wie dass Jo ihn geliebt hatte.


    Jo war manchmal geradezu widerwärtig eigensüchtig und dennoch hatte er immer zu ihm gehalten. Auf der anderen Seite konnte Jozo auch so liebevoll, zugänglich und anhänglich sein, dass es einem auch unheimlich wurde.


    Als der Goblin aus seinem Leben verschwunden war, hatte er sich damit abfinden müssen, von Jo getrennt zu sein, egal wie sehr er ihn vermisste. Egal was Jozo manchmal für ein Monstrum war – monströs war auch seine Präsenz, sein Einfluss und seine Macht über Gasmis Leben. Der der weniger liebte, konnte den der alles von Herzen gab immer erpressen. Er hatte ja nichts zu verlieren – gefühlstechnisch.


    Aber gleichgültig was ihr Problem gewesen war, sie wurden auseinander gerissen. Gas hatte sich damit abgefunden, dass Jo nicht mehr existierte. Und irgendwann hatte er sich auch gedanklich von ihm getrennt und war bereit nach jemand neues zu suchen. Jemand den Platz an seiner Seite zu schenken, der eine gewaltig lange Zeit Jo gehört hatte. Länger als die Hälfte von Gasmis Leben, war Jo an seiner Seite gewesen.


    Und dann, gerade als er sich seelisch getrennt hatte, bekam er einen Auftrag in Obenza… und er saß da. Saß als wäre nichts geschehen in einer Taverne und ließ sich ein Bier schmecken. Kein Hallo, kein schön Dich zu sehen, nur eiskalte Augen die ihn verächtlich angestarrt hatten, als wäre er der widerwärtigste Abfall.


    Es war Jozos schuld gewesen, dass passierte was passiert war. Er hatte das Rudel verraten. Er hatte ihn und seine Liebe verraten und dennoch stand er wie ein kleiner Junge vor ihm und bettelte ihn förmlich an wieder beachtet zu werden. Und Jo saß dort auf dem Stuhl in der Taverne wie ein König aufs seinem Thron und schien zu überlegen, ob er der dämliche Düsterling, überhaupt seine Aufmerksamkeit wert war. Zuerst ließ er sich zu einigen Bissigkeiten herab, ehe er doch wieder zugänglich wurde.


    Als Gasmi ihn zuerst in der Taverne sah, da hätte er ihn am liebsten angeschrien. Angebrüllt dafür, was er getan hatte durch seine Dummheit, seine Drogensucht, seine Geldgier.


    Was er zerstört hatte, nur aus reinem Eigennutz, weil ihm andere einmal wieder scheißegal waren.


    Weil es immer nur um ihn selbst ging. Und er hätte ihn am liebsten an den Schultern gepackt und durchgeschüttelt, ihn geohrfeigt oder besser noch windelweich geschlagen dafür, dass er ihn in dem Glauben gelassen hatte, dass er gestorben war.


    Nicht mal eine Botschaft war er ihm wert gewesen. Er hätte ihm die Hand nicht reichen sollen, sondern er hätte sie dem gelben Goblin in die Fresse dreschen sollen zur Begrüßung. Das wäre die richtige Begrüßung gewesen!


    Aber dafür war er wieder einmal zu schwach gewesen.


    Ein Blick von Jo genügte um ihm die Luft rauszulassen. Was immer in diesem Blick lag, Gasmi hatte das Bedürfnis diesen kleinen Bastard zu beschützen und zu betüddeln. Ihm zu sagen, dass alles gut werden würde, dass die ganze Welt nicht so schlecht und mies war wie Jozo behauptete. Dass es auch Leute gab, denen er etwas wert war, die ihn liebten. Personen auf die er sich verlassen konnte.


    Warum eigentlich? Wollte Jozo das überhaupt? Und noch viel wichtiger war doch die Frage – verdiente der gelbe Goblin das überhaupt?


    Er verdiente es nicht im Geringsten!


    Er nahm nur, in widerwärtiger Raffgier und gab nichts zurück. Er saugte die Leute aus wie ein Vampir und ließ sie als vertrocknete Hülle zurück.


    Und genauso hatte er ihn nach diesem Treffen zurückgelassen. Wieder war er ein Häufchen Elend, dass Jozo gehorchte, ohne dass der Kerl auch nur einen einzigen Befehl ausgesprochen hatte.


    Lüg für mich, betrüge für ich, hintergehe andere… nie sprach er es aus, aber Gasmi tat es doch. Folgte dem nonverbalen Befehl, wie eine Marionette ihrem Meister der an ihren Fäden zupfte. Jozo war sein Puppenspieler und er war der Holzkopf, der an Fäden gelenkt wurde. Sie hatten sich nicht wiedergesehen und dennoch war er immer in Gasmis Kopf präsent.


    Doch dann eines Tages, verblasste das Bild und Gasmi fragte sich, warum er eigentlich den Kontakt zu Jo suchen sollte. Wenn Jo etwas von ihm wollte, dann würde er sich melden. Der Goblin meldete sich nicht. Und so versuchte Gasmi sich erneut von Jozo innerlich „scheiden zu lassen“. Und es hatte geklappt. Nun nicht ganz, er schwieg immer noch für ihn.


    Dennoch wollte er den gelben Goblin nicht zurück. Jozo war endgültig zu seinem Ex geworden und so sollte es auch bleiben. Trotz allem was Jo getan hatte, alles was je zwischen ihnen gestanden hatte, Gas wünschte ihm einfach ein glückliches und vor allem ruhiges Leben. Er wünschte Jo nichts Böses, dass konnte Gasmi nicht.


    Gas hatte es geschafft unter die Beziehung einen Schlussstrich zu ziehen. Nur so konnte er nach einem neuen Partner Ausschau halten. Lange Zeit hatte er nicht geglaubt, dass er noch einmal einen Partner finden würde.


    Andere Personen betrachteten Düsterlinge nicht gerade mit Wohlwollen und falls doch, kamen sie selten als Partner in Betracht. Dann noch einen Mann zu finden, der einen männlichen Düsterling suchte, war schon die Suche nach der Nadel im Heuhaufen.


    Und fremde Düsterlinge waren untereinander mindestens misstrauisch, wenn sie sich nicht sogar feindlich gesinnt waren. Sie lebten in Rudeln, sie dachten in Rudeln und wer nicht zum Rudel gehört war ein Feind. Zumindest hatte man ihn misstrauisch im Auge zu behalten. Fast hatte Gasmi beschlossen, die Suche nach einem Vertrauten aufzugeben, als Pavo seinen neuen Gefährten einfach mit in ihr Haus schleppte!


    Was sagte der alte Goblin immer im Scherz zu Dave? Hier klopft keine, oder kommt einfach ins Haus! Du musst schon rausgehen um wen kennenzulernen!


    Das stimmte doch gar nicht! Zwar hatte Urako weder geklopft, noch kam er alleine einfach ins Haus – aber dafür wurde er von Pavo mitgebracht. Ganz so, als hätte irgendwer Gasmis Wunsch erhört und als Bestellung aufgefasst.


    Einmal ein Partner mit einer besonders schönen Farbe für Gasmi. Diesmal was größer und gerne mit Haare. Hier bitteschön, dort einfach unterschreiben – oder schlingen Sie Ihren Schwanz um seinen, was er auch getan hatte. Ein Jahr lang hatte er sich um seinen Puschel gekümmert, hatte ihn gepflegt, behütet und geliebt. Sie passten perfekt zusammen. Sie ergänzten sich, sie waren glücklich und ihr erstes Gemeinsames Beisammensein, war ein gemeinsames Beisammensein. Es war Liebe und keine Forderung nach Erfüllung von Bedürfnissen und Wünschen. Nein es war wirklich Liebe, das hatte er gespürt.


    Und dann konnte er seinen dummen Mund einfach nicht halten. Dass er Puschel die Wahrheit über sich und sein Rudel gestehen musste, das war klar gewesen. Dass war notwendig und vernünftig gewesen. Aber über alles andere hätte er den Mund halten sollen.


    Warum hatte er Jo nur erwähnt? Der Kerl war wie ein Fluch! Sprach man seinen Namen aus, kam das fast einer Beschwörung gleich. Entweder erschien er persönlich wie aus dem Nichts, oder was noch viel perverser war – er musste nicht einmal erscheinen und man verlor was man von Herzen liebte.


    Jo hatte seine Beziehung zu Puschel ruiniert und das nur weil er den Goblin erwähnt hatte! Nun gut – er hätte Jo ja nicht erwähnen müssen, dass hatte er sich selbst auf die Fahne zu schreiben.


    Gasmi hätte sich selbst am liebsten geohrfeigt für seine Dummheit. Jetzt hockte er hier, wartete auf Dave und hoffte auf was?


    Magischen Beistand, bring mir Puschel zurück und mach das er mich liebt?
    Vielleicht konnte Dave sowas sogar. Jemanden beeinflussen konnte er.
    Aber jemanden so beeinflussen das er ihn wieder liebte?


    Zumal selbst wenn, war es keine echte Liebe. Und wenn sie je fallen würde, dann würde Puschel ihn noch mehr hassen und verachten als jetzt schon.


    Was war er überhaupt noch in den Augen für ihn? Ein Mörder – damit hatte sich sein Schatz abgefunden und das als Fast-Büttel. Er blieb ihm zuliebe in einer Organisation, die er in seinem alten Job vermutlich gejagt hätte. Oder die er auf dem Block hingerichtet hätte – sie alle. Aber er war geblieben aus Liebe zu ihm.


    Was hatte Gas da eigentlich erwartet, wenn er da noch einen draufsetzte? Er hätte seinem Schatz auch eine brennende Dynamit-Stange in die Hand drücken können, mit der Bitte sie kurz festzuhalten. Genauso hatte es Urako zerrissen.


    Schuld war eindeutig er selbst. Weder das Schicksal, noch Jozo, noch Urako – er war es gewesen.


    Er hätte ja einfach nur sein verdammtes Maul halten müssen. Immer wenn er alles richtig machen wollte, ging alles total schief. Und wie immer hoffte er, dass Dave oder Pavo eine Lösung parat hatten, das Unmögliche wieder hinzubekommen und das Zerstörte wieder zu kitten.


    Gasmi setzte sich auf den Stuhl auf dem vor wenigen Stunden noch sein Urako gesessen hatte. Er machte sich ganz klein und rollte sich fast darauf zusammen.


    Er wartet eine ganze Weile auf Dave, aber scheinbar hatte der Magier doch das Haus verlassen. Ohne seinen Hund war das schon seltsam. Fedor musterte den zusammengerollten Düsterling, trottete zu ihm rüber und stubste ihn mit seiner feuchten, kalten Nase an. Dann legte er sich unter dem Stuhl ab und hielt lautlos Wache. So wie er es immer tat.


    Es klopfte und Fedor schlug mit seiner donnernden, tiefen Stimme an. Gasmi strich dem großen Hund über den Kopf.


    "Sind wohl alle ausgeflogen. Ich gehe schon", sagte der Düsterling.
    Gemeinsam ging er mit Fedor zur Tür und öffnete sie. Das Herz blieb ihm fast stehen, als er Urako vor der Tür stehen sah!


    "PUSCHEL!", keuchte Gasmi überglücklich, umarmte Urako felsenfest und zerrte ihn ins Haus.

  • Urako hörte schon an der Art der Schritte, dass es Gasmi war, der zu Tür geflitzt kam. Er stellte sich gerade hin, etwas zur Seite gedreht und pulte beiläufig an seiner Schulter herum. Er setzte einen Blick auf, der eine einzige Abwehr war. Und als Gasmi die Tür aufriss, stand er da wie ein Fels, abweisend und unnahbar, verächtlich bis in die letzte Faser. Jedem anderen hätte diese Körperhaltung signalisiert: Bleib fern du Mistkerl! Und so war sie auch gemeint.


    Gasmi sprang ihn an freudig an und umarmte ihn, als ob Urako mit einem Blumenstrauß dagestanden hätte. Umarmte ihn fest und knuddelte ihn.


    Jetzt war der Henker aus dem Konzept.


    Er hatte sich eine Tirade von Vorwürfen zurechtgelegt, schön der Einschlagskraft nach sortiert, erst die vernünftigsten Argumente, die für sein Gegenüber noch argumentativ nachvollziehbar waren und dann für den Moment der totalen Rage die härtesten Kaliber ganz am Ende, die schon gar nichts mehr mit der Wahrheit zu tun hatten und einfach nur dazu gedacht waren, tiefe Wunden zu schlagen. Haltlose Unterstellungen und bösartigste Beleidigungen, Rache für den erlittenen Schmerz, ein Exempel, ein Mahnmal, dass man so nicht mit Urako umzuspringen hatte. Eine Warnung. Wer Wind säte, würde Sturm ernten. Das war die Botschaft. Schlag zu - ich schlage härter. Kränke mich - und ich reiße deine Seele in Stücke.


    Und nun umarmte ihn der kleine Kerl freudig glucksend und machte nicht einmal die winzigste Anstalt, einen Streit anzuzetteln. Keine Vorwürfe, wo Urako gewesen war, nichts. Was jetzt? So was hatte Urako noch nie erlebt.


    Gasmi tat, als gäbe es da nichts. Als gäbe es keinen Grund, böse aufeinander zu sein und als ob sie sich einfach wieder lieb haben sollten. Er zog ihn mit hinein ins Geisterhaus, eine Einladung, den ganzen Mist einfach zu vergessen und nach Hause zu kommen. Verunsichert folgte Urako. Von der Sache her war es ja genau das, was er gewollt hatte - dass Gasmi erkannte, wie wichtig er war. Dass Gasmi ihn behandelte, als sei er sein wertvollstes Hab und Gut, sein externes Herz und dass er fürchterlich bluten würde, wenn er Urako weh tat. Und nun tat er genau das einfach, was er hatte tun sollen - ohne, dass Urako vorher zanken, mit Selbstmord drohen oder sich theatralisch aufschlitzen musste. Ganz ohne sein Exempel.


    Gasmi zog ihn hoch in ihr Zimmer, wo noch immer die halb gepackte Tasche lag. Ihr Zimmer, das sie gemeinsam dekoriert hatten, ihr Bett, in dem sie Nacht für Nacht kuschelten. Urako war noch immer in Streitlaune, doch der Anblick ihres gemeinsamen Lebens und der Zukunft, die er damit gezielt bombardierte, ging ihm an die Nieren und brachte seinen Entschluss, nun Gasmis Seele zu zerreißen, ins wanken. Urako nahm die Häkelmütze in die Hand und ihm wurde anders. Da lag auch noch der warme Pullover, der Ringelschal, die Socken, in denen Gasmi so drollig ausgesehen hatte. Morgen könnte ihre gemeinsame Reise starten. Ihr erster gemeinsamer Flug. Der Beginn ihrer Zukunft als Partner auch im Berufsleben. Wollte er das alles wirklich aufs Spiel setzen? Wegen was eigentlich?


    Obwohl noch immer alles in ihm kochte und brodelte, zog er Gasmi an sich heran und umarmte ihn fest. Er lauschte auf seinen Herzschlag und seinen Atem, spürte seine Körperwärme und dachte an ihre glücklichen Stunden und jene, die noch vor ihm lagen. Langsam wurde er ruhig. Mit größter Willensanstrengung und indem er sich einredete, dass er seine ganzen verletzenden Kommentare auch später noch zum besten geben könnte, gelang es ihm, die Bösartigkeiten herunterzuschlucken.


    "Ich stinke nach dieser Kaschemme", sagte er stattdessen gequetscht. "Beklaut wurde ich auch. Ein Scheißladen. Nie wieder. Ich will baden, dann müssen wir weiter packen. Spätestens morgen will ich aufbrechen. Ich muss hier raus. Hab ein Jahr lang hier gelegen, genug ist genug. Außerdem will ich diesen bescheuerten, arroganten Fatzke Dave nicht mehr sehen." Das war Urakos Art zu fragen, ob sie sich wieder vertragen wollten: Indem er tat, als wäre nichts gewesen und übergangslos zur Normalität überging.

  • Gasmi führte Urako zurück in ihr Quartier. Puschel war außer sich vor Wut, dass spürte er. Aber als er ihn dann umarmte, beruhigte sich Urako langsam wieder. Die Wut war nur zu verständlich. Während sein Schatz sich an ihn drückte, streichelte Gasmi ihm beruhigend den Nacken und den Rücken.


    Urako erzählte ihm davon, dass er nach einer Kaschemme stank und Gasmi konnte ihm innerlich nur Recht geben.


    Puschel stank erbärmlich, aber lieber sollte sein Puschel zum Himmel stinken, als dass er ihn verlor. Was machte schon ein bisschen Gestank aus? So wusste er wenigstens, dass er wieder da war. Und Geruch konnte man einfach abwaschen, alles andere ließ sich nicht so leicht bereinigen.


    Dass sein Schatz beklaut wurde, schmerzte Gasmi. Urako hatte überhaupt kein Geld gehabt, sonst hätte er seine Schulden bei Pavo nicht abarbeiten müssen. Wobei er damit noch nicht einmal angefangen hatte, grinste Gas gedanklich.


    Und jetzt wurde ihm noch sein erster Lohn gestohlen. Schlimmer konnte es kaum kommen. Urako war mal wieder pleite und wem hatte er es zu verdanken? Ihm!
    Gasmi dem dämlichen Düsterling - wie Jo immer sagte.


    Wunderbar. Warum er seinen Freund nicht gleich teerte und federte war die Frage schlechthin.


    Zuerst hatte er ihn einen Hammer nach dem anderen um die Ohren gedonnert, dann hatte er ihm von Jo erzählt und ihn so völlig aus der Fassung gebracht und da Puschel dank des Schocks auch noch stiften ging wurde er sogar letztendlich beklaut.


    Was für ein Rattenschwanz für ein einziges Wort – Jo.


    So langsam aber sicher glaube Gasmi wirklich daran, dass Jozo übersinnliche Kräfte besaß und er Puschel vor ihm beschützen musste. Das hatte dieser verfluchte Tag ja eindeutig bewiesen. Was würde der Kerl mit Puschel wohl anstellen, wenn er zugegen war?


    Gleichgültig. Jozo durfte er keinen Platz mehr in seinen Gedanken gewähren, es sei denn es war ein akuter Notfall und er musste Puschel oder einen der Geister vor Jo beschützen. Ansonsten war das Kapitel Jo abgehakt. Nie wieder wollte er den Namen in der Nähe seines Lieblings aussprechen. Höchstens zur Warnung, aber auch nur dann.


    Gasmi kramte in seiner Truhe herum und entnahm einige kleine Geldsäcke. Einen davon zog er aus Bund heraus und reichte ihn Urako.


    „Für Dich, steck es weg“, sagte er liebevoll und drückte dem Tiefling den Geldsack in die Hand, ehe er die restlichen Säckchen wieder in seine Truhe legte.


    „Es sind glaube ich 200 Taler drin. Es müssen immer 200 Taler in einem Beutel sein“, erklärte der Düsterling und nickte gewichtig, als er über die anderen Wünsche von Urako nachdachte.


    Urakos Meinung über Dave ließ Gasmi einfach so stehen. Er kannte beide Männer mittlerweile gut genug um zu wissen, dass beide wenn sie mies drauf waren, eine Maske trugen.


    Urako verbarg seinen Unmut hinter einer Maske aus Wut, während Dave eine Maske aus Arroganz nutzte. Beide würden sich schon wieder vertragen.


    Ansonsten musste er etwas unternehmen, denn immerhin hatte er ja Puschel zu Dave geschliffen. Noch ein Punkt auf seiner Liste, den er am heutigen Tag verbockt hatte. Es schien einfach kein Ende zu nehmen.


    Gasmi schüttelte sich einmal um seine Gedanken neu zu sortieren und kratzte sich mit seiner Greifschwanzspitze am Kopf und dann nachdenklich an der Wange.


    Was passiert war, konnte er nicht mehr rückgängig machen, egal wie Leid es ihm tat. Allein durch Rumjammerei hatte sich noch keine Situation verbessert und Gas war alles andere als ein Jammerlappen. Er ging Dinge lieber positiv an.


    Also was gab es besseres, als ein reinigendes Bad, ganz so wie es sich Puschel wünschte? Danach würden sie die Tasche packen und aufbrechen.


    Die Reise wäre ihre erste gemeinsame, große Unternehmung und Gasmi freute sich schon tierisch auf die Zeit. Vor allem auf den Flug auf Puschels Rücken.


    Sollten sie alles gut überstehen und davon ging Gasmi aus, würden sie erfolgreich nach Hause zurückkehren und Urako konnte die 750 Taler einstreichen. Dann wäre auch wieder Frieden im Haus und er wäre mit allen Familienmitgliedern wieder versöhnt, dachte sich der kleine Düsterling.


    „Wenn Du magst hole ich Wasser für Deinen Zuber und schrubbe Dich dann schön sauber. Wenn Du sauber bist, kann ich Dir gerne mal unser Schwimmraum zeigen. Kannst darin ein bisschen planschen und Dich erholen, bevor wir aufbrechen. Das lockert schön Deine Muskeln.


    Ich werde ein paar Kerzen hinstellen, dass macht den Schwimmraum schön gemütlich. Sobald Du bereit bist brechen wir auf. Heute Abend oder morgen früh, ganz wie Du magst“, sagte Gasmi und führte Urako nach unten in den Keller zu den Badezubern.


    Er deutete Urako an sich in einen der Zuber zu setzen, während er sich an die Pumpe für das Wasser stellte und einen Eimer an die Pumpen-Nase hing.


    „Puschel wegen vorhin, ich wollte Dir einfach nur sagen, es tut mir leid. Ich wollte Dir nicht wehtun und ich wollte Dich nicht kränken. Das war alles meine Schuld, weil ich unüberlegt gesprochen habe. Das wollte ich gesagt haben.


    Magst Du Salz ins Wasser oder möchtest Du eine Seife? Wir haben beides da. Sogar so Kugeln die sprudeln, die sind toll. Hier guck. Pavo hat sie gemacht“, grinste Gasmi breit und drückte Urako eine „Badebombe“ in die Hand.


    Während Urako sich die Bade-Kugel anschaute, schleppte Gasmi die Wassereimer und füllte den Badezuber für Urako. Als er die Arbeit erledigt hatte, schnappte er sich einen Schwamm und schrubbte Urako damit genüsslich sauber.


    „Magst Du das?“, grinste er breit.

  • "Ja, ich mag das", schnurrte Urako und ließ sich von Gasmi mit dem Schwamm sauberrubbeln. Er räkelte sich, damit er genau dort schrubbelte, wo es gerade angenehm war, streckte die Arme und die Flügel. In der Hand hielt er noch immer die Badekugel. Er hielt sie etwas ins Wasser und als sie anfing zu blubbern, ließ er sie ganz ins Wasser fallen, wo sie zwischen seinen Beinen losschäumte. Es blubberte und krabbelte lustig und obendrein begann das ganze Wasser nach Fichtennadeln zu duften. "Entschuldigung angenommen." Er konnte sich aber nicht verkneifen, noch hinzuzufügen: "Aber wehe, du machst das nochmal!", obwohl Gasmi eigentlich gar nichts gemacht hatte, außer, ihm die Wahrheit zu sagen. Es ging ums Prinzip. Er selber räumte natürlich keinerlei Fehler ein. Er hatte ja auch keine gemacht. Derart zufrieden konnte Urako sich wieder ganz der Gegenwart widmen.


    Gasmi rieb gerade den Schwamm auf seinem Kopf vor und zurück, um seine Haare zu waschen und das duftende Badewasser lief ihm ins Gesicht. Urakos Laune war innerhalb weniger Minuten wieder bestens geworden. Er packte seinen Freund und zerrte ihn angekleidet zu sich in den Zober. Eine riesen Welle grünen Duftwassers schwabbte mit einem lauten Platschen durch den Raum.


    "Wo ist denn euer Schwimmraum?", fragte er, während Gasmi noch blubberte und strampelte. Er griff nach dem Schwamm und rieb seinen Freund ebenfalls sauber, damit der keine Ausrede hatte, ihn nicht in den Schwimmraum, der offenbar nur in bereits gewaschenem Zustand benutzt werden durfte, zu begleiten.

  • Obwohl Urako nach ihrem gemeinsamen Badespaß wunderbar entspannt war, fühlte er sich zu aufgekratzt, um zu schlafen. Er streichelte Gasmi sanft und strich ihm mit den Zähnen über den Nacken, bis dieser eingeschlafen zu sein schien. Warm fühlte sich dessen Körper an, heiß. Urako ertastete die Muskeln unter der glatten Haut. Einmal mehr fragte er sich, womit er seinen Obsidian verdient hatte, gleichzeitig zuckte ein bösartiger Gedanke durch seinen Kopf, der die Gegenfrage stellte, womit Gasmi eigentlich ihn verdient hätte und anklagend mit dem Finger auf die Ereignisse vom Vortag wies. Urako lenkte sich von diesem Gedanken ab, indem er Gasmi weiterhin liebkoste und sich ganz auf den Augenblick konzentrierte. Als sein Freund tief und gleichmäßig atmete, fuhr Urako mit den Fingern dessen schmale Hüfte hinab und dann nach vorn. Er griff sanft zu und presste sich von hinten an ihn. Es ging ihm nicht darum, einen erneuten Akt zu provozieren, er wollte ihn einfach zur Entspannung noch ein wenig befummeln. Das half eigentlich immer gegen unerwünschte Gedanken. Irgendwann war auch Urako eingeschlaffen, die Hand noch immer in Gasmis Schritt.


    Er erwachte, weil irgendein Dämlack draußen im Flur rumlärmte. Die blöden Weiber feixten über irgendwas Bescheuertes und der Köter schlug an, weil sich draußen zwei rivalisierende Katzen vollmauzten. Immerhin stellte Urako fest, dass er bestens erholt war, ganz im Gegensatz zur letzten Nacht. Ja, heute war ein herrlicher Tag! Er packte ganz leise die Tasche fertig, dann schlich er sich davon und ging in die Küche, wo ein Teil der Geister saß und gemeinsam speiste. Irgendwer wünschte ihm übertrieben freundlich guten Morgen, um ihn somit darauf hinzuweisen, dass es hier so üblich sei, aber Urako fragte anstelle der erwarteten Erwiderung: "Wo ist hier der Kaffee?"


    Er ließ sich zeigen, wie man das Zeug zubereitete, das in Naridien ein sehr alltägliches Getränk zu sein schien und von dem Urako vermutete, dass es auch Gasmi schmecken würde. Er lud eine volle Kanne und einen Haufen verschiedener Nahrungsmittel auf ein Tablett mit zwei Henkeln und brachte es Gasmi ans Bett.


    "Guten Morgen, Schwarze Perle", schnurrte Urako und küsste ihn. "Stopf dich voll. Ich will dann gleich aufbrechen. Der Krempel ist gepackt und deine Sachen liegen da auf dem Stuhl bereit. Ach so, ich hoffe, dir schmeckt Kaffee. Ist der Erste, den ich gekocht habe." Er probierte einen Schluck und verzog das Gesicht. "Na ja", grunzte er missbilligend und gab einen großen Löffel Honig dazu.

  • Nach ihrem Gespräch machte sich Pavo umgehend an die Arbeit. Ein Gift herzustellen war für den alten Heiler mittlerweile Routinearbeit. Nachdem der alte Goblin fertig war und Dave einige Sachen zusammengepackt hatte, gingen sie gemeinsam zum Stall. Der Magier sattelte sein Pferd Rulrot, setzte den Goblin aufs Ross, schwang sich dann selbst hinauf und Ritt zum Anwesen seines Bruders.


    „Es braucht nur drei Dinge um alles ins Lot zu bringen", sagte Dave gut gelaunt zu Pavo, während des Ritts.
    "Und die wären?", fragte der Goblin neugierig.


    "Erstens die entfernten Verwandten.
    Zweitens Abschluss der meiner Meisterprüfung.
    Drittens das Erlernen des Zaubers des Essenzentzugs.


    Habe ich die drei Dinge gemeistert, ist unser Leben perfekt Pavo. Aus diesem Grund sind die drei Ziele meine Primärziele, alles andere ist zweitrangig und kann erledigt werden, wenn Zeit keine Rolle mehr für uns spielt. Das heißt, wenn sich bis dato einiges nicht von selbst geklärt hat, oder man noch Interesse daran hat“, erklärte Dave.


    "Punkt eins und zwei packst Du locker. Punkt drei bedeutet genau was Dave, sag schon", grinste der alte Goblin.


    "Punkt drei bedeutet genau dass, was ich gerade erläuterte, dass Zeit für uns keine Rolle mehr spielen wird Pavo. Wenn ich vorsichtig vorgehe, aufmerksam und umsichtig bleibe dann löse ich Dein Problem. Du wirst dann nicht in ein paar Jahren abtreten müssen - ewige Freundschaft wird auf eine neue Ebene gehoben. Alles andere, jedes andere Problemchen ist dann nur noch kalter Kaffee", schmunzelte Dave.


    "Tee! Hör mir auf mit Kaffee. Du sprichst davon den Tod zu besiegen? Du kennst einen Spruch wie das geht?", fragte Pavo ernst.


    "Nein, natürlich nicht. Nicht mal ein Nekromant kennt Sprüche um den Tod zu besiegen, denn sonst wäre er ja automatisch jeder unsterblich, wenn ihn jemand beseitigt hätte. Ein Nekro umgeht ihn, trickst ihn aus… untot ist weder lebendig noch tot, sondern untot.


    Die Essenzübertragung ist ein Spruch ihm nie begegnen zu müssen. Das ist etwas anderes. Wir legen uns nicht mit ihm an, wir vermeiden jeden Kontakt – dass ist wesentlich sicherer und besser. Wobei der Spruch trotzdem nicht ohne ist. Man stiehlt einem Opfer seine Essenz – seine Lebensenergie und fügt sie einer anderen Person hinzu.


    Dabei stiehlt man keine bewusste Zeit Pavo, ich kann nicht sagen – hier hast Du fünf Jahre. Man stiehlt Lebensessenz, Vampire tun dies über den Lebenssaft, dem Blut. Ich würde es direkt aus der Seele abzapfen. Manche Seelen brennen wie Sonnen im Äther, mache sind nicht mal glimmende Stecknadelköpfe. Manche Sonnen verglühen durch ihre eigene Macht, manche Stecknadelköpfe glimmen Ewigkeiten. Es sagt also nichts aus, wie mächtig eine Seele ist – der eine kommt mit wenig Atman aus, der andere hat viel, verschlingt aber auch Unmengen an Energie. Eines ist jedenfalls sicher, nach der Übertragung lebst Du länger als vorher.


    Falls Du am Sterben bist, hält Dich die Übertragung am Leben. Wie wenn jemand verblutet und Du fügst ihm permanent neues Blut hinzu. So musst Du Dir das vorstellen. Das was Ansgar einst für mich leistete. Gewaltiger Spruch, gewaltig gefährlich, aber auch gewaltiges Potential. Dass muss ich erlernen“, erklärte der Magier.


    "Ich dachte damals Dein Bruder hat mich verarscht, ich ging einfach davon aus Du lebst noch weil er Dir Beistand geleistet hat. Weil er Dich dazu brachte zu kämpfen um zu bleiben.


    Völlig egal wie Du es erreichst, das Ergebnis zählt. Endlos Zeit, da regelt allein die Zeit schon vieles für einen. Verstehe dass jetzt nicht falsch – ich liebe Dich", grinste Pavo über beide Ohren.


    "Dito, ich Dich auch. Genau, die Zeit arbeitet für einen. Ich meine wir haben genug Aufträge, warum sollte man den Rest unserer Opfer verkommen lassen? Wir beseitigen die Körper. Warum nicht die Seele abzapfen, dann hat sich das mit dem Körper auch erledigt. Ist vergleichbar mit einer Jagd, man soll nichts verkommen lassen vom erlegten Wildstück, heißt es. Gehandelt wird auch anders.


    Wie gesagt, der Spruch stiehlt Lebensessenz. So hielt mich Ansgar einst am Leben, bis Du den Job übernommen hast und nicht durch Händchenhalten. Ich schulde es Dir Pavo und für mich ist das ja auch recht nützlich", warf Dave grinsend ein, was Pavo losprusten ließ.


    „Ich bitte darum, dass Du den Spruch auch für Dich nutzt. Denn ohne Dich bin ich dann gewaltig aufgeschmissen“, warf der Goblin ein.


    „Du ohne mich, ich ohne Dich? Wann in den letzten zig Jahren? Wir kleben doch ständig zusammen. Wann sind wir je allein unterwegs? Wir überleben gemeinsam oder wir gehen gemeinsam vor die Hunde. Von daher – Ruhe bewahren Pavo“, schmunzelte Dave.


    ****


    Der Magier und der Heiler erreichten das Anwesen von Ansgar, Daves Bruder. Dave stieg ab, half Pavo vom Pferd und umarmte Ansgar zur Begrüßung.


    „Ansgar“, grüßte Pavo freundlich.
    „Pavo“, grüßte Ansgar gut gelaunt zurück.


    "Wie viele Brüder hast Du eigentlich Dave?", flüsterte Pavo.
    "Nur den einen, wieso?", grinste der Almane.
    "Sowas kannst Du mir ruhig mal erzählen und ich frag Dich letztens bei dem Höllenritt noch so dämlich", murrte der Goblin, was Dave losprusten ließ.


    "Ich hab Dich vermisst", schmunzelte Dave seinen Bruder an.
    "Dann komm öfter vorbei, Du bist immer gerne gesehen", antwortete Ansgar grinsend.
    "Sehen das Vater und Großvater auch so?", hakte Dave nach.
    "Davy nach deren Meinung müsstest Du auf dem Anwesen wohnen, Deinen dummen Mund halten, heiraten und so viele Kinder mit Gabe wie möglich zeugen.


    Und nach deren Meinung hätte ich eine Frau mit Gabe heiraten müssen anstatt Finny, wen von beiden schert schon so ein Scheiß wie Gefühle? Die Frau kannst Du Dir ja als Kammerzofe halten. Geheiratet wird Standes- und Gabe gemäß.


    Sieht man ja was bei denen dabei rauskam und zig Generationen davor. Wer starb in der Familie eines natürlichen Todes? Ich kann mich an keinen erinnern, irgendwer hat immer irgendwen entsorgt. Ich dachte mir, ich breche mit der Tradition von meiner Frau und meinen Nachkommen gehasst zu werden und heirate einfach die Frau die ich liebe. Hat doch geklappt.


    Drum so wie Du jetzt lebst, sehen die Dich lieber von hinten, bis Du „vernünftig“ wirst. Du bist ja sozusagen ihre letzte Hoffnung auf ihren familiären Irrsinn, solange Du noch unverheiratet bist, bist Du nicht mit der falschen verheiratet und beeinflussbar.


    Für Großvater hast Du seit dem Sturz von Blakkur nicht mehr alle Tassen im Schrank und ich hab laut seiner Meinung noch nie Tassen besessen.


    Von daher, schere Dich nicht um seine Meinung. Vater sieht es genauso, wäre ja mal etwas Neues, wenn er eine eigene Meinung hätte. Wenn er sich einreden lässt minderwertig zu sein, nur weil er die Gabe nicht besitzt, ist das sein Problem. Dafür müssen wir nicht herhalten. Wir müssen und werden nicht stellvertretend sein Leben leben… aber wir werden es beenden“, grinste Ansgar über beide Ohren.


    "Richtig Ans, Du hast mich schon immer verstanden. Glaub mir, seit dem Sturz von Blakkur sah ich so klar wie noch nie zuvor in meinem Leben, vor allem was die Familie anbelangt. Und Vater hat bei der Bewertung verdammt miserabel abgeschnitten", flüsterte Davard.


    "Er hat sich wie der bornierte Arsch verhalten, der er ist Davy. Nenn das Kind beim Namen Kleiner", grinste Ansgar.
    "Das hast Du gesagt", grinste Dave.
    "Das hab ich ihm sogar ins Gesicht gesagt", grinste Ansgar zurück.


    "Zum Thema entfernte Verwandte. Du bist nach wie vor dabei?“, hakte Dave nach.
    „Natürlich, für Mutter, uns beide und meine Jungs. Logisch bin ich noch dabei. Wir haben viel zu lange gewartet“, antwortete Ansgar.


    „Falls was schief läuft, geht alles auf meine Kappe. Du und Pavo, Ihr hattet damit nichts zu tun. Weder wird er sich als mein Vater aufspielen, noch Du Dich als großer Bruder in Ordnung? Denkt in dem Fall an Euch. Und Du Ans an Deine Jungs und Deine Frau", sagte Dave.


    „Du machst Dir zu viele Gedanken. Weder die Büttel noch die Bürger interessiert es, was unsereins miteinander für Fehden hat. Die halten sich raus, denn die wollen in unsere Familie-Kriege nicht hineingezogen werden. Zudem Dave, das merkt keiner. Das hat noch nie einer gemerkt und falls doch, dann zahlt man den üblichen Obolus, weil ein überalterter Nekro ins Gras biss. Meinst Du wirklich Familien-Interna interessieren wen? Und falls doch, buche ich bei Euch eine Beweis-Bereinigung. Bekomm ich Rabatt?“, schmunzelte Ansgar.
    „Klar – fünf Reinigungen gebucht, die nächste für lau“, grinste Dave.


    „Mal nachzählen, dann wäre diese doch für lau oder? Gleichgültig, Großvater ist nicht von Belang was Erbrecht angeht, da er den gesamten Besitz Vater übereignet hat. Vater schon.


    Damit es zwischen uns zu keinem Zwist oder schlimmer noch zum Bruch kommt, einigen wir uns vorab. Wenn Vater geht, steht mir als Erstgeborener sein gesamter Besitz zu, Du bekommst ein Pflichtanteil. Das möchte ich nicht, drum was möchtest Du vom Besitz erhalten?“, fragte Ansgar.
    „Gleichgültig was?“, hakte Dave nach.


    „Äußere erstmal Deine Wünsche. Im schlimmsten Fall, feilschen wir“, grinste Ansgar.
    „Pavo feilscht für mich“, lachte Dave leise.
    „Der Goblin? Garantiert nicht“, lachte Ansgar.
    „Ob ich überhaupt feilschen will, fragt keiner“, warf Pavo ein.
    „Du tust eh alles für ihn wie er mir sagte, von daher stellst sich die Frage doch gar nicht“, gab Ansgar zurück.
    „Auch wahr. Gut Dave was soll ich für Dich rausschlagen?“, grinste Pavo.


    „Nachtmahr, einige Bücher nach Wahl von Großvater und den Wert des Stadtanwesens samt Scholle in Taler. Das ist es schon“, antwortete Dave freundlich.
    „Dafür brauchen wir nicht feilschen, abgemacht. Es gehört Dir. Ich weiß ja das Du auf Pferde stehst, aber der uralte modrige Gaul hat es Dir richtig angetan was?“, schmunzelte Ansgar.
    „Ich hab Nachtmahr schon immer geliebt, dass weißt Du doch und er ist eine Konstante in meinem Leben“, antwortete Dave ehrlich.


    „Ich hab Dich nur aufgezogen Davy, war nur Spaß. Der alte Kläpper sei Deiner, von Herzen. Wenn Großvater umgezogen ist, wird Vater versuchen sich an mich zu klemmen, um den Alten zurückzuholen.


    Bevor wir Vater beim Umzug helfen, solltest Du ihm sagen dass Du als „Weichei“ seinen Umzug organisiert hast“, gab Ansgar gut gelaunt zurück.
    „Och ja, dass mache ich. Wundervolle Idee, dass freut ihn sicher, zu erfahren dass ich doch nicht so zart besaitet bin, wie er immer befürchtet hatte“, grinste Dave.


    „Eben. Nur sollten wir Vater direkt nach Großvaters Umzug ins Labor verfrachten, sicherheitshalber. Nicht dass er auf dumme Ideen kommt. Ich werde mich umgehend darum kümmern, sobald sich Dein Medicus Großvaters Problem annimmt.


    Sobald Opa im Nexus ist, werden ihm seine Wiedergänger eh nichts mehr nützen, sie geben zeitgleich mit ihm den Löffel ab. Falls er etwas ahnt, werden wir gegen ihn antreten müssen Davy. Wir müssen den alten Sack dann zeitgleich mental mit zwei verschiedenen Angriffen angreifen, sonst haben wir am Ende selbst die Arschkarte gezogen und enden in seiner Gefolgschaft von Wiedergängern“, lachte Ansgar.
    „Der Traum meiner schlaflosen Nächte, der Zombie meines eigenen Opas. Ainuwar stehe uns bei“, stöhnte Dave.


    „Naja selbst wenn er uns in den Nexus pusten sollte, das heißt nicht dass wir da drüben wehrlos wären“, gab Ansgar zurück.
    „Das zwar nicht, aber wir wären tot Ans, da lohnt sich ein Kampf eigentlich nicht mehr“, grinste Dave.


    Ansgar zog fragend eine Augenbraue hoch.


    „Du vergisst die Familien-Mitglieder, die ihm dann hier im Diesseits schutzlos ausgeliefert sind. Zudem schon mal was von Rache gehört? Wenn einer einen meiner Lieben oder mich umbringt, werde ich ihn töten und notfalls mit in den Tod reißen. Dazu zählst auch Du.


    Sicher lohnt sich da noch ein Kampf. Also kann sich der Alte nicht drauf ausruhen, falls er mich erledigt hat. Er hat vielleicht meinen Körper vernichtet, aber solange ich existierte, wird er keine Ruhe mehr finden. Sein Leben wird eine einzige Qual werden und er wird nicht mehr in den Äther wechseln können. Von Schlaf braucht er dann nicht mehr träumen. Er wird dauerwach sein müssen um mir nicht zu begegnen. Wie lange hält man das wohl durch?“, antwortete Ansgar zufrieden.
    „Ein paar Tage vermute ich. Hast Du eine Ahnung Pavo?“, fragte Dave.


    „Dazu müsste man zuerst definieren was Du unter „wach“ verstehst. Gehen wir davon aus, Du meinst einfach keinen Schlaf zu finden. Der Rekord eines Menschen liegt bei 11 Tage.


    Aber das ist extrem schwer durchzuhalten. Normalerweise schafft es eine Person in Extremsituationen wie im Kriegsgefecht drei bis vier Tage am Stück dauerhaft wach zu bleiben.


    Längerer Schlafentzug induziert bei gesunden Probanden neben allerlei veränderten Bewusstseinszuständen auch häufigen "Sekundenschlaf", also kurze Episoden, in denen einen der Schlaf überwältigt, man sozusagen wegknackt. Sowie den teilweisen oder völligen Verlust kognitiver oder motorischer Kontrolle über das Geschehen. Es beginnt mit Wahrnehmungsstörungen, geht weiter über Sekundenschlaf, es folgen Halluzinationen, gegen Ende ist man kaum noch handlungsfähig – hält man die Person weiter wach verstirbt sie. Kontinuierlicher Schlafentzug ist tödlich.


    Allerdings kann Schlafentzug auch hilfreich sein, bei Gemütsstörungen bei Malgorischen Krankheiten hilft es manchen Personen aus ihrem Tief heraus, wenn sie eine Nacht wachgehalten werden. Wie immer macht die Dosis das Gift “, erklärte Pavo freundlich und hilfreich.


    „Da müssten wir abwechselnd eigentlich nur 12 Nächte Radau machen, dass die zwei nicht pennen können und wir wären die los“, lachte Dave was Pavo und Ansgar ebenfalls losprusten ließ.


    „Statt im Wechsel zu Tode gehetzt, wurden sie zu Tode übermüdet? Das sollten wir uns patentieren lassen“, schmunzelte Ansgar.
    „Mal eine andere Frage Ans, ich brauche einen Greifen. Oder etwas anderes das fliegen kann. Wenn wir einen Greifenkadaver besorgen könnten, oder von einem anderen fliegenden Wesen, würdest Du ihn für mich nekrotisieren?“, fragte Dave.
    „Klar, mache ich. Allerdings wäre die Beschaffung eines toten Greifen gefährlich oder sehr kostspielig. Wie wäre es mit Artefaktmagie? Ein verzauberter Flug-Gegenstand“, schlug Ansgar vor.


    „Sprich es ruhig aus! Ein fliegender Teppich – mit Kaffeekannenhalterung“, murrte Pavo, was Dave losprusten ließ.
    „Der Teppich wäre echt eine gute Idee“, grinste Ansgar.
    „Sag nicht Du betest Rakshor an…“, stöhnte Pavo.


    „Er? Garantiert nicht Pavo. Ans ist genau wie Du und ich Anhänger Ainuwars, er hat sogar einen eigenen „Mini-Tempel“ des Ainuwar in seinem Haus. Den kann er Dir gerne einmal zeigen“, warf Dave gut gelaunt ein.
    „Ja gerne!“, freute sich Pavo.


    „Wo wir beim Thema Tausch sind, ich möchte dass Du Anwolf ausbildest. Interesse?“, fragte Ansgar.
    „Gerne, ich nehme ihn unter meine Fittiche. Was genau soll er alles lernen?“, fragte Dave Retour.
    „Alles, auch Euer Geschäft. Er soll in der Lage sein die Familie mit allen Mitteln zu verteidigen“, antwortete Ansgar.
    „Abgemacht, das heißt wenn er dazu bereit ist. Ohne dazugehörigen Willen, wird er nichts lernen“, sagte Dave.


    „Er ist dazu bereit Dave, er hat mich gefragt ob Du ihn weiter ausbildest, sobald Du Deine Prüfung abgelegt hast. Ihn vorher bereits unter Deine Fittiche zu nehmen, schadet ihm garantiert nicht. Und Dir ebenso wenig. Anwolf ist immer bereit zu lernen und garantiert kein Flaneur. Zudem kommt ihr beide doch sehr gut miteinander aus“, gab Ansgar zu bedenken.
    „Ans, ich sagte ich mache es gerne. Wenn er vorher bei uns anfängt, kann er meine Vertretung übernehmen, während ich meine Prüfung in der Akademie ablege. Buchhaltung, Aufträge und so weiter. Dass normale Tagesgeschäft wird er hinbekommen“, schmunzelte Dave.
    „Natürlich, Praxis im Geschäftlichen schadet nicht“, stimmte Ansgar zu.


    „Ist dass der Kurze der bei uns schon mal für ein paar Tage zu Besuch war?“, fragte Pavo neugierig.
    „Richtig, der Mini-Magier“, erklärte Dave.
    „Mini-Magier, dass lass ihn mal nicht hören“, lachte Ansgar.


    ****


    Es dauerte einige Tage, dann hatten Ansgar, Dave und Pavo aus den unliebsamen Verwandten entfernte Verwandte werden lassen. Die Sache wurde auf ihre Familien Art und Weise bereinigt.


    Dave und Pavo ritten gemeinsam mit Anwolf zurück nach Shohiro. Pavo saß bei Dave mit auf Nachtmahr, während Anwolf Rulrot nutzte.


    ****


    "Sobald wir Zuhause sind, werde ich meine Sachen für die Akademie packen.
    Du bist für die Buchhaltung zuständig Anwolf, Du hast das ja schon einmal für mich gemacht. Aufträge kommen von Aino herein. Sie sagt Dir, wem Du sie geben sollst und unter welchen Voraussetzungen. Oder sie hat es schon selbst erledigt, dann musst Du nur noch das Schriftliche erledigen.


    Generell wie gehabt, alle Eingänge ins Buch, alle Fixkosten zur Seite und in Abzug bringen, 2000 zur Sicherheit zur Seite, erst ab dato Auszahlung an die einzelnen Familienmitglieder, damit die Grundkosten gedeckt sind. Dazu zählen auch die Bestellungen von Pavo und Lydia, dass sind Fixkosten für Verbrauchsmaterial. Wunschbestellungen gehen aus dem Gesamttopf - dafür sind die 2000 in Rückhand. Soweit klar?", fragte Dave freundlich.


    "Alles klar, ansonsten schaue ich in die Bücher. Hoch lebe der Vorgang", grinste Anwolf.


    "Genau. Deine Ansprechpartner sind Pavo und Aino. Du machst was sie Dir auftragen. Mache keinen Unsinn während ich weg bin", ermahnte Dave seinen Neffen.


    "Wir Hohenfelde lernen bereits zu schweigen, wenn andere noch lernen zu sprechen Dave.


    Du kannst Dich auf mich verlassen. Wann hab ich Feierabend? Wenn ich alles erledigt habe? Wo wohne ich und darf ich Rulot nutzen?", hakte Anwolf nach.


    "Wohl wahr. Würde ich mich nicht auf Dich verlassen wärst Du nicht hier. Richtig, wenn Du Deine Aufgaben erledigt hast. Wird nicht jeden Tag so sein, dann schreib einen Tag drauf weiter. Die Bücher der Heilstube und Schmiede sind getrennt und aufgerechnet auf die "Nebeneinkünfte" - Du verstehst.


    Du wohnst in meinem Quartier, ich schlafe im Schlafquartier bei Pavo. Du hast also gleich Dein Reich für Dich. Hinterlasse kein Chaos und gehe mit meinen Sachen pfleglich um. Rulot darfst Du nutzen. Um Fedor kümmert sich Pavo. Hab auf beide ein Auge, dass es ihnen gut geht", sagte Dave, was den alten Goblin kopfschüttelnd grinsen ließ, ehe der Magier in Dämonai fortfuhr.


    "Noch einmal, auch wenn ich es Dir bereits erklärt hatte. Das ist weder ein Abenteuer noch ein Spaß. Dieser Beruf ist todernst. Dass ist mein Leben, mein Zuhause und meine Familie. Die Tragweite muss Dir bewusst sein! Versagst Du, verliere ich meine Familie oder bei großer Verfehlung Deinerseits mein Leben... und Du Deins Neffe", erklärte Dave ernst.


    "Aber ihr seid ein Haus und Pavo ist Dein Ziehvater! Pavo würde niemals zulassen, dass Dich irgendwer nur anpackt oder geschweige denn umbringt", antwortete Anwolf ebenfalls auf Dämonai.


    "Sicher es ist meine und nun auch Deine Familie, sie steht Dir immer bei. Aber wendest Du Dich gegen die Familie, wendet sie sich gegen Dich.
    Als Magier hast Du hier einen Sonderstatus, alle Familienmitglieder passen auf Dich auf und tragen Dir den Arsch nach. Dafür musst Du aber im Kampf alles geben, sonst treten sie rein. Dass musst Du begreifen. Sie tun alles für Dich und dass erwarten sie auch von Dir, ebenso ich", antwortete Dave in der gleichen Sprache.


    "Verstanden, mein Wort drauf Dave", schwor Anwolf.
    "Gut, wenn was ist kontaktiere mich. Ich werde mich auch bei Dir melden Pavo, Ehrensache", grinste Dave.
    "Wehe nicht", lachte der Goblin.


    ****


    Dave blieb mit seinem Pferd kurz vor dem Tor zu ihrem Anwesen stehen und musterte die steinerne Mauer. Dann stieg er ab und führte die Pferde auf das Grundstück und schloss das Tor wieder hinter sich.


    Das forderte Stück des Innenhofs war genauso gepflastert wie die Straße draußen. Und das Geisterhaus bestand unten ebenfalls aus gewaltigen Steinen. Ihr Zuhause war ein Bollwerk, so sollte es auch sein.


    Aber irgendwie erinnerte es ihn im Moment an sein altes Zuhause und damit an seine Mutter. Und an seinen Pakt mit Tarkan.


    Daves Blick wanderte nach oben. Kein Blitzschlag riss den Himmel auf, um ihn für den Verrat an seiner einstigen Überzeugung und Religion zu bestrafen. Weder ihn noch Pavo traf die Strafe Ainuwars.


    Nun vielleicht war der Deal gar kein Verrat, sondern seine Untätigkeit all die Jahre vorher. Die Untätigkeit war durch rigoroses Handeln gesühnt worden. Der Rest von Melisandes Reise lag ins Ansgars Hand. Er hatte allerdings weiterhin die Rahmenbedingungen zu erfüllen.


    Dave öffnete die Haustür und Fedor kam ihm mit infernalischem, ohrenbetäubenden Gekläffe entgegengeflogen.


    Der Magier ließ sich wie immer auf die Knie fallen, umarmte seinen Hund und küsste Fedor auf den Kopf, während sein Hund scheinbar das gleiche versuchte nur allerdings auf Hundeart - mit nasser Zunge.


    "Wenn wir mal so begrüßt werden würden", flüsterte Pavo Anwolf zu.
    "Wer so liebevoll begrüßt werden will, braucht einen Hund", flüsterte Anwolf zurück.


    "Ich gehe packen, bis später. Von Dir verabschiede ich mich zum Schluss Pavo, dauert vermutlich am längsten", grinste Dave und war mit den Worten verschwunden.

  • Gasmi küsste Urako liebevoll mit und schaute, was ihm sein Schatz Leckeres mitgebracht hatte. Gas zog die Nase kraus und blinzelte gerührt. Essen hatte ihm noch niemand ans Bett geliefert. Breit grinsend setzte er sich auf und versuchte krampfhaft nicht aufgeregt mit dem Greifschwanz zu peitschen, was er eigentlich immer tat wenn er nervös war oder sich freute.


    Sogar an Kaffee hatte Urako gedacht!


    Als Puschel dann einen Löffel Honig in den Kaffee gab, guckte Gasmi etwas verdattert. Wieso tat Puschel sowas? Nun vielleicht war das seine Art Kaffee zu trinken. Wobei nein, hatte er nicht gerade noch gesagt, dass wäre der erste Kaffee gewesen, den er gebrüht hatte? Gleichgültig, er würde den Kaffee trinken, egal wie er schmecken würde. Immerhin war er mit Liebe gekocht, er konnte nur gut schmecken.


    Gasmi umarmte Urako und drückte ihm fest einen Kuss auf den Mund.


    "Mir hat noch niemand Frühstück ans Bett serviert, noch nie!", rief er verzückt und nahm einen Schluck vom Kaffee.


    Der Kaffee hatte ein ganz besonderes Aroma.
    Er schmeckte wie süßer Torf mit Kleister.


    Gasmi stürzte den Becher in einem Zug auf Ex herunter um Urako nicht zu enttäuschen. Einen Augenblick später sah Urako nur noch Augen von Gasmi, ehe sich der Düsterling wieder gefangen hatte. Gas bereute seine Aktion den Kaffee auf Ex zu trinken direkt als er ihn heruntergestürzt hatte, da der Kaffee frisch gebrüht und folglich sehr heiß war.


    Um seine verbrühte Zunge zu kühlen bis er herzhaft ins Brot und mampfte vor sich hin mit tränenden Augen.


    "Total lecker", lächelte er tapfer.


    "Die Klamotten werde ich gleich anziehen, aber die Mütze setze ich erst draußen auf. Du warst ja schon richtig fleißig Puschel. Wenn ich fertig gegessen habe, können wir sofort starten", grinste Gasmi.


    Dabei dachte der Düsterling darüber nach, ob er während des Fluges seine Zunge zur Kühlung heraushängen lassen konnte, bei der Vorstellung musste er loslachen. Urako konnte ja nicht wissen warum er lachte, drum streichelte er ihm liebevoll über die Haare und küsste ihn.


    "Ich liebe Dich Puschel", flüsterte Gasmi ihm ins Ohr.


    Gas schlang sein Frühstück herunter und machte sich abreisebereit in dem er die von Urako herausgelegten Klamotten anzog. Was ein Luxus. Frühstück ans Bett, Tasche gepackt und dann noch die Kleidung herausgelegt bekommen. Gas musterte Urako erneut, grabschte die Planrolle die sie ausliefern mussten und wartete erwartungsvoll ab.


    "Ich bin soweit Schatz. Das war der schönste Morgen den ich je hatte", freute er sich ein Bein aus.

  • Dave ging nachdem er seine Sachen für die Abreise gepackt hatte zu Seddik. Der große Ork musterte seinen Kumpel grinsend.


    "Wo warst Du? Sag jetzt nicht weg, das war offensichtlich", grinste der Hüne.
    "Hast Du mich vermisst?", hakte Dave gut gelaunt nach.


    "Unser Morgenbier? Sicher. Und dann schleppst Du auch noch Pavo mit. Also entweder nimmst Du Pavo und mich mit, oder Du lässt mir Pavo hier! Du kannst Dir nicht mein Leid vorstellen, als ich mit Aino und Lydia frühstücken musste. Die zwei Süßen verstehen unser Morgenritual nicht. Wo warste? Sag", forderte Seddik den Naridier auf.
    "Bei meinen Verwandten", schmunzelte Dave.


    "Du meinst Zuhause? Dave so sprich doch!", lachte Seddik.
    "Ja doch! Hetz mich nicht. Ich brauche immer paar Minuten um mich wieder dran zu gewöhnen frei und offen reden zu können. Nicht Zuhause Sed! Hier ist mein Zuhause. Gleichgültig - Wortklauberei.
    Pavo und ich haben Vater und Großvater beim Umzug geholfen, die waren schon längst überfällig die beiden Säcke. Jedenfalls brauche ich jetzt Deine Hilfe", grinste Dave.


    "Beim Buddeln?", lachte Seddik.
    "Eher weniger", prustete Dave.


    "Kaum bist Du wieder da, gibt es Aufträge. Das ist ein gutes Omen, Du kommst Heim und wir bekommen Geld", freute sich der Ork.
    "Ich möchte dass Du nach Tunik reist. Dein Kontaktperson ist Sancillo der Goblin. Dein Ziel mit ihm Cara-Cor. Hole den Goblin ab und bring ihn sicher zu den Rakshanern.


    Der Auftrag sollte zuerst an Urako gehen, aber er transportiert einen anderen Part des Auftrags per Luftweg nach Cara-Cor. Da die beiden scheinbar immer noch nicht aufgebrochen sind, warte ein paar Tage mit Aufbruch nach deren Abreise.


    Wie Du reist ist mir gleich. Wenn Du möchtest, kannst Du Nachtmahr nehmen. Du hast völlig freie Hand. Einzig wichtig ist, dass der Gobo sicher bei Tarkan ankommt.


    Die 500 Taler bekommst Du sofort ausgezahlt, da ich heute zur Akademie abreise", erklärte Dave und händigte dem Ork die versprochenen 500 Taler aus.


    "Alles klar. Sobald Urako und Gas abgerückt sind, warte ich einige Tage und mache mich auf dem Weg nach Tunik. Ob ich Nachtmahr nutze, weiß ich noch nicht. Vielleicht ergibt sich ja bis dahin noch etwas anderes. Oder Pavo hat eine Idee. Mach Dir keine Gedanken. Was willst Du auf der Akademie Dave?", fragte Sed.


    "Pavo wirst Du bitte nichts von der Aktion erzählen. Meinen Meisterabschluss machen, dass steht schon seit einer Ewigkeit aus", antwortete Dave.


    "Ich soll Pavo nichts sagen? Ärger im Paradies bei Euch beiden?", grinste der Ork.
    "Nein. Pavo ist schon alt und Du weißt wie er gegenüber Rakshanern eingestellt ist und wie er aufs Chaos reagiert. Ich möchte nicht, dass er sich grundlos aufregt. Für solche Späße ist er zu alt und mir eindeutig zu wichtig. Auftrag ist Auftrag Seddik, egal von wem er kommt. Kann ich mich auf Dich verlassen?", fragte Dave freundlich.


    "Sicher wie immer Dave, Du kannst Dich auf mich verlassen. Deine Sorge ist ja rührend. Pavo soll sich nicht aufregen. Soso. Damit er Dir nicht in den Arsch tritt, oder warum?", flüsterte Sed mit arglistigem Grinsen.


    Dave schaute sich kurz sichernd um, dass nicht Pavo irgendwo in der Nähe stand und nickte dann knapp. Der Magier trat ganz nah an den Ork heran und flüsterte ihm ins Ohr.


    "Ja. Er denkt das ist schon gelaufen. Wenn er erfährt, dass die Sache erst anläuft, kann ich mich warm anziehen. Oder schlimmer noch, er verhindert sie! Aber die Sache muss erledigt werden. Damit sichere ich meiner Mutter ihre Freiheit in Rakshanistan. Schweig, abgemacht?", bat Dave flüsternd.
    "Seine Mutter muss man achten. Ich schweige für Dich", flüsterte Sed ernst zurück.


    "Damit hast Du absolut Recht. Pass auf Dich auf", sagte Dave und drückte Seddik kurz.
    "Du auch. Bleib nicht zu lange weg, sonst falle ich noch vom Fleisch, wenn ich nur Süßkram und Obst frühstücken muss", grinste der Ork.


    "Das wird schon nicht passieren. Pavo bleibt hier und Anwolf gibt meine Vertretung. Du hast also zwei mit denen Du frühstücken kannst Sed. Pass mir auf die beiden auf. Was sag ich, pass auf alle auf, einschließlich Dich. Gedanklich bin ich bei Euch", gab Dave gut gelaunt zurück.


    "Gedanklich bist Du besser dort Dave, sonst wird das nichts mit der Prüfung", prustete der Seddik, was auch Dave loslachen ließ.

  • Gasmi drückte Puschel kurz und musterte ihn dann ernst.


    „Ich glaube ich kann nicht einfach abreisen, ohne jemanden Bescheid gesagt zu haben. Ich habe schon viel zu lange geschwiegen. Und wenn ich nicht hier bin und Seddik vielleicht mit Dave mal das Haus verlässt, dann sind die beiden Frauen alleine hier, falls er jemals zurückkommen sollte um sich zu rächen.


    Weißt Du Puschel, Lydia und Aino sind alles andere als wehrlos. Aber er ist sehr gefährlich. Ich habe Dich nicht angelogen, als ich Dir sagte wie gefährlich er ist. Ich habe ihn ausgebildet, er ist schnell, extrem schnell. Seine Reflexe sind wie die von einer Giftschlange und er benutzt solche Pflaster um sie noch schneller werden zu lassen. Dann kann man ihn kaum aufhalten. Ich weiß, dass er so nur ungefähr fünf Minuten auf voller Leistung kämpfen kann. Aber normalerweise braucht er nicht mal eine Minute um jemanden so zu schaden, dass jede Hilfe zu spät kommt.


    Ich habe ihm nicht alles beigebracht, einfach auch aus Eigenschutz und weil ich irgendwie immer wusste, dass ich ihn vielleicht mal aufhalten muss.


    Schau ich habe Dir die Wahrheit gesagt – ich muss den anderen jetzt auch die Wahrheit sagen. Ich kann sie nicht unwissend und damit schutzlos zurück lassen. Und wenn ich es endlich ausgesprochen habe, dann ist die letzte Lüge für ihn aus meiner Welt. Dann hat er mich nicht mehr in seiner Gewalt.


    Er kann mich nicht mehr erpressen, dass ich für ihn geschwiegen habe. Der einzige der ihn nie gefürchtet hat, war Pavo. Er hat ihn irgendwie klein bekommen.


    Sed empfand ihn als unheimlich, aber er konnte ihn immer aufhalten und einnorden. Jeelen war einst sein Schüler, er hat Respekt vor ihm – vielleicht sogar Angst, aber er ist gut und könnte ihm auch die Stirn bieten.
    Nur leider ist Jeelen nicht hier.


    Drum muss ich das jetzt sagen. Lydia vielleicht nun nicht gerade, aber vielleicht Dave. Er könnte es dann den anderen sagen wenn wir unterwegs sind. Ihnen sozusagen schonend beibringen.


    Dave könnte nach Jo spüren, vielleicht könnten wir einfach nur getrennter Wege gehen. Er würde es verstehen, die anderen wären vermutlich sehr böse auf mich. Wäre ich ja auch. Allen voran Lydia“, sagte Gasmi.


    Der Düsterling drückte Puschel kurz, damit dieser auf ihn wartete und begab sich dann zur Schreibstube des Magiers. Dave war nicht da. Das kam in letzter Zeit wohl häufiger vor, grummelte Gasmi gedanklich. Allerdings fand er den Naridier bei Seddik.


    Gasmi grabschte Dave am Arm und zog ihn mit sich.


    „Ich muss Dich dringend sprechen“, bat der Düsterling und zog Dave hinter sich her.
    „Scheint so. Wenn es mit der Abreise zu tun hat, legt los! Ich bin gleich selbst unterwegs und für einige Zeit weg. Also pass auf Dich auf Gas. Was ist los? Falls Du mich persönlich nicht brauchst, frag Anwolf“, sagte Dave freundlich und knuffte Gasmi.


    Gas schaute zu Dave auf und drückte den Magier auf einmal felsenfest.


    „Ehm… Gas?“, fragte Dave verdattert.
    „Nur Du kannst dabei helfen! Ließ meine Gedanken!“, bat Gasmi flehentlich.
    „In Ordnung“, gab Dave freundlich zurück und schaute Gas ohne zu blinzeln an.


    `Was ist Dein Problem Gas? Was immer es ist, so schlimm kann es nicht sein. Notfalls bleibe ich noch eine Nacht hier´, übermittelte Dave dem Düsterling.


    `ER IST NICHT TOT. ER LEBT´, dachte Gasmi verzweifelt.


    „Wer er? ER? Butterkeks?“, fragte Dave aus Überraschung heraus verbal.
    Gasmi nickte tonlos.


    „Ich habe ihn vor zwei Jahren in Obenza wieder getroffen. Er saß in einer Taverne. Ich wollte nicht dass ihm was geschieht, oder einem von Euch. Er war einst mein Gefährte…


    Aber Du hattest es ja eilig Davy, ich halte Dich nicht länger auf!
    Ich muss auch los!
    Bin schon so gut wie weg!“, flötete Gasmi und wollte sich verdrücken.


    „Langsam!“, gab Dave zurück und hielt Gasmi fest.


    „Was erwartest Du denn jetzt? Das können wir nicht so stehen lassen! Ich versuche das für Dich gerade zu biegen Gas, ich weiß ja warum Du damals geschwiegen hast. Liebe macht blind, an dem Spruch ist was dran", antwortete Dave leise.


    "Ich wollte niemandem schaden. Ich wollte nur, dass er in Frieden leben kann, da wo er jetzt ist. Er ist alt Dave. Er ist fertig. Er ist drogenabhängig und er lebt auf der Straße. Und Du weißt was ich für ihn empfunden habe.


    Ich wollte ihm sogar ein Haus kaufen, damit er wenigstens nicht auf der Straße leben muss. Ich habe beschlossen ihm nicht mehr hinterher zu laufen. Er hat sich nicht mehr gemeldet. Zum Glück, sonst hätte ich jetzt nicht Puschel.
    Aber ich kann ihm trotzdem nichts Böses wünschen.


    Ich wollte Euch, mein Rudel und ihn einfach auseinander halten. Ich wollte beide Seiten voreinander beschützen! Jeder geht seiner Wege, er hat mir einmal viel bedeutet.


    Aber jetzt ist es anders. Und wenn ich Puschel die Wahrheit sage, dann wird es Zeit, dass ich allen die Wahrheit sage. Hilf mir Davy, ich wollte Euch nicht gefährden. Ich wollte niemanden gefährden", flüsterte Gasmi.


    "Das weiß ich doch. Du hättest dem Gelben noch Deine sauer verdienten Ersparnisse in den Allerwertesten gestopft Gas. Man nennt Dich Dämon, obwohl Du Dir solche Gedanken um einen Kerl machst, der Deine Sorge wirklich nicht verdient hat. Was bin ich dann? Oder jeder andere?


    Deshalb wolltest Du auch sein Blut, nicht um ihn über einen Nekro zu befragen, sondern damit ich ihn nicht finde. Du wolltest die letzte Bindung zu ihm kappen.
    Clever. Aber auch töricht von Dir Gas und gefährlich für uns und Urako.


    Wie gesagt, ich kümmere mich drum. Wenn der Gelbe seit zwei Jahren einen Bogen um uns macht aus gutem Grund, wird er es jetzt auch tun. Ich regele dass mit den anderen, aber ich kann Dir nichts versprechen. Deine Sorge sollte ausschließlich Urako gelten. Neues Wissen bedeutet, neue Handlungsweise.


    Ich werde den Gelben auslesen, was in der Zwischenzeit so geschah, sprich von Eurem Wiedersehen bis jetzt. Der Gelbe schläft tagsüber richtig?", fragte Dave.
    "Ja er pennt tags, Du könntest ihn jetzt auslesen. Du hast was bei mir gut Davy", grinste Gas.


    "Quatsch, geschenkt, solange Du Dich an Urako hältst und von dem Gelben fernhältst sind wir beide quitt. Du hast mir auch immer beigestanden.


    Gut dann lese ich den Kerl jetzt aus. Dann schaue ich weiter. Ich bin aber gezwungen einen Sitzung einzuberufen. Es wäre besser, Du wärst dann schon weg - es sei denn Du möchtest mit Lydia persönlich reden", grinste Dave.
    "Nicht nötig. Ruf Jeelen zurück nach Hause. Das wäre sicherer und Lydia freut es. Dann ist sie nicht ganz so sauer auf mich", kicherte Gas verlegen.


    "Gute Idee. Ich werde Jeelen kontaktieren und ihn bitten zurückzukommen. Nur für den Notfall. Und ich werde Sed bitten, erst dann für seinen Auftrag loszuziehen, wenn Jeelen hier eingetroffen ist. Abgemacht Gas?“, fragte Dave.
    „Abgemacht Davy“, freute sich der Düsterling erleichtert.


    Gas drückte Dave noch einmal kurz, ehe er verschwand und zu Urako in ihr gemeinsames Quartier zurückkehrte.


    "Wir sollten so langsam los Puschel. Egal was auch immer passiert, unterwegs oder überhaupt - Du sollst wissen, dass ich Dich liebe. Merk Dir dass gut Puschel, merk es Dir", sagte Gasmi eindringlich.


    Der kleine Düsterling schnappte sich die Tasche, klemmte sich die Rolle unter den Arm und marschierte nach vorsichtshalber schon mal nach draußen. Vor der Tür musterte er den Zen-Stein. Er grabschte das "Ding" und stopfte es in ihre Tasche.


    `Ich schicke Dich in die Wüste! Ha! Und hier hab ich Dich heute in die Wüste geschickt. Es ist aus, ein für alle Male´, freute sich Gasmi und wartete auf Urako.

  • Dave schaute Gasmi hinterher und verharrte einen Moment nachdenklich.


    `Erste Pflicht - Ruhe bewahren. Laut Gasmi lebte Jozo vor zwei Jahren noch. Dies ist nicht gleichbedeutend damit, dass Jozo heute noch lebt. Überprüfen. Sollte er verstorben sein, Stillschweigen für Gas bewahren. Die Sache als erledigt abhaken. Jeelens Rückruf erübrigt sich.


    Sollte Jo noch existieren, überprüfen wo und in welchem Radius er sich die letzten zwei Jahre bewegt und aufgehalten hat. Jeel vorsichtshalber zurückrufen. Danach weitere Vorgehensweise ausrichten´, überlegte Dave analytisch.


    Der Naridier ging zurück zu Seddik.


    "Folge mir Sed, ich muss vor meiner Abreise noch etwas überprüfen. Du gewährst meine und Anwolfs Sicherheit", wies der Magier den Ork freundlich an und begab sich unverzüglich in sein Quartier.


    Anwolf musterte seinen Onkel und den Ork, als sie eintraten. Er war gerade dabei seine Sachen auszuräumen.


    Dave öffnete einen der Schränke und zum Vorschein kam ein Tresor. Der Almane legte seine Hand darauf und auf der Tür glühten kurz einige Runen auf, ehe sich der Tresor öffnete.


    Anwolf versuchte am Kreuz seines Onkels vorbei in den Tresor zu spähen. Dave entnahm eine der Blutphiolen und verschloss den Tresor wieder.


    "Setz Dich mir gegenüber und verbinde Dich mit mir Wolfi", schmunzelte Dave und hockte sich im Schneidersitz auf den Boden. Anwolf tat wie ihm geheißen.


    `Hier bin ich´, teilte Anwolf Dave mental mit.
    `Verbund. Wir suchen eine Person. Jozo Yamanlar. Vermuteter Aufenthaltsort - Obenza. Seine Farben sind mir bekannt, wir suchen ihn über sein Blut, ich teile mit Dir meine Erinnerung. Danach folg mir einfach´, übermittelte Dave seinem Neffen und teilte wie angekündigt seine Erinnerung mit Anwolf.


    Zeitgleich umschlang er Anwolfs Seele mit seinen Seelenfäden und ließ sich in Trance fallen. Im Nexus drückte sich Anwolf an seinen Onkel.


    `Wie findet man jemanden über Gedankenauslesen hier? Kannst Du erspüren wo er ist?´, fragte der junge Magier.


    `So einfach geht das leider nicht. Wenn ich etwas Persönliches von der Person besitze, dann finde ich sie ruck-zuck im Nexus, das ist kein Problem. Ich suche einfach ihre Farben anhand des körpereigenen Stücks, was auch immer - Blut, Haare und so weiter. Wir haben Blut von ihm und mir sind seine Farben bekannt. Dir jetzt ebenso.


    Hab ich die Person im Nexus gefunden, muss ich ihren Körper finden.
    Kurzum es ist die Frage zu klären, wo hält sich die Person auf dieser Welt körperlich auf?


    Wenn die Person schläft, verbindest Du Dich mit ihr – übermittelst aber keine Gedanken, sondern bist einfach völlig still.


    Ein lautloser Beobachter in den Gedanken der Person. Du schaust Dir dann ihre Wahrnehmungen an. Was hat die Person zuletzt gesehen? Was sind die letzten Erinnerungen an die Umwelt, die die Person hatte bevor sie einschlief?


    Dann gehst Du zwei, drei Erinnerungen zurück oder schaust auch in die unterbewussten Erinnerungen und siehst was am häufigsten vorkam.


    Sagen wir die Person sah einige Straßenzüge aus Shohiro, erinnert sich daran. Dann schaust Du rückversichernd auch ins Unterbewusstsein – Du siehst auch einige Straßenzüge aus Shohiro, dann weißt Du anhand der letzten Erinnerungen ungefähr wo die Person sich aufhalten muss.


    Wenn Du Glück hast, siehst Du einen Straßenzug, einen markanten Punkt und Du weißt sehr genau wo die Person ist. Vielleicht war richtete sich der Blick auf ein Tavernenschild?


    Das wäre perfekt. Folgt eine Erinnerung von einem Gemeinschaftsschlafraum oder ähnliches, weißt Du genau wo die Person ist. Sie selbst wird solchen Erinnerungen keinen Wert beimessen, meist werden diese Erinnerungen von Leuten nicht mal bewusst wahrgenommen. Aber für Dich sind die Informationen Gold wert, wenn Du wen aufspüren musst.


    Es ist also nicht einfach – spüren und aha da ist er ja. Sondern verbinden und lesen, herausfinden und filtern… alla zeig mir wo treibst Du Dich rum. So funktioniert das. Und so machen wir das jetzt´, antwortete Dave.


    `Alles klar. Was soll ich genau tun?´, fragte Anwolf aufgeregt.
    `Nichts Wolfi. Einfach zugucken und lernen, ich nehme Dich mit. Locker bleiben´, übermittelte Dave liebenswürdig.


    Der Magier suchte Jozos Farben im Nexus und hatte sie nach einiger Zeit auch gefunden. Lautlos schlich er sich in die Gedanken des gelben Goblins ein.


    Träume waren ein Mix aus tatsächlichen Erinnerungen und deren Verarbeitung. Mehr Information bot dort schon das Unterbewusstsein. Dave ließ sich Zeit und las einiges von Jozos Erinnerungen aus.


    Er sah, dass Jozo die zwei Jahre über in Obenza und Umgebung unterwegs gewesen war. Er sah den Tod von Jozos Schwester, den Tod eines Söldners und den Tod eines Büttels.


    Zwar war vieles verworren und ein Großteil zu deuten, aber da mit den Erinnerungen auch Gefühle mit auszulesen waren, da sie besonders bei dem Tod von Personen geradezu überwältigend an die Oberfläche schwappten, waren die Infos Fakt - auch wenn sie seltsam ausgeschmückt waren mit Bild- und Geräuschkulissen mit denen Dave nichts anfangen konnte.


    Es war Jozo Wahrnehmung der Welt, nicht seine.


    Und eines war 100%ig sicher - Jozo lebte.
    Denn nur lebende Personen träumten.


    Dave zog sich aus Jozos Gedanken zurück und stubste mental Anwolf an. Sein Neffe hatte sich gut geschlagen. Da er ihn quasi huckepack im Nexus dabei hatte, suchte Dave gemeinsam mit Anwolf nach Jeelen.


    `Er schläft auch noch. Praktisch. Jeelen kennst Du noch. Der grüne Goblin mit dem Du öfter rumgehangen hast. Der mit der Narbe. Ihm schicken wir jetzt eine Botschaft. Er soll zurück nach Hause kommen´, erklärte der Magier seinem Neffen und wandte - "Hörst Du mich?" - bei Jeelen an.


    `JEELEN KOMM ZURÜCK NACH HAUSE!
    WIR BRAUCHEN DICH BRUDER!
    WO IMMER DU BIST - MEIDE OBENZA!
    JOZO LEBT!
    UND JO LEBT DORT!
    PADA!´,
    übermittelte Dave als Traumbotschaft.


    Dave verließ auch Jeelens Gedanken, kehrte aus dem Nexus gemeinsam mit Anwolf zurück und löste die Verbindung zu ihm. Der Magier musterte seinen Neffen, der ihn müde aber gut gelaunt angrinste.


    "Alles gut?", fragte Dave ebenfalls grinsend.
    "Muss ich dass wenn Du weg bist alleine machen?", fragte Anwolf.
    "Botschaften versenden - ja. Jemanden suchen, nein. Du schickst mir eine Botschaft. Ich suche und sollte ich die Person finden, schicke ich Dir die Antwort", gab Dave zurück.
    "Das ist praktisch", lachte der junge Naridier.
    "Nicht wahr?", schmunzelte Dave.


    "Seddik, ruf den Kriegsrat zusammen. Ich muss mit Aino und Pavo sprechen. Am besten trommele alle zusammen. Urako und Gasmi nicht, sie reisen ab.
    Zudem habe ich Jeelen zu uns zurück beordert. Du wirst erst zu Deinem Auftrag aufbrechen, wenn Jeelen hier eingetroffen ist", entschied Dave.


    Der große Ork nickte knapp, als Zeichen dass er verstanden hatte und verließ umgehend dass Quartier des Magiers.


    `Dave?´, übermittelte Anwolf.
    `Hm?´, kam die Antwort.
    `Ich mag den Job´, grinste der junge Magier, was auch Dave grinsen ließ.

  • Die Geister fanden sich in ihrem zweiten Keller ein, dem eigentlichen Geisterhaus unter dem Geisterhaus. Zwar war das ganze Geisterhaus sicher vor fremden Ohren, aber hier unten war es absoluter Fakt – es gab nichts und niemanden der sie hier belauschen konnte.


    Im zweiten Keller wurden Aufträge erörtert, Vorschläge unterbreitet, Abstimmungen abgehalten oder auch im schlimmsten Fall, der Kriegsrat einberufen.


    Dies war nun geschehen durch Dave. Er hatte Seddik zu Aino und Pavo geschickt um den Kriegsrat anzuberaumen.


    Die Gruppe saß in ihrem unterirdischen Besprechungsraum. Der Raum war gemütlich eingerichtet, einem Wohnzimmer mit Sesseln gleich. Überwacht wie auch überschattet wurde er vor einer großen Statue in Robe die auf einem Podest etwas über dem Raum emporragte.


    Die Statue spiegelte einen sitzenden Mann wieder, von dem man weder die Hände, die Füße noch das Gesicht sehen konnte. Im Schoß der Statue lagen mehrere Totenschädel. Geschmückt war die Statue mit Kerzen, abgeschnittenen Blumen und anderem Zierrat, so dass es fast den Anschein eines Schreins hatte.


    Genau auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes hockte auf einem steinernen Sockel eine vermummte Assassinen-Statue in Einsatzrüstung, die der Statue in Robe kniend zu huldigen schien.


    Dieser Raum war der sicherste im ganzen Geisterhaus, zudem verbarg er den Fluchttunnel nach draußen in die Stadt.


    Als sich die schwere Tür mit einem dumpfen Grollen schloss und alle Platz genommen hatten, erhob sich Aino.


    „Dave Du hast den Kriegsrat zusammenrufen, damit hast Du sofort das Wort“, sagte die Nardierin ernst.
    „Danke. Um es kurz zu machen, Jozo lebt“, erklärte Dave. Ein kurzes Raunen ging durch die Gruppe, ehe Aino die Hand hob und um Ruhe bat.


    „Woher weißt Du dass und seit wann? Ist die Info gesichert Dave?“, fragte Aino.


    „Das wollte ich gerade erläutern. Die Info ist gesichert, ich habe sie überprüft. Jozo lebt. Der Gelbe hält sich seit zwei Jahren in Obenza auf.


    Gasmi berichtete mir vor wenigen Minuten davon, als er zu einem Auftrag aufbrach. Gas erklärte mir, dass er vor zwei Jahren Jozo bei einem Auftrag in Obenza getroffen hatte. Warum er geschwiegen hat wissen wir alle. Nicht um uns zu schaden, dass würde Gas niemals tun. Sondern um Jo und uns zu schützen – voreinander. Weder wollte er das uns, noch dass Jozo etwas zustößt.


    Nachdem ich die Info erhalten habe, habe ich überprüft, ob Jo überhaupt noch lebt. In zwei Jahren kann viel geschehen und so wie Jo gelebt hat, hätte es durchaus sein können, dass sich die Sache von selbst bereinigt hat. Hat es leider nicht, aus diesem Grund habe ich den Kriegsrat einberufen.
    Zuerst spreche ich mich dafür aus, dass wir Gasmi sein Verschweigen verzeihen. Er tat es aus alter, wenn auch missverstandener Loyalität seinem Ex-Partner gegenüber heraus. Er hat ihn geliebt und dafür sollte er nicht bestraft werden. Zumindest nicht so, als hätte er einen Hochverrat begangen. Wenn Sanktion, dann pekuniär – meiner Meinung nach.


    Dabei vergesse ich selbstverständlich nicht Lydia, was Jozo mit Dir vorhatte und was er Dir angetan hat. Aber das war Jozo und nicht Gasmi, dass dürfen wir hier nicht vergessen.


    Was mich zum nächsten Punkt bringt. Gasmi und Urako haben einen Auftrag und sind somit nicht verfügbar für den Schutz des Hauses. Seddik hat ebenfalls einen Auftrag, somit ist er auch nicht verfügbar für den Schutz des Hauses.
    Ich selbst breche heute Abend zur Akademie auf, das heißt ich falle ebenfalls aus.


    Die Umstände zuzüglich der neuen Info berücksichtigt, habe ich Jeelen nach Hause zurückbeordert. Seddik wird erst dann zu seinem Auftrag aufbrechen, wenn Jeelen eingetroffen ist.


    Wie lange dass in etwa dauert, kann ich nicht genau sagen. Nur soweit, Jeelen befindet sich glücklicherweise bereits in Shohiro. Er müsste folglich innerhalb eines Tages hier sein.


    Sobald wir in voller Mannstärke wieder vereint sind, sollten wir unser weiteres Vorgehen bezüglich Jozo planen“, erklärte Dave.


    „Jozo lebt. Ich hätte ja viel geglaubt und ich weiß von Jeelen und Lydia, dass der Kerl erschossen wurde. Wie kann er das überlebt haben? Lebt er wirklich, oder hat ihn ein Nekro wiederbelebt? Also falls Jo wiederbelebt wurde, sollten wir mal ein ernstes Wort mit diesem Nekromanten sprechen“, sagte Aino.


    „Jozo lebt, er ist quietsch-fidel. Der Gelbe ist weder ein Zombie, noch ein Ghul“, antwortete Dave.


    „Wie kann dieses Miststück das nur überlebt haben? Dass geht doch nicht mit rechten Dingen zu! Danke erstmal dass Du Jeel zurückgerufen hast Davy. Aber Gas kann was erleben, dass schwöre ich! Wenigstens meine Meinung muss er sich anhören! Wie konnte er das nur verschweigen? Jozo hätte hier jederzeit aufschlagen können. Er hätte Gas oder jetzt auch Urako angehen können. Gasmi scheint die Gefahr nicht zu begreifen die von dem Irren ausgeht!“, ereiferte sich Lydia.


    „Nun mal langsam, da muss ich eine Lanze für Gas brechen! Zuerst einmal bleibt das Gefahrenpotential das von Jozo ausgeht das gleiche wie die letzten zwei Jahre über. Der einzige Unterschied ist unser Wissen Lydia. Bis gestern dachten wir er wäre tot. Gefürchtet hast Du ihn nicht mehr und gedacht hast Du vermutlich auch nicht mehr an den Bastard.


    Heute wissen wir dass er noch lebt. Dass wir das wissen, weiß aber Jozo nicht.
    Folglich geht von uns mehr Gefahr für Jozo aus, als von Jozo für uns.


    Bevor Du jetzt fragst, warum ich dann Jeelen zurückgerufen habe, aus dem einfachen Grund Vorsicht. Vorsicht ist keine Feigheit und Dummheit kein Mut. Besser Jeelen ist hier und er wird nicht gebraucht, als umgekehrt“, sagte Dave freundlich.


    „Davy mich freut einfach erstmal dass Jeel zurückkommt. Dass der Grund ihn zu rufen, so ein mieser Grund war, ehr weniger. Keine Ahnung, irgendwie kann ich Gas auch verstehen. Hätte Jeel das gebracht, was sich Jo erlaubt hätte, ich glaube ich hätte ihn auch nicht verpfiffen. Aber Jeel hätte so etwas niemals getan. Und Jo hat doch nicht nur mich verraten. Er hat Euch alle verraten, einschließlich Gasmi. Warum sieht der Düsterling das nicht?“, fragte Lydia.


    „Liebe macht bekanntlich blind Lydia. Egal was ich ihm über Jozo versucht habe zu erklären, er wollte es nicht hören. Und hat er mir zugehört, dann hat er es nicht geglaubt. Seine Ausrede war stets – so ist Jozo nicht. Du kennst ihn nicht. Nur ich kenne ihn wirklich. Glaubt mir, nicht einmal Gasmi kannte auch nur einen Bruchteil dessen, was in Jozos krankem Gehirn vor sich ging.


    Nunja immer noch vor sich geht. Zur Frage ob man einen Kopfschuss überleben kann – eindeutig ja. Das geschieht sogar öfter als man glaubt. Gesund ist so ein Kopfschuss natürlich nicht. Die meisten bleiben zurück als sabbernde Lappen die nur noch vor sich dahin vegetieren.


    Andere überleben so eine Verletzung ohne scheinbar größere Probleme. Inwieweit Jozo wirklich verletzt ist, oder noch mehr den Verstand durch diese Verletzung verloren hat weiß ich nicht.


    Aber ich stimme mit Dave überein. Der Kerl war zwei Jahre nicht hier. Zwei Jahre hat er einen großen Bogen um das Geisterhaus gemacht und sich von uns ferngehalten. Warum sollte er ausgerechnet jetzt hier aufschlagen?


    Gut man könnte meinen, vielleicht beobachtet er uns, wartet auf eine passende Möglichkeit um zuzuschlagen. Das ist aber nicht Jozos Verhaltensweise. Natürlich lauerte er auch seinen Opfern auf. Aber das war bei ihm ehr eine Art Reflex. Er sah jemanden, verfolgte ihn, belauerte ihn und legte ihn dann um.


    Jozo hat nicht die Aufmerksamkeitsspanne um sich Tage-, Wochen- oder sogar Monate lang auf die Lauer zu legen. Denkt einmal ganz in Ruhe darüber nach, wie er sich verhalten hat, als er hier noch lebte.


    Er konnte sich auf keine Aufgabe länger konzentrieren die ihn langweilte. Er hat die Aufmerksamkeitsspanne einer Stubenfliege. Wenn es langweilig wird, bricht er ab. Wie sollte sich Jozo da zwei Jahre auf die Lauer legen? Dass schafft der Kerl geistig nicht.


    Etwas anderes wäre es natürlich, Du wärst ihm versehentlich in Obenza über den Weg gelaufen Lydia. Dann hätte er Deine Spur aufgenommen wie ein Jagdhund. Und er hätte garantiert versucht Dir etwas anzutun.


    Aber bewusst hierher zu kommen, sich auf die Lauer zu legen und Dich dann zu jagen, dass macht er nicht. So hat er noch nie gehandelt. Dann wäre er auch schon längst hier gewesen“, erklärte Pavo Lydia beruhigend.
    „Damit hast Du Recht Pavo. Im schlimmsten Fall haben wir immer noch eine unbedarfte Seele zum Schutz, die Jozo nicht um den Finger wickeln kann. Weder mit Schmeichelei, noch mit Drohungen“, warf Aino ein.


    „Ich glaube kaum dass Anwolf Euch beschützen kann. Jedenfalls Mann gegen Mann hat er keine Chance gegen den gelben Goblin. Er müsste ihn per Magie ausschalten. Nichts für ungut Wolfi“, sagte Seddik grinsend.


    „Ich meinte auch nicht Wolfi, sondern Fedor“, lachte Aino.


    Als der große Wolfshund seinen Namen hörte, hob er kurz den Kopf und schaute seinen Herrn mit seinen treuen, braunen Augen an.


    „Ja nee, dass machst Du. Wenn der Gelbe kommt und die Frauen bedroht, kaust Du ihn auf Notwehr durch“, sagte Dave und kraulte Fedor den Schädel.
    „Auf Notwehr durchgekaut – dass klingt widerwärtig. Aber lustig“, lachte Lydia.


    „Er wird ihn vermutlich nicht nur kauen, sondern in Stücke reißen. Zumal wenn er mit Hirschen und solchen Tieren fertig wird, wenn er erwachsene Menschen reißen kann, dann möchte ich nicht wissen, was Fedor mit einem Goblin anstellen kann“, grübelte Aino.


    „Er verbuddelt sie bestimmt, wie seine gefangenen Mäuschen“, warf Anwolf ein, was die Gruppe losprusten ließ.


    „Danke für den Hinweis. Dave bist Du sicher, dass ich Fedor in Deiner Abwesenheit hüten soll? Ich möchte nicht verbuddelt werden“, flüsterte Pavo.
    „Er kennt und liebt Dich. Zudem greift der Struppige nur an, wenn einer von uns angegriffen wird“, flüsterte Dave zurück.


    „Pavo falls Jozo hier anrückt, kannst Du ja auf Fedor in die Schlacht reiten“, schlug Aino grinsend vor.
    „Das wäre vermutlich sicherer als auf Rulrot“, hielt Pavo grinsend dagegen.


    „Klar, ehe Du auf Rulrot oben bist, ist Jozo tatsächlich tot. Der ist dann an Altersschwäche gestorben“, lachte Seddik.
    „Pah“, antwortete der alte Goblin.


    „Spaß bei Seite und zurück zum ernst der Lage. Jozo lebt. Du hast Jeelen zurückbeordert zu uns. Gasmi, Urako sind bereits aufgebrochen. Du brichst selbst heute Abend auf und Sed wird aufbrechen sobald Jeel hier ist.
    Im Haus sind dann Lydia, Jeel, Wolfi, Pavo und ich. Sollte Jo wirklich herkommen würden wohl schon Jeel und Wolfi zur Abschreckung ausreichen. Jeel für den Nahkampf und Wolfi muss sich eigentlich nur als Magier zu erkennen geben. Da hält der Gelbe Abstand, genau wie bei Dir Pavo.


    Und ob Ihr es glaubt oder nicht, aber Lydia und ich können uns auch selbst verteidigen. Ganz so wehrlos sind wir nicht“, warf Aino ein.


    „Das hat auch niemand behauptet. Und ob Ihr Euch verteidigen könnt oder nicht, spielt keine Rolle. Selbst wenn ich wüsste, dass ihr Jozo kalt macht, würde ich nicht wollen, dass Ihr gegen ihn antreten müsst. Ohne Blessuren wird so ein Kampf nicht ausgehen – bestenfalls. Den Gelben sollte man niemals bis zum Nahkampfbereich aufrücken lassen, wenn man selbst kein Nahkämpfer ist.


    Du, Lydia, Dave, Pavo oder Wolfi ihr solltet den Sicherheitsabstand zu dem Kerl einhalten. Von da aus, könnt Ihr gerne versuchen ihn kalt zu stellen, falls er hier aufschlägt.


    Gasmi, Jeelen und ich sind die einzigen die ihm im Nahkampf wirklich die Stirn bieten können, machen wir uns nichts vor“, sagte Seddik.
    „Das sehe ich auch so“, pflichtete Pavo dem Ork bei.


    „Gut dann verbleiben wir so. Wir sind in Alarmbereitschaft, aber wir handeln noch nicht. Wir warten ab, bis wir wieder alle vollzählig sind.


    Wo wir schon einmal alle bei einander sitzen. Von Haley bekam ich die Info, dass sich auf unseren Straßen ein Aasfresser herumtreibt. Haley berichtete von einem Magier ohne jede Zugehörigkeit, der sich hier um kleinere Geschäfte kümmert um sich über Wasser zu halten. Also haben wir uns um ihn zu kümmern.


    Er könnte durchaus ein lohnendes Objekt zur Rekrutierung sein. Gerade auch im Hinblick auf unsere Mannstärke. Laut Haley handelt es sich bei ihm um einen Alben. Sie vermutet einen Frostalben, da man den Burschen nur nachts antrifft und meist dann nur, wenn es draußen kalt ist. Haley sagte sie hätte mit Dir bereits über den Kerl gesprochen, aber hätte noch keine Rückmeldung erhalten Dave“, sagte Aino.


    „Ja korrekt. Ich wollte mich drum kümmern, sobald ich von der Akademie zurück bin. Den Alben einzufangen und zu rekrutieren wäre doch eine gute Einstandsaufgabe für unseren Welpen Urako“, schlug Dave vor.


    „Teilweise. Vorher möchte ich mit Urako darüber sprechen, ob er sich diese Aufgabe zutraut. Mein Gedanke war, dass Du gemeinsam mit Gasmi die Aufgabe erledigst. Ihr könnt gerne Eure Welpen mitnehmen.


    Aber Urako alleine einen Frostalben jagen zu lassen, gefällt mir nicht. Mit einem Frostalb ist nicht zu spaßen, gerade wenn es sich um einen Magier handelt. Frostalben sind allen anderen Völker gegenüber feindlich gesinnt, soweit ich weiß. Und Alben sind sehr mächtige Magier“, antwortete Aino.


    „Das stimmt, wenn er ein üblicher Vertreter seines Volkes ist, steht er allen anderen Völkern negativ gegenüber. Wenn der Mann wirklich ein Frostalb ist, müssen wir einiges bedenken. Er wird nicht kooperativ sein. Mit ihm wird sehr schwer zu verhandeln sein. Und mit ihm wird sehr schwer auszukommen sein.


    Man kann fragen wen man möchte, wer schon mal das „Vergnügen“ hatte mit einem Frostalb Kontakt haben zu müssen, berichtet nichts Gutes.


    Sie gelten als arrogant, kalt, berechnend und unzuverlässig. Ob er wirklich in unsere Familie passt, wage ich zu bezweifeln. Allerdings müssen wir ihn so oder so von der Straße holen, ehe er zu viel Aufmerksamkeit auf sich lenkt und damit vielleicht sogar auf uns.
    Sobald wir ihn haben, können wir schauen ob eine Rekrutierung möglich ist. Der Mann lebt weit ab seines Volkes, wenn er tatsächlich ein Frostalb ist. Er lebt in Shohiro, was ungewöhnlich genug ist. Vielleicht verhält er sich tatsächlich anders.


    Aber bevor wir nicht mit ihm gesprochen haben, würde ich vom Negativsten ausgehen. Frostalben sind wahre Rassisten. Und das ist keine Übertreibung. Alles was kein Frostalb ist, ist für sie minderwertig.


    Ich wäre auch dafür, dass sich ein Team um ihn kümmert. Zumindest sollte Urako ihn nicht völlig alleine jagen“, sagte Pavo.


    „Gut. Also verbleiben wir so, über Jozo wird bei Rückkehr aller entschieden und der Alb wird nicht allein von Urako gejagt. Wenn es zwischenzeitlich unumgänglich wird den Alb aus dem Verkehr zu ziehen, dann müssen wir vier dass erledigen. Also Lydia, Du Pavo, Wolfi und ich. Hoffen wir, dass der Bursche bis zur Rückkehr von Urako, Gasmi und Dave die Füße stillhält. Wenn sonst keiner mehr etwas vorzubringen hat, erkläre ich die Sitzung für beendet. Und Du mach uns keine Schande in der Akademie Davy“, sagte Aino freundlich und knuffte den Magier.
    „Ich versuch es“, grinste Dave.


    „Dann ist die Sitzung hiermit beendet“, sagte Aino.


    Der Kriegsrat der Geister löste sich auf und jeder ging wieder seiner Tätigkeit nach.
    Dave packte seine Sachen, verabschiedete sich von seinen Leuten und reiste ab zur Akademie.


    Diesmal waren es Pavo, Aino und Lydia die auf der Treppe des Hauses saßen und dem Magier noch einen Moment hinterher starrten, obwohl er bereits nicht mehr zu sehen war.


    „Jozo“, flüsterte Lydia ungläubig und schüttelte den Kopf.

  • Jeelen träumte tief und fest, als sich plötzlich seine Traumwahrnehmung veränderte. Er stand in einem dunklen Raum der so dunkel war, dass er nicht einmal mehr die Hand vor Augen sehen konnte.


    Dass dies kein Traum mehr war, spürte der Goblin sofort. Jeder hätte diesen Umstand sofort wahrgenommen. Etwas Seltsames, Düsteres wie auch Erhabenes haftete dem Ort an.


    Normalerweise sollte er hier nicht sein. Aber er war auch nur für einige Minuten ein Besucher.


    Aus der Dunkelheit schälte sich eine Gestalt, die er so gerade erkennen konnte. Eine schwarze Robe, deren Umrisse in einem geisterhaften Blau leuchteten. Weder das Gesicht in der Kapuze noch etwas anderes ließen optisch darauf schließen wer diese Person war.



    Bitte melde dich an, um diesen Link zu sehen.


    Allerdings spürte der Grüne durch die geistige Berührung und dass übermittelte absolute Wohlwollen um wen es sich handelte.


    Dave.


    Vermutlich konnte er einem auch in einer anderen, weitaus freundlicheren Gestalt erscheinen, denn seine Form war nur ein Abbild seiner Gedanken. Auf der anderen Seite kannte Jeelen den Grund, warum Dave diese Tarnung bei jeder Kommunikation aufrecht erhielt – er war ein Gewohnheitstier.


    Er behielt die Tarnung lieber auch bei Freunden bei, als sie nur einmal bei einem Feind zu vergessen.



    JEELEN KOMM ZURÜCK NACH HAUSE!
    WIR BRAUCHEN DICH BRUDER!
    WO IMMER DU BIST - MEIDE OBENZA!
    JOZO LEBT!
    UND JO LEBT DORT!
    PADA!


    übermittelte der Magier. Die Gestalt wie auch der Raum lösten sich in Rauch auf und ließen Jeelen in seiner Traumwelt zurück.


    ****


    Nach dem Aufwachen brauchte der Goblin einen Moment um sich zu Recht zu finden. Müde strich er sich übers Gesicht, schnappte Pulga vom Kopfkissen und streichelte die kleine Ratte.


    `Jozo lebt. Na wunderbar. Der Kerl ist härter im Nehmen als jede Kakerlake. Die überleben auch alles. Verwundert mich irgendwie nicht. Irgendwer von den Göttern scheint unser Sonnenscheinchen echt ins Herz geschlossen zu haben. Oder wie sagte mal Pavo? Er hat seine Daseinsberechtigung im göttlichen Plan, sonst gäbe es Wesen wie ihn nicht – wir allerdings auch´, stöhnte Jeelen gedanklich.


    ****


    Nachdem sie gemeinsam zum Haus der Geister gewandert waren wurde der Goblin stürmisch von einer rothaarigen Zwergin empfangen.


    Jeel stellte Rosa, Lysa und Sew seine Familie vor. Die Gruppe ließ es sich noch einige Zeit gut gehen, lernten Jeelens Freundin und Familie ein bisschen kennen, jedenfalls jene die zur Zeit vor Ort waren und genossen einige Stunden die Gastfreundschaft der bunten Wohngemeinschaft.


    Anwolf schrieb der Noraka direkt auf, wo Lysa welche Ausbildung erhalten konnte.


    Mit etwas Wehmut verabschiedete sich der Goblin am Abend von seinen Reisebegleitern, da er sie auf ihrer gemeinsamen Reise ins Herz geschlossen hatte. Allen voran Lysa die seine Sucht nach Süßigkeiten teilte.


    Er würde den Schabernack des kleinen Mädchens schmerzlich vermissen. Zeitgleich musterte Jeel aus dem Augenwinkel Anwolf – kurz Wolfi.


    Neuer Schabernack war somit gesichert, verzichten musste er nicht.
    Wolfi würde würdig die Nachfolge von Lysa antreten, was das Scheiße bauen anging.


    Dass wusste Jeelen aus eigener Erfahrung.

  • Bis über beide Ohren verknallt betrachtetet Urako seinen Schatz in den Flugklamotten.
    „Du siehst umwerfend aus, Hase!“
    Leider musste Gasmi noch einmal entschwinden, um sich von den ganzen Saftsäcken im Geisterhaus zu verabschieden. Urako zog einen kaum wahnehmbaren Flunsch, aber verkniff sich irgendwelche Kommentare. Er wartete auf dem Bett und spielte mit seinen Klauen. Dann stand er auf und schlurfte zu Pavo in die Heilstube.


    >>


    Endlich kehrte Gasmi zurück.
    "Wir sollten so langsam los Puschel. Egal was auch immer passiert, unterwegs oder überhaupt - Du sollst wissen, dass ich Dich liebe. Merk Dir dass gut Puschel, merk es Dir."
    Urako blieb der Mund offen stehen. Er zog Gasmi fest an sich und umarmte ihn mit dem ganzen Körper. „Ich liebe dich auch, Gasmi“, sagte er leise und gleich darauf schämte er sich für seine Worte. Er nahm Gasmi bei der Hand und händchenhaltend spazierten sie nach draußen. Draußen löste Urako den Griff, damit niemand sie dumm vollmotzte, doch nachdem sie die Stadt verlassen hatten, fasste er erneut die Hand seines Schatzes.



    Durch Naridien – von Shohiro zu den Roten Bergen


    Das erste Stück ihrer Reise wanderten sie zu Fuß von Shohiro aus nach Norden. Ihr Ziel waren die ersten Ausläufer der Roten Berge. Urako fühlte sich noch nicht kräftig genug, um mit dem Düsterling auf dem Rücken zu starten. Die Reise dauerte ein paar Tage und sie hatten unterwegs das Glück, für ein paar Handelstaler von einem Händler auf dessen Karren mitgenommen zu werden. Sie lagen auf dem Rücken, unter sich weiche Stoffballen und genossen das gleichmäßige Schaukeln, während sie die Wolken betrachten. Urako nutzte die Zeit, um viel mit Gasmi zu kuscheln und einfach dessen Nähe zu genießen. Die Nächte verbrachten sie mit dem Händler im Freien unter einer Plane, die sie über den bepackten Wagen spannten, so dass sich ein Zelt ergab. Am nächsten Morgen wurde sie wieder abgebaut. Da sie mitten in Naridien waren, brauchten sie weder Räuber noch sonstiges Gesindel zu befürchten und die Reise verlief angenehm.



    Die Wanderung hinauf zum Windberg


    Als sie die ersten Ausläufer des Roten Gebirges bestiegen, war das Land auch landschaftlich eindeutig noch Naridien. Vom Händler hatten sie sich verabschiedet und waren zu Fuß weitergezogen. Die zahlreichen Wiesen, die vor allem von Hirten bewirtschaftet wurden, wurden hin und wieder unterbrochen von dichten Mischwäldern, die mit zunehmender Höhe jedoch von Tannen verdrängt wurden. Der Blick hinab war eine Wohltat für das Auge.


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    Der Windberg war der höchste Gipfel Naridiens und heißt so, weil er das Zentrum einer Wetterscheide bildete. Er trennte das subtropische Zentrum vom kühlgemäßigten Süden des Herzlandes. Der Wind riss an Gasmi und Urako, sie hatten Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Schützende Bäume gab es in dieser Höhe nicht mehr. Vom Aufstieg war ihnen warm geworden und sie schwitzten, dennoch spürten sie deutlich, wie eisig es hier pfiff. Urako hatte sich einen Schal wie einen Turban zwischen seinen Hörnern entlanggefädelt, um seine Ohren vor der Kälte zu schützen und zerrte ihn nun von unten auch über Mund und Nase.


    „So, Gasmi. Jetzt erfährst du, warum wir diesen Aufstieg auf uns genommen haben. Siehst du, wie schnell die Wolken hier über den Himmel jagen? Und dass es hier wegen dem Wind keine Bäume mehr gibt? Im Süden, also in Naridien, ist es kühler als in dem Gebiet, was vor uns liegt. Nördlich vom Gebirge wehen die warmen Winde aus der Sundhi, die ungehindert über den Azursee nach Zentralrakshanistan gekommen sind. Darum ist die Steppe warm, genau wie der Matschesumpf Alkena. Alles im Norden ist warm. Außer ganz im Norden, da wirds wieder eisig, aber egal. Hier, wo wir stehen, treffen sich die Winde, darum gibt es hier dauernd Stürme und im Sommer auch viele Gewitter. Heute sieht der Himmel aber gut aus! Fast keine Wolken! Auf so was muss man achten, wenn man in großen Höhen fliegt. Merk dir das. Die starken Luftwirbel der Wetterscheide werden wir für den Flug zu nutzen. Wir haben zwar zu Fuß ein wenig länger gebraucht, aber das werden wir nun wieder wettmachen!“


    Er zog noch einmal Gasmis Mütze und Schal zurecht, damit dieser sich auch ja nicht verkühlte, denn der würde nun vor allem eine Aufgabe haben – stillzuhalten.
    „Steig auf!“
    Dann ging er in die Hocke, damit sein Freund ihm auf den Rücken klettern konnte. Er wartete, bis dieser sich gut positioniert hatte.
    „Bereit? Dann Abflug!“
    Urako stapfte mit Gasmi auf dem Rücken ganz vor zur Kante. Er konnte noch nicht einmal vorsorglich die Flügel ausbreiten, da der extreme Wind sie beide sonst vom Berg gefegt hätte. Er trat mit den Zehenspitzen ganz nach vorn, brüllte „Festhalten!“ und stürzte sich im freien Fall in die Tiefe. Erst jetzt breitete er die Flügel aus, der Wind griff unter seine Membranen und schob sie wieder hinauf in die Höhe. Mit kräftigen Schlägen half Urako nach, bis sie die Berge weit unter sich gelassen hatten. Seine Flügelspitzen berührten sich bei jedem Schwingenschlag unter dem Bauch. Er keuchte schwer und suchte nach einer geeigneten Stelle, um in den Gleitflug über zu gehen.


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    Was jetzt folgte, war ein herrlicher Flug über das Panorama der Roten Berge hinweg. Nur selten schlug Urako mit den Flügeln, um das Gleichgewicht zu halten, wenn Gasmi sich bewegte oder um plötzliche Böen auszugleichen. Die Landschaft sauste nur so unter ihnen dahin, der Wind ließ ihre Kleidung wehen. „Ist das nicht herrlich?“, brüllte Urako, „Ist das geil? Und dafür werden wir auch noch bezahlt!“


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  • Auf den Kommentar, dass er in den Flugklamotten umwerfend aussah, musste Gasmi verlegen grinsen. Normalerweise achtete er nicht darauf, welche Kleidung er trug. Gut diese Kleidung war auch ein sehr schräger Mix, aber Puschel fand sie scheinbar gut, folglich gefielen sie auch Gasmi.


    "Danke für das Kompliment", grinste der Düsterling breit.


    Gas flitzte schnell los um sich von allen zu verabschieden und erklärte Urako dann bei seiner Rückkehr, dass er ihn liebte. Es musste einfach sein. Man wusste nie was in einem Einsatz geschah und er hatte schon seinen Schatz schon so viele miese Sachen sagen müssen, da wollte er ihm das einzig Gute was er ihm zu sagen hatte, nicht vorenthalten. Er sollte es nicht nur spüren, er sollte es hören - er sollte es felsenfest wissen.


    Urako glotzte ihn daraufhin mit offenen Mund an, was Gas grinsen ließ. Der Düsterling legte Puschel einen Finger unters Kinn und schloss dessen Mund und küsste drauf. Urako packte ihn und umarmte ihn felsenfest. Gas schmiegte sich an ihn und genoss die Nähe von seinem Schatz.


    Statt ein Danke, dass er seit Jahrzehnten auf eine Liebeserklärung gewöhnt war, kam ein "Ich liebe Dich auch, Gasmi", was den kleinen Düsterling von Herzen freute.


    Dann zogen sie los. Entgegen Gasmis Vermutung ging die Reise nicht direkt per Luftpost los, sondern sie wanderten. Ihr Ziel waren die Ausläufer der Roten Berge. Zum Glück mussten sie nicht den ganzen Weg laufen, sondern sie konnten auf einen Handelskarren mitreisen.


    Gasmi kam es gar nicht wie ein Auftrag vor, als er so mit Puschel reiste. Sie gingen zu Fuß, genossen jeweils die Gegenwart des anderen und dann fuhren sie gemächlich durch die Gegend und konnten auch diese noch genießen.


    Die Nächte verbrachten sie gemütlich beieinander und lagen sogar noch bequem. Das war eindeutig der beste Auftrag, den er je erhalten hatte. Egal wie viele Taler dabei rausspringen würden. Er war mit Puschel unterwegs, allein dass zählte.


    Gasmi musterte seinen Kerl und fragte sich, ob dass sowas wie ihre Hochzeitsreise war. Ein Auftrag, der im Grunde keiner war. Niemand war umzulegen, sondern sie mussten nur in ein Gebiet reisen und eine Rolle abgeben. Sie beide gemeinsam. Kurzum sie wurden dafür bezahlt unendlich viel Zeit miteinander verbringen zu dürfen.


    Die Behaglichkeit änderte sich schlagartig, als sie den Windberg erreicht hatten. Zwar war ihnen durch die Anstrengungen des Aufstiegs warm, aber das war bedeutungslos. Die Umgebungstemperatur war lausig und der Wind pfiff eisig über das Land, ganz so als wollte er seine Besucher verscheuchen.


    Dass es oben in den Bergen so kalt werden würde, damit hatte der Düsterling nicht gerechnet. Jetzt war er froh drum, dass Urako auf warmer Kleidung bestanden hatte. In seinem Lendenschurz hätte er sich die Klöten abgefroren.


    „So, Gasmi. Jetzt erfährst du, warum wir diesen Aufstieg auf uns genommen haben. Siehst du, wie schnell die Wolken hier über den Himmel jagen? Und dass es hier wegen dem Wind keine Bäume mehr gibt? Im Süden, also in Naridien, ist es kühler als in dem Gebiet, was vor uns liegt. Nördlich vom Gebirge wehen die warmen Winde aus der Sundhi, die ungehindert über den Azursee nach Zentralrakshanistan gekommen sind. Darum ist die Steppe warm, genau wie der Matschesumpf Alkena. Alles im Norden ist warm. Außer ganz im Norden, da wirds wieder eisig, aber egal. Hier, wo wir stehen, treffen sich die Winde, darum gibt es hier dauernd Stürme und im Sommer auch viele Gewitter. Heute sieht der Himmel aber gut aus! Fast keine Wolken! Auf so was muss man achten, wenn man in großen Höhen fliegt. Merk dir das. Die starken Luftwirbel der Wetterscheide werden wir für den Flug zu nutzen. Wir haben zwar zu Fuß ein wenig länger gebraucht, aber das werden wir nun wieder wettmachen!“, erklärte ihm Urako.


    Gasmi starrte den Tiefling staunend an.
    Wie klug Puschel war!


    Solche Dinge wusste Gas nicht, er verstand auch nur die Hälfte von dem was sein Puschel ihm versuchte zu erklären, aber er fragte nicht nach da er sich schämte.


    Jo hatte ihm oft genug aufs Brot geschmiert wie dumm er war, da er weder lesen noch schreiben konnte. Davon dass er selber weder lesen noch schreiben konnte, als er bei den Geistern aufgenommen wurde - davon sprach Jozo natürlich nicht.


    Aber Urako war nicht Jo und würde ihn vielleicht nicht für dumm verkaufen.
    Gas kratzte sich nervös am Kopf.


    Nein, dass er das nicht kapierte, würde er Urako nicht gestehen. Die Sache war Puschel wichtig, wenn er sich jetzt dumm anstellte, würde ihn der Tiefling vielleicht zur Schnecke machen oder schlimmer noch sich von ihm trennen, weil er ein Idiot war.


    Wer wollte schon einen Idioten als Partner oder als Ausbilder!
    Niemand!


    Gasmi lächelte und versuchte das schlauste Gesicht aufzusetzen zu dem er fähig war.


    Er beschloss irgendwo in Erfahrung zu bringen, was es mit den Luftwirbeln und Wetterscheiden auf sich hatte. Bei dem Wort musste er sich ein Kichern verkneifen.


    Er durfte jetzt nicht kichern!
    Er musste seriös und wissend aussehen.


    Also beschränkte er sich darauf so weise er konnte zu nicken und Puschel zu küssen. Dabei brach ihm der Schweiß aus jeder Hautpore aus.


    Es wirkte!
    Puschel war zufrieden!
    Das war das einzige was zählte.


    Schon befahl ihm sein Schatz aufzusteigen, nachdem er ihm sogar fürsorglich den Schal und die Mütze zurecht gezogen hatte. Gasmi blinzelte gerührt eine Träne weg. Puschel war einfach süß.


    Wie befohlen kletterte Gasmi auf Puschels Rücken und klammerte sich an Urako fest. Aber anstatt seine Flügel auszubreiten und loszufliegen, wanderte Puschel an den Rand des Abgrunds. Je näher er an die Kante lief, je fester gruben sich Gasmis Krallen in Puschels Fleisch. Gasmis Herz hämmerte gegen seinen Brustkorb bei dem Anblick der gähnenden Tiefe.

    "Festhalten", befahl Puschel noch und ehe Gas eine Chance auf eine Erwiderung hatte, stürzte sich Urako mit ihm in die Tiefe!


    Vor Panik schlang Gasmi Urako seinen Greifschwanz felsenfest um den Bauch, presste sich auf dessen Rücken und grub ihm die Krallen in die Schultern. Wie ein Stein stürzten sie in die Tiefe, Gas befürchtete für einen Moment dass sie sterben würden, weil Puschel vergessen hatte die Flügel zu öffnen. Wimmernd hielt er sich an seinem Schatz fest. Die Zähne bekam er für den Hinweis nicht mal mehr auseinander.


    Aber just in dem Moment breitete Puschel seine Schwingen aus. Der Wind fing sie irgendwie auf, was Gas nicht erklären konnte und seine Angst verflog. Er richtete sich ein klein wenig auf Puschel auf und schaute nach unten.


    Was ein Ausblick! Warum sein Schatz so eine Angst gehabt hatte, anstatt das Gesicht die Flügel zu verlieren, verstand Gasmi schlagartig. Vorsichtig ließ er mit einer Hand los und streichelte Urako über den Rücken, als Zeichen, dass alles gut war.


    „Ist das nicht herrlich?“, brüllte Urako, „Ist das geil? Und dafür werden wir auch noch bezahlt!“


    Gasmi konnte nur zustimmend nicken. Da Puschel dass natürlich nicht sah, da er am Hinterkopf keine Augen hatte, brüllte Gasmi eine Antwort zurück.


    "Das Schönste und Außergewöhnlichste was ich je gesehen habe!", rief Gasmi verzückt.


    Gasmi hatte gedacht dass es oben am Himmel totenstill wäre. Aber das stimmte nicht. Der Wind peitschte. Er dröhnte in seinen Ohren. Das Geräusch von Puschels schlagenden Flügeln war verwunderlich.


    Mal glitt er ein Stück durch die Luft, dann schlug er wieder mit den Flügeln. Während Gasmi die Flügel von Puschel beobachtet hatte, ging der Tiefling in einen Gleitflug über.


    Ob sich so auch die Reiter von Greifen fühlten?
    Ob sie auch das erste Mal so eine Angst hatten wie er?
    Oder wie sich Greife wohl selbst fühlten?


    Ob Puschel selber auch Angst gehabt hatte, bevor er das erste Mal losgeflogen war? Alles Fragen die Gasmi durch den Kopf schossen und die er Puschel nach der Landung stellen wollte.

    Gasmi hielt nach der Flugroute Ausschau, aber der Fahrtwind machte ihn fast blind. Ihm war lausig kalt, aber die Kälte war nichts im Vergleich zu dem Hochgefühl, dass der Flug auf seinem Schatz bei ihm auslöste.


    Puschel schien weder zu frieren noch Probleme damit zu haben gut zu sehen. Was für einen Flieger scheinbar normal war, dachte Gasmi.


    Gas drückt sich fester an Urako um sich an ihm zu wärmen, während die Landschaft unter ihnen vorbeiraste.

    "Das ist so... ich weiß kein Wort!
    Flieg schneller",
    feuerte Gasmi Puschel an.

  • Der gemeinsame Flug war ein Erlebnis, das Urako bis an sein Lebensende nicht vergessen sollte.


    Viel zu schnell machte sich Gasmis Gewicht auf seinem Rücken bemerkbar und das Jahr seines Siechtums, dass seine Kraft aufgezehrt hatte. Er überlegte, ob sie auf einem Gipfel rasten sollten, wo es sicher war, aber schweinekalt, oder ob sie lieber im Tal nach einem Unterschlupf ausschau halten sollten, wo sie weniger der Witterung ausgesetzt waren, es aber andererseits möglicher Weise auch Gesindel gab. Andererseits - wer sollte sie so tief im Herzen der Roten Berge belästigen? Das hier war Hochgebirge. Nicht so brutal wie Rakshors Zähne, das höchste Gebirge Tasmerons überhaupt, aber aureichend, um mit allen Unbillen aufzuwarten, die ein Hochgebirge zu bieten hatte, inklusive gletschervereister Gipfel und völlig unvorhersehbaren Wetterumschwüngen, die innerhalb kürzester Zeit stattfanden und denen man daher nicht entkommen konnte. Aber wie sollten sie hier auf die Schnelle eine Höhle finden?


    Da hatte Urako einen Geistesblitz. Er suchte sich einen schön zerklüfteten Gletscher aus. Wie eine riesige weiße Zunge lag er da zwischen zwei Falsformationen und wurde von seinem Eigengewicht ins Tal gezogen. Gasmi konnte hervorragend klettern und seine scharfen Klauen wie Eispickel einsetzen und er selbst konnte fliegen. Warum also nicht in einer Spalte rasten? Er suchte sich eine der blauen Schluchten aus, die breit genug war, als dass er mit seinen Flügeln genügend Raum hatte und tauchte ein. Schlagartig wurde es blau und kalt. Die Geräusche der Natur waren mit einem Mal wie abgeschnitten. Er landete auf einem Vorsprung. Als er nach oben blickte sah er weit über ihnen einen dünnen hellen Spalt. Der Gletscher war dicker, als er gedacht hatte und die Spalten bildeten ein Labyrinth. Für einen Frostalb wäre das hier ein luxuriöser Eispalast.


    "Wollen wir hier bleiben, Hase?", fragte Urako. "Sieht doch eigentlich ganz gemütlich aus und vielleicht gefallen dir ja hier die ganzen Höhlen und Gänge."


    Ihm lief der Schweiß in Strömen vom Hals und sein Herz schlug heftig. Es war jedoch nicht nur die Anstrengung, sondern auch die Nervosität. Er hatte ein Jahr lang fast nur in einem einzigen Zimmer verbracht und jetzt war er gleich in so ein großes Abenteuer hineingestolpert. Irgendwo in den Gängen grollte und hallte es. Entweder bewegte sich der Gletscher oder jemand oder etwas hatte ihre Anwesenheit bemerkt. Müde setzte er sich auf den Rucksack.

  • Puschel flog mit ihm in eine der eisigen, blauen Schluchten hinein. Die Geräusche der Welt blieben hinter ihnen zurück und urplötzlich, waren sie in ihrer eigenen saphirfarbenen Welt.


    Puschel landete und Gasmi musterte staunend die Umgebung. Für den Düsterling sah es so aus, als wären sie in einem Edelstein gelandet.


    "Wollen wir hier bleiben, Hase? Sieht doch eigentlich ganz gemütlich aus und vielleicht gefallen dir ja hier die ganzen Höhlen und Gänge", sagte Puschel.


    Gasmi starrte ihn begeistert an.


    "Sowas habe ich noch nie gesehen. Es ist traumhaft in dieser Eishöhle. Du bist der Beste Puschel. Du bist nicht nur klug, gebildet und schön, Du bist auch romantisch. Also ich würde sagen wir übernachten und lieben uns hier. Noch niemals hat sich jemand in einem Edelstein geliebt. Wir sind die Ersten", grinste Gasmi über beide Ohren.


    Als der das seltsame Geräusch aus dem Gletscher vernahm, spitzte er die Ohren. Puschel sah müde und abgekämpft aus. So hockte er nun auf seinem Rucksack und versuchte wieder zu Kräften zu kommen.


    "Bleib hier Puschel, ich schaue nach, was da so seltsame Geräusche macht. Ruhe Dich aus und tanke neue Kraft. Wenn es gefährlich ist, werde ich Dich warnen, oder es töten. Dann haben wir was zum Essen", lachte Gasmi leise.


    Der Düsterling küsste Puschel fest auf den Mund, dann schlich er langsam tiefer in den Gletscher hinein.