"Die Fragen sind berechtigt Richter Crespo. Vielleicht kann Valerian sie uns beantworten. Nachdem er getrunken hat", gab Korpuuk zurück und machte mit der Waffe eine auffordernde Geste.
Der dritte Richter packte Miles an der Schulter und hielt ihn mit aller Kraft fest.
"Ich trinke freiwillig Gabin", sagte Valerian und nahm Mischal das Glas ab, dabei ließ Mischal Miles keine Sekunde aus den Augen.
Valerian kippte den Inhalt mit einem Zug herunter. Die Gruppe wartete gute 20 Minuten ab, in der Zeit hätte man eine Stecknadel fallen hören.
"Die Zeit ist um, er wird antworten", warf Mischal hilfreich ein.
"Also wir hören, aus welchem Grund ist das Genom dieser Bluthexer so wichtig. Und wo liegt ihre Schwachstelle?", fragte Gabin.
"Auf den Punkt gebracht - Gesundheit, dass ist der ultimative Wert des Bluthexergenoms für Souvagne. Alle Personen die dem heutigen Volk der Souvagner angehören, sind bereits GMOs, genetisch modifizierte Organismen. Bei den Subjekten handelt es sich nicht mehr um Almanen. Sie sind genetisch bewusst soweit von der menschlichen Spezies entfernt worden, so dass Menschen und Souvagner nicht mehr kompatibel sind. Kurzum ein Naridier und eine Souvagnerin könnten auf natürlichem Wege keine Nachkommen mehr zeugen. Sie haben Infertilität geschaffen um ihr Volk abzuschotten.
Diese Abschottung wird die genetische Mauer genannt und wurde im Jahre 800 durch Dekret von Duc Aleron Arachet de Souvagne erlassen. Kurz heißt es - die Genetische Veränderung.... Erbgut der Souvagner, Forschungsbeginn 800 n.d.A. Kein Souvagner war nach der genetischen Modifikation mehr mit einem Fremdvolk kompatibel. Souvagner können sich nur noch untereinander vermehren. Das war das Ziel des damaligen Duc. Jenem Duc, der auch die Ledwicker ins Meer treiben ließ von seinen persönlichen GMOs, den Souvrakasiern.
Anmerken muss ich, dass der Begriff Souvagner oder Souvagnerin irreführend ist. Alle Souvagnischen Subjekte sind genetische Zwitter, sie werden allerdings nicht als vollständig ausgebildete Hermaphroditen geboren, sondern haben eine männliche oder weibliche Ausprägung. Der heutige Duc de Souvagne ist also genetisch gesehen weder Mann noch Frau, er ist beides.
Grund hierfür ist wie gesagt das Dekrekt von Duc Aleron de Souvagne im Jahr 800 n.d.A., der erste Zwitter auf dem Thron war somit sein Nachfolger und zwar Duc Adrien Xavier de Souvagne.
Der seinerseits natürlich ebenfalls eine Mauer schuf und zwar die mentale Mauer, eigentlich eine kybernetische Mauer... Kybernetische Veränderung der Souvagner, Forschungsbeginn 909 n.d.A. Die mentale Mauer besteht aus Hightech, aus einem Interkom. Souvagner sprechen untereinander größtenteils nur noch über diese implantierte Hochtechnologie, allen voran wenn Fremdländer zugegen sind. Die Gespräche sind ähnlich mentaler, magischer Kommunikation lautlos und abhörsicher.
Zurück zum Genom. Nicht alle Souvagner sind Zwitter. Die Ausnahme bilden hier die Bluthexer. Laut den mir vorliegenden Informationen handelt es sich bei ihnen ebenfalls um GMOs. Allerdings ist ihr genetischer Aufbau, kurzum ihre Struktur eine völlig andere.
In Kurzfassung, Bluthexer besitzen als Genotypen YY-Genom und sind infertil. Erscheinungsbild männlicher Souvagner, helle bis albinotische Haut, Blutgruppe C, Vermehrung nur noch durch In-vitro-Fertilisation möglich.
Im Gegensatz zu ihren zwittrigen Mitsouvagnern, sind sie männlicher als jeder natürliche Mann. Sie zeichnen sich durch eine excellente Gesundheit aus und sind sehr robust.
Die zwittrigen Souvagner hingegen sind es nicht. Es lag an der Zellteilung, kurzum sie wollten den "Marker 52" knacken. Niemand betrügt die gute alte Mathematik.
Ihr Problem hat einen Namen Zellaktivator. Gene die die Zellen aktivieren, sich öfter als 52 mal zu teilen. Zur Info... 52 Mal kann sich eine Zelle regenerieren, bevor sie abstirbt. Ab dato beginnt die Alterung, der Verfall eines menschlichen Subjekts. Somit ist die höchstmögliche Lebensdauer der menschlichen Spezies auf ein Maximum von 120 Jahre genetisch beschränkt.
Die Souvagner haben über Zellaktivatoren diese Grenze aufgehoben. Die Zellteilung regeneriert sich stetig und stellt nicht die Wiederherstellung nach 52 Teilungen ein. Im Labor schenkte die erste Anpassung eine fast doppelte Lebensspanne von 200 Jahren. Umgerechnet anhand der Zellproben.
Sie hoben die "Grenze 52" auf um Langlebigkeit zu erlangen. 200 bis 300 Lebensjahre bei voller Gesundheit das war das Ziel der Souvagner. Nicht wissend oder sehen wollend, was sie damit wirklich ausgelöst haben. Mit Aufhebung der Grenze 52 erreichten sie keine Langlebigkeit, sie verkürzten ihre Lebensspanne drastisch auf unter 50 Jahre.
Zeitgleich suchten sie dafür die Wucherungen heim. Weshalb?
Nun ein alter Spruch erklärt es... sei vorsichtig mit dem was Du Dir wünscht... es könnte sein... es geht in Erfüllung.
Sie wollten doch, dass die Zellen beständig wachsen, und die Zellen taten es... welche Zelle ist so gut wie "unsterblich" und wächst ständig?
Krebs.
Sie haben den Fehler nie bei Grenze 52 gesehen, bis ein Marian oder war es ein Ledvicco... nun es ist gleich ihnen erläuterte weshalb Haie gegen Krebs immun sind. Der Preis den die Souvagner dafür bezahlt haben aus dem Gen-Labor Unsterblichkeit zu erlangen, war der Tod...
Die Lebensspanne über den Marker 52 zu heben ist nur möglich, indem man das menschliche Genom mit dem Genom einer Fremdspezies... sage ich mal einfach... mischt. Wo wir im Bereich der GMOs und Chimären wären. Das nur zur Erläuterung. Die Subjekte der Herma-Souvagner sind also hoch krankheitsanfällig. Jene die nun von der genetischen Anpassung profitieren sicher nicht mehr derart, vermutlich wurden auch ältere Subjekte über Vektorenviren mit dem neuen genetischen Anpassungen versehen, aber sie sind immer noch hochempfindlich.
Die Bluthexer hingegen haben niemals den Marker 52 angerührt. Sie sind derart gesund, dass es den anderen Souvagnern vermutlich den Neid in die Hirnwindungen treibt. Welche Region... lasse ich der Einfachheit halber aus...
Und genau darin liegt der unermessliche Wert ihres Genoms... Gesundheit...
Sie werden wie Heilige verehrt und dieser Umstand trägt sicher dazu bei", erläuerte Valerian, während Miles ihn flehentlich anschaute.
Wittelspitz hoffte Gabin und die Anwesenden bekamen kein Knoten im Hirn und erschossen Valerian allein schon deshalb. Val unter ein Wahrheitsserum zu setzen und über Genetik auszufragen, war vielleicht nicht gerade das klügste Unterfangen. Auf der anderen Seite wussten alle nun, dass er nicht log. Er konnte es nicht mehr.
"Nun zur Schwachstelle.
Es ist nicht die Natur die die Bluthexer besser oder schlechter macht, als die Natürlichen, es ist ihre Grundeinstellung. Wer glaubt, dass ein Bluthexer frei im Geist ist, irrt. Ein Tuteur wurde bewusst in Parametern geschaffen, er handelt seiner Natur entsprechend. Niemand beschwert sich dass ein Jagdhund jagt oder? Die Bluthexer hingegen eichen sich selbst, von der ersten bis zur letzten Lebensminute leben sie den Orden, leben sie den Konsenz. Mit dem Orden oder gar nicht, ist das Motto. Für mein Dafürhalten ist jeder Bluthexer unfreier im Geist als es ein Tuteur sein könnte. Er lebt eine Gehirnwäsche, er lebt Schwarmdenken. Es ist verwunderlich, dass sie überhaupt noch in Einzelpersonen denken und sich Namen geben.
In Staatsgeschäften gedacht, wird eine Verhandlung mit diesem "Schwarm" kaum noch möglich sein. Ich würde sie mit Raubameisen vergleichen. Wo sie leben, ist kein Platz für Andersartige. Und wer meint, dass sie harmlose, glatzköpfe Mönche sind, die nur deshalb GMOs sind, weil sie ein bisschen anders genetisch aufgebaut sind, der irrt sich gewaltig. Wie jeder Schwarm sind auch sie spezialisiert. Genaues weiß man nicht, wir wissen nur das was uns die innere Struktur einzelner Subjekte offenbarte. Von diesem Wissen ausgehend kann ich Euch verraten, dass manche von ihnen jedem Warden gleichen. Es sind sogesehen glatzköpfige Übermenschen, Übermänner sie besitzen kein weibliches Chromosom.
Einzige mögliche Angriffsfläche bei ihnen ist die mitochondriale DNS, denn sie ist uralt.
Weshalb?
Lange Zeit galt es als erwiesen, dass Mitochondrien ausschließlich über das Plasma der Eizelle von der Mutter auf das Kind vererbt werden. Dies war Anlass zur Erforschung Matrilinien - Mutterlinien war. Das heißt, alle Kinder einer Mutter haben die gleiche DNS der Mitochondrien, was zur Ermittlung in Straffällen benutzt wurde. Krankheiten, die durch Mutationen in mitochondrialen Genen verursacht werden, werden also normalerweise auch nur von der Mutter weitervererbt. Normalerweise.
Heute weiß man, dass auch durch das Spermium einige männliche Mitochondrien in das Plasma der befruchteten Zygote also Eizelle importiert werden. Diese männlichen Mitochondrien werden überlicherweise eliminiert. Es gibt jedoch einige wenige Fälle, in denen nachgewiesen wurde, dass die Mitochondrien des Kindes aus der väterlichen Linie stammten.
Es sind ungefähr 50 Mitochondriopathien bekannt - also Krankheiten, die durch Fehlfunktion dieser hervorgerufen werden oder werden können. Die letzte Frau die im Genom der Bluthexer vorkam, ist also jene Frau die immer noch in der mitochondrialen DNS der Bluthexer vorkommt. Diese DNS wurde niemals aufgefrischt, diese DNS ist uralt.
Ein Mitochondrium ist ein Zellorganell, welches über die Atmungskette das energiereiche Molekül Adenosintriphosphat regeneriert. Sie erfüllen viele essentiellen Aufgaben für Zellen, sie sind beteiligt an der Bildung wie dem Eisen-Schwefel-Cluster.
Besonders viele Mitochondrien befinden sich in Zellen mit hohem Energieverbrauch, als da wären Eizellen, Sinneszellen, Nervenzellen, Muskelzellen. Bedenkt in Herzmuskelzellen erreicht der Volumenanteil von Mitochondrien 36 Prozent. Mitochondrien vermehren sich durch Wachstum und Sprossung. Die Anzahl von Mitochondrien wird dem Energiebedarf der Zelle angepasst. Eukaryotische Zellen, die ihre Mitochondrien verlieren, können diese nicht mehr regenerieren.
Die Anzahl der Mitochondrien in der reifen Spermazelle des Menschen bei etwa vier bis fünf im Mittelstück, bei der reifen Eizelle dagegen bei mehreren hunderttausend.
Man bezeichnet die Mitochondrien auch als Kraftwerk der Zelle. Die Kraftwerftwerke der Bluthexer sind Jahrhunderte alt. Genetische Abschottung gleich welcher Art, hat immer einen Inseleffekt zur Folge. Sie laufen dort auf alten Rädern, noch laufen sie gut. Noch. Ich habe zwei Subjekte aus Souvagne durch verbale Manipulation davon überzeugen können, mir ihr komplettes Erbgut zur Verfügung zu stellen. Beide Exemplare wünschten sich Nachwuchs und dem Wunsch bin ich nachgekommen.
Ferner habe ich weitere Subjekte - insgesamt 20 - von den beiden Hauptexemplaren gezogen, um die Bluthexer weiter erforschen zu können.
Zudem habe ich einen Hybriden aus den Bluthexer-GMOs und einem Warden gezogen. Dieses Subjekt wird also beide Eigenschaften vereinen, so dass man eine Vergleichstudie mit einem der 20 durchführen kann.
Ferner war es meine Absicht, einen oder mehrere Subjekte der 20 von mir gezogen Bluthexer in unserem Sinne aufzuziehen und auf unsere Werte zu eichen. Diese Subjekte schmuggeln wir dann in den Orden ein. Wollen wir doch mal sehen, wie ein Superorganismus auf einige Fremdkörper reagiert. Betrachten wir die kleinen naridischen Bluthexer schlicht als Vektorenviren - winzige Brieftauben mit genetischer Post.
Ihr versteht? Ich wollte uns nicht umbringen...
Ich wollte uns vor dem Schwarm retten... ", antwortete Valerian ernst.
Gabin dachte angestrengt über das Gehörte nach und gab Yanko ein Zeichen, dass er ruhig vor ihm einige Fragen stellen sollte, sofern er welche hatte.