Beiträge von Tarkan

    "Ich will in Tamarant Antwort geben!" soll Cassio gesagt haben, als er nach Rakshanistan zog. Der Beginn des Feldzugs, bei dem er tief nach Rakshanistan vordrang, verlief durchaus positiv. Hier kam ihm der Überraschungseffekt zugute.


    Der große Fehler war, sich über den Winter wieder zurückzuziehen und den Feldzug im nächsten Jahr weiterzuführen, denn dann waren die Rakshaner darauf vorbereitet und hatten über den Winter die "Bestrafung" vorbereitet. Eigentlich war es kein Fehler sondern übliches Prozedere. Kriegssaison war eben der Sommer bis in die Erntezeit hinein, doch hier glich es einem Todesstoß.


    Cassio hatte besonderes Pech, weil sein Gegner ausschließlich Kavallerie einsetzte. Das war nicht immer so, normalerweise verwendeten auch die Rakshaner Infanterie, und die war der almanischen kaum gewachsen. Da die Rakshaner im ersten Kriegsjahr die Schlacht vollkommen vermieden, verschätzte er sich im Hinblick auf die Lage fatal. Vielleicht glaubte Cassio, dass es so weitergehen würde und er nur nach und nach alle wichtigen Städte erobern müsse.


    Seine beiden verbündeten Feldherren hatten es nur geringfügig besser: Tanno hatte das Problem, den falschen Verbündeten zu haben, der sich als verräterisch erwies. Aber immerhin schützten ihn auf dem Rückzug die Berge vor den feindlichen Reitern. Sein militärischer Ruhm gründete sich darauf, dass es ihm gelang, sich abzusetzen und die Grenze zu halten.


    Raitan hingegen kam ein innerrakshanischer Bürgerkrieg zugute.


    Cassio jedoch erlebte die völlige Vernichtung. Letztlich war sein Heero für die Schlacht einfach ungeeignet: Die almanische Armee bestand hauptsächlich aus Infanterie, die der Rakshaner hingegen aus berittenen Bogenschützen und schwerer Kavallerie. Auch die eigene Kavallerie nützte nichts: Die almanische Kavallerie war eher Nahkampfkavallerie, die noch schlechter gegen Beschuss geschützt war als ein Infanterist. Ein Schlachtfeld, auf dem sich die Fernkampfkavallerie perfekt ausnutzen ließ, tat das Übrige. Ein rascher Rückzug besiegelte das Ende aller nachsetzenden Almanen.


    Wie Cassio dem hätte entgegentreten sollen, ist bis heute Gegenstand zahlreicher strategischer Gedankenspiele unter Offizieren.


    Das Flussdelta war eines der am dichtesten besiedelten rakshanischen Territorien, aus dem die Rakshaner recht schnell Truppen und Reserven mobilisieren konnten. Tausend Kamele sollen die Rakshaner sie mit frischen Pfeilen versorgt haben.


    Die Almanen verloren den Mut, als sie das sahen. Als Cassio befürchtete, von den Rakshanern umzingelt zu werden, schickte er seinen Sohn mit einem Teil des Heeres aus, um die Umzingelung zu vereiteln. Er sollte einen Kampf erzwingen. Dass dieser von den Rakshanern weggelockt und vernichtet wurde, war für den Vater nicht zu erahnen gewesen.


    Als man ihm den abgeschlagenen Kopf seine tapferen Sohnes brachte, verlor er komplett die Fassung und kapitulierte. Sein fähiger Unterfeldherr Tanno hat sich mit einem Teil des Heeres retten können und hat gezeigt, dass der Untergang der Streitmacht nicht unvermeidbar gewesen wäre. Wie man Rakshaner besiegt, zeigte Jahre später sein Nachfolger. Nicht durch ihre Waffen bereiteten die Rakshaner ihren Gegnern solche Probleme, sondern durch ihre Taktik - die Beweglichkeit ihrer Reiter, das Manöver des vorgetäuschten Rückzugs, ihre Fähigkeiten in der psychologischen Kriegsführung, und so weiter.


    Cassio aber sah sich hilflos der Übermacht gegenüber. Zu seiner Ehrenrettung sei beigetragen, dass nicht vergessen werden sollte, dass dies die erste große Schlacht gegen die Rakshaner und ihren ungewohnten Kampfstil war, so dass es den Almanen an Erfahrungswerten fehlte. Zudem war der Feldzug innenpolitisch höchst umstritten.


    So saß er mit zehntausend Mann in der Wüste fest und igelte sich mit einem Schildwall ein. Dort harrte man der Ereignisse in der Erwartung, dem Gegner ginge irgendwann die Pfeile aus. Dafür wurde er oft der Feigheit bezichtigt. Doch wenn man hauptsächlich mit infanteristischen Kräften in offenem Gelände berittenen Fernkämpfern gegenübersteht, ist einigeln noch das Sinnvollste, was man tun kann.


    Einen Rückzug braucht man in so einer Situation nicht zu versuchen, jedenfalls nicht so lange die Sichtverhältnisse gut sind und damit eine Verfolgung ohne weiteres möglich ist, als Infanterie kannn man sich von verfolgender Kavallerie, wennn man nicht gerade irgenndwelche Brücken hinter sich abbrechen oder wege andarweitig sperren kann nicht absetzen.


    Und einen infanteristischen Angriff auf berittene Schützen braucht man ebenfalls nicht zu versuchen, die werden einfach zurückweichen und auf Distanz bleiben.


    Das so ziemlich Einzige was man in diesem Fall machen kann, ist sich einzuigeln um für denn Moment nicht ohne weiteres angreifbar zu sein und nach Einbruch der Dunkelheit, wenn Verfolgung wegen der Sichtverhältnisse sehr viel schwieriger ist versuchen auszubrechen und sich abzusetzen und dabei zu hoffen, dass man, bevor man eingeholt wird, irgendein Gelände erreicht, wo man die Wege für die Verfolger blockieren oder die eigenen Spuren effektiv verwischen kann.


    Der Mann hatte kein vernünftiges Kartenmaterial von der Gegend, in der er kämpfte, und keine Erfahrung mit dieser Weise Krieg zu führen, zudem eine Streitmacht, deren Zusammenstellung von Anfang an nachteilig war, die aber einmal der almanischen Praxis von Kriegsführung entsprach, außerdem erwiesen sich Verbündete als illoyal. All das wird man ihm zugestehen müssen bei der Wertung der Ereignisse.


    Als ein rakshanischer Bote ihm den Kopf seines Sohnes brachte, verlor Cassio die Fassung und jedweden Kampfesmut.


    Ein rakshanischer Reiter mit 200 Pfeilen müsste allein zwei Zentner an Munition mit sich führen. Das entsprach der Trageleistung von einem kompletten Packpferd, allein für Munition. Da sie während einer Schlacht jedoch üblicherweise nicht dazu kamen, so häufig zu schießen, wurden weniger Pfeile mitgeführt. Dennoch brauchte es drei Pferde pro Nase. So ein Krieger brauchte auch Lebensmittel, er hatte Gepäck, er wollte Beute machen. Eine stark organisierte Logistik war dafür unabdingbar.


    Dass die Rakshaner mit einer eigenen Transporttruppe Pfeile und weiteren Nachschub in Massen herbeischafffen ließ, war für die Almanen ein völlig unerwarteter Zug. Jedoch fand die Auseinandersetzung im rakshanischen Machtbereich statt.


    Vergebens hofften die Almanen darauf, die Rakshaner würden ihre Munition aufbrauchen. Doch warum hätten sie das auch tun sollen?


    Die Almanen standen mit einer schwerfälligen infanterielastigen Streitmacht in einem Gelände, in dem sie sich anscheinend weder decken, noch längere Zeit selbst versorgen konnten, einem Gegner gegenüber, der über die deutlich überlegene Reiterei verfügte und damit ihre Nachschub- und Rückzugswege bedrohen konnte.


    Damit war ihre Situation von Anfang an unhaltbar.


    Sie konnten aus dieser Situation heraus weder effektiv die mobileren Verbände der Rakshaner angreifen, noch sich längere Zeit irgendwo verschanzen und auf Hilfe von außen oder Rückzug auf das eigene Territorium hoffen, das ließ die eigene Versorgungslage in dieser Position nicht zu.


    Insofern mussten die Rakshaner von ihrer Ausgangslage her die Almanen eigentlich nicht im Feld schlagen, dass hätten binnen kürzester Zeit wahrscheinlich Hitze und Wassermangel von alleine bewirkt. In erster Linie mussten sie einen geordneten Rückzug verhindern und gerade angesichts des Umstands, dass die Almanen ohnehin feststeckten und offensiv nichts tun konnten, wäre es ziemlich dumm gewesen, die leichte Reiterei für eine Verfolgung durch Munitionsmangel mehr oder weniger unbrauchbar zu machen, dass hätte nur den Almanen geholfen.


    Taktische Bedeutung berittener Bogenschützen


    Man sollte dabei berücksichtigen, dass die Effektive Reichweite, auf die ein Reflexbogen einen Schild oder eine Rüstung wirklich effektiv penetrieren konnte deutlich geringer war als die theoretische Reichweite. Diese betrug höchstens hundert Meter, doch die optimale Kampfdistanz war weitaus kürzer.


    Es herrschte Einigkeit darüber, dass berittene Bogenschützen feindliche Reihen aufbrechen und ihre Moral zermürben sollten. Es kam nicht darauf an, möglichst viele Männer zu töten, das übernahmen andere Truppenkörper. Die berittenen Bogenschützen wurden in Almanien als Feiglinge verunglimpft, doch vielmehr handelte es sich um eine hochwirksame Elitetruppe.


    Für die Masse an Gefallenen waren sie jedoch nicht verantwortlich: Mindestens ein Drittel der rakshanischen Reiter trug immer einen leichten Panzer und war mit Blankwaffen für den Nahkampf gerüstet.

    << Ankunft der Ledvigiani in Dunkelbruch


    Der Frühling war vergangen und die Sommersonne hatte die rakshanische Steppe in ein gelbes Meer verwandelt. Schatten gab es nirgends. Das verdorrte Gras raschelte im ewigen Wind. Hier und da schimmerte erneut frisches Grün, da der Herbst mit den ersten Regenfällen sich ankündigte und die trockene Erde erfrischte. Der Wind wehrte nun schärfer und kälter. In Richtung der Roten Berge schliff er die Hügelkuppen ab und verwandelte sie mit zunehmender Höhe in steinerne Kronen.


    Von den Zinnen der eroberten Zwergenfestung Dunkelbruch aus blickte Zickidul über das Land seiner Brüder und Schwestern. Rakshanistan war wild und nahezu menschenleer. Kein anderes Volk hatte so viel Platz und die Rakshaner, die den Großherzog von Ledwick und sein Gefolge nach der Niederlage aufgenommen hatten, brauchten und liebten diesen Freiraum, den sie in der weiten Steppe genossen. Theoretisch waren die Almanen in Dunkelbruch Kriegsgefangene, praktisch ließen ihnen die Rakshaner ebenso sehr viele Freiheiten. Innerhalb der Festung durften sie sich frei bewegen und dort gab es reichlich Platz, man konnte Stunden durch die Gassen und Gänge im Fels wandern, ohne zwei Mal am selben Fleck vorbeizukommen. Die ranghohen Almanen hatten sogar die Möglichkeit, Dunkelbruch zu verlassen und unbeaufsichtigt durch die Steppe zu streifen - man ging davon aus, dass sie ihre Leute nicht im Stich lassen würden und wiederkehrten. In den meisten Fällen traf es sogar zu, wenngleich nicht immer. Einige Almanen hatten sich verdrückt, aber wen scherte das?


    Seit heute gab es keinen Anlass mehr, sie noch länger hier eingesperrt zu behalten. Der Krieg war längst vorbei und inzwischen hatte die Botschaft die Runde gemacht, dass Rakshanistans Nordstreitmacht unter Tarrik Dschan nach Osten abgerückt war. Tarrik Tarkan hingegen machte sich seit dem Winter schon in Souvagne ein paar fette Monate. Und der ihm treu ergebene Tarrik Zickidul wartete sich in Dunkelbruch den Hintern platt.


    Nun hatte er genug. Irgendwo hatte auch eine Freundschaft ihre Grenzen.


    Er ließ die Almanen unten im Burghof antreten und es traten automatisch auch die Rakshaner an, in einer dicht gedrängten Reihe hoch oben auf dem Wehrgang, neugierig darüber, was nun geschehen sollte.


    »Almanen«, rief Zickidul. »Der Krieg ist längst vorbei. Die Hohe Mark ist an Souvagne gefallen und Ehveros und Ledwick stehen weiterhin unter dem Kommando ihres jeweiligen Großherzogs. Die politische Situation ist also klar und deutlich wie der wolkenlose Himmel, der sich gerade über uns wölbt. Einige der hier anwesenden Gefangenen sind sehr wertvoll, insbesondere unser Freund Tazio.«


    Wie alle Rakshaner hatte Zickidul wenig Verständnis für die umständlichen Höflichkeitsregeln der Almanen und fand die korrekte Anrede ›seine Majestät Duca Tazio Ferdinando di Ledvicco‹ grauenhaft. Nur Almanen erfanden derart lange Namen und ließen sich auch noch damit ansprechen. Es war kein Zeichen von Respektlosigkeit, dass Zickidul den jungen Duca mit dem Vornamen ansprach, sondern schlichtweg ein Zeichen rechtschaffener rakshanischer Faulheit.


    »Mit den Großherzogtümern von Almanien verbindet uns eine Abart ignoranter Nachbarschaft. Auf Asameisch heißt es 'Frieden'. Unser Tarrik Tarkan ist in Souvagne zu Gast und wie die Briefe verlauten lassen, geht es ihm dort gut und man behandelt ihn freundlich. Auch euch haben wir entsprechend freundlich behandelt.


    Nun habe ich dazu keine Lust mehr. Ihr fresst uns die Vorräte weg und macht Dreck und ich weiß langsam nicht mehr, was ich hier noch mit euch anstellen soll. Ich fühle mich gebunden und hier festgenagelt wegen eurer Anwesenheit und langweile mich.


    Zum Zeichen unseres guten Willens werden wir euch bleichgesichtigen Almanen daher am heutigen Tage die Freiheit schenken. Da wir momentan keinen Feldzug gegen irgendeins eurer Großherzogtümer geplant haben, zumindest weiß ich von keinem und ich glaube, die 'ignorante Nachbarschaft' schließt das auch aus, nützt ihr uns hier nichts, sondern nervt nur.


    Kehrt nach Hause zurück. Berichtet vom rakshanischen Großmut und davon, dass man euch hier gut behandelt hat. Wenn euch danach ist, vergeltet es mit Geschenken. Ihr wisst ja, das Wild folgt in der Steppe seinen Wanderrouten und ist nicht immer am selben Fleck, was die Jagd von einem festen Punkt aus umständlich macht und außerdem liebe ich Geschenke.


    Genug geredet. Öffnet die Tore. Lasst die Almanen gehen.


    Tazio, ich wünsche dir alles Gute. Ich hoffe, von deinem Land ist noch was übrig nach der Überschwemmung, ansonsten wirst du eben auch mal persönlich schaufeln oder Sandsäcke rumschleppen müssen. Das würde dir gut tun und dein Volk freuen, glaub mir. Halt die Ohren steif.«


    Mit lautem Knarren und Quietschen öffnete sich das im Krieg beschädigte und nun reparierte Tor.


    Die Almanen rannten jedoch keineswegs sofort hinaus. Stattdessen gab es eine tränenreiche Abschiedszeremonie, als die Rakshaner von den Zinnen herabkamen und die Gefangenen drückten und tätschelten und ihnen einen guten Heimweg wünschten. Es gab sogar den einen oder anderen Almanen, der das offene Tor völlig ignorierte und bei den Rakshanern blieb. Man jagte diese Almanen nicht davon, sondern schenkte ihnen Turbane, damit sie sich anständig kleideten und damit waren diese Männer fortan vollwertige Rakshaner, ungeachtet ihrer Herkunft, ihrer weißen Haut und hellen Augen.


    Zickidul überreichte Tazio ebenso ein zusammengelegtes Turbantuch.


    »Vergiss nicht, was du hier erlebtest und lerntest«, sprach Zickidul im Tonfall eines Lehrers, da er der Meinung war, dass die Gefangenschaft den verbohrten Almanen gut getan hätte, insbesondere den Adligen unter ihnen.


    Tazio nahm den Turban an, ohne eine Miene zu verziehen, was Zickidul fast gekränkt hätte, aber er hegte den Verdacht, dass Tazios Lachmuskeln einfach völlig verkümmert waren und er weder Lachen noch Lächeln konnte, selbst wenn er es gewollt hätte. Es war den Rakshanern nicht möglich gewesen, ihn zum Lachen oder Lächeln zu bringen. Stattdessen bedankte er sich höflich und drehte Zickidul danach den Allerwertesten zu, um davonzustiefeln. Der junge Großherzog von Ledwick zog mit seinem Gefolge nach Osten davon, um die Roten Berge an der Azursee zu umrunden und durch Souvagne in seine Heimat zurückzukehren. Die anderen Almanen begleiteten ihn, um die ehemalige Hohe Mark auf selbem Wege zu erreichen.


    Damit fand die Kriegsgefangenschaft der Almanen in Dunkelbruch ein Ende und der Großherzog von Ledwick würde bald erneut die Herrschaft über sein Land antreten.


    Weiter geht es hier: Kapitel 1 - Die Heimkehr des Duca

    Gesamtübersicht: Buch 1 - Eine neue Ära beginnt

    Der Comte de la Cantillion unterbreitete Tarkan das Angebot, ihn mitzunehmen. Bevor Tarkan antworten konnte, schob sich Zwergenkönig Dunkelerz an ihm vorbei, um ebenso den Vertrag zu unterzeichnen und sich auf den Heimweg zu machen. Er sah nicht so zufrieden aus, wie man das erwarten konnte.


    "Das Angebot nehme ich gern an", erklärte Tarkan Matteo. "Zu Fuß wäre die Reise doch etwas beschwerlich und ich glaube nicht, dass mir jemand hier ein Pferd überlassen würde." Er warf Felipe einen Seitenblick zu, ehe er dem Souvagner hinunter zum Hof folgte.


    Dort wartete schon der Cockatrice. Das riesen Geflügel schreckte ihn nicht, er war Reithyänen gewohnt. Die waren zwar kleiner, aber solch große Raubriere zu händeln härtete ab, was die Begegnung mit imposanten Tieren anbelangte. Tarkan wartete, bis der alte Mann aufgestiegen sein würde, wobei er schaute, ob dieser von jemandem Hilfe bekam, sonst würde er dem Comte selber unter die Arme greifen. Er selbst war zwar auch nicht mehr der Jüngste, aber noch in sehr gutem Zustand.


    Tsaagan und Caligo machten sich derweil auf den Weg, ihre Greifen abzuholen und das Geleit des Cockatrice zu bilden.

    Endlich gab es etwas zu Essen und zu Trinken und zwar so viel, wie sie wollten und es wurde ihnen sogar serviert. Natürlich durchschaute Tarkan die Absicht dahinter. Heute war der Tag, an dem er den Vertrag unterzeichnen sollte. Da wollte man es sich mit den Staatsgästen nicht verscherzen, wie schäbig man sie vorher auch behandelt hatte. Oder es lag daran, dass heute der alte Knärzlich die Regentschaft seiner Tochter überlassen hatte. Vielleicht wollte Ricarda das Verhalten ihres Vaters wieder gut machen. Tarkan war mittlerweile alles egal, er wollte nur noch weg hier. Immerhin fiel ihm auf, wie wunderschön Ricarda in ihrem Kleid aussah und dass sie eine wahrhaft königliche Ausstrahlung besaß.


    Als es an das Unterzeichnen des Vertrages ging, wurde ihm und dem Tieflingsfürsten der Vortritt gelassen. Tarkan drängelte sich als erstes vor, damit er es hinter sich hatte. Er war am Ende seiner Kräfte. Er nahm die Schreibfeder zur Hand, las noch einmal das Geschriebene, dann setzte er seine Unterschrift darunter. Er reichte die Feder an Tsaagan weiter, der ebenso alles noch einmal las und dann seine Signatur unter den Vertrag setzte.


    Mit diesem Friedensvertrag werden alle weiteren Kampfhandlungen und Beteiligung an diesem Krieg auf Seiten der Zwerge von Niewar, sowie Ehveros Ledwick und Alkena sofort beendet. Zudem wird dieser Frieden von jedem Land das hier durch ihren Repräsentant unterzeichnet wird gewahrt.


    Der Frieden umfasst die Achtung der Grenzen jedes einzelnen Landes, sowie die Stabilisierung jedes einzelnen Landes um es wieder zur alter Größe zu führen.


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    Sie traten zurück an ihre Plätze.

    Während der Duc samt seinem Gefolge abreiste und stattdessen ein Diplomat an seiner Stelle für Souvagne sprechen würde, blieb die Delegation des Chaos noch vor Ort, um die Krönung von Prinzessin Ricarda und den Friedensvertrag abzuwarten.


    Tarkan war ein wenig hin- und hergerissen. Man hatte ihn in Ehveros nicht gerade zuvorkommend behandelt, genau genommen hatte man ihn fast verrecken lassen. Er hatte nicht einmal ein Zimmer angeboten bekommen oder einen Heiler, obwohl offensichtlich war, in welchem gesundheitlichen Zustand er sich befand. Er wollte nichts dringender als abzureisen. Dennoch war er auch der Meinung, dass ein Friedensabkommen zustandekommen musste und so quälte er sich und blieb vor Ort.


    Andererseits hatte der Duc ihn, Tsaagan und weitere Staatsgäste zur baldigen Hochzeit seiner Söhne eingeladen. Diese zu verpassen wäre ausgesprochen unhöflich, ganz abgesehen davon, dass Tarkan Lust darauf hatte, sich in Souvagne ein wenig von den Strapazen in Dunkelbruch und Ehveros zu erholen. Der Duc war nicht so knausrig gegenüber dem einstigen Feind gewesen wie Felipe und als Rakshaner legte Tarkan sehr viel wert auf Gastfreundschaft. Aber noch blieb Zeit bis zu diesem Ereignis, noch konnte er warten und hoffen, dass es zu einer Einigung kommen würde.


    Geduldig harrten er und Fürst Tsaagan samt Caligo aus und warteten, was sich ergeben würde.

    Zusammenfassung der Kriegshandlungen
    Der Krieg, der alles ändern wird



    Der Läuterungskreuzzug



    Verteidiger der Souvagne



    Der Krieg, der alles ändern wird



    Verhandlungen über eine vorübergehende Waffenruhe



    Friedensverhandlungen


    Tarkan quälte sich als erster hoch. "Da mir keine Sau hier ein Zimmer angeboten hat, werde ich wieder nach draußen gehen und auf der Wiese schlafen. Ehrlich, langsam reicht es."


    Fürst Tsaagan rettete den Tarrik."Nicht nötig. Ihr könnt bei mir schlafen, mein Zimmer verfügt über ein gemütliches und ausreichend großes Sofa. Legt Euch ins Bett und das Sofa nehme ich."


    "Ach ja? Wenn das so ist, dann sag ich nicht Nein. Mir fallen die Augen zu."


    "Caligo", sagte der Fürst und der Leibdiener half Tarkan auf die Beine, um ihn sofort in das Zimmer zu geleiten. Da Tsaagan ohne seinen Leibdiener blind war, erhob auch er sich, um sich mit ihnen auf den Weg zu machen. "Ich freue mich auf das gemeinsame Frühstück", sagte er zum Duc und nickte zum Abschied in die Runde, ehe die drei aus dem Thronsaal verschwanden.

    Gültige Verträge


    Beendigung der Kriegshandlungen um Dunkelbruch (Tarkans Unterschrift wurde gefälscht von Zickidul Raman)

    Dunkelbruch – 21.01.203 n.d.A.


    Die Herren Tarrik Tarkan Ali al-Kuwari, Anführer der Zebras und Eroberer von Dunkelbruch, Barlok Eisenhand, hoher General der Zwerge und Oberst Felon Tharmor Blitzsohn, ranghoher Befehlshaber der lichtalbischen Streitkräfte in der Ordnung und rechte Hand des großen Generals Sonnensturm, besiegeln gemeinsam und mit sofortiger Wirkung das Ende des Krieges um die Festung Dunkelbruch.


    Die hohen Herren verpflichten sich dabei wie folgt.


    Oberst Felon Tharmor Blitzsohn wird sein Heer friedlich abziehen und weder die Bestattung der Toten, noch die Übergabe des Feste Dunkelbruch in irgendeiner Form beeinträchtigen. Er wird weiter die Heere Kaishos zum friedlichen Abzug bewegen und sich aus allen Fragen bezüglich der Annektierung der hohen Mark heraushalten.


    Tarrik Tarkan wird umgehend und im Beisein des Oberst Blitzsohn einen Boten in den Norden schicken und das Nordgeschwader sowie alle Bemühungen zum Angriff auf Avinar unterbinden. Alle Ereignisse bis zum Eintreffen des Boten liegen außerhalb der Gültigkeit dieser Unterzeichnung, jedoch wird dessen direkte und sachgemäße Zustellung überwacht.
    Weiterhin wird Tarrik Tarkan alle Zwerge unversehrt freilassen und die Festung mit seinen Truppen räumen, um den Zwergen die Bestattung ihrer Toten zu gewähren.


    General Eisenhand wird sich, nachdem den Gefallen Respekt gezollt wurde, mit seinen Gefolgsleuten nach Niwar zurückziehen, den Zugang zum unterirdischen Reich von innen versiegeln und die Festung verwaist und ohne neue Schäden zurücklassen, sodass Tarrik Tarkan mit seinen Kriegern widerstandslos in die Feste einziehen und sie für sich beanspruchen kann.


    Dieser Pakt ist bindend. Zuwiderhandlung wird fortan als kriegerischer Akt gehandelt und entsprechend gestraft.


    Gezeichnet...


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    Oberst Felon Tharmor Blitzsohn


    General Barlok Eisenhand


    Weiterleitung der Botschaft an das Heer in Nordrakshanistan unter Dschan

    Dankt den Herren des Chaos!
    Dunkelbruch ist unser.


    Es gab keine weiteren Verluste. Die Einigung erfolgte auf friedlichem Wege. Dschan möge mir vergeben.


    Alle Kampfhandlungen gegen Avinar sind sofort einzustellen und die Truppen zurückzuziehen. Das Südgeschwader hat sich zurück nach Zentralrakshanistan zu begeben und weitere Befehle in Cara`Cor abzuwarten.


    Tarkan lebt.
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    Der Tarrik nahm die Schreibutensilien entgegen und stellte sie sich zurecht. Er tat dies sehr umständlich und langwierig. Man merkte, dass er nicht auf der Höhe war.

    "Nein, ein Ghul kann nichts anderes essen als Leichenfleisch. Manche versuchen es mit einer Blutdiät über Spenderblut, doch was passiert denn, wenn man nur dünne Wassersuppe isst? Macht das satt? Reicht das aus? Ghule sind keine Vampire. Es kann zur Überbrückung dienen, doch eine dauerhafte Lösung ist das nicht.


    Je stärkerem Hunger ein Ghul ausgesetzt ist, umso mehr leiden die Qualitäten, die ihn einst zum Menschen machten. Er fängt an, auf allen vieren zu laufen und wird immer dümmer. So was ist auch durch spätere Regeneration nicht endgültig zu kompensieren. Faustregel: Ein Ghul ist umso gefährlicher, je hungriger er ist. Sie sind normaler Weise die Aasfresser des Schlachtfeldes und der wuchernden Großstädte in Naridien, doch wenn sie nichts finden, töten sie, um an ihr Fleisch zu kommen. Die meisten Ghule sterben binnen weniger Wochen oder Monate an Verhungern oder durch die Hand derer, die nicht gefressen werden wollen. Ein Ghul, der die eigenen Leute angreift, wird auch in Rakshanistan getötet. Ich würde sagen, 90% der Ghule sterben auf diese oder ähnliche Weise sehr früh. Die restlichen, die dauerhaft überleben, sind meist fest in ein soziales Gefüge integriert, das ihnen bei der Versorgung hilft - zum Beispiel das rakshanische Heer, Freunde, Familie.


    Wenn ein Ghul von Anfang an gut genährt ist, so dass er zwischendurch nicht verwest, bleibt er weitestgehend, wer er zu Lebzeiten war. Das macht es natürlich nicht einfacher. Man mag sie und verdrängt, was sie essen und was sie sind. Man redet sich ein, dass sie eben eine spezielle Diät hätten, so wie wenn einer Vegetarier ist. Wie man das bisweilen auch bei Vampiren tut.


    Ganz ehrlich: Ich weiß nicht, was ich machen soll. Ich weiß es nicht."


    Er begann zu schreiben. Seine Handschrift sah furchtbar aus. Er schrieb langsam und trotzdem war es kaum leserlich.


    Befehl von Tarrik Tarkan
    - Abzug der Truppen aus der Hohen Mark -


    An den Kommandanten des Südgeschwaders
    Lexi von der Hohen Mark


    Die Luftstreitmacht und sofern inzwischen eingetroffen auch die Infanterie ist vollumfänglich mit sofortiger Wirkung aus der Hohen Mark abzuziehen und nach Dunkelbruch zu verbringen. Die Hohe Mark ist nicht länger in unserer Hand, doch es war nicht umsonst. Alles Weitere persönlich.


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    "Wie kommt der Brief in die Hohe Mark?"

    "Einen internen Lagebericht? Mir liegen weder genaue Zahlen über den Anteil von Ghulen noch abschließende Informationen darüber vor, wer in der Führungsriege alles verghult sein könnte.


    Bekannt ist es von Xatakh Sturganda, der in Südrakshanistan den Oberbefehl innehat. Er prahlt sogar damit, das Fleisch seiner Feinde zu verspeisen.


    Khamal Ash Gahadi ist ebenfalls ein Ghul, er leitet die Akademie für Nekromantie in Serband. Man vermutet, dass diese Einrichtung ein Hort der Schatten ist, denn sie leistet für das Chaos wenig nennenswerte Zuarbeit.


    Dschan al-Asarkes, der die Nordfront betreut, wird von vielen für einen Ghul gehalten wegen seiner selbst für einen Rakshaner vehementen Kriegstreiberei, doch dafür gibt es keine Beweise.


    Dies sind die Namen von zwei ausgesprochen einflussreichen Ghulen beziehungsweise dreien, wenn man Dschan mitzählt. War es das, was ihr hören wolltet? Wichtig sind nicht nur die ranghohen Ghule, sondern ihre Erzeuger, also auch die Nekromanten, welche meistens die Funktion ihrer rechten Hand oder eine andere sehr vertrauensreiche Position innehaben und meistens ihre eigenen Beschwörer sind. Ghul und Beschwörer treten oft im Doppelpack auf."


    Er blickte sich um.


    "Ich brauche Papier und Feder, sonst kann ich das Abrücken der Tieflinge nicht befehlen. Und einen Boten. Ansonsten müsst ihr euch gedulden, bis die Verhandlungen beendet sind und ich persönlich in der Hohen Mark aufkreuzen kann."

    Tarkan hatte vieles erwartet: Dass man ihn von den Wachen herausschleifen lassen würde, um ihn sofort hinzurichten. Dass ihn eine verborgene Armbrust mit einem Bolzen durchbohrte. Dass die zweifelsohne anwesenden Geistmagier sein Gehirn pürieren und als sabbernden Idioten zurücklassen würden oder dass einer der Anwesenden selbst handgreiflich wurde. Aber er hatte nicht damit gerechnet, dass sich irgendwer auch noch bei ihm bedanken und das Angebot für Hilfe nach wie vor für gültig erklären würde. Tarkan blinzelte müde. Er hatte erwartet, längst tot zu sein, aber vielleicht schob man seine Hinrichtung auch nur auf.


    Der Duc verlangte eine Entscheidung.
    Und Dunkelerz lachte ihn aus, was auch sonst.


    "Zum Lachen finde ich das nicht, Skaldor", sprach Tarkan. "Ganz und gar nicht. In einem stimme ich dir jedoch zu." Aufgrund des enormen Stresses, unter dem er stand, war er wieder auf die rakshanische Art zu sprechen zurückgefallen und redete die Anwesenden mit Du und ihrem Vornamen an. Er bemerkte es nicht einmal. "Mit Ghulen kann man nicht verhandeln. Entweder, sie bekommen Fleisch oder sie sterben. Darüber gibt es keine Diskussion, keinen Spielraum, keinen Trick, um dieses Schicksal zu umgehen. Sie brauchen Leichen. Vampire kann man wenigstens mit Spenderblut ernähren, aber Ghule? Es sei denn, jemand hat vor, ganze Gliedmaßen zu spenden."


    Er wandte sich wieder Maximilien zu.


    "Den Gott, den wir verehren, nennt man auch den Verschlinger. Es dauerte, bis ich die wahre Bedeutung dieses Namens erfasste. Das Chaos verschlingt nicht nur seine Feinde, sondern auch seine eigenen Söhne und Töchter. Es frisst uns alle und danach sich selbst, es macht keinen Unterschied! Wir haben unser eigenes Grab geschaufelt! Und ich selbst war derjenige, der das Chaoticum schrieb ... ihr habt keine Vorstellung davon, wie ich das bereue. Verbrennen sollte man dieses Machwerk! Auslöschen Rakshors Namen! Verbieten, ihn je wieder auszusprechen und meinen gleich dazu!


    Die Rakshaner sind kein Volk, dass es wert ist, derart jämmerlich zugrunde zu gehen. Vielleicht hat der Verräter, der deinem Sohn dient, in Zeiten der Reue ein wenig von seiner Heimat erzählt. Der Gedanke einer Säuberungsaktion, bei der hunderte, vielleicht tausende meines Volkes getötet werden, ist unerträglich! Zumal diese sich nicht kampflos aufgeben würden. Rakshaner sind Krieger und sie sind wild. Es ist schwer, sie zu beherrschen und zu führen. Sie sind wie der Wind. Man kann nicht einfach eine Vorschrift erlassen und die Einhaltung lückenlos prüfen. Dafür sind wir zu zerstreut. Wenn Rakshaner hier bedroht werden durch eine Säuberungseinheit, werden sie fliehen und von woanders angreifen oder sich gleich sofort gegen denjenigen wenden. Frei und schnell, ein wunderbares Volk - das wir sein könnten. Der Einzige, der es je vermocht hat, alle Rakshaner zu einen und als eine gewaltige Streitmacht anzuführen, war Rakshor selbst. Keinem Sterblichen ist dies bis dato je wieder gelungen. Es muss einen anderen Weg geben. Eine Säuberung kann nur eine erste Maßnahme für eine kleine Einheit sein, um sie zu reinigen und einen Kern zuverlässiger, lebender Männer zu schaffen.


    Bitte helft uns!", flehte er. "Macht aus uns das Volk, das wir verdienen, zu sein!"

    << Der Krieg der alles ändern wird
    << Verhandlungen zwischen Chaos und Ordnung



    Dunkelbruch nach der Eroberung
    Zickidul Raman, Tarrik von Dunkelbruch


    Die Rakshaner hielten Wort. Sie ließen die Zwerge ihre Toten bestatten und dann ließen sie die kleinen bärtigen Krieger ziehen, zusammen mit einigen Almanen, welche sie mit sich in ihr unterirdisches Reich namen. Die ehemalige Zwergenfestung Dunkelbruch, genannt das Auge des Nordens, war nach der Schlacht in rakshanischer Hand.


    Die Rakshaner selbst kümmerten sich um ihre Gefallenen auf ihre Weise: Man verfütterte die Toten an die Hyänen. Als Ghulfutter wurden sie momentan nicht benötigt, denn die Ghule waren aufgrund der eisigen Witterung fast allesamt tiefgefroren und wurden ebenfalls den Hyänen geopfert. So erfolgte eine natürliche Reduzierung der Untoten, die sich im Chaosheer über das Jahr über angesammelt hatten. Auch die Vampire hielten eine Art Winterstarre, meist in Gestalt tiefgefrorener Fledermäuse, die meisten in den Ruinen von Trux. Wenn es wärmer wurde, würden sie auftauen und sich erneut unter ihre sterblichen Kameraden gesellen, die sie mit Blutspenden willkommen hießen. Nur wenige Untote hielten sich in den beheizten Räumen und mit angewärmter Kleidung wach.


    Das Tor von Dunkelbruch wurde wieder instant gesetzt und die Festung, so gut es die Rakshaner vermochten, repariert. Sie waren keine guten Handwerker, ensprechend sah das Ergebnis aus. Doch man konnte darin leben. Das Geröll war beseitigt woren und man hatte die Anlage bezogen und es sich darin bequem gemacht, während man wartete. Man lebte von dem, was die Zwerge noch im Inneren verwahrten, denn die kleinen Männer hatten nicht daran gedacht, ihre Vorräte, Kleider und die anderen verwertbaren Dinge rechtzeitig zu verbrennen. Die Rakshaner schlemmten prächtig und erholten sich langsam von den schweren Strapazen der langen Belagerung.


    So ging es, bis ein Trupp von zerlumpt aussehenden Almanen an das Tor klopfte. Es waren offensichtlich Soldaten, doch sie trugen eine weiße Flagge und keiner hielt eine Waffe in den Händen. Man ließ sie ein, verzichtete darauf, ihnen die Waffen abzunehmen und gab ihnen heiße Suppe. Zickidul persönlich setzte sich zu ihnen an den Kamin im Saal der Zitadelle, wo man sich um die Gäste kümmerte.


    "Wer genau seid ihr?", wollte er wissen.


    "Wir sind die Reste Streitmacht der Hohen Mark", sagte ihr Anführer mit rauer, krank klingenden Stimme. "Wir haben den ganzen Winter über in der Steppe gewartet auf weitere Befehle, doch es kamen keine. Großherzog Roderich ist verschollen und scheinbar fühlt sich niemand mehr zuständig. Wir erfrieren, wir verhungern und die Sieche rafft uns dahin. Wir können nicht nach Hause, es gab keinen Befehl zum Rückzug und selbst wenn es ihn gäbe, könnten das Gebirge im Winter nicht überqueren. Wir müssten durch Rakshanistan ziehen und dort warten Eure Männer mit ihren Knochensäbeln. Seht uns an. Habt ein Herz und erbarmt euch, sonst ist das unser Tod!"


    In der Tat waren die Soldaten zerlumpt, abgemagert und krank. Sie würden nicht mehr lange durchhalten.


    "Ihr seid alle von der Hohen Mark?", wollte Zickidul wissen. "Die Hohe Mark wurde vom Chaos erobert. Wenn das so ist, untersteht ihr meinem Kommando."


    "Nicht alle stammen von dort. Es sind auch Teile der Truppen von Ledwick und Ehveros dabei, die unter Roderich in den Krieg zogen und bislang nicht heimbeordert wurden. Einige souvagnische Söldner ebenso. Aber der Großteil sind Markler. Wir bitten um Hilfe. Wir sterben!"


    "Die Hilfe sollt ihr bekommen", erklärte Zickidul großmütig. "Wir haben genügend Speis und Trank und warme Kammern. Die Zwerge haben Dunkelbruch in vortrefflichem Zustand zurückgelassen, wenn man von den kaputten Zinnen und Katapulten absieht. Seid unsere Gäste. Fühlt euch wie zu Hause."

    Der Duc stellte es geschickt an. Bevor er zur Sache kam, sprach er ein paar wohlmeinend klingende Worte über Tarkan und sein Volk. Die Taktik war nicht schlecht. Ein paar verständnisvolle Worte zu Beginn eine schwierigen Gesprächs konnten viel bewirken, das wusste Tarkan zu gut aus seinen Erfahrungen als Führer von bewaffneten Streitkräften. Tarkan erkannte die Gesprächstaktik als das, was sie war - eine Taktik - und dennoch verfehlte sie ihre Wirkung nicht.


    "Wir Rakshaner jagen bereits, Maximilien. Das Problem sind nicht die mangelnden Ressourcen, denn warum mangelt es denn überhaupt an irgendwas? Die Steppe war einst voll von Wildpferden, die Wüste reich an Dromedaren, Gnus und Antilopen. Wo sind die Herden hin? Das Problem ist unsere Symbiose mit Hyänen und Ghulen", sprach Tarkan nun erstmals wirklich offen.


    Vielleicht wurde er alt. Er war mit seinen 56 Jahren älter, als ein Rakshaner werden sollte, die meisten starben spätestens zwischen dem dreißigsten und vierzigsten Lebensjahr. Er hatte lange mit den wahren Gründen der ganzen Problematik zurückgehalten, doch nun bröckelte seine Fassade.


    "Unsere Hyänen verlangen pro Tier einen Eimer Fleisch am Tag. Bei starker Beanspruchung sind es zwei. Was da an Futter zusammenkommt für eine berittene Streitmacht, kann man sich denken. Noch problematischer jedoch sind die Ghule. Ghule lässt man sterben oder von den Hyänen fressen, wenn man ihrer nicht mehr bedarf, doch Ghule sind im Gegensatz zu Hyänen nicht dumm, wenn sie von anfang an gut genährt sind. Sie wissen, was nach der Schlacht mit ihnen geschieht und werden selbst zur Gefahr.


    Es ist nicht hilfreich, dass sich Ghule in unserer Führungsriege verbergen, getarnt als Menschen. Sie sind vom Laien nicht von Lebenden zu unterscheiden. Und diese Männer sind kriegstreibend aus keinem anderen Grund heraus, als ihren Hunger zu stillen! Spätestens dann, wenn auffällig wird, dass in ihrem Umfeld immer wieder Leute verschwinden, müssen sie sich etwas einfallen lassen. Ein kleines Gefecht hier, ein Überfall da. Der Gegner reagiert. Und schon schaukelt es sich hoch zu einem Krieg. Sie schlemmen darin, wie der leibhaftige Noldil in einem Bad aus Wein.


    Wir haben Nekromanten in unseren Reihen, welche große Freude daran haben, Ghule in die Welt zu setzen, allen voran ein gewisser Crize bin Crize, doch er ist nicht der Einzige. Man kann Nekromanten nicht einfach stoppen, indem man sie beseitigt, denn wir brauchen sie für den Krieg, den wir selbst beginnen. Sie schützen uns und sind zugleich unser Fluch. Das Chaos verschlingt sich selbst. Und hier schließt sich der Kreis: Wir sind der Krieg. Wir leben für ihn, mit ihm und von ihm und sind es selbst, die ihn anstiften. Es ist nicht nur die Kargheit der Steppe, die uns zu schaffen macht und die damit einhergehende Nahrungsknappheit, die uns dazu zwingt ... es ist unsere gesamte innere Struktur!"


    Tarkan stützte den Kopf auf die Hände, wohl wissend, dass er ihn gleich verlieren würde. Es gab einen Grund, warum er allein gekommen war, ohne Geleitschutz, ohne Gehilfen.


    "Kein Ackerbau, keine Viehherden wird das beenden, Maximilien. Kein Bündnis und kein Vertrag. Es geht nicht nur um Beutegut, sondern vor allem um Fleisch. König Skaldor spricht Recht, wenn er sagt, es gibt keine Garantie. Es gibt ja nicht einmal Hoffnung! Er hat vollkommen Recht, so wie Felipe mit seinen Worten. Es wird sich nichts ändern, es KANN sich nichts ändern! Ich bin wegen nichts anderem hier, um Zeit für uns zu gewinnen, damit meine Männer Dunkelbruch sichern können! Das ist alles."


    Er legte beide Hände vor sich auf der Tischplatte ab. Er blickte den Duc an, einen Visionär, der tatsächlich helfen wollte und die Rakshaner nicht blind verurteilte. Das erste Staatsoberhaupt, das sein Volk mit offenen, wohlwollenden Augen sah. Es schmerzte Tarkan, ausgerechnet diesen Mann belogen und verraten zu haben. Doch so war das Leben nun einmal.


    "Ich habe nichts weiter zu sagen."

    "Ich höre nichts als Forderungen von der Seite Felipes", knurrte Tarkan. Seine Augenlider waren dunkel und geschwollen, er konnte kaum ordentlich sehen vor lauter Erschöpfung. "ICH brauche keinen Frieden. Ihr seid es, die einen wollen. Ich bin hier, weil ich über Frieden nachdenke. Mein Volk lebt seit Äonen im Krieg und vom Krieg. Wir sind der Krieg! Dass ich hier sitze und verhandle, sollte nicht mit Bittstellerei verwechselt werden. Nicht nur Euer Name ist besudelt, Felipe. Ich selbst gelte unter meinen Leuten als Weichei und Schlappschwanz mit meinen komischen Ideen von einem Bündnis mit Nicht-Chaosvölkern. Ich riskiere meinen Kopf und Kragen, indem ich allein hier sitze, während Dschan vermutlich gerade in Rakshanistan sonst was ausbrütet hinter meinem Rücken. Ich habe sehr viel zu verlieren, aber was habe ich zu gewinnen? Anstelle von Forderungen, wie wäre es mal mit einem Angebot, Felipe? Gib mir einen Grund, ernsthaft mit euch allen hier über Frieden zu verhandeln! Bietet mir etwas, das besser ist als das, was die Rakshaner zuvor hatten! Bietet mir etwas, womit ich meine Leute überzeugen kann, meinen Ideen zu folgen und mich nicht bei der Heimkehr wegen geistiger Umnachtung zu Ghulfutter zu verarbeiten!"


    Der Duc de Souvagne war wie gewohnt besonnen, aber auch ausgesprochen zurückhaltend. Er gemahnte an die korrekte Erbfolge von Ledwick zu denken, doch zum globalen Krieg schwieg er sich noch aus. Der Mann war sehr vorsichtig. Andererseits hatte er mit dem Krieg auch nur indirekt zu tun und von Anfang an gesagt, dass er nur als neutraler Vermittler auftreten wollte.


    Die Counts von Ledwick wirkten wenig erfreut ob der ganzen Situation. Natürlich, das Schicksal ihres Großherzogtums stand auf Messers Schneide. Sie wussten weder, wie es weiter gehen soll, noch was geschehen sollte, würden sie unter Ehveros oder Souvagne fallen.


    Tarkan wartete mürrisch, ob Felipe doch noch dazu zu bewegen war, ein Angebot auszusprechen, was über Forderungen hinaus ging.

    Tarkan sog gierig den Kaffeeduft mit der Nase ein. Noch bevor er überhaupt die Augen aufschlug, hatte er den Becher mit beiden Händen umfasst und schlürfte den braunen Lebenssaft. Offenbar hatte Zickidul Recht, wenn er behauptete, dass Tarkan kaffeesüchtig sei. Seine bestialischen Kopfschmerzen wurden merklich gemildert und seine grottenschlechte Laune besserte sich. Auch erhöhte sich sein Blutdruck so weit, dass er in Betracht zog, sich selbst als "wach" im Sinne von "nicht schlafend" zu bezeichnen. Wirklich munter war er nicht. Er war krank, ohne Zweifel, mordsmäßig erkältet mindestens. Es fühlte sich jedoch eher wie eine beginnende Lungenentzündung an, denn jeder Atemzug ließ ein belegtes Gefühl in seinen Lungen aufkommen. Er konnte jedoch nichts abhusten. Vielleicht hätte er doch in einem Zimmer schlafen sollen, anstatt auf dem gefrorenen Erdboden, so angeschlagen wie er seit den letzten Ereignissen schon zur Genüge war.


    Einer der Almanen hatte ihn offenbar äußerlich auf die Verhandlungen vorbereitet, ohne dass Tarkan etwas davon mitbekommen hatte. Er war gewaschen, rasiert und seine Kleider abgeputzt. Der Mann band gerade seine Haare zusammen und redete aufmunternd mit ihm.


    "Fabien?", fragte Tarkan erstaunt. Ja, er war sicher. Das war der Name des Mannes und es war obendrein irgendein enger Vertrauter des Ducs, so viel hatte er mitbekommen, auch wenn ihm keine Sau irgendwas hier erklärte. Niemand machte sich die Mühe, dem fremdländischen Staatsgast, der völlig überfordert mit den hiesigen Gepflogenheiten war, irgendwie bei der Eingewöhnung zu helfen. "Haben die Säcke ohne mich schon angefangen? Verdammt, so lange wollte ich doch gar nicht schlafen. Mir geht`s ziemlich bescheiden, Fabien. Ich hätte auch gern jemand, der mir meinen ganzen Kram erledigt und mir zur Hand geht, so wie du für den Duc, dann wäre es einfacher, als wenn man sich um alles selber kümmern muss. Ich hätte jemanden mitbringen sollen. Ich würde dir ja Trinkgeld für deine Hilfe hier geben, aber ich habe nie Geld besessen. Drum muss ich es bei einem Danke belassen. Hilf mir mal hoch."


    Er krallte sich in Fabiens Ärmel und zog sich auf die Füße. Mit einiger Mühe wickelte er seinen Turban neu, was in seinem Zustand eine halbe Stunde in Anspruch nahm. Aber er wollte schließlich repräsentativ aussehen. Er ließ sich von Fabien zur Versammlung führen. Ihm ging es derart mies, dass er sich an Fabien festhalten musste. Ihm wurde immer wieder schwindlig. Verdammtes Fieber. In den Saal trat er jedoch alleine ein. Erleichtert eilte er zu dem Stuhl am Kartentisch, damit er sich endlich setzen konnte. Man befand sich noch nicht in den Verhandlungen, stattdessen taxierten sich alle. Außer Tsaagan, aber der konnte auch niemanden taxieren, wie Tarkan bereits wusste. Alle Würdenträger von Rang und Namen waren anwesend. Nun ja, fast, außer dem seinen war noch ein weiterer Stuhl leer. Er hatte keine Ahnung, was für ein Gruß angemessen wäre, mit diesen ganzen almanischen Förmlichkeiten kam er durcheinander. Also sagte er gar nichts.


    Er entdeckte den unsäglichen Verräter Khawa, der den blassen Sohn des Ducs umwuselte. Tarkan hätte schwören können, dass er das letzte Mal dem anderen Sohn gedient hatte, aber diese Weißlinge sahen irgendwie auch alle gleich aus. Es war kein Wunder, wenn er durcheinander kam. Er würde froh sein, dass hier hinter sich zu haben.

    Tarkan kam sich veralbert vor. Man führte ihn in den Thronsaal, wo er nicht mal eine namentliche Erwähnung erfuhr, während die beiden Großherzöge sich gut zu unterhalten schienen. Stattdessen betrachtete Felipe ihn wie Vieh. Tarkan erwiderte den Blick kalt. Er hatte keine Angst. Er war zu erschöpft und hatte zu viel erlebt in den letzten Monaten, um noch welche zu empfinden. Er fühlte sich ausgesprochen unwohl und beschloss schon aus Prinzip, irgendwo draußen im Freien zu übernachten, wenn die Kerle ihn nicht hier haben wollten, um zu zeigen, dass sie ihn mal kreuzweise konnten und er nicht auf sie angewiesen war. Und sei es bei eisigstem Pisswetter. Er fragte sich, warum er überhaupt angereist war. Nur um angeglotzt zu werden? Oder wollten sie wirklich noch mit ihm verhandeln?

    Tarkan war in einer denkbar schlechten Verfassung für einen körperlichen Kampf. Doch er war ein Krieger, er war in der Steppe geboren und hatte sein Leben lang mit Beutezügen und dem Führen von Kampftrupps verbracht. Er war noch nicht so weit, völlig wehrlos zu sein. Er griff in die Luft und packte das sich windende Geschöpf. Es schien ziemlich klein zu sein und Flügel zu haben, irgendein kleinwüchsiger Tiefling. Er klemmte sich das Geschöpf im Schwitzkasten unter den Arm.


    "Er hat sich soeben freiwillig gestellt", knurrte Tarkan. "Was soll der Unfug? Und wer schickt dich? Lass mich raten - Dschan?"

    Tarkan sah gerade noch, wie ein goldener Schwapps von Flüssigkeit herunterregnete. Er folgte der Richtung mit den Augen, konnte aber nicht sehen, woher es kam. Vermutlich irgendein Tarnzauber. Er ärgerte sich einmal mehr, dass er über keinerlei magische Fähigkeiten verfügte. Es machte keinen Sinn, länger in die Luft zu starren, der Übeltäter konnte inzwischen ganz woanders sein. Er lenkte sein Pferd um und hoffte, dass die nächste Attacke nicht ihm gelten würrde, denn er besaß keinen Ersatzturban vor Ort.

    Tarkan bemerkte das streitlustige Funkeln in den Augen des Mannes, der offenbar nicht nur ihn, sondern auch Khawa auf dem Kieker hatte, so wie er zu dem herüberblickte dann aber lenkte der Almane wider Erwarten ein. Ob er es nun aufrichtig meinte oder nicht, es war ein Wort. Tarkan verzichtete daher auf eine Erwiderung der anfänglichen Garstigkeiten und nickte dem Mann nur knapp zu.


    "Wir haben alle die Nase vom anderen voll. Es war ein gutes Jahr mit einer schönen Schlacht, doch genug ist ist genug. Sehen wir zu, dass wir einen Frieden vereinbaren, damit wir uns so schnell nicht wieder sehen müssen."


    Er trieb sein Pferd an und ritt seines Weges.