Beiträge von Tekuro Chud

    Tekuro spürte, wie die Menge ihn erdrückte. Er hasste es, unter so vielen Vampiren zu sein. Er hasste ihre Blicke, ihre Gerüche, ihre Stimmen. Er hasste ihre Freude, ihre Feier, ihre Feste. Er war nur hier, weil Kasimir ihn überredet hatte. Kasimir, der immer so viel sehen und erleben wollte. Kasimir, der immer so viel von ihm verlangte.


    “Komm schon, Tekuro. Es ist das Jahresfest. Das größte Ereignis in der Nachtburg. Wir müssen es uns ansehen. Wir müssen es genießen. Wir müssen es feiern.”


    Mit solchen und anderen Worten hatte Kasimir ihn gelockt. So hatte er ihn aus seinem Zimmer gezerrt. So hatte er ihn zu dem Markt gebracht, über den sich das Gewölbe einer Tropfsteinhöhle spannte. Ihr falscher Himmel, der nichts mit dem Original gemein hatte.


    Der Markt war ein Schauspiel für die Sinne. Es gab Stände, die alle möglichen Waren anboten: Kleidung, Schmuck, Bücher, Leuchpilze aller nur denkbaren Farben im Topf. Es gab Künstler, die ihre Talente zeigten: Musik, Tanz, Gesang, Malerei, Poesie. Es gab Blutspeisen, die alle möglichen Geschmäcker befriedigten: scharfe Suppe, süßes Gelee, herzhafte Klöße und knusprige Flocken. Überall gab es etwas zu sehen, zu hören, zu riechen, zu schmecken, zu fühlen.


    Tekuro sah alles und fühlte nichts.


    Er fand alles abstoßend. Er fand alles langweilig. Er fand alles sinnlos.


    Er wollte nur weg. Er wollte nur zurück. Er wollte schlafen.


    Aber Kasimir ließ ihn nicht. Kasimir zog ihn von einem Stand zum nächsten, von einer Attraktion zur nächsten, von einer Delikatesse zur nächsten. Kasimir redete ununterbrochen, schwärmte, lobte, staunte. Kasimir lachte, sang, redete. Kasimir lebte.


    Tekuro sah ihn an und spürte, wie etwas in ihm regte. Von diesem Mönch ging ein Segen aus, der anders war, als wenn man allein in einem Tempel saß. Tekuro spürte, wie etwas in ihm erwachte, etwas, das leben wollte.


    Er ließ sich von Kasimir mitreißen. Er ließ sich von ihm begeistern. Er sah mit ihm. Er hörte mit ihm. Er schmeckte mit ihm. Er fühlte mit ihm.


    Er lebte mit ihm.

    Die Nachtburg lag tief unter der Erde in einem Netzwerk aus Höhlen und Tunneln, die sich über viele Kilometer erstrecken. Die Nachtburg war eine Stadt für sich mit allem, was die Vampire brauchten oder wollten. Es gab Wohnräume, Speisesäle, Bibliotheken, Labore, Arenen, Tempel, sogar Gärten aus wundersamen Pilzen, es gab Thermen, Tavernen, Theater und vieles mehr.


    Tekuro hasste die Nachtburg. Er hasste sie, weil sie ihm das Gefühl gab, eingesperrt zu sein, weil sie ihm das Gefühl gab, nicht dazuzugehören und nichts zu bedeuten. Er hasste die anderen Vampire, die nicht die Gesellschaft waren, die er zu Lebzeiten gewohnt war. Er hasste die Regeln, die Hierarchien, die Intrigen, die Kämpfe, die Morde, die er in der Nachtburg erlebt hat. Er hasste die Fackeln, die Kerzen, die Laternen, die Kristalle, die die Nachtburg beleuchteten, weil sie nicht die Sterne waren, die er so sehr liebte. Er hasste die Geräusche, die Gerüche, die Geschmäcker, die Berührungen, die die Nachtburg ihm bot, weil sie ihn an seine Vergangenheit erinnerten, an seine Freunde, an seine Liebe, an alles, was er verloren hatte.


    Tekuro liebte die Nachtburg. Er liebte sie, weil sie ihm Schutz bot und Sicherheit bietet, weil sie ihm Leben bot, obwohl er nicht mehr leben sollte. Er liebte die Geschichten, die Lieder, die Bilder, die Gedichte, die er in der Nachtburg fand, weil sie ihn trösten, weil sie ihn inspirieren, weil sie ihn träumen ließen. Er liebte die Geheimnisse, die Rätsel, die Wunder, die er in der Nachtburg entdeckte, weil sie ihn neugierig machten, weil sie ihn herausforderten, weil sie ihn überraschten. Er liebt die Momente, die er in der Nachtburg erlebte, weil sie ihm gehörten, weil sie ihm alles waren.


    Die Nachtburg war für Tekuro ein Fluch und ein Segen, ein Gefängnis und ein Zuhause.


    Tekuro spürte, wie die Kälte der unterirdischen Festung in seine Knochen kroch. Er zog seinen schwarzen Mantel enger um sich und folgte Kasimir durch die dunklen Gänge. Nach dem langen Liegen fühlten seine Beine sich steif an. Er wusste nicht, warum er sich auf diesen Spaziergang eingelassen hatte. Er mochte es nicht, sich mit anderen zu unterhalten, schon gar nicht mit einem ehemaligen Lichtalb wie Kasimir. Aber irgendwie hatte dieser es geschafft, ihn aus seinem Zimmer zu locken, mit seiner sanften Stimme und seinem freundlichen Lächeln.


    “Du siehst müde aus, Tekuro”, sagte Kasimir, als sie an einer Reihe von Laternen vorbeikamen, die einen schwachen Schein auf die Steinwände warfen. “Hast du schlecht geschlafen?”


    Tekuro schnaubte. “Ich schlafe immer schlecht. Die Alpträume lassen mich nicht in Ruhe.”


    Kasimir nickte verständnisvoll. “Ich kenne das. Ich habe auch oft Alpträume. Von meiner Vergangenheit, von dem, was ich verloren habe, von dem, was ich als Vampir getan habe.”


    Tekuro warf ihm einen Seitenblick zu. Er wusste, dass Kasimir einst ein Lichtalb gewesen war, ein Angehöriger eines friedlichen und weisen Volkes, das für die Wissenschaften und die schönen Künste lebte. Er wusste auch, dass Kasimir von einem Vampir gebissen und verwandelt worden war, gegen seinen Willen. Er wusste nicht, wie er damit umging, wie er seine neue Existenz akzeptierte. Er wusste nur, dass Kasimir immer noch ein Mönch war. Er wusste nicht, wie er das aushielt.


    “Warum bist du noch ein Mönch?”, fragte er. “Wie kannst du an einen Gott glauben, der dich so leiden lässt?”


    Kasimir seufzte. “Ich glaube nicht an einen Gott, Tekuro. Ich glaube an eine Kraft, die alles verbindet, die alles durchdringt, die alles lenkt. Ich glaube, dass alles einen Sinn hat, auch wenn wir ihn nicht verstehen. Ich glaube, dass wir alle eine Aufgabe haben, auch wenn wir sie nicht kennen. Ich glaube, dass wir alle eine Chance haben, uns zu ändern, auch wenn wir sie nicht nutzen.”


    Tekuro schüttelte den Kopf. “Das ist Unsinn. Es gibt keine Kraft, die alles verbindet. Es gibt nur Chaos und Zufall. Es gibt keinen Sinn, nur Leid. Es gibt keine Aufgabe, nur Überleben. Es gibt keine Chance, nur Schicksal.”


    Kasimir lächelte traurig. “Du bist so verbittert, Tekuro. Du hast so viel Schmerz erlebt. Du hast so viel Angst. Aber du bist nicht allein. Du hast uns. Du hast mich.”


    Tekuro spürte, wie ein Stich in seiner Brust ihn traf. Er wollte Kasimir wegstoßen, ihm sagen, dass er ihn in Ruhe lassen sollte, dass er ihn hasste, dass er ihn nicht brauchte. Aber er konnte es nicht. Er konnte nicht leugnen, dass er sich bei Kasimir sicher fühlte, dass er sich bei ihm verstanden fühlte, dass er sich bei ihm lebendig fühlte.


    Sie kamen an einer großen Halle an, in der viele Vampire versammelt waren. Sie sahen aus wie eine bunte Mischung aus verschiedenen Rassen, Kulturen und Epochen. Sie trugen Kleidung, die von einfach über elegant bis hin zu exzentrisch reichte. Sie redeten, lachten, tranken, tanzten, flirteten. Sie lebten.


    “Willkommen zum Jahresfest”, sagte Kasimir .

    Unterwegs in der Nachtburg

    Tekuro lag auf seinem Bett und starrte an die Decke. Er hatte keine Lust, aufzustehen. Er hatte keine Lust, etwas zu tun. Er hatte keine Lust, zu leben.


    Jemand klopfte an seine Tür. Er ignorierte es. Er wollte niemanden sehen. Er wollte seine Ruhe haben.


    Obwohl er nicht antwortete, ging die Tür auf. Das wagten nicht viele.


    “Hey, Tekuro. Wie geht es dir?” Es war Kasimir. Der einzige, der sich um ihn kümmerte. Der einzige, der ihn besuchte. Tekuro drehte sich um und sah ihn an. Er sah das vertraute kahle Haupt, seine spitzen Ohren, seine braunen Augen. Er sah sein sanftes Lächeln, sein freundliches Gesicht und spürte schmerzlich sein warmes Herz.


    Tekuro seufzte. Er konnte ihn nicht wegschicken. “Hallo, Kasimir. Es geht mir gut.” Er log. Es ging ihm nicht gut. Es ging ihm nie gut.


    “Das glaube ich dir nicht. Du siehst traurig aus und einsam. Die Leere greift nach dir.” Er sagte die Wahrheit. Tekuro war traurig. Er war einsam und er war leer. “Was ist los, Tekuro? Was bedrückt dich? Was fehlt dir?”


    Er wusste es nicht. Er wusste es nicht mehr. Er hatte es vergessen. “Nichts. Nichts ist los. Nichts bedrückt mich. Nichts fehlt mir.” Er log wieder. Er log Kasimir an und er log sich selbst an.


    Kasimir schüttelte den Kopf. Er ließ ihn nicht los. Er gab ihn nicht auf. “Komm, Tekuro. Lass uns spazieren gehen. Lass uns reden. Lass uns leben.”


    Er zögerte. Er hatte keine Lust, spazieren zu gehen. Er hatte keine Lust, zu reden. Er hatte keine Lust, zu leben. “Aber wohin? Worüber? Und warum?” Er fragte nur aus Gewohnheit. Er fragte ohne Hoffnung.


    Kasimir lächelte und zog ihn hoch. “Wohin? Wohin du willst. Worüber? Worüber du willst. Warum? Weil du mir wichtig bist.”


    Wiederwillig quälte Tekuro sich aus dem Bett und begleitete Kasimir auf einen Spaziergang durch ihr unterirdisches Reich.

    Tekuro hatte ein Bild gezeichnet, das er Bellamy schenkte. Es enthielt ein Ausschnit von ihrem Lied sowie den Versuch, sie beide in ihrer Fledermausgestalt abzubilden.


    Bitte melde dich an, um diesen Anhang zu sehen.

    Der Palaisin

    Jahr 192 nach der Asche, Souvagne, Beaufort, Palastgelände.


    Lange nach Ende der Schicht stand Robere allein in voller Rüstung hinter dem Hauptgebäude des Palasts. Die Sonne versank bereits hinter dem Waldpark und ließ die roten Ziegeldächer Beauforts glühen. Die schmalen dunklen Augen gegen die Abendsonne zusammengekniffen, verfolgte der frischgebackene Gardist mit feindseligen Blicken die Passanten, so als hätte er noch immer Wachdienst. Die Hellebarde hielt er fest in der Hand. Das ging so lange gut, bis ein untersetzter Gardist um die Ecke marschierte, kurz innehielt und sich dann vor ihm aufbaute.


    »Name, Einheit«, blaffte der Gardist, wobei er Robere seinen Raucheratem entgegen stieß.


    Über dem Kettenhemd lag der Wappenrock mit dem Schreiadler. An seinem Waffengurt hing ein Schwert. Eine Hellebarde suchte man an diesem Mann vergebens. Das verwirrte Robere. Er musste auf den Gardisten hinabsehen, der wohl Mitte dreißig sein mochte und ihn aus eisblauen Augen musterte. Das kurze dunkle Haar sah selbst gestutzt aus, einen Barbier besuchte dieser Gardist wohl eher selten, worauf auch sein Bartschatten schließen ließ.


    Robere wusste zwar nicht, wer der Kerl war, vermutete aber anhand seines Auftretens einen Offizier. So machte er korrekt Meldung. »Robere Moreau, zweiter Mann von Unitè B, Leibgarde des Duc de Souvagne.« Es war das erste Mal, dass er sich so vorstellen durfte.


    »Moreau, also ein Neuling! Sonst würde ich Ihren Namen kennen. Zu Ihrer Information, Moreau, Schichtwechsel war vor siebenundzwanzig Minuten!« Der Mann zeigte auf die große Uhr an der Palastwand, die Robere nicht lesen konnte. »Haben Sie das Trompetensignal nicht gehört?«


    »Doch, Monsieur.«


    Die Kiefermuskeln des Mannes spannten sich und an seinem muskulösen Hals traten die Adern hervor. »Nicht Monsieur! Ich bin Palaisin Bellamy Bourgeois!«


    Roberes Augen weiteten sich erschrocken. »Der Palaisin? Das wusste ich nicht! Es ist mein erster Tag hier.«


    »Und darum ignorieren sie den Schichwechsel?« Der andere blickte ungnädig. Noch immer stand er viel zu dicht vor Robere.


    »Ich weiß nicht, was ich nach dem Dienstende machen soll. Boldi ist weggegangen.« Nervös blickte Robere zu Seite.


    »Augen nach vorn«, donnerte der andere. »Und es heißt Coutilier Boldiszàr Boucher! Was ist das für ein Sauhaufen? Gehen Sie nach Schichtende wie jeder andere Gardist Ihre Ausrüstung ablegen, verschwinden Sie anschließend im Badehaus und würfeln Sie bis zur Schlafenszeit mit Ihren Kameraden!«


    Das war eine sehr detaillierte Anweisung. Aber der Mann verstand das Problem nicht. »Boldi ist weg«, wiederholte Robere. »Ich kann da nicht rein! Ich kenn die nicht.«


    »Nicht Boldi, zum Henker«, donnerte der Mann. »Welche Familie von Bastarden hat Sie ausgespien? Aus welchem Haus stammen Sie, wen hat Ihr Vater bestochen, damit Sie diesen verdammten Posten bekommen?! Ich reiße mir jeden Tag den Arsch auf, um aus der Leibgarde das Beste herauszuholen, und dann wird es mir von korrupten Taugenichtsen zunichtegemacht!« Der Mann tippte Robere hart auf die Brust. Seine Nasenspitze berührte fast Roberes Kinn. »Antworten Sie!«


    »Mein Haus? Also ich ... stamme ... aus dem Waisenhaus.« Robere hatte gelernt, nicht leiser zu werden, wenn ein Vorgesetzter ihn anschrie, selbst wenn er stammelte. »Saint Aumary«, fügte er fest hinzu.


    Der Mann wich einen Schritt zurück. Nun stand er in einer angenehmen Entfernung. »Saint Aumary«, wiederholte er. »In Dupont?«


    »Ja, Palaisin.«


    »Verstehe. Dann war es Boldiszàr, der sich für dich eingesetzt hat.«


    Robere fiel der plötzliche Wechsel vom Sie zum Du auf. Da er es verabscheute, als mehrere Personen angesprochen zu werden, war er dafür dankbar. »Ja, Palaisin. Wir haben zusammen dort gewohnt.«


    »Bellamy, wenn wir privat sprechen. Ich sagte doch, es ist Schichtende. Rauchst du?«


    »Ja, Pal... Bellamy.« Nervös leckte er seine Unterlippe. Es fiel ihm schwer, sich an ständige Änderungen anzupassen, selbst dann, wenn sie zum Guten waren.


    »Folge mir.«


    Er führte Robere zu einer weiß lackierten Bank im Palastgarten, die zwischen blühenden Rosenbüschen stand. Dort ließen sie sich nieder. Der Palaisin zog seine Tabaktasche hervor, drehte Robere eine Rauchstange und reichte sie ihm. Danach drehte er sich selbst eine. Er zündete beide an und nebeneinander sitzend rauchten sie. Robere ließ den weißen Qualm wie Nebel durch seine Nasenlöcher und zwischen den Zähnen hindurch sickern, um ihn möglichst intensiv zu riechen und zu schmecken. Bellamy hingegen pustete mit zurückgelegtem Kopf eine Rauchfontäne in den Abendhimmel.


    »Wie habt ihr euch nach dieser Zeit wiedergetroffen?«, hakte Bellamy nach.


    »An der Nordfront. Ich war ... ich war ...« Er konnte diesen Mann nicht belügen. Boldiszàr kannte die Wahrheit und würde sie dem Befehlshaber der Leibgarde nicht vorenthalten. »Wir wurden als Kinder getrennt. Mit Zwölf muss man das Waisenhaus verlassen und beim Lehnsherrn arbeiten. Wohin Boldi verschwunden ist, wurde mir nicht gesagt. Sie haben ihn einfach mit einer Kutsche abgeholt! Ich war jünger und blieb. Zurück.«


    »Aber wo habt ihr euch wiedergetroffen?« Bellamy ließ sich nicht ablenken.


    Robere schnaufte. »An der Nordfront. Boldi ... also mein Coutilier hat Prince Ciel de Souvagne eskortiert. Der die Arbeiten am Wall leitete.«


    »Du warst demnach bei der Armee, die den Nordwall hochzog?«


    »Nein«, gab Robere unwillig zu. »Ich war bei der Strafkompanie. Die zur Verstärkung kam.« Er senkte den Blick. Er wusste, dass die Leibgarde des Duc aus Männern bestand, die aus den besten Familien stammten. Nur er war die unrühmliche Ausnahme. Wobei ... Boldiszàr war das auch. Und was war mit Bellamy Bourgeois? Sein Nachname ließ auf keines der bekannten Adelshäuser schließen.


    Der Palaisin setzte sich bequemer hin. »Bleib entspannt. Wenn du deine Zeit in der Strafkompanie gedient hast, bist nun ein redlicher Mann. Aber weshalb warst du dort?«


    Jetzt wurde es Robere richtig ungemütlich. »Ich. Ich hab.« Robere nahm einen tiefen Zug von der Rauchstange, um seine Nervosität auszuräuchern. Manchmal half das. Boldiszàr hatte erzählt, dass irgendetwas im Pfeifenkraut wäre, das die Nerven beruhigte. Doch heute blieb seine Angst. »Ich hab«, versuchte Robere es verzweifelt, doch konnte den Satz nicht beenden. »Ich kann nicht gut reden, Monsieur. Palaisin. Bellamy!« Er massierte sich mit dem Handballen den schweißnassen Haaransatz und sah weg.


    »Ich habe Zeit«, erwiderte Bellamy gedehnt und sog genüsslich an seiner Rauchstange.


    »Ich bin rehabliert«, rief Robere. »Frontdienst gegen Absolution. So hat es Chevalier de Sonzier gesagt! Ich bin kein Verbrecher mehr vor dem Gesetz! Ich kann diese Arbeit hier als Gardist. So gut wie jeder andere. Ich bin fähig mit der Waffe. Und ich bin. Treu!« Sein Herz raste bei der Vorstellung, wegen seiner unrühmlichen Vergangenheit wieder aus der Leibgarde geworfen zu werden, erneut vor dem Nichts zu stehen und Boldiszàr zu verlieren. »Ich bin ein guter Soldat, Bellamy! Das haben alle gesagt!«


    »Und nichts anderes habe ich behauptet.« Bellamy schien seinen Spaß an Roberes Verzweiflung zu haben. Er tätschelte ihm jovial den Oberschenkel. »Ich warte immer noch auf deine Antwort. Noch eine Rauchstange?«


    »Ja.« Robere strich die Glut an seiner Stiefelsohle ab und schnippte den Stummel in die Wiese.


    »Aufheben. Dort ist der Mülleimer.«


    Robere stand auf und warf den Stummel an seinen korrekten Bestimmungsort.


    »Also?« Bellamy sog und die Glut spiegelte sich in seinen eisblauen Augen. Robere beobachtete, wie seine dunklen Bartstoppeln sich auf der Oberlippe aufstellten. Etwa die Hälfte davon glitzerte silbern, so wie das Haar an seinen Schläfen.


    »Ich hab.« Robere schaute noch immer auf die arbeitende Mundmuskulatur seines Gegenübers. Er atmete tief durch und sah zur untergehenden Sonne. »Spieltrieb.«


    Bellamy drehte eine neue Rauchstange, während er seine eigene, die noch zur Hälfte vorhanden war, auf die Armlehne der Bank legte. Er entzündete die neue Rauchstange, bevor er sie Robere reichte. »Verstehe«, sagte er gedehnt. »Darum hast du Angst, allein zu den Gardisten in die Gemächer zu gehen.«


    Robere nickte, ohne Bellamy anzusehen.


    »Haben sie dich in der Strafkompanie so büßen lassen, wie du vorher mit anderen gespielt hast?«


    »Nein. Ich hatte dort einen ... Beschützer. Meinen Commandant Meqdarhan. Der auch wegen Spieltrieb dort war. Glaube ich jedenfalls, zumindest hat er welchen. Das weiß ich. Er war ... gut zu mir. Hat aufgepasst, damit sie mich nicht ärgern. Warum, weiß ich nicht.«


    »Weil er ein guter Mann ist, der all seine Schäfchen hütet«, erklärte Bellamy. »In der Strafkompanie hat jeder Mann Dreck am Stecken und seine Aufgabe ist es, aus Verbrechern wertvolle Mitglieder der Gesellschaft zu machen. Das ist eure letzte Chance und das weiß er. Dass er dich schützte, zeigt, dass er seine Aufgabe ernst nimmt und niemanden verurteilt. Denn das Urteil wurde längst gesprochen.«


    Robere war überrascht, dass Bellamy so respektvoll von dem Ausbilder einer Strafkompanie sprach und dass der Palaisin keinen Anstoß daran nahm, dass Robere überhaupt bei der Strafkompanie gedient hatte.

    »Aber Meqdarhan ist nicht hier«, beharrte Robere. »Wenn die Kameraden von Unitè B merken, warum ich bei der Strafkompanie war. Quälen sie mich! Niemand wird Gardist, weil er freundlich ist. Ich bin so allein, Bellamy. Ich kann ohne Boldi nicht zu den anderen in die Quartiere. Ich will das nicht.«


    »Dann wirst du dir Freunde suchen müssen. Und noch weiß niemand von deinem sogenannten Spieltrieb, nicht wahr? Du bist nicht verpflichtet, irgendjemandem zu deinem früheren Leben Auskunft zu erteilen. Von deinen Vorgesetzten abgesehen, versteht sich.«


    »Und wenn ich keine Freunde finde? Ich bin nicht gut in so was. Ich bin. Wie ich bin.« Dass er Probleme damit hatte, zu sprechen und sich gut zu verkaufen, war ja nicht zu überhören. Auch, dass seine nahezu fehlende Mimik die Leute irritierte, war ihm bereits gesagt worden.


    »An ein mögliches Scheitern solltest du gar nicht erst denken, Robere. Du hast es aus dem Waisenhaus über die Strafkompanie bis hinauf zur Leibgarde des Duc geschafft. Das kann nicht jeder von sich behaupten.«

    Bellamy stand auf, drückte den Rest seiner Rauchstange am Rand des Mülleimers aus und warf ihn hinein.


    Robere überlegte kurz. »Ein Lob«, schlussfolgerte er. »Du hast mich gelobt!«


    Ehe der Palaisin etwas erwidern konnte, näherten sich Schritte und beide drehten sich nach ihnen um.

    Da nahte Boldiszár. Er salutierte. »Palaisin.«


    Der erwiderte den Gruß freundlich und fügte danach hinzu: »Steh bequem. Wir sprechen gerade privat.«


    »Ah, schau an, das ging schnell.« Boldiszàr blickte zwischen den beiden hin und her. »Ich hatte nach Robere gesucht.«


    Der grinste glücklich. »Der Palaisin da hat mir zwei Rauchstangen geschenkt. Ich konnte nicht ablehnen. Darum musste ich mit ihm draußen bleiben.«


    »So, hat er das?« Boldiszàr schmunzelte mit dem gesunden Mundwinkel. Jetzt, wo er und Bellamy nebeneinanderstanden, war die Ähnlichkeit verblüffend. Zwei kompakte Kraftpakete, schwarzhaarig und blauäugig und beide schlecht rasiert. Sie hätten Brüder sein können. Vielleicht waren sie das sogar? Bellamy hatte freundlich reagiert, als Robere von seinem Waisenhaus berichtet hatte. Aber Robere wagte nicht zu fragen, woher Bellamy stammte.


    Der grinste Boldiszàr jetzt mit gelben Zähnen an. »Das ist doch jener Robby, von dem du früher erzählt hattest, oder nicht? Der aus Saint Aumary?«


    Boldiszàr nickte. »Klar ist er das. Es gibt nur einen Robby - meinen Wahlbruder, meinen Lebensretter und meinen bester Freund.«


    Robere bekam rote Ohren, sah schnell weg und grinste verschämt, freute sich aber riesig über das Lob in Gegenwart des Palaisins. Gleich zwei Lobe hintereinander! Oder hieß es Lobs?


    »Na also«, rief Bellamy. »Dann gebietet es doch der Anstand, ein paar persönliche Worte zur Begrüßung von Robby zu wechseln, nicht wahr?« Bellamy klopfte Boldiszàrs Schulter. Leiser sagte er: »Stell ihm einen Mentor zur Seite, bis er seinen Platz in Unitè B gefunden hat.«


    Dann stapfte Bellamy ohne einen Abschied davon.

    Tekuro, der Garlyn noch nie selbst hatte ackern sehen, geschweige denn, dass der sich erbarmt hatte, ihn zu ackern, schaute kleinlaut. Garlyn hatte gerade sehr gute Laune. Wie war er drauf, wenn er schlechte Laune hatte? Der Jägername Skolopender machte auf einmal noch mehr Sinn. Tekuro hatte es vor allem auf die Schnelligkeit des Tieres bezogen und sich gewundert, weil Garlyn nicht sonderlich schnell war, aufgrund seiner Masse. Doch Skolopender taten vor allem eins - sie hielten ihre Beute und ließen sie nicht mehr los, bis sie oder die Beute tot waren. Welche Kraft Garlyn hatte, wusste Tekuro und der Ghul hatte es gerade eben auf spielerische Weise demonstriert, hier hatte kein Ernst dahinge gelegen, keine irgendwie geartete Bosheit. Der Skolopender schlief. Garlyn hingegen drückte sein lebendes Wärmekissen an sich. Als Ghul tat ihm Körperwärme gut. Tekuro streichelte sie beide abwechselnd. Ihm vibrierten noch immer die Eier und er liebte es.


    "Magst du meinen Garlyn jetzt auch?", erkundigte er sich, denn das war ihm wichtig.

    Tekuro wollte auch liegen, aber er hatte keinen Platz. So versuchte er sich andersherum, mit seinen eingezogenen Beinen auf der Seite liegend, mit dem Kopf auf Garlyns Brust zu betten. So war er allen beiden nahe. Seine Finger strich über Maximiliens blondes Haar.


    "Der Bluthexer würde toben", sagte er leise.

    "Aber bei dir bin ich immer entspannt. Außer wenn ich denke, du bist böse. Und ja, ich wollte schauen, ob es dir gefallen hat ... ich war nicht sicher."


    Artig hängte er die Tür ein, was ihm vollkommen mühelos gelang. Er sah, dass Maximilien scheu hatte vor Garlyn. Dabei war der Ghul so ein Guter. Auch wenn sein Haar und sein Bart nun grau waren anstelle von Fuchsrot, und ein paar Falten hinzugekommen waren. Tekuro setzte sich hinter Garlyns Kopf und gab ihm zu verstehen, dass er sich ein wenig aufsetzen sollte, so dass Tekuro ihn in die Arme schließen konnte. Er wollte, dass Maximilien sah, dass Garlyn ungefährlich war. Doch das tat er nur kurz, denn Maximilien wollte sicher in die Mitte. Also zog Tekuro ihn nun dort hin. Er stellte fest, dass der Duc sehr winzig aussah zwischen ihnen beiden, und zierlich.

    "... Max ...", keuchte Tekuro, dem noch immer schwindling war. "Wenn das die Strafe war ... du hast Recht. Ich muss dir vertrauen, so wie du mir vertraust. Es tut mir leid. Ich werde künftig fragen, vorher, das schwöre ich! Bei den Göttern, meine Eier ..."


    Er überlegte, ob er überhaupt schon je zwei mal so kurz hintereinander gekommen war, aber ihm fiel keine solche Situation ein. Aber jetzt waren sowohl Maximilien als auch Garlyn unbefriedigt und vermutlich beide rattig bis unter die Schädeldecke. Garlyn auf jeden Fall.


    "Ich kann ... Max ... ich kann nicht ein drittes Mal. In so kurzer Zeit. Aber Garlyn könnte, er könnte gut. Magst du? Oder darf ich dich lutschen?"


    Tekuro kraulte Maximiliens Schritt. Er wollte sehen, ob er hart war.

    Froh erwiderte Tekuro den Kuss. "Danke", sagte er und rieb seinen Stachel an Maximilien, während er ihn umarmte. "Ich weiß nicht, warum Garlyn ein Ghul ist, aber das ist gut, so bleibt er auf ewig bei mir an meiner Seite. Belly wird ihn auch mögen und Patti."


    Der Kommentar hatte einen sehr schrägen Blick von Garlyn zur Folge, den Tekuro jedoch nicht sah, weil er mit dem Rücken zu ihm stand. Tekuro kuschelte arglos mit Max.

    "Danke, dass du nicht böse bist. Ich wollte kein Nein. Darum wollte ich nicht fragen und Prince Ciel ist so schon sauer auf mich. Wie lange darf Garlyn bleiben?"

    Tekuro trat einen Schritt vor, er wollte gern von Maximilien umarmt werden, damit er wusste, dass alles gut war. "Es ... tut mir leid. Ich hatte Angst. Dass du Nein sagst. Aber ich konnte meinen Posten nicht verlassen. Darum habe ich absichtlich ... die Regel übertreten. Ich nehme meine Strafe entgegen. Nur bitte, wenn ich was erbitten darf, straf nicht Garlyn. Er ist ein guter Ghul. Du kannst mit ihm reden, er kann nicht nur stöhnen, der redet ganz normal und ist pappesatt."

    Boldiszàr salutierte, schenkte Tekuro einen Blick, den dieser erwiderte und verschwand. Nun war sein Bruder auch noch um seine Vorführung gebracht worden, nur, weil Garlyn so laut machen musste. Warum Ghule immer stöhnten, wussten sie vermutlich selber nicht.


    "Er ist meine Mama", sagte Tekuro liebevoll, dann schüttelte er rasch den Kopf, als er merkte, wie schräg das klang. "Garlyn hat ... er hat mich aus meinem Grab gezogen. Damals. Als ich niemanden hatte und sterben wollte. Er hat mir das Leben ... geschenkt. Ich starb als Junge und erwachte als Skorpion. Er hat mich ausgebildet bei der Strafkompanie im Norden. Über mich gewacht. Zwanzig Jahre war er weg! Ich hab ihn so vermisst, Majestät! Nun ist er ein Ghul und das ist gut, aber er ist noch immer Garlyn Meqdarhan. Den ich lieb hab. Bitte ... ich kenn das Verbot. Aber er kannte es nicht! Es war meine Schuld. Ich kann ihn sofort zu Grenze bringen, mit Geleit."

    Nun zog Tekuro sich doch aus Garlyn zurück, der stöhnend protestierte und einen Moment noch mit angewinkelten Beinen liegen blieb, während er sein wundgebumstes Loch betastete. Als Ghul war er nur mäßig zum vernünftigen Denken fähig, wenn irgendein Trieb gerade rief, das betraf nicht nur die Nahrungsaufnahme. Tekuro indess stellte sich mit gesenktem Haupt vor Maximilien auf, wobei er seinen Schritt hinter den Händen verbarg, um seine Majestät nicht zu beleidigen.


    "Soll ich. Ihn wegbringen?", fragte er leise.

    Boldiszàr stolperte ein paar Schritte quer durch den Raum von der Wucht des Aufpralls, bis es ihm gelang, eine Drehung zu machen und die Hellebarde kampfbereit nach vorn zu reißen, um sie den Wüterich auf den Kopf oder in den Bauch zu rammen.


    "Majestät", keuchte er entsetzt, als er die Bewegung aufhielt, militärisch grüßte und sich dann rasch stramm an die Seite stellte, damit er nicht im Weg herumstand.


    Tekuro steckte derweil bis zum Anschlag in dem aus voller Kehle stöhnenden Ghul, den es überhaupt nicht interessierte, was gerade geschah, obwohl er es durchaus mitbekam. Er wollte einfach nur, dass Tekuro weitermachte.


    Der hörte allerdings nun auf, rutschte auf die Knie, ohne Garlyns Körper zu verlassen und schaute schuldbewusst über seine Schulter zu Maximilien. "Ich pass auf den Ghul auf", sagte er kleinlaut.

    Tekuro trat entschlossen vor. Kaum einen Augenblick später waren Ciels Hände mit einer Acht hinter dem Rücken. Dann bekam er ein Halseisen aus Messing umgelegt. Aufrechten Hauptes stand sein ehemaliger Herr vor ihm und würdigte ihn keines Blickes.


    "Ins Verlies, Majestät?", erkundigte Tekuro sich. Irgendwo tat ihm der kleine Prince ja leid. Er hatte sich gut um die seinen gekümmert, hatte nur ein Talent dafür, mit beiden Füßen in riesige Fettnäpfchen zu springen.

    Tekuro verneigte sich, schob endlich das Schwert in die Scheide und stürmte los. Wenig später war er zurück. Er stellte Nathan und Wolfram vor dem Duc ab wie zwei Kleiderpuppen. Nathan weinte und zitterte, aber das war man ja von ihm gewohnt.


    "Majestät, Nathan Garcìa und Wolfram von Wigberg", verkündete Tekuro ergeben. Dann rannte er noch einmal los. Wenig später kam er mit Minette de Thibodeaux zurück, die besorgt ihren Mann betrachtete.

    Tekuro schleppte sich zu seinem Herrn. Er hatte aufgehört zu bluten, war aber in einem schrecklichen Zustand. Der Schnitt in seiner Kehle verhinderte, dass er Blut trinken konnte, dabei hatte er solchen Durst und überall lagen sterbende, die ihm hätten als lebensrettende Spender dienen können! An seinen Fingern klebte ihr Blut, sein Mund war von vergebenen Bissen blutverschmiert und nun war er an dem Punkt, da er spürte, dass es zu Ende ging, wenn ihm niemand half. Bellamy ... Tekuro sehnte sich nach seinem Mann. Er wollte in seinen Armen sterben, doch Bellamy war nicht hier. Belly ... er dachte nur noch an ihn. Die Erinnerungen an seinen Vater, seine Sklaven, seine Liebhaber, seine Kinder und selbst an Boldi hatten keinen Raum in seinem allerletzten Gedanken. Nur noch Bellamy.


    Schließlich fand ihn Patrice.


    Patti, formten seine Lipppen lautlos und er kehrte ein Stück zurück. Tekuro hob das Reichsschwert mühevoll an, Patrice sollte es an seiner Stelle zu Maximilien zurückbringen.


    Patrice antwortete weder, noch griff er nach der Waffe, sondern er zerrte sich seinen anderen Arm über die Schultern und schleppte den sterbenden Vampir durch das Chaos. Klirrend schliff die Spitze des Schwerts über die Kacheln. Die Anzahl der Leibgardisten häufte sich. Maximilien, sein Max! Tekuro mobilisierte seine letzten Kräfte, löste sich von Patrice und stapfte allein voran, bis er bei ihm war. Wankend, bleich, mit klaffender Kehle, voller Blut und verfallend. Er hob das Schwert auf beiden Händen flach vor sich, ging vor Maximilien in die Knie und neigte tief das Haupt, um ihm zurückzubringen, was ihm gehörte. Sprechen konnte er nicht.

    Tekuro hatte weder Schwert noch Schild bei seinem Sturz verloren, ebenso wenig seine Körperspannung. Die Zeit reichte nicht mehr, sein Schwert hochzureißen, doch seine Füße waren in einer guten Position. Von unten rammte er einen Stiefel dermaßen in Archibalds Bauch, dass es diesen aushob und ein Stück weg katapultierte, während er den Schwertstreich vollzog. Tekuro sprang sofort auf die Füße und zeigte siegesgewiss seine Zähne, als er das Blut an Archibalds Klinge sah. Tekuro versuchte zu schlucken, doch das funktionierte nicht.


    Bellamy, zu mir, wollte er rufen, doch es kam kein Laut aus seinem Mund, nur ein rasselndes Keuchen aus seinem Hals. Er schmeckte sein eigenes Blut und beim Atmen spürte er einen kalten Luftzug mitten durch seinen Hals. Tekuro stutzte und schaute ungläubig. Er sah, wie Boldiszàr vorbeirannte, flankiert von Jendro und Moritz. Um sie herum, der Rest der Einheit. Seine Einheit, Unitè B. Erneut hob er die Waffe. Egal, wie die Wunde aussah und sie würde fürchterlich sein - diesen Kampf führte er noch zu Ende! Mit doppelter Geschwindigkeit ging er zum Angriff über und ließ die Klinge stechen, hauen, schwingen und wirbeln, um Archibald den Garaus zu machen und, wenn das nicht gelang, ihn so zu ermüden, dass die anderen leichtes Spiel mit ihm haben würden. Dabei hinterließ Tekuro eine Spur roten Blutes auf dem Pflaster vor dem Palast.

    Tekuro hatte nun zwei Gegner, doch er hatte die Unsterblichkeit auf seiner Seite und ein Schwert, mächtiger als jedes andere. Schwertmeister hin oder her, auch er war hervorragend ausgebildet und was sollte Schwertmeister anderes besagen als genau das? Auch er lebte und atmete für den Dienst an der Waffe seit er Haare am Sack hatte. Furchtlos wehrte er ihre Hiebe ab, nur um dann auf einmal etliche Meter weit und hoch durch die Luft zu springen wie ein überdimensionaler Grashüpfer. Er begann, diese Vampirfähigkeit, über die er sich anfangs geärgert hatte, weil er lieber die der Regeneration gehabt hätte, zu lieben. Denn nun stand er inmitten der Bluthexer. Die Klinge wirbelte und verursachte einen wahren Tornado an spritzendem Blut, als er sich durch ihre Reihen fräste. Die Hexer, sonst die Erzfeinde allen untoten Lebens, waren nun vollkommen machtlos außer die Kampfhexer, die nun ihrerseits versuchten, die reinen Magier hinter sich zu zerren. Als Tekuro kein Durchkommen gegen ihre Klingen sah, sprang er erneut an eine bessere Stelle.