Neunundzwanzigster
Eintrag
Wir
haben unser Spuren nach Möglichkeit verwischt, denn es ist von einer
Rückkehr dieser Bauarbeiter zu rechnen. Vielleicht werden sie uns
sogar hier einmauern?
Doch
ist schon auf den ersten Blick ersichtlich, daß es sich bei ihnen
nicht um die handeln kann, die diese Halle mit dem angefüllt haben,
was wir nun hier vorfinden. Es gibt schlicht nirgendwo diese
grobförmigen Griffe, welche wir an so gut wie jedem Werkzeug
vorgefunden haben.
Vollgefüllt
– zumindest hier, im Parterre. Wie gesagt ist der allergrößte
Teil des hier geschaffenen Volumens leer. War dies früher einmal ein
Hangar? Doch dieses eine bis jetzt gefundene Tor war sicherlich nicht
groß genug für einen solchen. Und es findet sich hier auch
keinerlei Tribüne oder Arbeitsgerüst, kein Kran oder
Hebevorrichtung. Auch können wir keine großen die Schwerkraft
aufhebenden Geräte entdecken. Doch in einem Hangar oder einer Werft
finden letztlich immer die gleichen Vorgänge statt, gleich wer sie
vollzieht, gleich welche Technologie genutzt wird. Wenn jemand ein
solches Gebäude nötig hat, dann ist es schlichtweg nicht möglich,
genau solche Arbeiten gänzlich anders durchzuführen. Also ist es
wohl kein Hangar.
Dagegen sprechen auch diese wirklich
vielseitigen Geräte, Kunstwerke und plastischen Darstellungen. Sie
sind abgedeckt mit dünnen, transparenten Planen. Wir wollen diese
nicht abnehmen, wäre das doch eine Spur, welcher man nur all zu
leicht folgen könnte. So müssen wir uns auf holographische
Aufzeichnungen begrenzen, die ohne adäquate Lichtquellen nur sehr
dürftig gelingen.
Tatsächlich
hören wir nur kurz nach der Fortsetzung unserer Erkundungen
Geräusche von der Baustelle. Uns kam eine Art Singsang an die Ohren,
jedoch seltsam verzerrt. So, als würde jemand Laute von sich geben,
für die er nicht hinreichend von der Evolution gesegnet worden war.
Es war eine Melodie auszumachen, ja, sogar einzelne Laute und
Strukturen, doch es kam nur sehr selten zu Wiederholungen selbiger.
Der Gesang verstummte, als er am lautesten geworden war. Der Trupp
hatte scheinbar sein Ziel erreicht.
Während
alle anderen sich hin zu einem besonders großen Exemplar dieser
Kunst fremder Mächte zurückzogen, kroch ich vorsichtig vor. Mit
einem holographischen Feldstecher erstellte ich eine Reihe von
Aufnahmen, die dieses Mal ganz besonders gut gelangen. Dank sei den
Arbeitern gesagt, die ein Licht mit sich führten.
Was
ich sah war ein Wesen, daß über einen länglichen Kopf verfügte,
der in einigen scharfen Schneidezähnen und großem, wahrscheinlich
weichem Gewebe an Nase wie auch Maul endete. Pflanzenfresser, lange
Kiefer mit Kauleisten. Sie standen aufrecht auf ihren Hinterbeinen.
Zwei sehr ähnliche Beine hingen rechts und links herunter.
Ich
wollte mich auf die Augen konzentrieren, da trat im Hintergrund eines
der Wesen mit entblößtem Bauch hervor. Zu meiner großen
Überraschung entsproßen diesem zwei weitere Manipulatoren, in ihrer
Größe deutlich reduziert, dafür sehr viel feingliedriger. Es war
die Verblüffung über diese Entdeckung, die mich den Schluß nicht
machen ließ, der uns fast zum Verhängnis geworden
wäre.
Pflanzenfresser, noch dazu solche mit einer
vergleichsweise so geringen Körpergröße, sind meist Fluchttiere.
Und - wie ich sehr viel später auf meinen Aufnahmen bestätigt fand
- sie verfügten über die dazugehörigen horizontalen
Schlitzpupillen. Doch wie sich genau in diesem Moment herausstellte,
hatte man sie auch mit anderen sensiblen Sinnen ausgestattet, denn
sie witterten uns!
So zumindest dachte ich.
Alle Arbeiter
sprangen in Deckung. Leise war zu hören, wie die Energiezelle einer
Waffe sich lud.
Dann
war da ein lauter, greller Schuß!
`Wohl ein überaus primitives
Modell, doch sehr effektiv.`, dachte ich und wunderte mich darüber,
daß ich noch denken konnte.
Im Hintergrund der Halle, weit, weit
hinter meiner und der Position der Anderen, viel etwas aus großer
Höhe zu Boden. Unkontrolliert im Wind peitschende Flughäute!
Ein
dumpfer Aufschlag einer ziemlichen Masse!
Was haben wir da nur
übersehen?
Die
Arbeiter unterhielten sich in einer Sprache, die sich ähnlich
unpassend anhörte wie zuvor der Gesang, dann begaben sich einige auf
den Weg, die Beute aus der Halle zu schleifen, die man da gemacht
hatte.
Wir zogen uns in entgegengesetzter Richtung ab, doch müssen
wir dabei auf uns aufmerksam gemacht haben, denn schon verließ der
kleine Trupp fluchtartig die Halle. Den Moment nutzen wir ebenfalls,
um noch mehr Distanz zwischen uns und die Arbeiter zur bringen.
Nach
einiger Zeit hielten wir inne und untersuchten wieder, nun noch
vorsichtiger, die hier eingelagerten Schätze. Dies hier war ein
enorm großes Geflecht. Es weckte in mir sofort die Assoziation zu
einem Myzel, dem Körper eines Pilzes. Dieser war eingezwängt in
einer ganz bestimmten Form, die allerdings nur ansatzweise erkennbar
war.