Andere Wächter wiederum patrouillieren gut sichtbar für jeden durch die Straßen und Gassen Tamarants, um jeden zu zeigen dass sich die Hand des Maharaksha bis in die letzten, kleinsten Winkel seines Reiches erstreckte. In der Masse der Menschen sah ich ihn bereits emporragen, den seltsamen Helmhut, den die ganz besonderen Wächter Tamarants trugen. Einem Turban gleich saß er auf dem Kopf, aber das Stück Stoff saß tatsächlich nur auf dem Haupt der Wache. Darüber folgte ein Helm. Dieser war gut dreimal so hoch wie der Kopf des Trägers und verjüngte sich zur Spitze. Das Tuch des Turban war in roter Farbe gehalten, der Helm verziert in gold und weiß und bei den höheren Wachen wurde das Weiß durch Rot ersetzt.
Der Mann der durch die Gassen schritt und mit Adleraugen in jeden Winkel spähte war nicht zu unterschätzen. Ihre Hände waren genauso schnell wie die meinen, nur ergriffen sie keine Beutel, keinen Schmuck oder andere wertvolle Gegenstände, sie ergriffen Leute wie mich. Das Gewand der Wache wirkte auf den ersten Blick behindernd, aber jeder Dieb wusste, dass dieses Gewand an den Seiten so geschlitzt war, dass sein Träger durchaus rennen konnte. Und bei den strahlenden Dächern unserer Stadt, diese Männer konnten rennen. Zudem waren sie bewaffnet. Gefürchtet war vor allem ihr langer Stab, der an jene der Hirten erinnerte. Damit fingen sie allerdings keine Schafe, sondern Langfinger.
Vorsichtig zog ich mich in den Schatten einer Gasse zurück und begutachtete bei einem Händler eine reife Frucht die derart duftete, dass mir das Wasser im Mund zusammenlief.
Meine Augen verfolgten die Wache, die aufmerksam und würdevoll mit dem Stab in der Hand die Gasse durchschritt. Die Augen des Maharaksha waren überall. Dunkel umrandet waren sie und wirkten dadurch noch eindringlicher.
Eines Tages würde ich einem der Stabler, so wie Stabträger genannt wurden, seinen Helm vom Kopfe stehlen. Dies war eine Legende in unserer Stadt. Nur-al-Din Madaji der Leise hatte es einst geschafft Groß-Stabler Fakhr Solasaubi seinen Helm zu stehlen, als dieser unter einem Sonnendach hervortrat auf dem Nur-al-Din lauerte und ihm diesen vom Kopf pflückte. Dabei ging er so zart und geschickt vor, dass der Groß-Stabler seinen Verlust erst kurz vor dem Palast des Maharakshas bemerkte. Man sagt, er sollte im Gesicht genauso rot angelaufen sein, wie es sein gestohlener Helm gewesen war.
Der Stabler mit den dunklen Augen war in der nächsten Gasse verschwunden, ich bewegte mich in die entgegen gesetzte Richtung. Dies hielt jeder Dieb so, denn die Wächter hatten die Angewohnheit, zuerst vorbei zu laufen und einem dann aus dem Hinterhalt aus der Gasse zu angeln. Ich war lange genug im Geschäft um nicht aus dem Verkehr gezogen zu werden.
Die Morgensonne war bereits ein Stück höher gestiegen und der Gassen füllten sich. Ich selbst tanzte durch die Menge, ohne das ich berührt wurde. Ein Schatten der sich zwischen den Bewohnern bewegte und dessen Finger hier und dort Handgelenke von ihrer goldenen Last erleichterten. Die Ausbeute war vielleicht nicht groß, aber Übung macht bekanntlich den Meister.
Die Gasse wurde zur Straße und die Straße mündete auf dem Marktplatz. Die Sonne stieg weiter und beleuchtete einen Stand. Wohlbeleibt und mit bester Laune stand dort Khasib Dawsani. Ein Mann der die teuersten und besten Gewürze in Tamarant ja sogar im ganzen Land anbot. Doch berühmter als seine Waren war seine Kasse. Ein Kleinod selbst, dass die baren Münzen enthielt. Eine Legende besagt, dass in der Kasse ein kleiner Wächter lauerte.
Doch wer wäre das Goldhändchen, wenn er schlicht nach den Münzen griff?
Ich würde mir die ganze Kasse unter den Nagel reißen....