Davets Tod - 189 n.d.A.

  • Davets Tod - 189 n.d.A.



    „Zu Davet, ich hatte Dir versprochen Dir von ihm zu erzählen, aber eines noch einmal vorneweg. Vergleiche Dich nicht mit ihm, vergleiche Dich mit niemandem. Jede Person steht für sich selbst, mit ihren Stärken und Schwächen. Niemand vergleicht Äpfel mit Birnen, also warum vergleichen Menschen einander, obwohl jeder unterschiedliche Fähigkeiten hat?


    Es gibt keinen Vergleich oder Ersatz für einen Menschen. Weder für Dich noch für andere Boldi. Du kannst nicht ersetzt werden, es gibt keinen zweiten Boldi. Gleichgültig was geschieht, Du hast immer einen Platz in meinem Herzen und Leben. Ebenso hat Davet einen festen Platz, der mit Dir aber nichts zu tun hat.


    Davet und ich teilten ein anderes Leben Boldi. Ich war ein junger Mann, der trotz zwei sehender Augen manche Dinge nicht wahrgenommen hat. Diesen Mann gibt es nicht mehr, er ist genauso tot wie Davet. Er starb allerdings einige Jahre später als Davet, im Jahre 193 um genau zu sein, allerdings durch den gleichen Feind.


    Wir lagen im Jahre 189 vor Firasani und wollten die Insel erkunden und kartographieren. Die Expedition hatte noch nicht begonnen als wir Nachts unliebsamen Besuch von Reptiloiden bekamen, wir nannten sie später die Landkrokos. Die Tiere sind wechselwarm wie alle Reptilien.


    Und wie ich Dir erklärte, ist die See Nachts warm, statt kalt wie tagsüber. Folglich war das die ideale Zeit für unsere Angreifer. So primitiv die Kreaturen auch sind, so gute Kämpfer sind sie leider auch. Aufgewärmt sind sie schnell, agil und verfügen über eine Stärke, die kein Mann aufbringen kann. Sie sehen tatsächlich aus, wie zweibeinige Krokodile.


    Ein kurzer, breiter Echsenschädel mit kräftiger Kiefermuskulatur auf einem stämmigen Hals. In ihren Mäulern Reißzähne. Auf ihren Flachschädeln wachsen Hörner, wo Menschen Haare wachsen. Ihre Hände sehen unseren ähnlich, aber enden in messerscharfen Krallen, ebenso ihre Zehe. Sie sind Zehengänger wie Vögel und besitzen einen langen, kräftigen Schwanz.


    Im Grunde sehen sie aus, als hätte sich ein Gott einen Scherz erlaubt und aus einem Krokodil einen Menschen geformt. Den Verstand des Krokos hat die Kreatur weiterhin, allerdings auch die Wildheit und Kampfkraft. Und genau solche Bestien hatten wir Nachts an Bord. Angriffslustig machten sie sich über die Mannschaft her, allerdings schienen sie nicht mit unserer Gegenwehr gerechnet zu haben. Der Kampf tobte auf der Mouette und wir schenkten ihnen keinen Zollbreit unseres Schiffes. Mehrere dieser Kreaturen drangen auf Davet ein, ich selbst konnte ihm nicht zur Hilfe kommen, da es mir nicht besser erging.


    Eines der Landkrokos durchbrach seine Deckung. Es schlitzte ihm mit den Krallen der Länge nach den Bauch auf. Mühelos durchdrangen die Klauen des Scheusals seine Kleidung, sein Fleisch und ich sah wie die Gedärme des Mannes auf unser Deck klatschten den ich liebte. In perverser, nie dagewesener Klarheit, sah ich wie ihm seine Waffe aus der Hand und mit einem Übelkeit erregenden Geräusch in seine Eingeweide fiel.


    Den Bruchteil einer Sekunde später stürzte er selbst zu Boden, sein sich brechender Blick traf meinen…
    In dem Moment wurde mir bewusst, dass ich wie eine Salzsäule mi der Waffe in der Hand auf Deck stand. Ich hatte nicht einmal mehr geatmet.
    Mein Begreifen kam zu spät.


    Eine der Kreaturen packte mich von hinten um den Hals und drückte zu. Blindlings stach ich auf die Bestie ein und traf. Mein Degen bohrte sich in ihre Seite und blieb stecken! Die Kreatur heulte schmerzgepeinigt auf, schlug mich mehrfach auf das Deck und warf mich in blinder Wut über Bord. Als ich rücklings ins Wasser stürzte, wurde langsam alles schwarz um mich herum. Das Letzte was ich sah, war den Rumpf der Mouette an mir vorbeiziehen.
    Mein Körper gehorchte mir nicht mehr und meine Kleidung zog mich nach unten.


    Es war mir gleich, ich akzeptierte mein nasses Grab.
    Die letzte Ruhe in der ewigen Umarmung der See zu finden, ängstige mich nicht.
    Als das letzte Licht schwand, schwanden meine Sinne.


    Ich erwachte Tage später in der Kajüte des Schiffsheilers. Einer aus der Mannschaft ist mir hinterher gesprungen und hat mich herausgefischt. Ich vermute dass es Sacha Bonnet gewesen ist. Er ist ein ausgezeichneter Schwimmer und Taucher“, erzählte Silvano leise.