[Tamjidistan] Die Chroniken der Vorzeit

  • Einleitung

    Wir sind hier, um einen Teil der Geschichte des einst großen Reichs Tamjidistan zu enthüllen, das fiel und dessen Volk viele Entbehrungen auf sich nahm, um wieder auf die Beine zu kommen und sich aus der Asche zu erheben. Heute werden wir die Chroniken unserer Vorfahren erzählen. Heute sind wir, das Volk von Ledwick, stolz darauf, endlich unseren Platz in der Geschichte gefunden zu haben. Wir hoffen, dass es in Zukunft noch viele Geschichten über die Länder von Asamura zu erzählen gibt und nicht alle so düster sein mögen wie unsere. Wir werden uns bemühen, mehr von der Geschichte zu enthüllen, die in der Zeit verloren gegangen ist, damit wir unsere Vorfahren, die uns zu Ruhm und Ehre geführt haben, nie vergessen.


    Die Chronik wurde zusammengetragen aus den Erinnerungen des geeinten Volkes von Ledwick und verschriftlicht von Lazzaro Fedele di Ledvico.


    Inhaltsverzeichnis

  • Chronik I - Tamjidistan & Großalmanien

    »Ein Weg durch Ruhm und Dreck«



    Die Hochkultur Tamjidistan


    Die Tamjid waren einer der größten und einflussreichsten Stämme in den östlichen Teilen Asamuras. Sie wurden für ihr diplomatisches Geschick und ihren weltweiten Handel über die Landwege mit Karawanen bekannt. Die Namen der Maharakshas aus dem Hause Marak sind untrennbar mit Tamjidistan verbunden, denn sie waren, so lange es existierte, seine Regenten.


    Die Tamjid besiedelten immer größere Gebiete im Osten und bauten fortschrittliche Städte, während im Westen der almanische Kulturkreis erblühte, der völlig anders war. Man konnte sagen, dass Asamura damals klar in den almanischen Westen und den tamjidischen Osten untergliedert war. Von Caltharnae Süden, der durch den damals unüberwindbaren Dhunischen Ozean von ihnen getrennt war, wusste man nichts, so dass Caltharnae sich unabhängig von der Macht der beiden Großreiche entwickeln konnte.


    Das Almanische Großreich, gebeutelt von harten Wintern und ständigen Fehden der Adelshäuser, erreichte nicht den technologischen und wirtschaftlichen Stand der Tamjid. Tamjidistan rühmte sich somit vielleicht zurecht als goldene Wiege der Zivilisation auf Asamura, als ein Hort der Weisheit, des Reichtums und der Sonne, nicht wissend, dass im Süden, getrennt durch den dhunischen Ozean, auf Caltharnae eine gleichwertige, wenn auch völlig andere Kultur erstand. Deren Chronik soll jedoch an anderer Stelle erzählt werden.



    Der Große Krieg


    Tamjidistan war damals aufgrund seines Reichtums oft Ziel der almanischen Mächte, welche die reichen, winterlosen tamjidischen Ländereien übernehmen wollten. Beim Großen Krieg besiegte Tamjidistan das almanische Großreich dermaßen nachhaltig, dass dieses viele Jahrhunderte in seiner Entwicklung zurückgeworfen wurde und sich lange nicht erholen sollten. Viele Almanen wurden in die Sklaverei verschleppt, so dass Arbeitskräfte für den Wiederaufbau ebenso fehlten wie Soldaten, um sich vor den Schikanen der Tamjid zu schützen. Die Tamjid hingegen bauten mithilfe der versklavten Almanen Tamjidistan weiter aus, während die übrigen Almanen mit hohen Steuern den einzigen Feind finanzierten. Auch das trug bewusst dazu bei, dass Almanien sich nie zu einer Hochkultur entwickeln sollte.



    Der Verräterkönig


    Nach vielen hart geführten Kämpfen um die Erhaltung von Macht und Wohlstand stand Almanien am Rande des Zusammenbruchs. Das almanische Großreich verlor damals seinen König und es kam nie ein neuer König auf den Thron. Der König Felix Reinhard von Meqdarhan, auch genannt "Rotbart", fiel jedoch keineswegs im Krieg, sondern man warf ihm nach der Niederlage vor, er hätte mit den Tamjid paktiert und er konnte nur mit Mühe sein Leben retten. Er floh nach Tamjidistan, wo man ihn als politischen Gefangenen behielt, jedoch wie einen Ehrengast behandelte. Es war ein luxuriöses Exil. Obendrein nahm der Maharaksha die Tochter des ehemaligen Königs zur ersten Frau, so dass ihre Kinder die Linie der Thronerben wurden. Dies schürte die Gerüchte, dass Felix Reinhard die Niederlage Almaniens in Kauf nahm, um die Haut der Familie zu retten, um den Preis der Blutsbanden als ewigen Garant für die Sicherheit seines Hauses. Seine weitere Verwandtschaft floh unterdessen nach Asa Karane, da sie in Almanien um ihr Leben fürchten mussten, um unter dem neuen Namen Wittelspitz in die Dienste der Hexerfürsten zu treten.



    Zusammenbruch von Großalmanien


    Das Großreich zersplitterte nach dem Verlust des Königshauses in drei Großherzogtümer, die fortan eigenständige Staaten wurden:

    • Ghena
    • Souvagne
    • Die Hohe Mark

    Der ehemalige Titel des Großherzogs (bzw. des Duc in Souvagne) wurde beibehalten, galt de facto nun jedoch wie ein Königstitel. Während Almanien ums Überleben kämpfte, erblühte Tamjidistan.



    Kampf um die almanische Vorherrschaft - Der Schwarze Adler gegen den Weißen Hahn


    Als das Almanische Großreich zerbrach, wurden viele der alten Adelshäuser vertrieben oder vernichtet, da man sie der Treue zum Verräterkönig bezichtigte. Es kristallisierten sich neue Herrscher heraus. Zwei überlebende Mitglieder des almanischen Altadels standen sich zu dieser Zeit in eiserner Rivalität gegenüber. Der Marquis de la Grange war in den Focus von Scoville Pierpont de Souvagne geraten. Denn während La Grange bis zum Schluss dem Verräterkönig die Treue gehalten und dessen Flucht nach Tamjidistan gesichert hatte, hatte De Souvagne sich bereits vor dessen Fall von ihm abgewandt. De la Grange war jedoch Felix Reinhard nicht nur ein loyaler Streiter gewesen, sondern obendrein mit diesem von der Mutterlinie her verwandt.


    Es wurde ein Säbelrasseln zwischen den rivalisierenden Feldherren, denn De la Grange war als Feldherr bewährt und zahlreiche Soldaten und Vasallen waren ihm treu. Auf der anderen Seite stand Scoville Pierpont de Souvagne, der ebenso ein angesehener Feldherr war. Beide erhoben Anspruch auf die Herrschaft in dieser Region und verlangten vom anderen, dass er ihm die Treue schwor. Ein almanischer Bruderkrieg stand kurz bevor und die Zivilbevölkerung wurde auf den schlimmsten Fall vorbereitet - auf die Vernichtung des wenigen, was ihnen noch geblieben war. Man wusste um die militärische Erfahrung La Granges in vorderster Front und um die Sturheit von De Souvagne.


    Dann geschah etwas, das niemand erwartet hatte. La Grange entsandte eine kleine, schnelle Streitmacht unter seiner persönlichen Führung, die jedoch nicht De Souvagne angriff, sondern die letzten in Almanien verbliebenen Verwandten des Verräterkönigs jagte. Die wenigen, die ihnen entkamen, flohen auf die ferne Insel Asa Karane. Die abgeschlagenen Köpfe der Meqdarhans brachte De la Grange zu Souvagne und legte sie vor seine Füße.


    »Wir sollten nicht gegeneinander kämpfen, während der Feind vor unseren Grenzen wartet. Dies möge das letzte Bruderblut sein, das der Weiße Hahn vergossen hat. Meine Hände sind voll vom Blut unseres Königshauses und meines gebrochenen Eides, rot von Blut, das niemals abgewaschen werden kann. Das Wappen färbt mir rot und akzeptiert das Opfer meines Hauses. Heil Euch, mein Großherzog.«


    La Granges Eid wurde akzeptiert und seinem Wunsch stattgegeben. So wurde der Rote Hahn von De la Grange ein Symbol der Schuld, eine ewige Selbstanklage wegen des Brudermordes und des gebrochenen Eides. De la Grange starb keines natürlichen Todes, von Schuld zerfressen, die keine Buße von ihm nehmen konnte. Doch seine Nachfahren blieben eines der bedeutendsten Häuser des almanischen Adels, auch über die Zeit des untergegangenen Großreiches hinweg.



    Das Goldene Zeitalter der Tamjid


    Als mächtigstes Haus der Tamjid hatte das Haus Marak von Anfang an die Herrschaft inne. Abgeleitet von ihrem Namen und dem asameischen Wort für Herrscher nahm das Staatsoberhaupt den Titel Maharaksha an.


    Maharaksha Kirshan Marak war in der Lage, eine wahre kulturelle und literarische Blütezeit für das Königreich zu erreichen. Er gilt als der Größte seines Volkes und als Musterbeispiel eines idealen Herrschers. Da er sich für den Frieden mit dem gebeutelten Almanien einsetzte und für mehr Gerechtigkeit und die Steuerlast senkte, war er auch unter Almanen beliebt. Er begann mit dem Bau vieler Bibliotheken und förderte das Schreiben von Büchern. Er war für viele ein Held und für Traditionalisten ein Feind. Er war einer der gebildetsten Herrscher, die je gelebt haben. Er regierte nicht nur mit seiner Armee, sondern vor allem mit seinem Kopf und seinem Herzen. Viele erinnern sich an ihn und viele haben ihn vergessen, aber seine Taten werden für immer im Gedächtnis bleiben.


    Es gab viele erfolgreiche Maharakshas in dieser Zeit, aber viele der Geschichten und auch die Artefakte und Relikte ihrer Zeit sind nach der großen Umsiedlung verloren gegangen. Viele nach ihm versuchten, sich einen Namen zu machen, aber keiner erreichte seine Bekanntheit.


    Jahre der Geschichte gingen verloren, aber der Tag, an dem das blühende Tamjidistan zerstört und die Alte Größe zerschlagen und verbrannt wurden, wird für immer in Erinnerung bleiben und in den Herzen aller bewahrt werden.



    Ein Reich in Flammen - Beginn der Chaoskriege


    Der Frieden galt nicht für die Nachfahren der versklavten Almanen. Ihnen nützte all das nichts, weder der Frieden, noch der Wohlstand. Niemand ließ sie frei, sie blieben ewiger Faustpfand zur Wahrung des Friedens mit Almanien. Die Sklaven wurden zu einer ernstzunehmenden stillen Gefahr. Was ihnen fehlte, war jemand, der sie einte.



    Der Untergang des Hauses Marak


    Palion, ein Palastsklave des rotbärtigen Maharaksha Dschadir Marak, wartete geduldig auf seinen Tag. Als erster Sklave plante er in größeren Maßstäben, sprach sich mit anderen Sklaven ab und organisierte das Ergaunern von Finanzen durch Sklaven, die durch ihren Herrn mit Geldgeschäften betraut waren. Bald hatte er ein einflussreiches Netzwerk aufgebaut und nutzte die Gelder, weitere Gefolgsleute auch unter den Freien zu kaufen. In einer Verhöhnung des Titels Maharaksha nahm Palion zu dieser Zeit den Decknamen Rakshor an, um seine Machenschaften zu verschleiern, außer für wenige Vertraute, die wussten, dass der Mundschenk des Maharakshas es war, der hinter diesem Namen steckte.


    Ein nicht unwesentliches Detail bei seinem ausdauernden Vorgehen ist die Tatsache, dass er zwar von einer almanischen Sklavenmutter geboren wurde, jedoch auch ein außerehelicher Bastard von Maharaksha Dschadir Marak war. Korrekt hätte sein Name Palion Marak lauten müssen, wäre er nur ein legitimer Nachkomme, doch er war nur Palion ohne Haus. Sein rotes Haar und die weiße Haut bezeugten die Wahrheit, ebenso wie seine grünen Fuchsaugen, die ihm jeden Tag im Spiegel zeigten, wer er war und was ihm zustand. Er war des Maharakshas ältester Sohn und hätte Anspruch auf den Thron, würde er nur als Sohn anerkannt werden. Für einen Sklavenbastard kam das natürlich nicht infrage, denn derer hatte Marak nach ihm noch viele gezeugt. Noch weniger kam infrage, dass die almanischen Großfürsten die Rückkehr eines Nachfahren ihres Verräterkönigs anstreben würden.


    Eines Tages, als Maharaksha Dschadir ein Festmahl mit allen namhaften Größen Tamjidistans gab und über die Flüchtlinge aus Caltharnae sprach, die sich auf der Insel Asa Karane eingenistet hatten, schlugen die Sklaven unter Rakshors Führung zu. Sie benutzten Gift und töteten damit alle Anwesenden des Festmahls. Die Leibwache war mit horrenden Summen bestochen worden, untätig zu bleiben. Auch die legitimen Erben des Maharakshas starben. Die Familien der Gäste wurden gefangen genommen und gefoltert. Sie überlebten diese Behandlung nicht. An diesem Tag erlosch das alte Haus der Maharakshas von Tamjidistan und alle weiteren Häuser des alten tamjidischen Hochadels.


    Rakshor aber überlebte, Maharaksha Palion Marak nun dem Recht des Blutes nach. Er legte seine Abstammung allen offen, um seinen Herrschaftsanspruch zu legitimieren. Er war der letzte Marak und er war der letzte Meqdarhan in einer Person, er war Maharaksha aller Tamjid und König aller Almanen!


    Doch halb Tamjid, halb Almane, noch dazu als Sklave geboren, fand er ohne die Hilfe von Geld bestenfalls unter einigen Sklaven Gehör.

  • Chronik II - Rakshanistan

    »Rakshors Imperium und die Ära des Chaos«



    Ein Rotbart auf dem Thron der Tamjid


    Es bedurfte der bestochenen Leibwache, weitere Teile des Militärs kooperativ zu stimmen, meist mit dem Versprechen von Wohlstand, oft aber auch durch Entführung ihrer Familien. Der Terror weitete sich aus, als Rakshor zahlungsunfähig wurde. Die Soldaten begannen, sich die versprochenen Reichtümer selbst zu organisieren und die Kontrolle entglitt ihm. Es zeigte sich, dass Rakshor doch nur ein einfacher Sklave war, der nicht über militärisches Geschick verfügte, wohl aber über das Geschick, sein Scheitern in einen Sieg umzudeuten.


    Rakshor und seine Getreuen, die vor allem aus Sklaven bestanden, mussten zu Beginn der Eskalation in die Wüste fliehen, während die um ihren Lohn betrogenen Soldaten plündernd durch die Stadt zogen. So machte Rakshor daraus rückwirkend einen Befehl und verkündete in einer ergreifenden Rede von der Stadtmauer aus, sie mögen sich holen, was ihnen rechtmäßig zustünde. So nahm er den Befehl zur Plünderung für sich in Anspruch und machte aus seinem Scheitern als militärischer Anführer eine Tugend.


    Durch geschickte Verhandlungen gelang es ihm, dass die Soldaten ihm trotz der fehlenden Kontrolle über sie gewogen waren, denn er ließ den Anführern freie Hand, was diesen gefiel. Sie schätzten ihren neuen Marionetten-Maharaksha und die Möglichkeit, ihre Taschen zu füllen. Seine Wüstenräuber konnte er dadurch zur Verstärkung in die Truppen einbringen und aus den Sklaven wurden unter der Führung fähigerer Männer mit der Zeit Krieger, die ihm tatsächlich treu ergeben waren und diesen Geist auch auf ihre Kameraden übertrugen.


    Gemeinsam plünderten die Truppen Serband, wo Rakshor sich in militärischen Ehren selbst zum rechtmäßigen Maharaksha krönte und dem Militär für seine Unterstützung reichen Lohn versprach. Zur Krone wählte er einen Schädelhelm mit reißzahnstarrender Knochenmaske, geschmückt mit Geierfedern, gewandet war er in nichts als ein Hyänenfell. Fortan hieß das Land Rakshanistan und zum Beweis der Rechtmäßigkeit seiner Herrschaft ließ er seinen flammend roten Bart lang wachsen, so wie sein Vater ihn getragen hatte, der seinen Sohn niemals liebte.



    Rasender Verfall einer Hochkultur


    Während sich die niederen tamjidischen Adelshäuser noch um den Thron stritten, denn niemand akzeptierte Rakshor darauf, begannen die Soldaten damit, die umliegenden Ländereien zu überfallen und zu zerstören. Im Laufe der Jahre gab es unter den Adelshäusern viele Streitigkeiten darüber, wer nun nach dem Tod weiterer Oberhäupter die Macht über diese reichen Territorien behalten oder abgeben sollte, aber die Tamjid verloren langsam ihren Zusammenhalt, ihren Wohlstand und das ehemalige Tamjidistan wurde durch die ständigen Plünderungen zu unfruchtbarem Ödland. Der Adel hatte keinerlei Bedeutung mehr, das Militär, selbst ebenso verarmt, regierte das Land. Es gab nichts mehr, was sie sich kaufen konnten und ihnen fehlte die wirtschaftliche Erfahrung, Betriebe und komplexen Handel aufzubauen.


    Rakshor wurde Herrscher über ein verarmtes Reich, das von Jahr zu Jahr tiefer im Chaos versank. Je weniger es zu plündern gab, umso ungeduldiger wurden die Truppen. Die Plünderungen wurden zum Selbstzweck. Viele der überlebenden Tamjid schlossen sich aus Not den Truppen der Rakshanern an, um Leib und Leben zu retten. Die Wirtschaft brach völlig zusammen, die Wissenschaften, das Handwerk. Es gab niemanden mehr, der die Äcker an den Flussauen bestellte oder die Herden pflegte.


    Die Rakshaner begannen daraufhin auch wieder die almanischen Länder zu plündern und den Frieden zu brechen, der unter Maharaksha Kirshan Marak geschlossen worden war. Als immer mehr Rakshaner einfielen, kam es zum Chaoskrieg, der sehr viele Jahre anhalten sollte und mit barbarischsten Mitteln geführt wurde. Almanien lag ebenso wie Rakshanistan im Staub - Rakshanistan vollständig, Almanien an den Grenzregionen. Um die almanischen Burgen herum konnten jedoch einige Landstriche dauerhaft gehalten werden, so dass die almanische Kultur nicht zusammenbrach. Insbesondere das souvagnische Adelshaus De la Grange machte von sich Reden und sie gingen als »die Wächter der Morgenröte« in die Annalen ein, da sie die Ostgrenze hielten. Damit schützten sie nicht nur Souvagne, sondern alle dahinterliegenden almanischen Ländereien und konnten in dieser Region einen Großteil der Verwüstung verhindern.


    So wie Tamjidistan einst über die Ländereien des Ostens, ja, nach dem Großen Krieg gar über die ganze Welt geherrscht hatte, sank es nun unter rakshanischer Flagge und einem halb-almanischen Maharaksha seinem Ende entgegen, der scheinbar die ganze Welt im Staub liegen sehen wollte, in Wahrheit jedoch nicht fähig war, seine marodierenden Truppen zu zügeln und seine Feldherren fragte, was er ihnen befehlen solle oder ihr Verhalten nachträglich zum Befehl erklärte. Diese waren ihrerseits zufrieden damit, die Verantwortung für ihr Handeln dem Maharaksha in die Schuhe schieben zu können.


    Im Jahr 100 v.d.A. hatte das Chaos seinen Höhepunkt. Die verwüsteten Ländereien nannte man stolz »Rakshors Imperium«, doch mit einem tatsächlichen Reich hatte der anarchistische Haufen der nomadisierenden Rakshaner nichts zu tun. Was über Jahrhunderte durch fleißige Hände und kluge Köpfe aufgebaut worden war, versank binnen weniger Jahre im Sand.

  • Chronik III - Schilfkultur

    »Die lange Reise durch Asamura«


    ~ 200 v.d.A. - Vertrieben


    Die große Reise begann in der gebeutelten und von Rakshor terrorisierten Stadt Serband und dauerte viele Jahre lang. Die letzten Überlebenden freien Tamjid, die sich nicht Rakshor hatten anschließen wollen und sich weiterhin Tamjid nannten, beschlossen, ihre Heimat aufzugeben und neue Länder zu finden, die sie für sich beanspruchen konnten, nachdem sie aus ihrem Mutterland vertrieben worden waren. Die Jahre vergingen, während die Tamjid durch Asamura reisten, um nach all den Plünderungen fruchtbares und bewohnbares Land zu finden.


    Der erste Tross zog nach Norden über das Gebirge und man hat nie wieder von ihnen gehört.


    Der zweite Tross zog nach Westen, durchquerten den Ryadenwald, bis sie das unüberwindbare Meer erreichten. Ihnen blieb nichts anderes übrig, als sich an der Küste entlang durchzuschlagen. Erst, als sie das sumpfige und dicht bewachsene Flussdelta des Draken erreichten, ließen die Rakshaner, die ihnen nachsetzten, aufgrund des schlechten Geländes von ihnen ab und ließen die Überlebenden ziehen.


    Der Welt um sie herum erging es nicht besser als ihnen. Alte Reiche wurden zerschlagen, neue erhoben sich. Einige wurden wieder zerschlagen, wenige blieben. Die Jahre vergingen, und jeden Tag erreichten sie solche Nachrichten. Die Tamjid waren verzweifelt und durchlebten viele Entbehrungen und Prüfungen, bis sie ihre neue Heimat finden konnten.



    ~ 100 v.d.A. - Staatenlos


    Im Laufe der Jahre waren die letzten stolzen Tamjid zu verarmten Nomaden geworden, die gelernt hatten, mit einfachsten Mitteln zu überleben. Überlebenskünstler waren sie nun und der Sumpf bot ihnen Schutz und alles, was sie zum Leben benötigten. Insbesondere Schilf spielte dabei eine große Rolle, in das sie sich kleideten, aus dem sie ihre Baumhäuser, Hängebrücken, Leitern und Boote flochten und dessen Wurzeln sie ernährten. So nannte man diese Epoche auch die Schilfkultur und unter Almanen wurden diese verwilderten Tamjid als Schilfleute bekannt. Die Nachfahren der Vertriebenen vermissten die Hochkultur ihrer Heimat nicht länger, die sie nie gekannt hatten. Sie lernten, ihr neues, freies Leben zu lieben und setzten sich Kronen aus Schilf auf ihr Haupt.



    ~ 50 v.d.A. - Bündnis mit Khilar, erneute Sesshaftigkeit


    Als die Schilfleute ein wunderbares Land erreichten, Palmen mit köstlichen Kokosnüssen, deren Kronen sich im warmen Wind wiegten, weiße Felsen ihnen Baumaterial und Schutz boten und das Meer wie ein türkisgrüner Spiegel vor ihnen lag, sahen sie viele Möglichkeiten, sich niederzulassen. Das erste Mal seit Generationen dachten sie wieder über Sesshaftigkeit nach.


    Es gelang ihnen, mit den Einheimischen dort ein Abkommen zu schließen und sich in der Nähe eines anderen jungen Stammes niederzulassen, der als die Khilarer bekannt war. Die Khilarer, selbst Flüchtlinge von einer fernen Vulkaninsel, deren Kultur von Invasoren aus Caltharnae vernichtet worden war, halfen den Schilfleuten und es wurde ein Geben und Nehmen. Die Schilfleute konnten viel von der Technik der Khilarer lernen, die diese noch nicht vergessen hatten, und diese lernten durch die Schilfleute, im neuen Land mit einfachsten Mitteln zu überleben.


    Gemeinsam begannen sie, mit dem alten Wissen von Khilar Boote zu bauen und zu segeln. Durch das Segeln waren sie in der Lage, neue Handelsbeziehungen mit den neuen Ländern zu knüpfen und wieder eine Wirtschaft aufzubauen.

  • Chronik IV - Republik Monleone

    »Der Aufstieg der Handelsrepublik«


    Das Gedeihen und die Mühen der neuen Siedlung


    Als die Siedlung der Schilfleute und Khilarer sich zu einer stabilen, aber dennoch kleinen Küstenstadt namens Monleone entwickelte, ging ein kultureller Wandel in ihnen vor. Langsam begannen sie ihre Gewohnheiten und ihre Kultur zu verschmelzen. Sie begannen sich zu vereinigen und schufen eine neue Kultur. Der Sonnenkult von Khilar und die Lehre des Ainuwar, welche die Schilfleute einst aus Tamjidistan mitgebracht hatten, existierten als gleichberechtigte Religionen. Man heiratete untereinander und was sie trennte, wurde weniger, während die Gemeinsamkeiten zunahmen. Da kein Zwang dahinterstand und es in der Vergangenheit nie Konflikte unter diesen beiden Völkern gegeben hatte, verlief die Verschmelzung friedlich und ohne Rivalitäten.


    Besonders ein junger Händler namens Lazzaro Fedele di Ledvico machte von sich reden, ein Mitglied der ersten auf Asamura geborenen Generation von Khilarern. Er sammelte das Wissen beider Völker in einer gemeinsamen Chronik, reiste viel während seiner Handelsreisen und befragte nebenbei die Angehörigen beider Kulturen nach ihrem alten Wissen, damit es nicht verloren ging, wertete nie, sondern übernahm ihre Worte. Er schrieb mit einem Griffel in weiche Tontafel, die später gebrannt wurden, und die er mit den Fingern lesen konnte, um sie später seinem Schreiber zu diktieren, der sie auf Schilfpapier übertrug. Der junge Lazzaro Fedele erfreute sich allgemeiner Beliebtheit. Sein schlohweißes Haar und seine Blindheit machten ihn bekannt, doch da er viele Freunde hatte, hielten seine Probleme sich in Grenzen. Vielleicht war er umgekehrt auch aufgrund seiner Blindheit, die eigenbrödlerisches Verhalten unmöglich machte, zu einem so umgänglichen und offenherzigen Menschen gereift.



    ~ 24 v.d.A - die Republik Monleone


    Als die Stadt zu florieren begann und die Bevölkerung wuchs, wurde klar, dass größere Regulierungen notwendig waren, um das Land zu organisieren. So beschlossen sie, sich unter der Federführung der Stadt Monleone zu vereinen und gründeten eine neue Republik: die Republik Monleone. Staats- und Regierungsoberhaupt wurde Riccardo Alballo.


    Die Hauptstadt Monleone wurde zu einem zentralen Handelsplatz für alle großen Nationen, die sich um sie herum gebildet hatten, und konnte selbst in den schwersten Zeiten Asamuras florieren. Je mehr neue Waren eingeführt und verkauft wurden, desto größer wurde das Interesse an der Schaffung profitablerer Handelsrouten. Viele Jahre lang war die Stadt Monleone eines der größten Handelszentren Asamuras, und viele Menschen kamen aus allen Teilen des Landes, um sie zu sehen.


    Lazzaro Fedele widmete sich in jenen Tagen dem Ausbau des Handelsnetzwerkes und des Austausches von Wissen und Handwerk der beiden Volksstämme, aus denen Monleone immer weiter erwuchs und dies sollte die Basis für seine spätere Chronik werden.



    Jahr Null- Die Zeit der Asche


    Nach vielen Tagen der Unruhe und des Aufruhrs wurde die Republik Monleone in Dunkelheit gehüllt. Der Kontinent war mit einer dicken schwarzen Masse bedeckt, und man konnte nichts mehr sehen. Die Menschen begannen sich zu sorgen, dass etwas Großes bevorstand, und bereiteten sich auf das Schlimmste vor.


    Eines Tages brach aus dem dunklen Nebel der große Sciagura-Tsunami hervor, der Zerstörung und Hungersnot über die Länder und auch die Republik Monleone brachte. Die Küstenlage wurde zum Verhängnis. Die Flutwelle erreichten die Seefestung Fortezza, die Küstenorte wurden zerstört, und viele waren obdachlos. Viele dachten, die Republik sei zum Scheitern verurteilt, so wie das untergegangene Khilar und das vernichtete Tamjidistan zuvor, und die Menschen glaubten, dass sie keine Heimat haben sollten.



    Jahr 1 n.d.A. - Die Wahl zur Entscheidung über die Zukunft von Monleone


    Einige Monate waren seit dem Tsunami vergangen, und die Republik Monleone musste mit dem Wiederaufbau beginnen, als der Tod des damaligen Oberhaupts Riccardo Alballo »der Faule« unerwartet kam. Ein Monat verging mit den Vorbereitungen für die bevorstehende Wahl eines neuen Staatsoberhauptes, viele waren skeptisch gegenüber den Kandidaten. Der Tag der Wahl kam und die Menschen fürchteten sich vor dem Ergebnis, denn es gab viele tyrannische Anwärter, wie Quinto Alballo, einen ambitionierten Sohn von Riccardo Alballo oder auch Zelindo di Caldera, ein Mitglied aus dem militärisch geprägten Haus Caldera. Es kam zu Mordanschlägen und Blutvergießen unter den Anhängern der unterschiedlichen Kandidaten. Es war, als würde ein Fluch auf diesen Menschen lasten, dass sie niemals Frieden finden sollten.


    Der Rat versammelte sich und diskutierte stundenlang über die Wahl, bis die endgültige Entscheidung getroffen war und man sich für einen entschied, der der Richtige sein würde, der diplomatisch genug sein würde, die zerstrittenen Parteien in Frieden zu einen und der dennoch ehrgeizig genug war, um mit der ganzen Macht betraut zu werden.


    Der Rat schickte die Nachricht schließlich an alle Häuser und auf dem Umschlag stand:


    »Der Mann, der unser Land wieder zu altem Ruhm verhelfen wird, ist keiner der großen Kandidaten, sondern der Händler, Gelehrte und Diplomat Lazzaro Fedele di Ledvico, dem viele vertrauen. Er kann und wird Monleone wiederherstellen und den Ruhm des Handels verkünden, den wir einst hatten.«

  • Chronik V - Ledwicker Reich

    »Von der Republik zur Erbmonarchie«


    Jahr 2 n.d.A. - Die Gründung der Handelsallianz


    Nicht nur Monleone, auch die anderen Ländereien Asamuras waren in der Zeit der Asche verwüstet worden. Auch die Gesellschaft auf Insel Asa Karane war zusammengebrochen und die Flüchtlinge ergossen sich auf das Festland von Asamura">Asamura. So stand nicht nur in Monleone ein Umbruch an, sondern die ganze Welt befand sich in einem Wandel. Und während die Feldzüge des Chaos endlich zum Erliegen kamen, weil die Macht der Almanen ausreichend erstarkt war, um sie endgültig zurückzuschlagen, kam es zu einer erneuten Blüte - dem Frühling von Asamura. Im Jahr 2 nach der Asche schlossen sich die Länder des almanischen Kulturkreises zu einer Handelsallianz zusammen, um gemeinsam den Weg in eine florierende Zukunft zu gehen.



    Ein Zeichen


    Die Sonne kehrte von Woche zu Woche mehr zurück und aus der Asche wurde ein fruchtbarer Nährboden. Für die Anhänger des Sonnenkultes war die »Wunderheilung der sterbenden Sonne« ein großes Ereignis. Lazzaro Fedele, der, wie viele seiner Landsleute aus Khilar, dem Sonnenkult anhing, nahm es als Zeichen des Sonnengottes Alvashek persönlich, dass dies genau mit seinem Regierungsantritt geschah.



    Jahr 2 n.d.A. - Ausrufung des Regno d’Ledvico


    Khilar nahm die Gunst der Stunde wahr, die angeschlagene Wirtschaft seines Landes zu stärken und nahm die notwendigen Reformen vor, um Teil der Handelsallianz werden zu können. Doch er ging noch weiter, beflügelt von dem Zeichen, das Alvashek ihm gesandt hatte.


    Inspiriert von der Vergangenheit seiner khilarischen Vorfahren führte er die feudale Ordnung von Khilar in seinem Land ein. Er trug diesen Vorschlag sorgfältig erörtend an den Rat heran, der mit 7 zu 3 Stimmen dafür entschied, Lazzaro Fedele zum alleinigen Regenten zu ernennen. Somit wurde er der einzige Duca, der gewählt worden ist und auch die Etablierung der Monarchie war eine Entscheidung, die demokratisch getroffen worden war. Diese vollkommen friedliche Reform sorgte weltweit für Aufsehen.


    Fortan sollten im Sinne von Lazzaro Fedele die höchsten Ämter vom Vater an den Sohn weitergegeben werden, um eine kontinuierliche Führung ohne die Streitigkeiten der früheren Republik zu gewährleisten. So hatte er das auch bei gut laufenden Familienbetrieben beobachten können, die neben der Ordnung von Khilar seine Inspiration für die neue Staatsform waren. Lazzaro Fedele reaktivierte nicht nur, ohne dies damals bewusst zu forcieren, die alte Adelswürde seiner Familie, sondern adelte zu diesem Zweck auch einige der bewährten alten Familien. Selbst die Familie des hitzköpfigen Hauses Caldera, dessen Oberhaupt gegen ihn gestimmt hatte, erhielt die Adelswürde und machte Caldera zu einem der loyalsten Häuser des neuen Duca.


    Als Zeichen der fortan ewigen Verbundenheit seiner Familie mit dem Land gab Lazzaro Fedele der neuen Monarchie seinen eigenen Namen: Ledvico, oder in der alten Sprache der Schilfleute, Ledwick. Aus dem seltenen weiße Fell des Seelöwen, in das er als Kind gebettet worden war, das einzige Erbstück seines Vaters, ließ er einen Mantel zum Zeichen seiner Würde fertigen. Daraus wurde später die Legende des Leone Marino.



    Eine neue Staatsreligion


    Zur Ehrung der geheilten Sonne erklärte Lazzaro Fedele den Sonnenkult zu Staatsreligion. Die asameische Religion der Lehren von Ainuwar rückte in den Hintergrund, wurde akzeptiert, doch nicht staatlich gefördert, weil der Focus des dankbaren und tiefreligiösen Lazzaro Fedele ganz auf Alvashek lag.



    Das Versprechen


    Das Versprechen, Monleone wiederherzustellen, erfüllte Lazzaro Fedele entgegen allen Kritiken, indem er darauf verwies, dass er die Hauptstadt wie versprochen wieder aufgebaut hätte und von der gleichnamigen Republik nie die Rede gewesen sei.



    Jahr 5 n.d.A. - Die Abspaltung von Ehveros


    Nicht jeder war mit dem Wandel der Staatsform einverstanden, doch man sah die Notwendigkeit, um der Handelsallianz des Almanischen Großreiches beitreten zu können. Der Wechsel der Staatsreligion war jedoch einigen zu viel. Der Nordwesten spaltete sich nach einiger Zeit unter der Führung des einst von Lazzaro Fedele persönlich geadelten Hauses von Ehveros von Ledwick ab. Ehveros erklärte die Unabhängigkeit. Nach den Katastrophen war das junge Reich Ledwick nicht in der Lage, den Abfall zu verhindern. Ehveros wurde ein eigenes Land.



    Ein Vorausblick ins Asameische Mittelalter


    Mit der Gründung von Ledwick endet die Chronik der Vorzeit. Nicht verschwiegen werden soll, dass bis heute Monleone als Wiege der Demokratie gilt. Als im Jahr 117 die Republik Naridien ausgerufen wurde, galt die alte Republik Monleone als Vorbild und viele der damaligen Elemente, wie der Rat der Zehn, wurden übernommen. Ledwick aber trat mit der Krönung des kriegerischen Sohnes von Lazzaro Fedele, mit Duca Sirio Vigil di Ledvico, ins Zeitalter der Galeerenjahre ein.


  • Baxeda

    Hat den Titel des Themas von „Die Chroniken der Vorzeit“ zu „[Tamjidistan] Die Chroniken der Vorzeit“ geändert.